Rundbrief der BUKO Pharma-Kampagne

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PHARMA BRIEF Rundbrief der BUKO Pharma-Kampagne NlJmmpr 4-5 Health Action International (0)· Mai-Juni 1989 Metamizol-Studien in Entwicklungsländern unwissenschaftlich aber gefährlich Um das Schmerzmittel Metamizol wurden in den letzten Jahren intensive Diskussionen geführt. die in der BRD zu Anwendungsbeschränkungen geführt haben. Rin Hintergrundartikel zur wissenschaftlichen Diskussion und zu Werbepraktiken in der 'Dritten Welt' findet sich ab Seite 2. Die Firma Hoechst beginnt jetzt in Thailand und auf den Philippinen neue Studien zu Metamizol. Rs geht ihr dabei nicht um die Risiken des Mittels, sondern um die von niemandem in Zweifel gezogene Wirksam- keit. Der folgende Artikel von Hermann Schulte Sasse* diskutiert Anfor- derungen an sinnvolle Medikamentenstudien und zeigt auf, warum die Hoechst Studien verantwortungslos und unwissenschaftlich sind. Rr konzentriert sich auf medizinisch-ethische Gesichtspunkte. die allein schon eine Ablehnung der Hoechst-Studien rechtfertigen. Die grundsätz- liche Frage, welche Pharmaforschung im Rahmen einer sinnvollen Gesundheitspolitik notwendig ist, würde den Umfang des Artikels sprengen. Klinische Studien an Patienten sind die Basis für den medizini- sehen Fortschritt. Erst die Uber- prüfung des therapeutischen Werts von Medikamenten in Studien kann Antwort auf die Frage geben, welches Medikament zur Behand- ('l""', lung einer Krankheit am besten geeignet ist. Nicht alle Studien erfüllen diesen Zweck. Viele Arzneimittelstudien sind tatsächlich ungeeignet, die Frage zu beantworten. deren Klä- rung sie angeblich dienen. Grund ist die schlechte Planung dieser Studien. Um nämlich zufällige, nicht aussagekräftige Ergebnisse zu vermeiden, müssen Studien' mit Medikamenten strengen methodi- schen Regeln folgen. Und genau daran hapert es bei Vielen. Marketing statt Forschung Warum werden diese Studien dann durchgeführt? Die meisten Arznei- mittelstudien werden von den Herstellern selbst initiiert. Ihr Interesse ist verständlicherweise der Nachweis, daß ihr Medikament zur Therapie von bestimmten Krankheiten geeignet ist. Ist dieses Medikament noch nicht zugelassen, dann legen auch die Hersteller an die Methodik der Studien einen strengeren Maßstab an, da sie ja schließlich der Pharma-Brief 4-5189 Uberprüfung durch die Zulas- sungsbehörde . standhalten sollen. Handelt es sich aber um Studien mit 'bereits zugelassenen Arznei- mitteln, dann soll mit ihnen die Aufmerksamkeit der Ärzte auf das eigene Medikament gelenkt werden, denn schließlich sind es die Ärzte, die mit ihren Verordnungen den Umsatz der Medikamente steu- ern. Die meisten dieser Studien sind wegen ihres unzureichenden Aufbaus medizinisch völlig irrele- vant. Weil sie wirtschaftlichen Interessen der Hersteller und nicht medizinischen Interessen dienen, werden sie auch Marke- ting-Studien genannt. Anfforderungen an Studien Um die Patienten und die gesamte medizinische Praxis vor den Fol- gen ethisch bedenklicher Studien zu schützen, sollten unabhängige und kompetent zusammengesetzte Ethik-Kommissionen vorab prüfen, inwieweit die Studien dem medizi- nischen Fortschritt und den ge- sundheitlichen Interessen der Pa- tienten dienen. Die wichtigsten Fragen, die eine solche Ethik- Kommission beantworten muß, sind: 1. Sollte diese Studie, so wie sie ist, überhaupt durchgeführt wer- den? 2. Welche Information, über die man noch nicht verfügt, wird die Studie liefern? 3. Sind die möglichen Risiken für den einzelnen Patienten ver- tretbar? Würde so vorgegangen, dann könnten Marketing-Studien wohl kaum noch durchgefÜhrt werden. Forschung in der 'Dritten Welt'? Menschen unterscheiden sich un- tereinander in ihren Reaktionen auf Medikamente. Deshalb reicht eine kleine Zahl von Patienten in Arzneimittelstudien nicht aus, da die zufällige Streuung der indivi- duellen Reaktionen das Ergebnis verfälschen könnte. Heute weiß man, daß Menschen in Entwick- lungsländern aus ökologischen, sozialen und genetischen Gründen anders als wir auf Arzneimittel 1

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PHARMABRIEF

Rundbrief der BUKO Pharma-KampagneNlJmmpr 4-5 Health Action International (0)· Mai-Juni 1989

Metamizol-Studien in Entwicklungsländernunwissenschaftlich aber gefährlich

Um das Schmerzmittel Metamizol wurden in den letzten Jahren intensiveDiskussionen geführt. die in der BRD zu Anwendungsbeschränkungengeführt haben. Rin Hintergrundartikel zur wissenschaftlichen Diskussionund zu Werbepraktiken in der 'Dritten Welt' findet sich ab Seite 2.

Die Firma Hoechst beginnt jetzt in Thailand und auf den Philippinenneue Studien zu Metamizol. Rs geht ihr dabei nicht um die Risiken desMittels, sondern um die von niemandem in Zweifel gezogene Wirksam­keit. Der folgende Artikel von Hermann Schulte Sasse* diskutiert Anfor­derungen an sinnvolle Medikamentenstudien und zeigt auf, warum dieHoechst Studien verantwortungslos und unwissenschaftlich sind. Rrkonzentriert sich auf medizinisch-ethische Gesichtspunkte. die alleinschon eine Ablehnung der Hoechst-Studien rechtfertigen. Die grundsätz­liche Frage, welche Pharmaforschung im Rahmen einer sinnvollenGesundheitspolitik notwendig ist, würde den Umfang des Artikelssprengen.

Klinische Studien an Patientensind die Basis für den medizini­sehen Fortschritt. Erst die Uber­prüfung des therapeutischen Wertsvon Medikamenten in Studien kannAntwort auf die Frage geben,welches Medikament zur Behand-

('l""', lung einer Krankheit am bestengeeignet ist.

Nicht alle Studien erfüllen diesenZweck. Viele Arzneimittelstudiensind tatsächlich ungeeignet, dieFrage zu beantworten. deren Klä­rung sie angeblich dienen. Grundist die schlechte Planung dieserStudien. Um nämlich zufällige,nicht aussagekräftige Ergebnissezu vermeiden, müssen Studien' mitMedikamenten strengen methodi­schen Regeln folgen. Und genaudaran hapert es bei Vielen.

Marketing statt Forschung

Warum werden diese Studien danndurchgeführt? Die meisten Arznei­mittelstudien werden von denHerstellern selbst initiiert. IhrInteresse ist verständlicherweiseder Nachweis, daß ihr Medikamentzur Therapie von bestimmtenKrankheiten geeignet ist. Istdieses Medikament noch nichtzugelassen, dann legen auch dieHersteller an die Methodik derStudien einen strengeren Maßstaban, da sie ja schließlich der

Pharma-Brief 4-5189

Uberprüfung durch die Zulas­sungsbehörde . standhalten sollen.Handelt es sich aber um Studienmit 'bereits zugelassenen Arznei­mitteln, dann soll mit ihnen dieAufmerksamkeit der Ärzte auf daseigene Medikament gelenkt werden,denn schließlich sind es dieÄrzte, die mit ihren Verordnungenden Umsatz der Medikamente steu­ern. Die meisten dieser Studiensind wegen ihres unzureichendenAufbaus medizinisch völlig irrele­vant. Weil sie wirtschaftlichenInteressen der Hersteller undnicht medizinischen Interessendienen, werden sie auch Marke­ting-Studien genannt.

Anfforderungen an Studien

Um die Patienten und die gesamtemedizinische Praxis vor den Fol­gen ethisch bedenklicher Studienzu schützen, sollten unabhängigeund kompetent zusammengesetzteEthik-Kommissionen vorab prüfen,inwieweit die Studien dem medizi­nischen Fortschritt und den ge­sundheitlichen Interessen der Pa­tienten dienen. Die wichtigstenFragen, die eine solche Ethik­Kommission beantworten muß,sind:1. Sollte diese Studie, so wie sieist, überhaupt durchgeführt wer­den?2. Welche Information, über die

man noch nicht verfügt, wird dieStudie liefern?3. Sind die möglichen Risiken fürden einzelnen Patienten ver­tretbar?Würde so vorgegangen, dannkönnten Marketing-Studien wohlkaum noch durchgefÜhrt werden.

Forschung in der 'Dritten Welt'?

Menschen unterscheiden sich un­tereinander in ihren Reaktionenauf Medikamente. Deshalb reichteine kleine Zahl von Patienten inArzneimittelstudien nicht aus, dadie zufällige Streuung der indivi­duellen Reaktionen das Ergebnisverfälschen könnte. Heute weißman, daß Menschen in Entwick­lungsländern aus ökologischen,sozialen und genetischen Gründenanders als wir auf Arzneimittel

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"IUS INOIA JUHE '111

ist Ge­Ethik-

Krampflösend?

Der weltgrößte Metamizolproduzent,die Hoechst AG, behauptet, Meta­mizol hätte zusätzlich eine.krampflösende Wirkung, das wäreein therapeutischer Vorteil. Aberes gibt keinen überzeugendenBeweis, daß dieser' krampflösendeEffekt in therapeutischen Dosenerreicht werden kann. 0, S.70)Selbst ein ehemaliger Verfechterdieser Theorie, der PharmakologeProf. Forth ist heute skeptisch:"Unstreitig sind dafür hohe Dosenerforderlich. ••• Somit wird keinvernünfti ger Mensch auf die Ideekommen, daß der spasmolytischenWirkung von Metamizol unter the­rapeutischen Bedingungen... einetragende, d.h. eine objektivierba­re . Rolle zuzuschreiben ist. " (2,S.141) .

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Umstand hat metamizolhaltige Me­dikamente in einigen Ländern zumbeliebten Mittel zur Schmerzstil­lung bei Gallen- und Harnwegs­krämpfen gemacht.

* Hermann Schulte-Sasseschäftsführer der BremerKommission.

** Die Professoren Scheler, Dölleund Rummel sowie Herr Dr. Kimbelsind Mitglieder des Vorstands derArzneimittelkommission der deut­schen Ärzteschaft •

wortete Frage die Studie klärenkönnte (Frage 2 der Prüfungdurch Ethik-Kommissionen).

Metamizol hat, auch' bei .bestim­mungsmäßigem Gebrauch, dieschwerwiegenden, lebensbedrohen­den Risiken des Schocks und derAgranUlozytose. Sein Einsatz istdeshalb ärztlich nicht zurechtfer­tigen , weil "sowohl für banaleSchmerzzustände wie auch fürschwerwiegende Schmerzattackenjeweils gut geeignete Alternativenfür Metamizol verfügbar sind, dieim Unterschied zum Metamizol mitkeinen akut lebensbedrohlichenKomplikationen behaftet sind"(Scheler !Dölle!Rummel /Kirnbel **,1986) (Frage 3 der Prüfung durchEthik-Kommissionen) •

Die Studien-Aktivitäten der FirmaHoechst in Thailand und auf denPhilippinen haben deshalb mitwissenschaftlicher Forschung zurFörderung des medizinischen Fort­schritts nichts zu tun. Sie orien­tieren sich ausschließlich an den')Geschäftsinteressen des Unterneh-"'<=-/'mens und nehmen dabei die ge-·sundheitliche Gefährdung der Pa­tienten bewußt ill Kauf. .

wegen seinerRisiken gera-

Wie Propyphenazon, Aminopyrinund Phenylbutazon gehört Metami­zol. zur Gruppe der Pyrazolone. ImGegensatz zu Phenybutazon hat esnur wenig antiendzündliche Wir-kung. Als NatriumSulfat-Ab-kömmling von Aminopyrin hatMetamizol den Vorteil, löslich zusein. Lösungen bis zu 50% könnenhergestellt werden. Deshalb kön­nen wirksame Dosen von Metamizolzur Schmerzbekämpfung in dieVenen gespritzt werden. Dieser

Bigenschaften

Metamizol ist ein .Schmerzmittel mitfiebersenkenden Eigenschaften.Verwirrung stiften die vielenun terschiedlichen Wirkstoffbe-zeichnungen, die für diese Sub­stanz benutzt werden: Dipyrone,Nov arrdnsulfon icum, Noramidazophe­num, Noraminophenazonum, Nova­midazofen, Methampyrone, Sodiumnoramidopyrine, methanesulphona­te, Sulpyrine und in IndienAnalgin.

deshalb, sondernlebensgefährlichenten.

Die Studien dienen deshalb ganzoffensichtlich ausschließlich denMarketing-Interessen dieses Unter­nehmens und müssen als ethischbedenklich eingestuft werden. Siewerden z. T. in einer angesehenenUniversitätsklinik Thailandsdurchgeführt und eignen sichdeshalb besonders für eine späte­re Marketing-Nutzung. Der zustän­digen Ethik-Kommission der Kliniksind sie 'vor Beginn der Studienicht zur Prüfung vorgelegt wor­den.

Da sie erhebliche Mängel imStudienaufbau zeigen ~ können sieschon aus methodischen Gründenkeine relevanten Ergebnisse erzie­len. Sie sollten deshalb auchnicht durchgeführt werden (Frage1 der Prüfung durch Ethik-Kom­missionen) •

Metamizol:Ein Schmerzmittel, das keine(r) braucht

Dieser Beitrag gibt den Stand der wissenschaftlichen Diskussion. umMetarnizol wieder. Dariiber hinaus zeigt er an Beispielen die unverant.,-::')wortliche Metamizolvermarktung in der Dritten Welt auf. ~

In der Universitätsstudie werdenzwei schmerzstillende Hoechst-Me­dikamente, Metamizol und Petidhin(Dolantin) , bei Patienten mitpostoperativen Schmerzen nacheiner Blinddarmentfernung ver­gleichend geprüft. An der Wirk­samkeit beider Wirkstoffe fürsolche Schmerzen besteht kein'Zweifel. (Sollten aber vermuteteUnterschiede in dem Ausmaß derWirksamkeit untersucht werden,dann reicht die Zahl der für dieStudie vorgesehenen Patientennicht aus. ) Es ist deshalb un­klar, welche nicht schonbeant-

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M>dein_by,Hoedwt .... Urritcd---......._<00021.

Hoechstl3

Intestinal CoUe

Biliary CoUe

Spasm of femalerepr~uetive organs

2

BARALGAN in Indien gegen Men­struationsbeschwerden, eine solchek'erbeaussage wurde· bei unsschon Jahre vor dem Verbot des.Mittels untersagt.

Metamizol-Studien inThailand und auf den Philippinen

reagieren können. Deshalb sindArzneimittelstudien in Entwick­lungsländern, wenn sie gut ge­plant und durchgeführt werden,grundsätzlich zu begrüßen. Leider.sind diese Bedingungen nur seltenerfüllt. Weder die Wissenschaftnoch die Industrie haben einbesonderes Interesse an solchenStudien. Diesem Mangel an sinn"­vollen Studien stehen überflüssigeMarketing-Studien in Entwick­lungsländern gegenüber. VieleÄrzte, insbesondere auch in denUniversitäten, können ihr. mageresGehalt durch Teilnahme an solchenStudien aufbessern. Wenn sie inihrem Land einen bekannten Na-.men haben· oder an einer bekann-'­ten (Universitäts )-kl inik arbeiten,lassen sich die (wissenschaftlichirrelevanten) Ergebnisse ihrerStudien von dem Auftraggeber,dem Pharmaunternehmen, gut insein Marketing integrieren. Ge­fährlich wird diese Strategiedann. wenn sie dazu dient,Patienten eine bessere Therapievorzuenthalten oder sie einerrisikoreichen Therapie auszuset­zen.

Hoechst versucht mit Metamizol­Studien in Thailand und auf denPhilippinen, die kritische Dis­kussion über die Risiken diesesMedikaments mit klinischen Stu­dien zum Nachweis seiner Wirk­samkeit zu unterlaufen. Dabei istunbestritten. daß Metamizol einegute schmerzstillende Wirksamkeitbesitzt. In Verruf ist es nicht

Anzahl metamizolhaltiger Schmerzmittel in der 'Dritten Welt I

(1987-1988)

NO, OF DIPYRONEPREPARATIONS

21155

125

1863922426

68

30

4601739

Zweifellos war die Boston-Studiebesser angelegt als viele frühereRisikostudien. Dr. Faich vom Büro

Die Boston-Studie versuchte alleFälle von AgranUlozytose undaplastischer Anämie zu erfassen,die ins Krankenhaus eingeliefertwurden (community cases) oderdort auftraten (hospital cases).Die Untersuchung wurde in achtGebieten mit insgesamt 22,3 Mil­lionen Einwohnern durchgeführt:in Israel, Barcelona, Ulm, West­Berlin, Mailand,Budapest, Sofia,Stockholm!Uppsala. Versuche, dieUnterSUchung auch in Brasilienund Indonesien durchzuführen,wurden wegen der Unmöglichkeit,die Daten zuverlässig zu erfassen ,frühzeitig abgebrochen. Das Agra­nulozytoserisikp von Metamizolwurde nur anhand von fünfUntersuchungsgebieten berechnet:Israel, Barcelona, Ulm, West-Ber­!in und Budapest.

Ein erster Bericht der "Interna­tional Agranulocytosis and Aplas­tic Anemia Study" (IAAAS, oft alsI'Boston-Studie" bezeichnet) wurde1986 veröffentlicht. (9) Es bestanddie Absicht die Studie 1989 alsBuch vollständig zu veröffentli­chen.

net. Das RisikO von Agranulozyto­se und aplastischer Anämie beiSchmerzmitteleinnahme wurde Un­tersuchungs gegenst and •

TOTALS:

Afrlca, MIMS Africa, May 1988BraziI, DEF, 1987-88Carlbbean, MIMS Caribbean, May 1988Hong KOhg, HKIMS, Apri/1988India, MIMS India. Feb ~988

Indonesia, UMS, Feb 1988Mexico;DEF,1987Middle East. MIMS Middle East, Apri/1988Pakistan. QIMP, 1987Phi/ippines, PIMS, Apri/1988South Afrlca, MIMS. May 1988Thailand, TlMS, March 1988

COUNTRY/REGION, PRESCPUBING GUIDE. DATE NO. OF. ANALGESICS

126262

688073

176153146206179135135

Eine Untersuchung von Medikamen­tenlisten in 12' Regionen derDritten Welt ergab, daß 1987-88von 1739 Schmerzmitteln 26% Meta..,mizolenthielten. Nach'Paracetamolkam Metamizol am zweithäufigstenin Schmerzmitteln vor. Eine 1984in Peru durchgefÜhrte Untersu­chung, ergab, daß Metamizol in28 Schmerzmitteln enthalten war,schlimmer' noch 73% aller Medika­mente gegen Schmerzen und Fieberenthielten die Substanz. (8)

Hoechst Indien erzielte 42% seinesPharmaumsatzes in den ersten vierMonaten von 1986 mit nur- zweiMedikamenten: BARALGAN und NO-VALGIN. In Lateinamerika er-brachte NOVALGINA allein einDrittel des Pharmaumsatzes. Darü­ber hinaus war NOVALGJ:NA 1985 inLateinamerika das meistverkaufteMarkenmedikament überhaupt, derUmsatz betrug 30 Millionen US$. (7)

BARALGIN, 190 Millionen US$ Um­satz, mehr als 5% des Weltphar­maumsatzesder Firma. (6) Obwohlsich der NOVALGIN-:-Umsatznachden Kontrollrnaßnahmen in der BRDhalbierte, ließ die Firma verlau;"ten, daß es in anderen Ländernüberall auf der Welt noch "eingroßes Vertrauen in NOVALGINgibt". Weil Metamizol in denwichtigen Industrieländern entwe­der verboten oder stark anwen­dungsbeschränkt ist, wird dermeiste Umsatz in der Dritten Welterzielt.

Außerdem hat das Bundesgesund­heitsl11inisterium die Rezeptpflichtfür Metamizol ab 1.1.1987 verfügt.Dies geschah auf Empfehlung desBundesgesundheitsamtes.

Anwendungsbeschrinkungen

Metamizolwurde von Hoechst 1922auf den Markt gebracht, abergrundlegendes pharmakologischesund toxikologisches Wissen fehltbis jetzt. Heutzutage würde ein soschlecht erforschtes Medikamentwohl kaum noch zugelassen. Diefehlenden Kenntnisse sind wegender schweren Nebenwirkungen(Agranulozytose und Schock) be-drückend. ( .

Schenkt man Dr. . Timmers vonHoechst .glauben, dann hat Meta­mizol einen "außergewöhnlichenSicherheitsspielraum" und hat

11seit mehr als 60 Jahren bewie­sen, daß es ein wirksames undgleichzeitig außergewöhnlich gutverträgliches Schmerzmittelist".(3)

Trotz dieser großen Worte hat· dasBundesgesundheitsamt 1982 und1986 die Anwendungsbereiche fürMetamizol eben wegen seiner Risi-F-. ken stark eingeschränkt. Heute

. darf Metamizol' nur noch beiakutem schwerem Schmerz nachUnfällen oder Operationen, Kolikenund Krebsschmerzen eingesetztwerden. Anderer akuter oder chro­nischer schwerer Schmerz darf nurmit Metamizol behandelt werden,wenn andere Medikamente kontra­indiziert sind.' Hohes Fieber darfmit Metamizol nur bekämpft wer­den, wenn andere Maßnahm~m

nicht anschlagen. Kombinatioris­präparate mit Metamizol wurdenverboten. Für Kombinationen vonMetamizol mit Spasmolytika ruhtdie Zulassung, die Herstellermüssen einen zusätzlichen Nutzendieser Kombination beweisen, wennsie wieder auf derf Markt ·wollen.Boehringer Ingelheim hat .inzwi­schen aufgrund eigener klinischerStudien (die keinen zusätzlichenNutzen ergaben), den Verkauf desKombinationspräparates endgültigeingestellt. (4) Das dürfte das

,.... endgültige Aus für alle Metamizol­Sp asmolytika-Kombinationen bedeu­ten.

Vielerorts verboten

Metamizol ist in einer Reihe vonLändern verboten oder anwen­dungsbeschränkt : In Australien ,Ägypten, Bangladesh, Dänemark,BRD, Griechenland, Irland, Isra­el, Italien, Japan,. Kanada, Ma­laysia, Neuseeland , Norwegen,Philippinen, Saudi Arabien, Sing­apore, Schweden, USA und Venezu­ela. (5)

.Bin gutes Geschäft

Es gibt vielleicht keine medizini­sche oder wissenschaftliche Recht",:,fertigung für Metamizol; aber einlohnendes Geschäft ist es allemal.1987 machte Hoechst mit zweiMetamizolprodukten, NOVALGIN und

Die ßBoston-Studieß

Es ist eigentlich nicht verwunder­lich, daß die Metamizolhersteller

allen Voran Hoechst - versu­ehen. diese profitable Einkorn­mensquelle zu verteidigen. Meta­mizolbedingte AgranulozytosenfÜhrten zum Verbot des Stoffes invielen Ländern, so blieb Hoechstgar nichts anderes übrig, als dasRisikO herunterzuspielen. Bereits1978 fragte Hoechst bei der epide­miologischen Abteilung der Bosto­ner Universität in den USA an, obsie nicht den Zusammenhang zwi­schen Metamizol und Agranulozyto­se untersuchen wollten. Schließ­lich wurde ein Vertrag unterzeich-\?

für Epidemiologie und Biostatistikbei der US Food and Drug Admini­stration (FDA) nannte die Studie"außergewöhnlich": "Die Vorstel­lung dieser beeindrukkendenpharmakoepidemiologischen Studieerinnert uns daran, wie wenigsolcher Studien durchgefÜhrt wer­den." ( 10) In der vorläufigenVeröffentlichung der Studie wirdaller~iings nicht deutlich, wie dieRisiken berechnet werden, dieerhobenen Ausgangsdaten . fehlenvollständig. Das Lob für dieStudie kann sich also. offensiCht­lich nur auf die Anlage derStudie und die enorme Arbeit, diein die Studie gesteckt wurde,beziehen.

Pharma-Brief4-5 /89 3

Aus den genannten Gründen kannden Zahlen der Boston-Studienicht getraut werden. Besondersunglaubwürdig ist das folgendeStatement, "daß in Ulm, Berlinund Barcelona pro 1 MillionMenschen, die Metamizol bis zueiner Woche ausgesetzt werden,eine Person dadurch Agranulozyto­se entwickeln wird". ( 14) Die an­gesehene Medizinzeitung 'Lancet I

kommentierte: "Es wird nicht er­klärt. wie diese Schätzung be­rechnet wurde. Der merkwürdigeNenner ( 'bis zu einer Woche' ;Anm. d. Obers. ) ist schwer aufdas wirkliche· Leben übertragbar.Das Risiko der Einnahme könnteüber ein Jahr gesehen 50 malhöher sein. Es ließe sich klarerals Zahl der Fälle pro Milliondefinierter Tagesdosen (DDD) oderpro 100.000 verkaufter Packungenbeschreiben. 11 ( 17) Bei der Anhö­rung des Bundesgesundheitsamtes

Aber das Aufspüren aller Fällevon Agranulozytose und die Ab­grenzung der Untersuchungsgebiete(nur West-Berlin ist von einerMauer umgeben) waren nicht dieeinzigen Probleme. Es ist auchschwierig anhand von Befragungvon Patienten überhaupt herauszu­finden, ob sie Metamizol ein ge- ~nommen haben. Eine Studie in >--.::.West-Berlin nahm sich diesesProblems an. Sie verglich dieErgebnisse der Patientenbefragungmit den Urinproben. Das Ergebniswar, "daß Benutzer von Schmerz­mitteln entweder dazu neigen, dieEinnahme von Medikamenten zuleugnen oder falsche Angabenüber die Häufigkeit und dasAusmaß ihres Schmerzmittelge­brauchs zu machen. II (l6) Auch istes kaum möglich, die Zuverlässig-l;{eit der PatientInnenangabendurch Vorlegen einer Liste vonMarkennamen von metamizolhalti-gen Produkten zu erhöhen: Noch1986 gab es 247 solcher Produkteauf dem bundesdeutschen Markt.Aus diesem Grund benutzte dieBoston-Studie nur "Markennamen,die 90% des Umsatzes gewöhnlichernicht-narkotisierender Schmerzmit-tel ausmachten (es gab zu vieleMarkennamen, Um nach den restli-chen 10% zu fragen), ebenso .~wurde nach anderen Medikamentengefragt, von denen ebnfalls ange­nommen wird, daß sie das Blut-bild schädigen."(9)

von 5.300.000 Einwohnern, die fürdie Region' DIrn gen annt -wurde,nicht ausreichend erklärt wird.Das Statistische Amt des LandesBaden-Württemberg nannte dieZahlen 'weit überhöht '" 'Dr. Offer­haus kam anhand der offiziellenBevölkerungsdaten und unter Be­rücksichtigung des großen Ein- .zugsbereichs .der angesehenen. Uni:­versitätskrankenhäuser, daß dieKrankenhäuser in dem Untersu­chungsgebiet lediglich etwa786.000 Menschen versorgen. (15)Der enorme Unterschied zwischenden Zahlen der Boston-Studie unddenen von Dr. Offerhaus würde.die Ergebnisse der Studie dras­tisch verändern.

Entscheidung, das Agra­11 ulozytoserisiko von Me­tamizol mit dem andererMedikamente zu verglei­chen, dies führe zudner groben Unterschät­zung des tatsächlichenRisikos. Das wirklicheRisiko von Metamizol lie­ße sich nur im Vergleichmit 'spontan' auftreten­den Agranulozytosen er­mitteln.(U) .

Außerdem gibt es erhebliche Zwei­fel, ob die Regionen wirkl~ch

genau umschrieben und die Bevöl­kerungszahlen richtig ermitteltwurden. Dr. Leo Offerhaus, ehe­maliger Mitarbeiter der niederlän­dischen Zulassungsbehörde, sahsich die offizielle Bevölkerungs­statistik für den Großraum Ulm anund stellte fest, daß "die Zahl

Andere Kritiker zwei-felten an der Reali-sierbarkeit des An-spruchs der Studie. DieBoston-Studie ist eineretrospektive Fall-Kon-trollstudie , die die ge­samte Bevölkerung desUntersuchungsgebietes er­fasst. "Solch eine Fall­Kontrollstudie ist nur miteiner geografisch guteingrenzbaren Bevölke':"rung, die während desgesamten Untersu­chungszeitraums unverän­dert bleiben sollte, mög­lich."(l2) Weil Dr. Faichvon der Studie so beein­druckt war, schrieb er:"Diese gewaltige Studiesuchte alle Fälle ineiner genau umschriebe­nen Bevölkerung von 22,3Millionen, damit annehm-

bare Schätzungen der Häufigkeit(der Agranulozytose) gewonnenwerden konnten." (10)

Es gibt berechtigte Zweifel, ob ineinem so großen Untersuchungsge­biet alle Fälle von Agranulozytoseentdeckt werden können. EineGruppe von Biostatistikern , darun­ter einer aus dem Untersuchungs­gebiet Ulm der Boston-Studie,schrieben in einem Leserbrief anJAMA (die Zeitschrift, die dieBoston-Studie veröffentlicht hatte:l'Es gibt keinen Zweifel, daß dieinder Studie genannten Fälle vonAgranulozytose echt sind, aber esist extrem schwierig alle Fälle ineiner Bevölkerung von 22,3 Millio­nen zu finden ••. nicht jeder insKrankenhaus eingelieferte Patientin jedem der ca. 300 Krankenhäu­ser des Untersuchungsgebiets wirderfasst worden sein, trotz derTelefonanrufe der regionalen Zent­ren bei den beteiligten Kranken­häusern."(l3) Die Autoren derBoston-Studie bestätigen mit ihrenDaten aus Schweden diesen Zwei-

. fel: "In Stockholm untersuchte derArzt Bengt-Erik Wiholm zugängli­che Computerdaten • Für 1983-84fanden wir 19 Fälle, die gespei~

cherten Daten ergaben 4 zusätzli­che Fälle."(l4)

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Konkret war das beunruhigendeErgebnis, daß in drei Untersu­chungsgebieten - Ulm, Berlin undBarcelona - das Risiko an einerAgranulozytose zu erkranken für·Metamizol-EinnehmerInnen 23,7 malso hoch war wie für Nicht-Einneh­merInnen. In· Israel und Budepestjedoch war das Risiko im absolu­ten Gegensatz dazu geringer als1.

Dr. van Dijke vom niederländi­schen Zentrum für Nebenwirkungs­überwachung bezeichnete die Be­rechn4ngsmethoden der Boston-Stu­die für eine Krankheit (Agra­nulozytose) , die wesentlich durchMedikamente ausgelöst wird, alsungeeignet. Er sieht die unter­schiedlichen ermittelten relativenRisiken als Ergebnis einer unan­gebrachten . Methodologie. VanDijke kritisiert die Autoren derBoston-Studie auch wegen ihrer

Die Vorveröffentlichung der Studielöste eine Welle von kritischenStellungnahmen aus. Tatsächlichwirft Dr. Faich in seinem Heraus­geberkommentar zur Boston-Studiebereits die ersten Fragen auf: "Inden Regionen wurden deutlichunterschiedliche relative Risikenfür Metamizol ermittelt und disku­tiert, dennoch bleiben sie uner­klärlich und beunruhigend. DieUnterschiede lassen sich vielleichtdurch Unterschiede in der Bevöl­kerung oder der medizinischenPraxis erklären, dennoch muß manüber· eine mögliche Verzerrung dererhobenen Daten oder methodologi­sehe Probleme besorgt sein, dieauch andere Ergebnisse der Studiein Frage stellen könnten."(10)

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~NovaIgJ ClInfamS

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Werbuns aus Brasilien 5/87

zu Metamizol im September 1986gab dessen ehemaliger Mitarbei­ter, Prof. Peter Schönhöfer einerealistischere Schätzung des Risi­kos. Er nahm die Daten derBoston-Studie (6 ,2 Fälle von Agra­nulozytose pro Million Einwohnerund Jahr, davon 27% metamizolbe­dingt) als Grundlage urid wiesdarauf hin, daß das, etwa 100metamizolbedingte Agranuloztosenim Jahr für die BRD bedeutenwürde. Auf, der BGA-Anhörungerstmals veröffentlichte Ver-kaufszahlen , nannten einen j ähr';:lichen Verkauf von 42 MillionenTagesdosen (000). von 2,5 g Meta­mizol. Auf Grundlage dieser Zah­len würde die Häufigkeit vonmetamizolbedingter Agranulozytose2, 5 pro Mill ion Tagesdosen oder20 Fälle pro Million verkaufterPackungen sein.

In dem angesehenen " Side Effectsof Drugs Annual" faßt Dr. deIFavero die Ergebnisse der Boston­Studie aus medizinischer Sicht sozusammen: "Die Studie hat bestä­tigt, daß Metamizol Agranulozytoseauslösen kann. Es war verant­wortlich für etwa ein Viertel dermedikamentenbedingten Fälle inden beteiligten Ländern; in eini-,gen Regionen war das Risiko eineAgranulozytose nach Einnahme vonMetamizoL in der Woche davor zuentwickeln, 20-30 'mal höher als,für Nicht-Einnehmer." (18)

Irreführung

Die harrsche Kritik macht diedefensive Argumentationsweise desfür den Pharmabeich bei Hoechstzuständigen VorstandsmitgliedsProf. Garais verständlich: "Wasdie Boston-Studie bei aller Kritikaber bereits gezeigt hat, und wasauch von allen anerkannt wurdeist; daß das Risiko mit Sicherheitnicht größer ist", als es bereits1981 bei qer ersten Anhörungdurch das BGA war."(9) (DasBGA hatte ein Agranulozytoserisikovon Metamizol von 1: 30.000genannt. ) Andere Vertreter derFirma fanden die Ergebnisse weni­ger problematisch und erklärten,daß Risiko der metamizolbedingtenAgranulozytose "ist jetzt quantifi­ziert" und ist "extrem niedrig".Ebenso wurde behauptet, daß diesdas Haupt"problem" mit Metamizolseit über 40 Jahren gewesen seiund das dies Problem jetzt "ge­löst" sei. "Angesichts der verbes­serten Risiko/Nutzen-Situation fürMetamizol gibt es keine Notwen­digkeit, den Zulassungsstatus vonMetamizol in Richtung mehr Re­striktionen zu verändern." (20)

Dr. deI Favero bezeichnet dieseInterpretation der Lage als "irre­führend" und betonte, daß es "fürdie Hauptanwendungsgebiete vonMetamizol sicherere Alternativengibt (z.B. Paracetamol und Sali­cylate), deshalb sollte der Ge­brauch von Metamizol mindestensauf diejenigen Patienten be­schränkt werden, die die oben­genannten Medikamente nicht be­nutzen können. Leider ist das

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Medikament (Metamizol) in vielenEntwicklungsländern immer nochrezeptfrei erh ältlich, dies gil tsogar noch für einige LänderEuropas ." (18)

BGA sieht Risiken bestätigt

Ganz im Gegensatz zu Dr . Grigo­leit kam das Bundesgesundheitsamtin seiner Entscheidung nach demHearing von 1986 zu dem Ergeb­nis, daß die Boston-Studie dievom BGA bereits 1981 gemachteRisikoschätzung bestätigt: "DieInzidenz Metamizol-assoziierterAgranulozytosen, wie sie als Er­gebnis der Anhörung von 1981geschätzt wurde, wird durch dieInterpretation der Ergebnisse derIAAAS, wie sie auf der Anhörung'im September 1986 vorgetragen

, wurde, . in ihrer Größenordnungbestätigt." (21)

Dr. Leo Offerhauskommt zu dem Schluß:"Die Studie hat ohnejeden Zweifel die ur­sächliche Rolle , vonMetamizol bei der Ent­stehung von Agranulo­zytosen bestätigt, eineErkrankung bei derdie Sterblichkeit um25% liegt. Viele haben,nicht ohne Fairness,die Art kritisiert, wiedie Häufigkeit des Ri­sikos ermittelt wurden,welche Rechenmodelleangewendet wurdenund die Daten, aufdenen die Berech";nungen beruhen. Rück­blickend gesehen istes fraglich, ob dieAnlage der Studieüberhaupt geeignetwar, die Häufigkeitund Risikodaten fürein einzelnes Medika­ment zu ermitteln. DieIAAAS-Studie ist fürsich genommen außer­gewöhnlich und se.hrnützlich, aber es wäreihr besser bekommen,wenn der, Hauptgrundfür ihre Durchführung,d.h. die Reinwaschungvon Metamizol, wenigereindringlich her­vorgehoben worden wä­re. "( 15)

Schock

ein weiteres tödlichesRisiko

Die Diskussion um dieBoston-Studie und die Risiken vonMetamizol für' das Blutsystemsoll­te nicht dazu führen,' daß wirandere, vermutlich immun-allergi­sche Risiken vergessen. Sogar dasEhren-Beratungskomitee der Bos­ton-Studie hat gewarnt, "daß jedeRisikoabschätzung eines bestimm­ten Schmerzmittels nicht nur seineNebenwirkungen auf das Blutsy­stem berücksichtigen muß, sondernauch seine anderen Nebenwirkun­gen."(22)

Ober anaphylaktischen Schocknach Pyrazolongabe wurde 1958erstmals berichtet. (23) 1983 ver­öffentlichte eine Schweizer Auto­ren gruppe eine systematische Ana­lyse aller Kreislaufreaktionen aufintravenöse Metamizolgabe.(24) Einklinisch relevanter Abfall desBlutdrucks wurde bei 7 von 2053Patienten festgestellt,. die Metami­zol intravenös erhalten hatten,d.h. eine Häufigkeit von 0,34%.Bei 6 von 7 Patienten dauerte dieWiederherstellung des Blutdruckslänger als 10 Stunden. Bei 5Patienten war der systolischeBlutdruck nach 10 Stunden immernoch unter 100 mmHg.

Bereits 1981 erinnerte die Arznei­mittelkommission der DeutschenÄrzteschaft . die Ärzte höflich angrundlegende Vorsichtsmaßnahmen •Sie warnte, daß Ärzte sich bewußt

sein müßten, daß in seltenenFällen Oberempfindlichkeitsreaktio­nen auftreten können, die mögli­cherweise tödlich enden. Ärztemüßten deshalb auf die Behand­lung eines Schocks stets gutvorbereitet sein, besonders wennsie Metamizol spritzten. (25)

Ende 1987 warnte die Arzneimittel­kommission nachdrücklich, Metami­zol nicht als Schmerzmittel derersten Wahl zu benutzen, sogar

5

bei den verbleibenden zugelassen­en Indikationen (Schwere Schmerz­zustände ): "An einer Nieren- bzw.Gallenkolik stirbt man nicht.Deswegen kann auch ein noch sokleines Risiko durch eineSchmerztherapie einen lebens-bedrohlichen Zustand zu verur­sachen, nicht in Kauf genommenwerden; zumal nicht .behauptetwerden kann, daß Alternativennicht zur Verfügung ständen." (26)

Klarer kann man es kaum sagen:Metamizol ' ist kein akzeptablesMedikament mehr! Oder, wie Dr.Offerhaus sagte: "Es gibt keinenersichtlichen Bedarf für Metamizol(sicher nicht als rezeptfreiesSchmerzmittel) und für die weni­gen Einsatzbereiche, für die essinnvoll sein mag, sind risiko­ärmere Alternativen erhält­lich."OS)

Agressive Vermarktung

Angesichts der Risikolage ist dieagressive Vermarktung von meta­mizolhaltigen Produkten durchnichts zu rechtfertigen. Ein Jahrnach drastischen Anwendungsein­schränkungen für Metamizol unddem Verbot von Kombinationspro­dukten in der BRD, bewarbenFirmen im April 1988 Metamizolnoch für alles von Kopfschmerzenbis zu Geburtswehen:

* Auf den. Philippinen empfahlWinthrop GARDAN für "Kopf­

schmerzen, Zahnschmerzen , Neu­ralgien, Rheuma, Hexenschuß,Schmerzen bei Erkältungen, Grip­pe, Lungenentzündung und ande­ren Infektionskrankheiten"; alsIndikationen für GIFARIL gabenSandoz/Wander an: "Schmerzen,Fieber"; Lagap's LAGALGIN wurdefür "Kopfschmerz, Muskelschmerz,Neuralgien, Ischias, Hexenschuß,Menstruationsschmerzen , Wehen­schmerz, Gallenkoliken , Neuritis,Schmerzen nach Verletzungen undOperationen, Rheuma, Arthritis,Herzentzündung, chronische Poly­arthritis" empfohlen, Hoechst gabals Indikationen. für sein MELU­BRIN "verschiedene Arten vonSchmerz, Muskel- und Gelenkrheu­ma, Grippe und Fieberzustände"an.(27)

* In einem afrikanischen Medi-kamentenführer empfiehlt

Hoechst NOVALGIN im März 1989gegen "Schmerzen, Fieber, Krämp­fe", (28) In Südafrika fügt Hoechstfür sein BARALGAN noch dieIndikation "Dysmenorrhoe" hin-zu.(29)

* In Thailand empfahl ThaiNakorn Patana sein ACODON

als allumfassendes "Schmerz- undKopfschmerzmiitel und Fieber­senker" ; Winthrop gab als Indi­kationen für sein CONMEL"Schmerzen und/oder Fieber, Kopf­schmerz, Ischias, Neuralgien,rheumatische Beschwerden, beiZahnbehandlungen , die Schmerz­stillung erfordern" an. Westmont'sDEPARON soll bei "Kopfschmerzen,Neuralgien, Dysmenorrhoe" helfen;

6

GENERGIN vom General DrugsHouse bei "Kopfschmerz, Zahn­schmerz, Menstruationsschmerzen

und zur Fiebersenkung beigewöhnlichen Erkältungen", "Spas­tische Schmerzen der weiblichenReproduktionsorgane" gehörte zuden Indikationen von Hoechst' sBARALGAN; Siegfried 's PYRALGINwurde für die allumfassenden'"Schmerzzustände jeder Art" emp­fahlEm. (30)

* ANADEX von Concept soll inIndien schlicht gegen

"Schmerz" helfen; AVAFORTAN vonden ASTA-Werken wurde mit demSpruch beworben: "beendet alleKoliken und Krämpfe der glattenMuskulatur innerhalb von 3 Minu­ten oder weniger". Hoechst 's BA­RALGAN wurde für "Dysmenorrhoe"und NOVALGIN für "Schmerzen,Fieber" empfohlen; PAMAGIN vonAlkem bei "Schmerzen (aches &pains) im Zusammenhang mitAngst & Anspannung, Dysmenor­rhoe"; IDPL's SPASMIZOL bei"Schmerzen, Kr ämpfen" ; Rall i ' sZIMALGIN-A für "leichte bis star­ke Schmerzen". (31)

* In Indonesien empfahl Sohosein ANTALGIN bei "Neural­

gien, Kopfschmerz, Ischias, ver­schiedende Arten Schmerz". BESE-ROL von Winthrop sollte bei"premenstruellen Spannungen 6Dysmenorrhoe" helfen. (32)

* In Pakistan bewarb Hoechst1987 BARALGIN als "ideale

Beigabe zur Therapie von Durch­fall" unter dem Slogan "BARALGINfür schnellere Erleichterung wennes zählt".

* In Kolumbien hatte CONMELvon Winthrop eine besonders

umfassende Liste von Anwen­dungen: "Symptomatische Behand­lung aller akuten Schmerz- undFieberzustände (Grippe, Lungen­entzündung und andere infektiöseKrankheiten); allgemeine Linde­rung von akutem und chronischemSchmerz verschiedener Ätiologie(Kopfschmerz, Ischias, Neuralgienund in der Behandlung der ver­schiedenen Arten von Rheumatis­mus); nach Zahnentfernung , beiZahnschmerz , postoperativemSchmerz und bei Zahnbehandlun­gen , die Schmerzstillung erfor­dern"; Knoll dagegen empfahl seinNEOSALDINA schlicht bei "Fieber,verschiedenem Schmerz, Zahn­schmerzen", E. Merck's SISTALGINCOMPOSITUM wurde als "spasmoly­tisches Schmerzmittel " beschrieben,das bei "Koliken und Schmerzenjeder Ursache" angezeigt sei, (33)

* In Brasilien empfiehlt HoechstNOVALG INA als erfolgreiche

Therapie bei "Schmerzzuständenund Fieber unterschiedlicher Ätio-logie, wie Kopfschmerz, Neu-ralgien, Isch ias, Hexenschuß ,Grippe und Erkältung"; bei denNOVALGINA-Spritzen wird den An­wendern zusätzlich geraten, daß"bei Muskel- und Gelenkrheumahohe parenterale Dosen eingesetztwerden sollten". Hoechst' s BARAL-

GIN soll in seiner injizierbarenForm bei "Krämpfen der glattenMuskulatur, Nierenkoliken , Krämp­fen der Harnleiter und -blase,Gallenkoliken, Krämpfe des Magen­Darmtrakts jeder Ursache undspastische Dysmenorrhoe" helfen,weiter meint der Hersteller: "Asth­maanfälle mittlerer Intensität kön­nen durch eine Injektion verkürztwerden". FLUVIRAL von Searleenthält Metamizol, Mepyramin,Koffein und DL-Norephedrin undwird zur "symptomatischen Be­handlung von Grippe und Erkäl­tung" angeboten. E. Merek' s MIQ­CITALGAN, eine Mixtur aus denVitaminen BI, B6, B12, Koffein,einem Spasmolytikum und Metami­zol, wird angeboten für: "Hexen­schuß , Ischias, Arterienabschnü­rung , Verrenkungen, Muskelzer-rungen, Schiefhals, Zervixsyn-drom, Arthritis und Arthrose,Schleimbeutelentzündung, Sehnen­entzündung, Entzündung der Ge­lenkinnenhaut , Myositis undI Weichteilrheumatismus '" • NEOSAL­DINA von Knoll wird für "Krämp­fen funktioneller und organischerHerkunft, Magen-Darm-, Gallen­und Harnwegskoliken, Dysmenor­rhoe, Kopfschmerz, Muskelschmerz,Neuralgien, Zahnschmerz, Grippeund Erkältung" angeboten. (34)

Kampf um den Markt

Seit 1986 versuchen Hoechst undandere Firmen, Verschreiber undZulassungsbehörden von der "Si­cherheit" des Metamizols zu über­zeugen. Besonders Länder derDritten Welt sind das Ziel dieserBemühungen.

In Thailand sagte der Hoechst-Ma­nager Phornvit Phacharintanakul,daß seine Firma der Auffassungsei, daß BARALGAN "wissen­schaftlich und technisch gespro­chen, seinen Benutzern keineProbleme bereiten werde" und daßHoechst das Medikament in derBRD "wegen der politischen Situa­tion und nicht wegen Nebenwir­kungen des Medikaments" zurück­gezogen hätte. (35) Zur Bekräfti­gung dieser 'Botschaft t reiste derChef der medizinischen Abteilungder Hoechst-Zentrale in Frankfurt,Dr. R. Timmers, mehrfach nachThailand und besuchte medizini­sche und pharmazeutische Schulen.

Pharma-Brief4 -5/89

~,'''----

Wende in der' Weltgesundheitsorg~nisation

Der neue Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation Nakajimaräumt auf: Durch unerträgliche Arbeitsbedingungen werden fortschrittli­che Mitarbeiter aus dem Hauptquartier in Genf. gedrängt. Kürzlichkündigte der Direktor des politisch wichtigen Medikamentenaktionspro­gramms aus Protest gegen massive Beh~riderungen seiner Arbeit.

Er hielt dort Vorträge über , dieBoston-Studie, bei denen er be­hauptete, Metamizol sei "so sicherwie Aspirin". Zur gleichen Zeitverteilte Hoechst Sonderdrucke derBoston-Studie, bei der für dieFirma angenehmere Passagen sorg­fältig farblich hervorgehoben wa­ren. Zu Beginn des Jahres 1988verteilte Hoeehst eine weiterePublikation an thailändische Ärz­te. Sie enthie:üt unter anderemeinen 'deuts.chen Beipackzettel' ,der dem thailändischen gegenüber­gestellt war. Dieser Vergleichsollte einen weltweit vergleichba­ren Standard suggerieren •. Aller­dings handelte es sich dabeinicht um den vom Bundesgesund­heitsamt (vor dem Verbot) geneh­migten Beipackzettel von BARALGINfür die BRD, sondern um einfirmen internes 'Produkt', daswesentlich ausgeweitete Anwen­dungsbereiche und weniger War­nungen enthielt.

Dieser "Irrtum ll wurde von demthailändischen Hoechst-ManagerPhornvit zugegeben, als er inFrankfurt· bei einem Seminar desBundesverbandes der Pharma­zeutischen Industrie damit kon­frontiert wurde. (36) Nach unserenInformationen hat Hoechst Thai­land bis heute keine Richtigstel­lung an die thailändischenÄrztegeschickt.

Unethisches Verhalten

Angesichts der aggressiven undunverhältnismäßigen Werbung ver­wundert es nicht, daß Metamizolin vielen Ländern der Dritten Weltpopulär geworden ist. Fast immeri~t Metamizol ohne Rezept erhält­lich. Dieses unverantwortlicheVermarkten von Metamizol istwegen der größeren Risiken vonMetamizol in der Dritten Weltbesonders besorgniserregend.

Die in der Boston-Studie unter-~ suchte lebensbedrohliche Störung

der Blutbildung verläuft unterden schlechteren medizinischenBedingungen in der Dritten Weltwesentlich häufiger tödlich, ähn­liches' gilt für den Schock. DieAutoren der Studie, betonen selbst:"Rückschlüsse über Auswirkungendes Schmerzmittelgebrauchs aufdie Volksgesundheit können nichtin anderen Regionen können nichtgezogen werden, wenn dort eintödlicher Verlauf der Agranulozy­tose, wegen Faktoren wie Unter­ernährung oder unzureichendermedizinischer Versorgung, häufi­ger ist."(9,S.1756)

1) E. Haekenthal, Pharaakologie der antipyre­ti sehen Analgetik a, In: E. Haekenthal,R.Wlirtz (Hrsg.), Medika18ntlise Schlerzbehan~­

lung in der, Praxis, Stuttgart 1985 2) W.Forth, Spauolytische Effekte von Pyrazolo­nen, In: K. Brune, R. Lanz (Hrsg.), 100 JahrePyrazolone, München 1985 3) Brief von Hoechstan die Medieal Lobby for Appropriate Marke­ting, Adelaide VOI 21.9.84 4) Rückruf: Meta­lizol-Haltige KOlbinationen Buscopan cOlposi­tUI Allpullen , Pharnzeutische Zei tung VOI11.5.19B9, S.1151. Boehringer Ingelheh hatteals einziger Hersteller versucht, gegen das

Ruhen der Zulassung von Metalizol-SpauolyH­ka-Kolbinationen gerichtlich vorzugehen. Inzweiter und letzter' Instanz errei-chte Boeh­ringer eine einstweilige Anordnung, dh ihraufgrund rein foraaljuristischer Arguuntati­on ei n Weiterverkauf von BUSCOPAN COMPOSITUMbis zur endgültigen Entscheidung des BGAgestattete. Gebrauch wurde davon nur für di einjizierbare Fon gelacht, in den anderenForun wurde Metalizol durch Paracetalolersetzt. Nachdu es Boehringer jetzt nichtgelungen ist, einen zusätzlichen Nutzen fürdie Metuizolkolbination nachzuweisen, ist esuhr als unwahrscheinlich, daB andere Her­steller Ilt einel solchen Nachweis Erfolghaben klinnten. Der .Rückzug von Boehringerbedeutet duit wohl das faktische Aus füralle Metalizolko.binationen. 5) Uni ted Nati­ons, Consolidated List of Products WhoseConsulption andlor Sale Have ,Been Banned,Wi thdrawn, Severely Restri cted 01' Not Appro­ved by Governunts, 2. Ausgabe, New York1987, S. 62f.; Scrip, Hoechst, dipyrone andagranulocytosis - the IAAAS study, NI'. 1128,13.B.86, S.22 6) Scrip, Hoechst in 1987 and1988, 23.3.88, 5.14 7) Industrieangaben 8) R.Lopez, Produccion y Consulo de Farl8cos en elPeru, Chilboh 1984, S.18f. 9) The Internati­onal Agranulocytosis and Aplastic AneaiaStudy: .Risks of agranulocytosis and anella: Afirst re port of their relation to drug usewith specialreference to analgesies, JAMA1986, Nr.256, S.1749-1757 10) G.A. Faich,Editorial: Analgesic Risks and Pharncoepide-'liology, JAMA 1986, Nr.256, S.1788 11) O.P.H.Van Oijke, Brief, JAJlA 1987, Nr.257, S.259012)R. Ti..ers (Hoechst),Practical Handguideto the "Boston-Study", unveröffentli chtesPapier VOI 3.11.87, S.6 13) U. Feldunn u.a.,B.rief, JAMA 1987, Nr.257, S.2590f. 14) M.Levy u.a., Antwort auf die Briefe, JAMA 1987,Nr.257, S.2591f. 15) L. Offerhaus, Reply to aletter, frolM. Levy and S. Shapiro cOlllentingon his editorial "Metaaizol: een honderdjari-

Dr. Lauridsen,' der das Medika­mentenaktionsprogramm der WHOlange Jahre geleitet hat, warfseinen Chefs vor, die von denMitgliedsländern 1988 ausdrücklichbekräftigte neue Medikamen­tenpolitik (revised drug strategy)zu "verwässern". Diese 1985 ent­wickelte Strategie ist ein umfas....sendes Programm zum rationalenGebrauch von Medikamenten. Sieliefert Vorgaben für die staatlicheZUlassungspolitik, die Beschrän­kung auf unentbehrliche Medika­mente, aber auch für Fragen wieAusbildung von' Gesundheitsarbei­terinnen und Verbraucheraufklä­rung.

Reisen verboten

Lauridsen sagte, es sei unmöglichgeworden, die Bedürfnisse derDritte Welt Länder zu erfüllen,wie dies von der Weltgesund­heitsversammlung mit der neuenMedikarnentenpolitik vorgegebenworden sei.

ge treurnis", Ned. Tijdschr. Geneesk. 1987,Nr.131, S.1681-83 16) ReliabiUty of drughistory in analgesic users, Lancet 1984, 2,S.1163f. 17) Editorial, Analgesies, agranulo­cytosis, and aplastic aneda: a ujor case­'control study, Lancet 1986, 2, S.899f. 18) A.del Favero, In: M.N.G. Dukes (Hrsg.), SideEffects of Drugs Annual 11, Auterd81 1987,S.91 19) Zitiert in K. Müller-Christiansen,Metuizol . und die Risiskobewertu.ng, DerApotheker, 5.1.87, S.10 20) Scrip, Nr.1128,a.a.O. 21) Bundesgesundheits8lt, Bescheid andie pharuzeuti schen Unternehur VOI 11.11. 8622) R. Doll u.a., Analgesics, agranulocytosisand aplasti c aneda, tancet 1987, 1, S.10123) B.ft. Halpern u.a., Allergy to pyrazolonederivatives (adnopyrine) with evidence ofareaginic type of antibody, J. Allergy 1958,29, S.1-12 24) M. Zoppi u.a., Blutdruckabfallunter Oipyron (Novadnsul fon-Natriul),Schweizer Medizinische Wochenschrift 1983,113, S.1768-1770 25) Arznehittelkoldss1onder Deutschen Ärzteschaft , Metalizol-Gabe nurnach Nutzen-Risiko-Abvägung, Deutsches Ärzte­blatt 1987. 84(B), S.2408-2411 27) PhilippineIndex of Medical Specialities (PIMS), April1988 28) HIMS Africa, März 1989 29) MIMSMedical Speciali ties (Südafrika), April 198830) TIMS, März 1988 31) MIMS India, Februar1988 32) IlMS, Februar 1988 33) Oiccionariode Espeeialidades Farlaceuticas, 16a. edici­on, Kolulbien 1988 34) Oicionario de Especia­lidades Farncfuticas, 17a. edi~ao, .1988/8935) K. Thanong, Hoechst asserts its drug notharlful, The Nation (Thailand), 22.10.87,S.19 36) Junkyard Thailand - OUlping of drugsand double standards in dru!l inforution: theca'se of dipyrone, 8angkok, Orug Inforuti onfor Action Centre, 1988, S.40f.; Bundesver­band der Pharl8zeutischen Industrie (Hrsg.),Arzneidttelversorgung in der Dritten Welt­Ziele, Realitäten Notwendigkeiten, (Sninardes 8PI 81 18.4.1988), Farankfurt 1988, S.68

Bespielsweise wurde Lauridsenverboten, auf die Philippinen zureisen. Obwohl der dortige Ge­sundheitsminister die WHO umHilfe bei der Schaffung einer

.nationalen M~dikamentenpolitik ge­beten hatte.

, Industrie' direktor?

Die Arzneimittelpölitik des zurück­getretenen WHO-GeneraldLrektorsHalfdan Mahler ging den Pharma­multis gegen den Strich, er orien­tierte sich zu sehr an den' Ge­sundheitsbedürfnissen der Men­schen in der Dritten Welt. Dr.Mahler kandidierte aus Alters­gründen letztes Jahr nicht mehr.da konnten die Multis aufatmen,mit Hiroshi Nakajima sitzt wiedereiner der ihren auf dem oberstenSessel der Weltgesundheitsorgani­saHon.

Die Wahl Nakajimas. kommentierteJoseph D. Williams, Präsl-dent, des

, internationaüm '. ,enarfDa.~ndl,u;;r~e,....

Pharma-Brief 4-5/89 '1".

verbandes (IFPMA): "Wir habengesehen, daß wir im internationa­len Theater Veränderungen bewir­ken können Die Resultate derWHO-Versammlung von 1988 wieder­spiegelt weitgehend die Anstren­gungen der Industrie, unserenGegnern zu verbieten, daß sie dieWHO als Arena zur Durchsetzungihrer Ansichten benutzen." Wenwundert es da noch, daß auf der'IFPMA-Jahresversammlung im Okto­ber 1988, auf der diese Äußerunggemacht wurde, Nakajima als Gast

. anwesend war.

Dr. Hiroshi Nakajima ist ein aufNeuropsychatrie und Pharmakologiespezialisierter Arzt. Nach einerTätigkeit am Nationalen Institutfür für Gesundheit und Medizini­sche Forschung in Paris wurde er1967 Direktor des Roche For­schungszentrums in Tokio. Ab 1973arbeitete er für die WHO, zuletztals Direktor für die Region west­licher Pazifik.

Hinter der Wahl steht wohl eineUS-japanische Koalition. Japan,das endlich auch einen Chefsesselin einer UN-Organisation haben

wollte und die USA, die sichgegen jede Einschränkung des'freien' Pharmamatktes stark ge­macht haben. So trägt nun diejahrelange Zurückhaltung einesgroßen Teils der US-Mitgliedsbei­träge an die WHO ihre Früchte.(Die USA müssen eigentlich 25%des WHO-Budgets tragen, sindaber seit Jahren mit fast 100Millionen US$ - mehr als einemJahresbeitrag - im Rückstand; FRvom 9.5.89, s.i).

Noch nicht alles verloren

Es wird für die neuen Herren derWHO nicht leicht sein, die NeueMedikamentenpolitik zu kippen.Die im Pharmabereich fortschrittli­che Politik der Organisation istin zahlreichen Resolutionen undBeschlüssen verankert, die nichteinfach vom Tisch gefegt werdenkönnen.

Es wird jetzt die Aufgabe vonBasisgruppen und VerbraucherInn­en sein, die Forderung nach einerRationalen Medikamentenpolitik inden einzelnen Ländern zu vertre­ten, Das Programm ist vorhanden,es muß nur umgesetzt werden. Das

Gesundheitsnetzwerk Health ActionInternational, das inzwischen Mit­arbeiterInnen in 60 Ländern ver­bindet, hat es sich zur Aufgabegemacht, diesen Druck von untenherzustellen.

In einer Rede auf der Weltgesund­heitsversaminlung . 1988 kündigteDr. Balasubramaniam als Vertreterdes Internationalen Verbrau­cherinnenverbandes (IOCU) undHAI vielfältige Maßnahmen zurUnterstützung einer RationalenMedikamentenpolitik an. Auf derVersammlung des internationalenPharmaindustrfeverbandes (IFPMA)in Washington verkündete IFPMA­Direktor Williams die Antwort aufBalasubramaniam' s Erklärung:"Die IFPMA muß darauf vorbereitetsein, lokalen Mitgliedsverbändenzu helfen, mit dieser Heraus­forderung fertig zu werden •. Unserneues Budget sieht Gelder dafürvor und ich bitte Sie, es zuunterstützen. "

Ouellen: Alfred Fritschi, "ende in der "HO,In: Mosquito, Nr .1, Februar 1989; IIhere nowfor IIHO DAP?, Scrip, Nr.1396, 22.3.89, 5.29;Act on Inequities, HAI-news, Nr.41, Juni 1988

Spielend leicht verändernEntwicklungspolitisches Theater zum mitmachen

mit: Barbara Frey. Theaterpäd.Ort: Bielefeld-BrackwedeZeit: 10.11.-12.11.89

wollen, ihre Inhalte zu ver­mitteln. Das Seminar richtet sichan Personen ohne Theatervor­kenntnisse.

Auf unseren Pharma-Brief Nr.2/89erreichte uns ein Schreiben desBPI. Stein des Anstoßes war derArtikel "Billige Pillen ohne bitte­ren Nachgeschmak". den wir ausder Frankfurter Rundschau vom17.3. übernommen hatten.

Sichtweisen •••

Der BPI meint den Artikel durchdie Bemerkung zu entkräften, daßUnited Laboratories eine nationalephilippinische Firma sei. Kritikan den Multis sei von daherunangebracht. Dem BPI sei zuBedenken gegeben, daß diese."nationale" Firma, dem Clan desEx-Präsidenten Marcos gehört,'somit bekannterweise die Gewinne ,.~ins Ausland transferiert werden. '-...Von "nationaler" Firma mag man-cher da nicht mehr sprechen.

BUKOAKB-

und Anmeldung beiPharma Kampagne s.

Beide Seminare führt diePharma-Kampagne mit demBildungswerk Vlotho durch.

Informationder BUKOImpressum

..Theater, das heißt auch: neueAusdrucksformen zu benutzen, sichin andere Personen hineinzuver­setzen, seinen Körper bewußterwahrzunehmen.

Entwicklungspolitische Öffentlich­keitsarbeit wird mit viel Papierbetrieben,' Flugblätter und Bro­schüren' gibts zuhauf. Wir wolleneine andere Vermittlungsform an­bieten: Theater zum selbermachen.Das heißt 'Dritte Welt J Themenauf der Straße oder in Abendver­anstaltungen zu spielen und soMenschen zum Nachdenken anzure­gen und zum Handeln zu moti­vieren. Wir verstehen das alseinen Beitrag zu einer' neuenpolitischen Kultur.

Pharmaparadies EuropaWas bedeutet der europäische· Binnenmarkt

für die 'Dritte Welt' und für uns

An einem Thema (Gesundheit undPharmaindustrie in der DrittenWelt) werden wir die Umsetzungvon Fakten und Argumenten inTheaterszenen ausprobieren. Dasgeschieht in mehreren Schritten,und dazu gehören auch Auf­lockerungsübungen und die Ein­stimmung auf das Spielen. AmEnde steht dann ein kleinesI Stück I. das wir aufführen.

Zielgruppe: Das Seminar richtetSIch an Menschen aus Dritte WeltGruppen und Initiativen, dieandere Möglichkeiten kennenlernen

Der europäische Binnenmarkt stehtuns bevor. Welche Vor- oderNachteile das Fallen der Zoll­schranken für uns bringt, wirdviel diskutiert. Aber was bringtuns die EG. wenn wir krankwerden? Wird es zukünftig mehrArzneimittelsicherheit geben oderwird die Sicherheit auf denkleinsten gemeinsamen (EG-) Nen­ner zurückgedreht?

Aber nicht nur wir sind betroffen,über die Hälfte der in der'Dritten Welt' verkauften Arznei­mittel stammen aus der EG. Warumgibt es bis jetzt, trotz intensiverDiskussion im Europaparlament,keine Kontrolle für Medikamenten­exporte aus der EG? Die Folge: In

Ländern der 'Dritten Welt' ver­kaufen europäische Unternehmenzahlreiche fragwürdige und ge­fährliche Arzneimittel.

Mit diesem Seminar wollen wir dieStrukturen der EG verständlichmachen und Handlungsmöglichkei­ten aufzeigen. Dies geschieht mitReferaten, Rollenspielen und inArbeitsgruppen •

Zielgruppen: Das Seminar richtetSIch an entwicklungs- und ge­sundheitspolitisch Interessierte.Vorkenntnisse der EG-Strukturenwerden nicht vorausgesetzt.

mit: Joost van der M~r, HAIZeit: 29.9.-1.10.89Ort: Köln. Bonn o.ä.

8Pharma-Brief 4.-5189