Rundbrief 1 / 2015 - versoehnungsbund.de · Internationaler Versöhnungsbund Seit 1914 gewaltfrei...

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Internationaler Versöhnungsbund Seit 1914 gewaltfrei aktiv gegen Unrecht und Krieg Rundbrief 1 / 2015 Einzelheft 2 € In diesem Heft u.a.: * Konflikte entschärfen – Ursachen überwinden * Ich bin */n i c h t/* Charlie ! * Machtkämpfe in der Ukraine * Nach den März-Wahlen in Israel: Eskalation oder Deeskalation im Nahen Osten? * Büchel 65 – 65 Tage Blockaden in Büchel

Transcript of Rundbrief 1 / 2015 - versoehnungsbund.de · Internationaler Versöhnungsbund Seit 1914 gewaltfrei...

Internationaler

Versöhnungsbund

Seit 1914 gewaltfrei aktiv

gegen Unrecht und Krieg

VersöhnungRundbrief 1 / 2015

Einzelheft 2 €

In diesem Heft u.a.:

* Konflikte entschärfen – Ursachen überwinden

* Ich bin */n i c h t/* Charlie !

* Machtkämpfe in der Ukraine

* Nach den März-Wahlen in Israel: Eskalation oder Deeskalation im Nahen Osten?

* Büchel 65 – 65 Tage Blockaden in Büchel

ImpressumInhalt

Editorial (D. Haug) 3

Einladung zur Mitgliederversammlung 2015 (M.Engelke) 3

GrundlegendesKonflikte entschärfen – Ursachen überwinden (A. Zumach) 4

Ich bin */n i c h t/* Charlie ! (L. van Dijk) 5

Giraffenpost – Wie die Gewaltfreie Kommunikation vor 28 Jahren inMünchen begann (I. Teschner) 6

Politische Berichte und AnalysenMachtkämpfe in der Ukraine (V. Damier) 7

Nach den März-Wahlen in Israel: Eskalation oder Deeskalation im NahenOsten? (C.Ronnefeldt) 10

Bundesweite Aktionstage vom Deutschen Koordinationskreis PalästinaIsrael für ein Ende der Besatzung und einen gerechten Frieden (G.Bieberstein) 13

Versöhnungsarbeit vor OrtBüchel 65 – 65 Tage Blockaden in Büchel. Ein Interview mit Ernst Lud-wig Iskenius 14

Wer hat den Mut Atomwaffen zu verbieten? (S.Korff) 16

Neue Entwicklungen in Uganda (U. Sonn) 17

KurzmitteilungenFriedenspolitik einbringen in Sicherheitspolitik (W. Rohde-Liebenau) 18

Stuttgart, 1.-5.6.: Zentrum Frieden während des Ev. Kirchentages 18

Kirchenasyl im Visier des BAMF (D. Schulte) 19

Dem Netzwerk Attac wurde die Gemeinnützigkeit entzogen(G. Bieberstein) 19

Reisen nach Palästina 19

Initiative des IKRK zur Abschaffung von Atomwaffen (U. Börngen) 20

Von PersonenRuhig und entschieden für die Rechte der Schwachen. Zum 85.Geburtstag von Hildegard Goss-Mayr (B. Gündner) 20

Fundkiste – Materialien 21

Termine 23

es kommt ein schiff geladenein adventslied, wohl auch im frühjahr und sommer noch zu singen 24

Titelseite:

Foto von Aino Ravandoni (Internationales Jugendcamp Konstanz)

Versöhnung. Rundbrief 1/2015

Internationaler Versöhnungsbund –Deutscher Zweig e.V. – VierteljährlicheErscheinungsweise

Herausgeber: Versöhnungsbund e. V.

Schwarzer Weg 8; 32423 Minden

Telefon: 0571 - 85 08 75

Fax: 0571 - 8 29 23 87

E-Mail: [email protected]

Internet: www.versoehnungsbund.de

Verantwortlich für diese Ausgabe:

Andreas Hämer, Dietlinde Haug,Deborah Joos, Maria Krisinger, MirjamMahler, Hannah Nauerth, DagmarSchulte

Für den Inhalt der Artikel sind ausschließlichdie jeweiligen AutorInnen verantwortlich.

Redaktionsanschrift:

Andreas Hämer, Zur Urselsbach 4

66352 Großrosseln

E-Mail: [email protected]

Redaktionsschluss

der nächsten Ausgabe: 31.5.2015

Referat für Friedensfragen:

Clemens Ronnefeldt,

A.-v.-Humboldt-Weg 8 a

85354 Freising

Tel.: 08161 - 54 70 15

Fax: 08161 - 54 70 16

Spendenkonto:

Versöhnungsbund e. V.

Konto-Nr.: 400 906 72

Sparkasse Minden-Lübbecke

BLZ 490 501 01

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(SWIFT Code: WELADED1MIN)

Druck und Versand:

Knotenpunkt Offsetdruck GmbH,

Buch/Hunsrück

Das Heft ist gedruckt auf Recyclingpapier,zertifiziert mit dem Umweltzeichen Blauer

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Editorial

Nun habe ich es zum ersten Malübernommen, das Editorial zur Ver-söhnung zu schrieben ...

Gerade erhalte ich einen Vorab-druck des inzwischen weitgehendfertiggestellten neuen Heftes der,Versöhnung' per e-mail zugeschickt– ich lese als erstes den Artikel vonLutz von Dijk zu den Anschlägen aufdie Karikaturisten von Charlie Heb-do. Der Verfasser spricht mir sehraus dem Herzen. Ich bin dezidiert n i c h t Charlie, aber auch ich binzutiefst verstört durch die vielenterroristischen Angriffe auf Men-schen und Kulturgüter, die in letzterZeit unter Berufung auf den Islamverübt werden (neben den vielenanderen Anschlägen, für die andereBegründungen herhalten müssen),für die im Augenblick z.B. die Na-men Islamischer Staat und BokoHaram stehen. Bestimmte Karikatu-ren zu Frauen oder Menschenschwarzer Hautfarbe werden heute(Gott sei Dank!) auch als sexistischoder rassistisch gebrandmarkt undin der seriösen Presse nicht mehrgedruckt, ohne dass dies als unzu-lässige Einschränkung der Mei-nungsfreiheit angesehen wird.

Ich fühle mich weder mit dem däni-schen Satireblatt noch jetzt mit,Charlie Hebdo' ohne Vorbehalt so-lidarisch. Heißt Meinungsfreiheitdenn, religiös Gläubige, sei eschristlicher oder muslimischer Rich-tung, uneingeschränkt beleidigenzu dürfen? Das hat irgendwie wasÜberhebliches. Karikaturen überGlaubensinhalte wie jene häufiger

zitierte Karikatur die DreieinigkeitVater-Sohn-Enkel in Inzest-Bezie-hung und andere ähnlicher Qualitätüber den Propheten Mohammedempfinde ich ohnehin als ge-schmacklos; sie sind nicht religions-kritisch, sondern radikal religions-feindlich – und damit intolerant. DieWelt wird nicht dadurch besser,wenn mit Karikaturen und Satiredas, was anderen Menschen heiligist, beleidigt wird. Auch wenn sol-che Beleidigungen von der Mei-nungsfreiheit gedeckt sind.

Die Hintergründe der terroristischenAnschläge sind vielschichtig; dieGlaubensinhalte der Religionenspielen da nur eine Rolle unter an-deren ....

Dies zunächst meine persönlicheVorauswahl in der Lektüre.

Darüber hinaus enthält das neueHeft auch noch andere lesenswerteArtikel – auf einige möchte ichbesonders hinweisen:

* auf die sehr ausführliche Darstel-lung zur Situation in der Ukraine

* auf das Interview zu den Blocka-den am Atomwaffenstandort Büchel(Eifel)* auf den Artikel zur geplanten –oder inzwischen nicht mehr aktuel-len? – Veränderung des Umgangsmit Kirchenasyl.

* auf die gewohnt informative Ana-lyse zur Situation im Nahen Ostendurch Clemens Ronnefeldt

* Uli Sonn informiert uns außerdem

darüber, wie es Beatrice Amony ausUganda derzeit geht und wie dasvon ihr begründete Projekt zur Re-habilitation von Kinder-Soldatenweiter läuft ...

Nun ist uns in diesen Tagen wiederallen das Programm der Jahresta-gung zugesandt worden. Unsere Ta-gung nimmt die Lektüre von WalterWink aus den letzten Einkehrtagenüber Fasching 2014 wieder auf.Konkretisiert werden Winks theolo-gische Überlegungen durch dieThemen Militarisierung und Flücht-lingsarbeit, womit die Thematikzweier vorangegangener Jahresta-gungen wieder aufgegriffen werden.

Einige LeserInnen werden wir be-stimmt auf der Jahrestagung wie-dersehen. Andre vielleicht nicht ...

Mit Vorfreude und herzlichen Grü-ßen auch an alle anderen

für die Redaktion,

Dietlinde Haug

Liebe Vereinsmitglieder,

zur Jahres-Mitgliederversammlung2015 in Bonn (jeweils vor und nachder diesjährigen Jahrestagung) ladeich Euch herzlich ein. Satzungsge-mäß findet in diesem Jahr die Wahlfür den Präsidenten/die Präsidentinstatt.

Vorgeschlagene Tagesordnung:

1. Begrüßung durch den Vorsitzen-den

2. Feststellung der Beschlussfähig-keit

3. Festlegung der Tagesordnung

4. Bestellung von Antrags- undWahlkommission

5. Berichte (Vorstand, Friedensrefe-rent und Geschäftsführerin)

6. Finanzbericht 2014 und Berichtdes Kassenprüfers

7. Entlastung des Vorstandes

8. Wahl des Kassenprüfers 2015

9. Vorstellung des Haushaltsplanes(Einführung)

10. Anträge

11. Verabschiedung des Haushalts-planes 2015

12. Wahl des/r PräsidentIn

13. Verschiedenes

Anträge für die Tagesordnung reichtbitte möglichst bis Mitte April anmich sowie in Kopie an die Ge-schäftsstelle ein, damit wir unsereZeitplanung danach ausrichtenkönnen. Natürlich können auch aufder Jahrestagung noch Anträge ein-gereicht werden.

Es grüßt ganz herzlich Euer

Matthias-W. Engelke, Vorsitzender

Internationaler Versöhnungsbund – deutscher ZweigEinladung zur Jahres-Mitgliederversammlung 2015Ort: Haus Venusberg e.V., Haager Weg 28-30, 53127 Bonn

Erster Teil: Do,14. Mai 2015, 11-12:30 Uhr und 14:30-15:30 Uhr

Zweiter Teil: Sonntag, 17. Mai 2015, 10-12:00 Uhr

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Grundlegendes

Konflikte entschärfen – Ursachen überwindenEin Kommentar

von Andreas Zumach

„Das Jahr 1848 war ein schlechtes, der Teufel kann es holen", schrieb Heinrich Heine im Rückblickauf die missglückten Revolutionen. Viele möchten Ähnliches vielleicht im Hinblick auf 2014 sagen.VB-Mitglied Andreas Zumach misstraut solchen Bilanzen und zeigt sowohl die Hintergründe einerentsprechenden medialen Aufmerksamkeit als auch alternative Perspektiven auf. Wir danken ihmfür die Anbdruckgenehmigung seines Textes, der zuerst in nds 11/12 2014 erschienen ist.

Ukraine, Syrien/Irak, „IslamischerStaat“, Gaza ... 2014 war stärker alsdie Vorjahre von Kriegen und Ge-waltkonflikten mit hohen Zahlen anTodesopfern und Flüchtlingen ge-prägt. Die starke mediale Aufmerk-samkeit für die genannten Konflikte– während ähnlich brutale und op-ferreiche Kriege in Zentralafrika zu-meist im medialen Schatten kaumAufmerksamkeit in unserer Öffent-lichkeit erhielten – verstärken denEindruck, dass „die Welt aus denFugen gerät“. Hinzu kommt, dassder „Islamische Staat“ – wie nie zu-vor ein anderer Gewaltakteur – Bil-der und Videoaufnahmen seinergrausamen Verbrechen zu Propa-ganda- und Abschreckungszweckenweltweit über die Medien und sozia-len Netzwerke verbreitet.

Globales Chaos?

Doch die Behauptung vom angeb-lich zunehmend unbeherrscharen„globalen Chaos“ ist falsch und ge-fährlich. Denn sie entpolitisiert undführt zu Hilflosigkeit, weil sie die Ur-sachen der Gewaltkonflikte ver-schleiert. Dies sind zumeistAuseinandersetzungen über unge-recht verteilte oder knapper wer-dende Ressourcen wie Wasser,Nahrungsmittel, landwirtschaftlichnutzbarer Boden oder Energieroh-stoffe. Hinzu kommt der Streit überdie Teilhabe an politischer Machtoder die Auflehnung der Bevölke-rung gegen Diktaturen, wie zuletztin den Ländern der Arabellion.Durch den rechtzeitigen Einsatzpolitischer, wirtschaftlicher und di-plomatischer Instrumente ließensich diese Konflikte entschärfen undihre Ursachen überwinden. Dochdas geschieht in den allermeistenFällen nicht. Und dann scheint derEinsatz militärischer Mittel – sei esdurch Waffenlieferungen oder

durch eine Intervention ausländi-scher Streitkräfte – der einzige Weg,die Konflikte zu beenden.

Deutschland und andere reicheStaaten des Nordens sind in vielfäl-tiger Weise mitverantwortlich fürdie Ursachen der Gewaltkonflikte inLändern und Regionen des Südens.Besonders verheerend sind die Rüs-tungsexporte. Denn sie ermöglichenden Empfängern nicht nur die Aus-tragung von Konflikten mit Waffen-gewalt und sind verantwortlich fürMillionen Tote und Verwundete. Dar-überhinaus entziehen die Rüstungs-exporte den EmpfängerländernGeld, das dort viel dringender ge-braucht würde für Bildung, Gesund-syteme und andere wichtigeMaßnahmen zugunsten der Bevöl-kerungen. Auch die ungerechtenHandelsbeziehungen zum Beispielzwischen der EU und den StaatenNordafrikas verursachen oder ver-schärfen Konflikte. Diesselbe schäd-liche Auswirkung haben dieSpekulationen auf Nahrungsmittel-rohstoffe an den Börsen in Chicago,London oder Frankfurt oder der Ex-port hochsubventionierter Agrarpro-dukte aus der EU zuDumpingpreisen auf den afrikani-schen Kontinent. Diese Praktikentragen zur wirtschaftlichen und so-zialen Destabilisierung bei, lösenFluchtbewegungen aus und beför-dern Gewaltkonflikte. Nur schon dieEinstellung dieser schädlichenPraktiken der Industriestaaten desNordens würde viele Konflikte imSüden entschärfen.

Deutschland könnte sich denAusstieg leisten

Die Gewerkschaften sollten sich ins-besondere im Kampf gegen Rüs-tungsexporte engagieren, anstatt –wie derzeit leider die IG Metall – alsLobby für den Erhalt der deutschen

Rüstungsindustrie und die Auswei-tung der Exporte aufzutreten.

Unter allen hochentwickelten In-dustriestaaten könnte sichDeutschland das Ende des Export-geschäfts mit dem Tod und sogarden Ausstieg aus der Rüstungspro-duktion am ehesten leisten. Dennder Anteil der Rüstungsproduktionam Bruttoszialprodukt liegt bei un-ter einem Prozent; die Rüstungsex-porte betragen lediglich 1,2 Prozentder gesamten deutschen Ausfuhren.Und nur 0,24 Prozent aller Beschäf-tigen in Deutschland arbeiten inRüstungsbetrieben. Das sind zum-dem überwiegend hochqualifizierteFachkräfte, die auch in der zivilenIndustrie Arbeit finden würden.

Andreas Zumach ist freier Journalist, in-ternationaler Korrespondent der taz undVB-Mitglied. Dieser Artikel erschien am18.11.2014 in der NDS (Neue DeutscheSchule). Mehr zum Thema Rüstungsex-porte: www.ohne-ruestung-leben.de

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1. Die jüdische Philosophin HannahArendt formulierte den moralischenAnspruch: Ein Mensch kann einenanderen – im Prinzip – verstehen.Diesen Anspruch aufzugeben würdezur Barbarei führen. Als sie im be-ruehmten Jerusalemer Prozess ge-gen den Nazi-Mörder Adolf Eich-mann darauf beharrte, ihn nicht alsMonster, sondern als „banalen“Menschen zu bezeichnen, nahmenihr dies viele, vor allem in Israel,übel. Morddohungen waren die Fol-ge. 

2. In Südafrika, dem Land, in demvor 20 Jahren die Diktatur derApartheid mit friedlichen Mittelnüberwunden wurde (und in dem ichseit mehr als 12 Jahren in einemTownship-Projekt bei Kapstadt ar-beite) gibt es noch immer viel Ge-waltkriminalität aufgrund extremerUnterschiede zwischen arm undreich – jedoch die gegenseitige Ach-tung und Zusammenarbeit zwi-schen Christen und Muslimen istvorbildlich: Im Parlament, in Schu-len, Krankenhäusern und Geschäf-ten und oft auch im nachbar-schaftlichen Alltag. Es ist möglich,nicht nur hier.

3. So nachvollziehbar der spontaneAusruf „Ich bin Charlie!“ unmittel-bar nach den mörderischen An-schlägen auf Mitarbeiter derfranzösischen Satire-Zeitung „Char-lie Hebdo“ in Solidarität mit den Op-fern ist, so wenig Perspektivenenthält er. So bedeutsam Presse-

Freiheit prinzipiell für Demokratienist, so wenig trägt es zum friedli-chen Zusammenleben bei, wennwesentliche (hier: religiöse) Gefühleanderer nicht nur einmal verletztwerden, sondern wenn es als be-sonderes Zeichen der Freiheit er-klärt wird, es nun „erst recht“ zutun. 

4. Fraglos ist Fundamentalismus im-mer unmenschlich, weil er mensch-liche Vielfalt leugnet und in derKonsequenz zu grausamsten Tatenin der Lage ist – um das eigene en-ge Weltbild nicht nur für sich selbstzu verteidigen, sondern (und hierbeginnt immer das Kriminelle) esanderen aufzuzwingen, egal ob erorientalischen Mädchen Schulbe-such verwehrt oder westlichen Kari-katuristen Berufsverbot (undSchlimmeres) erteilen möchte. 

5. Fundamentalismus hat mit demIslam genauso viel oder wenig zutun wie mit dem Christentum. Esgibt heute christliche Fundamenta-listen aus den USA, die in mehrerenafrikanischen Ländern Lobbyarbeitleisten, um für Homosexuelle dieTodesstrafe zu erwirken – und isla-mistische Terroristen bei Boko Ha-ram, die bereits Anders- oderNichtgläubige prinzipiell als todes-würdig erachten. Im Kern gilt: Fun-damentalismus hat nichts mit einerder beiden Weltreligionen zu tun,die als zentrale Botschaft beideNächstenliebe kennen. 

6. Freiheit wird oft zuerst als Ge-genkonzept formuliert, wenn es umden Kampf gegen Fundamentalis-mus geht. Welche Freiheit? Wir soll-ten selbstkritisch anerkennen, dassFreiheit in vielen westlichen Län-dern in der Tat verkommen ist zum„Faustrecht der Freiheit“ des Stär-keren und darin ebenso weit ent-fernt ist von der Liberte derfranzösischen Revolution wie vonRosa Luxemburgs klugem Diktum:„Freiheit ist immer zuerst die Frei-heit des Andersdenkenden.“

7. Ich bin nicht der Charlie jenerFreiheit, wo der, der die Macht hat,alles bestimmen kann, ohne Rück-

sicht auf andere, vor allem auf jeneanderen, die sich ohnehin bereitsausgegrenzt oder benachteiligt er-leben.

8. Ich bin der Charlie, der jene Frei-heit verteidigt, die auf sozialer Ge-rechtigkeit (und damit Fairness)beruht und der Grenzen von Presse-Freiheit in Kauf nimmt, wo sie dieGefuehle anderer unnötig verletzt.Es ist rechthaberisch (und nichtwirklich frei), Karikaturen millionen-fach nachzudrucken, die die per-sönlichen (hier: religiösen) GefühleMillionen anderer, die in diesem Falldem Koran anhängen, aus nichtzwingenden Gründen verletzen. 

9. Um jedes Missverständnis zuvermeiden: Hannah Arendts „Bana-lität des Bösen“ meinte niemals, je-manden wie Adolf Eichmanngewähren zu lassen und nicht alleszu tun, um solch Handeln, wo nötig,auch mit Gegengewalt zu verhin-dern, zu verfolgen und zu bestrafen.Auf Dauer erfolgreich ist so eineprofessionelle Sicherheitspolitik ge-genüber gewalttätigen Terroristenjedoch nur, wenn gleichermassenAchtung gegenüber jenen MillionenMenschen geübt wird, die einer an-deren religiösen Regel friedlich fol-gen als dies Millionen andereMenschen tun (hier dem BildverbotMohammeds). 

10. Nur mehr soziale Gerechtigkeit –sowohl innenpolitisch als auch in-ternational – wird dem gegenwärtigweltweit (auch in Europa und nichtnur im „fernen“ Nahen Osten) eska-lierenden Terrorismus mit Erfolg dieStirn bieten können. Polizei und Mi-litär allein, egal wie aufgerüstet,werden nirgendwo Frieden undFreiheit dauerhaft gewährleistenkönnen. Sie ... bedürfen politischerStrategien, die von Weisheit undnicht Rechthaberei bestimmt sind.

11. Nur dann kann die Mehrheit derMenschen zu Charlie werden – undnicht ein Teil der Welt gegen einenanderen Teil der Welt.

Kapstadt, am 18.1. 2015

Ich bin */n i c h t/* Charlie !Ein Zwischenruf aus Südafrika

von Lutz van Dijk

Soldaten in Belgiens Straßen, vereitelte Anschläge auf die Hauptbahnhöfe in Berlin und Dresden,zunehmende Hysterie gegenüber dem Islam… was ist möglich, um nicht nur jetzt zu de-eskalieren,sondern langfristig fundamentalistischen Terroristen die Stirn zu bieten? Der hier abgedruckteZwischenruf wurde im Internet unter <http://www.benkhumalo-seegelken.de/suedafrika-aktuell/753-lutz-van-dijk-ich-bin-nicht-charlie-ein-zwischenruf-aus-suedafrika/> gefunden. Sein Autor, Dr Lutzvan Dijk (geboren in Berlin, später Mitarbeiter des Anne Frank Hauses in Amsterdam) lebt undarbeitet seit 2001 in Kapstadt. Im August erscheint sein Buch „Afrika – Geschichte einesKontinents“ im Peter Hammer Verlag. Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung durch denAutor.

Der Unterschied zwischen Beobachtenund Beurteilen ist wie Atmen und Beißen.(Elias Canetti)

Giraffenpost

von Isolde Teschner

Marshall Rosenberg ist am Samstag, den 7. Februar 2015 im Kreise seiner Familie in Albuquerque imAlter von 80 Jahren gestorben ist. Mit vielen, vielen Menschen auf der ganzen Welt trauern wir umihn und sind gleichzeitig voller Dankbarkeit für die Inspiration und die verändernde Kraft, die er mitder Gewaltfreien Kommunikation in die Welt und in unser Leben gebracht hat. Fragen oderAnregungen bitte an Birgit Gündner [email protected]

1985 gründeten wir als Mitgliederder Ökumenischen Friedensinitiati-ve „Christen in der Region Mün-chen" einen Arbeitskreis, derFragen zur "Friedenserziehung" auf-griff und bearbeitete. Wir trafen unsregelmäßig und bemühten uns umeine Struktur und um einschlägigeThemen. Eines Tages brachte unsRita Martin-Noel, die mit ihrer Fami-lie in München lebte und sich in derFriedensbewegung engagierte, voneinem Besuch in ihrer Heimat eineBroschüre mit: „A Model for Nonvio-lent Communication" by M. Rosen-berg. Sie hatte diese in einemKirchenraum ihrer Heimatgemeindegefunden, gelesen und es äußerstlesenswert gefunden.

Gemeinsam begannen wir den eng-lischen Text zu übersetzen und zuverstehen. Vieles war uns fremdund unverständlich. Glücklicherwei-se fanden wir die Adresse von Mars-hall Rosenberg am Ende des Textes.Er hatte vor etwa 10 Jahren das„Zentrum für Gewaltfreie Kommuni-kation" in Texas gegründet und vondort schon zahlreiche Seminare in-nerhalb der USA zu diesem Themagehalten. So konnten wir ihn errei-chen und ihn nach München einla-den. Wir brauchten dringend eineErklärung für diese „neue" Spracheund die Gedanken, die dahinterstanden. Eine Sprache, die von Ver-

ständnis, Offenheit und Akzeptanzgeprägt ist, war uns alles andere alsvertraut.

Rosenberg nahm die Einladung an,am 26.4 1986 hielt er im Gemein-desaal der Münchner Kreuzkirchesein erstes Seminar über Gewalt-freie Kommunikation außerhalb derUSA. Mitglieder der Friedensbewe-gung füllten den Saal bis auf denletzten Platz. Das Stichwort, das siehierher gebracht hatte, war „ge-waltfrei". Die Gewaltfreiheit in Ver-bindung mit Gandhi und M. L. Kingwar der Mittelpunkt vieler Gesprä-che, Aktionen, Mahnwachen undAufrufe. Auch wenn dabei nochhauptsächlich um unmitelbare Ge-walt (Schläge, Beschimpfungen undphysischen Verletzungen= im Blickwar, so fiel doch zunehmend dasAugenmerk auf die subtile Gewalt,die mit Worten beginnt – häufig un-bemerkt, kaum wahrgenommen. Esging immer mehr darum, mit dervertrauten und gewohnten Sprachebewusster und verantwortlicherumzugehen.

Marshalls Vortrag fiel auf fruchtba-ren Boden. So ungewohnt diese Artdes Miteinanderumgehens für diemeisten war, so sehr erregte es dieAufmerksamkeit der Zuhörer. Derbereits gegründete Arbeitskreis„Gewaltfreie Kommunikation" fandneue Mitglieder und arbeitete uner-

müdlich weiter. Wir begannen dieseneue Sprache auch anderen Grup-pen vorzustellen (soweit wir damalsdazu in der Lage waren, denn esgab ja noch kein Material, in demwir nachlesen konnten).

1992 im Rahmen des Kirchentags inMünchen gelang es, ein mehrtägi-ges Seminar mit Marshall in dasProgramm aufnehmen zu lassenund einen Informationsstand dazuauf dem Markt der drei Möglichkei-ten aufzustellen. Viele Teilnehme-rInnen, die aus der ganzen Republikhier zusammengekommen waren,hatten die Möglichkeit, die GfK ken-nenzulernen. So wurde sie zumin-dest in Deutschland bekannt undverbreitete sich immer mehr.

Die vertiefenden Seminare, die wirjedes Jahr für Marshall in Münchenorganisierten, brachten den Teil-nehmern auch zunehmend Klarheitüber sein grundlegendes Anliegendabei. Marshall begreift es einer-seits als die Aufgabe der Menschen,sich selbst und ihr persönlichesUmfeld von der Gewalt in ihrerSprache und ihrem Denken zu be-freien. Und andererseits sieht er esals unabdingbar an, die Macht-strukturen zu verändern, sowie überdie persönliche Entwicklung hinausin die Gesellschaft und die Politikeinzuwirken.

Was ist Gewaltfreie Kommunikation (GfK)?

„Worte können wie Fenster sein oder wie Mauern.Was ich in meinem Leben will, ist Einfühlsamkeit,ein Fluss zwischen mir und anderen, der auf gegenseitigem Geben von Herzen beruht." (Marshall B.Rosenberg)

Mit der Gesprächsstrategie der Gewaltfreien Kommunikation kann es zunehmend gelingen, imAlltag und vor allem in Konfliktsituationen bewusster mit meiner Sprache umzugehen. Daraus wirdeine einfühlsame Haltung möglich, die die Verbindung zu anderen gerade auch in schwierigenSituationen herstellt. Im Prozess der Gewaltfreien Kommunikation kann ich mich mehr und mehraufrichtig mitteilen und erkunden, was mich und was den anderen bewegt. Statt Vorwürfe, Urteileoder Angriffe zu hören, erkenne ich die Bedürfnisse und Gefühle des anderen, um was es ihmgerade geht, was ihm wichtig ist, ohne dabei aus den Augen zu verlieren, was ich selbst brauche.Klarheit über die eigenen Bedürfnisse bringt oft überraschende Lösungen und Entwicklungen.

Marshall Rosenberg verwendet zwei Symboltiere für die Sprache der Gewaltfreiheit: die Giraffe mitihrem großen Herzen für das wohltuend Wohlige, wenn wir kommunizieren – und den Wolf, für dieandere Seite, wenn uns der Hut überläuft und wir einfach in unsern Zorn nur noch um uns schlagen,auch wenn es bloß mit Worten ist.

Wie die Gewaltfreie Kommunikation vor 28 Jahren inMünchen begann

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Weder pro-russisch noch pro-ukrainisch noch pro-westlich

Die Problematik der ukrainischenKrise und des ukrainischen Bürger-krieges ist vielfältig und kompliziert.Die von mir hier vertretene Positionist weder prorussisch, noch prou-krainisch oder prowestlich. Sie istexplizit antinational.

Die propagandistische Hysterie allerSeiten übersteigt in der aktuellenKrise jedes Maß. Die gegenseitigenVorwürfe klingen oft absurd. So er-klärte der damalige Kriegsministerder Ukraine Geletey, dass die russi-schen Militärs während der Kämpfein Lugansk taktische Atomwaffeneingesetzt hätten. Die russischePropaganda hält ihrerseits die gan-ze politische Elite der Ukraine für„faschistisch“. Beide Seiten versu-chen hartnäckig, die ukrainischeKrise ausschließlich durch Einmi-schung von außen zu erklären.

Zuerst müssen wir uns klarmachen,was eigentlich auf dem Kiewer Mai-dan-Platz passierte. Einige nennensie „Volksrevolution“, andere redenvon einem „faschistischen Putsch“.Beides ist falsch. In Wirklichkeit wardas ein Staatsstreich, der von derOpposition schon lange angestrebtwurde. Diese Opposition wurdedurch drei politische Parteien ver-treten. Das waren: die rechtspopu-listische Batkiwschtschina(Vaterland) von Ex-Ministerpräsi-dentin Julia Timoschenko, die libe-ral-rechtszentristische UkrainischeDemokratische Allianz für Reformen(UDAR) von Vitali Klitschko sowiedie Partei Swoboda (Freiheit) vonOleg Tjagnibok. Letztere ist rechts-radikal, extrem nationalistisch undantisemitisch und hatte eine starkeUnterstützung besonders im Wes-ten des Landes.

Die ukrainische Opposition bekamfinanzielle und moralische Hilfe vomWesten, durch verschiedene Stif-tungen und angebliche Nicht-Regie-rungs-Organisationen. Die drei

Parteien, die einen gemeinsamenOppositionsblock bildeten, suchtenschon einige Jahre nach einer Mög-lichkeit, um die Regierung Januko-witsch zu destabilisieren. DieseKämpfe bildeten aber nur die politi-sche Oberfläche des Geschehens.

Die Ukraine ist ein Land mit extre-mer sozialer Polarisierung: Währenddie meisten Menschen in bittererArmut leben, ist die überwältigendeMehrheit der Wirtschaft und des Ei-gentums in den Händen wenigeroligarchischer Gruppen konzen-triert. Die Geschichte der Ukraineseit ihrer Unabhängigkeit ist eineGeschichte ununterbrochenerMachtkämpfe zwischen diesenKlans und Wirtschaftseliten. Im Lau-fe des Jahres 2013 fanden sich diebis dahin zutiefst verfeindeten olig-archischen Gruppen unerwartet zu-sammen und wandten sichgeschlossen gegen das Januko-witsch-Regime.

Der Staatsstreich wurde dadurcherleichtert, dass Janukowitsch nichtauf eine breite Unterstützung in derGesellschaft bauen konnte. Wäh-rend seiner Regierungsjahre hatteer unermüdlich eine reaktionäreneoliberale Sozialpolitik betrieben.So hatten die arbeitenden Men-schen in der Ukraine kaum Gründe,das Janukowitsch-Regime zu unter-stützen. Die Mehrheit der Bevölke-rung schenkte während derMaidan-Proteste aber auch der Op-position keine Unterstützung.

Euromaidan

Die Protestaktionen auf dem KiewerMaidan-Platz wurden Ende Novem-ber 2013 von einer Gruppe Studie-render begonnen. Sie wurdenEuromaidan genannt, weil dieHauptforderung der Protestierendendie ukrainische Assoziation mit derEuropäischen Union war. Diese Kon-stellation ist eine genauere Analysewert.

Janukowitsch betrieb eine Politik desLavierens zwischen dem Westenund Russland, indem er bereit war,mit beiden Seiten zusammenzuar-beiten. Insbesondere wollte er mitder Seite zusammenarbeiten, dieihm ein besseres Angebot machenwürde. In diesem riskanten Spielbrach er sich den Hals.

Die Interessen der Außenmächte inder bzw. um die Ukraine – dieUkraine unter ihrer Kontrolle zu hal-ten – sind vor allem geostrategi-scher, militärischer undwirtschaftlicher Natur. Wenn dabeidie osteuropäischen Staaten ein-fach Angst vor einem zu starkenRussland haben (teilweise auch his-torisch motiviert), so stimmen dieBestrebungen der herrschendenEliten Deutschlands weitgehend mitden Interessen, Plänen und Hoff-nungen einflussreicher multinatio-naler und europäischer Konzerne,der EU-Bürokratie und der NATO-Strukturen überein.

Wirtschaftlich gesehen gilt dieUkraine als wichtiger Handelspart-ner Deutschlands. Interessant fürdeutsche Unternehmen sind dertraditionsreiche ukrainische Ma-schinen- und Anlagenbau, die Elek-troindustrie sowie Teile dermetallverarbeitenden Industrie. DieUkraine ist ein großer potentiellerAbsatzmarkt.

Der IWF erarbeitete vor einigenJahren Forderungen an die Ukraineals Vorbedingung für Kredite in Hö-he von 16 Mrd. Euro. Das konnte dieRegierung von Janukowitsch sichaber nicht leisten. Janukowitsch er-klärte, er sei bereit, ein Assoziati-onsabkommen zu unterschreiben,forderte aber eine milliardenschwe-re Kompensation von der EU. EinKuhhandel begann. Die Unterzeich-nung des Vertrags wurde vertagt,und das rief die Protestaktion na-mens Euromaidan hervor – der Auf-takt des Spektakels.

Politische Berichte und Analysen

Machtkämpfe in der UkraineEine antimilitaristische Sicht auf den Krieg

von Vadim Damier

Vom 10.-19. November 2014 führte der in Moskau lebende Sozial- undPolitikwissenschaftler Vadim Damier, von Connection e.V. und demBildungswerk der DFG-VK Hessen ausgerichtet, Veranstaltungen inMünster, Hamburg, Frankfurt, Mainz, Trier, Düsseldorf, Hagen und Cellezum aktuellen Geschehen in der Ukraine durch. Wir drucken denVortragstext stark gekürzt ab. Der Vortrag ist in ganzer Länge abrufbarunter: www.Connection-eV.org/shop.php

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Hauptquartier des Euromaidan (Foto: St.Bandera)

Wirtschaftsinteressen und neolibe-rale Reformforderungen waren abernicht die einzigen Beweggründe derwestlichen Eliten in Bezug auf eineKontrolle über die Ukraine. Durchdieses Land verlaufen die Pipelines,die Europa mit dem für seine Volks-wirtschaften lebenswichtigen Gas,vor allem aus Russland, versorgen.Dies ist auch strategisch wichtig.Und für die herrschenden Eliten derUSA und die NATO ist die Dominanzin der Ukraine ein wichtiger Teil derStrategie der Osterweiterung diesesMilitärblocks. Für Russland hinge-gen ist der Zugang sowohl zur Ost-see als auch zum Schwarzen Meerinzwischen stark eingeschränkt. Aufder Krim befinden sich die wichtigs-ten Stützpunkte der russischenSchwarzmeerflotte. Darüber hinausist die Krim für die wirtschaftlichenInteressen Russlands von besonde-rer Bedeutung. Neuerliche Aufre-gung brachte die Meldung überangebliche reiche Gas- und Erdöl-vorkommen im Meer unweit derKrim ... Im scharfen Gegensatz zuden EU-Assoziationsplänen wollteMoskau den südlichen Nachbarn ineine Zollunion unter seiner Herr-schaft einbinden. Viele AnalytikerIn-nen sagten voraus, dass sich dieWirtschaftskrise in Russland im Jahr2014 verschärfen würde, besondersaufgrund der fallenden Erdölpreise.So war das Schüren einer nationa-listischen und kriegerischen Hyste-rie ein probates Mittel, den Unmutin der Bevölkerung umzulenken undsie zum patriotischen Schulter-schluss mit der Regierung zu brin-gen. Die westlichen Sanktionentaten ein Übriges, um dieses Ziel zuerreichen.

Der Maidan: Keine soziale Be-wegung

Es ging zuerst um die EU-Assoziati-on und dann um den Rücktritt derRegierung und des Präsidenten Ja-nukowitsch. Keine sozialen oder so-zialwirtschaftlichen Forderungenwurden aufgestellt, und das trotzeiner elenden sozialen Lage. Zudemwaren die westlichen Vorbedingun-gen für die Assoziation darauf aus-gelegt, die soziale Lage dereinfachen Leute weiter zu ver-schlechtern. Das interessierte aberdie jungen Vertreter der Mittel-schichten nicht, die im November2013 mit dem Protestcamp an Mai-danplatz in Kiew begannen. Die Ak-tion bekam sehr bald dieUnterstützung dreier Oppositions-parteien, die ihre Anhänger zur Teil-nahme mobilisierten. DasProtestlager wurde so organisiert,dass sich an seiner Spitze die Ver-treter von Batkiwschtschina, UDARund Swoboda (Freiheit) als Lager-kommandanten abwechselten. DieAktion war also hierarchisch struk-turiert, und wenn später die Lagebisweilen der Kontrolle der opposi-tionellen Parteiführer entglitt, danngeriet sie unter den Einfluss vonKräften, die noch reaktionärer wa-ren. Der Kern der Maidan-Teilneh-merInnen bestand aus einigentausend Menschen – etwa die Hälftevon ihnen aus Kiew, die anderenwaren in die Hauptstadt gekom-men.

Ideologisch kam es zu einer Domi-nanz des militanten ukrainischenNationalismus. Sein Einfluss wuchs

erstmals stark an, nachdem derrussische Präsident angeboten hat-te, der Ukraine milliardenschwereFinanzhilfen zu gewähren. In Wirk-lichkeit kaufte er damit die Januko-witsch-Regierung, um sie dazu zubewegen, die Assoziationsbedin-gungen der EU abzulehnen. In die-sem Kontext erschien diePutin-Regierung als Fortsetzung derSowjetunion. Parallel dazu wurdenim Maidan-Lager ganz offiziell dieukrainischen Nationalisten aus derZeit des zweiten Weltkriegs heroi-siert, obwohl diese seinerzeit mitden deutschen Nationalsozialistenzusammengearbeitet hatten.

Dieser rechtsradikale Trend wurdein den nächsten Wochen durch denVerlauf der Ereignisse und der Kon-frontation weiter gestärkt. Diese of-fenen Neofaschisten im Protestlagerwaren zahlenmäßig nie in derMehrheit. Und der Maidan als sol-cher kann auch nicht als faschis-tisch bezeichnet werden. Reaktionärgewiss, aber nicht faschistisch. Wasaber stimmt: Die Neonazis gewan-nen eine enorme Stärke und Autori-tät als Kampftruppen imStraßenkampf mit der Polizei, weilsie darauf vorbereitet waren. Undihre Hegemonie auf der Straßeführte auch zu einer Hegemonie ih-res Diskurses. Das neue Regime to-lerierte diese Kräfte, da es,besonders am Anfang, stark von ih-rer Unterstützung abhing.

Von diesem Zusammengehen mitden offenen Nazis ließen sich je-doch viele andere Maidan-Teilneh-merInnen sowie die westlichenRegierungen nicht anfechten. Letz-tere spielten ihr eigenes politischesSpiel, um die Kontrolle der Ukrainean sich zu reißen. Wie der Kremlübten auch sie starken Druck aufdie ukrainische Regierung aus. Ob-wohl sie in ihren eigenen Staatensoziale Proteste nicht selten brutalauseinandertreiben – sogar wenndiese viel friedlicher als der Maidansind –, verboten sie der Januko-witsch-Regierung unter Androhungvon Sanktionen härtere Maßnah-men gegen das Protestlager. Unterdiesem Druck erklärte sich Januko-witsch zu Verhandlungen mit derOpposition bereit, und Ende Februarwurde durch Vermittlung westlicherVertreterInnen ein Abkommen überNeuwahlen erreicht. Dieses wurdeaber durch die Maidan-Kampftruppsgebrochen und am 22. Februar eingewaltsamer Staatsstreich organi-siert. Das Parlament, an dessen Ar-beit nunmehr nur noch etwa 330der 450 Abgeordneten teilnahmen,ratifizierte den Machtwechsel.

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Euromaidan, Kiew 1.12.2013 (Foto:N.Gnatusch)

Der Anti-Maidan

Nun begann der zweite Teil der Tra-gödie. Janukowitsch floh in den Os-ten des Landes, wo seine Parteipolitisch einflussreich war. Er konn-te sich aber mit den politischenBossen der Region nicht auf ein ge-meinsames Vorgehen verständigen.Im weiteren Verlauf kapituliertendiese Bosse vor der neuen Maidan-Macht. Diese Bewegung war ebensoheterogen wie der Maidan selbst.Die Oberhand gewann nach weni-gen Tagen bis Wochen der russischeNationalismus. Am deutlichstenwurde dieser russische Nationalis-mus in der Maiverfassung der sepa-ratistischen Donezk-Republik.

Stellvertreterkrieg der Groß-mächte

An diesem Punkt mischte sich derKreml ein. Das Putin-Regime nutztedie Situation, um seine eigenen he-gemonialen Pläne zu verwirklichen.In Moskau wählte man nicht etwadie Option, eine mögliche gesamtu-krainische Gegenregierung zu för-dern, sondern die Annexion derKrim. Das hat Gründe. Das Putin-Regime riskiert lieber eine massiveund dauerhafte Feindschaft mitKiew und die permanente Ausein-andersetzung mit künftigen revan-chistischen Bestrebungen, als aufdie Krim zu verzichten. Die Anglie-derung der Krim gestaltet sich je-doch alles andere als einfach. Manwill den SeparatistInnen helfen,aber nicht zu sehr. Die Angliede-rung der Krim ermunterte die oppo-sitionellen, pro-russischen undföderalistischen Kräfte in den östli-chen und südlichen Regionen derUkraine. Andererseits erklärte dieneue ukrainische Regierung nun-mehr offen, sie strebe ein Bündnismit der NATO an. Sie bekommt vom

Westen umfang-reiche Finanzhil-fen, Waffen undBeratung.

Eine Zeit langgab es im Früh-jahr die Be-fürchtung, derKonflikt könnesich ausweitenund zu einer of-fenen Konfron-tation zwischenRussland undder NATO entwi-ckeln. Bald stell-te sich aber

heraus, dass keine Seite zu einemsolchen größeren Krieg bereit war.

Was stattdessen geschah, erinnertstark an vergangene Zeiten derBlockkonfrontation. Russland unddie NATO führten eine Art Stellver-treterkrieg mittels ihrer Satelliten.Unabhängig von ihrem unmittelba-ren Ergebnis zeigt diese Krise, dassder Kampf um die Neuverteilungder Welt ununterbrochen weiter-läuft. Die ukrainische Regierung hatden blockfreien Status des Landesaufgekündigt und strebt eine Mit-gliedschaft in der NATO an. Und derKreml antwortet auf die Verschlech-terung der Beziehungen zum Wes-ten mit dem Ausbau der vielfältigenZusammenarbeit mit China.

Widerstand gegen den Krieg

Leider kann man nicht sagen, dasses in Russland oder der Ukraineheute eine echte, wirksame Anti-kriegsbewegung gäbe. In beidenLändern stärkte der Konflikt vor al-lem nationalistische und patrioti-sche Stimmungen. Wirklich positiveElemente eines realen Protests ge-gen den Krieg in der Ukraine lassensich jedoch an anderer Stelle beob-achten: So gab es Desertionen so-wie Kundgebungen,Demonstrationen und Protestlagergegen die Mobilisierung von Trup-pen, die dann ins Kampfgebiet ge-schickt wurden. Die ukrainischeRegierung rief drei Mobilisierungs-wellen aus, und auch zum Bau vonBefestigungen wurde die Bevölke-rung einiger Regionen massenhaftherangezogen. Die Zahlen derKriegsdienstverweigerer sind ziem-lich hoch. So erklärten z.B. die Be-hörden im Gebiet Odessa, dassrund ein Drittel der Wehrpflichtigendie Einberufung verweigert habeund dass in anderen Gebieten dieSituation noch schlimmer sei. Hierund da waren Parolen zu hören:„Sollen doch die Oligarchen in denKrieg ziehen“ und „Das ist nicht un-ser Krieg!“. Oft mussten dann die

lokalen Behörden nachgeben. Eskommt aber auch zu Repressionen.So hat die ukrainische Militärstaats-anwaltschaft offiziell Ermittlungs-verfahren gegen mehr als 3.000Deserteure eingeleitet. Aus den se-paratistischen Gebieten gibt es lei-der keine Informationen über dasAusmaß der Verweigerung.

All dies zeigt deutlich, dass keineder Seiten in diesem Bürgerkriegunsere Sympathie verdient. Die Po-litik und das Vorgehen beider Re-gierungen, der Kiewer und derseparatistischen, sind abscheulich.Beide Regime sind reaktionär undautoritär. In der Ukraine, soweit siesich unter der Kontrolle Kiews be-findet, gehört die Macht weiterhinder Oligarchie. Der neue PräsidentPoroschenko ist laut Forbes mit ei-nem Vermögen von etwa 1,3 Milli-arden US-Dollar die Nummer 6 derukrainischen Milliardäre. Die Men-schenrechte werden durch die so-genannten Antiseparatisten-Geset-ze eingeschränkt. Die Regierung inKiew betreibt eine grausame Spar-politik und drastischen Sozialabbau.Aber auch die Politik der Separatis-ten ist nicht besser. Die wirklicheMacht liegt hier bei den Kriegsher-ren und ihren Verbündeten in derpolitischen Klasse. Politische Geg-ner werden nicht selten terrorisiert,verhaftet oder entführt. Die neuenStrafgesetze sehen die Todesstrafevor. Die neuen Behörden verspre-chen, die Sozial- bzw. Eigentumss-truktur nicht zu ändern, dasEigentum der Oligarchie und derKonzerne nicht anzutasten sowieneue private Investitionen zu för-dern.

Sowohl das Regime in Kiew als auchdie Behörden der sich für autonomerklärten Republiken sind militaris-tisch, betreiben heftige nationalisti-sche Propaganda und dienen denInteressen der Herrschenden. Diesbegründet die Position unsererGruppen: gegen alle Seiten in die-sem Konflikt. In Kriegen zwischenStaaten oder Möchtegern-Staatenkann es keine gerechte Seite ge-ben!

Weitere Infos: www.Connection-eV.org;Filmdokument: Die von der RedaktionGraswurzelrevolution, der DFG-VK Müns-ter, der FAU Münsterland, der Friedensi-nitiative Pulverturm und der VVN-BdAMünster organisierte Veranstaltung„Krieg in der Ukraine: Machtproben ineinem zerrissenen Land. Eine alternativeSicht aus Russland“ mit Vadim Damieram 10.11.2014 in Münster wurde vonCord Steinbach (Filmwerkstatt Münster)gefilmt und online dokumentiert unter:http://tinyurl.com/ku7nqgc; eine russi-sche Übersetzung des Textes von VadimDamier über die Ukraine findet sich un-ter: www.aitrus.info/node/4092

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Das rechte Parteibündnis in derKnesset arbeitet an einem Gesetz-entwurf, der Juden den ungehinder-ten Zugang zum Tempelbergerlauben soll. Hamas und Fatah rie-fen dazu auf, dies mit allen Mittelnzu verhindern. „Trotz Warnungender Sicherheitskräfte einschließlichdes Geheimdienstes Shin Bet voreinem Flächenbrand, der auch dasbesetzte Westjordanland erfassenkönnte, wird wenig getan, um dieLage zu beruhigen. Auch von inter-nationalen Warnungen zeigt sich Is-raels Regierung bislangunbeeindruckt", berichtete die SZ(Süddeutsche Zeitung, 10.11.2014).

Vorgeschichte: Scheitern derFriedensverhandlungen und derGazakrieg

Alain Gresh, Chefredakteur von „LeMonde Diplomatique", benannteunter der Überschrift „Scheitern alsPrinzip. Wie Israel die Friedensge-spräche mit den Palästinensern zurFarce macht" (LMD, Juni 2014),warum US-Außenminister John Kerryder israelischen Regierung dieHauptverantwortung für das Nicht-zustandekommen einer Lösung imApril 2014 zuschrieb: „Die Palästi-nensische Autonomiebehörde (PA)akzeptierte zahlreiche Einschrän-

kungen der Rechte, die ein unab-hängiger Staat besitzt: dieEntmilitarisierung des zukünftigenpalästinensischen Staats und diePräsenz israelischer Soldaten amJordan, die nach fünf Jahren durchUS-Truppen abgelöst werden soll-ten. Sie willigte zudem ein, dass dieSiedlungen in Jerusalem unter is-raelische Kontrolle gestellt werden,und akzeptierte einen Austauschvon Territorien, mit dem 80 Prozentder Siedlungen im Westjordanlandin den israelischen Staat integriertwürden. Schließlich sollte die Rück-kehr der palästinensischen Flücht-linge der Einwilligung Israelsbedürfen. Kein anderer palästinen-sischer Führer hat jemals so vieleZugeständnisse gemacht wieMahmud Abbas. Und es ist sehr un-wahrscheinlich, dass sich in Zukunftjemand finden wird, der diese har-ten Bedingungen akzeptiert".

Der UN-Menschenrechtsrat ent-schied am 23. Juli 2014 in einerSondersitzung, mögliche Kriegsver-brechen sowohl der palästinensi-schen wie der israelischen Seite imGaza-Israel-Krieg 2014 zu untersu-chen. Die israelische Regierung ver-weigerte im Herbst 2014 einerUN-Kommission zur Untersuchungdes Krieges sowohl die Einreise wieauch die Zusammenarbeit. Die For-

derungen der Hamasu.a. nach Öffnungdes Gazastreifensdurch den Bau einesHafens und einesFlughafens konntenbisher in den Ver-handlungen mit Is-rael nicht umgesetztwerden, ein dauer-haftes Waffenstill-standsabkommen istderzeit in weiter Fer-ne.

Am 12. Oktober 2014sagten Regierungenaus 50 Staaten aufeiner Geberkonfe-

renz in Kairo mehr als vier Milliar-den Euro für den Wiederaufbau desGazastreifens zu. Im Frühjahr 2015sind noch immer rund 100 000Menschen im Gazastreifen obdach-los, von den ca. 96 000 zerstörtenHäusern sind rund 18 000 komplettzerstört, im Winter 2014/15 erfrorenErwachsene und Kinder in ihrenRuinen, der Wiederaufbau geht nurschleppend voran.

Zur israelischen Politik

Reuven Rivlin, seit Sommer 2014Präsident Israels, machte sich aufeiner Konferenz im Herbst 2014beim rechten Lager seines Landesunbeliebt: „Es ist an der Zeit, ehr-lich zuzugeben, dass die israelischeGesellschaft krank ist, und dieseKrankheit muss behandelt werden".Er kritisierte, „dass viele Araber inIsrael einem Rassismus ausgesetztsind". Jerusalem dürfe keine Stadtwerden, in der „geheim gebaut wirdund Umzüge im Schutz der Nachtstattfinden" (SZ, 4.11.2014).

Was der israelische Präsident eu-phemistisch „Umzüge" nennt, be-schrieb die Israel-Korrespondentinder Frankfurter Rundschau, IngeGünther, folgendermaßen:

„Es war stockfinstere Nacht, als ei-ne Gruppe männlicher Siedler, be-packt mit Kisten und flankiert vonisraelischen Grenzpolizisten undvermummten Spezialeinheiten diebeiden Wohnungen im ersten Stockin Beschlag nahmen. ,Wir wachtenauf, völlig schockiert', berichtet dievierzigjährige Um Mohammed Ha-yat, die mit ihrem Mann und zweiKindern im Parterre lebt. ,Ich glaubean Frieden. Aber das ist ein Famili-enhaus. Da können doch Fremdenicht einfach erzwingen, hier einzu-ziehen.' Bei ihrer nächtlichen Aktionreklamierten die Siedler diese Wo-che auf einen Schlag gleich 23Wohnungen in Silwan, einem Ost-Jerusalemer Brennpunkt in Altstadt-

Nach den März-Wahlen in Israel:

Eskalation oder Deeskalation im Nahen Osten?

von Clemens Ronnefeldt

Das Jahr 2014 endete im Nahen Osten mit einer Kette von Gewalttaten:Nach der mehrfachen Erstürmung des Tempelbergs samt Eindringens indie Al Aksa-Moschee durch die israelische Armee (IDF), dem Attentat aufden Rabbiner Jehuda Glick durch ein Mitglied des islamischen Dschihad,Brand- und anderen Anschlägen auf Moscheen und Synagogen mit Toten,etlichen Getöteten auf palästinensischer Seite im Westjordanland und imGazastreifen durch IDF-Angehörige und Anschlägen mit Autos und Mes-sern auf jüdische Zivilisten in Jerusalem durch Palästinenser drohte dieGewalt im Nahost-Konflikt Ende des Jahres zu eskalieren.Was ist von denWahlen im März zu erwarten?

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West- oder Klagemauer in Jerusalem, Ausgangspunkt der 2. Intifada

nähe, als ihren Besitz. Brecheisenbrauchten sie nicht. Sie hatten pas-sende Schlüssel dabei, nur in einemFall brachen sie die Tür auf und war-fen die Bewohner auf die Straße.(...) Durch schleichende Übernahmehaben sich über die Jahre hinwegbereits rund 400 israelische Siedlerin ihrer Mitte niedergelassen, umsich herum Hochsicherheitszäunegezogen sowie Kameras und Wach-posten auf den Dächern postiert"(FR, 4.10.2014).

Am 3. September 2014 zerstörtenisraelische Soldaten eine Joghurtfa-brik in Hebron mit rund 4000 Be-schäftigten. Im September 2014schrieben 43 Reservisten der israe-lischen Geheimdienst-Eliteeinheit8200 einen offenen Brief an Minis-terpräsident Netanyahu, dass sieaus Gewissensgründen keine Infor-mationen mehr sammeln werden,mit denen Palästinenser zur Kolla-boration mit der israelischen Armeegezwungen werden.

Im „SPIEGEL" vom 8. Oktober 2014berichtete Julia Amalia Heyer: „Je-des Jahr werden etwa 700 palästi-nensische Kinder von derisraelischen Armee festgenommen,2013 waren es mehr als tausend.Die meisten von ihnen werden be-schuldigt, Steine geworfen zu ha-ben, auf Fahrzeuge, auf Soldaten,auf jüdische Siedler. Nach dem is-raelischen Militärrecht, das für diePalästinenser im Westjordanlandgilt, sind Kinder ab zwölf Jahrenstrafmündig. Bis zu sechs MonateHaft beträgt die Strafe für 12- oder13-jährige, die einen Stein gewor-fen haben. Im vergangenen Jahrveröffentlichte das KinderhilfswerkUnicef einen Bericht über minder-jährige Palästinenser in Militärhaft.Darin werden schwere Verstöße ge-gen die Kinderrechtskonventionfestgestellt: Misshandlungen schei-nen ,weitverbreitet, systematischund durch die Strafverfahren vorden Militärgerichten geradezu insti-tutionalisiert'. Und zwar vom ,Mo-ment der Verhaftung über dieeventuelle Anklage bis zu einem Ur-teil'. Die in dem Bericht aufgeliste-ten Misshandlungen reichen vonabschnürenden Fesseln über Isolati-onshaft bis hin zur Androhung phy-sischer oder in seltenen Fällensogar sexueller Gewalt".

Mitte Oktober 2014 riefen 363 nam-hafte israelische Persönlichkeiten,darunter ehemalige Diplomatenund Minister in einem Brief das bri-tische Parlament auf, für eine Aner-kennung des Staates Palästina zustimmen – vergeblich. Mehr Gehörfanden sie in Schweden, das alserstes EU-Land überhaupt den Pa-lästinenserstaat im Herbst 2014 an-

erkannte.

„In einer der größten Protestaktio-nen israelischer Prominenter hat ei-ne Gruppe von 106 ehemaligenIDF-Generälen, Mossad-Agentenund Polizei-Kommissaren einen Briefan Premierminister Netanyahu un-terschrieben, in dem der Regie-rungschef aufgefordert wird, einen,diplomatischen Prozess' zu lancie-ren, der auf einem regionalen Rah-men für einen Frieden mit denPalästinensern basieren müsse",berichtete die Plattform „Tachles".

Wie die Wahlen in Israel am 17.März 2015 ausgehen werden, ist beiAbfassung dieses Artikels Mitte Fe-bruar 205 völlig ungewiss. Am 3.März wird Präsident Netanyahu inWashington zu Gefahren durch isla-mische Extremisten sowie das irani-sche Atomprogramm sprechen.US-Präsident Barack Obama hatihm – mit Verweis auf den nahenWahltermin – eine Begegnung ver-weigert.

Zur palästinensischen Politik

Präsident Mahmud Abbas hofft, mitdem Rückenwind europäischerStaaten, die wie Schweden Palästi-na anerkennen, im UN-Sicherheits-rat einen Resolutionsentwurf durchzu bekommen, der Israel eine Fristbezüglich einer Zweistaatenrege-lung setzt. Israel soll sich „bis spä-testens 2016 aus den 1967eroberten Gebieten zurückziehen.Sieben Mitglieder im UN-Sicher-heitsrat unterstützen nach Angabenvon PLO-Führungsmitglied Nabil

Shaat diese Initiative. Die USA ha-ben aber ein Veto angekündigt" (FR,14.10.2014).

Seit der Unterzeichnung des PariserProtokolls 1994, das die Wirtschafts-und Finanzteile der Oslo-Verträgeregelt, kontrolliert Israel die Wirt-schaft der Palästinenser/innen, „die70% der Waren aus Israel importie-ren und mehr als 85% ihrer Produk-te nach Israel ausführen" (OlivierPironet, Zone, Lager und Gefängnis,in: Le Monde Diplomatique, Oktober2014, S. 12f.). Zölle, die eigentlichder PA zustehen, werden immerwieder einbehalten. In jüngster Zeitwerden in den palästinensischenGebieten verstärkt Waren aus Israelboykottiert.

Nach dem israelisch-palästinensi-schen Sicherheitsabkommen von1993 dürfen palästinensische Poli-zisten im Westjordanland gegenAngriffe von Siedlern nicht vorge-hen und sind dazu verpflichtet,beim Aufspüren und der Verhaftungpalästinensischer Aktivisten aus

den Reihen von Hamas, Islami-schem Dschihad oder der Volksfrontzur Befreiung Palästinas mit der Re-gierung Israels zu kooperieren.

Da die Regierung von Präsident Ab-bas von Zahlungen aus dem Westenabhängig ist, hat sie trotz erhebli-chen Drucks seitens der palästi-nensischen Gesellschaft undAusbleibens der eigenen Staatlich-keit die Oslo-Verträge nicht gekün-digt. Durch die Unterzeichnung derMitgliedschaft im Internationalen

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Strafgerichtshofs in Den Haag kön-nen mutmaßliche israelischeKriegsverbrechen im jüngsten Gaz-akrieg untersucht werden – ebensoder Beschuss Israels durch Raketenaus dem Gazastreifen.

Unter großem Druck steht die der-zeitige aus Technokraten zusam-mengesetzte Einheitsregierung ausHamas und Fatah auch wegen derausstehenden Gehälter für Ange-stellte der PA im Gazastreifen, dieseit 2006/2007 die ehemaligen An-gestellten der Fatah ersetzt haben.

Die internationale Boykott, Desin-vestitions- und Sanktionsbewegung(BDS) wird von vielen Menschen inder Westbank wie im Gazastreifenals Hoffnungszeichen gesehen, mitdieser Form des gewaltfreien Wider-stands u.a. durch den bewusstenKaufverzicht von Waren aus den be-setzten Gebieten Druck auf die is-raelische Regierung auszuüben. DieWahrscheinlichkeit, dass sich dieaktuellen Spannungen in einer neu-en Intifada (arab.: Abschütteln, ge-meint ist die israelische Besatzung)blutig entladen, ist im Jahre 2015groß.

Der inhaftierte Fatah-Aktivist Mar-wan Barghouti rief aus dem Ge-fängnis heraus die palästinensischeFührung dazu auf, den bewaffnetenWiderstand zu unterstützen.

Internationale Initiativen

Nach Auffassung der hohen Beauf-tragten für Außen- und Sicherheits-politik der Europäischen Union,Federica Mogherini, macht der Nahe

Osten „die womöglich schwersteZeit seiner Geschichte" (SZ,4.11.2014) durch. Ihre erste Reisein ein Nicht-EU-Land führte sie imNovember 2014 nach Israel und Pa-lästina. Daran „dass sie die Etablie-rung eines Palästinenserstaates fürnicht nur wünschenswert, sondernals ein ,Ziel' erachtet, lässt sie kei-nen Zweifel" (SZ, 4.11.2014). DieGründung des Staates Palästinanannte sie „den einzigen Weg fürIsrael, um Sicherheit zu erlangen"(SZ, 10.11.2014).

Die Botschafter von Großbritannien,Frankreich, Italien und Spanien undder stellvertretende Botschafter vonDeutschland übergaben dem Natio-nalen israelischen Sicherheitsbera-ter Yossi Cohen im September 2014einen Brief, in dem sie gegen dieEntscheidung protestierten, rundvier MillionenQuadratmeterpalästinensi-schen Landesbei Gush Etzi-on – südlichvon Jerusalem– als israeli-sches Staats-land auszu-geben.

Beim Nahost-Besuch desdeutschen Au-ßenministersFrank-WalterSteinmeierMitte Novem-ber 2014 be-lehrte derisraelische Au-ßenminister

Avigdor Liebermann seinen deut-schen Amtskollegen „bereits vorden Kameras, dass es sich bei Neu-bauten im arabischen Ostjerusalemnicht um Siedlungen, sondern um,jüdische Wohnviertel' handele under sich daher jede ,Einmischung inunsere inneren Angelegenheiten'verbitte" (SZ, 17.11.2014).

„Fäkal-Diplomatie. Die israelisch-amerikanischen Beziehungen habeneinen neuen Tiefpunkt erreicht", ti-telte die Süddeutsche Zeitung am30. Oktober 2014 nach heftigen ge-genseitigen Beleidigungen zwischenIsraelis und US-Amerikanern. Beieinem Krisengipfel in Amman imNovember 2014 hatte BenjaminNetanyahu US-Außenminister JohnKerry „das Versprechen abgebenmüssen, dass sich am Status quoauf dem Tempelberg nichts ändernwerde" (SZ, 17.11.2014).

Der ehemalige israelische Geheim-dienstchef Jaakov Peri sprach sichangesichts der wachsenden Eskala-tion dafür aus, „eine Regionalkon-ferenz unter anderem mit Jordanien,Ägypten und Saudi-Arabien einzu-berufen" (FR, 13.11.2014). Es ist zuhoffen, dass seine Worte möglichstbald auf fruchtbaren Boden fallen –und nach den Wahlen im März 2015in Israel eine Regierungsbildungmöglich wird, die sich konziliantergegenüber den Vorschlägen füreinen dauerhaften Frieden von Prä-sident Abbas zeigt als die israeli-sche Regierung im Jahre 2014.

Clemens Ronnefeldt, Diplom-Theologe,ist seit 1992 Referent für Friedensfragenbeim deutschen Zweig des Internationa-len Versöhnungsbundes. Er nahm seit1990 an Friedensdelegationen nach Irak,Iran, Syrien, Libanon, Israel, Palästina,Ägypten und Jordanien teil.

Zwei palästinensiche Kinder vor israelischen Soldaten, südlich von Bethlehem, beieiner Demonstration gegen den Mauer-/Grenzzaunverlauf

offene Tür in der Mauer bei Cremisam, nahe Beit Jala

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Foto: Arraba, Galiläa, Mai 2007.@Almog, Wikimedia Commons

Bundesweite Aktionstage vom Deutschen KoordinationskreisPalästina Israel für ein Ende der Besatzung und einen gerechten Frieden

von Gabi BiebersteinDer KoPI (KoordinationskreisPalästina Israel) ruft zu mehre-ren bundesweiten Aktionstagenauf. An diesen Gedenktagenoder kurz danach sollen Vor-tragsveranstaltungen, Filmvor-führungen, Infostände, Mahn-wachen, Demonstrationen oderandere Aktivitäten in verschie-denen Städten organisiert wer-den. KoPI wird auf seinerWebseite Material zur Verfü-gung stellen: http://www. kopi-online.de/wordpress/?cat=152.(der VB ist Mitglied von KoPI):

30. März 2015: Tag des Bodens

1976 wurden palästinensische Is-raelis in großem Umfang enteignet,um das Land für jüdische Nachbar-gemeinden und für Industrieprojek-te zur Verfügung zu stellen und diedemographische Situation zu än-dern. Besonders die Gegend umdas Dorf Arraba, Galiläa, war davonbetroffen. Die Märsche und Gene-ralstreiks begannen in Galiläa undführten zum Tod von sechs unbe-waffneten Palästinensern. Solidari-tätsproteste weiteten sich in derbesetzten Westbank und dem Gaz-astreifen aus. Seitdem ist der 30.März Gedenktag, und jährlich wer-den an diesem „Tag des Bodens“Demonstrationen durchgeführt.

15. Mai 2015 – Nakba-Tag

Die UN-Vollversammlung empfahlim November 1947 in ihrer Resolu-tion 181 II, ca. 55 % des britischenMandatgebietes Palästina, der zio-nistischen Jüdischen Agentur zuzu-sprechen – und das obwohl nur ein

Drittel der Bevölkerung jüdisch war.Jerusalem sollte unter internationa-ler Kontrolle eine Sonderstellung er-halten. In dem restlichen Gebietsollte ein palästinensicher Staatentstehen. Allerdings ist in dieserResolution keine Rede davon, dassMenschen umgesiedelt oder garvertrieben werden sollten. Vielmehrwurden zwei Staaten empfohlen.Minderheitenrechte sollten respek-tiert werden und es sollte keine Dis-kriminierung auf Grund von Rasse,Religion oder Sprache geben. AlleMenschen sollten in dem Staat, in

dem sie le-ben, Bürger-rechtehaben.

Bereits vorder Verab-schiedungder Resoluti-on hatten jü-discheMilizen einenPlan ausge-arbeitet, derdie Vertrei-bung der Pa-lästinenseraus dem Ge-biet, das derjüdischenAgentur zu-

gesprochen wurde, sowie aus mög-lichst vielen anderen Gebieten zumZiel hatte. Zu diesem Plan mitdem Namen Dalet (Tür) gehörte dieZerstörung der Dörfer durch Ab-

brennen und Verminen, um eineRückkehr der Bevölkerung unmög-lich zu machen sowie das Erzeugenvon Angst durch Massaker und Pro-paganda. Mit der Vertreibung be-gannen die zionistischen Milizendirekt nach der Verabschiedung derUN-Resolution.

Unmittelbar nach der Beendigungdes britischen Mandats gründetedie zionistische Bewegung am 14.Mai 1948 den Staat Israel. Auch andiesem Tag setzen die zionistischenTruppen ihre Vertreibungen fort;bereits 350.000 Palästinenser hat-ten das Land verlassen und damitdie Hälfte der insgesamt Vertriebe-nen. Die Flucht und Vertreibungwird von den Palästinensern alsNakba (das bedeutet Katastrophe)bezeichnet. Am 15. Mai gedenkensie jährlich der Nakba.

29. November 2015 – Interna-tionaler Tag der Solidarität mitdem palästinensischen Volk

Am 29. November 1977 – 30 Jahrenachdem sie die Teilungsresolutionverabschiedet hatte – erklärte dieUNO diesen Tag zum „Internationa-len Tag der Solidarität mit dem pa-lästinensischen Volk“. Seitherbegehen das palästinensische Volk,die Vereinten Nationen und Men-schen weltweit jährlich am 29. No-vember diesen Tag.

Weitere Informationen: Gabi Bieberstein:Israel – Palästina | Kurze Basisinforma-tionen zur Geschichte, http://www.kopi-online.de/wordpress/?p=1700

Hier im Canada Park in Israel liegen Überreste des palästinensischen Dorfs Yalu.Wie viele andere wurde es 1947/1948 von zionistischen Milizen bzw. dem israeli-schen Staat zerstört. Die damals Vertriebenen und ihre Nachfahren leben heute inGaza, der Westbank und in anderen Staaten - meistens in Flüchtlingslagern. DerStaat Israel verbietet ihnen die Rückkehr in die Heimat. Die israelische Friedensor-ganisation Zochrot berichtet über diese Vertreibung - von den Palästinensern Nak-ba genannt - und bietet Führungen dazu an. © Ryan Rodrick Beiler

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Versöhnungsarbeit vor Ort

Büchel 2014; links liegend: Elu (Ernst-Ludwig Iskenius)

Woher kommt die BezeichnungBüchel65?

Büchel65 steht für den diesjährigengewaltfreien Widerstand in Formdes Zivilen Ungehorsams gegen dienoch verbliebenen Atomwaffen inDeutschland. Diese lagern in Büchel(Eifel) und sollen modernisiert wer-den. Im Rahmen der atomaren Teil-habe übt dort die Bundesluftwaffeihren verhängnisvollen Abwurf. Die65 hinter diesem Namen bedeuten:65 Tage gewaltfreie Blockaden, umden Druck auf die Bundesregierungzu einer Abkehr ihrer Atomwaffenbefürwortenden Haltung zu erhö-hen. Diese Blockaden sollen zwi-schen dem 26.3. und dem29.5.2015 an möglichst vielen Ta-gen stattfinden, um den Normalbe-trieb empfindlich zu stören. Diebewährten Konzepte von fasla-ne365 und gorleben365 stehen fürunser Vorhaben Pate.

Wer steckt hinter Büchel65?

Die Initiativgruppe setzt sich ausAktivistenInnen der Friedens- undAntiatom-Bewegung zusammen. Al-le haben jahrelange Erfahrungenmit Aktionen des gewaltfreien Wi-derstandes und der Blockaden. Wirmöchten insbesondere aktive Basis-gruppen aus einzelnen Städten undOrten ansprechen, die über Aufklä-rung und Protest hinaus den zivilenUngehorsam als Mittel gegen dasUnrecht der fortgesetzten Bedro-hung durch Atomwaffen einsetzenwollen. Dabei nehmen wir juristi-sche Verfolgung in Kauf und möch-ten so die politische Auseinan-dersetzung bis in die Gerichtssäletragen. Diese Initiativgruppe wirddie 65 Tage in Dauerpräsenz vor Ort

sein. Wir sehen hier die einzigartigeChance, die Erfahrungen der Antia-tombewegung mit Massenblocka-den für dieses imminent wichtigefriedenspolitische Thema wirksamwerden zu lassen. Das Verhältnisvon ziviler und militärischer Nut-zung der Atomtechnik soll trotz an-geblichem Atomausstieg erneut inden Mittelpunkt gestellt werden.

Warum der Zeitraum?

Mit Büchel65 erinnern wir an denBundestagsbeschluss am 26. Märzvor 5 Jahren. Damals forderte dasParlament mit breiter Mehrheit –über die Parteigrenzen hinweg – dieBundesregierung auf, sich für denAbzug aller Atomwaffen auf deut-schen Boden einzusetzen. Anstattden breiten Willen von Parlamentund Bevölkerung zu befolgen, igno-rierten die damalige und auch diejetzige Bundesregierung diesen Be-schluss. Sie fördert aktiv die neueatomare Aufrüstungsspirale, indemsie nicht nur die Pläne zur Stationie-rung neuer Atomwaffen durch dieUS-Regierung toleriert, sondernselbst in die Modernisierung ihrerTrägersysteme, z.B. Kampfflugzeu-ge investiert. Das Ende von Bü-chel65 fällt mit dem Ende derÜberprüfungskonferenz zum Atom-waffensperrvertrag in New York zu-sammen. Büchel65 verbindet sowichtige nationale und internatio-nale Aktivitäten gegen die weltwei-te Atomwaffengefahr.

Um welche Ziele geht es?

Der Atomwaffenstandort Büchel sollzum symbolischen Ort für den ge-waltfreien Widerstand der Zivilge-sellschaft gegen die Atomwaffenwerden, ähnlich wie Mutlangen fürdie Friedensbewegung in den 80igerJahren oder Gorleben für die Anti-atom-Bewegung. Das schon verges-sene und von den Medien ver-schwiegene Thema einesdrohenden militärischen Einsatzesmit Atomwaffen soll wieder ins Be-wusstsein zurückgeholt werden. Aufdie Bundesregierung soll Druck aus-geübt werden, neue Initiativen zuratomaren Abrüstung zu ergreifen,gerade in Zeiten, wo die Zeichenauf Ost-West Konfrontation stehen

und mit der Krise um die Ukraineein Einsatz von Atomwaffen leiderwieder wahrscheinlicher wird. Es istunser spezifischer Beitrag zur Äch-tung aller Atomwaffen.

Wie ist Büchel65 organisiert?

Vor Ort wird es in den 65 Tagen eineDauerpräsenz von jeweils 2-3 Per-sonen geben. Diese empfängt dieeinzelnen Blockadegruppen, infor-miert über die aktuelle Situation vorOrt und begleitet die einzelnenGruppen in ihren Blockadeaktionen.Die Gruppen sind selbst verant-wortlich für ihre Blockadeaktion. Esgilt lediglich ein Aktionsrahmen, indem das Vorbereitungsteam be-schrieben hat, wie es sich gewalt-freies Verhalten bei zivilem Unge-horsam in Form von unangemelde-ten, aber öffentlich angekündigtenSitzblockaden vorstellt. Wir gehendavon aus, dass sich die einzelnenGruppen zu Hause schon gemein-sam vorbereiten und auch entspre-chende Pressearbeit vor und nachihren Blockadeaktionen an ihren je-weiligen Orten selbst durchführen.Als Vorbereitungsgruppe geben wirHilfestellung in der Unterbringungund Durchführung der jeweiligenAktion. Eine minimale Infrastruktur(beheizbares Versammlungszelt,Toiletten) wollen wir vorhalten.

Was macht die Dauergruppe?

Im Vorfeld nimmt sie die Zusage dereinzelnen Blockadegruppen entge-gen und steht zur Beratung zurVerfügung. Sie koordiniert die Ter-mine und versucht auf diese Weise,dass an möglichst vielen Tagen derBetrieb am Fliegerhorst empfindlichgestört werden kann. Sie steht auchals kontinuierlicher Ansprechpartnerfür örtliche und überörtliche Presseund Medien zur Verfügung. Sieberät und begleitet die einzelnenBlockadegruppen in ihren Aktionen.Sie wird verantwortlich für die Auf-takt- und Auftakt- und Abschluss-blockade sein und machtüberregionale Pressearbeit. Sie hältKontakt zu anderen am Thema Bü-chel agierenden Gruppen und ver-sucht den Widerstand, stärker inder Region zu etablieren.

Büchel 65 – 65 Tage Blockaden in BüchelEin Interview mit Ernst Ludwig IskeniusGewaltfreier ziviler Ungehorsam soll den letzten Atomwaffen-standort in Deutschland in Büchel in der Eiffel in diesem Frühjahrstärker ins öffentliche Bewusstsein bringen und Druckmachen fürden Abzug dieser Massenvernichtungswaffen. Wolfgang Schlupp-Hauck stellte Ernst Ludwig Iskenius Fragen, über die Pläne.

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Was sollte eine Gruppe überden Fliegerhorst wissen, wennsie eine Blockade plant?

Wichtig ist, dass die einzelnen Blo-ckadegruppen zunächst möglichstfrühzeitig mit uns Kontakt aufneh-men. Wir haben ein entsprechendesInfopaket zusammengestellt, daswir jeweils den Gruppen zu ihrerVorbereitung zur Verfügung stellen.Darüber hinaus können sie über un-sere Homepage weitere Informatio-nen zum Fliegerhorst bekommen,u.a. einen Blockadekalender und ei-ne Karte mit allen Toren und Zugän-gen zum Fliegerhorst. Beachtetwerden sollte, dass es keine eta-blierte Infrastruktur vor Ort gibt,sondern die Gruppen selbst für An-fahrt, Essen und Übernachtung sor-gen müssen. Um diese Zeit indieser Höhe kann es auch nochempfindlich kühl sein. Zu dieserJahreszeit kann es auch regnenoder gar noch schneien.

Wie sehen die Blockaden aus?

Kleinere Gruppen werden sich si-cherlich nur ein Tor vornehmen kön-nen, größere Gruppen könneneventuell auch zur gleichen Zeitmehrere Zugänge blockieren. Wich-tig ist für uns, dass der Charaktereiner Sitzblockade erhalten bleibt.Ansonsten ist es der Kreativität undFantasie der einzelnen Blockade-gruppen überlassen, wie sie ihrenBlockadetag gestalten wollen. Inder Regel beginnt werktags der Be-trieb auf dem Fliegerhorst vor 6.30Uhr, so dass möglichst früh die Zu-gänge besetzt sein sollten. Das be-deutet, dass die Gruppen bisspätestens 17.00 Uhr am Vortagangereist sein sollten. Den Abendnutzen sie dann für gemeinsameAktionsvorbereitung und letzte Ab-sprachen. Die Gruppen entschei-den, wie lange sie blockieren: Einpaar Stunden oder vielleicht auchan mehreren Tagen hintereinander... Am Wochenende ist allerdingsrecht spärlicher Betrieb von Ein-und Ausfahrten. Wir sehen aberauch in diesem Fall Blockaden alssinnvoll an.

Wie kann sich eine Gruppe anBüchel65 beteiligen?

Wenn eine kleine Gruppe von 5oder 6 Leuten beschlossen hat, ge-meinsam in Büchel zu blockieren,sollte sie sich möglichst früh übereine Kontaktperson über unsere Ho-mepage anmelden. Wir würdendann Kontakt aufnehmen und alleFragen im Vorfeld besprechen. Sehrschön wäre es, wenn aus dem je-weiligen Umkreis der Gruppe (pri-vat, politisch) noch weiterePersonen geworben werden könn-ten mitzumachen. Wichtig ist, diese

Blockade in den örtlichen Zeitungenanzukündigen und vielleicht einenBericht zu verfassen. Zur Vorberei-tung sollten nicht nur organisatori-sche, gestalterische und rechtlicheFragen innerhalb der Gruppe ge-klärt, sondern auch erwogen wer-den, ob es noch einesgemeinsamen Aktionstrainings be-darf. Eine solche Möglichkeit könntean die KURVE Wustrow vermitteltwerden. Zur Nachbereitung solltedie Gruppe in jedem Fall ein ge-meinsames Photo von der Blockademachen und es in ihrer örtlichenPresse veröffentlichen. So werdendie einzelnen Blockadegruppen zuBotschafterInnen für Büchel65 unddarüber hinaus.

Welche rechtlichen Konsequen-zen sind zu erwarten?

Blockaden werden in der Regel,wenn überhaupt, als Ordnungswid-rigkeit geahndet und mit einemBußgeld belegt. Sie können aberauch einmal als Straftat angeklagtwerden. Bisher ist das wegen Teil-nahme an Blockadeaktionen in Bü-chel noch nicht vorgekommen. Wirbefürworten auch die politischeAuseinandersetzung dieser Regel-verletzung bis in die Gerichtssäle.

Welche Unterstützung für even-tuelle Prozesse gibt es?

Ein Mitglied unserer Organisations-gruppe berät in rechtlichen Fragen.Ansonsten stehen wir mit demRechtshilfebüro Hamburg in Verbin-dung und können dementsprechendvermitteln. Auf jeden Fall sollte,wenn es zu rechtlichen Konsequen-zen kommt, sich jedeR bei uns mel-den, so dass auch kurzfristigUnterstützung und Hilfe organisiertwerden kann. Niemand sollte mitden rechtlichen Konsequenzen al-lein dastehen.

Wo kann man übernachten?

Mit der Anmeldung der Blockade beiuns bekommt jede Gruppe eine Auf-stellung verschiedener Übernach-tungsmöglichkeiten in der Region(von preiswerter Pension über Ge-meindehaus,Tagungshausbis zu privatenEinzelunter-künften). DieGruppen habenallerdings selbstdann für dieUnterkunft ihrerTeilnehmerIn-nen zu sorgen.Für Campersteht eine Wie-se neben demHaupttor zurVerfügung.

Was kann man zu Hause für Bü-chel65 tun?

Erwähnt habe ich schon die Öffent-lichkeitsarbeit, das Werben für die-se Aktionsidee und die intensiveVorbereitung. Aufgaben solltenschon im Vorfeld verteilt sein. NichtjedeR in einer Gruppe muss blo-ckieren. Ist ein Aktionstraining er-forderlich, kann dieses schon zuHause stattfinden. Wir vermittelngerne Kontakt zur Kurve Wustrow.Der Kreativität des Einzelnen oderder Gruppe sind keine Grenzen ge-setzt. In begrenztem Umfang kannauch ein gedruckter Flyer angefor-dert werden. Dieser Flyer stehtauch zum Download auf unsererHomepage. Schön ist, wenn mög-lichst viele Photos gemacht werdenund uns mindestens ein oder zweizur Verfügung gestellt werden.

Am Karfreitag, 3. April, lädtBerthold Keunecke von 13:30-15:30Uhr zu einem Gottesdienst auf derZufahrt zum Atomwaffenlager inBüchel ein; Thema „Ohnmacht aus-halten – Atomwaffen ächten“. Wermöchte sich mit einer Lesung amGottesdienst beteiligen? Bitte mel-den unter 05221-27 64 786; weitereInfos siehe www.buechel-atomwaf-fenfrei.de/buechel65/

Am 18. April findet eine weitereBlockade statt, an der Mitgliederdes VB sowie der Arche teilnehmen;Ansprech- partner ist Karsten Pe-tersen vom Friedenshof, [email protected]

Weitere Informationen: Unsere Ho-mepage www.buechel-atomwaffen-frei.de/buechel65 wird ständig aktua-lisiert. Über [email protected] kann man/frau mitder Organisationsgruppe in Kontakt tre-ten. Außerdem steht ein Infotelefon un-ter der Nummer:05841/961270 bereit.Unsere Blockaden kosten Geld. Bittespendet schon jetzt, damit voll in dieMobilisierung eingestiegen werdenkann. IBAN: DE79 430609672029811502 BIC GENODEM1GLS

Büchel 2014

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Anfang Dezember richtete sich vielHoffnung der Anti-Atomwaffenbe-wegung auf Wien. Hoffnung, dassdie Teilnehmer der dritten Staaten-konferenz zu den humanitären Kon-sequenzen von Atomwaffen bei denVerhandlungen zu Verbot und Ab-schaffung von Atomwaffen endlichvorankommen würden. Zum erstenMal waren auch die AtommächteUSA und Großbritannien anwesend .

Zunächst sah die Staatenkonferenzjedoch mehr nach Stagnation alsnach Mut zur Veränderung aus.

Und das, obwohl das von ICAN (In-ternationale Kampagne zur Ab-schaffung von Atomwaffen,www.icanw.org) organisierte CivilSociety Forum in den Tagen vor derKonferenz sehr deutlich gemachthatte, warum das Verbot von Atom-waffen wichtig und realisierbar ist.

Eindrücklich erzählten Überlebendeaus Hiroshima / Nagasaki und ausden Atomwaffentestgebieten vonder Zerstörung und dem enormenLeid, das diese Waffen auslösen. Siemachten mehr als deutlich, warumdas Verbot längst überfällig ist. Be-sonders beeindruckt hat mich derMut der Bewohner der Marshall Is-lands.

Mit ihrer Klage vor dem Internatio-nalen Gerichtshof gegen alle neunAtomwaffenstaaten wegen derNichterfüllung ihrer Abrüstungsver-pflichtung übernehmen sie Verant-wortung für die ganze Menschheit.Bereits 1970 wurde versprochen,mit dem Atomwaffensperrvertrag innaher Zukunft Verhandlungen zubeginnen, die zur vollständigen Ab-rüstung führen sollten. Dieses Land,das noch heute mit den Folgen derAtomwaffentests auf seinem Gebietzu kämpfen hat, ist politisch undökonomisch relativ abhängig vonden USA. Gerade dadurch zeigtsich, wie wichtig es dieser Nation istdafür zu sorgen, dass in Zukunftniemand mehr ihr Leid teilen muss.

Neben Berichten, Experten- und Po-diumsgesprächen gab es beim CivilSociety Forum auch Raum, Kontaktezu knüpfen und jede Menge Anre-gungen, wie jeder einzelne aktivgegen Atomwaffen werden kann.

Wenn es um Aktionen geht, solltenatürlich auch der InternationaleVersöhnungsbund nicht fehlen. Soboten wir in Zusammenarbeit mitdem österreichischen und belgi-schen Zweig einen Stand an, derüber gewaltfreie Aktionen und die

Arbeit gegen Atomwaffen im Ver-söhnungsbund informierte, wie dieFastenaktion unseres VorsitzendenMatthias Engelke in Büchel.

Insgesamt waren sich die Teilneh-mer des Civil Society Forums einig:Es ist höchste Zeit, Atomwaffen zuverbieten und abzuschaffen. Undvielleicht ist etwas von dieser Über-zeugung und vor allem von demMut, für diese Überzeugung einzu-stehen, am Ende doch ein bisschenauf die Staatenkonferenz überge-schwappt: Überraschend konnte amEnde der Konferenz doch noch einwichtiger Schritt in Richtung Abrüs-tung unternommen werden. In sei-nem abschließenden Resümeeversprachen der österreichischeAußenminister und BotschafterAlexander Kmentt, (Direktor derAbrüstungsabteilung im Außenmi-nisterium und Vorsitzender derWiener Konferenz), in einer Selbst-verpflichtung, sich dafür einzuset-zen, die rechtliche Lücke zwischenAbrüstungsverpflichtung und Verbotzu schließen. Der Selbstverpflich-tung können sich all jene Staatenanschließen, welche ganz offiziellihre Verpflichtung zur Abrüstungproklamieren möchten. Bisher ha-ben 44 Länder diese Selbstver-pflichtung unterzeichnet, darunterauch Südafrika, die Schweiz, Ägyp-ten und Brasilien. EnttäuschenderWeise - wenn vielleicht auch nichtüberraschend - gehört Deutschlandnicht zu den Unterzeichnern.

Aber wir können hoffentlich auchhier in Deutschland als Zivilgesell-schaft mit Mut und kreativen Aktio-nen die Politik davon überzeugen,ihre Haltung zu überdenken undklar Stellung gegen diese men-schenverachtenden Waffen zu be-ziehen. Sorgen wir dafür, dass dererste Schritt, den schon 44 mutigeLänder vorausgegangen sind, auchin Deutschland getan wird.

Mehr Informationen zu den humanitärenFolgen von Atomwaffen und Atomwaf-fentests bietet eine von ICAN herausge-gebene Broschüre: www.atomwaffen-frei.de/ressourcen.html

Wer hat den Mut, Atomwaffen zu verbieten?

von Samya Korff

Auf der letzten Mitgliederversammlung wurde beschlossen, Vertreter/In-nen aus dem Versöhnungsbund zur Staatenkonferenz über die humanitär-en Konsequenzen von Atomwaffen zu schicken, die im Dezember 2014 inWien stattfand. Vor Beginn der Konferenz organisierten Nichtregierungs-organisationen aus aller Welt ein „Civil Society Forum“. Samya Korff, NoraSufiar, Wolfgang Schlupp-Hauck und Julia Berghofer waren für uns dabei.

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Befinden von Beatrice Amony

Beatrice, die vor 4 Jahren im Altervon 30 Jahren einen Schlaganfallerlitten hat, macht kleine Fortschrit-te, wird physisch stärker und ist beiguter Gesundheit.Sie kann ihrenHaushalt bewältigen und selbstän-dig in die Stadt gehen. Das großeHandicap ist nach wie vor die Spra-che: in Englisch kann sie sich kaumausdrücken, ein paar wenige Wortenur. In ihrer Muttersprache „Acholi“scheint es etwas besser zu gehen,wie sie selbst bestätigt, und sokann sie sich wenigstens ein biss-chen verständigen. Sie ist jedochweit davon entfernt, eine Tätigkeitaufnehmen zu können, von der sieleben könnte, und so wird sie nochlange Zeit pflegebedürftig bleiben.Sie lebt bei ihrer Schwester in derihr vertrauten Stadt Gulu. Der Vaterihres Kindes, Richard Okwera, be-sucht sie treu und regelmäßig undkümmert sich um sie und den klei-nen Sohn. Emanuel ist jetzt vierJahre alt und geht in den Kindergar-ten. Er, der in jener Zeit des Schlag-anfalls geboren wurde, ist – Gott seiDank – kerngesund und sprichtmunter.

Zu ihrer und des Kindes Versorgungüberweisen wir ihr regelmäßig mo-natlich 110 € (plus Bankgebühr),das ihr zum Auskommen reicht. DerBetrag wird zu 75% aus regelmäßi-gen Spenden von Freunden/innendes Versöhnungsbundes aufge-bracht, der Rest kommt aus einma-ligen Spenden meines Verwandten-und des VB-Freundeskreises.

Vom Projekt „Peace and Deve-lopment Foundation“ (PDF)

In Eigenarbeit haben die Lehrlinge,die von PDF ausgebildet werden,den Rohbau für ein neues kleines

Ausbildungszentrumin der GemeindeAnaka gemauert, aufeigenem Grund, densie von einem Gönnerzur Verfügung ge-stellt bekommen ha-ben. S.Bild . DurchSponsoren von ver-schiedenen Seiten istdas Center nun so-weit fertig fertigge-stellt, dass mit demBetrieb in der erstenFebruarwoche be-gonnen werdenkonnte: Der „Eine-Welt-Laden“ in Vai-hingen/Enz hat dasDach gespendet, die„KriegskinderstiftungZwickau“ die Türen und Fenster,über den Versöhnungsbund durchteilweise sehr großherzige Spende-rInnen der Innen- und Außenver-putz, Boden, Inventar undEinrichtungsgegenstände für Schuleund Lehrlingsausbildung; weitereAusrüstung folgt demnächst. Eineökumenische SternsingerInnen-gruppe aus Schleiz hat 1.350 € fürdas Projekt gesammelt. – Mittelfris-tig ist die Einrichtung einer Hühner-und Bienenzucht geplant, sowohlals Ausbildungsgang wie auch alsEinkommen schaffendes Projekt fürPDF.

An dieser Stelle sei allen Spendernim Namen von PDF und Beatrice einganz herzliches Dankeschön ge-sagt!

Auch unsere Evangelische Kirchen-gemeinde Berlin-Dahlem hat nuneine Partnerschaft mit dem Projektbegonnen, leistet (mit Hilfe von Brotfür die Welt) Unterstützung undpflegt regen Austausch. So wird Mit-te April ein Mitarbeiter von PDF zueinem Partnerschaftsbesuch mitVortragsrundreise kommen.

Das Besondere an diesem ProjektPDF ist das integrierte Bildungsan-gebot, das nun durch die Errichtungdes Centers effektiver und koordi-niert umgesetzt werden kann: ne-ben den formalenBildungsbereichen Schule (Haupt-schulabschluss) und handwerklicheBerufsausbildung werden mit jederKlasse zwei Gewaltfreiheitstrainingsund sog. Life-skills Kurse durchge-

führt. Das leisten nur wenige sog.„Entwicklungsprojekte“. Denn dieErfahrungen, die diese Kriegsgene-ration von Jugendlichen machenmusste, waren ja hauptsächlich dieeiner Kultur der Gewalt. Zwar liegendie schrecklichen Gewalterfahrun-gen nun schon über acht Jahre zu-rück, doch helfen diese Gewaltfrei-heitskurse, die Mechanismen,Strukturen und die Dynamik vonGewalt zu verstehen und so einer-seits die vergangenen Erfahrungenetwas besser zu verarbeiten undgleichzeitig den Lebensstil einesgewaltfreien und demokratischenMiteinanders in der Gesellschaft zupraktizieren.

Die Life-Skills Kurse haben Themenzum Inhalt wie Kommunikation, Fa-milienleben, Haushalten, Umgangmit Sex und Vermeidung von Aids,achtsame Partnerschaft, Liebe undLeben als Gottes Ebenbild und sobilden sie eine Hilfe für die jungenLeute zu einer verantwortlichen Le-bensgestaltung. Beide Kurse er-freuen sich großer Beliebtheit. Siewerden von den Leitern von PDFgestaltet.

So geht es Schritt für Schritt weiter,und der Projektleiter, Richard Ok-wera, freut sich sehr, dass die Pro-gramme und das Center sich nun soerfreulich entwickeln. Anlässlichseines Besuches im letzten Sommerim „Friedenszentrum Martin-Niemöller-Haus“ beschloss er, dasneue Center nun „Peace CenterAnaka“ zu nennen.

Neue Entwicklungen in Ugandavon Uli Sonn

Viele Mitglieder und FreundInnen des Versöhnungsbundes kennen Beatrice Amony von ihremBesuch bei einer Jahrestagung, ihren Vortragsreisen, durch Spendenaktionen und verschiedeneRundbriefe; ebenso das Projekt „Peace and Development Foundation“(PDF), zu dessen Initiatorensie gehört. U. Sonn wird immer wieder nach Beatrice's Befinden und nach der Entwicklung bei PDFgefragt. Der folgenden Bericht informiert über den aktuellen Stand.

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Die Verteidigungsministerin von derLeyen hat am 17. Februar die Pla-nung eines neuen Weißbuches fürdie Bundeswehr vorgestellt, das2016 veröffentlicht werden soll.Erstmalig sollen alle Bürger dieMöglichkeit haben, ihre Gedankeneinzubringen - und schon die großeAuftaktveranstaltung hat mit Pro-fessor Perthes von der Stiftung Wis-senschaft und Politik bedenkens-werte Impulse gebracht.

Wenn wir uns bisher über die Inhal-te früherer Weißbücher geärgerthaben und darin immer wiederZeugnisse eines zunehmenden Mili-tarismus in Deutschland sehenmussten, sieht es jetzt zumindestam Anfang anders aus: Jede(r) vonuns ist eingeladen, sich auf den In-ternetseiten des Bundesministeri-ums für Verteidigung unter derRubrik "Weißbuch" einzubringen.Ein Redaktionsteam will die einge-henden Texte veröffentlichen –schon jetzt kann man sehen, dassz.B. ein Mann der Bundeswehr

gleich mit zwei Briefen zitiert wird.

Für uns kann es als ermutigend an-gesehen werden, dass gesagt wird:"Sicherheit kann nicht vorrangig mi-litärisch gewährleistet werden."Hier sollten wir uns mit unseren Ge-danken und Vorschlägen einbringenund vielleicht bei der Bundeswehrselten gehörte Gedanken und Töneäußern.

So möchte ich unter dem Thema„Perspektiven des nationalen Hand-lungsrahmens“ eine enge Zusam-menarbeit mit den beidenOrganisationen ZFD „Ziviler Frie-densdienst" und ZIF „Zentrum fürinternationale Friedenseinsätze“ an-regen. Der Geldmangel dieser bei-den Organisationen könntevielleicht sogar durch einen Ver-bund mit dem Verteidigungsminis-terium bei Wahrung ihrerUnabhängigkeit wesentlich redu-ziert werden. Gerade beim ZIF hatsich vor kurzem BundespräsidentGauck mit Sätzen zu Wort gemel-det, die wir ihm vorher nicht zuge-

traut hätten. Ein anderer Aspekt:Weshalb soll es Sicherheit bedeu-ten, die Nukleare Teilhabe nichtaufzukündigen und die Atomwaffennicht endlich aus Büchel in der Eifelabzuziehen?

Die Bomben, die dort stationiertsind, werden durch ihren Moderni-sierungsprozess weitere Jahrzehnteals Gefahr in Europa lagern. Ihr Ein-satz oder ein Unfall mit diesen Waf-fen hätte eine humanitäreKatastrophe zu Folge.

Jede(r) von uns wird eigene Themenhaben, die sie/er hier in einer füruns ungewöhnlichen und öffentlich-keitswirksamen Weise äußern kann– mischen wir uns ein!

Wolfram Rohde-Liebenau, früher Mana-ger bei der Siemens AG Risk; seit 20Jahren im Ruhestand; http://www.bmvg.de; Rubrik „Weißbuch 2016“. Un-ter dem Menüpunkt „Im Dialog“ könnenMeinungen und Fragen gemailt werden,die dann eventuell auf der Webseiteveröffentlicht und kommentiert werden.

Friedenspolitik einbringen in Sicherheitspolitikvon Wolfram Rohde-Liebenau

Die mutmachenden Beispiele ent-schlossener Gewaltfreiheit und be-harrlicher Verständigungs-, Versöh-nungs- und Präventionsarbeit sindmeist wenig im Blick der öffentli-chen Wahrnehmung. Da setzt dasZentrum Frieden beim ev. Kirchen-tag einen inhaltlich spannendenGegenpol. Zahlreiche friedenspoliti-sche und kirchliche Organisationenwerden sich mit pazifistischen Posi-tionen einbringen: Gandhi Cap,Flashmob, Menschenkette, Protestvor der US-Kommandozentrale AF-RICOM in Stuttgart-Möhringen …und viele Veranstaltungen undWorkshops. Über 30 Friedensorgani-sationen präsentieren ihren Schatzan Erfahrungen und Friedenswissenin Bibelarbeiten, Gottesdiensten,Podiumsdiskussionen, mit Filmen,kulturellen Angeboten und Ausstel-lungen. Sie laden ein zum Aus-tausch und zur Diskussion, zumKennenlernen und Ausprobieren,zum Innehalten und zum religions-verbindenden Friedensgebet. 60Veranstaltungen zu Gewaltfreiheit,Pazifismus, Friedenstheologie undinterreligiöser Zusammenarbeitsind in Vorbereitung. Alle mit freiemEintritt in den Räumen der Evange-lischen Friedenskirchengemeinde,Schubartstr. 12 in Stuttgart.

Ab März kann auf der Internetseitewww.zentrumfrieden2015.de in ei-

nem spannenden, vielfältigen Pro-gramm gestöbert werden – ein paarHighlights seien schon verraten:

* Friedensgebet mit Vertretern dergroßen Weltreligionen

* Einen Diktator ohne Waffen stür-zen – gewaltfrei für Menschenrech-te

* Kirche des Friedens werden – aufdem Pilgerweg ...

* Gewaltfreie Initiativen in derUkraine

* Friedensdienst in unfriedlicherZeit

* Tod durch Kleinwaffen-Export

* USA: Krieg wird von Stuttgart ausgeführt

* Die Wurzeln der friedlichen Revo-lution 1989

* Training in Gewaltfreier Aktion

* Gewissensfreiheit contra Steuer-pflicht

* Atomwaffen verbieten

* Refugees welcome

* Russland – Nato - Kalter Krieg

* Goss-Mayr, Gandhi, Bart de Ligt

* „Will Gott den(n) Krieg?"

Der Versöhnungsbund hat diesesProjekt mit auf den Weg gebrachtund wird sich mit vier Veranstaltun-gen beteiligen:

Friedliche Revolution 1989 – ge-waltfrei-gütekräftige Impulse fürheute:* „Schwerter zu Spaten“ – Vor-Bildvon Bürgerbewegung und Friedli-cher Revolution – ein Film überBausoldaten in der DDR

* Kirchen der DDR auf dem eigenenWeg des Friedens

* Gütekraft: Friedensgebete öffne-ten 1989 das Tor zur FriedlichenRevolution – Beispiel Leipzig"

* Islamische Friedensphilosophie:Ein Workshop mit Muhammad Sa-meer Murtaza

* Wie kommst du zu der Ansicht,dass dein Blut röter sei? Lernen vonjüdischer Friedensethik – ein Work-shop mit Thomas Nauerth

* Weil der Friede zum Geist deschristlichen Glaubens gehört – einWorkshop zur Christlichen Frie-denstheologie mit Matthias Engelke

Aktuelle Informationen zu allenfriedenpolitischen Aktivitäten beimund zum Kirchentag 2015 gibt esüber eine Info-Mail, die über [email protected] bestelltwerden kann.

Auf Twitter könnt ihr uns unter htt-ps://twitter.com/Frieden2015 folgen,auf Facebook unter 'zentrum frie-den' finden.

www.friedenstheologie.de;

Stuttgart, 1.-5.Juni 2015: Zentrum Frieden während des Ev. Kirchentages

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Immer wieder gewähren christlicheGemeinden Flüchtlingen Kirchen-asyl, wenn sie Gefahr für Leib undLeben von Schutzbedürftigen se-hen. Auch das Pfarrhaus von. Matt-hias Engelke, dem Vorsitzenden desDeutschen Zweiges des Versöh-nungsbundes, beherbergt seit No-vember 2014 einen Flüchtling imKirchenasyl. „Der Aufenthalt im Kir-chenasyl wird den Behörden stetsumgehend mitgeteilt“, sagt Matthi-as, „das als untergetaucht einzu-stufen, ist unzutreffend.“

Die Ökumenische Bundesarbeitsge-meinschaft „Asyl in der Kirche“ un-terstützt derweil weiterhin dieKirchengemeinden, die nach sorg-fältiger Einzelprüfung weiterhin Kir-chenasyl gewähren und dadurchMenschen schützen, deren Lebenauch durch deutsche und europäi-sche Asylgesetze bedroht wird. Vor-

sitzende Dietlinde Jochims schreibtEnde Januar in einer entsprechen-den Stellungnahme: „Aus zahlrei-chen unabhängigen Berichten gehthervor, dass Geflüchtete nichtüberall in Europa menschenwürdigbehandelt werden, sondern dass esinnerhalb der Europäischen Unionregelmäßig zu Menschenrechtsver-letzungen kommt. So führt die Du-blin-III-Verordnung zu Abschie-bungen in menschenunwürdige Zu-stände, hat Familientrennungen,Obdachlosigkeit und Kettenabschie-bungen zur Folge. Die besondereSchutzwürdigkeit z.B. von Traumati-sierten, Kranken oder Kindern wirdnicht ausreichend berücksichtigt.Dass Menschen im Kirchenasylnicht „flüchtig“ sind, ist offensicht-lich: ihr Aufenthaltsort ist den Be-hörden bekannt.“

Zahlreiche in der Flüchtlingshilfe tä-

tige Menschen haben in den ver-gangenen Wochen versucht, dieBundestagsabgeordneten durchBriefe zu bewegen, dem neuen Ge-setz nicht zuzustimmen. Und wennes doch kommt? Matthias Engelkedazu: „Wenn beschlossen werdensollte, dass Menschen im Kirchen-asyl als `untergetaucht´ gelten,dann schlage ich vor, dass alle, diegegenwärtig ein Kirchenasyl haben,es unterstützen oder es für gut be-finden, sich bei der Polizei als `un-tergetaucht´ melden und daraufbestehen, dass eine Suchanzeigegestellt wird!“ Vielleicht könnte esnötig werden – hoffen und betenwir, dass es nicht beschlossen wird.

Weitere Infos: www.kirchenasyl.de

Eine Kampagne von Pro Asyl kann unterwww.wir-treten-ein.de unterzeichnetwerden

Kirchenasyl im Visier des BAMFvon Dagmar Schulte

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat es auf das Kirchenasyl abgesehen: Esplant, den Aufenthalt eines Flüchtlings in der Kirche als „untergetaucht“ abzustempeln. Dies ist einPunkt in der neuerdings angestrebten Praxis im Umgang mit Flüctlingen, die unter Dublin III fallen.Nach Auffassung von Kritikern würde eine entsprechnde Direktive des Innenministeriumsbefürchten lassen, dass noch mehr Flüchtlinge in Abschiebehaftanstalten und Polizeigewahrsaminhaftiert werden. In der Sache ist ein offener Dissens geblieben, auch wenn die Wogen vorerstgeglättet scheinen.

Dem Netzwerk Attac wurde die Gemeinnützigkeit entzogen

Es klingt unglaublich: Der Einsatzfür die Regulierung der Finanzmärk-te und eine gerechtere Verteilungvon Reichtum soll nicht gemeinnüt-zig sein? Genau auf diesen Stand-punkt stellt sich das FinanzamtFrankfurt und hat Attac Deutsch-land daher die Gemeinnützigkeitentzogen. Eine endgültige Klärungsteht noch aus.

Dem Finanzamt zufolge setzt Attacmehr auf politische Einmischungund informiertes Mitgestalten der

Bürgerinnen und Bürger, als die ge-setzliche Grundlage, die Abgaben-ordnung, es erlaubt. Besonders inunserem Engagement für die Fi-nanztransaktionssteuer und eineVermögensabgabe sieht die Behör-de keinen gemeinnützigen Zweck.

Attac hält dem entgegen: PolitischeBildung führt zu politischer Mei-nungsbildung; und diese führt imbesten Fall zu konkretem Engage-ment – mit realen Auswirkungen.Wir nehmen unseren Anspruch alsBildungsbewegung ernst und sehenes als Erfolg unserer Informations-und Bildungsarbeit, wenn vieleMenschen sich einmischen.

Interessant ist auch zu erwähnen,welche Organisationen als gemein-nützig anerkannt sind, obwohl siepolitische Ziele verfolgen: die Ber-telsmann-Stiftung und auch vieleVeteranenvereine.

Über 30 Gruppen wie z. B. der Bundfür Umwelt und Naturschutz(BUND), Greenpeace, Campact undAusgestrahlt protestieren gegen dieAberkennung

Was tun? Gegen die Entscheidungprotestieren, als einzelne Personoder als Verein –

https://www.attac.de/kampagnen/jetzt-erst-recht/unterschreiben

Reisen nach PalästinaFür alle, die die aktuelle Situation inPalästina kennen lernen und dortmit Menschen ins Gespräch kom-men möchten, empfiehlt sich eineInformations- und Begegnungsrei-se. Wer darüber hinaus Palästinen-serinnen und Palästinensernschützende Präsenz gewährenmöchte – z. B. bei der Ernte, anCheckpoints oder Kindern aufSchulwegen – findet auch dazu gu-te Angebote:

http://www.kopi-online.de/word-press/?page_id=268

Wer sogar bereit ist, sich drei Mo-nate lang in dieser Form einzuset-zen, kann dies tun bei EAPPI, einemProgramm des Ökumenischen Ratsder Kirchen.

Bewerbungsschluss ist der 30. April2015: http://www.eappi-netzwerk.de

Eine Reisegruppe in dem internationalenBegegnungszentrum „Tent of Nations“(Zelt der Völker) in der Nähe von Bethle-hem, Foto: Juliane Bieberstein

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Von PersonenRuhig und entschieden für die Rechte der SchwachenZum 85. Geburtstag von Hildegard Goss-Mayr

von Birgit Gündner

Im Delegierten-Rat sind Vertreterdes Internationalen Komitees vomRoten Kreuz (IKRK) und von 187 na-tionalen Rotkreuz- und Rothalb-mondgesellschaften vertreten, auchvieler arabischer Staaten. Die Re-solution von 2011 weist auf die „ka-tastrophalen humanitären Folgeneines Nuklearwaffeneinsatzes“ hin,auf das „Fehlen eines hinreichen-den humanitären Reaktionsvermö-gens“ und dass es schwervorstellbar sei, dass „irgend ein Ein-satz von Nuklearwaffen mit demHumanitären Völkerrecht vereinbarsein könnte.“ Im November 2013hat der Delegiertenrat diese Reso-lution bestätigt und darüber hinauseinen Aktionsplan beschlossen.

„Das ist nicht nur deshalb bedeut-sam, weil das IKRK aufgrund seinerNeutralität sonst kaum zu politi-schen Fragen Stellung bezieht“,

sagt Ulrich Börngen, „sondern auch,weil es sich um eine religionsüber-greifende Initiative handelt. Trotz-dem ist sie bei uns leider nochvöllig unbekannt.“ Das will er än-dern. Auch auf der ÖkumenischenVersammlung (OeV) in Mainz wurdedie IKRK-Initiative daher im vergan-genen Jahr vorgestellt. Ebenso wiedie ÖkumenischeVersammlung ha-ben sich inDeutschland mitt-lerweile mehr als30 weitere Organi-sationen mit derIKRK- und OeV-In-itiative befasst undsolidarisiert. Bis Ju-ni hofft Börngennoch auf viele wei-tere Unterstützer-Gruppen, damit die

Chance steigt, dass auch der Kir-chentag mitmacht.

„Hauptanliegen ist, die Bedrohungdurch Atomwaffen und die Initiativedes IKRK und der ÖkumenischenVersammlung weiter bekannt zumachen“, sagt Börngen. Wer machtmit? Info bitte an [email protected]

Initiative des IKRK zur Abschaffung von AtomwaffenIm Jahr 2011 hat der Delegiertenrat der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung erst-mals eine „Initiative zur Abschaffung von Nuklearwaffen“ beschlossen. Beim Kirchentag in Stuttgartsoll jetzt eine Resolution eingebracht werden, die diese Initiative unterstützt. Ulrich Börngen, Mit-glied im Versöhnungsbund und bei IPPNW, hat einen ökumenischen Arbeitskreis gegründet, um sichdafür einzusetzen.

Als junge Studentin lernte ich Hilde-gard und ihren Mann Jean um 1970bei einer Tagung im Kloster Neres-heim kennen und war sehr beein-druckt von der Friedensarbeit, vonder sie berichteten. Damals widme-te sich das Ehepaar vor allem demAufbau gewaltfreier Befreiungsbe-wegungen in Lateinamerika und ichhätte mich ihnen am liebsten ange-

schlossen, um mit dorthin zu fah-ren.

Durch Hildegard kam ich zuerst zumÖsterreichischen, dann bald zumDeutschen Zweig des Versöhnungs-bundes und ich freute mich jedesMal, wenn sie zu uns nach Deutsch-land zu den Jahrestagungen kam.Sie war und ist mir immer noch einbesonderes Vorbild in ihrer Art: Ru-hig, klar aber entschieden setzt siesich mit ihrer ganzen Kraft für dieRechte der Schwachen ein. Ihr Bei-spiel motiviert uns, nicht nachzulas-sen im Bemühen um friedlicheLösungen.

Wenn ich mir unsere Ehrenvorsit-zende Hildegard vorstelle, sehe ichihre zierliche Gestalt und höre eineklare ruhige Stimme. So erlebte ichsie auch am 26. Oktober 2007 inmeiner Heimatstadt Trier, als ihrvom OB Klaus Jensen der Versöh-nungspreis der Klaus Jensen Stif-tung übergeben wurde, einbesonderes Erlebnis für mich - mei-ne Mutter konnte sie so kennen ler-nen.

Als ich im August letzten Jahresbeim 100 jährigen Jubiläum in Kon-stanz hörte, dass es Hildegard nicht

so gut gehe, fragte ich bei ihr an,ob ich sie für eine Stunde besuchendürfe und reiste nach Wien. Sie warinteressiert und offen wie immer,hörte zu, erzählte auch, war abernach einer guten Stunde erschöpft.Ich bin dankbar für die Zeit, die siemir schenkte und wünsche ihr Ge-sundheit und Kraft für das, was sieimmer noch für ihr Lebenswerk„Gewaltfreiheit“ tut.

Nach den Erfahrungen mit dem Natio-nalsozialismus beschließt HildegardGoss-Mayr im Alter von 23 Jahren, ihrLeben der Friedensarbeit zu widmen. Siebeginnt für den Internationalen Versöh-nungsbund zu arbeiten und setzt sichgemeinsam mit ihrem Mann Jean Gossnoch während des Kalten Krieges für dieOst-West-Versöhnung ein. Später unter-stützt das Ehepaar die Befreiungsbewe-gungen in Südamerika, in denPhilippinen und in vielen anderen Län-dern. Hildegard Goss-Mayr hat für ihreArbeit zahlreiche Preise erhalten undwurde mehrfach für den Friedensnobel-preis vorgeschlagen. Sie lebt in ihrerGeburtsstadt Wien und ist Ehrenpräsi-dentin des Internationalen Versöhnungs-bundes. Am 22. Januar wurde sie 85Jahre alt. Wir freuen uns sehr über die-sen runden Geburtstag und wünschen

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Fundkiste – Materialien

Nikolaus Huhn, Thüringen inkleinen Schritten – Notizen vomHörenden Fußmarsch, Mittel-deutscher Verlag 2015

Im April und Mai 2013 wandert Ni-kolaus Huhn 61 Tage zu Fuß durchThüringen, mit einem Schiebewa-gen, an dem 2 mannsgroße Ohrenschon von weitem signalisieren wol-len: hier kommt einer, der vor allemhören will – hören (und sehen), wasin Thüringen an widerständigerNachhaltigkeit des Lebens und derSelbstversorgung vorhanden ist,wenn einmal Gas- u. Ölhähne zuge-dreht werden.

Und er hat aufgeschrieben, was erTag für Tag hört und entdeckt hat:alte Handwerkstraditionen undneue Initiativen und Ideen ökolo-gisch nachhaltigen und gemein-schaftlichen Lebens.Erstaunlicherweise haben ihn vieleKommunalpolitiker sehr ernst ge-nommen und sind tageweise mitihm gelaufen, um mit seinen Ohrenselber auch noch Neues über ihrenjeweiligen Landkreis zu erfahren.

Nikolaus, den wir als Mitgestaltervieler Aktionen unserer Jahresta-gungen kennen, empfiehlt, dasBuch nicht in einem Rutsch wie einComic zu lesen, obwohl es auchreich bebildert ist, sondern bedäch-tig, eben wie zu Fuß, obwohl jederTagesbericht schon wieder Lust aufden nächsten macht.

Am Ende weiß auch der Leser vielmehr über das kleine Land in derMitte Deutschlands, seine Land-schaften und Menschen und ist be-reichert und ermutigt zu einemLebensstil, der zukunftsfähig ist.

U.Hahn

Josef Ben-Eliezer, Meine Fluchtnach Hause – Neufeld 2015

Der erst vor 2 Jahren verstorbeneJosef Ben-Eliezer hatte einige Jahrevor seinem Tod für Kinder und Enkelseine Lebenserinnerungen aufge-schrieben, die bis zu der Zeit rei-chen, als er sich derBruderhof-Gemeinschaft anschloss,deren Anfänge nach dem ErstenWeltkrieg in Deutschland auch inVerbindung mit dem Versöhnungs-bund stehen. Josef war ein 1929 ge-borenes Kind osteuropäischerJuden. Nach der Machtübernahmeder Nationalsozialisten zieht die Fa-milie 1933 nach Polen zurück. 1939gelingt die Flucht vor der deutschenWehrmacht in die Ukraine, von dort1941 nach dem Einmarsch deut-scher Truppen weiter nach Sibirienund Usbekistan, wo sie in verschie-

denen Auffanglagern für polnischeFlüchtlinge unter schwierigsten Um-ständen leben. Mit einem Transportpolnischer Waisenkinder wird Josef1942 nach Teheran verbracht, vondort 1943 mit etwa 1000 weiterenjüdischen Kindern nach Palästina.Dort kämpft er als Heranwachsen-der im jüdischen Untergrund zuerstgegen die Briten, 1948 gegen dieAraber. Dann beginnt für ihn dielange Suche nach einer neuen Hei-mat, immer wieder im Wechsel zwi-schen Israel, Frankreich undDeutschland, wo er mit seiner ge-wachsenen marxistischen Überzeu-gung auf Mitglieder desBruderhofes trifft und sich dieserGemeinschaft anschließt.

Mich hat seine spannende Lebens-geschichte sehr bewegt. Manchegeschichtlichen Hintergründe jüdi-scher Flüchtlingsschicksale sind mirsehr lebendig geworden. Vielen ak-tuellen Problemen bei der Einglie-derung junger traumatisierterMenschen nach langer Fluchtge-schichte bin ich in dieser Biografiebegegnet.

Ingrid von Heisseler, Mitglied unse-res Versöhnungsbundes, hat dasBuch ins Deutsche übersetzt. Es istso geschrieben, dass es auch jungeMenschen fesseln kann. U.Hahn

Ute Schaeffer. Reportagen auseinem Land im Aufbruch. Wa-genbach, 158 Seiten. € 10, 90.

Spannend ist es am Anfang des Bu-ches zu erfahren, wie eng die Ukrai-ne mit der Historie Europas und mitDeutschland verbunden ist. DerJournalistin gelingt es, der Leser-schaft die vielschichtigen politi-schen und sozialen Verhältnisse inder Ukraine auf eine gut nachvoll-ziehbare Weise nahe zu bringen.

Von Mai bis November 2014 hat sieInterviews mit vielen verschiedenenPersonen in der Ukraine geführt. Sieerzählt auch die persönlichen Ge-schichten von Menschen, die sieüber Jahre hinweg getroffen hat wiedie der investigativen ReporterinTetjana Tschornowol und ihremKampf gegen die allgegenwärtigeKorruption.

Im Kapitel "Gewalt und Gegenge-walt" lenkt die Autorin den Blick aufdie Ereignisse auf dem zentralenPlatz in Kiew ("Maidan" oder "Euro-maidan"), wo Proteste im Februar2014 den Sturz des Präsidentennach sich zogen. Die Autorin stelltfest, dass Gewalt als Mittel der poli-

tischen Auseinandersetzung weithinakzeptiert wird und die ganzeukrainische Gesellschaft sich radi-kalisiert hat. Die Autorin lotet Mög-lichkeiten aus, wie die Ukraine denWeg zu einem demokratischenRechtsstaat einschlagen kann.

Unter der Überschrift "AusgegrenzteMehrheit" zeigt die Autorin, dassArmut in der Ukraine viele Gesichterhat. Die Ungleichheit ist hoch,Rentner müssen mit einer Durch-schnittsrente von etwa 100 Euro le-ben, das Durchschnittseinkommenliegt zwischen 200 und 300 Euro. Esgibt keine Beschäftigungspolitik,kaum einen regulären Arbeitsmarktund vor allem keine soziale Grund-versorgung.

Im letzten Kapitel des Buches gehtes um die Perspektiven der Ukraine,um das Verhältnis zu Russland undMöglichkeiten der Annäherung anEuropa. Joachim Koch

Ludwig Baumann: Niemals ge-gen das Gewissen, Plädoyer desletzten Wehrmachtsdeserteurs,Verlag Herder, 126 Seiten.

Der letzte noch lebende Wehr-machtsdeserteur schildert seinenzähen Kampf für seine Würde, fürGerechtigkeit und Frieden. Es isteine bewegende und bewegte Le-bensgeschichte. Baumann wurde1921 als Sohn eines Tabakhändlersgeboren. Er wollte kein Soldat wer-den und wurde es doch am 6. 2.1941, bei der Kriegsmarine. In derHafenkompanie Bordeaux reifte inihm und seinem Freund Kurt Olden-berg der Entschluss: „Diesen Krieg,diese Verbrechen wollen wir nichtmitmachen. Wir wollen keine Leuteumbringen. Wir wollen ganz einfachleben. Wir werden abhauen. Wirwollen frei sein.“ Am 3. 6. 1942 de-sertierten beide und wurden voneiner Zollstreife erwischt.

„Am 30. Juni war unser Prozess – erhat gerade mal 40 Minuten gedau-ert. Dann verlas Marinekriegsge-richtsrat Dr. Carl Lüder das Urteil:´Die Angeklagten Baumann und Ol-denburg werden wegen schwerenDiebstahls und Fahnenflucht im Fel-de zum Tode verurteilt (…). DieFlucht von der Fahne ist und bleibtdas schimpflichste Verbrechen, dasder deutsche Soldat begehenkann.`"

Am 20. August 1942 wurden LudwigBaumann und sein Freund Kurt Ol-denberg begnadigt, sieben Wochennach dem Todesurteil. Das Todesur-

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teil wurde umgewandelt in eine 12-jährige Zuchthausstrafe. Beide er-fuhren erst acht Monate später da-von. Die Begnadigung erfolgteaufgrund einer Intervention des Va-ters von Ludwig Baumann.

Nach sechswöchigem Aufenthalt imEmslandlager Esterwegen (KZ) ginges weiter ins WehrmachtsgefängnisTorgau, dann in die Strafdivision500 im Osten. „In der Strafdivision500 war man nicht lange – wir wa-ren eingesetzt zum Minenräumen,gegen Partisanen, als Stoßtruppsoder Vorauskommandos. TypischeMeldung an die Heeresleitung: ,Be-währungsbataillon hat sich ausge-zeichnet geschlagen – fastaufgerieben.` Ein Bataillon mit 800Mann war nach drei Monaten ge-wöhnlich vernichtet“.

Ludwig Baumann überlebte denKrieg, sein Freund Kurt Oldenbergnicht. Baumann kehrte aus russi-scher Gefangenschaft kurz vorWeihnachten nach Hamburg zurück– als gebrochener Mann. Die Nach-kriegsjahre waren geprägt vonSchicksalsschlägen. Baumann fingan zu trinken. Der Wendepunktkam, als ein Psychologe ihm sagte:„Herr Baumann, wenn sie weitertrinken, wird sich das Jugendamtum ihre Kinder kümmern“. Von daan übernahm er Verantwortung fürsich und seine sechs Kinder.

1990 wurde auf Initiative von Bau-mann die „Bundesvereinigung Op-fer der NS-Militärjustiz e.V.“ ge-gründet. „Um für unsere Rehabili-tierung zu kämpfen, die Aufhebungunserer Urteile, für unsere späteWürde.“ 57 Jahre nach Kriegsendehat der Dt. Bundestag am 17.5.2002 die Urteile gegen Deserteu-re, Kriegsdienstverweigerer undWehrkraftzersetzer aufgehoben.

Baumann kämpfte jahrzehntelangauch gegen den Krieg, für Friedenund Gerechtigkeit in der Welt. SeinBuch ist das Zeugnis eines mutigenund außergewöhnlichen Mannes,der trotz vieler Schicksalsschlägenicht kapituliert hat. „Ich bin nunwohl der letzte Deserteur. Langedachte ich, mein Leben sei wertlos,ich sei wertlos. Darum habe ichmich auch lange geweigert, übermein Leben zu schreiben. Undauch, weil das Erinnern schmerzte.Das sehe ich nun anders. Ich möch-te, dass mein Schicksal der Nach-welt erhalten bleibt. Jüngst fragtemich ein Freund: ,Was soll, was darfjetzt – mit 92 – noch kommen indeinem Leben?´ Nun, ich möchtenoch so lange wie möglich wachund tatkräftig bleiben. Und dann inWürde sterben.“ H.-Dieter Zepf

Die Anfänge der Friedens-Bewe-gung

Wie sahen die Anfänge des Interna-tionalen Versöhnungsbundes undanderer Friedensorganisationen imdeutschsprachigen Raum aus? Wel-che Zusammenarbeit gab es mitanderen Friedens-Bewegungen inEuropa? Aus welchen Gründen ka-men Menschen dazu, den ErstenWeltkrieg abzulehnen, der doch zu-nächst für so viel Begeisterung beivielen Deutschen sorgte? EberhardBürger hat dazu Archive durchfors-tet und viel spannendes Materialgefunden. Die Ergebnisse seinerRecherchen, ergänzt um viele Kurz-biografien, finden sich jetzt in einerneuen Broschüre.

„Befreit zum Widerstehen. Frie-dens-Bewegungen in der Ökumeneum die Zeit des Ersten Weltkrieges“(104 Seiten, 10,- Euro). Bestellungüber [email protected] [email protected]

„Die Rückkehr des Kalifats“

Ein sehenswerter Kurzfilm der ARD:Die italienische Terrorexpertin Lo-retta Napoleoni zum Umgang mitdem IS. Sie warnt vor den Bombar-dierungen, weil man damit „aber-mals den Westen zum Feind derarabischen Bevölkerung machen“werde. Zu finden unter:

http://www.daserste.de/information/wis-sen-kultur/ttt/videos/die-rueckkehr-des-kalifats-muss-der-westen-seinen-um-gang-mit-is-radikal-aendern-100.html

Filmdoku zu Konstanz

Wer nicht die Gelegenheit hatte, imvergangenen Jahr nach Konstanz zukommen, kann jetzt dennoch einenEindruck von den Aktionen, Work-shops und der Atmosphäre dort be-kommen: Ein rund 15 Minutenlanges Video auf unserer Webseiteerinnert an die Hundertjahrfeier undgibt einen spannenden Eindruckvon der Arbeit des Versöhnungs-bundes weltweit. So schildern bei-spielsweise IFOR-Vertreter ausSüdamerika, Afrika und Indien, wieOpfer der Gewalt für eine neue Zu-kunft aktiv werden, darunter auchauch Kindersoldaten, Vergewaltigteund Traumatisierte.

Indirekt erkennbar wird der Rück-halt, den die Arbeit des Internatio-nalen Versöhnungsbundes bei Teilenvon Staat und Kirche gefunden hat:Räume des Landratsamtes, eineSchule, Rathaus und Kirche wurdenzur Verfügung gestellt und die fi-nanzielle Unterstützung der Evan-gelischen Landeskirche Baden hatdie Produktion dieses Videos über-haupt erst ermöglicht. Danke!

Möglich war der Film vor allem dank

des enormen ehrenamtlichen Ein-satzes von Thomas Bühler, der seitrund zwei Jahren Mitglied im Ver-söhnungsbund ist. Das Drehbucherstellte Otmar Steinbicker, für dieDreharbeiten war Martin Bühlerverantwortlich.

Wir meinen: Das monatelange Fei-len an der Auswahl der Filmsequen-zen hat sich gelohnt! Heraus-gekommen ist ein schöner Film, derin knapper Form die Vielfalt und Le-bendigkeit des Versöhnungsbundeszeigt, zu Gesprächen anregt undLust macht, mehr über die Versöh-nungsbund-Zweige in anderen Län-dern zu erfahren. In Kirchenge-meinden und anderswo kann mit-hilfe des Videos die christliche Ver-antwortung für den Frieden stärkerbewusst gemacht und in Hand-lungsoptionen konkretisiert werden.Eine englische Fassung des Videoswird derzeit fertig gestellt. Einenherzlichen Dank an alle Beteiligten,allen voran die Bühler-Brüder!

VB-Briefmarke

Es gibt noch welche! Ein Bogen mit20 Marken (je 60 Cent) für 20 €„Entrüstet Euch“

Auf dem Kirchentag werden sie ge-meinsam Lieder und Texte zum Pa-zifismus vortragen. Jetzt habenMargot Käßmann und KonstantinWecker gemeinsam ein Buch mitTexten herausgegeben, die deutlichmachen, warum es eine Illusion istzu glauben, Gewalt könne mit Waf-fen besiegt werden. Deutlich wirdauch, wie wichtig eine spirituelleHaltung ist, um die Kraft des Pazi-fismus wirksam werden zu lassen.

M. Käßmann, K. Wecker (Hg), „EntrüstetEuch!“ (als print und e-book) im Güters-loher Verlagshaus, 208 Seiten, 14,99 €

Eine Vision der Versöhnung

Was eigentlich ist Versöhnung, wel-che Elemente sind dafür nötig, wel-che Widersprüche wirft sie auf? Wiekann sie bei Traumata helfen, wieist sie nach schweren Gewalttatenmöglich? Und was, wenn sie nichtmöglich ist? Das Buch „Versöhnung“von Joanna Santa Barbara, JohanGaltung und Diane Perlman, dasdank der Übersetzung von IngridHeiseler seit Kurzem auch aufDeutsch vorliegt, setzt sich aus vie-len Blickwinkeln und anhand vonvielen Beispielen mit dem Begriffder Versöhnung auseinander. Esbietet dabei viel Handwerkszeug fürMenschen, die als Moderatoren Pro-zesse der Versöhnung, des „Repa-rieren von Beziehungen“ unter-stützen möchten. Ob die Schluss-folgerung der AutorInnen, wir leb-ten in einer „friedlicheren Welt alsje zuvor“ zutrifft, mag dahin gestellt

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Termine30.4: Bewerbungsschluss fürEAPPI-Einsätze: Drei Monate inder Westbank oder in Jerusalem(siehe oben auf S. 19 in diesemHeft).

Mehr Infos auf www.eappi.org oderwww.eappi-netzwerk.de

1.-5.5.: Gedenkreise nach Tros-tenez: Zum 70. Jahrestag der Be-endigung des 2. Weltkriegs solldiese Gedenkreise neue Impulsefür die Arbeit am „gemeinsamenHaus Europa“ setzen. Die StadtMinsk und das IBB Dortmund unddie IBB Minsk setzen sich gegen-wärtig dafür ein, daß in Trostenezeine gemeinsame Gedenkstätteentsteht in Erinnerung an die Er-mordung von belarussischen Bür-gern und jüdischen Menschen ausganz Europa. Der 1. Bauabschnittwird im Mai 2015 zum 70. Jahrestagder Beendigung des 2. Weltkriegsfertig gestellt sein.

Weitere Infos: www.ibb-d.de

8.-10.5., Kassel: Zwischen Lob-byarbeit und Protestbewegung.Ein Studientag der AGDF zu den Wi-dersprüchen und Spannungen, diesich aus den verschiedenen Ansät-zen von Friedensorganisationen er-geben. Bei Interesse bitte schnellanmelden, Anmeldeschluss soll am31. März sein.

Weitere Infos: http://friedens-dienst.de/studientagung-zwischen-lob-byarbeit-und-protestbewegung

3.-5.6.: „Rüstungsproduktion,Waffenexporte und Frieden-sethik": Seminar an der Ev. Akade-mie Loccum, Infos siehe Web

4.-6.6., Stuttgart: Zentrum Frie-den. Im Zentrum Frieden bietenzeitgleich zum Kirchentag rund 30

Friedensorganisationen Bibelarbei-ten, Gottesdienste, Podiumsdiskus-sionen, Filme und Workshops zuGewaltfreiheit, Versöhnungsarbeitund Prävention von Konflikten.

Das Programm ist jetzt online: www.zen-trumfrieden2015.de/

5.8.: Nacht der 70.000 Kerzen:In diesem Jahr finden weltweit Ge-denkveranstaltungen an die Atom-bombenabwürfe auf Hiroshima undNagasaki statt, die am 6. und 9. Au-gust vor 70 Jahren stattfanden. AmVorabend der Bombe auf Hiroshimasoll es daher am 5. August einebundesweite Nacht der Kerzen ge-ben. Wer ist dabei?

Anmeldemöglichkeit unter http://bit.ly/1M6ykij und weitere Infos unter htt-ps://atomwaffenfrei.wordpress.com/2015/02/19/70-jahre-sind-genug/

16.-18.10.: VB-Arbeitskreis„Friedensauftrag und Militär“,Kassel- Wilhelmshöhe: Der Arbeits-kreis trifft sich im CVJM-Tagungs-haus, Hugo-Preuss-str.40a, 34131Kassel-Wilhelmshöhe

Anmeldungen an Hanna Fetköter, Tel.04864-704 ([email protected])17.-18.10., Großenstingen: „Weshall overcome“: In der Tagungdes Lebenshauses Schwäbische Albkommen Menschen zu Wort, „diesich seit langer Zeit für Frieden undGerechtigkeit, gegen Atomwaffenund Atomenergie und für regenera-tive Energien engagieren, Men-schen, die uns mit ihremEngagement Hoffnung machen undMut zum eigenen Handeln.“ AmSamstag, 17. Oktober, erzählen Dr.Ute Finckh-Krämer, Jochen Stay undHeinz Rothenpieler von ihrem Enga-gement und ihrem Weg dazu, amSonntag, 18. Oktober, gibt es ein

Programm rund um und im Geländeder ehemaligen Kaserne und demAtomwaffendepot Golf inGroßengstingen: „Auf den Spurender gewaltfreien Aktionen gegenAtomwaffen“.

Teilnahme ist auch an nur einem derbeiden Tage möglich. Weitere Infos [email protected]

Termine des Fränk. Bildungs-werks für Friedensarbeit e.V.und des Europäischen InstitutsConflict-Culture-Cooperation:

30.4.-2.5.2015 (Berlin); 16.-18.7.2015 (Nürnberg): 1x1 desKonflikts – Grundlagen der kon-struktiven Konfliktbearbeitung

8.-10.5.2015, in Kassel: ZwischenLobbyarbeit und Protestbewegung.Ein Studientag der AGDF zur Dis-kussion der Spannungsfelder inner-halb des Dachverbandes ...

29.-30.5.2015, Halle: Multiplikato-rInnenschulung für das LernspielCivil Powker; mehr unter www.civil-powker.de

9.-11.09.2015, Zweijährige berufs-begleitende Ausbildung zur Kon-fliktberaterIn und Coach (ATCC)

13-17.10.2015: 2-jährige berufsbe-gleitende Ausbildung zur TrainerInin konstruktiver Konfliktbearbeitungund transkulturellem Lernen (ATCC)

17.-21.11.2015, St. Antoine (in derNähe von Valence): InternationaleAusbildung zur TrainerIn (ATCC) –Arbeit mit Jugendlichen zu den The-men Konfliktbearbeitung, Gewalt-prävention und TranskulturellesLernen (es wird übersetzt)

www.fbf.nuernberg.de oder www. eic-cc.org

sein. Auf jeden Fall bietet diesesBuch viele ermutigende darin, wieVersöhnung möglich werden undwas sie ermöglichen kann.

Joanna Santa Barbara, Johan Galtung,Diane Perlmann: Versöhnung. Die Ver-gangenheit aufarbeiten – eine Zukunftaufbauen. Verlag Sozio-Publishing, 310Seiten, 29,80 €.

Neue Broschüre des forumZFD:Kommunale Konfliktbearbei-tung

Demographischer Wandel, der Um-gang mit den *gida-Demonstratio-nen und Gegendemonstrationen,die Aufnahme von Flüchtlingen ausKrisengebieten – die Herausforde-rungen für Kommunen und das dar-aus entstehende Konfliktpotentialsind vielfältig. Die Broschüre zeigt

auf, wie sich konstruktiv mit denentstehenden Spannungen umge-hen lässt und welche Spielräume esdafür gibt. „Kommunale Konfliktbe-ratung - Konzeption zur Beratungvon Kommunen im Wandel“

Download: www.forumzfd.de/Konzepti-on%20Kommunale%20Konfliktberatung

„Juden sind für Muslime Ge-schwister“

Ein neuer Artikel zu Antisemitismusunter Muslimen von Muhammad Sa-meer Murtaza, Islamwissenschaftlerbei der Stiftung Weltethos(http://weltethos.org/), wo er aktuellzu Gewaltlosigkeit im Islam forscht.http://islam.de/26174

Friede findet 1000 Wege. EinÜberblick aus 100 Jahren Versöh-nungsbund mit vielen Gedanken

und Beispiellen von Alternativen zuKrieg und Militär und vom Aufbauneuer, alternativer Lebensmöglich-keiten. VB-Lesebuch, 246 Seiten,20,- Euro. Bestellung über [email protected], Tel 0571-85 0875 oder über die Webseite

Interaktives Informationsportalzur Kleinwaffenkontrolle

Das BICC (Internationales Konversi-onszentrum Bonn) betreibt das in-teraktive Informationsportal „SALWGuide“, das Informationen überKlein- und Leichtwaffen zur Verfü-gung stellt. Das Portal soll weltweitbei der Identifikation von Kleinwaf-fen und leichten Waffen helfen unddadurch dazu beitragen, den illega-len Waffenhandel einzudämmen.

... unter http://salw-guide.bicc.de/

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ein adventsliedwohl auch im frühjahr oder im sommer noch zu singen

es kommt ein schiff, geladen

bis an sein' höchsten bord,

trägt gottes kind. mit schaden

am motor kommt's nicht fort.

ein schaden im getriebe

und teurer menschen last –

umsonst gehofft auf liebe?

ja, unerwünscht, gehasst!

kein anker haft' auf erden

das schiff kommt nicht an land.

wer's schwimmend schafft, wird werden

alsbald zurückgesandt.

wie viele vorher sterben

und nicht mehr auferstehn

ist kaum bekannt. verderben

ist nicht zu übersehn.

in afrika geboren

sind viele kindelein,

von vornherein verloren

gelobet darf's nicht sein.

wer gottes kind mit freuden

als gast empfangen will

soll aufstehn gegen leiden

und niemals halten still.

andreas hämer