Rundbrief der Peru-Aktion vom Dezember 2010

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Peru-Aktion e.V. seit 1989 Dezember 2010 In diesem Heft: Was ist aus den Schülern geworden? S. 3 Befragt - und für gut befunden S. 5 Mein Jahr in PROSOYA S. 6 Der Anfang eines Jahres S. 10 Gewitter, Ratten und Kerzenschein S. 11 Naturschutz in PROSOYA S. 12 Was lernen die Mädchen am Nachmittag? S. 13 Beobachtungen und Bedürfnisse S. 14 Rundbriefversand S. 15

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Rundbrief der Peru-Aktion vom Dezember 2010

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Peru-Aktion e.V.seit 1989

Dezember 2010

In diesem Heft:Was ist aus den Schülern geworden? S. 3

Befragt - und für gut befunden S. 5

Mein Jahr in PROSOYA S. 6

Der Anfang eines Jahres S. 10

Gewitter, Ratten und Kerzenschein S. 11

Naturschutz in PROSOYA S. 12

Was lernen die Mädchen am Nachmittag? S. 13

Beobachtungen und Bedürfnisse S. 14

Rundbriefversand S. 15

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Liebe Freunde der Peru-Aktion,

wie Sie sehen, hat unser Rundbrief ein neues Kleid bekommen. Ein Mitglied der Peru-Aktion hat sich angeboten, uns bei der Redaktions- und Gestaltungsarbeit zu entlasten und dabei eigene Ideen umzusetzen.

Gruß aus Peru! - September 2010

Erneut in PROSOYA! Hier quirlt das Leben! Wir benötigen einige Tage, um die 40 Schüler mit Namen zu kennen. Von den 16 Neuen sind viele noch richtige Kinder, 13-14 Jahre alt, ernst und schüchtern, aber auch verspielt und übermütig. Manch einem fällt es noch schwer, sich an den strengen Tageslauf zu gewöhnen. Auch müssen Freundschaften untereinander erst langsam wachsen. Die Mitarbeiter haben in der Übergangszeit jeder in seinem Bereich wie gewohnt weitergearbeitet. Doch einigen ist die Motivation abhanden gekommen. Der Gedanke an eine unsichere Zukunft hatte sich auf verhängnisvolle Weise ausgebreitet. Nun war die Erleichterung groß, denn Michell Solari wurde von uns in seiner neuen Aufgabe als Leiter des ganzen Projektes bestätigt. Er ist ein dynamischer junger Betriebswirt und macht sich voller Schwung unerschrocken an die Arbeit. Vieles muss neu geordnet werden. Die Buchführung wird gerade auf neuesten Stand gebracht, und die Produktion in den einzelnen Werkstätten soll besser erfasst und kalkuliert werden. Michell hat die Gabe, gut zuhören zu können und die Menschen ernst zu nehmen. Auch den Schülern wendet er sich liebevoll zu (siehe Titelfoto) und sucht bei jeder Gelegenheit den Kontakt zu ihnen. Sie mögen ihn alle und haben Vertrauen zu ihm. Jetzt kommt es darauf an, dass auch schmerzliche Veränderungen von allen akzeptiert werden.

In PROSOYA geht es weiter und unser Einsatz in Deutschland macht nach wie vor Sinn. Am Wahlsonntag kamen viele ehemalige Schüler und erzählten erstaunliche Geschichten von harten Jahren voller Entbehrungen und fleißigem Lernen und von Ergebnissen, auf die sie heute stolz sein können.

Krista Schlegel und Karin Rhiemeier

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Was ist aus den Schülern geworden?Oft wird uns diese Frage von unseren Spendern gestellt

Wir sitzen gerade beim Frühstück in PRO-SOYA. Da fährt ein Taxi vor, und heraus steigt unser ehemaliger Schüler Samuel. Wir werden stürmisch umarmt – die Wie-dersehensfreude ist auf beiden Seiten groß. „Dein Auto?” Samuel nickt. Seit seinem Weggang aus PROSOYA (s. Rundbrief Dez. 2007 ) haben er und seine Freun-din fleißig gearbeitet. Zunächst wurde ein Dreirad-Taxi abgestottert und der Grund-stein für ein eigenes Haus gelegt. Kaum waren die ersten Räume bewohnbar, ent-stand im Erdgeschoss ein kleiner Lebens-mittel-Laden, den Judith führt. Auch ein weiteres Grundstück in Huancabamba ist seit kurzem abbezahlt. Auf das Dreirad-

Taxi folgte ein ordentliches Second-hand-Auto. Die Bank hat Vertrauen zu Samuel, denn pünktlich hat er alle kleinen Kredite abbezahlt. Samuel sprüht nur so vor Elan und Begeisterung. Seit kurzem lebt noch ein kleiner 7-Jähriger aus der Verwandt-schaft mit im Haushalt, damit er die Mög-lichkeit hat, eine Schule zu besuchen. „Ich habe so viel Unterstützung als Jugendlicher erfahren. Nun ist es meine Aufgabe, etwas davon weiterzugeben.” „Und – wie steht es mit eigenem Nachwuchs?” Er hebt die Hand. „Damit wollen wir noch zwei Jahre warten. Erst müssen die Grundlagen da-für stimmen.” Spricht’s und lässt den Mo-tor an. „Bis bald – wir sehen uns noch!“

Samuel, 24 in PROSOYA von 2003 – 2007

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Immer, wenn wir in PROSOYA sind, dauert es nicht lange, und Yoni kommt zu Besuch. Als zehntes von 11 Kindern einer armen Yanesha-Familie aus einem Nachbarort war er froh, sich in den ver-schiedenen Werkstätten von PROSOYA ausbilden lassen zu können. Seit seinem Weggang aus dem Projekt hat er sich in vielen Berufen seinen Unterhalt verdient. Als erstes wollte er eine kleine Baumschu-le gründen, die aber keinen Erfolg brach-te. Mehrfach bekamen er und Freundin Gilda Arbeit auf der größten Rinderfarm dieser Gegend. Für einen Mindestlohn von umgerechnet jeweils 130 Euro muss-ten sie von 3:30h bis 17:00h arbeiten. Und doch konnten sie davon Erspartes bei-seite legen und zwei kleine Grundstücke kaufen. In der Zwischenzeit ist ein eige-nes Haus im Bau. Die meisten Arbeiten daran erledigt Yoni selbst, wenn es seine

Zeit erlaubt. Bisher waren all seine Ar-beitsverträge befristet. So hat er u.a. im Straßenbau gearbeitet, als Installateur, hat Schweißarbeiten ausgeführt, und im ver-gangenen halben Jahr war er weit unten im Urwald in der Bäckerei einer Tante be-schäftigt – alles Gewerke, für die er sich Kenntnisse in PROSOYA erworben hat. In Kürze soll nun das neue Haus an das örtliche Stromnetz angeschlossen werden. Fenster und Haustür will Yoni selbst in der Tischlerei von PROSOYA bauen, so-bald er das Geld für das Material zusam-men hat. Auch für ihn und Gilda sind ei-gene Kinder noch kein Thema. „Ich habe immer noch die Hoffnung, eines Tages eine Festanstellung zu bekommen. Dann wären wir auch sozial abgesichert und könnten daran denken, eine Familie zu gründen.” Karin Rhiemeier

Yoni, 25 in PROSOYA von 2000 – 2004

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Befragt - und für gut befundenNach 16-jähriger Verbundenheit mit dem Projekt waren wir jetzt zum vierten Mal wieder bei Freunden angekommen und wurden herzlich empfangen. Wir fühlten uns sofort in die Gemeinschaft aufgenom-men.Zuerst waren wir sehr verunsichert, wie war es wohl nach Hugos plötzlichem Ab-leben weitergegangen? Haben die Mitar-beiter und Schüler Willy, Isabel und Ton-ny als vorübergehende Leitung akzeptiert und respektiert? Wie hat sich Michell Solari eingelebt? Schon nach kurzer Zeit wussten wir, das Projekt wird im Sinne von Hugo weitergeführt und weiterent-wickelt werden. Wir durften auch Michell kennen lernen und einige Tage mit ihm verbringen. Wir glauben, dass mit ihm als Hugos Nachfolger eine gute Wahl getrof-

fen wurde. Er ist ein freundlicher, hilfs-bereiter, kontaktfreudiger, intelligenter junger Mann, der viele gute Ideen hat und offen für vieles ist. Mit Unterstützung der Gemeinschaft und der Peru-Aktion wird er es schaffen, das Projekt weiter voran-zubringen. Um die vielen neuen Schüler etwas ken-nen zu lernen, besuchten wir sie in ihren Wohngruppen. Wir übergaben ihnen neue Schuluniformen, Schuhe und jedem einen Kugelschreiber mit einem anonymen Fra-gebogen, den sie ehrlich ausfüllen sollten. Da unsere Spanischkenntnisse noch nicht gut genug sind, wollten wir über diese Möglichkeit mehr über die Schüler und ihre Beziehung zum Projekt erfahren. Auf die Ergebnisse der Befragung wäre Hugo sehr stolz gewesen.

Gisela und Frank Schmidt aus Bad Liebenwerda sowie Christin Tellisch und Robert Hoffmann verbrachten wieder einige Wochen in PROSOYA:

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Allen Schülern gefällt es im Projekt sehr gut, und alle werden immer satt. Aber es gab auch Hinweise, wie man das Essen weiter verbessern könnte. Sie wünschten sich noch mehr Obst, vielleicht ein Pau-senbrötchen und mehr Produkte aus eige-nem Anbau. Wir fragten auch nach ihren Wünschen für das Projekt und für sich selbst. Das weitere Bestehen von PROSOYA stand auf der Wunschliste an erster Stel-le. Wichtig war für viele eine Erweiterung und Verbesserung der Werkstätten. Sie möchten auch mehr gefragt werden und ihre eigenen Ideen einbringen. Von großer Bedeutung waren für fast alle Schüler Gemeinschaft, Freundschaft, So-lidarität sowie Respekt und Verständnis. Überraschend war für uns, dass bei der Nennung persönlicher Wünsche materi-elle Dinge überhaupt keine Rolle spielten. Sie möchten gute, glückliche Menschen werden, anderen helfen, die Schule been-

den, eventuell studieren, einen Beruf fin-den, eine Familie gründen und etwas im Leben erreichen. Wir glauben, dass alle, die dieses Projekt unterstützen, stolz auf diese Schüler und auf PROSOYA sein können. Schon vorher hatten wir erfahren, dass es wichtig wäre, etwas in der Bäckerei zu ver-ändern, da das Brot nur wenig sättigt. Ro-bert, der auch in Deutschland als Bäcker arbeitet, nahm diese Herausforderung an. Viele verschiedene Brötchen z.B. Karot-ten- und Zucchinibrötchen sowie Kekse, Kuchen und Torten wurden gemeinsam mit den Kindern und dem peruanischen Bäcker ausprobiert. Alle waren begeistert von den großen Brötchen, die auch satt machten – was mit etwas mehr Mehl und Hefe alles möglich ist! Statt des Zuckers für das Brot stand ab jetzt das Gemüse ganz oben auf der Einkaufsliste. Wir hof-fen sehr, dass sich diese Veränderung auch über unsere Zeit hinaus halten wird.

Mein Jahr in PROSOYASchon am ersten Tag wurde ich von den Schülern zu einer Wanderung in die paradiesische Umgebung des Projektes eingeladen. So kam es, dass ich mich gleich für die einmalige Landschaft begeisterte. An den folgenden Wochenenden erkundete ich weiter das Gelände von PROSOYA (700 ha). Zum nahegelegenen Nationalpark sind es kaum 2,5 Std. Fußmarsch. Schon fast ein Jahr vor meiner Peru-Reise hatte ich mir vorgenommen, im Projekt Musikinstrumente zu bauen und diese mit den Jungs auszuprobieren. Ich besorgte mir die benötigten Materialien

Korbinian Kirchner verbrachte 2009/2010 ein freiwilliges Jahr im Projekt und setzte viele kreative Ideen um.

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wie Ziegenfell, Holz und getrockneten Kürbis. So entstanden mit der Zeit Berimbas, afrikanische Basstrommeln, Shaker, philippinische Devil Chaser, Güiros, Udu und ein Hybridinstrument. Ende Dezember 2009 erreichte uns die traurige Nachricht vom Ableben unseres Projektleiters Hugo Fernández. Es kamen viele Menschen ins Projekt, um ihr Mitgefühl, ihre Bewunderung für Hugo und ihre Dankbarkeit auszusprechen. Mit den Schülern konnte ich in dieser Zeit kaum arbeiten. Doch hatte ich das Glück, an einem Treffen für Tourismus mit Verantwortlichen von 12 alten Ha-ziendas teilnehmen zu können. Das Hotelangebot wurde bei allen durch einen zusätzlichen Schwerpunkt ergänzt. Für mich war klar, dass es für PROSOYA die einmalig schöne Landschaft zu er-schließen galt. Ich gründete einen Club der Guías (Fremdenführer), um die Jungs in verschiedenen Themen zu schulen. Von einem Nachbarn hörten wir Geschichten, die sich um diesen alten Ort ranken. Ich verbesserte zwei pflegebedürftige Wege, einen, der die komplette Grenze PROSOYAs zurücklegt, und einen ande-ren, der einen Ausblick auf das Projekt und das Tal aus der Vogelperspektive erlaubt. Mein letztes großes Projekt war der Bau einer touristischen Unterkunft weiter oben am Fluss Yanachaga. Gut zwei Monate lang arbeitete ich hier zusammen mit anderen Schreinern. Es war wunderbar zu erleben, was es bedeutet, mit einfachen Mitteln ein Haus zu bauen: Verdammt viel Schweiß, Frustration und Erschöpfung, dann der lang ersehnte Schlaf, der einen

ausgeruht und zufrieden erwachen lässt, vor allem aber Ehrfurcht vor der Natur. Der erste Baum, den ich fällte, ließ mich erschauern. Ich setzte die Säge an, die Späne flogen. Zuerst schnitt ich einen Keil heraus und setzte dann etwas höher den finalen Schnitt auf der gegenüberliegenden Seite. Es knackte verdächtig. Doch dann blieb es still. Mit klopfender Pumpe warf ich die Säge erneut an. Dieses Mal war es soweit. Über 30 Jahre Wachsen, Stehen im rauschenden Regen des Urwaldes, Vögel und Orchideen in den Zweigen lösten sich vom Stumpf. Mit lautem Krachen rauschte der Stamm durch die umstehenden Kronen und schlug dumpf auf den Waldboden auf. Die Hütte ist für Abenteuer-Touristen gedacht, die dort eine Nacht verbringen und weiter wandern wollen. Sie kann aber auch den Mitarbeitern die Möglichkeit bieten, sich zurückzuziehen und sich kreativ auszuleben. Es fehlt noch viel: ein Plumpsklo, einfache Möbel, vielleicht eine Wasserstelle. Meine Erfahrungen, die ich hier in PROSOYA gesammelt habe, bewirken, dass ein Traum, den ich schon sehr lange habe, wieder auflebt. Ich würde gern ein Projekt aufbauen, das sich um die musikalische und künstlerische bzw. kreative Entwicklung junger Menschen kümmert, Potentiale erkennt und fördert. Außerdem sind mir während der Zeit in Peru einige Zusammenhänge unseres derzeitigen Weltgeschehens und Wandels sehr deutlich geworden, und ich habe mehr denn je den Wunsch, mich aktiver an der nachhaltigen Gestaltung unserer Gesellschaft zu beteiligen.

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Der Anfang eines JahresJetzt sind wir schon über drei Wochen hier, und es ist, als wären wir gestern erst ange-kommen, aber auch als hätten wir schon Monate hier verbracht. Wer wir sind? Nun, wir sind Julian und Bastian, zwei Zivis, die ihren Zivildienst in einem der schön-sten Projekte machen dürfen, in denen man diesen leisten kann - in PROSOYA. Als wir hier ankamen, hatten wir schon viel gehört, ein paar Bilder gesehen und trotzdem keine Vorstellung, was genau uns hier erwarten würde. Nach einer ra-santen Fahrt von Lima aus, an so man-chem tiefen Abgrund entlang, stiegen wir gegen 5 Uhr morgens in ‚Oxa‘ aus dem Bus und wurden dort zum Glück von ei-ner freundlichen Person erwartet. Man setzte uns in ein Sammeltaxi, ein normal großes Auto, in dem aber bis zu 15 Perso-nen pro Fahrt transportiert werden, und dann fuhren wir noch eine Stunde lang auf einer ‚Schotterstraße’ weiter. Als wir hier ankamen, gab es gerade Frühstück, das war perfektes Timing. Das Essen ist hier im Übrigen recht gut, man muss nur Reis, Suppe und Brötchen mögen. Wir haben ausgerechnet, dass wir dieses Jahr ungefähr 700 Portionen Reis, 350 Teller Suppe und 2100 Brötchen essen werden. Später wurde uns unser Zimmer gezeigt. Dort trafen wir im gleichen Gebäude auf Tanja und Fabian, zwei Deutsche, die hier momentan als Praktikanten arbeiten und sehr nett sind. Die beiden eröffneten uns, dass es in unserem gemeinsamen Bad kein

heißes Wasser gibt, der Boiler sei zwar da und angeschlossen, aber er funktioniere nicht und keiner kümmere sich darum. In-zwischen ist das Problem behoben, und es gibt wieder heißes Wasser. Sie gaben uns auch noch ein paar Ratschläge in Bezug auf Fettnäpfchen, die es zu vermeiden gilt.

Nach einigen Tagen hatten wir ein Ge-spräch mit Willy, der hier für die Arbeiter und auch für uns verantwortlich ist. Mit Händen und Füßen, unser Spanisch ist ja eher noch nicht vorhanden, erklärte er uns, dass wir erst einmal in jeder Werkstatt für zwei Wochen arbeiten sollten. Danach könnten wir uns entweder ein eigenes Pro-jekt suchen oder in der Werkstatt weiter-arbeiten, in der es uns am besten gefallen hat. Die ersten beiden Wochen haben wir in der Imkerei bzw. in der Landwirtschaft verbracht, und momentan arbeiten wir in der Metallwerkstatt und in der Tischlerei. Die Arbeit selbst macht großen Spaß, und man erlebt täglich neue Abenteuer, unter anderem sind wir von Bienen einen Berg hinunter gejagt worden. Auch haben wir den Geruch von frischem, selbst geröste-ten Kaffee zum ersten Mal genießen dür-fen.

Zu den Mädchen in Quillazú pflegen wir einen regen Kontakt. Auch fangen wir langsam an, uns in Huancabamba und Oxapampa auszukennen.

Viele Grüße von irgendwo im Nirgendwo

Bastian Brakensiek und Julian Kopp sind die beiden Freiwilligen, die über ‚amntena e.v.‘ nach PROSOYA Huancabamba gekommen sind, um hier ein Jahr lang mitzuhelfen.

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Gewitter, Ratten und Kerzenschein6.00h Unser Wecker, den wir auf 6.45h gestellt haben, ist vollkommen überflüssig, denn die Mädels drehen ihre peruanische Musik während der morgendlichen Routinearbeiten auf volle Lautstärke. Noch haben wir etwas Zeit, uns in unseren gemütlichen Betten einmal umzudrehen – bis unser Wecker klingelt und die Mädels „Chicas – Desayuuuuuuuunoooo“ brüllen. 7.00h Der Frühstückstisch ist gedeckt. Es gibt unser täglich frisch gebackenes ’pan de las civis’ Vollkornbrot, Avocados und sehr süße Sojamilch. 7.45h Dieser Montag beginnt in der Schule mit einem Appell, bei dem gebetet wird und die peruanische sowie die deutsche Flagge gehisst werden. Wir fühlen uns schon ein bisschen

seltsam, während wir zur deutschen Nationalhymne die Flagge hochziehen. Nach unseren Unterrichtsstunden in Deutsch und Englisch in den Klassen 4 bis 6 haben wir keine Stimme mehr und trotten erleichtert zurück ins Projekt. Durch unseren Unterricht in der Schule kommen wir mit der spanischen Sprache inzwischen sehr gut zurecht. 10.00h Nachdem wir für unser leib- liches Wohl (Brot backen für den nächsten Tag) gesorgt haben, be-kommen nun auch die Hühner, Truthähne und Schweine ihr Frühstück. Jetzt ziehen wir uns Gummistiefel und Gummihandschuhe an und gehen zur Müllgrube, um die Abfälle nach Plastik, Papier, Flaschen, Metall, Batterien, Glas

Felicitas Krop und Franziska Kühn - Freiwillige in Quillazú 2010/2011

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und Organischem zu sortieren. Für uns ist es ein Hauptanliegen während unserer Zeit hier, Umweltbewusstsein zu wecken. Normalerweise wird für den Müll ein großes Loch gegraben, und dieses, wenn es gefüllt ist, ausgebrannt und zugeschüttet. 11.30h Wir helfen Rosita, der besten Köchin der Welt, das Mittagessen vorzubereiten. 15.00h Nach der Mittagspause fällt der Strom durch ein starkes Gewitter aus. Zum Glück haben wir auch eine mit Holz befeuerbare Kochstelle in der Küche, so dass für das Abendessen gesorgt werden kann. Auf dem heutigen Arbeitsplan mit den Mädels steht Schuppen aufräumen, Ställe ausmisten, im Gemüsegarten Unkraut zupfen und mit Macheten Rasen mähen. Wir entscheiden uns dafür, den unglaublich unordentlichen und dreckigen Schuppen aufzuräumen.

Wir finden einige tote Ratten, alte Fliesen, Nägel, Schläuche, aussortierte Farbtöpfe

und dazwischen geordnete Werkzeuge.Später, sieht alles wieder aus wie neu. 17.00h Zum zweiten Mal an diesem Tag geben wir Deutschunterricht – diesmal den Mädels im Projekt. 18.00h Durch den Stromausfall in der ganzen Region Oxapampa wird das Abendessen heute bei Kerzenschein serviert. Kurz nachdem wir in absoluter Dunkelheit unser Geschirr abgewaschen haben, geht überall in Quillazú das Licht wieder an – es ertönt ein lauter Jubelschrei durch das ganze Dorf. Durch den Stromausfall während des Tages gab es auch kein Internet. So bestehen die ‚noticieros’ heute nur aus lokalen Nachrichten. Danach sitzen wir noch im Aufenthaltsraum mit den Mädels und mit Magdalena zusammen, puzzeln und helfen bei den Hausaufgaben. 22.00h Wir fallen wie tot ins Bett und fragen uns, was wohl alles am nächsten Tag passieren wird.

Naturschutz in PROSOYAAnders als in Europa muss in Peru das Verständnis für ökologische Zu-sammenhänge erst noch geweckt werden. In der Umgebung von PROSOYA haben im letzten Jahrhundert deutsche und österreichische Siedler die Hänge abgeholzt und die Bäume in ihren Sägemühlen zu Geld gemacht. Kahle Berghänge sind an die Stelle artenreicher Flora und Fauna getreten. Noch immer werden durch die Unwissenheit der Bevölkerung ringsum Baumbestände abgebrannt, um in dem fruchtbaren Ascheboden für kurze Zeit Nutzpflanzen anzubauen. Kurz vor

unserer Ankunft hatten ganze Hänge tagelang gebrannt und das Tal in dichten Rauch gehüllt. Peruanische Umweltschutz-Organisationen scheinen machtlos zu sein.

Das Grundstück des Mädchenprojektes in Quillazú umfasst auch ein Gelände von 10 ha, das uns zum Schutz und zur Pflege übergeben wurde, wohl wissend, dass ‚Naturschutz’ eine der drei tragenden Säulen unserer Organisation ist.

Laut einer Studie aus den USA finden wir in Peru 84 der weltweit bekannten 104

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Ökosysteme und 28 der 32 Klimazonen Wir sind also aufgefordert, alles zu tun, um diesen ‚Reichtum’ zu bewahren und ihn da, wo er bereits beschädigt wurde, wieder herzustellen. Begonnen wurde damit vor 20 Jahren, als aus der projekteigenen Baumschule umliegende Hänge mit einheimischen jungen Bäumen aufgeforstet wurden. Mittlerweile finden wir dort einen herrlichen, fast echten Urwald, der insgesamt 17 ha bedeckt.

Diese Arbeit wurde 2009 in Quillazú fortgesetzt, als 2.000 junge Bäume ge-pflanzt wurden. Dabei ging es vor allem um das Gebiet rund um die beiden Quellen, aus denen das Projekt sein Wasser bezieht. Im Laufe der Zeit hatte der kahle

Boden das Wasser nicht mehr speichern können, so dass eine ausreichende Versorgung nicht mehr möglich war. Im Mädchenprojekt wird gerade eine eigene Baumschule angelegt, um diese Arbeit fortzusetzen. Demnächst sollen weitere 3.000 Bäumchen gepflanzt werden. Da die Samen für die hochwertigen Holzarten, wie ‚ulcumano’, ‚nogal’ und ‚diablo fuerte’, relativ teuer sind, soll versucht werden, sie wie vor 20 Jahren direkt von den wenigen vorhandenen Bäumen einzusammeln. Allerdings wachsen diese Bäume sehr langsam, weshalb üblicherweise in Peru Aufforstungen wie ‚grüne Wüsten’ mit schnellwachsenden Monokulturen zur baldigen Verwertung angelegt werden. Karin Rhiemeier

Was lernen die Mädchen am Nachmittag?Der Bio-Garten Im Gegensatz zur ‚schwarzen Erde’ (Chemillén) von Huancabamba bietet Quillazú nur kargen, tonähnlichen Boden. Alle mühsamen Versuche des letzten Jahres, einen Gemüsegarten anzulegen, brachten nur spärliche Ergebnisse. Deshalb ist jetzt eine Regenwurmkompostanlage im Bau, die hoffentlich bald fruchtbaren Humus liefert. Unabhängigkeit vom Markt in der Stadt und gesunde Produkte für die Küche sind das Ziel.

Imkerei In diesem Jahr wurden die ersten 10 Bienenvölker angeschafft. Die Gemeinde von Oxapampa und unsere in diesem Fach spezialisierten Schüler aus Huancabamba übernahmen es, die Mädels im Umgang mit den Bienen zu schulen. Noch während

unseres Aufenthalts wurden die ersten 80 kg Honig geerntet.

Geflügelhaltung Für diesen Bereich sind nur geringe Geldmittel erforderlich. Die Mädchen werden geschult in Ernährung und Pflege der Tiere. Auch Stallbau und die Vorzüge der Freilandhaltung werden vermittelt. Derzeit werden 50 Truthähne für die Weihnachtszeit angefüttert, während 250 Hühner ab Dezember Eier legen sollen.

Pralinenfertigung Die süße Versuchung für Groß und Klein! Diese Leckereien finden reißenden Absatz auch in Huancabamba bei Touristen und Gästen, die die Projekte besuchen.

Karin Rhiemeier

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5 Wochen lang haben wir das Leben in PROSOYA mitgelebt. Nach der Morgen-andacht und dem Frühstück verbrachten wir den Vormittag gewöhnlich in Versammlungen mit verschiedenen Verantwortlichen oder im Gespräch mit Einzelnen. Für jeden Mitarbeiter nahmen wir uns Zeit, aber auch für die Schüler und für zahlreiche Ehemalige und Freunde, die uns besuchten. Alle hatten viel auf dem Herzen und erzählten uns ihre Sorgen, Wünsche und Pläne. Fast immer ging es dabei um materielle Dinge, aber auch um ihre Partner, um ungewollte Schwangerschaften, um verlassene Kinder, kranke Eltern oder um den Verlust von Angehörigen. Wir hörten unglaubliche Familiengeschichten von Brutalität und Gewalt gegenüber Frauen und Kindern, von Verlassenheit und Angst bis hin zu Mord und Totschlag. Unsere Schülerinnen und Schüler, aber auch einige Mitarbeiter haben viel durchgemacht, bevor sie nach PROSOYA kamen. Sie sind dankbar, wenn man ihnen einfach nur zuhört. Auch manch hässliches Gerücht wurde uns zugetragen. Es gibt immer Unzufriedene und Missgünstige, die versuchen, sich selbst ins rechte Licht zu stellen, andere herabzusetzen und die Wahrheit zu verdrehen. Dagegen standen dann die Erfolgsgeschichten einiger Ehemaliger, über die man sich nur freuen kann.

An den Nachmittagen, wenn die Schüler aus der Schule zurück waren, besuchten wir die Werkstätten, gingen durch den

Garten zur Forellenanlage bis hinauf zu den Rindern oder in die Bäckerei, in die Wohngruppen, in die Küche, die Käserei oder die Medizinstation. Überall wurde fleißig gearbeitet, aber fast überall wurden wir auch auf Mängel hingewiesen, oder wir machten selbst Verbesserungsvorschläge. Die Liste ist lang, hier nur ein kleiner Auszug:

Die alte Wasserleitung von der Quelle zum Haupthaus muss dringend erneuert werden, damit auch alle Häuser des Projektes genügend Wasser bekommen

Das Wohnhaus für den Tischler hat keinen Anschluss für Wasser und Abwasser

Die Bäckerei braucht eine größere Rührmaschine, denn an den Geburtstagen muss der Kuchen für 80 Leute mit Hilfe eines kleinen Handrührgerätes zubereitet werden

Für die Milchkühe wünschen sich die Män-ner eine kleine Melkmaschine

In einer der Familiengruppen schlafen 8 Schüler in einem Raum, ein Raumteiler aus Holz könnte bessere Verhältnisse schaffen

Michell Solari bewohnt ein winziges feuchtes Zimmer. Ein kaum genutzter Geräteraum könnte zu einem kleinen Appartment für ihn umgebaut werden

Das Büro ist ein dunkler enger Raum. Er sollte restauriert und besser beleuchtet werden

Beobachtungen und Bedürfnisse

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Im Mädchenprojekt müsste der große Raum im Haupthaus durch eine Faltwand geteilt werden

Im Mädchenprojekt gibt es noch kein Büro für die Leiterin

Der Dachboden im Haupthaus der Mädchen könnte zu einem Ver-sammlungsraum ausgebaut werden.

Das Mädchenprojekt benötigt dringend einen Drucker mit Kopierfunktion

Auch umfangreiche Restaurierungen wie der Dachstuhl des alten Haupthauses und die Kanalerhöhung stehen an, die wir aber erst einmal zurückgestellt haben.

Eine weitere wichtige Frage bewegt uns: Können wir im kommenden Jahr die Anzahl der Mädchen auf 16 Schülerinnen erweitern, wie ursprünglich geplant war? Wird unser Spendenaufkommen dafür ausreichen? Schon jetzt stehen eine ganze Reihe junger Mädchen auf der Warteliste. Krista Schlegel

RundbriefversandWenn Sie in Zukunft unseren Rundbrief lieber per E-Mail erhalten oder die Fotos in Farbe anschauen möchten, können Sie

auf unserer Website ein Formular ausfül-len. Auch frühere Rundbriefe sind dort in unserem Archiv verfügbar.

www.peru-aktion.de

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1. Vorsitzende: Krista Schlegel • Hohensonne 11 • 32699 Extertal Tel.: 0 52 62 - 27 17 • E-Mail: [email protected]

www.peru-aktion.de Spendenkonto: Nr.: 67 42 39 9 • BLZ: 480 501 61 • Sparkasse Bielefeld

IBAN: DE09 4805 0161 0006 7423 99 • SWIFT-BIC: SPBIDE 3B XXXWenn Ihre Spende speziell für Mädchen gedacht ist, machen Sie bitte einen Vermerk

Fragen zu Spendenquittungen? Reinhard Heuwinkel • Tel.: 01522 - 163 07 07 • [email protected]

Leserkommentare demnächst hier auf der letzten [email protected]

Das vergangene Jahr war eines der schwie-rigsten und aufregendsten in der Ge-schichte des Projektes. Der Tod von Hugo Fernández war ein so schmerzlicher Ein-schnitt, dass es völlig unklar erschien, ob und wie es ohne ihn weitergehen könn-te. Es war ein großes Glück und ein Ge-schenk, so schnell einen fähigen Nach-folger für ihn zu finden. Inzwischen hat Michell Solari die volle Verantwortung für beide Projekte übernommen. Er ist zwei-mal wöchentlich in Quillazú. Auch dort hat sich der unvorhergesehene Wechsel in der Leitung positiv ausgewirkt. Magdalena Kroll macht in ihrer zurückhaltenden Art die Sache sehr gut. Sie hat ein Herz für die

Schülerinnen und klare Vorstellungen, die sie zielstrebig und konsequent umsetzt.

Noch deckt das Spendenaufkommen nicht ganz den erhöhten Bedarf. Aber wir vertrauen darauf, mit Ihrer Hilfe dieses Jahr positiv abschließen zu können. Ihnen allen gilt unser herzlicher Dank für die geleistete Unterstützung. Bitte helfen Sie uns auch in Zukunft, noch vielen jungen Menschen in Peru ein besseres Leben zu ermöglichen.

Wir wünschen Ihnen eine gesegnete Ad-vents und Weihnachtszeit und ein fried-liches erfolgreiches Jahr 2011.

Krista Schlegel, 1. Vorsitzende Karin Rhiemeier, 2. Vorsitzende