S3-Leitlinie „Screening, Diagnose und ... - DG-Sucht · Sondervotum zu 5.8.2.2.2 "Psychische...
Transcript of S3-Leitlinie „Screening, Diagnose und ... - DG-Sucht · Sondervotum zu 5.8.2.2.2 "Psychische...
S3-Leitlinie
„Screening, Diagnose und Behandlung
des schädlichen und abhängigen Tabakgebrauchs”
AWMF-Register Nr. 076-006
Sonderkapitel
(Stand: 29.01.2015)
1. Korrespondenz mit Fachgesellschaften,
Berufsverbänden und Vertretern von Patienten und
Angehörigen
2. Korrespondenz mit der Deutschen Gesellschaft für
Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)
S3-Leitlinie – Sonderkapitel 1
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1. Korrespondenz mit Fachgesellschaften, Berufsverbänden und Vertretern von Patienten und Angehörigen
S3-Leitlinie – Sonderkapitel 3
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---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Von: Martina Kettner Im Auftrag von CME Gesendet: Montag, 15. September 2014 14:33 An: Mann, Karl; Weber, Ingrid Cc: Wilfried Kunstmann; Christoph von Ascheraden, [email protected] Betreff: Verabschiedung der S3-Leitlinien zur Alkohol- und Tabakbedingten Störungen: Stellungnahme der Bundesärztekammer Sehr geehrter Herr Professor Mann, sehr geehrte Frau Weber, die Bundesärztekammer bedankt sich für die Möglichkeit, zu den S3-Leitlinien zu Alkohol- und Tabakbedingten Störungen Stellung zu nehmen. Beigefügt dürfen wir Ihnen die Stellungnahme der Bundesärztekammer übersenden. Für Rückfragen stehen wir selbstverständlich gerne zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen i.A. Martina Kettner Sekretärin Dezernat 1 Fortbildung, Prävention und Bevölkerungsmedizin Bundesärztekammer Herbert-Lewin-Platz 1 10623 Berlin [email protected] http.//www.bundesaerztekammer.de ________________________________________________________________________________
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Hinweis: Mit gleichem Wortlaut wurden alle inhaltlichen Hinweise seitens der Fachgesellschaften, Verbände und Organisationen beantwortet.
Auf den Abdruck der einzelnen Briefe wird hier größtenteils verzichtet.
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2. Korrespondenz mit der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)
Erste Stellungnahme der DEGAM vom 14. August 2014 (Prof. Dr. M. Scherer):
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Hinweis: Die Korrespondenz in diesem Kapitel wird teilweise verkürzt
wiedergegeben.
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Als Emailanlage von Herrn Prof. Mann an Herrn Prof. Scherer am 26. September 2014 12:05 gesendet
Fachliche Stellungnahme zu den Sondervoten: DEGAM/ Dr. Kay Uwe Petersen Allgemeine Anmerkung
Der Hausarzt ist für die Behandlung der Tabakabhängigkeit von ganz zentraler Bedeutung. Eine Verbesserung der Behandlungsqualität bezüglich der Tabakabhängigkeit ist ohne die Hausärzte schwer vorstellbar. Daher fallen die Sondervoten gerade der DEGAM schwer ins Gewicht und schwächen die Leitlinie erheblich. Dies betrifft z.B. die gesamte pharmakologische Behandlung des Tabakentzuges. Hier existieren Medikamente mit hoher Effizienz bei hervorragender wissenschaftlicher Evidenz. Die Sondervoten der DEGAM werten die Empfehlungen dieser drei Medikamente insgesamt von „A“ auf „0“ herab. Derartige „Kann“-Empfehlungen sind fast neutral und haben kaum noch Aufforderungscharakter. Insbesondere dies steht im krassen Widerspruch zu den internationalen Leitlinien und den einschlägigen Cochrane-Reviews. Sondervotum zu 5.4.3.1 "Nikotinersatztherapie" Die DEGAM empfiehlt im hausärztlichen Versorgungsbereich, den Einsatz einer
Nikotinersatz-Therapie an die individuellen Möglichkeiten der Patienten anzupassen
und sie ihre hausärztliche Begleitung dann anzubieten, wenn sie erfolgversprechend
scheint.
Das Sondervotum ist fehlerhaft formuliert, aber auch inhaltlich problematisch: Ist nicht jede Therapie stets und ganz selbstverständlich an die Möglichkeiten von Patienten anzupassen? Welcher Arzt würde irgendeine Therapie anbieten, wenn sie nicht zumindest erfolgsversprechend scheinen würde? Die Empfehlung der Leitlinie betont, dass Nikotinersatztherapie lediglich angeboten wird. Dies schließt bereits ein, dass längst nicht alle Patienten bereit sind, sich einer entsprechenden Therapie auch tatsächlich zu unterziehen. Eine Therapie wird natürlich dann angeboten, wenn vorab der Klärungsprozess bezüglich der Indikation gelaufen ist, dies schließt auch eine Prüfung bezüglich des möglichen Erfolges ein. Sondervotum zu 5.4.3.2.1 "Bupropion" Wenn eine leitliniengerecht durchgeführte medikamentöse Behandlung mit einer
Nikotinersatztherapie nicht ausreichend wirksam war, können gemeinsam mit den
Patienten die Vor – und Nachteile einer Behandlung mit Bupropion abgewogen werden.
Das Sondervotum stellt bei Evidenzlevel 1a ein extremes Downgrade des Empfehlungsgrades über zwei Stufen dar. Die Begründung ist eine RCT, in der die Substanz sich als nicht
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wirksam gezeigt hätte. Stärker als eine isolierte RCT maßgeblich wäre allerdings das Cochrane-Review zu den Antidepressiva im Nikotinentzug gewesen. Welche RCT auch immer mit der Gesamtheit der Ergebnisse nicht übereinzustimmen scheint (wird hier nicht genannt), steht gegen einen umfangreichen und recht eindeutigen Forschungsbefund. Die Begründung gibt den Forschungsstand somit falsch wieder. Die Risiken werden verzerrt und dramatisiert dargestellt. Auch hier steckt in der Empfehlung bereits das „Angebot“, die von der Degam reflektierte Abwägung der Vor- und Nachteile und der Evidenzlage für die Wirksamkeit ist in der Leitlinienkommission ausführlich erfolgt. Auch die neuropsychiatrischen Symptome wurden diskutiert. Im übrigen gilt für alle Substanzen, dass die medikamentöse Unterstützung nicht GKV-verordnungsfähig ist. Insofern sind hier keine besonderen Bedingungen gegeben. Die von der Degam angesprochenen Bedenken sind in der Formulierung der Leitlinienempfehlung bereits enthalten. Sondervotum zu 5.4.3.3.1 "Vareniclin" Wenn eine leitliniengerechte Nikotinersatztherapie nicht ausreichend wirksam war,
kann Vareniclin zur Tabakentwöhnung unter Beachtung von und nach Aufklärung
über mögliche Risiken angeboten werden.
Das Sondervotum stellt bei Evidenzlevel 1a ein extremes Downgrade des Empfehlungsgrades über zwei Stufen dar. Als Begründung werden (nicht signifikante) Risikoerhöhungen von kardiovaskulären Ereignissen genannt. Aus wissenschaftlicher Sicht existieren diese Risikoerhöhungen nicht, da die Metaanalysen sie nicht haben nachweisen können. Die Substanz wird als "sehr schlecht verträglich" dargestellt. Auf welcher Quelle beruht diese einschätzung? Während Vareniclin zunächst als sehr problematisch angesehen wurde, wurden diese Probleme mit zunehmender Forschungsdauer als zunehmend weniger gravieren. Das spezifische Sondervotum der Degam unterscheidet sich nicht von der Empfehlung. Ein Varenicline-Angebot erfolgt erst dann, wenn eine leitliniengerechte Nikotin-Ersatztherapie nicht ausreichend wirksam war und wenn die Aufklärung über mögliche Risiken beachtet wurde. Dies wird ausdrücklich auch von der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft empfohlen, die Bundesärztekammer wie auch die Arzneimittelkommission haben das Votum der vorliegenden S3-Leitlinie im Übrigen unterstützt. Sondervotum zu 5.8.2.1.2 "Psychische Komorbidität" Eine Tabakentwöhnung kann bei Menschen mit psychischen Störungen und
entsprechender Motivation der Patientinnen und Patienten im Einzelfall empfohlen
werden.
Da Menschen mit seelischen Störungen genauso durch das Rauchen körperlich geschädigt werden wie gesunde, muss ihnen wie gesunden Menschen mit vergleichbarer Deutlichkeit der
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Rauchstopp empfohlen werden. Dies bededeutet nicht, dass in akuten Krisen gegen den Wunsch des Patienten das Rauchen ständig zu thematisieren wäre. Bei der Formulierung der Empfehlung wurde speziell berücksichtigt, dass Patienten mit einer psychischen Störung eine hohe Übersterblichkeit aufgrund der Kombination eines Tabakkonsums mit den antidepressiven oder antipsychotischen Medikamenten aufweisen. Aus diesem Grunde wurde auch hier darauf bestanden, dass im Sinne der Patienten Empfehlungen zur Tabakabstinenz ausgesprochen werden. Natürlich wird dies nur im Einzelfall umgesetzt. Hier erfolgt in jedem Fall eine sorgfältige Abwägung zum Nutzen des Patienten. Dennoch geht es im Inhalt der Empfehlung nur darum, dass Tabakentwöhnung sinnvoll ist, dass Medikamente wirksam sind, und dass auch bei Patienten mit einer depressiven Erkrankung Bupropion wirksam ist (dies wird ja als Antidepressivum ohnehin eingesetzt), keine zusätzlichen Gefährdungen aufweist und auch für Varenicline ausreichende Daten vorliegen, die den Einsatz rechtfertigen und die Daten nicht auf ein gesteigertes Risiko hinweisen. Hier soll bitte auch beachtet werden, dass eine psychiatrische Mitbehandlung erfolgt und dass der Allgemeinarzt nicht in der Verantwortung für die psychiatrische Behandlung der Patienten ist. Sondervotum zu 5.8.2.2.2 "Psychische Komorbidität Depression/ Vareniclin und Bupropion" Die DEGAM empfiehlt im hausärztlichen Versorgungsbereich, den Einsatz von
Bupropion und Vareniclin bei Menschen mit depressiven Erkrankungen angesichts des
Potentials unerwünschter Wirkungen auf die psychische Gesundheit nicht.
Hier wird nicht begründet und eine positive B-Empfehlung in eine nicht normgerecht formulierte negative B-Empfehlung umgewandelt. Bupropion ist ein für die Behandlung von Depressiven zugelassenes Antidepressivum und ein wirksames Medikament zur Tabakentwöhnung - wo ist das Problem bei der Tabakentwöhnung von Depressiven? Sondervotum zu 5.8.2.3.1 "Psychische Komorbidität Schizophrenie/ Vareniclin und Bupropion" Die DEGAM empfiehlt im hausärztlichen Versorgungsbereich, den Einsatz von
Bupropion und Vareniclin bei Menschen mit stabiler Schizophrenie angesichts des
Potentials unerwünschter Wirkungen auf die psychische Gesundheit nicht.
Hier wird wiederum nicht begründet und eine positive B-Empfehlung in eine nicht normgerecht formulierte negative B-Empfehlung umgewandelt. Sondervotum zu 5.8.2.3.2 "Psychische Komorbidität Schizophrenie/ NET" Die DEGAM empfiehlt im hausärztlichen Versorgungsbereich: rauchenden Patienten
mit einer Schizophrenie kann im Einzelfall eine Behandlung mit einer
Nikotinersatztherapie angeboten werden. In aller Regel sollte der psychischen
Stabilisierung der Vorrang vor einer Nikotinentwöhnung gegeben werden.
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Keine Begründung ------------------------------------------------------------------------------------------------------
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Dr. Kay Petersen / Prof. Dr. Anil Batra, 10.10.2014
Fachliche Stellungnahme zu „Hausärztliches Kapitel zur S3-Leitlinie schädlicher und
abhängiger Tabakkonsum-Version 1“
Die Hausärzte sind wohl die wichtigste Zielgruppe der S3-Leitlinie „Schädlicher und
abhängiger Tabakkonsum“. Die wenigsten abhängigen Raucher werden eigenintiativ zum
Psychotherapeuten gehen, sondern sich über Medien (Internet, Flyer und Bücher, evtl. auch
Beratungstelefone) informieren und in manchen Fällen ihren Hausarzt ansprechen. In den
genannten Medien sind Raucher mit Informationen konfrontiert, die oftmals unsachlich,
unwissenschaftlich und bzgl. ihrer theoretischen Fundierung und Wirksamkeit unzureichend
untersucht sind. Qualitätsverbesserungen der Behandlung von abhängigen Rauchern können
nur dann erfolgen, wenn die Hausärzte proaktiv Beratungen anbieten und evidenzbasierte
Empfehlungen für effektive Behandlungen geben.
Die DEGAM hat in der Vergangenheit S3-Leitlinien von hohem wissenschaftlichem Niveau
entwickelt und steht für evidenzbasierte Behandlung und den Anspruch der Erhöhung von
Behandlungsqualität durch Evidenzbasierung.
Die Kommentare der DEGAM bzgl. der Tabakleitlinie haben wir als wichtige Anregungen für
die Berücksichtung der hausärztlichen Versorgungssituation verstanden und innerhalb der
Steuergruppe und Arbeitsgruppe Tabak intensiv diskutiert.
Entgegen der Formulierung der DEGAM, („Darum - und weil die vorhandene Evidenz
unterschiedliche Schlüsse zulässt - hat die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und
Familienmedizin (DEGAM) eigene für den hausärztlichen Versorgung gültige Empfehlungen
formuliert.“) halten wir nach gründlicher Recherche und Auswertung von mehr als 2.000
Studien die Datenlage keineswegs für so schlecht, als dass entgegen der Ergebnisse der
Cochrane Study Group, der internationalen Leitlinien sowie der Haltung der
Arzneimittelkommission und der Bundesärztekammer (s. Anlage) von einer uneinheitlichen
Evidenz ausgegangen werden muss, die unterschiedliche Schlüsse zulässt.
Die Arbeitsgruppen, Steuergruppe und die Konsensusrunde haben systematische Reviews zu
den Themen der Leitlinie durchgeführt und sieht die Ergebnisse durch die Argumente der
DEGAM nicht evidenzbasiert widerlegt und die Grundlage für gesonderte Empfehlungen für
Hausärzte als nicht gegeben an.
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Offen sind dennoch wir bzgl. einer Adaptation des Hintergundtextes an die besonderen
Bedürfnisse der Allgemeinmediziner
Den besonderen Umständen der Tabakentwöhnung mit den Voraussetzungen einer
angemessenen Ansprache des Problems durch den Therapeuten unter sensibler beachtung der
speziellen Situation des Patienten (Motivationslage, vorherrschende medizinische
Problematik und ggfls. Vorleigende psych. Störung, zudem die besonderheit der fehlenden
Anerkennung der Beratung und Entwöhnung des Rauchers als kassenärztliche Leistung) hat
die Arbeitsgruppe insofern Rechnung getragen, als hier „Angebote“ erfolgen und nicht
Therapiemaßnahmen durchgeführt werden sollen.
Die von der DEGAM formulierten alternativen Empfehlungen folgen nicht den von NICE
übernommenen und von der AWMF vorgegebenen Konventionen. Die meisten dieser
Empfehlungen lassen sich nicht bestimmten Empfehlungsgraden zuordnen und sind daher
nicht mit den bereits vorhandenen vergleichbar.
Beispiele hierfür sind:
„Die DEGAM empfiehlt…., den Einsatz einer Nikotinersatz-Therapie an die individuellen
Möglichkeiten der Patientinnen und Patienten anzupassen…..“ Die Entwickler von
Behandlungsempfehlungen sind dazu angehalten, nur dann Empfehlungen formulieren, wenn
auf ein gewünschtes Verhalten hingewiesen werden soll. Die Anpassung an die individuellen
Möglichkeiten von Patienten ist allerdings selbstverständlich.
In Empfehlung 4 wird „können Vor- und Nachteile einer Behandlung abgewogen werden“
formuliert, was vermutlich „kann angeboten werden“ = Empfehlungsgrad 0 entspricht.
In Empfehlung 6 wird „kann empfohlen werden“ formuliert, was auch nicht der Konvention
entspricht (gemeint ist „kann angeboten werden).
In Empfehlung 7 und 8 behauptet die DEGAM zwar, dass sie nicht empfiehlt oder sogar
„nicht empfehlen kann“, formuliert dieses Nichtempfehlen-Können jedoch paradoxerweise
dennoch als Empfehlung.
Inhaltliches zu Empfehlung 1
Die Empfehlung „Alle Patienten sollen nach ihrem Tabakkonsum gefragt werden“ fordert die
einmalige Befragung der Patienten und nicht mehr. Vergleichbares steht zum Beispiel in der Leitlinie
von Fiore et al. (2008) („ask every patient who presents to a health care facility if s/he uses tobacco“)
oder in anderen Leitlinien. Nicht gemeint ist, dass „alle Patienten unabhängig von ihrem
gesundheitlichen Anliegen und notfalls gegen ihr Interesse stets nach ihrem Tabakkonsum gefragt
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werden und zügig einer Behandlung zugeführt werden sollen“ bei der konsentierten Formulierung
handelt sich um eine Leitlinienadaptation und nicht um eine selbst entwickelte Empfehlung.
Inhaltliches zu Empfehlung 2
Wir nehmen an, dass Alternativempfehlung 2 – wie bei Alterntiavempfehlung 1 – ein
Missverständnis bezüglich der empfohlenen Häufigkeit der Thematisierung des
Tabakkonsums zugrunde liegt. Um derartige Missverständnisse auszuschließen, soll eine
stärkere Behandlung dieser Thematik im Hintergrundtext vorgemommen werden.
Die Problematik im Begründungstext des Hausärztlichen Kapitels, aus ethischen Gründen
mit den Patienten nur über ihre aktuellen Anliegen sprechen zu dürfen, ist durch das Risiko
des Patienten für gesundheitliche Folgeschäden des Rauchens durchaus relativiert. So würde
der Hausarzt, wenn er ein Melanom im Gesicht eines Patienten identifizieren würde, ganz
selbstverständlich durchaus vom konkreten Anliegen des Patienten abweichen dürfen und
würde dabei ethisch korrekt handeln.
Inhaltliches zu Empfehlungen 3 – 5
Die drei pharmakologischen Empfehlungen in der DEGAM-Variation ignorieren den
internationalen Forschungstand, die einschlägigen Cochrane-.Reviews und sämtliche
vorhandenen Leitlinien und lehnen jegliche Empfehlung irgendwelcher Medikamente zur
Behandlung des Entzugssyndroms ab. Dies widerspricht dem Rahmenübereinkommen der
WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs, dem Deutschland zugestimmt hat, hier
insbesondere dem Leitlinienentwurf für die Umsetzung von Artikel 14. Es wird dort
ausdrücklich die Einbeziehung pharmakologischer Behandlungsansätze in die zu
entwickelnden nationalen Behandlungsleitlinien gefordert. Die DEGAM setzt jedoch die drei
einzigen medikamentösen Interventionen, die überhaupt durch die Tabakleitlinie empfohlen
wurden, auf Empfehlungsgrad „0“ oder „unsicher“ zurück. Damit bleiben dann keine
pharmakologischen Ansätze mehr übrig. Gerade die pharmakologischen Empfehlungen
wurden in hoher Intensität im Leitlinienprozess diskutiert. Die Tabak-Leitlinie ist, was den
Vergleich mit internationalen Leitlinien angeht, hinsichtlich der pharmakologischen
Interventionen ausgesprochen konservativ – kaum eine Leitlinie geht derart vorsichtig und
kritisch mit den Medikamenten um. Die DEGAM-Alternativempfehlungen 3 bis 5 dagegen
sind international nicht vermittelbar, da hier gegen massive Evidenz entschieden wird. Um
dies zu prüfen, ist keine systematische Literaturrecherche notwendig, sondern reicht das
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aktuelle Cochrane-Update aus der Zeitschrift Addiction aus: Hartmann-Boyce, Stead, Cahill
& Lancaster (2014). In den „Conclusions“ des Abstracts heißt es z.B. „Cochrane systematic
review evidence from 2013 suggests that adding mood management to behavioural support
may improve cessation outcomes in smokers with current or past depression and strengthens
evidence for previous conclusions, including the safety of varenicline and bupropion and
the benefits of behavioural support for smoking cessation in pregnancy.“ Es ist beim besten
Willen nicht erkennbar, wie aus der vorhandenen Evidenz hier noch so extrem
unterschiedliche Schlüsse gezogen werden können.
Inhaltliches zu Empfehlungen 6 – 9
Die hier vorgeschlagenen Gegenempfehlungen wenden sich gegen die Behandlung der
Tabakabhängigkeit von Menschen mit psychischen Störungen, einer der häufigsten
komorbiden Störungen dieser Patientengruppen. Gerade von Menschen mit psychischen
Störungen ist bekannt, dass bei ihnen hartnäckige Formen der Tabakabhängigkeit besonders
häufig sind. Da aber auch Menschen mit psychischen Störungen aus ethischen Gründen das
Recht nicht bestritten werden kann, auch gegebenenfalls ein höheres Lebensalter ohne Krebs,
COPD oder kardiovaskuläre Erkrankungen erreichen zu dürfen, könnten die
Alternativempfehlungen 6 bis 9, die fachlich nicht hinreichend begründet und schwer
begründbar sind, Diskriminierungen ganzer Patientengruppen zur Folge haben. Zu Depression
(van der Meer, Willemsen, Smit & Cuijpers, 2013) und Schizophrenie (Tsoi , Porwal &
Webster 2013) existieren jeweils aktuelle Cochrane-Reviews, die allerdings nicht die
allerneueste Literatur berücksichtigen. Die Empfehlungen 6 – 9 lassen sich darauf jedenfalls
nicht stützen.