RWTH-Themen Exzellenzinitiative - Impulse für die Zukunft

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BERICHTE AUS DER RHEINISCH- WESTFÄLISCHEN TECHNISCHEN HOCHSCHULE AACHEN AUSGABE 1/2007 ISSN-NR. 0179-079X

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Berichte aus der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen

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BERICHTEAUS DERRHEINISCH-WESTFÄLISCHENTECHNISCHENHOCHSCHULEAACHEN

AUSGABE 1/2007

ISSN-NR.0179-079X

Cover 01.06.2007 12:56 Uhr Seite 2

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Inhalt 1.2007 #22 01.06.2007 12:49 Uhr Seite 2

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THEMEN 1/2007

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ImpressumHerausgegeben

im Auftrag des Rektors:

Dezernat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

der RWTH Aachen Templergraben 55

52056 AachenTelefon 0241/80-94327Telefax 0241/80-92324

[email protected]

Redaktion:Sabine Busse

Angelika Hamacher

Verantwortlich:Toni Wimmer

Titel:Architekturen

höchstintegrierter Systeme sind ein Forschungsthema

des Exzellenzclusters UMIC: 80 Millionen Transistor-Design des Lehrstuhls für Allgemeine

Elektrotechnik und Daten-verarbeitungssysteme (EECS),

im Bild ein Wafer.Foto: Peter Winandy

Rücktitel:Wissenschaftler

des Lehrstuhls für Prozesstechnik und

des Instituts für Geometrie und Praktische Mathematik

entwickeln Methoden zur Echtzeitoptimierung.

Damit lassen sich Abläufe bei der Kaffeezubereitung ebenso

wie in der Großchemie optimieren.

Foto: Peter Winandy

Fotos: Peter Winandy

Anzeigen:print´n´press, Aachen

[email protected]

Art direction:Klaus Endrikat

DTP:ZAHRENDesign,

Aachen

Druck: Druckerei Brimberg,

Aachen

Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem

Papier

Das Wissenschaftsmagazin „RWTH-Themen” erscheint einmalpro Semester. Nachdruck einzelner

Artikel, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Redaktion. Für den Inhalt

der Beiträge sind die Autoren verantwortlich.

Sommersemester 2007

Vorwort des Rektors 4

Exzellenzinitiative 6

Exzellenzcluster „Integrative Produktionstechnik für Hochlohnländer”:

Neue Chancen für industrielle Standorte 8

Fortschrittliche Produkte durch innovative Fertigungsverfahren 12

Virtuelle Produktionssysteme erhöhen die Wettbewerbsfähigkeit 14

Exzellenzcluster „Ultra High-Speed Mobile Information and Communcation” (UMIC):

Die Zukunft der mobilen Datenübertragung 18

Mobilkommunikation im Jahr 2015 22

Kommunikationstechnik für das mobile Internet von morgen 26

Graduiertenschule „Aachen Institute for Advanced Study in Computational Engineering Science” (AICES):

„The next Generation” der Nachwuchswissenschaftler 34

Bei der Echtzeitoptimierung sitzt die Zeit im Nacken 38

Kranken Herzen helfen 44

DFG-Forschergruppe spürt Herzinfarktverursacher auf 50

Ost-West-Achse bei der Textilforschung 51

Startschuss für eine neue Form der universitären Eliteausbildung 52

RWTH Aachen Campus 53

Namen und Nachrichten 54

Ausblick 58

AUS DEM INHALT

„Exzellenzinitiative – Impulse für die Forschung”

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Vorw

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In der vorliegenden Ausgabe des Wissenschaftsma-gazins „RWTH-Themen“ geht es vor allem um die Zukunft. Die beiden durch die Exzellenzinitiative geförderten Cluster sowie die Graduiertenschule beschäftigen sich mit spannenden Themen, die eingroßes Zukunftspotenzial aufweisen.

Der Cluster „Integrative Produktionstechnik fürHochlohnländer“ wird zeigen, wie sich der Industrie-Standort Deutschland für den globalen Wettbewerbrüsten kann. In einer Zeit der Abwanderung von Ferti-gungseinheiten, die viele Menschen in unserem Landbetrifft, zeigen die Forschungsansätze der Produkti-onstechnik richtungsweisende Alternativen auf. Dabeisorgen der interdisziplinäre Ansatz und der enge Kon-takt zur Wirtschaft für eine Bündelung der Kompeten-zen und eine Vielfalt der Sichtweisen.

Einem Thema, das in den letzten Jahren Entwick-lungen mit rasantem Tempo aufwies, widmet sich derCluster „Ultra High-Speed Mobile Information andCommunication“ (UMIC). Hier arbeiten die Wissen-schaftlerinnen und Wissenschaftler an neuen techni-schen Voraussetzungen für Anwendungen beim mobi-len Einsatz von Telefon und Internet, welche die Ent-wicklung von völlig neuen Geräten und interessantenDienstleistungen ermöglichen werden.

Die Ausbildung hochqualifizierter Doktoranden und die Forschung in einem zunehmend an Bedeutung gewinnenden Bereich hat sich die Graduiertenschule„Aachen Institute for Advanced Study in Computatio-nal Engineering Science“ (AICES) zur Aufgabe gemacht.Die Simulation und rechnergestützte Begleitung kom-plexer Produktionsabläufe ist heute in vielen Spartenunerlässlich. AICES wird junge Nachwuchswissen-schaftler auf dem Weg zur Promotion in besondererWeise fördern.

Die Beispiele zeigen, dass die Exzellenzinitiativeden Hochschulen wertvolle Chancen eröffnet hat,wichtige Zukunftsthemen mit besonderer Intensitätanzugehen. In der RWTH setzte das Verfahren einendynamischen Prozess in Gang, der kritische und kons-truktive Diskussionen initiierte und die interdisziplinä-re Teamarbeit in einer neuen Qualität förderte. Bereitsdiese Auseinandersetzung mit den Kernkompetenzender Hochschule und die selbstkritische Analyse derStärken und Schwächen haben eine Aufbruchstimmungerzeugt, die wertvolle langfristige Effekte verspricht.

Auch bei der zweiten Runde der Exzellenzinitiativeist die RTWH Aachen aufgefordert worden Anträgeeinzureichen: In der ersten Förderlinie bewirbt sich dieGraduiertenschule „Bonn Aachen International GraduateSchool on Applied Informatics“ (BITGRAD). Bei denExzellenzclustern geht das Thema „MaßgeschneiderteKraftstoffe aus Biomasse“ an den Start. In der drittenFörderlinie steht das Zukunftskonzept zum projekt-bezogenen Ausbau universitärer Spitzenforschung„RWTH 2020: Meeting Global Challenges” auf demPrüfstand.

Einen spannenden Blick in die Zukunft wünscht Ihnen

Univ.-Prof. Dr. Burkhard Rauhut

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BBund und Länder haben am 23. Juni 2005 die Ver-einbarung zur Exzellenzinitiative beschlossen. Zielist, den Wissenschaftsstandort Deutschland nach-haltig zu stärken, seine internationale Wettbewerbs-fähigkeit zu verbessern und Spitzen im Universitäts-und Wissenschaftsbereich sichtbarer zu machen. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft, kurz DFG,werden hierzu von 2006 bis 2011 insgesamt 1,9Milliarden Euro zusätzliche Mittel für drei Förderlini-en zur Verfügung gestellt:

Graduiertenschulen zur Förderung des wissen-schaftlichen NachwuchsesExzellenzcluster zur Förderung der Spitzen-forschungZukunftskonzepte zum projektbezogenen Aus-bau der universitären Spitzenforschung

Gefördert werden sollen in beiden Antragsrundenetwa 40 Graduiertenschulen mit jeweils durch-schnittlich einer Million Euro pro Jahr und etwa 30 Exzellenzcluster mit jeweils durchschnittlich 6,5Millionen Euro pro Jahr. Zudem wird ein pauscha-ler Zuschlag in Höhe von 20 Prozent der Förder-summe zur Deckung der mit der Förderung ver-bundenen indirekten Ausgaben bereitgestellt. DieFörderung in der dritten Förderlinie, der Zukunfts-konzepte, setzt die Einrichtung von mindestens ei-nem Exzellenzcluster und mindestens einer Gradu-iertenschule voraus. Die genauen Förderbedingun-gen wurden unter Berücksichtung der von Bundund Ländern beschlossenen Kriterien festgelegt. Vorgesehen sind zwei Ausschreibungsrunden, wo-bei die Bewilligungen für die erste Runde im Jahr2006 und die Bewilligungen für die zweite Rundeim Jahr 2007 erfolgen werden. Antragsberechtigtsind Universitäten. Die Beteiligung außeruniver-sitärer Einrichtungen ist erwünscht. Der Förder-zeitraum beträgt jeweils fünf Jahre. Die Antrag-stellung erfolgt in zwei Stufen: Antragsskizzen undVollanträge. Die Antragsskizzen werden im Rahmeninternational besetzter Gutachterforen beurteilt.

Die GraduiertenschulenGraduiertenschulen sind ein wesentlicher Beitragzur Profilierung und Herausbildung wissenschaft-lich führender, international wettbewerbsfähigerund exzellenter Standorte in Deutschland. Sie sindein Qualitätsinstrument zur Förderung des wissen-

Die ExzellenzinitiativeTH

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schaftlichen Nachwuchses und folgen dem Prinzipder Qualifizierung herausragender Doktorandin-nen und Doktoranden innerhalb eines exzellentenForschungsumfelds. Graduiertenschulen bieten so-mit innerhalb eines breiten Wissenschaftsgebietesoptimale Promotionsbedingungen und fördern alsinternational sichtbare und integrative Einrichtun-gen die Identifizierung der beteiligten Doktoran-den mit dem jeweiligen Standort. Dabei gehen dieGraduiertenschulen weit über das Instrument derGraduiertenkollegs hinaus und unterscheiden sichsubstanziell von diesen.

Die ExzellenzclusterMit den Exzellenzclustern sollen an deutschen Uni-versitätsstandorten international sichtbare undkonkurrenzfähige Forschungs- und Ausbildungs-einrichtungen etabliert und dabei wissenschaftlichgebotene Vernetzung und Kooperation ermöglichtwerden. Die Exzellenzcluster sollen wichtiger Be-standteil der strategischen und thematischen Pla-nung einer Hochschule sein, ihr Profil deutlichschärfen und Prioritätensetzung verlangen. Siesollen darüber hinaus für den wissenschaftlichenNachwuchs exzellente Ausbildungs- und Karriere-bedingungen schaffen. Zusammen mit den Gradu-iertenschulen und den Zukunftskonzepten zum pro-jektbezogenen Ausbau der universitären Spitzen-forschung tragen Exzellenzcluster dazu bei, denWissenschaftsstandort Deutschland nachhaltig zustärken und seine internationale Wettbewerbsfähig-keit zu verbessern.

Zukunftskonzepte zum projektbezogenen Ausbau der universitären SpitzenforschungZukunftskonzepte haben zum Ziel, die universitäreSpitzenforschung in Deutschland auszubauen undinternational konkurrenzfähiger zu machen. Gegen-stand der Förderung sind alle Maßnahmen, wel-che die Universitäten in die Lage versetzen, ihreinternational herausragenden Bereiche nachhaltigzu entwickeln und zu ergänzen und sich als Insti-tution im internationalen Wettbewerb in der Spit-zengruppe zu etablieren. Auf diese Weise soll derUniversitäts- und Wissenschaftsstandort Deutsch-land dauerhaft gestärkt und vorhandene Exzellenzbesser sichtbar gemacht werden.

Quelle: Deutsche Forschungsgemeinschaft

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Christian Brecher, Frank Possel-Dölken

Der Exzellenzcluster „Inte-grative Produktionstechnik fürHochlohnländer” verfolgt daslangfristige Ziel, die Wettbe-werbsfähigkeit deutscher Pro-duktionstechnik zu steigern.Die übergeordnete Lösungshy-pothese liegt in der nächsthöheren Stufe der Integrativitätder Produktionstechnik. Die In-dustrie der Hochlohnländer hatihre Vorteile in reifen Märktenin der Individualisierung vonProdukten gefunden, die trotzeffizienter Einzelprozesse zumVerlust an Skaleneffekten in dergesamten Wertkette führen.Durch Modularität und Konfi-gurationslogiken für Produkteund Produktionssysteme sowiegeeignete Produktionstechnolo-gien kann diese erste Dichoto-mie, also der Gegensatz zwi-schen Scale und Scope aufge-löst werden. Das heißt, dieKluft zwischen der Kostenopti-mierung durch die Herstellunggroßer Mengen bei einemgleichzeitigen Angebot großerProduktvielfalt soll überwundenwerden.

Für einige Produkte undProzesse ist der Lösungsansatzder Dichotomie wert- versusplanungsorientiert das hybrideProduktionssystem, das ver-schiedene Fertigungsverfahrenund -prozesse sowie Werkstof-fe kombiniert. Weitere Hypo-thesen zur Auflösung dieserDichotomie sind selbstoptimie-rende Produktionssysteme, diegerade mit dem qualifiziertentechnischen Personal der Hoch-lohnländer entwickelt und in-ternational wettbewerbsfähigbetrieben werden können. Die durchgängige Auslegungeines Produktionssystems erfor-dert bei hoher Variantenvielfalthohe Planungsaufwendungen.Die Hypothese ist hier diedurchgängige Virtualisierungder Produktionsprozesse sowiedie Integration von virtueller undrealer Welt, die beide Dichoto-mien durch Verringern der Pla-nungsaufwendungen bei gleich-zeitigem Erhöhen der Anzahl anLösungsalternativen als auchdurch Verringern der Vorberei-tungsanteile bei gleichzeitigemfirst-time-right (gleich das ersteproduzierte Teil erfüllt die Anfor-derungen) löst.

Grundlage für alle vier Lö-sungshypothesen ist die Entwick-lung einer produktionstechni-schen Theorie, die ganzheitlicheBeschreibungs-, Erklärungs- undGestaltungsmodelle für Produkti-onssysteme umfasst und eine ef-fiziente Nutzung der Produkti-onsfaktoren sicherstellt.

Individualisierte ProduktionDie individualisierte Produktionerfordert einen hohen Grad anProduktvariabilität und -dynamikzu Kosten einer Massenprodukti-on. Hierzu sind umfassende Kon-zepte zur Gestaltung aller Ele-mente eines Produktionssystems,wie beispielsweise dem Produkt-programm, den Produktionspro-zessen und der Ressourcenstruk-tur notwendig. Dabei wird dieRealisierung des One-Piece-Flows angestrebt, bei dem kun-denindividuelle Produkte einzelndurch die Entwicklung und Ferti-gung fließen.

Das Forschungsfeld A „Indi-vidualisierte Produktion” suchtdaher nach Antworten, wie zumeinen die optimale Kombinationund Konfiguration der Elementeeines Produktionssystems identi-fiziert werden kann. Zum ande-ren stellt sich die Frage nach dengeeigneten Produktionsprozessenund -technologien, mit denensich ein One-Piece-Flow zu Kos-ten einer Massenproduktionumsetzen lässt.

Virtuelle ProduktionssystemeEine Flexibilisierung der Pro-duktion geht einher mit einerSteigerung der vorbereitenden,planenden Tätigkeiten. Die Auf-lösung des oben skizzierten Po-lylemmas erfordert jedoch eineReduzierung der Planung. Da-her wird innerhalb des For-schungsfelds B „Virtuelle Pro-duktionssysteme” angestrebt,die Qualität der Planung beigleichzeitiger Reduzierung derPlanungsaufwendungen zu er-reichen. Hierzu bedarf es zumeinen der Verkürzung virtuellerProzessketten zum Beispieldurch Integration einzelner Pro-zessschritte und der dazuge-

hörigen Werkzeuge. Zum ande-ren ist eine tiefgreifende Inte-gration von virtueller und realerWelt notwendig, um die Um-setzung der Planungsergebnisseim existierenden Produktionssys-tem sicherzustellen.

Hybride ProduktionssystemeAuf der Ebene der realen Pro-duktionssysteme müssen Wegegefunden werden, wie Prozess-ketten verkürzt und im Sinnedes One-Piece-Flows gestaltetwerden können. Dieser Heraus-forderung kann mit hybridenProduktionsprozessen begegnetwerden. Das Forschungsfeld C„Hybride Produktionssysteme”adressiert daher die Fragestel-lung, inwieweit formalisierte,auf wissenschaftlichen Metho-den basierende Ansätze zur sys-tematischen Hybridisierung vonProzessketten möglich sind.Darüber hinaus werden Schlüs-seltechnologien, die verschiede-ne Verfahren kombinieren,identifiziert und technologischvorangetrieben.

Selbstoptimierende ProduktionssystemeZur Auflösung des Polylemmasder Produktionstechnik ist wei-terhin die Fähigkeit der Selbstop-timierung notwendig. Selbstopti-mierung ermöglicht eine Verbes-serung realer Produktionspro-zesse, ohne gleichzeitig vorge-lagerte Planungsaufwende zu erhöhen. Daher zielt das For-schungsfeld D „Selbstoptimie-rende Produktionssysteme” aufMethoden und Technologien zurSteigerung der kognitiven Fähig-keiten von Produktionssyste-men ab.

Technologie RoadmapsUm die Potenziale der integrati-ven Produktionstechnik und deroben skizzierten Handlungsfeldererschließen zu können, bedarf eseiner zielgerichteten Vorgehens-weise. Hierzu werden im For-schungsfeld E des Exzellenzclus-ters „Technologie Roadmaps”entwickelt. Das sind Strategien,die eine schrittweise Vorgehens-weise zur Entwicklung der not-wendigen Methoden und Tech-nologien zur Auflösung des Poly-lemmas der Produktionstechnikdefinieren.

Neue Chancen für industrielle Standorte

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DDie Herstellung industriell ge-fertigter Produkte in Hochlohn-ländern wie Deutschland unter-liegt einem hohen Kostendruck.In der öffentlichen Wahrneh-mung sind viele industrielle Ar-beitsplätze bei uns von Abbauoder Verlagerung bedroht. Den-noch gibt es auch heute zahl-reiche Gegenbeispiele: Unter-nehmen, die durch synchronisie-rende Integrativität Verschwen-dung minimieren und mit Adap-tivität auf wechselnde Anforde-rungen reagieren, dominierendurch ihre Produktion den Wett-bewerb und kompensieren Nach-teile, die durch Faktorkostenund den damit anfallenden Löh-nen, Energiekosten und Abga-ben in Zusammenhang stehen. Die RWTH Aachen wird sichmit diesen Fragen in den kom-menden Jahren intensiv befas-sen. Mit dem im Oktober 2006bewilligten Exzellenzcluster „In-tegrative Produktionstechnikfür Hochlohnländer” wird dieHochschule das Kompetenzzen-trum „Aachen House of Inte-grative Production Technology”einrichten, in dem sich dieführenden Aachener Produkti-onstechniker und Material-wissenschaftler zusammen-schließen, um gemeinsam mitnamhaften Unternehmen ausder produzierenden IndustrieAntworten auf die Frage nacheiner nachhaltig wirtschaftli-chen Produktion unter denRandbedingungen eines Hoch-lohnlandes zu erarbeiten. ImRahmen des Exzellenzclusterssollen daher Beiträge zu einergrundlegend weiterentwickel-ten Theorie der Produktions-wissenschaft erarbeitet werden,die organisatorische und tech-nische Aspekte ganzheitlichverbindet und der produzieren-den Industrie die notwendigenMethoden und Werkzeuge zurUmsetzung einer wettbewerbs-fähigen Produktion in globalenMärkten bereitstellt.

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Exzellenzcluster „Integrative Produktionstechnik für Hochlohnländer”

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Bild 1: Die Wissenschaftler des WerkzeugmaschinenlaborsWZL unterstützen Firmen bei der Neu- oder Änderungs-planung von Fabriken sowie der organisatorischen und technischen Gestaltung komplexer Prozessketten in der Produktion.Foto: Peter Winandy

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Cross-Sectional ProcessesIntegrativität in der Produktions-technik und den Materialwissen-schaften erfordert die nächsteStufe der interdisziplinären Zu-sammenarbeit. Daher umfasstdas Forschungsfeld F Maßnah-men, um die Zusammenarbeit in-terdisziplinärer Wissenschafts-teams zu fördern. Darüber hin-aus strebt der Exzellenzclusterdie Steigerung des Frauenan-teils in den Ingenieurwissen-schaften an und bewirbt daherinsbesondere Schülerinnen undSchüler sowie junge Studieren-de, um sie für die Technik vonmorgen zu begeistern.

Nutzen für die Industrie in HochlohnländernDas Aachen House of IntegrativeProduction Technology verstehtsich als Dienstleister der produ-zierenden Industrie und lädt in-teressierte Unternehmen zu einerKooperation ein. Im Exzellenz-cluster beteiligen sich namhafteUnternehmen auf folgendenEbenen:

Advisory Board: Das AdvisoryBoard ist ein Gremium aus hoch-rangigen Industrievertretern, dasder Leitung des Exzellenzclustersberatend zur Seite steht.

Business und Technology Ca-ses: Zur Durchführung der For-schungsarbeiten werden vielfachpraktische Anwendungsfällebenötigt. Hier arbeiten wir mitführenden Unternehmen in Eu-ropa zusammen, die einzelneForschungsprojekte gezielt in-haltlich und/oder materiell un-terstützen.

Transferprojekte: DurchTransferprojekte schafft der Ex-zellenzcluster die Möglichkeit,bi- und multilaterale Projekte mitUnternehmensbeteiligung aufzu-setzen, bei denen die Arbeitender Hochschulpartner mit Mit-teln aus dem Exzellenzcluster ge-fördert werden.

Service Center ProduktionstechnikDie zunehmende Integrativitätproduktions- und materialwis-senschaftlicher Fragestellungenin der Industrie erfordert umfas-sende Kompetenzen in der Be-ratung und Unterstützung beider Lösung organisatorischerund technischer Fragestellun-gen. Das Aachen House of Inte-grative Production Technologybündelt eine in Deutschland ein-zigartige Breite an produktions-und materialwissenschaftlichenKompetenzen.

Die im Rahmen des Exzel-lenzclusters geschaffenen Struk-turen und gebündelten Kompe-tenzen stehen bereits jetzt alszentrale Anlaufstelle zur Verfü-gung. Fragen und Probleme vonUnternehmen werden dabei mitHilfe von interdisziplinären Teamsgelöst. In folgenden Arbeitsfel-dern sind wir tätig:

Entwicklung und Verarbeitungvon Metallen, Kunststoffen, Textilien und Verbundmaterialien

Entwicklung und Betrieb von Produktionssystemen

Organisation und Manage-ment von produzierenden Betrieben

Innovative Produktent-wicklung

Informationstechnische Unterstützung der Produktent-wicklung und der Produktion.

www.production-research.de

Autoren: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Christian Brecher ist Sprecher des Exzel-lenzclusters „Integrative Produk-tionstechnik für Hochlohnländer”und Inhaber des Lehrstuhls fürWerkzeugmaschinen. Dr.-Ing. Frank Possel-Dölken ist Geschäftsführer des Exzellenz-clusters „Integrative Produktions-technik für Hochlohnländer”.

Bild 2: Wirtschaftliche Produk-tion unter Hochlohnrandbe-dingungen wird durch vielfäl-tige Faktoren beeinflusst. Nureine systematische Vorgehens-weise bei der Planung einerproduktionstechnischen Prozess-kette ermöglicht rationale Ent-scheidungen in der Gestaltungvon globalen Wertschöpfungs-netzwerken.

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„Ich hatte viele Freiräume.Und ich habe sie genutzt.“

Heidelberger Druckmaschinen AG

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denn wir suchen Menschen mit Initiative.

Die Heidelberg-Gruppe

Andreas Stuffer Diplomand, Vorentwicklung (TPD)

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MJochen Ames,

Gerhard Hirt

te. Hier wird unter anderem ver-sucht, die Aufbaurate so ge-nannter generativer Verfahrenso weit zu steigern, dass mitdem erreichbaren Bauteilvolu-men auch die Palette wirtschaft-lich herstellbarer Produkte deut-lich zunimmt.

In diesem Zusammenhangwird deutlich, dass sich durchdie Optimierung von Einzelpro-zessen nur in bestimmten Son-derfällen signifikante Verbesse-rungen erreichen lassen. Oft sinddie eingesetzten Fertigungstech-nologien so weit entwickelt, dasseine weitere Optimierung nurmit unverhältnismäßigem Auf-wand zu bewirken ist.

Aus diesem Grund beschäf-tigt sich ein weiterer Schwer-punkt des produktionstechni-schen Exzellenzclusters mit derKombination von Fertigungspro-zessen zu „hybriden”, also zweiEffekte nutzenden Produktions-systemen. Bereits existierendeProzesse dieser Art, wie zumBeispiel das Bandgießen zurHerstellung dünner Bleche direktaus der flüssigen Schmelze, zei-gen, dass Fertigungsprozessedurch das Zusammenwirkenverschiedener Wirkprinzipien ef-fizienter und damit wirtschaftli-cher werden können. Manchmalmacht eine geschickte Kombina-tion die Bearbeitung bestimmterWerkstoffe oder die Herstellungkomplexer Produkte überhaupterst möglich.

Ein eindrucksvolles Beispielfür das Potenzial solcher Prozess-kombinationen sind ultraschall-oder laserunterstützte Verfahrender Zerspanungstechnik, wie sieinnerhalb eines Projektes imTeilcluster „Hybride Produktions-systeme” untersucht und weiter-entwickelt werden. Bei richtigerProzessführung setzt die einge-brachte Wärmeenergie die Fes-tigkeit der bearbeiteten Werk-stoffe herab und ermöglicht sodie Zerspanung von Hochlei-stungswerkstoffen, wie sie bei-

spielsweise für die Herstellungvon thermisch hochbelastetenTurbinenschaufeln verwendetwerden. Ohne die Unterstützungdes Lasers führt der extremeWerkzeugverschleiß zu mangel-hafter Bauteilqualität, häufigemMaschinenstillstand und hohenKosten.

Ähnlich positiv wirkt sichbeim Schleifen die Überlagerunghochfrequenter Schwingungenaus. Diese können dazu führen,dass sich das eingesetzte Schleif-werkzeug durch das kontinuier-liche Ausbrechen stumpfer Kör-ner selbst schärft. Die damit re-duzierte thermische Belastungder Schleifscheibe erlaubt schließ-lich die wirtschaftlich immer be-deutsamere Zerspanung höher-fester Werkstoffe. In Ergänzungzur Verfahrensentwicklung istinnerhalb des Teilclusters auchdie Entwicklung und der Aufbaueiner neuartigen hybriden Hoch-leistungsmaschine für die Me-tallbearbeitung insbesondere inder Luftfahrtindustrie vorgese-hen, die die Fertigungszeitenvon Bauteilen beispielsweise aushochfesten Titanlegierungendeutlich reduzieren soll.

Eine weitere Demonstrator-anlage ist im Bereich der inkre-mentellen, das heißt einer schritt-weise verlaufenden Blechumfor-mung geplant. Hier soll ausge-hend von einem CNC-Bearbei-tungszentrum mit relativ großemArbeitsraum eine Maschine auf-gebaut werden, welche dieÜberlagerung verschiedenerProzesse zur Herstellung kompli-ziert geformter Blechbauteile er-laubt. Kernprozess ist dabei dieinkrementelle Blechumformung,ein flexibles Verfahren, welchessich aufgrund des geringen Be-darfs an Formwerkzeugen zurHerstellung von Prototypen undEinzelteilen eignet. Durch eineVerbindung mit vorgeschaltetenoder simultanen Streckzieh-operationen sollen die Schwach-stellen der inkrementellen Blech-umformung, nämlich die langeBearbeitungsdauer und die starkeAbnahme der Blechdicke in stei-len Bereichen überwunden wer-den. Weiterhin ist auch in dieserMaschine die Unterstützung derFormgebung durch die von ei-nem Laser oder Lichtbogen ein-gebrachte Wärme beabsichtigt.

Auf diese Weise lassen sich so-wohl die erforderlichen Um-formkräfte als auch die mecha-nischen Eigenschaften des Fer-tigteils positiv beeinflussen. Diedadurch mögliche Bearbeitunghöherfester Werkstoffe soll demVerfahren besonders im Bereichder Luft- und Raumfahrt einbreites Anwendungsspektrumeröffnen.

Abgeschlossen wird der be-trachtete Forschungsbereichdurch die Untersuchung undWeiterentwicklung hybrider Pro-dukte. Dieser Begriff bezieht sichdabei auf Erzeugnisse, welcheentweder aus einer Kombinationverschiedener Werkstoffe aufge-baut sind oder verschiedeneFunktionen in sich vereinen. Einvielversprechendes Thema, deminnerhalb dieses Teilclusters einweiteres Projekt gewidmet ist,ist die Kombination von Spritz-gussverfahren zur Verarbeitungvon Kunststoffen mit Druckguss-verfahren zur Herstellung metal-lischer Erzeugnisse durch Urfor-men. Mit diesem hybriden Pro-zess – die Formgebung und dasFügen der Einzelkomponentenerfolgen gleichzeitig – lassensich Produkte bestehend ausKunststoff und Metall mit deut-lich reduziertem Aufwand her-stellen.

Ein zweites Projekt aus demBereich hybrider Produkte be-schäftigt sich schließlich mit derErzeugung funktionaler Ober-flächen durch Urformprozesse.Zu dieser Art der Oberflächenzählt zum Beispiel die „Haifisch-haut”, welche zur Reibungsver-minderung bei laminarer Strö-mung unter Wasser eingesetztwird. Ein weiteres bekanntes Bei-spiel ist die Erzeugung einesSelbstreinigungseffektes durchImitation der Oberflächenstruk-tur einer Lotusblüte.

Für den geplanten hybridenHerstellungsprozess ist es erfor-derlich, zunächst definierte Struk-turen im Mikro- und Nanometer-

Fortschrittliche Produkte durch

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Moderne Kunden lieben die Ab-wechslung. Ein Blick auf die Ent-wicklungen in der Konsumgü-terindustrie der letzten Jahrezeigt einen deutlichen und zu-nehmenden Trend zu steigenderVariantenvielfalt bei gleichzeitigimmer kürzer werdenden Pro-duktlebenszyklen. Der gestiege-ne Lebensstandard in den west-lichen Industrienationen drücktsich unter anderem dadurch aus,dass die Kaufentscheidung desKunden auch von dem Wunschbeeinflusst wird, sich von derbreiten Masse durch ein indivi-duelles Produkt abzuheben. DieFolge ist eine Verschiebung derNachfrage weg von Massenwa-re „von der Stange” hin zu indi-vidualisierten Erzeugnissen unddie Notwendigkeit, Produkt-wechsel immer schneller aufein-ander folgen zu lassen. Als Bei-spiel sei an dieser Stelle die Zu-nahme der angebotenen PKW-Modelle auf dem Markt derUSA genannt, deren Anzahl sichzwischen 1980 und 1998 mehrals verdoppelt hat. Im gleichenZeitraum halbierte sich aktuellenStudien zufolge der Produktle-benszyklus, also die Zeitspanne,nach der ein Produkt durch ei-nen Nachfolger abgelöst wird.Dies stellt die produzierendenUnternehmen in vielen Bran-chen vor die Herausforderung,ihre Herstellungsprozesse fle-xibler zu gestalten, ohne dabeiwirtschaftliche Aspekte zu ver-nachlässigen.

Auf der anderen Seite sinddie heute bereits verfügbarenhochflexiblen Herstellungsver-fahren oft aufgrund einer gerin-gen Werkzeugstandzeit oder ei-ner langen Fertigungsdauer proBauteil nicht in der Lage, auchgrößere Stückzahlen wirtschaft-lich zu produzieren und bleibendaher auf Nischenanwendungenbeschränkt.

Die Auflösung dieses Ziel-konfliktes zwischen Flexibilitätund Produktivität ist eines derHauptthemen im Aachener Ex-zellenzcluster „Integrative Pro-duktionstechnik für Hochlohn-länder”. Ein Themenschwer-punkt des Exzellenzclusters be-schäftigt sich mit der Entwick-lung und Optimierung von Ver-fahren zur Herstellung kleinerSerien und individueller Produk-

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Entwicklung hybrider Umformverfahren

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innovative Fertigungsverfahren

bereich mit der entsprechendenGenauigkeit auf die verwendetenWerkzeugformen zu applizieren.Während der Formgebung mussdazu gewährleistet sein, dass derWerkstoff so lange fließfähigbleibt, bis die Werkzeugformeinschließlich der strukturiertenOberfläche vollständig gefüllt ist.Auch hier ist der Einsatz eines La-sers geplant, welcher durch eintransparentes Formwerkzeug denWerkstoff durch Wärmeeintragerhitzen und leichtflüssiger ma-chen soll. Nach heutigem Stand

der Technik werden funktionaleOberflächen beinahe ausschließ-lich in einem nachgeschaltetenProzess auf das fertige Bauteilaufgebracht oder sogar als Folieaufgeklebt. Die geplante urform-technische Erzeugung solcherStrukturen führt also zu einerVerkürzung der Prozessketteund ermöglicht die Applikationfunktionaler Strukturen in einemdeutlich erweiterten Formen-spektrum.

www.ibf.rwth-aachen.de

Autoren: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Gerhard Hirtist Leiter des Instituts für Bild-same Formgebung. Dipl.-Ing. Jochen Ames ist Wissenschaftlicher Mitarbeiteram Institut für Bildsame Form-gebung.

Bild 1: Mit Hilfe eines CAD-CAM-Systems wird der NC-Pfad für die Bewegung desUmformkopfes bei der inkre-mentellen Blechumformunggeneriert und überprüft. Mitdiesem Verfahren werden amIBF schnell und wirtschaftlichPrototypen und kleine Serienkomplizierter Blechbauteilehergestellt.Foto: Peter Winandy

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Christian Hinke

Produktionsprozessen und ins-besondere durch die rechnerge-stützte Abbildung von verkette-ten Produktionsprozessen er-reicht werden.

Existierende Modelle undSimulationen erlauben die vir-tuelle Abbildung einzelner Pro-zessschritte. So sind die am Ex-zellenzcluster beteiligten Wis-senschaftler führend bei derModellierung der Erstarrungvon Metallen beim Gießprozessoder in der Modellierung desWärmeeintrags beim Laser-strahlschweißen. Erst die virtu-elle Verkettung dieser einzelnenModelle und Simulationen ent-lang der Fertigungskette lassenjedoch Aussagen über Produkt-eigenschaften zu und ermögli-chen es, die einzelnen Ferti-gungsschritte in der Vorberei-tung besser aufeinander abzu-stimmen. So stellt zum Beispielder Verzug ein wichtiges Qua-litätskriterium beim Schweißeneines Bauteils dar. Ist diese Ab-weichung zu groß, hat die Mo-torhaube das falsche Spaltmaßoder das Getriebezahnrad ver-ursacht ungewünschte Geräu-sche. Der Verzug beim Laser-strahlschweißen ist jedoch vonder Vorgeschichte, das heißtvon den vorgelagerten Ferti-gungsschritten des Bauteils, abhängig. So verzieht sich ein Gussteil beim Laserstrahl-schweißen anders als ein warm-oder ein kaltgewalztes Bauteil.Weitere Unterschiede zeigt dasVerhalten eines bereits umge-formten beispielweise tiefgezo-genen Bauteils. Im Rahmen desExzellenclusters sollen nun die-se verschiedenen Prozesse vir-tuell miteinander verknüpftwerden. Der Schwerpunkt liegtdabei auf der Verbindung vonMaterial-, Prozess- und Ma-schinenmodellen.

Die Entwicklung einer über-greifenden Infrastruktur zurVerknüpfung der einzelnenModelle und Simulationen istZiel eines Teilprojekts. In einemersten Schritt werden hier dieverschiedenen Modelle mit Hil-fe einer Model-Map systema-tisch hinsichtlich ihrer Koppel-barkeit bewertet. In einemzweiten Schritt werden dieGrundlagen für eine semanti-sche Verknüpfung der verschie-denen Szenarien entwickelt.Diese Verknüpfung geht weitüber den reinen Datenaus-tausch zwischen zwei Simula-tionsprogrammen hinaus undermöglicht eine Vernetzung aufModellebene.

In einem weiteren Teilpro-jekt werden die einzelnen Mo-delle hinsichtlich ihrer Koppel-barkeit optimiert. Der Schwer-punkt liegt dabei auf der Kopp-lung von Material- und Prozess-modellen. Die wesentlichenHerausforderungen stellen hier-bei die so genannten Multiska-lenprobleme dar. Die mikrosko-pischen Vorgänge bei der Er-starrung von Metallen laufenauf einer völlig anderenGrößenskala ab als die makro-skopischen Vorgänge beimSchweißen oder Umformen ei-nes Bauteils. Beide Prozessewerden zwar mit einem ähnli-chen Verfahren, der so genann-ten Finite-Elemente-Methode,kurz FEM, modelliert, die dabeigenutzten „Elemente” sind je-doch völlig unterschiedlich.Programme zur Mikrostruktur-simulation berechnen mit Hilfevon FEM Gefügeeigenschaftenvon Metallen im Bereich einigerMikrometer. Simulationspro-gramme für den Schweißvor-gang modellieren die Geome-trie einer Schweißnaht im Be-reich einiger Millimeter und für

Virtuelle Produktionssysteme erhöhen

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DDie Produktion ist im globalenWettbewerb geprägt von ver-kürzten Produktlebenszyklen,erhöhter Variantenvielfalt undgroßem Kostendruck bei gleich-bleibend hohen Qualitätsanfor-derungen. Gerade produzieren-de Unternehmen in Hochlohn-ländern sind von diesen Her-ausforderungen besonders be-troffen, da ihr Produktsortimentoft variantenreiche Premium-oder Spezialprodukte umfasst.In der Automobilindustrie zumBeispiel ist diese Entwicklungbesonders offensichtlich: Hierwerden in immer kürzeren Zeit-intervallen neue Fahrzeugvari-anten und komplett neue Fahr-zeugtypen wie Vans oder SportUtility Vehicles angeboten. DerAufwand für die Produktent-wicklung und die dahinter lie-gende Produktions- und Ferti-gungsplanung steigt damit dras-tisch an.

Neben diesen marktgetrie-benen Herausforderungen wer-den produzierende Unternehmenzunehmend mit neuen Techno-logien konfrontiert. Neue Ma-terialien wie hochfeste Stähleoder moderne Fertigungsver-fahren wie das Laserstrahl-schweißen erlauben die Ent-wicklung neuer Produkte undderen effiziente Fertigung. DasPotenzial dieser Technologienkann jedoch erst durch eineentsprechende material- bezie-hungsweise fertigungsgerechteProduktentwicklung voll ge-nutzt werden. So lässt sich zumBeispiel durch den Einsatz vonhochfesten Stählen das Gewichteines Autos deutlich reduzieren,allerdings müssen die entspre-chenden Karosseriekomponen-ten komplett neu ausgelegtund die entsprechenden Ferti-gungsverfahren entwickelt wer-den. Die Verfügbarkeit dieserTechnologien eröffnet den Un-ternehmen damit einerseits völ-lig neue Möglichkeiten, erhöhtaber andererseits den Aufwandfür die Produktentwicklung unddie Produktionsplanung.

Ziel der Arbeiten im Teilclus-ter B „Virtuelle Produktionssys-teme” ist es, den Aufwand fürdie Entwicklung von Produkti-onssystemen deutlich zu redu-zieren. Dies soll durch die weit-gehende Virtualisierung von

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Bauteile bis zu einer Größe voneinigen Metern. Neben diesenvöllig unterschiedlichen räumli-chen Skalen sind auch die Zeit-skalen auf denen diese Prozesseablaufen völlig verschieden.

Ziel des Teilprojekts ist dieEntwicklung von Methoden zurHandhabung dieser unter-schiedlichen physikalischen Ska-len und deren Validierung anrepräsentativen Bauteilen wieeinem Pipelinerohr oder einemGetriebezahnrad. Aufbauendauf diesen Ergebnissen werdenentsprechende Methoden auchfür Bauteile aus Kunststoff undaus Verbundwerkstoffen ent-wickelt.

Die Kopplung von Prozess-und Maschinenmodellen istThema in einem weiteren Teil-projekt. Prozessmodelle simulie-ren Fertigungsverfahren unteridealisierten Randbedingungen.So wird zum Beispiel die Relativ-bewegung zwischen Werkstückund Werkzeug oder die Formder Energieeinbringung in dasWerkstück stets als fehlerfreiund vom Bearbeitungsvorgangentkoppelt angenommen. Fürviele Anwendungen sind solcheModelle völlig ausreichend.Nähert man sich jedoch denProzessgrenzen, das heißt denGrenzen des physikalischMachbaren, bei den verschie-denen Fertigungsverfahren wei-ter an, so werden genauereModelle benötig.

Moderne Fräsmaschinen ar-beiten bereits nahe an diesenGrenzen. Um hier weitere Fort-schritte zu erzielen, muss dieWechselwirkung zwischen demFräsprozess und der Fräsma-schine modelliert werden. Dasdynamische Verhalten der Fräs-maschine führt beispielsweisedazu, dass sich das Werkzeugbei Beschleunigungs- oder Ab-

Integration von Material-, Prozess- und Maschinenmodellen

Bild 1: Integrierte Simulationsumgebung zur Entwicklung vonWerkzeugmaschinen.

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die Wettbewerbsfähigkeit

bremsvorgängen nicht immerexakt an der programmiertenPosition befindet. Außerdemführt die Aufwärmung derWerkzeugmaschine zu thermi-schen Effekten, die ebenfallsVeränderungen der Werkzeug-position zur Folge haben. Ne-ben diesen Abweichungen, dieauf der mechanischen Strukturder Werkzeugmaschine beru-hen, tragen auch die Regelkrei-se in den elektrischen Antriebender Werkzeugmaschine zu Ab-weichungen in der Relativbe-wegung zwischen Werkzeugund Werkstück bei.

Im Rahmen des Exzellenz-clusters wird eine virtuelle Werk-zeugmaschine entwickelt, beider diese Einzelmodelle mitein-ander gekoppelt sind. Erst durchdie Modellierung der Wechsel-wirkung zwischen den verschie-denen Teilprozessen, können soneue Anwendungsfelder wiebeispielsweise das Fräsen vonschwer zerspanbaren Werkstof-fen oder das Hochgeschwindig-keitszerspanen weiter erschlossenwerden. Übergeordnetes Zieldes Teilclusters „Virtuelle Pro-duktionssysteme” ist die be-schleunigte Entwicklung neuer

Produkte und Herstellungsver-fahren mit Hilfe von virtuellenProduktionssystemen. Erst durchdas Zusammenspiel von hoch-qualifizierten Entwicklungsinge-nieuren und gekoppelten Mo-dellen entlang der Wertschöpf-ungskette kann hier ein Wett-bewerbsvorteil erreicht werden.

www.production-research.de

Autor: Dipl.-Phys. Christian Hinke istWissenschaftlicher Mitarbeiteram Fraunhofer Institut für Lasertechnik.

Bild 2: Virtuelle Auslegung einer Werkzeugmaschine.Foto: Peter Winandy

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Lehrstuhl für Hochleistungsrechnen und Rechenzentrum der RWTH Aachen

Lehrstuhl und Institut für Eisenhüttenkunde

Lehrstuhl für Oberflächentechnik im Maschinenbau

Lehrstuhl für Werkzeugmaschinen, Laboratorium für Werkzeugmaschinen und Betriebslehre der RWTH Aachen

Lehrstuhl für Gießereiwesen und Gießerei-Institut

Lehrstuhl und Institut für Schweißtechnik und Fügetechnik

Lehrstuhl für Textilmaschinenbau und Institut für Textiltechnik

Lehr- und Forschungsgebiet Kautschuktechnologie, Institut für Kunststoffverarbeitung an der RWTH Aachen

Zentrum für Lern- und Wissensmanagement und Lehrstuhl für Informatik im Maschinenbau

Lehrstuhl und Institut für Bildsame Formgebung

Lehrstuhl für Technologie der Fertigungsverfahren, Laboratorium für Werkzeugmaschinen und Betriebslehre der RWTH Aachen

Am Exzellenzcluster„Integrative Produktionstechnik

www.product

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für Hochlohnländer” sind beteiligt:

Lehrstuhl für Technologie optischer Systeme

Lehrstuhl für Kunststoffverarbeitung, Institut für Kunststoffverarbeitung an der RWTH Aachen

Lehrstuhl für Lasertechnik

Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft

Lehrstuhl für Fertigungstechnik und Qualitätsmanagement, Laboratorium für Werkzeugmaschinenund Betriebslehre der RWTH Aachen

Lehrstuhl für Produktionssystematik, Laboratorium für Werkzeugmaschinen und Betriebslehre der RWTH Aachen

Lehr- und Forschungsgebiet Nichtlineare Dynamik der Laser-Fertigungsverfahren

Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie

Fraunhofer-Institut für Lasertechnik

Forschungsinstitut für Rationalisierung e. V.an der RWTH Aachen

ACCESS e.V. an der RWTH Aachen

ion-research.de

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ZGerd Ascheid

Mobile Applications and ServicesEs hat sich wiederholt gezeigt,wie schwierig Vorhersagen zutreffen sind, welche Anwen-dungen und Dienste im Markterfolgreich sein werden undwelche sich nicht durchsetzenkönnen. Zukünftige Systememüssen vielfältige Nutzungs-möglichkeiten bieten. KreativeKöpfe werden auf dieser Basisinteressante neue Anwendun-gen entwickeln, die wir unsteilweise heute noch gar nichtvorstellen können. Dieses For-schungsgebiet befasst sich da-her mit Anwendungstypen wiebeispielsweise der mobilenMultimediaübertragung mit ho-her Qualität (Bild 3) oder derPeer-to-Peer-Kommunikation,bei der die Information von ei-ner großen Nutzerzahl geliefertwird und dann wiederum vielenAnwendern kontextabhängigzur Verfügung steht.

Wireless Transport PlatformDas Rückgrat zukünftiger Mo-bilfunkplattformen sind intelli-gente, mobile, breitbandigeund kostengünstige Systeme,die die jeweiligen Umgebungs-bedingungen und Situationenerkennen, die optimalen Über-tragungsformen bestimmenund sich entsprechend anpas-

sen. Dabei müssen die Systemepermanent ausgewogene Kom-promisse zwischen widerstre-benden Anforderungen wieDatenraten, Reichweite undEnergieaufnahme finden. Umzukünftige höchstratige Dienstezu akzeptablen Preisen anbie-ten zu können, sollten diese Sys-teme kostengünstig herzustellen,zu installieren und zu betreibensein. Sie müssen daher flexibel,selbstkonfigurierend und hoch-integrierbar sein.

RF Subsystems und SoC DesignEine besondere Herausforde-rung für die Höchstintegrationsind flexible Hochfrequenz-Teil-systeme, die es den mobilenEndgeräten ermöglichen, dasjeweils optimale Übertragungs-verfahren zu wählen. Die digi-talen Teilsysteme werden zu-

Die Zukunft der mobilenExzellenzcluster „Ultra High-Speed

Information and

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Zu Beginn der 90er Jahre warenMobiltelefone noch sehr exklu-sive Geräte für einen kleinenKreis von Nutzern, der vor allemaus Geschäftsleuten bestand.Das Internet wurde gerade erstöffentlich zugänglich und 1993nahm der erste grafikfähigeWebbrowser seinen Dienst auf.Heute, rund 15 Jahre später,gibt es in Deutschland genausoviele registrierte Mobiltelefonewie Einwohner und das Internetwird auch in Privathaushaltenintensiv genutzt. Die Weiter-entwicklung der Mobilfunksys-teme zielt vor allem auf Daten-dienste. In Zukunft wird diemobile Datenübertragung imVergleich zu den Sprachverbin-dungen deutlich wachsen. DasInternet wird mobil. Eine Viel-zahl neuer „mobiler” Anwen-dungen und Dienste werdenentstehen.

Der Mobilfunk hat gegenü-ber dem Festnetzzugang abermit besonderen Problemen zukämpfen. Auf Grund der beste-henden Beschränkungen derBandbreite, der wechselndenÜbertragungsqualität und derMobilität ist es wesentlichschwieriger, hohe Datenratenzu übertragen. Noch problema-tischer ist es, vielen Nutzern ineinem enger begrenzten Gebietgleichzeitig hohe Datenratenzur Verfügung zu stellen. Heu-tige Systeme versprechen zwarschon Werte im DSL-Bereich,also zwei Megabits pro Sekun-de. Diese Werte können abernur unter idealen Bedingungenerreicht werden, die praktischfast nie gegebenen sind, Bild 1.Mobile Informations- und Kom-munikationssysteme der Zu-kunft müssen um Größenor-dungen bessere „Dienstgüten”erreichen als heutige Systeme.Gemessen wird diese Dienstgü-te unter anderem an den tat-sächlich erreichten Datenraten,an kurzen Antwortzeiten undan der Verbindungsverfügbar-keit und -zuverlässigkeit. Gleich-zeitig müssen die Nutzungsent-gelte günstig sein, damit neueAnwendungen auch angenom-men werden.

Genau dieser Herausforde-rungen nimmt sich der Exzellenz-cluster UMIC: Ultra High-SpeedMobile Information and Com-

munication – Mobile Informationund Kommunikation mit höch-sten Datenraten an. Weiterent-wicklungen in den verschiede-nen Teilgebieten werden dabeideutliche Verbesserungen brin-gen. Um die erforderlichengroßen Fortschritte zu errei-chen, ist aber ein enge interdiszi-plinäre Zusammenarbeit der be-teiligten Disziplinen erforder-lich.

Die UMIC-Forschung wird vondrei Pfeilern getragen, Bild 3:

„Mobile Applications andServices” behandelt anspruchs-volle Schlüsselanwendungen undderen Wechselwirkungen mit dermobilen Funkübertragung.

„Wireless Transport Plat-form” umfasst Funknetzarchi-tekturen und Endgeräte.

„RF Subsystems und SoCDesign” befasst sich mit demEntwurf hochkomplexer analo-ger und digitaler Schaltungen.

In allen Forschungsbereichenwerden neuartige formale Me-thoden und Software-Werkzeu-ge für den Entwurf, die Opti-mierung und den Betrieb vonKomponenten und Systemeneingesetzt, die im übergreifen-den Bereich „Cross DisciplinaryMethods and Tools” erforschtwerden.

Bild 2: Ultrahohe Datenratenermöglichen auch den schnellenZugriff auf dreidimensionaleKonstruktionsdaten und An-sichten. Hier beispielhaft demonstriert vor dem Heiz-kraftwerk der RWTH Aachenvon Prof. Ascheid, links imBild, und Prof. Russell, der die Baupläne entworfen hat.Foto: Peter Winandy

Bild 1: Das mobile Internet:Realität und Vision

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DatenübertragungMobile Communication”

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künftig aus einer größeren An-zahl parallel arbeitender Prozes-soren (Rechnerkerne) bestehen,die eine Vielzahl unterschiedli-cher Signalverarbeitungsaufga-ben und Anwendungen aus-führen können. Der Entwurfsolch komplexer Systeme stelltaber ebenfalls eine äußerstgroße Herausforderung dar.Auch Methodiken und Werk-zeuge für den Entwurf müssendaher signifikant weiterent-wickelt werden. Da diese Syste-me nur auf der Basis zukünfti-ger Silizium-Technologien her-gestellt werden, müssen derenzu erwartende Möglichkeitenund Nachteile schon jetztberücksichtigt werden.

Cross Disciplinary Methods and ToolsMethoden und Werkzeuge, diealle Forschungsbereiche vonUMIC betreffen, sind unter an-derem Verhalten und Zuverläs-sigkeit komplexer Systeme, Da-tenschutz und Datensicherheitsowie Energieeffizienz. Ein we-sentlicher neuer Aspekt derUMIC-Forschung ist die inter-disziplinäre Zusammenarbeitder Gruppen. Auf dieser Ebenekönnen unterschiedliche Erfah-rungen und Sichtweisen in dieProblemanalyse eingebrachtwerden, um so neue Lösungenzu finden und diese dann in al-len Ebenen zu nutzen.

TestlaborEin wesentliches Element derForschung in den Ingenieurdis-ziplinen sind Machbarkeits-nachweise, mit deren Hilfe bei-spielsweise überprüft wird, obeine theoretisch vorhergesagteVerbesserung tatsächlich erzieltwerden kann oder ob sie mög-licherweise durch unvorherge-sehene Effekte überkompen-siert wird. Der Bau kompletterSystem-Prototypen würde denRahmen eines Forschungsclus-ters sprengen. Daher liegt derFokus auf dem Bau besonderskritischer und neuartiger Kom-ponenten und der Verifikationder Konzepte mit skaliertenPrototypen und durch Simula-tionen.

Neben der Förderung vonForschungsarbeiten ermöglicht

der Cluster auch Verbesserun-gen der Infrastruktur: Mit demUMIC-Lab wird ein neues Ge-bäude errichtet. Dort könnendie interdisziplinären Forschungs-teams gemeinsam arbeiten.Außerdem werden dort die ent-wickelten Komponenten undSimulatoren zu einem gemein-samen Prototyp-System inte-griert, das einerseits der For-schung dient, andererseits aberauch hilft, Besuchern aus Indus-trie und Wissenschaft die For-schungsarbeiten zu veranschau-lichen.

In Bezug auf die wissen-schaftliche Arbeit beschreibtund diskutiert der Cluster-An-trag vor allem die Forschungs-themen, zu lösende Kernpro-bleme und mögliche Lösungs-ansätze, er gibt aber keine de-taillierten Forschungsprojektevor. Diese werden vielmehr auseingereichten Vorschlägen zwei-mal jährlich von einer Lenkungs-gruppe, bestehend aus demCluster-Koordinator und denKoordinatoren der vier For-schungsgebiete, ausgewählt.Zu den wesentlichen Entschei-dungskriterien zählen nach Ori-ginalität und Qualität vor allemdie Interdisziplinarität und dieBeteiligung mehrerer Lehrstühlean den jeweiligen Projektvor-

schlägen, da genau hier eineder Stärken des Forschungsclus-ters liegt.

Ein wichtiges Anliegen derExzellenzinitiative ist die Förde-rung des Frauenanteils in derWissenschaft. UMIC hat eineeigene Gleichstellungsbeauf-tragte, die sich – natürlich inenger Abstimmung mit derGleichstellungsbeauftragten derRWTH – auf die FachbereicheInformatik und Elektrotechnikkonzentriert. Da in beiden Ge-bieten der Anteil der Studentin-nen an der Gesamtzahl der Stu-dierenden im Bereich von zehnProzent liegt, müssen künftigeMaßnahmen bereits in der Schu-le ansetzen. Neben der Förde-rung von Studentinnen und Dok-torandinnen sowie einer Erhöh-ung des Anteils der Professorin-nen in diesen Fächern, liegt da-her ein großes Augenmerk dar-auf, in Zusammenarbeit mitSchulen schon frühzeitig das Interesse an der Technik zuwecken.

Die Förderung des Clustersläuft zunächst über fünf Jahre.Es ist noch vollkommen offen,ob die Exzellenzinitiative nachdieser Zeit fortgeführt wird undbestehende Cluster eventuellweiter gefördert werden könn-ten. Schon bei der Antragstel-

lung haben zahlreiche namhaf-ten Firmen aus dem Mobilfunk-bereich großes Interesse anUMIC gezeigt und ihre Absichtbekundet, sich an dem Clusterzu beteiligen. Es ist ein wichti-ges – und nach Überzeugungder Beteiligten – erreichbaresZiel, die Fortführung der Akti-vitäten gegebenenfalls auchohne öffentliche Förderung undnur mit eingeworbenen Dritt-mitteln zu sichern. Ein Ziel, dasauch im Sinne der Nachhaltig-keit der Exezllenzinitiative ist.

http://www.umic.rwth-aachen

Autor:Univ.-Prof. Dr.-Ing. Gerd Ascheid ist Inhaber des Lehrstuhls für Integrierte Systeme der Signalverarbeitung und Koordinator des Exzellenzclusters UMIC.

Bild 3: Themenstruktur des UMIC-Clusters

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Als Gemeinschaftsunternehmen von DaimlerChrysler und IHI, einem der größten Hersteller von Turboladern und mechanischen Aufladesystemen für PKW und Nutzfahrzeuge, haben wir uns auf Grund der langfristigen starken Nachfrage der Automobilhersteller für diese Systeme ein klares strategisches Ziel gesteckt: Überdurchschnittliches Wachstum im europäischen Markt!

CAD-Konstrukteure (m/w)Ingenieure

Sie bearbeiten selbstständig Entwicklungsprojek-te vom Entwurf bis zur Serienreife. Sie führen Machbarkeitsstudien durch und erstellen Konstruktionsdaten in 3D und 2D CAD für Prototyp- und Serienteile. Sie legen die konstruk-tiven Details fest, erstellen die technischen Unterlagen für unsere Produktionswerke und begleiten das Produkt während der Serienproduk-tion. Regelmäßig besuchen Sie unsere Kunden und halten Kontakt zu unseren Lieferanten.

Sie passen am besten zu uns, wenn Sie ein Maschinenbaustudium erfolgreich abgeschlossen

haben. Einige Jahre Berufspraxis stärken unser Interesse an Ihrer Bewerbung. Zusätzliche Erfahrungen in der Konstruktion von Aluminium, Grau- und Stahlgussteilen, sowie gute Kenntnisse in Catia V5 wären ideale Voraussetzungen für einen Einstieg in unser Unternehmen. Sie sollten über gute Englischkenntnisse in Wort und Schrift, sowie DV-Anwenderkenntnisse (MS Office) verfügen. Qualifizierten Berufseinsteigern geben wir die Chance in unserem Hause diese Erfahrungen zu erwerben.

Unser europäisches Entwicklungszentrum befindet sich in Heidelberg. Zur Verstärkung des dortigen Engineering Teams bieten wir Ihnen (m/w) die Chance, sich weiter zu entwickeln und suchen ab sofort

Ihre Bewerbung richten Sie bitte an:IHI Charging Systems International GmbHz.

E-Mail [email protected]

Versuchsingenieur/Testingenieur (m/w)Sie betreuen selbstständig Versuchseinrich-tungen im Test-Bereich. Sie bereiten Prüfläufe am Turbolader- und Motorenprüfstand vor und führen diese durch. Sie präsentieren ausgearbeitete Ergebnisse intern und bei Kunden.

Sie passen am besten zu uns, wenn Sie ein Hochschulstudium erfolgreich abgeschlossen

haben. Grundlegende Kenntnisse in der Motoren-und Aufladetechnik sowie ausgeprägte Kennt-nisse in der Mess- und Regelungstechnik wären ideale Voraussetzungen für einen Einstieg in unser Unternehmen. Berufserfahrung in derMotorenentwicklung wäre von Vorteil. Sie sollten über sehr gute Englischkenntnisse in Wort und Schrift verfügen und kommunikativ, selbstständig, teamfähig und initiativ sein.

Entwicklungsingenieur (m/w)Schwerpunkt Werkstoffkunde

Sie bearbeiten selbstständig Vorentwicklungs-projekte im Bereich der Abgasturboaufladung. Sie sind zuständig für Zuverlässigkeitsbewertung und Auslegung thermisch hochbelasteter Bauteile. Sie beraten bei der Werkstoffauswahl metallischer Materialien für Vor- und Serien-entwicklung. Sie führen werkstofftechnische Schadensuntersuchungen durch und werten sie aus.

Sie passen am besten zu uns, wenn Sie ein Hochschulstudium Maschinenbau mit Vertiefung Werkstoffkunde erfolgreich abgeschlossen

haben. Fundierte Kenntnisse in der Auswahl und Qualifikation von Werkstoffen für thermisch hochbelastete Bauteile sowie Erfahrung in der Schadensanalytik metallischer Werkstoffe wären ideale Voraussetzungen für einen Einstieg inunser Unternehmen. Praxiswissen auf denGebieten Superlegierungen, Stähle, metallogra-phische Prüfverfahren und Schwingfestigkeits-untersuchungen steigert unser Interesse an Ihrer Bewerbung. Sie sollten über gute Englisch-kenntnisse in Wort und Schrift verfügen und kommunikativ, selbstständig, teamfähig und initiativ sein.

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WMatthias Jarke,

Thomas Seidl

Neue Anwendungen brauchen

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Wer heute von Mobilkommu-nikation spricht, meint meistHandys oder drahtlos vernetztePCs. Das ist nicht verwunder-lich, wenn man bedenkt, dasssich die Zahl der Mobiltelefoneweltweit der Marke von zweiMilliarden nähert. Sicher gibt es dort noch viel zu verbessern –man denke nur an ärgerlicheFunklöcher und die immer nochviel zu teure Multimedia-Kom-munikation.

Im Exzellenzcluster UMIC,Ultra High-Speed Mobile Infor-mation and Communication,müssen wir weiter in die Zu-kunft denken, damit nicht dieneuen Anwendungen der Tech-nik hinterher hinken, wie wirdas bei der UMTS-Einführungin den letzten Jahren mit massi-ven wirtschaftlichen Konsequen-zen erleben mussten. Anspruchs-volle zukünftige Anwendungs-szenarien schärfen die Anforde-rungen an die neuen Technolo-gien, während umgekehrt dieerhofften Technologiesprüngeschon früh die Phantasie fürvielversprechende Anwendun-gen anregen. Daraus resultierenmethodische Fragen, wie manüberhaupt mit Nicht-FachleutenZukunftsanwendungen analy-sieren kann. In UMIC wurdenzwei Anwendungsszenarien mitmöglichst unterschiedlichen Cha-rakteristika gewählt, um dieseDiskussion interdisziplinär undauch im Gespräch mit der Indus-trie voranzutreiben. Darüberhinaus werden Einsatzmöglich-keiten und neue Technologiensystematisch analysiert, umQualitätsaspekte wie Zuverläs-sigkeit, Performanz, Sicherheitund – heute besonders wichtig –Energieeffizienz zu optimieren.

Das Virtuelle Lagerfeuer Schon in den Industrieländernhat die Mobiltelefonie unserLeben und Arbeiten wesentlichverändert. Noch viel stärker istdiese Veränderung dort zu spü-ren, wo kein Festnetz bestehtund daher die mobile Kommu-nikation oftmals einen Kultur-sprung über mehrere Jahrhun-derte bedeutet. In ländlichen,wenig entwickelten Gebietender Erde kann mit vergleichs-weise wenig Aufwand, bei-spielsweise einer satellitenge-

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stützten Basisstation als Zen-trum eines lokalen mobilenNetzes, der Schritt von der ru-dimentären Krankenversorgungzu Telemedizin und Internet-Banking vollzogen werden.Dies bringt natürlich enormesoziale und politische Konse-quenzen mit sich. Das ersteUMIC-Anwendungsszenarioschließt an interdisziplinäre Vor-arbeiten zum Aufbau eines Cul-tural Heritage-Netzes für Af-ghanistan an, an denen dasLehr- und ForschungsgebietStadtbaugeschichte sowie derLehrstuhl für Informationssyste-me beteiligt waren. Den not-wendigen kommunikationstech-nischen Unterbau erforschen inUMIC zudem die Lehrstühle fürKommunikationsnetze und fürKommunikationssysteme mit-tels einer flexiblen Architekturfür mobile Webservices unddurch Analysen zur flexiblenund kostengünstigen Selbst-konfiguration von Netzdienstender UMIC-Transportplattform,Bild 1.

Mobile Archäologen undStadtplaner sammeln – unter-stützt durch Geo-Lokation (GPS),Multimedia-Datenerfassung(Fotoserien) und Mobilkommu-nikation – aktuelle Zustandsda-ten und Pläne, verteilen dieseangereichert mit Kontextinfor-mationen an ihre Partner undInstitute, und werden ihrerseitsmit Hintergrundinformationenaus einer weltweiten Commu-nity versorgt. So entsteht einemobile und den speziellen Ver-hältnissen angepasste Variantedessen, was momentan unterdem Schlagwort Social Softwareoder Web 2.0 Furore macht.Dazu gehören Blogs sowie Foto-und Video-Sammlungen im Stilevon „MySpace” und „You Tube”.In unserem Fall werden aller-dings wesentlich stärkere An-forderungen beispielsweise anCross-Medialität und Sicherheitgestellt.

Der Begriff „VirtualCampfire”(virtuelles Lagerfeuer) leitet sichdaraus ab, dass die riesige Mengegesammelter Multimedia-Datenfür die verschiedenen Interes-senten, wie Forscher, Entschei-dungsträger, Geldgeber, Jour-nalisten, Touristen, nur Nutzenbringt, wenn sie angemessen

interpretiert wird, also in eine„Story” eingebettet ist, wieman sie sich eben am Lagerfeu-er zu erzählen pflegt. Begleitendzur Technologieentwicklung inUMIC soll dieses Anwendungs-szenario, dessen erste Versionmit aktueller Technologie be-reits demonstriert werden kann,iterativ, also immer wieder mitneuer Technik, realisiert und inFeldversuchen weltweit eva-luiert werden.

Mobiles Gesundheitsnetz Ein zweiter zentraler Zukunfts-trend zeigt auf, dass die mobilmiteinander kommunizierendenGeräte in Alltagsgegenständenverschwinden werden. Ein be-sonders spannendes Beispiel istdas „wearable computing”, al-so die Integration von Senso-ren, Aktoren, Daten- und Service-kommunikation in die Kleidungoder gar den Körper der Benut-zer. Dies kann etwa im Gesund-heitswesen bei Risikopatientenganz erheblich zu deren Beweg-lichkeit und damit zu einemlängeren Verbleib in der heimi-schen Umgebung beitragen. An-gesichts des demographischenWandels ist dies nicht nur wich-tig für die Lebensqualität: Ge-lingt es, den Umzug ins Alters-heim im Durchschnitt um nurein Jahr zu verzögern, würdedies dem Gesundheitswesenjährlich an die 30 Milliarden Euro sparen, Bild 2.

Im UMIC-Szenario Health-Net kooperieren die Lehrstühlefür Textiltechnik, MedizinischeInformationstechnik und Infor-mationssysteme sowie dasFraunhofer-Institut für Ange-wandte Informationstechnik.Weitere Partner werden im Ver-lauf des Vorhabens dazu kom-men. Aus Sicht der UMIC-Tech-nologien verzahnt das Health-Net-Szenario zwei sehr unter-schiedliche Anforderungsprofile.

Im „Normalfall” lautet dieAufgabe, aktuelle Messwerteder Körperfunktionen, wie zumBeispiel Herzfrequenz, Tempe-ratur oder Blutdruck, von tau-senden Personen mobil zu er-fassen. Technisch gesprochengeht es hier also um die Syn-chronisation und medizintech-nisch adäquate Interpretationeiner sehr hohen Anzahl paral-

Mobilkommunikation

lel erhobener Datenströme, diedazu noch in heterogenen Um-gebungen, also zu Hause, un-terwegs, zu Gast in fremdenWohnungen oder in öffentli-chen Gebäuden gemessen wer-den. Textiltechnisch ergibt sichdie Herausforderung, mit mög-lichst geringen Eingriffen in diekörperliche Unversehrtheit undbei gleichzeitigem Schutz vormöglichen Strahlungsschäden,verlässlich Daten zu erhebenund je nach Umgebung adä-quat weiter zu leiten. Teilweisekommt eine Rückmeldung anden Patienten über seinen Ge-sundheitszustand dazu. Aktuellwerden bereits die ersten Tex-tilien entwickelt, in die Senso-ren zur Messung von Körper-funktionen integriert sind. DieWeiterleitung der Daten anÄrzte, Krankenhäuser oder Not-dienste stellt aber noch einewesentliche Herausforderungdar, insbesondere weil der Da-tenschutz der Patienten ge-währleistet werden muss.

Ergibt sich bei einzelnen Pa-tienten eine Alarmsituation, sosteigt die Kommunikationsdich-te massiv. Rettungsdienste undÄrzte sind mit patientenbezo-genen Informationen zu versor-gen, die sehr umfangreich seinkönnen. Mittelfristig wird sogarein mobiler Multimedia-Real-zeit-Informationsaustausch an-gestrebt, bei dem Rettungs-dienstler oder Notärzte mittelsVideokonferenz und Datenü-bertragung aus bildgebendenmedizintechnischen Gerätenvon Fachärzten beraten wer-den. Dieses Notfall-Subszenariostellt besonders hohe Anforde-rungen an die Multimedia-Ver-arbeitung und Kommunikation.Hierfür werden spezielle Ver-fahren in einem weiteren Teil-projekt von den Lehrstühlen fürComputergraphik, Media Com-puting und Nachrichtentechnikerforscht.

Ein Spiel mit dem FeuerSoftwaretechnisch stellt sichgerade in solchen Krisenszena-rien die Frage, wie Endbenutzerfür Technologien, die es heutenoch gar nicht gibt, überhauptAnforderungen und Gestal-tungspräferenzen definierenkönnen. Dazu ist es nötig, den

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neue Technologien

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im Jahr 2015

Bild 1: Interdisziplinäre Kooperation im Teilprojekt„Virtual Campfire”.

Bild 2: Datenströme in einemmobilen Gesundheitsnetz.

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Benutzerteams eine möglichstrealitätsnahe Anwendungser-fahrung zu vermitteln. Auf Ba-sis langjähriger Vorarbeiten imszenarienbasierten „Require-ments Engineering”, bei demdie Anforderungen ausgelotetwerden, hat das Fraunhofer FITim Rahmen von „wearIT@work”, dem derzeit weltweitgrößten zivilen Forschungspro-jekt im Bereich des „wearablecomputing” , eine spielerischeMethodik entwickelt, in demsich die Benutzer in enger Ko-operation mit den Entwicklernschrittweise an Anforderungenund Lösungen herantasten.

In einer Kooperation mitder Pariser Feuerwehr wurdebeispielsweise das Einsatzsze-nario multimedial vernetzterSchutzkleidung bei einem Hoch-hausbrand in drei Schritten stu-diert: Zuerst wurden Grobalter-nativen in einem papierbasiertenkooperativen Spiel entwickelt.Danach folgte die Übersetzungin eine qualitativ ansprechende3D-Simulation mit virtuellerRealität, die die jeweils unter-schiedlichen Perspektiven derBeteiligten realitätsnah simu-liert. Im „Living Lab”, einemÜbungszentrum der PariserFeuerwehr, fand schließlich un-ter kontrollierten Bedingungendie reale Erprobung statt, Bild 3.

Die Weiterentwicklung der-artiger Analysemethoden fürAnwendungserfahrungen vonZukunftstechnologien in kom-plexen Situationen ist ein wich-tiges methodisches Ziel vonUMIC, wobei insbesondereauch die systematische modell-getriebene Abbildung in Bezugauf technische Anforderungenund Simulationen eine Rollespielt. Ein wichtiges Alleinstel-lungsmerkmal des Exzellenzclus-ters UMIC ist, dass so erstmalsQualitätsprobleme der Mobil-kommunikation von der An-wendung bis hinunter zu zu-künftigen Basistechnologienuntersucht und durchgängigoptimiert werden können. AusBenutzersicht wie aus Gründendes Umweltschutzes ist die En-ergieeffizienz besonders wichtig.

Energieeffizienz interdisziplinärWer kennt nicht das Ärgernisleerer Akkus im Mobiltelefon:Man ist unterwegs und hat ei-ne wichtige Nachricht weiterzu-geben, aber die Batterie ist leer.Mit ein bisschen Glück könnenmitreisende Kollegen aushelfen.Schlimmer ist es, wenn man ei-nen wichtigen Anruf erwartet,den man mit leeren Batterienweder entgegennehmen nochaus der Mailbox abrufen kann.Während Netzabdeckung undÜbertragungsbandbreiten stetigverbessert werden, ist die Ener-gie in mobilen Geräten nachwie vor ein knappes Gut. DieKooperationspartner zur Lösungdieses Problems kommen ausden Lehrstühlen für IntegrierteSysteme der Signalverarbeitung,für Allgemeine Elektrotechnikund Datenverarbeitungssyste-me, für Mobilfunknetze, fürTheoretische Informationstechnikund für Datenmanagement und-exploration.

Auf der technischen Ebeneder Funkübertragung werdenenergieminimale Verfahren derorthogonalen frequenzbasiertenSignalmischung für mehrereBenutzer auf zeitveränderlichenKanälen betrachtet. Dabei wer-den Konzepte der Informati-onstheorie auf Kommunikati-onskanäle erweitert, deren Über-tragungsqualität sich im Verlaufder Zeit stetig verändert. Unter-wegs in einer Stadt etwa vari-iert die Empfangsqualität auf-grund der umgebenden Bebau-ung, die elektromagnetischenSignale reflektiert und auch be-hindert. Darüber hinaus werdenneue Paradigmen entwickelt,um Codierungsalgorithmenzwischen einzelnen Sendern undEmpfängern schon im Entwurfenergieeffizient anzulegen.

Die nächste Betrachtungse-bene hat die Weiterleitung vonInformationen im Funknetz imVisier. Neben dem direktenAustausch von Funksignalengibt es das Multihop-Verfahren,

bei dem Mobilgeräte unterein-ander Nachrichten weiterleiten,bis eine Basisstation erreichtwird. In diesem Fall spielt derübergreifende effiziente Ener-gieeinsatz eine große Rolle, dahier die Gesamtnutzungsdauerder Batterieladungen über vieleGeräte hinweg maximiert wer-den soll.

Ein besonders großes Spar-potenzial bietet die verzögerteÜbertragung von Informationen,die nicht sofort verfügbar seinmüssen. Beispielsweise könnenUnterlagen, die für einen Ter-min beim nächsten Kunden be-nötigt werden, im Verlauf derAnfahrt auf das Mobilgerät ge-laden werden. Dabei wird an-gestrebt, in Straßenschluchtenmit schlechter Funkverbindungdie Übertragung gezielt zu ver-zögern. Neue Konzepte zur zeit-lichen Planung ziehen sowohlRoutenplanungssysteme alsauch Simulationsalgorithmenzur Kartierung der Empfangs-qualität für die Sendeplanungheran. In gezielt berechnetenFunkpausen soll die Empfangs-einheit des Mobilgerätes abge-schaltet werden, um Energie zusparen.

Die Übertragung von Da-ten, die voraussichtlich in naherZukunft benötigt werden, birgtnoch viele weitere Verbesse-rungsmöglichkeiten. So könnenaktuelle Informationen über ei-ne Region, in der man sich be-wegt, fortwährend per Rund-sendung verschickt werden.Dabei lassen sich stationäre Da-ten wie Restaurant- und Hotel-standorte sowie veränderlicheDaten wie Öffnungszeiten,Sonderangebote und Verfüg-barkeiten und sogar stark dyna-mische Verkehrssituationen lau-fend übertragen. Interessiertman sich beim Bummel durchdie Stadt etwa für ein feinesAbendessen nicht jedoch fürModeangebote oder Übernach-tungen, so kann das Handydarauf energieeffizient einge-

stellt werden. Im einfachstenFall wird zu festgelegten Zeitenein Sendeplan als Index über-tragen. Jedes Mobilgerät kannnun seine individuelle Emp-fangszeit an persönliche Be-dürfnisse und Vorlieben anpas-sen. Die energiefressende Emp-fangszeit wird dabei etwa aufdie Sendezeiten ausgewählterSpeiseangebote aus der Umge-bung angepasst und die Anten-ne in der restlichen Zeit ener-giesparend abgeschaltet.

Das Beispiel Energieeffizienzzeigt einen entscheidendenVorteil des durchgängigen For-schungsansatzes von UMIC.Scheinbar konkurrierende Zielewie verbesserter Benutzerservi-ce durch gezielte Information,Kostenreduktion und Umwelt-schutz lassen sich oft durch in-terdisziplinäre Lösungen ge-meinsam optimieren, wozu kei-nes der beteiligten Fächer alleinin der Lage wäre.

Autoren:Univ.-Prof. Dr. rer. pol. MatthiasJarke ist Inhaber des LehrstuhlsInformatik 5 – Informationssys-teme und Datenbanken.www-i5.informatik.rwth-aa-chen.de/lehrstuhl/index.htmlUniv.-Prof. Dr. rer. nat. ThomasSeidl ist Inhaber des LehrstuhlsInformatik 9 – Datenmanage-ment und -exploration.www-i9.informatik.rwth-aachen.de

Bild 3: Spiele auf Papier, in vir-tuellen Welten und im Rahmenrealer Übungen helfen Anwen-dern und Entwicklern, Einsatzund Auswirkungen mobiler Zu-kunftstechnologien frühzeitigzu verstehen und zu gestalten.

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Bild 4: Das Zusammenspiel verschiedenster Geräte und Softwareanwendungen zur multimedialen Datenerfassung,Strukturierung, Übermittlung,Speicherung und audio-visuellenDarstellung bietet viel Potenzialfür künftige kulturelle und so-ziale Einsätze, bei denen Mobili-tät eine wichtige Rolle spielt.Foto: Peter Winandy

Page 26: RWTH-Themen Exzellenzinitiative - Impulse für die Zukunft

Petri Mähönen, Rudolf Mathar,

Peter Vary

Investitionen vorerst nur in Bal-lungsräumen in der Nähe vonBasisstationen verfügbar sein.

Die nächste GenerationNext Generation Mobile Net-works (NGMN) steht für eineInitiative der weltweit führen-den Netzbetreiber zur Entwick-lung eines neuen Breitband-Mobilkommunikations-Stan-dards. Folgende Aussage vonDr. Horst Lennertz, Chief Tech-nical Officer von KPN Mobile,macht die amitionierte Zielsetz-ung deutlich: „Im Hinblick aufKosten und Leistung wird sich

NGMN so dicht wie möglich andem DSL-Standard orientieren –von Anfang an und in Zukunft.”

Die wissenschaftlichen The-men des UMIC-Clusters, dasunabhängig und nahezu zeit-gleich etabliert wurde, korres-pondieren in sehr hohem Maßemit diesen Zielsetzungen. Diebeteiligten Forschergruppenbauen auf einer Vielzahl vonVorarbeiten für internationaleStandardisierungsgremien, Netz-betreiber und System-Herstellerauf. In den „RWTH-Themen”,Ausgabe 2/2006, wurden be-reits in einem Beitrag drei Bei-

spiele aus dem Bereich derFunkübertragung und der Funk-netzorganisation vorgestellt.

Das Internet-Telefon In den mobilen und festen Tele-fonnetzen zeichnet sich derÜbergang zur Internet-Telefo-nie ab. Dabei soll gleichzeitigdas bisher übertragene Audio-Frequenzband von circa 0.3 -3.4 Kilohertz auf circa 0.05 -7.0Kilohertz erweitert werden (Hi-Fi-Telefon). Es wird ein Codier-verfahren benötigt, das sowohldie bisherige Telefonqualität alsauch das erweiterte Audio-Fre-

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DDas Internet ist zu einem festenBestandteil des beruflichen wieprivaten Alltags geworden, miteiner stark steigenden Tendenzder Nutzung. Über Telefonlei-tungen ist der Zugang zum In-ternet mittels DSL-Technik (Di-gital Subscriber Line) nahezuüberall in Deutschland kosten-günstig verfügbar. Auch der In-ternetzugang über Mobilfunk-netze gewinnt stark an Bedeu-tung. Die Datenraten liegenhier jedoch deutlich niedriger,während wesentlich höhere Kosten anfallen. Dies basiert inerster Linie auf den physikali-schen Eigenschaften der Funk-ausbreitung und der Knappheitder verfügbaren Frequenzen.

Forschergruppen des Aa-chener Exzellenzclusters UMIC,Ultra High-Speed Mobile Infor-mation and Communication,haben sich zum Ziel gesetzt,Grundlagen und Konzepte fürdie nächste Generation desMobilfunks zu entwickeln. Esgeht dabei um die massive Stei-gerung von Teilnehmerzahlenund Datenraten durch effizien-tere Nutzung der Frequenzenund um die kostengünstigereAuslegung von Endgeräten undFunknetzen.

Die derzeitigen Mobilfunk-StandardsMit einem GSM-Telefon, dasden Standard der aktuellen Ge-neration darstellt, kann man in-zwischen über Funk auf das In-ternet zugreifen. Im so genann-ten GPRS Daten-Modus (Gene-ral Packet Radio Service) lassensich zum Beispiel E-Mails emp-fangen und versenden. In derPraxis werden Datenraten er-zielt, die etwa der halben ISDNGeschwindigkeit entsprechen.

Mobilfunknetze nach demUMTS-Standard (Universal Mo-bile Telecommunications Sys-tem) werden zurzeit auf- undausgebaut. Unter normalen Be-dingungen erzielt man mit die-ser Technik für den Downloadtypisch die zweifache ISDN-Ge-schwindigkeit. Die Netzbetrei-ber haben damit begonnen,den zusätzlichen höherratigenDatenmodus HSPA (High-Speed Packet Access) nach-zurüsten. Dieser verbesserteModus wird wegen der hohen

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Kommunikationstechnik für das Forschergruppen

für die nächste Generation

Bild 1: Internet-Telefonie mithierarchischer Quellencodie-rung für heterogene Netzzu-gänge.

Bild 2: Die Multimedia Übertragungskette.

Q = Quellen-Codierung; K = Kanal-Codierung; M = Modulation

DM = Demodulation; KD = Kanal-Decodierung; QD = Quellen-Decodierung

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mobile Internet von morgenlegen Grundlagen des Mobilfunks

quenzband abdeckt. Zudemsollte die Datenrate flexibel andie jeweilige Kanalqualität undNetzauslastung angepasst wer-den können.

Ein Kompressionsverfahren(Codec), das diese Anforderun-gen erfüllt, wurde kürzlich voneinem internationalen Konsorti-um unter maßgeblicher Beteili-gung des RWTH-Instituts fürNachrichtengeräte und Daten-verarbeitung (IND) entwickelt.Es handelt sich um ein hierar-chisches Kompressionsverfah-ren mit Bitraten von 8.0 bis 32Kilobit pro Sekunde. Ab einer

Datenrate von 14 Kilobit proSekunde wird bereits die größe-re Audiobandbreite von 7 Kilo-hertz erreicht. Mit zunehmen-der Datenrate verbessert sichdie Qualität, insbesondere fürMusiksignale. Aufgrund deshierarchischen Bitstroms kön-nen an jeder Stelle des Übertra-gungsweges bestimmte Teiledes Datenstroms unterdrücktwerden, wenn die momentaneNetzauslastung dies verlangt.Diese Situation kann, wie inBild 1 veranschaulicht, sowohlim Internet als auch beim Über-gang vom Festnetz auf die Mo-

bilfunkstrecke auftreten. Derneue Codec bietet insgesamtzwölf unterschiedliche Bitraten.Die Rechenkomplexität liegt jenach Betriebsart zwischen zwölfund 36 Millionen Prozessor-Operationen pro Sekunde.

Die Turbo-Verarbeitung Die wesentlichen Teilkompo-nenten einer Multimedia-Über-tragungskette werden in Bild 2dargestellt. Auf der Sendeseitewird mittels Quellencodierung(Q) eine Datenkompressiondurchgeführt. Es folgen die Ka-nalcodierung (K) für den Feh-

lerschutz und die Modulation(M) für die Funkübertragung.Nach Übertragung über dengestörten Funkkanal sind aufder Empfangsseite die komple-mentären Funktionen auszu-führen.

Für die nächste Generationder Mobilfunksysteme kommennur Übertragungsverfahren inFrage, die empfangsseitig Zu-verlässigkeitsinformationen mit-tels Turbo-Signalverarbeitungiterativ nutzen. Dieses Konzeptwurde am IND im Rahmen ei-nes von der Deutschen For-schungsgemeinschaft geför-

Bild 3: Empfänger mit Turbo-Signalverarbeitung (Turbo Decodulation).

Bild 4: EXIT-Diagramme: Iterative Verbesserung der Datenzuverlässigkeit.

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derten Projektes auf die Kombi-nation von Demodulation, Ka-naldecodierung und Quellende-codierung erweitert. Diesesneuartige Verfahren wird alsTurbo-Decodulation bezeich-net. Das Prinzip wird in Bild 3erläutert. In mehreren Iteratio-nen liefert jeder Block des Emp-fängers ein vorläufiges Zwi-schenergebnis, das in der näch-sten und/oder in der vorherge-henden Stufe zur weiteren Ver-besserung genutzt wird. Mitdiesen Methoden lassen sichdie erzielbaren Datenraten er-heblich steigern und die knap-pen Frequenzen wesentlich effi-zienter nutzen.

Zur Analyse des Konver-genzverhaltens und als Hilfs-mittel für die Systemoptimie-rung werden informationstheo-retische EXIT-Charts (ExtrinsicInformation Transfer) einge-setzt. Bild 4 zeigt anhand einesderartigen Diagramms, wie sichzwei Komponenten gegenseitigunterstützen und nach zehnIterationen ein zuverlässiges Ergebnis erzielen.

Die KanaloptimierungTypischerweise unterliegenFunksignale irregulären Schwan-kungen durch Abschattung,Beugung und Reflexion, insbe-sondere wenn sich Sender oder

Empfänger als mobile Stationenbewegen. Die hierdurch verur-sachten Einbrüche in der Emp-fangsleistung sind nicht gleich-mäßig über das gesamte ge-nutzte Frequenzband verteilt,sondern fallen in verschiedenenFrequenzen unterschiedlichstark aus. Um die starken Ver-luste in einem Bereich zu um-gehen und stattdessen die we-nig gedämpften Frequenzen zunutzen, wird das gesamte Bandin so genannte orthogonaleUnterträger aufgeteilt. DieseIdee wird ebenfalls bei demoben erwähnten DSL und denaktuellen WLAN-Zugängenrealisiert.

Wenn mehrere Nutzer imSystem sind, müssen sie sichdie Unterträger teilen und zwarso, dass keine zwei Nutzer die-selben verwenden. Die Qualitätjedes Unterträgers kann für je-den Nutzer anders aussehen, eswerden ja in der Regel räumlichverschiedene Verbindungen be-dient. Am Lehrstuhl für Theore-tische Informationstechnik wirddas Problem untersucht, wieman mit minimaler Sendeleis-tung eine für jeden Benutzervorgegebene Mindestrate beider Übertragung erzielen kann.Dies ist ein schwieriges Opti-mierungsproblem, dessen exak-te Lösung sehr lange Rechen-

Bild 5: „Wasserfüllen” als Optimierungsprinzip für dieRessourcenzuweisung.

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Bild 6: Mit Hilfe von Kunst-kopfmesstechnik werden dieakustischen Bedingungen beimmobilen Telefonieren unter-sucht. Ziel ist die Verbesserungder Sprachqualität und der Verständlichkeit in gestörterUmgebung.Foto: Peter Winandy

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30 zeit erfordert. Deshalb werdenHeuristiken gebraucht, die zwarnicht das exakte Optimum abereine nahe daran liegende Lösungbestimmen, und dies mit einemRechenaufwand, der von einemdigitalen Signalprozessor in Echt-zeit bewältigt werden kann.

Nachdem die Zuweisungder Nutzer auf die Unterträgerfestgelegt ist, wird die optimaleLeistungszuweisung für jedeneinzelnen Anwender durch Bild5 veranschaulicht. Man stellesich umgedrehte Sektkelche derangegebenen Form vor, die amBoden verschlossen sind. Jederrepräsentiert durch seine Formund Höhe über Grund die aktu-elle Güte des zugehörigen Un-terträgers. Die Kelche sinddurch dünne Röhren verbun-den, durch die Flüssigkeit voneinem in den anderen fließt. Nungießt man Wasser in das System,

die Höhe des Wasserstands wirddurch die verbindenden Röhrenüberall dieselbe sein. Die Mengedes eingefüllten Wassers wirddurch die blauen Flächen darge-stellt, jede einzelne entspricht derauf dem Unterträger übertra-genen Datenrate. Die Gesamt-fläche repräsentiert die zu über-tragende Gesamtrate. Die mitdiesem Verfahren erzielte Vertei-lung der Datenraten auf die Un-terträger repräsentiert die optima-le Lösung.

Die jeweils benötigte Leis-tung lässt sich leicht aus derbekannten Abhängigkeit zwi-schen Datenrate und Leistungermitteln. Im Beispiel wird diehöchste Datenrate mit entspre-chender Leistung auf Unterträ-ger 3 übertragen. Unterträger 1wird wegen seiner schlechtenQualität ganz vermieden, dader Wasserstand so hoch nicht

reicht. Zur rechnerischen Be-stimmung der graphisch an-schaulichen Lösung werden amLehrstuhl für Theoretische Infor-mationstechnik ebenfalls schnelleAlgorithmen entwickelt.

Die SelbsterkennungDas Konzept der Cognitive Wi-reless Networks, was frei über-setzt selbst erkennende draht-lose Netzwerke bedeutet, ist ei-nes der wissenschaftlichen undinterdisziplinären Komponentender UMIC-Arbeit. Die zu Grun-de liegende Idee bei CognitiveRadios ist, neue „schlaue”Kommunikationssysteme zuentwickeln, die über die folgen-den Fähigkeiten verfügen:

Die Mobilfunkgeräte lernenvon Ihrer Umgebung und durchIhre Erfahrungen mit Hilfe vonSignalverarbeitungsmethodenund Ansätzen des Maschinen-

lernens mit dem Ziel der System-optimierung.

Sie passen sich den Vorliebendes Nutzers an und ahnen diesevoraus, was zum Beispiel dieAuswahl passender Quellenko-dierungsverfahren einschließt.

Sie verfügen über Wissenzur Spektrums- und Netzres-sourcennutzung und setzen sol-che Informationen intelligentein, um insbesondere das Ver-

Bild 7: Mit Simulationssoftware,die große Bereiche von Mobil-funknetzen abbildet, wie hierein UMTS-Simulator, werdenneue Optimierungsverfahren zurSteigerung von Qualität und Kapazität der Netze erforscht.Dabei werden auch Messungenund Planungsdaten realer Mobilfunknetze einbezogen.Foto: Peter Winandy

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31halten der Funkempfänger unddamit beispielsweise die ver-wendete Frequenz oder andereNetzparameter anzupassen.

Diese Arbeit wird in engerKooperation von mehrerenUMIC-Gruppen durchgeführt.Der Hauptbaustein, der vomLehrstuhl für Mobilfunknetzeentwickelt wird, ist ein soge-nannter „Cognitive ResourceManager”, der auch hochent-wickelte Methoden des Ma-schinenlernens beinhaltet. DieArbeit für UMIC wird nicht nurvon der erweiterten Prototy-penentwicklung profitieren,sondern auch die einzigartigeMöglichkeit bieten, die funda-mentalen Eigenschaften dieserSysteme zu erforschen, wiezum Beispiel das Treffen verteil-ter Entscheidungen bei unvoll-ständiger Information. DerLehrstuhl für Mobilfunknetze

Autoren:Univ.-Prof. Dr. Petri Mähönenist Lehrstuhlinhaber für Mobil-funknetze.www.mobnets.rwth-aachen.deUniv.-Prof. Dr. rer. nat. RudolfMathar ist Lehrstuhlinhaber für Theoretische Informationstechnik.www.ti.rwth-aachen.deUniv.-Prof. Dr.-Ing. Peter Vary ist Inhaber des Lehrstuhls fürNachrichtengeräte und Daten-verarbeitung. www.ind.rwth-aachen.de

hat unter anderem ein Konzeptentwickelt, das die Wahrschein-lichkeit für schädliche Paketkol-lisionen in populären Hotspots,also den drahtlosen Internetzu-gangspunkten, deutlich verrin-gert.

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Bild 8: Wissenschaftler des Exzellenzclusters UMIC ent-wickeln Grundlagen und Konzepte für die nächste Gene-ration des Mobilfunks. Ein wesentliches Merkmal ist dieenge Verzahnung der beteilig-ten Lehrstühle. Die interdiszi-plinären Teilprojekte umfassenunter anderem die ThemenChipentwurf, Übertragungs-technik, Funknetzarchitekturenund Anwendungen.Foto: Peter Winandy

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Lehrstuhl für Integrierte Systeme der Signalverarbeitung

Lehrstuhl für Integrierte Analogschaltungen

Lehrstuhl Informatik 5 –Informationssysteme und Datenbanken

Lehrstuhl Informatik 8 –Computergrafik und Multimedia

Lehrstuhl Informatik 11 –Software für eingebettete Systeme

Ericsson Lehrstuhl für Mobilfunknetze

Lehrstuhl für Theoretische Informationstechnik

Lehrstuhl für Allgemeine Elektrotechnik und Datenverarbeitungssysteme

Lehrstuhl Informatik 4 – Kommunikation und verteilte Systeme

Lehrstuhl Informatik 7 – Logik und Theorie diskreter Systeme

Am Exzellenzcluster„Ultra High-Speed Mobile Information TH

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www.umic.

Page 33: RWTH-Themen Exzellenzinitiative - Impulse für die Zukunft

and Communication” sind beteiligt:

Institut für Nachrichtengeräte und Datenverarbeitung

Lehrstuhl für Kommunikationsnetze

Lehrstuhl Informatik 10 – Medieninformatik

Institut für Textiltechnik

Lehr- und Forschungsgebiet Stadtbaugeschichte

Lehrstuhl Informatik 2 – Softwaremodellierung und Verifikation

Philips Lehrstuhl für medizinische Informationstechnik

Lehr- und Forschungsgebiet Software für Systeme auf Silizium

Lehrstuhl für Nachrichtentechnik

Lehrstuhl Informatik 9 – Datenmanagement und -exploration

Lehrstuhl für Algorithmen und Komplexität

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rwth-aachen.de

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Marek Behr, Nicole Faber,

Martin Mönnigmann

„The next Generation”Die Graduiertenschule AICES

im Bereich Computational

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BBeim Thema Computational En-gineering Science blicken meh-rere Institute der RWTH Aachenauf eine lange konstruktive Zu-sammenarbeit zurück. Die Gra-duiertenschule „Aachen Institutefor Advanced Study in Compu-tational Engineering Science”,kurz AICES, vereint die breitefachliche Kompetenz dieser Insti-tute sowohl in der Forschung alsauch in der Lehre. Der wissen-schaftliche Schwerpunkt vonAICES liegt auf der Analyse unddem Entwurf technischer Syste-me in den Anwendungsgebietender beteiligten Institute: denMaterialwissenschaften, der Ver-fahrenstechnik, dem Verkehrs-wesen, der Elektrotechnik, derBiomedizintechnik und den Geo-wissenschaften. Die Lösung derzugrunde liegenden inversenProbleme und Multiskalenpro-bleme erfordert den Einsatz in-novativer rechnergestützter Me-thoden zur Entwicklung mathe-matischer Modelle, zur Kopp-lung von Modellen auf unter-schiedlichen Zeit- und Längen-skalen und zum optimalen Ent-wurf und Betrieb komplexertechnischer Systeme.

Das Graduiertenprogrammbietet Bachelor-Absolventen einbeschleunigtes Promotionsver-fahren. Dazu wird eine kurs-und punktbasierte Masterphasemit einer intensiven Betreuungbei der Promotion kombiniert.Ein wichtiges Element der Gra-duiertenschule ist die umfassen-de Unterstützung für unabhän-gige Nachwuchsforschergrup-pen. AICES richtet drei neueNachwuchsgruppen ein und bie-tet neuen wie bereits existieren-den Nachwuchsgruppenleiternund -leiterinnen die Gelegen-heit, Promotionsstipendien ausAICES-Mitteln zu vergeben. Alledurch die Graduiertenschule ge-tragenen Promotionsstipendienwerden in einem internen wett-bewerblichen Auswahlprozessvergeben. In diesem Auswahl-prozess werden zum einen aus-gezeichnete Promovierendedurch ein verbindliches Auswahl-verfahren ausgewählt. Zum an-deren wird die Qualität der Be-treuung gesichert, indem Nach-wuchsforscher und -forscherin-nen um die besten Promotions-studierenden konkurrieren. Ein

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weiteres wichtiges Element derGraduiertenschule ist ein spezielleingerichteter Fonds für zielge-richtete Experimente, mit denenexterne universitäre Partnerinsti-tute beauftragt werden können.

AICES wird unterstützt durchdie bereits vorhandenen Aktivitä-ten an der RWTH Aachen im Be-reich Computational EngineeringScience (CES), darunter das eta-blierte Bachelor- und Master-Stu-

dienprogramm, dessen Kursan-gebot auch AICES-Teilnehmernund -Teilnehmerinnen offen steht.Das Center for ComputationalEngineering Science (CCES) dientals Kristallisationspunkt für die

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der Nachwuchswissenschaftlerbildet Doktoranden Engineering Science aus

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Forschungs- und Projektaktivitä-ten. Schließlich profitiert die Gra-duiertenschule von den neuenuniversitätsweiten Verbesserun-gen in der Promotionsausbil-dung. Diese beinhalten unter an-

derem eine Zusammenarbeit mitdem kürzlich ins Leben gerufe-nen Center for Doctoral Studies(CFDS), das zum Beispiel Rheto-rikkurse und Schulungen überPräsentationstechniken anbietet.

Bild 1: Der Vorstand der Gradu-iertenschule AICES, das „Stee-ring Committee”, vor dem Jüli-cher Superrechner vom Typ IBMBlue Gene: Dr.-Ing. MartinMönnigmann, Prof. Dr.-Ing.

Wolfgang Marquardt, Dr.rer.nat.Ralph Haberkern, Nicole FaberM.A., Prof. Dr.rer.nat. FelixWolf, Prof. Marek Behr Ph.D., von links nach rechts.Foto: Peter Winandy

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Das AICES-Programm zielt dar-auf ab, ein integratives undhochgradig interdisziplinäres,forschungsorientiertes Ausbil-dungsprogramm für herausra-gende Studierende anzubieten.Dieses Programm läuft parallelzu den traditionell ausgerichte-ten Promotionsprogrammen inNaturwissenschaften und Ma-schinenbau. AICES bietet allenBeteiligten die Gelegenheit, soli-de Erfahrungen mit neuen Kon-zepten der Promotionsausbil-dung in Ergänzung zu den be-reits bestehenden Promotions-programmen aufzubauen. Einenicht unerhebliche Anzahl vonDoktoranden und Doktorandin-nen aus den beteiligten Institu-ten wird ebenfalls in die AICESStruktur integriert.

Inhaltliche Schwerpunkte der GraduiertenschuleNeben etablierten analytischenund experimentellen wissen-schaftlichen Ansätzen spielt dasComputational Engineering einewachsende Rolle und hat sichals eine dritte Säule in Forschungund Entwicklung etabliert. Fürden Bereich des ComputationalEngineering sind folgende Ent-wicklungstrends derzeit absehbar:

Die wachsende Komplexitätvon physikalischen oder techni-schen Systemen (Komplexität).

Die Betrachtung einer steigen-den Anzahl interagierender Zeit-und Längenskalen (Multiskalen).

Die Auseinandersetzung mitder Zunahme interagierender,gekoppelter physikalischer Phä-nomene (Multi-Physik).

Die Suche nach optimalenEntwürfen und Auslegungentechnischer Systeme (Optimie-rung).

Um sich mit diesen Trends aus-einander zu setzen, fördert dieGraduiertenschule das Compu-tational Engineering in drei ent-scheidenden Bereichen:1. Modellidentifikation unter-stützt durch modellbasierten Ent-wurf und modellbasierte Auswer-tung von Experimenten (MEXA).2. Methoden zur Untersuchungvon Skalenwechselwirkungenund Skalenvernetzung.3. Methoden zur Optimierungtechnischer Systeme.

Diesen verschiedenen Zielset-zungen ist gemein, dass sie Bei-spiele für inverse Probleme sind.Inverse Probleme unterscheidensich von den direkten analyti-schen Problemen, die einen derEckpfeiler im Bereich Forschungund Technik der letzten Jahr-zehnte bildeten. In direkten re-chengestützten Analyse-Proble-men ist die Systemausgabe fest-gelegt als ein Ergebnis der gege-benen Systemcharakteristikaund der Inputs in direkter Ana-logie zu einer experimentellenAnalyse. Bei inversen Problemenhingegen werden Systeminputs,-parameter oder andere interne-charakteristika auf der Basis derBeobachtung und der Ergebnis-Messgrößen eines realen Sys-tems oder den gegebenen Spe-zifikationen eines technischenSystems mit gewünschtenMaßen festgelegt.

Verkürzter Weg zur PromotionDer AICES-Lehrplan geht aufbekannte Kritikpunkte bezüglichder Promotionsausbildung ein:Das relativ hohe Alter von Pro-motionsstudierenden, eine et-waige Isolation während derPromotionsarbeit und unzurei-chende internationale Erfahrun-gen. Einige bestehende Initiati-ven, beispielsweise die Graduier-ten-Kollegs (GRK) oder Sonder-forschungsbereiche (SFB) mitihren Doktorandengruppen,entschärfen diese Kritikpunkteund verbessern die Gegebenhei-ten für Promotionen an einzel-nen Instituten. Die Graduierten-schule AICES möchte verschie-dene bestehende Bemühungenin einem stimmigen Rahmenmiteinander verbinden, um einemöglichst gute Unterstützungfür den gesamten Forschungs-bereich CES anbieten zu kön-nen. In AICES wird ein Pro-gramm angeboten, das interes-sant ist für Studierende aus derganzen Welt, die einen Bacheloroder höheren Abschluss in denBereichen Mathematik, Natur-oder Ingenieurwissenschaftenvorweisen können. Für die Teil-nehmer und Teilnehmerinnendes Programms, unter ihnenauch die AICES-Stipendiatenund -stipendiatinnen, wird dieAnfertigung der Masterarbeitgezielt mit den ersten Schritten

der Promotionsforschung kom-biniert und fokussiert – so be-reits die Thematik der späterenDoktorarbeit. Das Promotions-programm ist gemäß der drittenPhase des Bologna-Prozessesgestaltet.

Eines der Kernelemente vonAICES ist die Einrichtung einesBetreuungsteams für jeden Dok-toranden und jede Doktorandin.Es umfasst einen verantwortli-chen Betreuer (einen/eine Nach-wuchswissenschaftler/-in), einenCo-Betreuer (einen/eine Profes-sor/-in), einen Mentor (eine er-fahrene Promotionsstudentinoder einen erfahrenen Promoti-onsstudenten) sowie ein Mit-glied des AICES Service-Teams.Das Betreuungsteam stellt dieintensive Betreuung auf allenEbenen sicher. Nachwuchswis-senschaftler und -wissenschaft-lerinnen werden als Betreuereingebunden, um die Betreuungder Promovierenden zu intensi-vieren und gleichzeitig die Un-abhängigkeit des wissenschaftli-chen Nachwuches nach der Pro-motion zu fördern. Eine zusätzli-che Unterstützung bietet das AICES Service-Team den Promo-vierenden direkt vor Ort.

Die Betreuung unabhängigerNachwuchswissenschaftler-GruppenDie Graduiertenschule wirdzunächst zwei und später einedritte Nachwuchswissenschaft-ler-Gruppe neu einrichten. Diessoll in Themengebieten erfol-gen, die quer zu bereits beste-henden Forschungsvorhabenverlaufen, um so neue Koopera-tionen zu generieren. Denkbarsind Themengebiete wie die Op-timierung von verteilten Syste-men, die kontinuierlich-diskreteOptimierung sowie neu entste-hende Gebiete der Systemanaly-se. Diesen Nachwuchswissen-schaftlern wird mindestens einePromotionsstelle, besetzt mit einem AICES-Stipendiaten, ge-währt. Zusätzliche Promotions-stellen können in einem wettbe-werblichen Prozess zuerkanntwerden. Außerdem werden dieGruppenleiter ermutigt, eigeneextern geförderte Forschungs-projekte zu etablieren. Die Posi-tion des Leiters der Nachwuchs-wissenschaftler-Gruppe wird in-

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ternational ausgeschrieben.Ebenso wie im Emmy NoetherProgramm der Deutschen For-schungsgemeinschaft (DFG)werden die Nachwuchswissen-schaftler-Gruppen in die Partner-institute integriert, die thematischden engsten Bezug haben.

www.aices.rwth-aachen.de

Autoren:Univ.-Prof. Marek Behr, Ph.D.,ist Lehrstuhlinhaber für Compu-tergestützte Analyse TechnischerSysteme und WissenschaftlicherDirektor der Graduiertenschule„Insitute for Advanced Study inComputational EngineeringScience” (AICES).www.cats.rwth-aachen.deNicole Faber, M.A. ist Geschäftsführerin der Graduiertenschule.Dr.-Ing. Martin Mönnigmann iststellvertretender Wissenschaftli-cher Direktor der Graduierten-schule „Insitute for AdvancedStudy in Computational En-gineering Science” (AICES) undNachwuchswissenschaftler amLehrstuhl für Prozesstechnik.www.lpt.rwth-aachen.de

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37Bild 2: Strömungsvisualisierungder Herzpumpe.

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André Bardow, Wolfgang Dahmen, Arndt Hartwich, Wolfgang Marquardt,

Claas Michalik

ZeitdruckDieser Ausschuss lässt sich nurvermeiden, wenn die Auswir-kungen wechselnder Ausgangs-stoffe noch während der Her-stellung erfasst werden, um dieStellgrößen des Prozesses so zuverändern, dass unter den je-weils herrschenden Bedingun-gen ein verkaufsfähiges Medi-kament hergestellt wird. DerErfolg des Vorgehens beruhtdabei auf der Fähigkeit, Opti-mierungsprobleme in der Zeit-spanne lösen zu können, diedurch den physikalischen Pro-zess vorgegeben wird. Es han-delt sich somit um so genannteEchtzeitprobleme. Die dabeianfallenden Zeitraten können jenach Prozessart ganz unter-schiedlich sein. In jedem Fallsind sie zwingend einzuhalten.Diese Problematik wurde in ei-nem gemeinsamen Schwer-punktprojekt der DeutschenForschungsgemeinschaft vonMathematikern und Verfahrens-technikern der RWTH Aachenkonzeptionell angegangen.

Mit Hilfe der Echtzeitopti-mierung wird nicht nur dieWirtschaftlichkeit eines Prozes-ses gesteigert, sondern auchseine negativen Folgen für dieUmwelt minimiert. Die optima-le Ausnutzung der Rohstofferückt dabei vor dem Hinter-grund zunehmender Ressour-cenknappheit sowie einemweltweit gesteigerten Umwelt-bewusstsein immer stärker inden Vordergrund.

Die mit der Echtzeitoptimie-rung erreichbare Prozessverbes-serung erfordert jedoch die Lö-sung einer Reihe von Teilpro-blemen und das Zusammen-spiel verschiedener Disziplinen.Die wesentlichen Schritte aufdem Weg zu einem perfektenKaffee oder zum optimalentechnischen Prozess sind dabei:

Das Modell:Ein ausreichend genaues ma-thematisches Modell des Pro-zesses oder die Frage „Waspassiert in der Kaffeemaschi-ne?”

Die Simulation:Eine numerische Methode, diedie Auswertung dieses Modellserlaubt.

Die Optimierung: Eine effektive Strategie, die unsgenau sagt, wie wir an welcherStellgröße drehen müssen, umso schnell wie möglich zu einerperfekten Tasse Kaffee zu kom-men.

Eine neue Säule der WissenschaftDas Rüstzeug, um diese Ele-mente zusammen zu bringen,wird in Zukunft die Aufgabedes Centers for ComputationalEngineering Science, CCES,sein. Die Entwicklung dieserjungen Disziplin ist inhärent in-terdisziplinär und löst zuneh-mend die Grenzen klassischerFachgebiete auf. Ingenieur-und Naturwissenschaften, Ma-thematik und Informatik ergän-zen sich daher an der RWTHAachen aufs Engste und sindim Rahmen der CCES-Initiativemiteinander verknüpft. Insbe-sondere an den Schnittstellenzwischen den Kernwissenschaf-ten werden interessante neueProblemstellungen erwartet, die zukünftige wissenschaftliche Innovation ermöglichen. Die Wissenschaft der Simulation als Komplex von Modellierung, Ingenieurwissenschaft und Methodenentwicklung wird in Zukunft als treibende Kraft derForschung und Entwicklungdienen. Neben dem bereits eingeführten Studiengang fürComputational Engineering Sience werden die Aktivitätenim CCES durch die Graduier-tenschule AICES verstärkt, dieim Rahmen der Exzellenzinitiati-ve eingeworben werden konnte.Sie soll die zukünftige Generati-on von Simulationsexpertenhervorbringen.

Das ModellIm ersten Schritt auf dem Wegzur Echtzeitoptimierung müssenwir Methoden zur Vorhersagedes Systemsverhaltens ent-wickeln. Wir wollen beispiels-weise wissen: Reicht die Kühl-leistung des Flusswassers auchim Hochsommer aus, um denKernreaktor zu temperieren?Schafft es der A380 von derStartbahn abzuheben? Bleibtder Autofahrer bei einem Fron-talcrash mit 50 Stundenkilome-tern unverletzt? Der experi-mentelle Zugang wie beim Kaf-feekochen verbietet sich hier.Die Frage lässt sich schließlichso beantworten, wie es uns ge-lingt, das Wetter vorherzusa-gen. Der Schlüssel zum Erfolgliegt in der Modellierung desProzesses. Sowohl das globaleLuftdrucksystem als auch dieChemieanlage werden im Com-puter virtuell nachgebildet. Dasmathematische Modell derRealität erlaubt es uns dann,den zukünftigen Zustand destechnischen Systems zu bestim-men.

Im Gegensatz zur Wetter-prognose ist die Vorhersagetechnischer Systeme aber deut-lich interessanter, weil hier dasVerhalten gezielt manipuliertwerden kann. Bei der Chemie-anlage gelingt uns also, wasbeim Wetter wohl ewig einTraum bleiben wird.

Die SimulationDie Möglichkeit, durch Simula-tion Kosten zu sparen und vir-tuell in Bereiche vordringen zukönnen, die sich ansonsten ver-schließen würden, wie bei-spielsweise ein vollkommenneues Aroma beim Kaffee,macht die Bedeutung dieserneuen Wissenschaftssäule fürdie zukünftige Wettbewerbs-fähigkeit im Technologiebereich

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OOptimierung kennt im Grundegenommen jeder aus dem täg-lichen Leben. Was machen Sie,wenn Ihnen der Kaffee zu starkist? Sie nehmen am nächstenMorgen weniger Kaffeepulverund am darauf folgendeneventuell noch weniger, bis derKaffee genau so ist, wie Sie ihngerne trinken. Dieses Vorgehenscheint sinnvoll, führt jedochbei genauer Betrachtung schonbei diesem einfachen Beispielzu Problemen. So werden Sienach einiger Zeit die Kaffee-menge ändern müssen, da dasKaffeepulver durch die Lage-rung seine Eigenschaften ver-ändert. Auch das Leitungswas-ser unterliegt Qualitätsschwan-kungen und wird beispielsweiseim Sommer stärker mit Chlorversetzt. Wer immer den per-fekten Kaffee will, muss allediese Einflussfaktoren ständigüberprüfen und, was nochschwieriger ist, die Menge desKaffeepulvers immer auf dieaktuellen Bedingungen einstel-len. Das hieße also, vor derperfekten Tasse Kaffe müsstenSie jeden morgen drei bis vierProbetassen aufsetzen, welcheunweigerlich im Ausguss lan-den würden.

Überträgt man dieses Pro-blem auf große technische Sys-teme, bei denen es eine Viel-zahl von Einflussparametern,wie das Alter des Kaffeepulvers,und Stellgrößen, wie die ver-wendete Kaffeemenge, gibt, so wird direkt klar, dass nur einstrukturiertes Vorgehen zum Erfolg führen kann. Stellen Siesich eine Anlage zur Herstel-lung eines Medikamentes vor,welches strenge Anforderungenerfüllen muss, damit es gefahr-los verkauft werden kann. Eineschwankende Qualität der Aus-gangsstoffe, aus denen dasMedikament hergestellt wird,würde zwangsläufig dazuführen, dass ein Großteil derZeit ein unverkäufliches Pro-dukt hergestellt wird.

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Bei der EchtzeitoptimierungMit Multiskalenmethoden bringen

und Verfahrenstechniker

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sitzt die Zeit im NackenMathematiker die Industrie auf Trab

deutlich. Mittels geeignetermathematischer Algorithmenkönnen die modellierten Pro-zesse virtuell simuliert werden.Neben dem Einsatz modernsterInformatikwerkzeuge ist dannoft die Konzeption eines Algo-rithmus auf mathematisch/ana-lytischer Ebene entscheidenddafür, ob die gesamte Rechen-komplexität in einem akzepta-blen Rahmen gehalten werdenkann. Multiskalenmethoden ge-währleisten die Lösung von ex-trem großen Problemen undhaben so hinreichend verlässli-che Simulationen für viele An-wendungsbereiche erst zugäng-lich gemacht. Schließlich wirdes darum gehen, mathemati-sche Algorithmen angemessenauf dem Rechner zu realisieren,

durch parallele Verarbeitung zubeschleunigen und durch Werk-zeuge der virtuellen Realität dieErgebnisse auszuwerten.

Die OptimierungEine effiziente Lösung des Si-mulationsproblems ist dieGrundvoraussetzung für denletzten Schritt zur Echtzeitopti-mierung, die numerische Opti-mierung selbst. Hier ist es dasZiel, Einflussgrößen so festzule-gen, dass ein definiertes Güte-kriterium optimiert wird. Es sollalso zum Beispiel der Gewinnmaximiert, die Produktionsdau-er minimiert oder das Aromades Kaffees optimiert werden.Die Optimierungsalgorithmen,die das Aufspüren dieser opti-malen Bedingungen zum Ziel

haben, sind dabei Gegenstandaktueller Forschungsarbeiten.Besonders aufwändig ist dabeidie Optimierung eines dynami-schen Prozesses, da hier eineSteuergröße im Allgemeinennicht einen festen, idealen Werthat, sondern dieser sich zeitlichverändert. Als einfaches Beispielkann eine Polymerisationsreak-tion zur Herstellung einesKunststoffes betrachtet werden.Während der gesamten Reakti-onsdauer von beispielsweise ei-ner Stunde können die Tempe-ratur und der Druck variiertwerden. Die Optimierung die-ses Problems gestaltet sichkompliziert, weil es nicht um ei-nen konkreten Wert geht, son-dern ein Profil über die Zeit op-timiert werden muss. Mathe-

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einer neuen Packung Kaffeesollte das Optimierungsproblembis zum nächsten Morgen einErgebnis liefern. Bei schwan-kender Rohstoffqualität einesPharmaprozesses stehen viel-leicht nur einige Minuten zurVerfügung und bei anderenAnwendungen sind es nurBruchteile von Sekunden.

Lösung über MultiskalenansätzeBei den in Aachen entwickeltenMethoden zur Lösung vonEchtzeitoptimierungsproblemenmachen wir uns genau dieseNotwendigkeit einer Diskretisie-rung zunutze. Die Qualität derLösung ist stark abhängig vonder Feinheit der gewählten Dis-kretisierung, ein hoher Grad er-fordert jedoch mehr Rechen-zeit. Unser Ansatz betrachteteine ganze Sequenz von Opti-mierungsproblemen, die sichaus unterschiedlichen Diskreti-sierungsfeinheiten ergibt. Be-ginnend auf der gröbsten Ebe-ne werden Anteile erfasst, die

eher kurze Rechenzeiten be-nötigen. Bei der Lösung des Op-timierungsproblems der nächstfeineren Diskretisierungsebenekönnen dann die vorher be-rechneten groben Lösungen alsStartwerte verwendet werden.Dies wird so oft wiederholt, wie es das gegebene Zeitfen-ster erlaubt, um so für jedesZeitbudget eine Antwort mitmaximaler Qualität zu gewähr-leisten. Zudem werden die Ver-feinerungen der Diskretisierun-gen nicht global durchgeführtsondern adaptiv. Also nur dort,

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matisch betrachtet handelt essich um ein unendlich dimen-sionales Problem.

Ähnliche Fragestellungenbeschäftigen auch Herstellervon Geräten wie Druckern,Monitoren oder Fernsehern. EinBeispiel: Ein Kreis besteht ausunendlich vielen, unendlichkleinen Punkten, die ein Druckerunmöglich alle aufs Papier brin-gen kann. Hier kommt eine sogenannte Diskretisierung zumEinsatz. Der perfekte Kreis wirddabei diskretisiert, um darstell-bar zu sein. Konkret heißt dies,dass beim Drucker alle noch sokomplexen Formen aus kleinenPunkten, den so genanntenDots aufgebaut werden. BeimFernseher wird das bunte Bilderzeugt, indem Punkte in dendrei Grundfarben kombiniertwerden, so wie in Bild 1 darge-stellt.

Ziel ist es, eine diskrete Ver-sion zu erstellen, die der ‚ech-ten’ so nah kommt wie mög-lich. Die Frage ist nun: Braucheich einen High-Definition-Fern-

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Bild 1: Dots eines Fernseherbildschirms.Quelle: aboutpixel.de

Bild 2: Wavelet-basierte Ver-feinerung eines Steuerprofils.

seher oder reicht auch ein nor-males Gerät? Dieses Problemstellt sich im übertragenen Sin-ne auch bei der Optimierung.Hier wird, genau wie der Kreisbeim Drucker, das optimaleTemperaturprofil im Reaktordurch aneinander gereihte, kur-ze, konstante Stücke diskreti-siert. Wie viele dieser Stückesollen aber benutzt werdenoder wie fein soll die Diskreti-sierung sein? Der Wunsch „soviele wie möglich” scheitert anden Randbedingungen. BeimFernseher sind das die Kosten,bei der Optimierung ist es derRechenaufwand. Je feiner dieDiskretisierung, desto schwieri-ger und langwieriger wird dieOptimierungsaufgabe.

Während die Rechenzeit inmanchen Fällen, wie bei derOptimierung der Tragflächendes A380, nicht grundsätzlichentscheidend ist, stellt sie beianderen Anwendungen ein ele-mentares Kriterium dar. In vie-len Fällen ist diese durch denProzess selber beschränkt. Bei

Bild 3: Wissenschaftler desLehrstuhls für Prozesstechnikund des Institutes für Geome-trie und Praktische Mathematikentwickeln eine Methodik zurEchtzeitoptimierung auf Basisvon Multiskalenmethoden. Damit ist es möglich, sowohlden täglichen Kaffeegenuss alsauch Anlagen der Großchemiezu optimieren.Foto: Peter Winandy

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wo eine höhere Auflösung drin-gend benötigt wird, um mit ei-ner möglichst geringen Zahlvon Freiheitsgraden eine mög-lichst hohe Lösungsqualität zuerlangen. Eine entsprechendeVerfeinerungssequenz ist sche-matisch in Bild 2 dargestellt.Die oberen Diagramme der Ab-bildung zeigen die schrittweiseverfeinerte Diskretisierung desSteuerprofils eines chemischenProzesses, mit dem Kunststoffehergestellt werden. Der Verlaufdes Steuerprofils bestimmt, wiedie Rohstoffe dem Prozess zu-geführt werden. Das fein auf-gelöste Profil der sechsten Ite-ration ermöglicht die Herstellungvon Kunststoffen mit höhererQualität im Vergleich zu demProfil nach der ersten Iteration.Dieser Lösungsansatz ist imple-mentiert in dem Softwarepro-dukt DyOS des Lehrstuhls fürProzesstechnik und wird zurLösung großer Fallstudien ausder industriellen Praxis genutzt,bei denen es gilt, bis zu vierMillionen Gleichungen zu lösen.

Als Rahmen zur Realisie-rung dieses Konzepts haben wirmoderne Wavelet-Methodengewählt, die beispielsweiseauch im Jpeg2000-Standard zurBildkomprimierung verwendetwerden. Wavelets sind Basis-

funktionen, mit denen die ge-suchten zeitlichen Steuerprofileparametrisiert werden. Dabeiersetzt man diese Profile durcheine Summe aus vielen Wave-let-Funktionen, so dass nurnoch die Gewichtung der ein-zelnen Basisfunktionen statt desVerlaufs einer Kurve bestimmtwerden muss. Auf diese Weisekönnen dann besonders flacheund glatte Kurvenverläufedurch wenige diskrete Stellenangenähert werden, währendan besonders stark variierendenKurvenabschnitten deutlichmehr Wavelets notwendig sind.Somit kann man die Größe desOptimierungsproblems deutlichreduzieren, ohne hohe Genau-igkeitsverluste in Kauf nehmenzu müssen. Die Ergebnisse derWavelet-Analyse des Steuer-profils sind in den Diagrammenvon Bild 2 zu sehen, wobei dieFarbe die Notwendigkeit einerVerfeinerung indiziert.

Adaptive Verfeinerungstak-tiken kommen auch in anderenBereichen zum Einsatz. Bild 4zum Beispiel zeigt die Diskreti-sierung bei der Berechnung derStrömung um einen Tragflügel.Wo die Luftmassen sich örtlichbesonders stark ändern, wirdeine hohe Auflösung benötigt,wie beispielsweise an der Vor-

derkante des Flügels. Durch dieadaptive Diskretisierung wirddas Problem signifikant verklei-nert und benötigt deutlich ge-ringere Rechenzeiten beigleichzeitig hoher Genauigkeit.

Die „Entweder-Oder-Ent-scheidung” beim Fernseherkaufkönnen wir also im Bereich derProzessoptimierung durch eine„Und-Lösung” ersetzen. Wirhaben den normalen und denHigh-Definition-Fernsehergleichzeitig, beziehungsweisezu jedem Zeitpunkt genau das,was wir gerade brauchen. Wasbeim Heimkino wünschenswertist, bekommt bei großen tech-nischen Anlagen weitausgrößere Bedeutung. Zu jederZeit einen Prozess optimal be-treiben zu können, bedeutetnämlich in erster Linie, die Res-sourcen optimal auszunutzen.Die hier vorgestellten Metho-den steigern also nicht nur dieÖkonomie eines Prozesses son-dern stellen auch einen aktivenBeitrag zum Umweltschutz undbewussten Umgang mit end-lichen Ressourcen dar.

Bild 4: Strömungsberechnungum einen Tragflügel.

Autoren:Dr.-Ing. André Bardow ist Oberingenieur am Lehrstuhl für Prozesstechnik.Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Wolfgang Dahmen leitet das Institut für Geometrie und Praktische Mathematik. http://www.igpm.rwth-aachen.deDipl.-Ing. Arndt Hartwich istWissenschaftlicher Angestellteram Lehrstuhl für Prozesstechnik.Univ.-Prof. Dr.-Ing. WolfgangMarquardt leitet den Lehrstuhlfür Prozesstechnik.Dipl.-Ing. Claas Michalik arbeitet als WissenschaftlicherAngestellter am Lehrstuhl fürProzess-technik. http://www.lpt.rwth-aachen.de

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Mehdi Behbahani, Marek Behr, Christian Bischof,

Felix Gerd Eugen Wolf

nes VAD Prototypen bei gege-benen Strömungsbedingungenvorhersagen, sondern auch denEinfluss verschiedener DesignParameter auf das Strömungs-feld berechnen. Schließlich ent-wickelt die Helmholtz-Nach-wuchsgruppe LeistungsanalyseParalleler Programme unter Lei-tung von Prof. Felix Wolf Me-thoden und Werkzeuge, mit de-ren Hilfe die Effizienz von Simu-lationsrechnungen auf Parallel-rechnern der höchsten Leis-tungsklasse analysiert und ver-bessert werden kann. Auf dieseWeise wird es möglich, mit An-wendungen wie der oben be-schriebenen das Potenzial vontausend gleichzeitig arbeitendenProzessoren zu erschließen unddamit die Produktivität solcher

Simulationsvorhaben noch wei-ter zu steigern. Die Gruppe fürVirtuelle Realität am Rechen-und Kommunikationszentrum,geleitet von Dr. Torsten Kuhlen,entwickelt neue Paradigmen fürdie Visualisierung und Interakti-on mit komplexen Strömungenin dreidimensionalen immersivenUmgebungen.

CATS verwendet diese re-chenintensiven Simulationen zurBestimmung des Potenzials ver-schiedener Design-Modifikatio-nen sowie verschiedener Varian-ten von Strömungsprofilen,Durchflussraten und der Ge-schwindigkeit des Rotors. Diesgeschieht mit dem Ziel, dieKompatibilität der Blutpumpemit dem Körper zu verbessern.Kann nun die Größe so reduziert

Kranken Herzen Ingenieure und Informatiker

gemeinsam eine

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DDas menschliche Herz ist einWunder der Miniaturisierungund Effizienz. Jede Minutepumpt es circa fünf Liter sauer-stoffreiches Blut durch das Ge-fäßsystem - und das Tag fürTag. Die Herzkammern, auchVentrikel genannt, kontraktierenund entspannen ohne Unterbre-chung über 40 Millionen Mal imJahr. Jede Fehlfunktion einessolch entscheidenden und kom-plexen Systems ist ein erheblicherGrund zur Besorgnis. Herzerkran-kungen sind die häufigste Todes-ursache in den Industrienationen.Die zuverlässigste Therapie beieiner Herzfehlfunktion im End-stadium, der Herzaustausch mit-tels Transplantation, kann nur ineinem Bruchteil der Fälle auf-grund der dramatischen Knapp-heit geeigneter Spenderherzeneingesetzt werden.

Seit den 60er Jahren desletzten Jahrhunderts wurdenVersuche unternommen, einemechanische Lösung für Herz-fehlfunktionen zu entwerfen. Soeine Lösung kann eine komplet-te Kopie des Herzens sein, mitzwei pumpenden Kammern undkomplexen Klappen oder, weit-aus üblicher, ein Zusatzgerät,welches Blut von der fehlerhaf-ten Herzkammer in die Aortapumpt. Letzteres wird auch mitdem englischen Ausdruck „Ven-tricular Assist Device”(VAD) be-zeichnet. Die VADs erscheinenrelativ einfach: Mittels eines dre-henden Rotors wird Flüssigkeitan ihren Bestimmungsort getrie-ben. Solche Schlichtheit gehtmeist einher mit geringem me-chanischen Versagen, was eineentscheidende Anforderung indiesem Zusammenhang ist. DieGestaltungsanforderungen sindenorm: Die Pumpen müssensehr klein sein, um sie einfachimplantieren zu können, und siemüssen Blutströmungszuständeerzeugen, welche denen desKörpers ähnlich sind. Bei beidenAnforderungen sollte die Zer-störung der empfindlichen Blut-zellen und die Entstehung vonBlutgerinseln vermieden werden.In der Graduiertenschule AICESarbeiten vier Institute an derEntwicklung und Anwendungneuer Computational-Enginee-ring-Techniken, um modernsteMethoden in der VAD-Gestal-

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tung zu fördern. Der Lehrstuhlfür Computergestützte AnalyseTechnischer Systeme (CATS) ge-leitet von Prof. Marek Behr ar-beitet an Blutfluss-Simulationenin VADs. Die aktuellsten Aus-wertungen konzentrieren sichauf den MicroMed DeBakeyVAD (siehe Bild 1). Der Lehr-stuhl Informatik 12, geleitet vonProf. Christian Bischof, ist spe-zialisiert auf Methoden desHochleistungsrechnens und aufSoftware-Transformations-Tools,insbesondere für das so genann-te „Automatic Differentiation”(AD). Wenn diese Tools auf Si-mulationsprogramme, wie dasam Lehrstuhl CATS entwickelteangewandt werden, können dieerweiterten Programme nichtnur das Leistungsvermögen ei-

Bild 1: DeBakey VAD Geome-trie. Von rechts nach links: Einlaufkanüle, Strömungsgleich-richter, Rotor und Diffusor.

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werden, dass sie auch für jungePatienten tauglich ist? Würdeeine Veränderung in der Geo-metrie der Blätter des Rotorsoder der unbeweglichen Teiledie Hämolyse reduzieren? Hä-molyse, also die Abgabe vonHämoglobin in den Blutkreislauf,kann sich aus der Beschädigungder roten Blutkörperchen erge-ben. Sie stellt eine potenzielleGefahr für innere Organe darund kann in extremen Fällen le-bensbedrohlich sein. NatürlicheFließvorgänge in Arterien undVenen sind gleichmäßig und freivon stagnierenden Gebieten. Istes möglich, diese Charakteristikain einem künstlichen Instrumentzu erhalten, besonders wenn einRotor auf 10.000 Umdrehungenpro Minute kommt? Plötzliche

Änderungen im Strömungsver-halten können zu Thrombosenführen, einer Bildung von Blut-gerinseln mit katastrophalen Fol-gen für den Patienten. DieseFließeigenschaften lassen sichdurch eine Simulation für einekomplexe Geometrie wie im Falle des DeBakey VAD vorher-sagen. Für ausreichende Präzisi-on werden Rechengitter mitmehr als fünf Millionen Rechen-elementen, in denen die Strö-mungsgrößen berechnet wer-den, benötigt und Rechnungenerfolgen über tausende von dis-kreten Zeitintervallen, siehe Bilder2 und 3.

In vielen Ingenieurbereichensind computerbasierte Studienheute die Norm. Die Entwick-lung neuer Methoden benötigt

helfenentwickeln Miniaturblutpumpe

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allerdings, mehr als je zuvor, dieenge Zusammenarbeit zwischenIngenieuren, Mathematikernund Informatikern. Die nächsteAufgabe für die AICES-Gruppeist die automatische Designopti-mierung. In einem solchen An-satz werden spezielle mathema-tische Algorithmen und neuecomputergestützte Technikenangewandt, um den Computernicht nur das Verhalten ver-schiedener Design-Modifikatio-nen vorausberechnen zu lassen,sondern um aktiv zum Auffin-den des geeignetsten Designsaus einer Vielzahl möglicherKandidaten beizutragen. Die amLehrstuhl für Hochleistungsrech-nen entwickelten Techniken desAutomatischen Differenzierens(AD) sind wichtige Bausteine auf

diesem Weg. Die durch AD er-weiterten Programme könnenzusätzliche Informationenwährend der Analyse erhalten,welche dann wiederum dazueingesetzt werden, um rasch dieParameter für eine optimaleForm berechnen zu können. An-wendungen von AD gewährenebenfalls wichtige Einblicke indie Qualität von Simulationsmo-dellen, die im CATS entwickeltwurden. Wie immer beim Com-putational-Engineering sind die-se Modelle ein Kompromiss zwi-schen zu viel Vereinfachung undzu viel Komplexität und müssenoft angepasst werden. Das Zu-sammenspiel zwischen AD-ge-nerierten Informationen und derModellqualität ist der Schwer-punkt eines Gemeinschaftspro-

Bild 2: Rechengitter für den DeBakey VAD mit 5 MillionenElementen.

Bild 3: Bild einer farbcodierten,also farblich verschlüsselt darge-stellten Druckverteilung für dieStrömung um den Diffusor undden Rotor des DeBakey VAD.

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jektes zwischen den LehrstühlenCATS und Hochleistungsrechnenim Schwerpunktprogramm 1253der Deutschen Forschungsge-meinschaft „Optimierung mitpartiellen Differentialgleichun-gen”.

Der Einsatz von Simulatio-nen in einem iterativen Optimie-rungsprozess bedeutet durchauseine längere Rechenzeit. Bereits„einfache” Simulationen mit ei-ner bestimmten Auflösung be-nötigen zu viel Zeit auf einemeinzelnen Prozessor, um prakti-kabel zu sein. Sogar auf 512oder 1024 Prozessoren benötigteine einzelne Prognose einesstabilisierten Strömungsfeldes imDeBakey VAD mehrere Stunden.Werden Simulationen wieder-holt, um ein optimales Designzu erhalten, ist es wichtig, dieMöglichkeit zu haben, auf einegroße Zahl simultaner Prozesso-ren, zum Beispiel den 16384-Prozessor IBM Blue Gene/L imForschungszentrum Jülich,zurückgreifen zu können. Da dieAufgabe zwischen einer Vielzahlvon „Arbeitern” aufgeteilt ist,sind effiziente Kommunikationund gleichmäßige Verteilung derLast entscheidend. Die Engpäs-se, die die Arbeitsleistung einesSimulationsprogramms auf 1000oder mehr Prozesse einschrän-ken, sind oft sehr unterschied-lich und häufig schwerer zu ent-schärfen als jene, die man beizehn oder 100 Prozessen findet.An dieser Stelle verwendet dieLeistungsanalyse-Gruppe vor al-lem ihre eigenen Methoden undihr eigenes Tool mit dem Namen„SCALASCA”, um schnell undzuverlässig solche Engpässe zuidentifizieren und besser zu ver-stehen. SCALASCA, entwickelt

am Forschungszentrum Jülich inZusammenarbeit mit der Univer-sity of Tennessee in Knoxville,bietet eine Kommunikationsmus-teranalyse mit visualisiertemFeedback. Selbst als parallelesProgramm für hochskalierbareSysteme wie Blue Gene/L konzi-piert, ist es in der Lage, in kurzerZeit gewaltige Mengen an Leis-tungsdaten zu analysieren. An-gewandt auf das Simulations-programm des Lehrstuhls CATSkonnten schädliche Datenaus-tausch-Muster identifiziert wer-den, die erst ab 512 oder mehrProzessen auftreten. Die an-schließende Eliminierung dieserMuster erlaubt es, das bishernur auf circa 900 Prozessorenlaufende Programm mit erhöh-ter Effizienz auf bis zu 4096 Pro-zessoren zu skalieren. Im Ergeb-nis schafft dies nicht nur Ein-sparungen an wertvoller Re-chenzeit, sondern eröffnet um-gekehrt auch die Möglichkeit fürnoch anspruchsvollere Simulatio-nen mit verfeinerten Resultaten.Die resultierenden Datensätzehaben eine Größe im Bereichvon mehreren Gigabyte undkönnen nach einem Vorverar-beitungs- und Konvertierungs-schritt interaktiv mittels der vonder Gruppe für Virtuelle Realitätentwickelten VISTA FlowLibSoftware in einer virtuellen Um-gebung untersucht werden.Druckverhältnisse, Scherbean-spruchung, Geschwindigkeitenund der Weg, den Partikel inder Pumpe beschreiben, lassensich durch Schnitt- beziehungs-weise Isoflächen und Stromlini-en interaktiv visualisieren,während der Forscher mitten-drin steht. So lässt sich die Strö-mung in ihrer Komplexität vielintuitiver verstehen als dies mitherkömmlichen Visualisierungs-methoden der Fall ist.

Die vier Gruppen planen eineWeiterführung der Zusammenar-beit zum optimalen Design in derGraduiertenschule AICES, um dasAngebot von Einsatzmöglichkei-ten für andere Fließanwendun-gen und verschiedene Ingenieur-probleme auszubauen.

Autoren:Dipl.-Ing. Mehdi Behbahani istWissenschaftlicher Mitarbeiteram Lehrstuhl für Computerge-stützte Analyse Technischer Sys-teme. Univ.-Prof. Marek Behr, Ph.D, istLehrstuhlinhaber für Computer-gestützte Analyse TechnischerSysteme.www.cats.rwth-aachen.de Univ.-Prof. Christian Bischof istInhaber des Lehrstuhls Informa-tik 12 Hochleistungsrechnenund Leiter des Rechen- undKommunikationszentrums.www.sc.rwth-aachen.de Prof. Dr. rer. nat. Felix Gerd Eugen Wolf ist Juniorprofessorfür Leistungsanalyse parallelerProgramme und HelmholtzNachwuchsgruppenleiter amForschungszentrum Jülich.www.perf.rwth-aachen.de

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12DIE

WISSEN-SCHAFTS-NACHT

Kármán-Auditorium ab 19 Uhr – Eintritt freiTechnik und Film • Wissenschaft und Kabarett • Forschung und Musik

9.11.2007

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Lehrstuhl für Computergestützte Analyse technischer Systeme

Lehrstuhl Informatik 12 –Hochleistungsrechnen

Lehrstuhl für Mathematik

Lehr- und Forschungsgebiet Angewandte Geophysik

Lehrstuhl für Mathematik, Institut für Geometrie und Praktische Mathematik

Lehr- und Forschungsgebiet Modellbildung in der Werkstofftechnik

Lehrstuhl Informatik 8 – Computergraphik und Multimedia

Lehrstuhl für Prozesstechnik

An der Graduiertenschule „AachenComputational Engineering Science” TH

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Institute for Advanced Study in (AICES) sind beteiligt:

Lehr- und Forschungsgebiet Informatik 12 – Software und Werkzeuge für Computational Engineering

Lehrstuhl für Technische Verbrennung

Lehrstuhl für Allgemeine Metallkunde und Metallphysik

Lehrstuhl für Numerische Mathematik

Lehr- und Forschungsgebiet Wissenschaftliches Rechnen

Lehrstuhl für Strömungslehre und Aerodynamisches Institut

Forschungszentrum Jülich: Juniorprofessur für Leistungsanalyse paralleler Programme

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Ilse TrautweinTH

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KKardiovaskuläre Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall sindweltweit Todesursache Nummer eins. Etwa die Hälfte aller Sterbefällelassen sich auf Verengungen der Gefäße mit anschließenden Ver-schlüssen oder Thrombosen der Arterien zurückführen. Die neueDFG-Forschergruppe „Chemokine und Adhäsionsmoleküle in derkardiovaskulären Pathogenese” um den Mediziner Christian Webergeht den Ursachen dieser Gefäßverschlüsse auf den Grund. Weberist Professor für das Fach Kardiovaskuläre Molekularbiologie und Di-rektor des gleichnamigen Instituts des Universitätsklinikums Aachen.Der Forschungsverbund zeichnet sich durch wissenschaftliche Qua-lität und eine in Deutschland einzigartige Thematik aus und wird vonder Deutschen Forschungsgemeinschaft in den nächsten drei Jahrenmit drei Millionen Euro gefördert.

Die Wissenschaftler möchten aus den gewonnenen Erkenntnis-sen Rückschlüsse für die Diagnostik und Therapie der Volkskrankhei-ten ziehen. Im Mittelpunkt der Forscheraktivitäten stehen Chemoki-ne, kleine Eiweiße, die als Boten- beziehungsweise Lockstoffe dieEinwanderung von Entzündungs- und Immunzellen in die Ge-fäßwand steuern. Die so genannten „Adhäsionsmoleküle” haltendagegen im Normalfall die einzelnen Endothelzellen der Gefäßwandzusammen und stellen so ein Bollwerk gegen Eindringlinge dar. ImEntzündungsmoment bricht diese Barriere zusammen, wie ChristianWeber erläutert: „Der molekulare Reißverschluss geht auf und dieMakrophagen gelangen ungehindert durch die Gefäßwand ins Inne-re der Arterien.” Diese „großen Fresszellen” suchen und verzehrenBlutfette, das so genannte Cholesterin. Der erste Schritt RichtungGefäßverengung oder -verschluss ist erfolgt. Begünstigt werden die-se Entwicklungen noch durch Risikofaktoren wie Bluthochdruck,Rauchen oder Fettstoffwechselstörungen. Die eigentliche Gefahr be-steht bei Atherosklerose aber durch die Instabilität der Zellansiedlun-gen: „Im Gegensatz zu stabilen Verkalkungen im Gefäß bricht hierdie Gefäßverengung auf und es können immer wieder Teile abge-sprengt werden”, erläutert der DFG-Sprecher. Die Folge sind Throm-bosen und Embolien, die häufig tödlich enden.

Sieben Projektgruppen aus fünf assoziierten RWTH-Institutenund Kliniken am Universitätsklinikum erforschen im Rahmen derDFG-Förderung Aspekte der Artherosklerose. Mit dabei sind nebendem Institut für Kardiovaskuläre Molekularbiologie unter anderemdas Institut für Biochemie, das Institut für Biomedizinische Technolo-gie - Zellbiologie und die Medizinische Klinik I. Als Partner ist die nie-derländische Universität Maastricht mit im Boot. Die Biologen undMediziner beschäftigten sich interdisziplinär mit diagnostischen Fra-gestellungen und möglichen Eingriffsmöglichkeiten, um die Immun-reaktion in konstruktive Bahnen zu lenken. Dabei kommen auch mo-dernste Bildgebungsverfahren wie die 2-Photonen-Laserscanning-Mikroskopie zum Einsatz. „Dass bestimmte Zellen angelockt werden,um fehlgeleitete Blutfette aufzunehmen, wäre ja durchaus positiv zubewerten”, erklärt Weber. „Mit Blick auf therapeutische Eingriffs-möglichkeiten möchten wir allerdings erreichen, dass solche Zellenty-pen angelockt werden, die zu einer unschädlichen Entsorgung derBlutfette beitragen und das Gefäß wieder verlassen.”

DFG-Forschergruppe spürt Herzinfarkt-

verursacher auf

RWTH-Wissenschaftler koordiniert interdisziplinären Verbund

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Ilse Trautwein

TTextile Vernetzungen und Verbünde sind dem Deutschen Wollfor-schungsinstitut, kurz DWI, und dem Institut für Textil- und Beklei-dungstechnik der Technischen Universität Dresden von Berufs wegenbekannt. Daher mag es nicht verwundern, dass beide Institute ge-meinsam mit anderen Textilforschungseinrichtungen der Regionenum Aachen und Dresden zurzeit an einer gemeinsamen Tagung„stricken”. Am 29. November 2007 ist es dann soweit: Die erste„Aachen – Dresden International Textile Conference” öffnet für zweiTage ihre Pforten. Nach der Premierenveranstaltung in Aachen wirddie neue Tagung im jährlichen Turnus in Dresden beziehungsweiseAachen stattfinden.

Kompetenzen bündeln und Synergien nutzen: Mit diesen Argu-menten bringt Dr. Brigitte Küppers, die beim DWI für die Öffentlich-keitsarbeit verantwortlich ist, die Intention der Veranstalter in Ostund West auf den Punkt. „Beide Fakultäten sind sehr freundschaft-lich verbunden. Daher war es naheliegend, die beiden bisherigen,getrennten Veranstaltungen im Interesse der Besucher und der Indus-trie fusionieren zu lassen.” Das Tagungskonzept sieht vor, auch wei-terhin die gesamte textile Kette von der Faser über die Herstellungund Veredlung von Textilien bis hin zum Textilmaschinenbau abzu-decken.

„Heute geht es in den Forschungseinrichtungen weniger darum,herkömmliche Produktionsprozesse oder textile Produkte noch bes-ser zu machen”, erläutert Küppers. Die Forschungsschwerpunkte lä-gen vielmehr darauf, Oberflächen zu funktionalisieren und textilenMaterialien neue Eigenschaften zu verleihen. Wie lassen sich textileDachkonstruktionen wie zum Beispiel im Dresdner Hauptbahnhof soausrüsten, dass sie UV-beständig und möglichst selbstreinigend sind?Auch in „heißen” Gefahrensituationen sind viele Betroffene dankmoderner Textilforschung gut ausgestattet: Feuerwehrleute und Poli-zisten profitieren von feuerfesten Anzügen beziehungsweise schuss-sicheren Westen.

Textilforschung zielt heute auf Anwendungsfelder, die der Laienicht unbedingt mit dem Begriff Textil verbindet. So können mittler-weile Betonbauten dünnwandiger und haltbarer erstellt werden, dadie herkömmliche Eisen-Bewehrung immer häufiger durch textile,rostfreie Verbundwerkstoffe ersetzt wird. Einen großen Wachstums-markt sieht Küppers bei der Medizintechnik: „Das DWI kooperierteng mit der Universitätsklinik und dem Helmholtz-Institut für Biome-dizinische Technik hier in Aachen. Wir erforschen gemeinsam textileImplantate, an deren Oberfläche wir Peptide und Signalmolekülebinden, so dass sie im Körper des Patienten nicht mehr als „fremd”erkannt werden und es nicht zu Abstoßungsreaktionen kommt.”

Ein weiteres spannendes Thema sind Gewebe, die gezielt Wirk-stoffe an die Trägerin beziehungsweise den Träger abgeben. Sokönnte die Haut von Neurodermitis-Erkrankten künftig mit in Nano-kügelchen gespeicherten Wirkstoffen versorgt werden, die an dieOberfläche körpernah getragener Bekleidung gebunden werden. Dieverschiedenen Ansätze zur kontrollierten Wirkstofffreisetzung wer-den unter anderem ein Thema auf der neuen Herbsttagung sein, zuder Fachleute aus dem ganzen Spektrum der Textil-, Maschinenbau-und Bekleidungsindustrie aus dem In- und Ausland erwartet werden.„Unsere Standorte sind gut gewählt, um auch ein internationales Pu-blikum anzusprechen”, erklärt Küppers. In Aachen geht der BlickRichtung Beneluxländer, die traditionsgemäß eine starke Teppichin-dustrie haben. „Und mit unserem Tagungsort Dresden sprechen wireine Reihe osteuropäischer Länder an, die ebenfalls über eine reicheForschungs- und textile Produktionslandschaft verfügen.”

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Dipl.-Ing. Bernhard Frohwitteraus München zugesagt, die Ini-tiative durch Einrichtung einerStiftungsprofessur zu unterstüt-zen.Die Initiative besteht auszwei Ebenen: Besonderheitendes Forschungsfeldes Simulati-on Sciences und Modellcharak-ter des Ausbildungsgangs fürandere Fächer.

Simulation Sciences – alsodie rechnerische Simulation vonVorgängen mit Supercompu-tern – spielen eine Schlüsselrollefür die Forschung in allen Na-turwissenschaften und werdenin Zukunft noch wesentlichgrößere Bedeutung erlangen,weil sie als dritte Säule zwi-schen Theorie und Experimenteine neue Qualität in das wis-senschaftliche Arbeiten bringen.Bislang fehlt es aber an ein-schlägigen Ausbildungsgängenfür Experten, die die Methodensowohl in der Wissenschaft alsauch in Unternehmen anwen-den können.

Wissenschaftliche Kompe-tenz und das entsprechendeUmfeld in Jülich und Aachenergänzen sich hier auf bundes-weit einmalige Art und Weise.Die RWTH ist seit Jahren inForschung und Lehre führendin den Computer-Ingenieurwis-senschaften. Am Forschungs-zentrum Jülich ist das ScientificComputing neben der Physikdie zweite tragende Schlüssel-kompetenz. Jülich ist zudem seitJahren das größte Höchstleis-tungsrechenzentrum in Deutsch-land und verfügt über einen derschnellsten Supercomputer welt-weit für die freie Forschung. Bei-de Institutionen arbeiten seitJahren in Forschung und Lehreeng zusammen.

Modellcharakter hat die Ini-tiative durch ihre Struktur. AlsGmbH privatrechtlich aufge-stellt zwischen einer außeruni-versitären Einrichtung und einerUniversität, ist sie weitgehendeigenständig in den Verfahrenwie Zulassung, Studienverlauf

und Ausbildungs- und Prü-fungsordnung. Prinzipien sindweiterhin, dass

sie ausdrücklich getragenwird von zwei Institutionen, dieauf dem Fachgebiet nationalund international einen heraus-ragenden Ruf genießen,

sie einen vollkommen neuar-tigen Studiengang anbietet,

sie über eine eigene Ausbil-dungs- und Prüfungsordnungverfügt sowie eigene akademi-sche Grade über die RWTHvergibt,

die Ausbildungssprache Eng-lisch ist, um eine internationaleAusrichtung zu sichern,

Unternehmen Gesellschafterwerden können und damit fürden Transfer in die Anwendunggesorgt ist.

Damit wäre die German Re-search School auch Modell fürandere Fachgebiete.

Quelle: Forschungszentrum Jülich

Das Forschungszentrum Jülichund die RWTH Aachen habengemeinsam die German Re-search School for SimulationSciences gegründet. Das ent-sprechende Memorandum ofUnderstanding wurde im Janu-ar in Berlin unterzeichnet. DieSchool wird Master- und PhD-Studiengänge für besondersbegabte Nachwuchswissen-schaftler anbieten. Der Studien-betrieb wird zum Herbstsemes-ter 2007 beginnen. ThomasRachel MdB, ParlamentarischerStaatssekretär bei der Bundes-ministerin für Bildung und For-schung, NRW-Innovationsmini-ster Prof. Andreas Pinkwart undHelmholtz-Präsident Prof. Jür-gen Mlynek kamen zur Unter-zeichnung, um ihre Unterstüt-zung zu zeigen.

Thomas Rachel sagte anläss-lich der Unterzeichnung: „DasForschungszentrum Jülich unddie RWTH Aachen nehmen mitdieser Gründung eine Vorreiter-rolle in der Forscherausbildungin Deutschland ein. Sie sind zu-gleich Modell für die Zusam-menarbeit zwischen Hochschu-len und außeruniversitären For-schungsorganisationen, die wirkünftig verstärkt brauchen.”Prof. Dr. Andreas Pinkwart sag-te, aus Jülich und Aachen gin-gen seit Jahrzehnten wichtigeImpulse aus: „Die ResearchSchool ist ein weiterer Meilen-stein für den Innovationsstand-ort Nordrhein-Westfalen undein klares Bekenntnis zur Exzel-lenz. Wir wollen für die bestenKöpfe so attraktiv wie möglichsein.”

Im Mai 2006 hatten ersteGespräche zwischen dem For-schungszentrum Jülich und derRWTH Aachen stattgefunden,wie eine Eliteausbildung fürNachwuchswissenschaftler aus-sehen könnte. Bereits im Sep-tember war das Konzept soweit gediehen, dass Bundesfor-schungsministerin Dr. AnnetteSchavan, NRW-Ministerpräsi-

dent Dr. Jürgen Rüttgers undHelmholtz-Präsident Prof. Jür-gen Mlynek ihre Unterstützungund Finanzierungsbeteiligungzusagten.

„Für die Helmholtz-Ge-meinschaft ist die Förderungwissenschaftlicher Talente zumBeispiel durch gemeinsameNachwuchsgruppen mit Univer-sitäten oder Graduiertenschulensehr wichtig. Dank des Paktesfür Forschung und Innovationkönnen wir solche herausra-genden Vorhaben noch stärkerunterstützen”, sagte Mlynek. „Die ungeheure Dynamik, diediese Initiative entwickelt hat,zeigt, dass wir mit unserenÜberlegungen für eine neueForm der Zusammenarbeit zwi-schen exzellenter außeruniver-sitärer Forschung und Spitzenu-niversitäten richtig liegen”, sag-te Prof. Dr. Achim Bachem, Vor-standsvorsitzender des For-schungszentrums Jülich nach derVertragsunterzeichnung. DerRektor der RWTH Aachen, Prof.Dr. Burkhard Rauhut, betonte:„Mit der German ResearchSchool wird die Zusammenarbeitzwischen RWTH Aachen undForschungszentrum Jülich umeinen weiteren wichtigen Bau-stein erweitert. Unter maßgebli-cher Beteiligung von Bund, Landund Helmholtz-Gemeinschafterfolgt hier eine weitere Kräfte-bündelung und Stärkung derWissenschafts- und Technolo-gieregion Aachen.”

Auch in der Wirtschaft trifftdas Vorhaben auf großes Inter-esse. So hat der internationalsehr erfolgreiche Patentanwalt

Startschuss für eine neue Form der universitären Eliteausbildung

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EEin ehrgeiziges Projekt geht indie konkrete Planungsphase:Mit dem RWTH Aachen Cam-pus soll in den nächsten Jahrenein Wissens- und Forschungs-zentrum von besonderer Qua-lität entstehen. In einem erstenBauabschnitt wird auf einem270.000 Quadratmeter großenAreal im Nordwesten Aachensein Campus errichtet, wo sichInstitute der RWTH und Unter-nehmen in direkter Nachbar-schaft ansiedeln können. Dabeiwerden in das Hochschulerwei-terungsgebiet Melaten anwen-dungsbezogene Kompetenz-Cluster ziehen, deren Arbeits-schwerpunkte in den BereichenMobilität, Energie-, Informati-ons-, Medizin-, Werkstoff- undProduktionstechnik liegen unddamit die aktuellen und zu-künftigen Forschungsthemender wichtigsten Industriezweigemit bedeutenden Innovations-potenzialen zum Inhalt haben.

Die räumliche Nähe, kurzeKommunikationswege und ge-meinsame Themenstellungenwerden auf dem Campus für

vielfältige Synergien sorgen:Großinstitute der Hochschuleund Entwicklungsabteilungenvon Unternehmen werden die-ses Umfeld nutzen, um ihrentechnologischen Vorsprungauszubauen, indem sie die Zu-sammenarbeit intensivieren undinterdisziplinär erweitern.Außerdem beinhaltet das Kon-zept die Möglichkeit zur Imma-trikulation der Unternehmenund bietet integrierte und kon-tinuierliche technologische Wei-terbildungsangebote bis hin zurManagement-Ausbildung. Jun-ge Absolventen mit einer Tech-nologie orientierten Geschäftsi-dee finden auf dem Campusein ideales Umfeld für Spin-Offs.

Der Bau- und Liegenschafts-betrieb NRW (BLB), Niederlas-sung Aachen, hat für das Arealin Melaten einen Architektur-wettbewerb ausgeschrieben. ImDezember 2007 wird ein Preis-gericht über die Entwürfe dersechs gesetzten und 14 gelos-ten Büros entscheiden. NebenVertretern des BLB und der Stadt

Aachen werden auch RektorProf. Dr. Burkhard Rauhut undProf. Dr.-Ing. Günther Schuhals Rektoratsbeauftragter fürdas Projekt zu den Juroren ge-hören.

Der RWTH Aachen Campussoll Modellcharakter haben undals Visitenkarte der RWTH Aa-chen fungieren. Ziel des Wett-bewerbs ist es, eine funktionaleArchitektur, die den Ansprucheiner technischen Hochschulewiderspiegelt, zu entwickeln.Dazu gehören ein nachhaltigesEnergiekonzept und eine fle-xible Grundrisstypologie, diesowohl enge Kooperationen alsauch ein diskretes Arbeitsum-feld für sensible Bereiche zulässt.Auch den verschiedenen An-siedlungsphasen mit eventuellsteigendem Platzbedarf sollRechnung getragen werden.Die einzelnen Cluster sollen ei-ne Flächenverteilung von Büro-zu Labor- und Versuchshallenvon 60 zu 40 Prozent haben.

Neben einer funktionalenund ansprechenden Architektursoll den RWTH Aachen Cam-

RWTH Aachen Campus

pus eine hohe Aufenthaltsqua-lität auszeichnen. Dies wird vorallem durch eine anspruchsvol-le Gestaltung der Frei- undGrünflächen und die Ansied-lung von Restaurants und klei-neren Geschäften realisiert. DasGelände in Melaten wird imFlächennutzungsplan als Son-dergebiet für Hochschulnut-zung ausgewiesen. Im Ostenwird das Areal durch eine sogenannte Parkspange begrenztund umfasst einen vom BLB inden 70er Jahren angelegtenGrüngürtel mit seltenen undexotischen Baumarten. DerSchutz und die Erhaltung dieserattraktiven Naturflächen wirdzur Integration des Campus indie Landschaft beitragen.

Informationen zum RWTH Aachen Campus sind über das Projekt-Team erhältlich: Martina Mainz, Telefon:0241/80 25 331.

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Sabine Busse

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Internationale ForschungsplattformDie Rektoren der fünf IDEALeague Hochschulen haben beiihrer letzten Sitzung beschlos-sen, künftig ihre gemeinsamenForschungsaktivitäten zu inten-sivieren. Die Schwerpunktthe-men mit besonderer gesell-schaftlicher Relevanz, für diedie führenden technischenHochschulen Europas ihreKompetenzen bündeln wollenheißen Energie, Umwelt undGesundheit. Die ersten Work-shops mit Experten des ImperialCollege London, der TU Delft,der ETH Zürich, der RWTH Aa-chen sowie dem neuen Mit-glied ParisTech werden bereitsin diesem Sommer stattfinden.Ziel ist es, Themenfelder zupräzisieren, bei denen jedeHochschule spezielles Wisseneinbringen kann, um so For-schungsfragen von globalemInteresse in einem hochkaräti-gen europäischen Verbund an-zugehen. Die Mitglieder derIDEA League können dabei aufihr bereits seit 1999 bestehen-des Netzwerk zurückgreifen,das für die Schaffung neuer internationaler und interdiszi-plinärer Forschungsallianzen eine wichtige Basis darstellt.Bei den ersten Workshops wollen die Wissenschaftler aus-loten, welche Fragestellungenin Zukunft von besonderer Be-deutung für die Forschung inden Bereichen Energie, Umweltund Gesundheit sein werdenund welche Kompetenzen jedeHochschule bei der Lösung ein-bringen kann. Die IDEA Leaguewill mit dieser neuen internatio-nalen Forschungsplattform denFokus auf wichtige Zukunftsthe-men richten und durch einelangfristige gemeinsame Bear-beitung den Wissenschafts-und Technologiestandort Euro-pa stärken. Gleichzeitig lieferndie Kooperationen eine guteAusgangsposition, um sich beidem geplanten Europaen Insti-tute of Technology (EIT) für dieÜbernahme von Aufgaben ineinem der Knowledge and In-novation Communities (KIC) zu bewerben.

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Kooperationen mit dem Oman und ThailandDie Ministerin für Higher Edu-cation des Sultanats Oman, ihreExzellenz Dr. Rawya Saud AlBusaidi, und RWTH-RektorBurkhard Rauhut haben Ende2006 den Vertrag zum Aufbauder Omani-German Universityof Technology (OGTech) in Mus-cat unterzeichnet. Die Oma-nisch-Deutsche Universität wirdaus privaten Mitteln finanziertund eine hohe Qualität in Leh-re und Forschung nach denVorgaben der RWTH Aachensicherstellen. Gemäß dem deut-schen Vorbild will OGTech engmit der Industrie zusammenar-beiten. Bis 2012 soll die neueHochschule Platz für 2000 Stu-dierende bieten, die beispiels-weise in Fächern wie Ange-wandte Geowissenschaften,Angewandte Informationstech-nologie oder Stadtplanung undTourismus unterrichtet werden.Die Bachelor- und später daraufaufbauenden Masterabschlüssesollen sowohl im Oman alsauch in Europa anerkannt wer-den. Im September 2007 be-ginnen die ersten Studierendenmit ihrer Ausbildung in Muscat.

Auch bei der „Thai-GermanGraduate School of Enginee-ring” (TGGS), die ebenfalls inKooperation mit der RWTH Aachen entstanden ist, steht eine wichtige Neuerung an:Das elfstöckige Hochschulge-bäude im Norden Bangkokswird derzeit fertig gestellt undin wenigen Monaten bezogen.

Zurzeit hat die TGGS 100 Stu-dierende, die hauptsächlich ausThailand aber auch aus Viet-nam und anderen asiatischenLändern stammen. Sie werdenin acht Kursen zum Master ofScience ausgebildet.

Deutscher Direktor derTGGS ist Univ.-Prof. Dr.-Ing.Rolf H. Jansen, der gleichzeitigdas Institut für TheoretischeElektrotechnik der RWTH leitet.Aachener Wissenschaftler un-terrichten die Studierenden inBangkok in Blockseminaren undhelfen, Industriekontakte sowieForschungskooperationen auf-zubauen. Die Hauptlast derLehre wird von thailändischenDozenten nach Aachener Vor-gaben getragen. Die RWTH istfür das Qualitätsmanagementzuständig und implementiertderzeit vor Ort Gebäude, Per-sonal, Leitungsstrukturen undF&E-Labors.

Die Gründung der TGGS inder Zwölf-Millionen-StadtBangkok geht auf eine Anfrageder königlich thailändischenVermögensverwaltung an deut-sche Industrieverbände ausdem Jahr 1995 zurück. Das Aachener Modell der industrie-orientierten Ingenieursausbil-dung soll langfristig in Thailandetabliert werden und Studieren-de der Ingenieurwissenschaftenaus dem gesamten asiatischenRaum zum Master-Abschlussbeziehungsweise zur Promotionführen.

Namen

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RWTH Aachen belegt erste Plätze Die RWTH Aachen belegt beiden Fächern Elektrotechnik,Maschinenbau und Wirt-schaftsingenieurwesen jeweilsden ersten Platz im Ranking der„Wirtschaftswoche”. Für dasFach Wirtschaftsinformatikkonnte sich die RWTH denzweiten Platz sichern, die Infor-matik belegt Platz fünf. Für dasRanking wurden mehr als1.000 Personalverantwortlicheder wichtigsten Unternehmenin Deutschland befragt, welcheHochschule in der Wirtschaftden besten Ruf genießt. DieKölner Access AG, die über ei-ne 15-jährige Erfahrung imRecruiting verfügt und mit re-nommierten Arbeitgebern ausden Bereichen Banken, Finanz-dienstleistungen und Industrie-unternehmen zusammenarbei-tet, übernahm die Befragung.Der Erfolg der RWTH liegt im ho-hen Praxisbezug und der engenKooperation mit Unternehmen.

Kooperation mit TechnischerUniversität Prag bestätigtBei einem Treffen der beidenRektorate der RWTH und derTechnischen Universität Pragwurden die bereits seit zehnJahren bestehenden Kooperati-onsvereinbarungen zwischenden beiden Hochschulen be-stätigt und ausgeweitet. In derAnfangszeit waren nur einzelneFakultät in die Kooperation ein-gebunden, seit dem Jahr 2000gilt der Kooperationsvertrag fürdie gesamte Hochschule. Künf-tig können nun auch Studieren-de der Bachelor- und Master-Studiengänge die Partnerhoch-schule besuchen. Vereinbartwurde dabei ein Verzicht aufdie Erhebung von Studienge-bühren.

Studierende erhalten Förderung von Siemens Die Studierenden SitthikritLeckpool und Pichaya Tap-payuthpijarn aus Thailand, Ashique Nabi Chaudry aus Pakistan sowie Ognyana D.Hristova aus Bulgarien freuensich über ein Stipendium derSiemens AG, für das sie auf-grund ihres exzellenten, im je-weiligen Heimatland erworbe-nen ersten Hochschulabschlus-ses ausgewählt wurden. Dievier Stipendiaten sind in ingeni-eurwissenschaftlichen englisch-sprachigen Master-Studiengän-gen eingeschrieben. Bereits seit1997 fördert die Siemens AGinternationale Studierende. InKooperation mit ausgewähltendeutschen Hochschulen werdendie Stipendien jährlich an Stu-dierende aus bestimmten Län-dern Mittel- und Osteuropassowie Asiens vergeben. AlleTeilnehmerinnen und Teilneh-mer können ein Praktikum imUnternehmen absolvieren undwerden in speziellen Trainings-programmen gefördert.

RWTH unterstützt Ingenieur-ausbildung im Libanon Die RWTH Aachen unterstütztden Ausbau der Ingenieuraus-bildung im Libanon. Ziel desProjektes, das im Rahmen desTEMPUS-Programms von derEuropäischen Union gefördertwird, ist die Einrichtung einerzentralen Akkreditierungsein-richtung. Diese soll den Hoch-schulen und dem libanesischenBildungsministerium helfen, dieIngenieurausbildung besser zustrukturieren und ein hohesAusbildungsniveau zu gewähr-leisten. Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dieter Weichert, Direktor desInstituts für Allgemeine Mecha-nik, hat als Vorsitzender desTechnischen Komitees eine tra-gende Position in diesem interna-tionalen Projekt übernommen.

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Student Enlightenment Award verliehenElias Müller und Philipp Szymanski sind Preisträger des „Student EnlightenmentAward”. Dieser wird an Hörerder Vorlesungen des Institutsfür Mensch-Maschine-Interakti-on verliehen, die zur Verbesse-rung der Lehrveranstaltungenbeigetragen haben. Der Preissoll die Studierenden zusätzlichmotivieren, einander in Grup-penarbeit zu unterstützen,selbsterstellte Hilfsprogrammeund -unterlagen zum besserenVerständnis mit ihren Kommili-tonen zu teilen und durch kon-struktive Kritik verbesserungs-würdige Sachverhalte aufzeigen.

Gesellschaft für Informatik tagte an der RWTH AachenDie zwölfte BTW-Fachtagungder Gesellschaft für Informatikfand im März 2007 an derRWTH Aachen statt. Die größteDatenbanktagung im deutsch-sprachigen Raum umfassteerstmalig neben wissenschaft-lich und industriell orientiertenVorträgen und Workshops auchVorführungen von Software-Programmen. Während beimwissenschaftlichen Teil der Kon-ferenz Beiträge über die Wei-terentwicklung der Datenbank-technologie, ihrer Grundlagenund Wechselwirkungen mit be-nachbarten Gebieten sowie ihreAnwendungen im Mittelpunktstanden, fokussierten die Vor-träge des Industrie-Programmsden kommerziellen Einsatz vonDatenbanktechnologien sowieaktuelle Trends. Ein Höhepunktfür die erwarteten 300 Teilneh-mer stellten die Beiträge inter-national bekannter Entwicklerüber SAP-Datenmanagement,Datenverwaltung im Internetund effiziente Benutzerkoordi-nierung beim Zugriff auf riesigeDatenmengen dar.

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Verleihung des Bilfinger Berger-Preises Für ihre herausragenden Studi-enarbeiten an der Fakultät fürBauingenieurwesen wurden diebeiden NachwuchsingenieureFrederik Teworte vom Lehrstuhlfür Geotechnik im Bauwesenund Tobias Volkenhoff vomLehrstuhl für Baubetrieb undProjektmanagement mit demBilfinger Berger-Preis ausge-zeichnet. Der mit insgesamt3.000 Euro dotierte Preis wirdseit 2005 jedes Jahr von demBau- und Dienstleistungskon-zern Bilfinger Berger AG an derFakultät für Bauingenieurwesender RWTH Aachen ausgeschrie-ben. Die Lehrstuhlinhaber schla-gen daraufhin jeweils Kandida-ten, meist aus dem siebten Se-mester, vor. Eine Jury bewertetdie fachliche Leistung, die Flexi-bilität, die Originalität und diePräsentation der Arbeiten derStudierenden.

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IDEA League ParisTech ist jetzt vollwertigesMitglied der IDEA League. DerVerbund führender technischerUniversitäten besteht seit 1999aus dem Imperial College Lon-don, der TU Delft, der ETHZürich sowie der RWTH Aachen.Die IDEA League hat unter an-derem Programme entwickelt,die den Aufenthalt von Studie-renden an den Partneruniver-sitäten fördern und gemeinsa-me Forschungsprojekte unter-stützen. Hinzu sollen bald In-strumente kommen, die auchfür Professoren Forschungsauf-enthalte im Ausland attraktivermachen werden.

Dr. Ulla Bidian, bislang imInternational Office der RWTHtätig und für Internationalisie-rungskonzepte zuständig, über-nimmt die Aufgaben als „Secre-tary General” der IDEA League.Zu ihren Aufgaben werden neben der Vorbereitung undAbstimmung gemeinsamer Ver-träge auch die Information derMitglieder über das geplanteEuropean Institute of Technolo-gy (EIT) zählen. In dieser virtu-ellen Forschungszentrale sollenab 2010 ausschließlich interna-tionale und interdisziplinäre For-schungsprojekte in Europa ge-fördert werden, mit dem Ziel,Barrieren zwischen Wissen-schaft, Lehre und Wirtschaftabzubauen und die EU in SachenInnovationen wettbewerbfähi-ger zu machen.

Doktoranden werden fit gemachtIm neu eingerichteten Centerfor Doctoral Studies werdenDoktoranden im Laufe von dreiJahren parallel zu ihrer wissen-schaftlichen Arbeit in eigens fürsie entwickelten Veranstaltun-gen weitergebildet. So bekom-men sie die Möglichkeit, ihreFächer übergreifenden Kennt-nisse und Fähigkeiten auszu-bauen. Dazu werden Kurse zurAusbildung von Soft Skills, zumSelbstmanagement und zu Me-thoden des WissenschaftlichenArbeitens angeboten. Die er-lernten Techniken sollen dieDoktoranden unterstützen, ihrePromotion schneller abzu-schließen und mit verbessertenKarrierechancen auf dem Ar-beitsmarkt zu starten. Diese Zu-satzqualifizierung soll sich aufdem nationalen und internatio-nalen Arbeitsmarkt zu einembesonderen Qualitätsmerkmaletablieren und die Position derHochschule im Wettbewerb derAnbieter hochwertiger Ingeni-eurausbildung stärken.

DAAD-Preis für ChristelleMboo PiantsopChristelle Mboo Piantsopaus Kamerun wurde mit demDAAD-Preis ausgezeichnet.Dieser wird an Studierende mitbesonderen akademischen Leis-tungen und bemerkenswertemgesellschaftlich- interkulturel-lem Engagement verliehen undvom Deutschen AkademischenAustauschdienst, kurz DAAD,zur Verfügung gestellt. DiePreisträgerin studiert Elektro-technik und ist in der Vertre-tung der ausländischen undstaatenlosen Studierenden ak-tiv. So leistet sie bereits seitzwei Jahren ehrenamtliche Be-ratung, hilft neuen Studieren-den bei alltäglichen Problemen,organisiert Nachhilfe in Deutschals Fremdsprache ebenso wiekulturelle Veranstaltungen. Ei-nen großen Teil ihres Studiumshat Mboo Piantsop bereits er-folgreich absolviert und wirddieses auch in der Regelstu-dienzeit beenden.

Namen

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Auszeichnung Alma Zerneckeund Martin MönnigmannZwei Wissenschaftler derRWTH Aachen wurden durchdie Nordrhein-WestfälischeAkademie der Wissenschaftenausgezeichnet: Die MedizinerinAlma Zernecke und der Physi-ker Martin Mönnigmann sindzwei von insgesamt 13 Kolle-giaten im Jungen Kolleg derNordrhein-Westfälischen Aka-demie der Wissenschaften. Die Akademie unterstützt Wis-senschaftler aller Fachrichtun-gen jeweils für vier Jahre.

Maximal 30 Kollegiaten sol-len künftig von dieser besonde-ren Förderung profitieren, dieerst im September 2006 einge-richtet wurde. Die Wissenschaft-ler müssen an einer nordrhein-westfälischen Hochschule oderForschungseinrichtung arbeitenund sich durch besondere wis-senschaftliche Leistungen aus-zeichnen, sie erhalten ein jährli-ches Forschungsstipendium inHöhe von 10.000 Euro.

Dr.med. Alma Zernecke ar-beitet am Institut für Kardiovas-kuläre Molekularbiologie. Nachihrem Studium in München und Boston wechselte sie an dieRWTH Aachen. Sie beschäftigtsich mit Signalmolekülen, diedas Eindringen krankheitserre-gender Zellen steuern. Das Ver-ständnis der komplexen Vor-gänge soll zur Behandlung undPrävention von Herz- undKreislauferkrankungen beitra-gen. Martin Mönnigmann habi-litiert am Lehrstuhl für Prozess-technik. Er studierte Physik inAachen und promovierte be-reits am Lehrstuhl für Prozess-technik. Als Stipendiat derDeutschen Forschungsgemein-schaft besuchte er anschließenddie Princeton University. Mön-nigmann ist stellvertretenderAkademischer Direktor der Gra-duiertenschule „Aachen Institu-te for Advanced Study in Com-putational Engineering Scien-ce”, die im Rahmen der Exzel-lenzinitiative des Bundes undder Länder gefördert wird. SeinForschungsschwerpunkt liegtan der Schnittstelle zwischenangewandter numerischer Ma-thematik und natur- und inge-nieurwissenschaftlichen Fra-gestellungen, die sich mit Me-thoden der mathematischenOptimierung lösen lassen.

30 Jahre Institut für IntegrierteSysteme der SignalverarbeitungDas Institut für Integrierte Sys-teme der Signalverarbeitungveranstaltete anlässlich seines30-jährigen Bestehens und derEmeritierung des Institutsgrün-ders Professor Dr.sc.techn.Heinrich Meyr ein Festkolloqui-um. Prof. Meyr prägte die Ge-schichte des Instituts und leitetedieses seit 2003 gemeinsam mitUniv.-Prof. Dr. Gerd Ascheid.Meyr studierte an der ETHZürich und war zwölf Jahre inverschiedenen Forschungs- undManagementpositionen in derIndustrie tätig, bevor er 1977den Ruf an die RWTH Aachenannahm. Unter seiner Leitungwurde das Institut im Laufe derJahre zu einer der führendenakademischen Institutionen imBereich Mobilfunk. Meyr istnicht nur ein hoch angesehenerWissenschaftler, sondern mach-te auch als erfolgreicher Fir-mengründer auf sich aufmerk-sam. Er hatte eine Gastprofes-sur an der University of Berke-ley in Kalifornien inne, erhieltden Vodafone Innovation Prize2000 und wurde zum Fellowdes Institute of Electrical and Electronics Engineers, dem welt-weiten Berufsverband von In-genieuren aus den BereichenElektrotechnik und Informatik,ernannt. Sein Nachfolger Univ.-Prof. Dr. Gerd Ascheid ist Koor-dinator des ExzellenzclustersUltra High-Speed Mobile Infor-mation and Communication,kurz UMIC, welches bei der Ex-zellenzinitiative des Bundes undder Länder bewilligt wurde. InAachen ist damit der einzigeExzellenzcluster im Bereich In-formations- und Kommunikati-onstechnik angesiedelt.

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Auszeichnung für Rektor RauhutDie CTU Prag hat Rektor Burkhard Rauhut mit ihrerhöchsten Auszeichnung, der Verdienstmedaille in Gold, aus-gezeichnet. In der Prager Burgfand eine Feier zum 300-jähri-gen Jubiläum der Gründung derCTU statt. Die Prager Hoch-schule feierte dieses Jubiläum in Anwesenheit des Präsidentender Tschechischen Republik,Vaclav Klaus, zahlreichen Re-präsentanten sowie mit über 50 Hochschulrektoren. Prof.Rauhut begrüßte die Anwesen-den im Namen aller auslän-dischen Partneruniversitäten.Für seine Verdienste und Beiträ-ge im Bereich der europäischenHochschulkooperation und be-sonders aktive bilaterale Zu-sammenarbeit erhielt ProfessorRauhut mit vier weiteren Rek-toren die Verdienstmedaille inGold.

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Simulationen an der RWTH Aachen –CCES, AICES und noch viel mehr...Rechnen auf 16.000 Prozessoren – wo muss ich klicken?Die auffrisierten Gleichungen – moderne numerische VerfahrenHandshaking zwischen Methoden und Materialsystemen – Der Weg zur Materialentwicklung von morgenModerne Verfahren der wissenschaftlichen Visualisierung – Mehr als nur bunte BilderInverse Probleme – eine neue Herausforderung für den Bereich Computational Engineering

Im nächsten Heft:

Page 59: RWTH-Themen Exzellenzinitiative - Impulse für die Zukunft

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Cover 01.06.2007 12:56 Uhr Seite 1