S.10 Wien PLEITE - AIHTA · ren gute Freunde und Feinde in der Partei gemacht. Sollte Himmer...

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[ AP] STADTPOLITIK Die ÖVP und ihre Angst vor der Debatte Zwei altgediente VP- Funktionäre im Zweikampf um den Posten des Partei- chefs? Ein klassisches VP- Wien-Drama bahnt sich an. VON RAINER NOWAK N och hat sich Harry Him- mer nicht entschieden. Noch lässt sich der Ös- terreich-Chef von Alcatel von seiner Assistentin abschirmen. Noch muss er nicht Rede und Ant- wort stehen wie ein echter Politi- ker. Heute, Mittwoch, soll sich auch der Aufsichtsrat von Alcatel mit den politischen Ambitionen des Unternehmenschefs beschäfti- gen. Denn ins Rampenlicht zurück würde er schon gerne wollen, der einstige Chef der Jungen ÖVP, der es mit dem inhaltsleeren, aber grif- figen Spruch „Bonzen quälen, Himmer wählen“ zu nationaler Bekanntheit schaffte. Allerdings müsste er vermutlich einen gut dotierten Job, die Führung eines Unternehmens und ein garantier- tes Privatleben gegen einen Job eintauschen, der auf der Attraktivi- tätsskala politischer Posten nicht sehr weit oben anzusiedeln ist. Ein Ministeramt oder zumindest ein Stadtratsposten wäre bei einem Wechsel noch immer in weiter Fer- ne. Zumal den Job ein anderer will, der mindestens ebenso gute politi- sche Kontakte hat und eine noch längere politische Erfahrung. Himmer kommt politisch aus dem ÖAAB-Umfeld, wird zur Gruppe um VP-Klubchef Mathias Tschirf gezählt, die in der Volkspar- tei Johannes Hahns nicht gerade zu den bunten Vögeln zählten. Wie sein möglicher Konkurrent Ferry Maier verließ Himmer trotz Karrie- re in der Privatwirtschaft die Politik nie ganz: Nach dem JVP-Chef war Himmer Bundesrat und auch Be- zirkschef der VP Landstraße. 1996 formulierte er in dieser Funktion auch seine Positionen zur Integra- tion: „Wer unnachgiebig darauf pocht, seine Kultur nach Lust und Laune auszuleben, bekommt ein klares Nein.“ Soll heißen: „Wien darf kein Klein-Istanbul werden.“ In einem weiteren Punkt sind sich Maier und Himmer ähnlich: Sie le- sen sich gerne selbst in der Zei- tung. Nicht nur diese Eigenschaft lässt bei vielen in der Wiener ÖVP leichte Nervosität ausbrechen. Ein heftig geführter Zweikampf würde alte Gräben aufreißen, de- ren Vorhandensein Johannes Hahn in den vergangenen Jahren glaub- haft geleugnet hat. Denn beide ha- ben sich in den vergangenen Jah- ren gute Freunde und Feinde in der Partei gemacht. Sollte Himmer antreten, soll der Parteitag mög- lichst schnell über die Bühne ge- hen, um die Debatte kurz und schmerzlos zu halten. Nicht ganz unwichtig dürfte die Frage der Trennung Parteichef-Spitzenkan- didat werden. Maier will sie, so könnte er Raiffeisen-Generalsekre- tär bleiben. Himmer will sie nicht, er müsste nämlich offenbar den Job so oder so aufgeben, heißt es in der ÖVP. Ein Zweikampf würde Gräben aufreißen, die Johannes Hahn glaubhaft geleugnet hat. AUF EINEN BLICK Q Erkrankungen. Derzeit befinden sich noch zwei mit H1N1 Infizierte – in Salzburg und Wien – auf Intensivstationen. Der Zustand beider ist stabil. Eine Elfjährige starb Montagabend an den Folgen einer H1N1-Infektion. Spitzenreiter bei Neuerkrankungen ist das Bun- desland Tirol, in dem seit Anfang Oktober 81 Fälle registriert wurden. U-Bahn-Ausbau: Rechnungshof kritisiert Wiener Linien S. 10 Wien PLEITE Nicolas Cage hat ein Problem: Er ist schwer verschuldet. Seine Häuser werden nun zwangsversteigert. Seite 14 SEITE 9 //// MITTWOCH, 4. NOVEMBER 2009 //// DIEPRESSE.COM/PANORAMA Q Neue Grippe: Hintergründe, Fakten, aktuelle Entwicklungen diepresse.com/schweinegrippe Keine Grippe wie jede andere GESUNDHEIT. Nach dem ersten Todesfall warnen Experten vor Panik. Sie sagen aber, dass die Neue Grippe doch gefährlich werden könne, weil sie für Lungeninfektionen anfälliger mache. VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH WIEN. Mit dem Tod der elfjährigen Patientin im Innsbrucker Kran- kenhaus hat die Neue Grippe Ös- terreich auch gefühlsmäßig er- reicht. Auffällig: Bei allen drei Pa- tienten, die bisher intensivmedi- zinisch behandelt werden muss- ten – neben der Elfjährigen auch ein 41-jähriger Deutscher und eine Schwangere in Wien – traten zudem Lungenentzündungen auf. Was die Frage aufwirft: Ausnah- men, wie es sie bei jeder Grippe gibt? Oder ist die Neue Grippe doch neu – und anders? Generell können bei Influenza in Ausnah- mefällen sogenannte Ko-Infektio- nen für einen schweren Verlauf sorgen. „Das Influenzavirus schä- digt die Schleimhäute der Atem- wege“, sagt Günter Weiss, Infektio- loge an der Universitätsklinik für Innere Medizin an der Med-Uni Innsbruck, der auch die verstor- bene Elfjährige betreut hat – zu der er sich aber nicht äußern will. Durch den verringerten Schutz könnten Bakterien, die sich ohne- hin im Nasen-, Mund- und Rachen- raum befinden, leichter eindringen, so Weiss – und zu einer bakteriel- len Lungenentzündung führen, die meist schwerer verläuft als eine normale Lungenentzündung. Genau in diesem Punkt unter- scheidet sich die Neue Grippe allerdings von ihren saisonalen Verwandten. „Eines der Gene des H1N1-Virus stimuliert besonders bakterielle Infektionen, vor allem Pneumokokken-Infektionen“, er- klärt Egon Marth, Vorstand des Hygiene-Instituts der Medizini- schen Universität Graz. Gerade Ju- gendliche seien häufig Träger von Pneumokokken. „Wovor wir uns fürchten, ist, dass durch eine Mu- tation genau dieser Anteil stärker wird. Dann haben wir die Katas- trophe beisammen.“ Derzeit sei das freilich nicht der Fall. Auch sei die aktuelle Infek- tionsphase „sehr mäßig“, selbst wenn sowohl Marth als auch Weiss mit einer kommenden zwei- ten Welle rechnen. „Zurzeit“, so Marth, „sterben im Verhältnis we- niger Menschen an der Neuen Grippe als an der saisonalen, ob- wohl die Neue Grippe viermal so ansteckend ist.“ Gleichzeitig, so Franz Xaver Heinz, Vorstand des klinischen Instituts für Virologie an der Med- Uni Wien, beobachte man aber auch, dass die Neue Grippe relativ häufig direkt zu Lungenversagen führe. „Das ist nicht unerwartet, aber außergewöhnlich.“ Tierver- suche an Frettchen hätten gezeigt, dass die Neue Grippe im Gegen- satz zur saisonalen eher die tiefen Atemwege befällt. Auch habe sich gezeigt, dass Patienten mit Neuer Grippe öfter intensivmedizinisch behandelt werden müssen. „Gefahr nicht überbewerten“ „In Australien waren die Intensiv- stationen 15-mal höher belastet als während einer saisonalen Grip- pewelle“, sagt Heinz. 90 Prozent der Erkrankungen seien dort auf die Neue Grippe entfallen. Den- noch dürfe man „die Gefahr auch nicht überbewerten“. Genau davor warnt Sozialmedi- zinerin Claudia Wild, Leiterin des Ludwig Boltzmann Instituts für Medizinfolgenabschätzung. Für sie ist die Neue Grippe im Grunde doch nichts anderes als eine neue Grippevariante, das zeige das Ver- hältnis der weltweiten Todesfälle zur Gesamtzahl der Erkrankungen. Während etwa Hygieniker Egon Marth zu beiden Grippeimpfungen rät, bleibt sie kritisch: Impfungen seien riesige Absatzmärkte – und sowohl in der WHO als auch in heimischen Expertengremien sä- ßen Ärzte, die an der Entwicklung von Impfstoffen beteiligt sind. Angst vor einer Ansteckung: In den meisten Fällen verläuft laut Experten die Neue Grippe milder als die „normale“ Grippe. [ Reuters] H1N1-Virus grassiert weiter Tirol mit 20 Neuerkrankungen Spitzenreiter. Patienten in Spitälern stabil. VON STEFFEN ARORA INNSBRUCK. Am heutigen Mitt- wochmorgen öffnet die Landwirt- schaftliche Landeslehranstalt Lienz (Osttirol), die wegen 26 H1N1-Verdachtsfällen eine Woche lang den Unterricht eingestellt hat, wieder ihre Pforten. Wie viele Schüler tatsächlich am Virus er- krankt sind, weiß Direktor Alfred Hanser nicht: „Bei drei Schülern und einer Mitarbeiterin wurde das Virus nachgewiesen.“ Osttirol ist bundesweit Spitzenreiter beim H1N1-Virus. Bislang wurden aus dem Bezirk 43 Erkrankungen ge- meldet. Mit insgesamt 81 Neuinfi- zierten seit Anfang Oktober ist Ti- rol das am schwersten betroffene Bundesland. Allein am Dienstag wurden 20 neue Fälle gemeldet, davon 15 in Osttirol. Doch alle Erkrankungen verlie- fen bisher ohne Komplikationen. Betroffenheit herrscht im Land je- doch angesichts des Todes jener elfjährigen Südtirolerin, die auf Grund einer „Superinfektion“ neben dem viralen Grippeinfekt kam bei dem Mädchen ein bakte- rieller Infekt hinzu – am Montag- abend an der Innsbrucker Klinik verstorben ist. In Klagenfurt musste am Diens- tag eine ganze Berufsschulklasse für eine Woche gesperrt werden. Grund dafür sind zwei nachweis- lich mit H1N1 infizierte Schüler sowie zusätzliche acht Verdachts- fälle. Man habe mit der einwöchi- gen Sperre der Empfehlung des Amtsarztes Rechnung getragen, hieß es seitens der Direktion. Zwei Patienten befinden sich in Österreich derzeit noch in inten- sivmedizinischer Behandlung. Ein 41-jähriger Bayer, der in Salzburg im künstlichen Tiefschlaf liegt, dessen Zustand sich jedoch be- reits gebessert hat. Sowie eine schwangere Patientin im Wiener Hanusch-Krankenhaus, deren Zu- stand die behandelnden Ärzte ebenfalls als stabil bezeichnen. Seitens des Gesundheitsminis- teriums werden derzeit keine neu- en Impfempfehlungen ausgege- ben. Allein die in Gesundheits- berufen Tätigen ersucht Minister Alois Stöger, sich impfen zu lassen. Denn bisher machte diese Berufs- gruppe nur sehr zögerlich von der Impfmöglichkeit Gebrauch. Dafür fand der Ministerrat am Dienstag eine sinnvolle Verwen- dung für einen Teil der einst unter der ehemaligen Gesundheitsmi- nisterin Maria Rauch-Kallat ange- kauften Grippeschutzmasken. Knapp 500.000 Stück davon werden kostenfrei in die Ukraine transportiert, wo derzeit H1N1-Alarm herrscht.

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S TA D T P O L I T I K

Die ÖVP undihre Angst vor

der DebatteZwei altgediente VP-

Funktionäre im Zweikampfum den Posten des Partei-chefs? Ein klassisches VP-

Wien-Drama bahnt sich an.

VON RAINER NOWAK

Noch hat sich Harry Him-mer nicht entschieden.Noch lässt sich der Ös-terreich-Chef von Alcatel

von seiner Assistentin abschirmen.Noch muss er nicht Rede und Ant-wort stehen wie ein echter Politi-ker. Heute, Mittwoch, soll sichauch der Aufsichtsrat von Alcatelmit den politischen Ambitionendes Unternehmenschefs beschäfti-gen. Denn ins Rampenlicht zurückwürde er schon gerne wollen, dereinstige Chef der Jungen ÖVP, deres mit dem inhaltsleeren, aber grif-figen Spruch „Bonzen quälen,Himmer wählen“ zu nationalerBekanntheit schaffte. Allerdingsmüsste er vermutlich einen gutdotierten Job, die Führung einesUnternehmens und ein garantier-tes Privatleben gegen einen Jobeintauschen, der auf der Attraktivi-tätsskala politischer Posten nichtsehr weit oben anzusiedeln ist. EinMinisteramt oder zumindest einStadtratsposten wäre bei einemWechsel noch immer in weiter Fer-ne. Zumal den Job ein anderer will,der mindestens ebenso gute politi-sche Kontakte hat und eine nochlängere politische Erfahrung.

Himmer kommt politisch ausdem ÖAAB-Umfeld, wird zurGruppe um VP-Klubchef MathiasTschirf gezählt, die in der Volkspar-tei Johannes Hahns nicht geradezu den bunten Vögeln zählten. Wiesein möglicher Konkurrent FerryMaier verließ Himmer trotz Karrie-re in der Privatwirtschaft die Politiknie ganz: Nach dem JVP-Chef warHimmer Bundesrat und auch Be-zirkschef der VP Landstraße. 1996formulierte er in dieser Funktionauch seine Positionen zur Integra-tion: „Wer unnachgiebig daraufpocht, seine Kultur nach Lust undLaune auszuleben, bekommt einklares Nein.“ Soll heißen: „Wiendarf kein Klein-Istanbul werden.“In einem weiteren Punkt sind sichMaier und Himmer ähnlich: Sie le-sen sich gerne selbst in der Zei-tung. Nicht nur diese Eigenschaftlässt bei vielen in der Wiener ÖVPleichte Nervosität ausbrechen.

Ein heftig geführter Zweikampfwürde alte Gräben aufreißen, de-ren Vorhandensein Johannes Hahnin den vergangenen Jahren glaub-haft geleugnet hat. Denn beide ha-ben sich in den vergangenen Jah-ren gute Freunde und Feinde inder Partei gemacht. Sollte Himmerantreten, soll der Parteitag mög-lichst schnell über die Bühne ge-hen, um die Debatte kurz undschmerzlos zu halten. Nicht ganzunwichtig dürfte die Frage derTrennung Parteichef-Spitzenkan-didat werden. Maier will sie, sokönnte er Raiffeisen-Generalsekre-tär bleiben. Himmer will sie nicht,er müsste nämlich offenbar denJob so oder so aufgeben, heißt esin der ÖVP.

Ein Zweikampf würde Gräbenaufreißen, die Johannes Hahn

glaubhaft geleugnet hat.

AUF EINEN BLICKQ Erkrankungen. Derzeit befindensich noch zwei mit H1N1 Infizierte– in Salzburg und Wien – aufIntensivstationen. Der Zustandbeider ist stabil. Eine Elfjährigestarb Montagabend an den Folgeneiner H1N1-Infektion. Spitzenreiterbei Neuerkrankungen ist das Bun-desland Tirol, in dem seit AnfangOktober 81 Fälle registriert wurden.

U-Bahn-Ausbau: Rechnungshof kritisiert Wiener Linien S. 10

Wien PLEITENicolas Cage hat ein Problem: Er ist schwer verschuldet.

Seine Häuser werden nun zwangsversteigert. Seite 14

SEITE 9 //// MITTWOCH, 4. NOVEMBER 2009 //// DIEPRESSE.COM/PANORAMA

Q Neue Grippe: Hintergründe,Fakten, aktuelle Entwicklungen

diepresse.com/schweinegrippe

Keine Grippe wie jede andereGESUNDHEIT. Nach dem ersten Todesfall warnen Experten vor Panik. Sie sagen aber, dass die

Neue Grippe doch gefährlich werden könne, weil sie für Lungeninfektionen anfälliger mache.

VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH

WIEN. Mit dem Tod der elfjährigenPatientin im Innsbrucker Kran-kenhaus hat die Neue Grippe Ös-terreich auch gefühlsmäßig er-reicht. Auffällig: Bei allen drei Pa-tienten, die bisher intensivmedi-zinisch behandelt werden muss-ten – neben der Elfjährigen auchein 41-jähriger Deutscher undeine Schwangere in Wien – tratenzudem Lungenentzündungen auf.

Was die Frage aufwirft: Ausnah-men, wie es sie bei jeder Grippegibt? Oder ist die Neue Grippedoch neu – und anders? Generellkönnen bei Influenza in Ausnah-

mefällen sogenannte Ko-Infektio-nen für einen schweren Verlaufsorgen. „Das Influenzavirus schä-digt die Schleimhäute der Atem-wege“, sagt Günter Weiss, Infektio-loge an der Universitätsklinik fürInnere Medizin an der Med-UniInnsbruck, der auch die verstor-bene Elfjährige betreut hat – zuder er sich aber nicht äußern will.

Durch den verringerten Schutzkönnten Bakterien, die sich ohne-hin im Nasen-, Mund- und Rachen-raum befinden, leichter eindringen,so Weiss – und zu einer bakteriel-len Lungenentzündung führen, diemeist schwerer verläuft als einenormale Lungenentzündung.

Genau in diesem Punkt unter-scheidet sich die Neue Grippeallerdings von ihren saisonalenVerwandten. „Eines der Gene desH1N1-Virus stimuliert besondersbakterielle Infektionen, vor allemPneumokokken-Infektionen“, er-klärt Egon Marth, Vorstand desHygiene-Instituts der Medizini-schen Universität Graz. Gerade Ju-gendliche seien häufig Träger vonPneumokokken. „Wovor wir unsfürchten, ist, dass durch eine Mu-tation genau dieser Anteil stärkerwird. Dann haben wir die Katas-trophe beisammen.“

Derzeit sei das freilich nicht derFall. Auch sei die aktuelle Infek-

tionsphase „sehr mäßig“, selbstwenn sowohl Marth als auch Weissmit einer kommenden zwei-ten Welle rechnen. „Zurzeit“, soMarth, „sterben im Verhältnis we-niger Menschen an der NeuenGrippe als an der saisonalen, ob-wohl die Neue Grippe viermal soansteckend ist.“

Gleichzeitig, so Franz XaverHeinz, Vorstand des klinischenInstituts für Virologie an der Med-Uni Wien, beobachte man aberauch, dass die Neue Grippe relativhäufig direkt zu Lungenversagenführe. „Das ist nicht unerwartet,aber außergewöhnlich.“ Tierver-suche an Frettchen hätten gezeigt,dass die Neue Grippe im Gegen-satz zur saisonalen eher die tiefenAtemwege befällt. Auch habe sichgezeigt, dass Patienten mit NeuerGrippe öfter intensivmedizinischbehandelt werden müssen.

„Gefahr nicht überbewerten“„In Australien waren die Intensiv-stationen 15-mal höher belastetals während einer saisonalen Grip-pewelle“, sagt Heinz. 90 Prozentder Erkrankungen seien dort aufdie Neue Grippe entfallen. Den-noch dürfe man „die Gefahr auchnicht überbewerten“.

Genau davor warnt Sozialmedi-zinerin Claudia Wild, Leiterin desLudwig Boltzmann Instituts fürMedizinfolgenabschätzung. Für sieist die Neue Grippe im Grundedoch nichts anderes als eine neueGrippevariante, das zeige das Ver-hältnis der weltweiten Todesfällezur Gesamtzahl der Erkrankungen.Während etwa Hygieniker EgonMarth zu beiden Grippeimpfungenrät, bleibt sie kritisch: Impfungenseien riesige Absatzmärkte – undsowohl in der WHO als auch inheimischen Expertengremien sä-ßen Ärzte, die an der Entwicklungvon Impfstoffen beteiligt sind.

Angst vor einer Ansteckung: In den meisten Fällen verläuft laut Experten die Neue Grippe milder als die „normale“ Grippe. [Reuters]

H1N1-Virus grassiert weiterTirol mit 20 Neuerkrankungen Spitzenreiter. Patienten in Spitälern stabil.

VON STEFFEN ARORA

INNSBRUCK. Am heutigen Mitt-wochmorgen öffnet die Landwirt-schaftliche LandeslehranstaltLienz (Osttirol), die wegen 26H1N1-Verdachtsfällen eine Wochelang den Unterricht eingestellthat, wieder ihre Pforten. Wie vieleSchüler tatsächlich am Virus er-krankt sind, weiß Direktor AlfredHanser nicht: „Bei drei Schülernund einer Mitarbeiterin wurde dasVirus nachgewiesen.“ Osttirol istbundesweit Spitzenreiter beimH1N1-Virus. Bislang wurden ausdem Bezirk 43 Erkrankungen ge-meldet. Mit insgesamt 81 Neuinfi-zierten seit Anfang Oktober ist Ti-rol das am schwersten betroffeneBundesland. Allein am Dienstagwurden 20 neue Fälle gemeldet,davon 15 in Osttirol.

Doch alle Erkrankungen verlie-fen bisher ohne Komplikationen.Betroffenheit herrscht im Land je-doch angesichts des Todes jenerelfjährigen Südtirolerin, die aufGrund einer „Superinfektion“ –neben dem viralen Grippeinfekt

kam bei dem Mädchen ein bakte-rieller Infekt hinzu – am Montag-abend an der Innsbrucker Klinikverstorben ist.

In Klagenfurt musste am Diens-tag eine ganze Berufsschulklassefür eine Woche gesperrt werden.Grund dafür sind zwei nachweis-lich mit H1N1 infizierte Schülersowie zusätzliche acht Verdachts-fälle. Man habe mit der einwöchi-gen Sperre der Empfehlung desAmtsarztes Rechnung getragen,hieß es seitens der Direktion.

Zwei Patienten befinden sich inÖsterreich derzeit noch in inten-sivmedizinischer Behandlung. Ein41-jähriger Bayer, der in Salzburgim künstlichen Tiefschlaf liegt,dessen Zustand sich jedoch be-reits gebessert hat. Sowie eineschwangere Patientin im WienerHanusch-Krankenhaus, deren Zu-stand die behandelnden Ärzteebenfalls als stabil bezeichnen.

Seitens des Gesundheitsminis-teriums werden derzeit keine neu-en Impfempfehlungen ausgege-ben. Allein die in Gesundheits-berufen Tätigen ersucht MinisterAlois Stöger, sich impfen zu lassen.Denn bisher machte diese Berufs-gruppe nur sehr zögerlich von derImpfmöglichkeit Gebrauch.

Dafür fand der Ministerrat amDienstag eine sinnvolle Verwen-dung für einen Teil der einst unterder ehemaligen Gesundheitsmi-nisterin Maria Rauch-Kallat ange-kauften Grippeschutzmasken.Knapp 500.000 Stück davonwerden kostenfrei in die Ukrainetransportiert, wo derzeitH1N1-Alarm herrscht.