Sachbericht Jugend- und Familienberatungsstelle 2008 · Im Bereich Familienbildung arbeiten...

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Sachbericht Jugend- und Familienberatungsstelle 2008

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Sachbericht Jugend- und

Familienberatungsstelle

2008

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1. Allgemeines Das Aufgabengebiet der Jugend- und Familienberatungsstelle des Kinderschutzbundes beinhaltet

• Beratung in allgemeinen Fragen der Erziehung und Entwicklung ( §16 SGB VIII)

• Erziehungsberatung als Hilfe zur Erziehung, auch bei Trennung/Scheidung (§§27,28 SGB VIII)

• Beratung und Unterstützung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung sowie bei Ausübung der Personensorge ( §§ 17, 18 SGB VIII)

• Ehe-Lebens- und Familienberatung außerhalb des SGB VIII • Familienbildungsangebote

Etwa jede dritte Ehe endet durch Scheidung. Nicht selten kommt es im Laufe des Scheidungsverfahrens zu erbitterten Auseinandersetzungen um die gemeinsamen Kinder, um die Aufteilung von Besitz und Einkommen und zu gegenseitigen Schuldzuweisungen. Die ersten, die zwischen die Fronten geraten, sind die Kinder.

Die Beratungsstelle sieht deshalb ihren Schwerpunkt in der Beratung und Begleitung von Menschen, die von Trennung und Scheidung betroffen sind. Seit 1994 werden Eltern, Familien oder Einzelpersonen in allen Phasen von Trennung/Scheidung beraten. Dies können einmalige Termine sein; aber auch längerfristige Unterstützung in Krisensituationen ist möglich. Aus psychologischer Sicht kann die Verarbeitung einer Scheidung für alle Beteiligten schwieriger sein als die Verarbeitung des Verlustes eines geliebten Menschen durch Tod. Während bei einem Todesfall die Familie gemeinsam trauert und es je nach Kultur verschiedene Rituale zum Umgang mit dem Tod gibt, ist das im Scheidungsprozess anders und Rituale fehlen ganz. Der familiäre Rückhalt bricht weg, Freunde schlagen sich auf eine Seite oder ziehen sich zurück. Die Beteiligten fühlen sich oft allein gelassen, Kinder erleben neben dem Verlust einer „richtigen“ Familie oft auch Veränderungen durch Umzug, Schulwechsel etc., die zusätzlichen Stress verursachen. Scheidung beendet aber eine Familie nicht, sondern gibt ihr eine neue Form, mit deren Gestaltung die Beteiligten Probleme haben:

• Die Kinder haben Angst, ihre Eltern zu verlieren- oder umgekehrt • Spannungen und Konflikte der Eltern erschweren die Kontakte und blockieren

mögliche Lösungen • Kinder geraten zwischen die Fronten und sollen Partei ergreifen • Die Vorstellungen der Eltern vom Umgang mit den Kindern sind völlig verschieden

Den Eltern fehlt es oft an neutralen Ansprechpartnern, für die Kinder und ihre Bedürfnisse ist keine Kraft vorhanden. Deshalb unterstützen und begleiten wir Betroffene mit folgenden Angeboten:

• Mit Eltern- Familien- oder Einzelgesprächen • Mit Gruppen- oder Einzelbegleitung von Kindern und Jugendlichen • Mit betreutem Umgang • Mit Verfahrenspflegschaft

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Wir sind da für Eltern, Elternteile, Stiefeltern, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Einen weiteren Schwerpunkt legt die Beratungsstelle auf Angebote im präventiven Bereich. Mit unseren Familienbildungsangeboten wollen wir Eltern in Ihrer Erziehungskompetenz unterstützen und stärken. Personelle Besetzung Die Besetzung unseres Teams veränderte sich 2008 stark. Im Arbeitsbereich Betreuter Umgang war zu Jahresbeginn nur noch der Diplompsychologe und die ehrenamtlichen MitarbeiterInnen tätig, eine Sozialpädagogin wechselte in den Bereich Jugend und Schule, weil es finanziell nicht möglich war, sie zu halten. Dem nicht genug! Nach 9jährigem, engagiertem Einsatz des DKSB unter beträchtlichem Einsatz von Eigenmitteln über Jahre hinweg sah sich der Verein gezwungen, diesen immens hohen Eigenmittelanteil zu reduzieren. Leider kamen uns die Jugendämter finanziell nicht ausreichend entgegen. So war der Vorstand gezwungen, wegen fehlender finanzieller Ressourcen des Vereins zur Jahresmitte den Stellenumfang des Diplom-Psychologen zu kürzen. Dieser suchte sich daraufhin eine neue Stelle und kündigte im Mai. Unser Team bestand daraufhin noch aus 1 Diplom- Pädagogin, 1 Diplom-Sozialpädagogin, 1 pädagogische Fachkraft auf Honorarbasis sowie ehrenamtlichen MitarbeiterInnen im BU. Alles sind Teilzeitstellen. Im Betreuten Umgang war es somit nur in zeitlich stark reduziertem Umfang möglich, die verbliebenen Fälle zu begleiten und unterstützen . Die Mitarbeiterinnen haben unterschiedliche therapeutische Zusatzausbildungen : Psychodrama, systemische Therapie; Der Geschäftsführer (Diplom-Pädagoge) ist Verfahrenspfleger und somit auch in unserem Bereich tätig. Die Beratungsstelle wird von der Diplom-Pädagogin geleitet. Im Bereich Familienbildung arbeiten Honorarkräfte bzw. Mitarbeiterinnen aus allen Bereichen des Kinderschutzbundes.

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2. Angebote 2.1 Eltern- Familien– und Einzelgespräche Unsere Beratungsarbeit mit den Erwachsenen orientiert sich an der Leitfrage: Was trägt dazu bei, dass Eltern auch nach einer Scheidung Eltern sein können? Neben Informationen auf der Sachebene( was ist alles zu tun), und solchen über familiendynamische sowie innerpsychische Aspekte, sind therapeutische Beratungsgespräche hilfreich für die Gestaltung der familialen Beziehungen nach der Trennung . Ziel ist es, gesunde Beziehungen zu den Kindern zu erhalten/zu entwickeln. Dies gelingt vor allem dann, wenn grundsätzlich beide Elternteile bereit sind, solch ein Hilfsangebot anzunehmen. Beratungsanlässe Häufig besteht bei den Eltern Unsicherheit darüber, welche Verhaltensweisen bei Kindern und Jugendlichen nach einer Trennung „normal“ sind, wie man angemessen darauf reagieren sollte. Die Situation der Klienten und der Zeitpunkt, sich Unterstützung zu holen, ist unterschiedlich, die Anlässe und Themen daher vielfältig: • Ambivalenzberatung (Trennung: ja oder nein?) • Information der Kinder über die Scheidung (wie sagen wir es?) • Reaktionen der Kinder auf Trennung und neue soziale Situation • Erziehungsberatung • Probleme mit dem „Pendeln“ der Kinder (Besuchskontakte) • Krisen durch Überlastung in der neuen Situation • Mit der Trennungs-/Scheidungssituation zurechtkommen lernen • Eltern bleiben trotz Trennung • Die Rolle neuer Partner im Erziehungsgeflecht • Als Stief- und Patchworkfamilie leben 2.2 Gruppen- und Einzelbegleitung von Kindern und Jugendlichen Die Zahl der Kinder, die von der Trennung und Scheidung ihrer Eltern betroffen sind, ist nach wie vor hoch. Die Trennung /Scheidung bedeutet für die Kinder eine tiefgreifende Veränderung ihrer familiären Lebensumstände. Damit einher geht oft auch eine Änderung des sozialen Umfeldes und eine Verminderung des Lebensstandards. Um den Betroffenen möglichst frühzeitig helfen zu können, bietet die Beratungsstelle des Kinderschutzbundes, neben der Trennungs- / Scheidungsberatung von Erwachsenen und der Einzelarbeit mit Kindern, seit 1995 auch Kindergruppen an. Um die Scheidung zu verarbeiten, brauchen Kinder Informationen und belastbare Ansprechpartner; oft sind die Eltern damit überfordert. Dies will dieses Angebot auffangen. Kinder erleben die Zeit der Trennung und Scheidung ihrer Eltern meist als schwierig und schmerzhaft. Sie fühlen sich ohnmächtig und hilflos in einer für sie unerwünschten und nicht kontrollierbaren Situation. Der Besuch der Kindergruppe und/oder die Einzelbegleitung hilft Kindern, das stressreiche Lebensereignis Trennung/Scheidung

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besser zu bewältigen und die Anpassung an die neue Lebenssituation leichter zu meistern. Auch Einzeltermine mit Kindern und Jugendlichen haben das Ziel, dem Kind Begleiter und Ansprechpartner zu sein, sowie hilfreiche Informationen zu geben. Unerlässlich bei der Begleitung der Kinder ist die Elternarbeit.

• Vorgespräche Die Vorgespräche mit den Eltern (-teilen) dienen dazu, ein erstes Bild über den Ablauf und die Hintergründe der Trennung/Scheidung, die Situation des Kindes, die familiären Veränderungen und Beziehungen, das Verhältnis zwischen den Eltern und die Probleme und Auffälligkeiten des Kindes zu bekommen. Außerdem werden den Eltern die Ziele, das Vorgehen und der geplante Ablauf erläutert. In diesen Erstgesprächen wird aber auch die große Bedeutung einer engen Zusammenarbeit zwischen Kinderschutzbund und den Eltern betont. Die Sorgen und Nöte der Erwachsenen finden hier Gehör und die Eltern erhalten fachliche Unterstützung in Bezug auf den Umgang mit ihren Kindern in dieser schwierigen Situation.

• Elternabende (bei Gruppen) Den Eltern werden die verschiedenen Phasen einer Trennung und ihre Entwicklungsaufgaben als Erwachsene vermittelt. Außerdem erhalten sie Informationen, wie Kinder eine Trennung erleben und was ihnen bei der Verarbeitung hilft. Ziel der 4 Abende ist es, die Eltern bei der Reduzierung innerfamiliärer Spannungen zu unterstützen und die elterliche Erziehungskompetenz zu stärken. Nicht zuletzt sollen die Eltern befähigt werden, die Kindergruppenarbeit und den Transfer der neuen Kompetenzen des Kindes in den Alltag zu unterstützen.

• Nachgespräche Hier tauschen sich Eltern und Fachkraft über Veränderungen im Verhalten des Kindes aus. Informationen, die das Kind freigegeben hat, werden an die Erwachsenen weitergegeben und mit ihnen besprochen. Darüber hinaus wollen wir die Eltern für die schwierige Situation, die Gefühle und Probleme ihrer Kinder sensibilisieren und ihnen so helfen ihre Kinder besser zu verstehen, auf sie einzugehen und ihnen die Unterstützung zu geben, die jedes einzelne zur erfolgreichen Bewältigung dieser Lebenskrise braucht. Die Eltern erhalten für ihre bisherigen Bemühungen um das Kind aber auch Bestätigung und positive Rückmeldung, was zur Steigerung und Stabilisierung des Selbstwertgefühls beiträgt und sie ermutigt auch in Zukunft neue, konstruktivere Wege zu gehen. Zeitlicher Rahmen der Gruppen Es finden in der Regel 2 Gruppen pro Jahr statt. Es werden 1 –2 Vorgespräche, 12 Gruppennachmittage a 2 Stunden, 4 Elternabende und 1-2 Nachgespräche durchgeführt.

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Bei allen Angeboten helfen wir den Kindern bei folgenden nötigen Schritten der Verarbeitung: - Das Scheitern der Ehe der Eltern anzuerkennen und zu verstehen - Bearbeitung von Verlust-, Ablehnungs- und Schuldgefühlen - mit Zorn umgehen - Trauer zulassen - Akzeptieren der Dauerhaftigkeit der Scheidung und Loslassen von nicht erfüllbaren

Wünschen - den Eltern verzeihen - die eigene Handlungsfähigkeit stärken - das Selbstwertgefühl stärken - zum eigenen Lebensstil und zu Gewohnheiten zurückfinden - positive Zukunftsperspektiven finden Statistik Beratung 2008 116 Familien wurden 2008 (ohne BU und Verfahrenspflege) beraten, davon kamen 66 aus dem Kreis, 35 aus Landau, 6 aus dem Kreis Germersheim, 4 aus dem Kreis Pirmasens, 2 aus Bad Dürkheim, 1 aus Speyer, 1 aus Bremen. 1 aus Kirchheimbolanden.. Im folgenden geben wir einen Einblick darüber,

• woher die Ratsuchenden 2008 kamen, • was die Beratungsanlässe waren, • wie viele Kinder betroffen waren, • das Alter der Kinder, • bei welchem Elternteil die Kinder lebten • bei wie viel Familien die Kinder selbst beteiligt waren in der Beratung.

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Insgesamt waren in diesen Familien 223 Kinder betroffen, davon 96 männlich und 127 weiblich.

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In fast 2/3 der Familien waren die Kinder direkt beteiligt.

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Kindergruppen 2008 bekamen 15 Kinder Unterstützung in einer Kindergruppe. Es fanden 3 Kindergruppen statt:

• „der Sechserpack“ (6 Mädchen im Alter von 10-12 Jahren); • „die Superhirne“ (5 Mädchen im Alter von 9-11 Jahren); • „die blauen Edelsteine“ (4 Mädchen im Alter von 9-10 Jahren). Diese Gruppe läuft

noch weiter bis Februar 2009. Von diesen 15 Kindern kamen an den Elternabenden von 12 Kindern beide Eltern, von 3 Kindern nur die Mutter. In den Auswertungsbögen am Ende der Gruppen äußerten alle TeilnehmerInnen, dass sowohl die Kindergruppe, als auch die Elternabende eine wertvolle Hilfe für sie dargestellt haben. 2.3 Betreuter Umgang Ein Überblick 2008 – 9 Jahre Erfahrung im Betreuten Umgang und letztendlich auch das Jahr, in dem die Entscheidung zur Einstellung des Angebots getroffen werden musste. Bereits Anfang des Jahres kündigten sich massive finanzielle Verschlechterungen an, die eine Reduzierung des Stundenumfangs des langjährigen hauptamtlichen Mitarbeiters zur Jahresmitte bedeuteten. Der „Vater“ des BU im Kinderschutzbund Landau – Südliche Weinstraße e.V. übergab daraufhin seine „Kinder“ im Mai an zwei „Pflegemütter“ in Teilzeit bzw. auf Honorarbasis, die seine Aufgabe mit dem Ziel fortsetzten, wieder „richtige Eltern“ für den BU zu finden. In den folgenden Monaten zeichnete sich folgendes Szenario ab: Die Kommunen wurden – nachdem Ihnen von Seiten des Kinderschutzbundes ein kostendeckender Festpreis pro Fall genannt wurde – aktiv und suchten nach 10 Jahren kommunaler Pflichtaufgabe, die bisher weitreichend aus Eigenmitteln des DKSB finanziert war, günstigere Anbieter. Da uns die Mindestanzahl von 10 Zuweisungen zur Finanzierung einer 25%-Stelle für den BU nicht zugesagt werden konnte, mussten wir bedauerlicherweise diese einschneidende Entscheidung treffen und damit eine originäre Aufgabe des Deutschen Kinderschutzbundes unter diesen Bedingungen einstellen. Um wieder im Bild zu sprechen: Die Aufgabe der „Pflegemütter“ bestand Ende 2008 darin, die herangewachsenen „Kinder“ in die Selbstständigkeit zu entlassen und diejenigen, die weitere Pflege und Unterstützung benötigen, in schützende Hände zu übergeben. Das wirkte sich auf die Zahl der begleiteten Familien aus. Bereits seit Jahresmitte nahmen wir wegen der vorhandene Arbeitsbelastung (bis Mai 2008: 30 Wochenstunden – dann zusammen 18 Wochenstunden) keine neuen Fälle an. 2. Personelle Besetzung Bis zum Jahresende 2007 bestand der Betreute Umgang personell aus einer ¾-Stelle eines Diplom-Psychologen und einer ½-Stelle einer Diplom-Sozialpädagogin. In Folge der allgemeinen Finanzknappheit konnte der befristete Vertrag der Sozialpädagogin nicht verlängert werden, so dass der Psychologe ab Januar den Bereich BU allein

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schulterte. Die bereits erwähnten dunklen Wolken der Stellenkürzung ab Mitte des Jahres veranlassten einen vollständigen Wechsel der fachlichen Mitarbeiter des Leistungsbereichs BU. Mit Ursula Gajewski, Pädagogin ,konnte eine erfahrene Fachfrau des BU auf Honorarbasis zur Überbrückung der Übergangszeit engagiert werden mit dem Ziel, eine/n NachfolgerIn einzuarbeiten. Zu diesem Zweck erfolgte eine Stellenausschreibung, auf die einige interessante Bewerbungen eingingen. Parallel mit Frau Gajewski stieg eine Mitarbeiterin der Jugend- und Familienberatungsstelle in den speziellen Leistungsbereich BU (25%-Stelle) ein. Mitte des Jahres: auf Geschäftsführer-Ebene liefen Verhandlungen über die Vergütung der Leistung BU, die sich bis in den Herbst zogen. Einstellung zurückgestellt. Die Ehrenamtlichen: Erst im Januar 2008 begann eine neue Ausbildung der Ehrenamtlichen im BU, zu der sich anfangs sechs InteressentInnen angemeldet hatten und von denen vier das Ziel erreichten. Die 60 Stunden umfassende, fundierte Ausbildung endete im Juni unter Federführung der Bereichsleiterin der Jugend- und Familienberatungsstelle. Zu dieser Zeit verfügten wir über einen Pool von neun zum Teil schon sehr erfahrenen bzw. neuen hochmotivierten und gut ausgebildeten Ehrenamtlichen, die bereits während der Ausbildung mit „ihren“ Familien betraut und engmaschig durch das Fachpersonal in Supervision und Fallbesprechungen begleitet und entlastet wurden. 3. Räume, Sprechzeiten und Erreichbarkeit des Fachbereichs Die Räumlichkeiten Der große, helle Spielraum des Betreuten Umgangs wurde in den Sommerferien mit gemeinsamer Hilfe von Ehren- und Hauptamtlichen gereinigt und gemütlicher eingerichtet. Einerseits setzten wir damit ein Zeichen Richtung Zukunft und andererseits schenkte es der gesamten Gruppe die Möglichkeit, sich gemeinsam tatkräftig für ein Projekt einzusetzen und sich dabei noch besser kennen und schätzen zu lernen. Für Elterngespräche stand ein separater Beratungsraum zur Verfügung, der ebenfalls freundlicher gestaltet wurde. Die Erreichbarkeit der hauptamtlichen MitarbeiterInnen war das gesamte Jahr über gewährleistet. Die Sprechzeiten reduzierten sich zwar von dienstags/donnerstags 12 bis 14 Uhr auf freitags 8 bis 10 Uhr. Durch die Verteilung auf mehrere Fachkräfte bestand für Ratsuchende oder Fachkollegen an jedem Wochentag die Möglichkeit, eine Mitarbeiterin des BU zu erreichen. Statistik: Zahlen und Fakten Wer zahlte? Insgesamt 31 Familien wurden 2008 im Fachbereich „Betreuter Umgang“ begleitet. Im Kreisdiagramm ist die Verteilung nach zuständigen Jugendämtern erkennbar. Fast zwei Drittel der Familien leben im Kreis Südliche Weinstraße, mehr als ein Drittel der Kinder im Betreuten Umgang haben ihren Lebensmittelpunkt in Landau.

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Verteilung der Maßnahmen nach Jugendämtern

Stadt; 11; 35%

Kreis; 19; 62%

Bad Dürkheim; 1;

3%

Wer veranlasste BU? Mehr als die Hälfte der Betreuten Umgänge wurden vom Gericht angeordnet. Hier findet sich ein Hinweis auf das Potenzial der oft hoch konflikthaften Familien. Im Diagramm ist der Überweisungskontext dargestellt:

Wem nützte er? Vom Betreuten Umgang profitierten 47 Kinder, davon 27 Mädchen und 20 Jungen.

2,1

36,127,7 27,7

6,4

0,05,0

10,015,020,025,030,035,040,0

unter 1 Jahr

1-3 Jahre

4-6 Jahre

7-10 Jahre

älter

Alter der Kinder in %

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Am häufigsten begegneten uns Kinder im Alter zwischen ein und drei Jahren. Die Trennungszeit zwischen Kind und Umgangsberechtigten vor Kontaktaufnahme zum Kinderschutzbund gestaltete sich in den meisten Fällen auch entsprechend kurz – bis zu sechs Monate. Der Durchschnitt liegt bei 12;9 Monaten.

Wo leben die Kinder? Die meisten Kinder leben bei ihren Müttern. Doch auch der Anteil an Kindern in Pflegefamilien ist relevant. Wie die Unterbringung in einer Pflegefamilie bedeutet auch der Betreute Umgang in diesen Fällen eine längerfristige Unterstützung. So übergaben wir zum Jahresende Fälle, die teilweise seit 2001 bei uns aktiv waren, zurück an das Jugendamt zur Weiterbetreuung durch andere Anbieter. Zu den Gründen für BU weiter unten.

Wohnort des Kindes

Mutter71%

Vater6%

Pflegeelt.23%

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Wie sieht die Verteilung beim Sorgerecht aus?

Der hohe Anteil – zumindest theoretisch - gemeinsamer Sorgerechtsregelung lässt sich mit der Quote der Verheirateten/Geschiedenen erklären. Die in der Grafik vermerkten 21,3 % „andere“ bezeichnen u.a. Vormundschaften des Jugendamtes. Wer waren die Umgangsberechtigten im BU?

Umgangsberechtigte Väter traten im Jahr 2008 erneut mehrheitlich in Erscheinung – mit mehr als 2/3 aller Umgangsberechtigten.

44,7

29,7

4,3

21,3

0,05,0

10,015,020,025,030,035,040,045,050,0

beide Mutter Vater andere

Sorgerecht in %

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Warum wurde BU veranlasst?

Insgesamt lässt sich zu den Problemen bzw. Problemfeldern jedoch folgendes festhalten: Die Hauptprobleme im Betreuten Umgang liegen in der Regel nicht in der Beziehungsherstellung zwischen den Umgangsberechtigten und den Kindern, sondern:

(1) hauptsächlich in den äußerst konflikthaften Beziehungen zwischen den Expartnern, d.h. im Unvermögen der meisten Eltern die Paarebene von der Elternebene zu trennen und

(2) in der häufigen Unfähigkeit die Bedürfnisse der Kinder (nach einer unbelasteten Beziehung zu „beiden“ Elternteilen) überhaupt noch wahrzunehmen bzw. losgelöst von den eigenen Konflikten wahrzunehmen und zu respektieren.

Die massiven, oft schon jahrelang andauernden, Konflikte zwischen den Eltern haben zu tiefen Kränkungen und Verletzungen geführt, die in starkem gegenseitigen Misstrauen,

2,9

5,9

3,9

17,6

16,7

1,0

7,8

7,8

2,0

7,8

2,0

7,8

2,0

14,8

0 5 10 15 20

sonstiges

Kind lernt Elternteil kennen

Umgangsverweig. d. Kindes

Entfremd./ Beeinfl.

Beziehungsanb.

Kriminalität

Psychische Erkrankung

Sucht

Sexueller Missbrauch - Verdacht

Vernachl.

Gewalt Kind

Gewalt Eltern

Entführung

massiver Eltern-Konflikt

Gründe für Betreuten Umgang in %

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Schuldzuweisungen, Vorwürfen und Ängsten zum Ausdruck kommen und als subjektive Begründungen herangezogen werden, das Kind vor dem Expartner „schützen“ zu müssen. In der Regel ist es so, dass die Kinder bei den Müttern leben und diese den Vätern den Umgang mit ihren eignen Kindern verweigern oder besondere Umstände vorliegen die eine selbstständige Umgangsregelung erschweren, so dass Gerichte und Jugendämter einen Betreuten Umgang befürworten bzw. anordnen. Als subjektive Gründe für die Notwendigkeit der Anbahnung eines Betreuten Umgangs, wurden in 2008 vor allem folgende angeführt (nach Häufigkeit des Auftretens geordnet, Mehrfachnennungen möglich, siehe Grafik): (1) Beziehungsanbahnung/Kind lernt UB kennen. In 22,6 % der Fälle (beide Themen

zusammengefasst) haben die Kinder die UB über ein halbes Jahr und nicht selten auch über mehr als ein Jahr nicht gesehen, deshalb muss hier die Beziehung zum Kind zunächst erst wieder angebahnt werden.

(2) Entfremdung und Beeinflussung/Manipulation des Kindes, d.h. Vorwürfe

negative, psychische Beeinflussung und Aufhetzen der Kinder gegen den anderen Elternteil. Hier spielen vor allem Wut und Hass auf den anderen Elternteil eine Rolle.

(3) Massive Elternkonflikte, d.h. dass die Eltern sich gegenseitig starke Vorwürfe

machen, dem anderen die gesamte Schuld für alles geben, Wut und Hassgefühle, Weigerung mit dem Expartner zu reden, fehlende Selbstkritik usw. immer noch sehr stark im Vordergrund stehen

(4) Gewalt zwischen den Eltern (in der Vergangenheit, z.B. Umgangsberechtigter

habe die Sorgeberechtigte geschlagen usw.), (5) Psychische Krankheiten der Umgangsberechtigten nehmen nach unserer

Einschätzung im BU zu (u.a. Depressionen, Psychosen, neurologische Erkrankungen mit Persönlichkeits-veränderungen),

(6) eine vorliegende Suchtproblematik des UB (Alkohol- oder Drogenprobleme), (7) Vernachlässigung des Kindes, v.a. in Folge von psychischen Erkrankungen und

Abhängigkeit. (8) Verweigerung von Kindern den UB zu treffen. Diese Problematik ist bei den

meisten Fällen auf die massiven Konflikte zwischen den Eltern zurückzuführen, bei denen gerade sensiblere Kinder in starke Loyalitätskonflikte geraten und dann auf den Umgang mit einem Elternteil ganz verzichten (nach außen hin sichtbare Umgangsverweigerung), weil sie es nicht mehr aushalten ständig zwischen den verfeindeten Elternfronten zu stehen. Hier leiden die Kinder sichtbar am meisten, weil sie einen Elternteil nach außen hin ablehnen müssen, obwohl sie ihn im Verborgenen immer noch sehr lieben und gerade wegen der Trennung am meisten bräuchten,

(9) Gewalt gegen das Kind (in der Vergangenheit, z.B. Umgangsberechtigter habe die

Kinder geschlagen),

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(10) Angst vor Entführung des Kindes durch den Umgangsberechtigten (diese Ängste sind vor allem bei Mischehen anzutreffen, z.B. bei deutschen Müttern und türkischen Vätern),

(11) Verdacht auf sexuellen Missbrauch des Kindes durch den Umgangsberechtigten und (12) Kriminalität (der Umgangsberechtigte hat in der Vergangenheit eine kriminelle

Handlung begangen.).

Neben den dargestellten Gründen für die Anbahnung eines Betreuten Umgangs zeigte sich aber auch, dass vor allem die Elternteile, bei denen die Kinder lebten (d.h. vor allem die Mütter) oft sehr große Probleme hatten ihre Kinder überhaupt „loszulassen“, z.T. aus Überfürsorglichkeit, Schuldgefühlen und falsch verstandener „Liebe“ heraus, aber auch aufgrund sehr massiver Ängste, das Kind bzw. dessen Liebe an den Expartner verlieren zu können. Unsere Leistungen: Verteilung Betreuungs- zu Beratungsstunden

Betreuter Umgang wird vom Sorgeberechtigten gewünscht, wenn Anlass besteht, das Kind/die Kinder benötigen Schutz vor dem Umgangsberechtigten! In vielen Fällen sind es jedoch lang anhaltende und massive elterliche Konflikte, die auch im Rahmen des Betreuten Umgangs nur dann eine Chance auf Lösung haben, wenn parallel zu den Umgangskontakten engmaschig Beratungen angeboten werden. 2008 fanden insgesamt 164 Beratungsgespräche statt und 158 Betreute Umgänge, von denen aufgrund der Brisanz etwa die Hälfte von den Fachkräften selbst begleitet wurden. Von den 31 Fällen aus 2008 konnten 19 abgeschlossen werden. Hiervon fanden 10 Familien mit Hilfe des Kinderschutzbundes eine eigene Regelung. Das bedeutet, in 52,3 % der Fälle war die Hilfe Betreuter Umgang erfolgreich, die Eltern (wieder) in die gemeinsame Verantwortung für ihre Kinder zu bringen. In hoch konflikthaften Familien, wie sie im BU gehäuft vertreten sind, ist mit einer schnellen Lösung nicht zu rechnen. Ex-Partner, die gewohnt sind, sich auch vor Gericht zu streiten und dabei das Wichtigste einsetzen, führen ihre Manipulationen gern im BU fort. In der Beratungsarbeit geht es in erster Linie um die Motivation der Eltern. Ist bei derart verhärteten Fronten ein gemeinsamer Prozess hin zu Annäherung möglich? Von den 19 beendeten Fällen aus 2008 lief fast die Hälfte bereits über ein Jahr. Eher die Ausnahme sind Elternpaare, die bereits nach max. sechs Monaten in der Lage sind, wieder eigenständig und fair über Umgang und weitere Regelungen zu kommunizieren.

Beratungen51%

BU49%

Verteilung Beratung zu BU

Beratungen

BU

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Trennungszeit zwischen Elternteil und Kind %46,7

13,320,0

13,3

3,3 3,30,05,0

10,015,020,025,030,035,040,045,050,0

1-6Monate

7-12Monate

1-2 Jahre bis 3Jahre

4 bis 5Jahre

länger

In acht der im vergangenen Jahr durch den Kinderschutzbund betreuten 31 Familien wurde keine eigene Regelung gefunden und es kam zum Abbruch/zur Einstellung der Hilfe. Das Schaubild verdeutlicht, durch wen die Hilfe abgelehnt bzw. eingestellt wurde:

Wenn keine eigene Regelung, dann Abbruch/Einstellung durch

2

1

5

UmgangsberechtigtenSorgeberechtigtenFachkraft

Fast 2/3 der Abbrüche im vergangenen Jahr sind auf fehlende Mitwirkung der Umgangsberechtigten zurückzuführen. Wir erlebten sowohl passiven Rückzug als auch aktive Weigerung, die den BU-Standards des DKSB entsprechenden Regeln einzuhalten. Betreuter Umgang spiegelt nicht normale Beziehungsgestaltung wider. Hierbei geht es in erster Linie um Vertrauensbildung für Sorgeberechtigte und evtl. auch das Kind. Umgangsberechtigte unterschreiben zwar unsere Regeln, haben aber dennoch mitunter Schwierigkeiten, die erlebte Kontrolle auszuhalten. In zwei von acht Fällen erwirkten die Sorgeberechtigten das Ende der „Hilfe“. Hier gelang es den Müttern, die Kinder erfolgreich von einer (fortgesetzten) Beziehung zum Vater fernzuhalten, obwohl aus fachlicher Sicht ein Abbruch schädlich wäre. Wie das Kind erleben wir ebenfalls einen „Beziehungsabbruch“, nur mit den Sorgeberechtigten. Sie sind für Interventionen in Richtung Auflösung des Konflikts zwischen den Eltern nicht offen und nehmen auch die Bedürfnisse des Kindes eingetrübt wahr bzw. entscheiden

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über dessen Kopf „zu seinem Wohl“ gegen eine Beziehung des Kindes zum Umgangsberechtigten. Resümee Insgesamt bleibt festzuhalten, dass der Betreute Umgang nach wie vor weder eine leichte, noch eine imageträchtige Aufgabe darstellt. Die Konflikte zwischen den ehemaligen Partnern werden von Jahr zu Jahr heftiger und auch die Zahl der den Umgang vereitelnden Sorgeberechtigten nimmt weiter zu. Dennoch ist diese Maßnahme für eine Vielzahl von Kindern, die unter der Trennung ihrer Eltern sowie deren ständigen Streitereien und Problemen leiden, die einzige Möglichkeit, weiterhin beide Eltern sehen und lieben zu können. Trotz der bisher erzielten Erfolge macht unsere Arbeit aber auch immer wieder deutlich, dass es - zum Wohle aller Beteiligten - langfristig sehr wichtig wäre das deutsche Scheidungs-verfahren komplett zu reformieren. Scheidungen sollten dann nicht mehr wie bisher über Gerichte und Anwälte ausgefochten, sondern in die Hände von Familientherapeuten und Mediatoren gelegt werden. Denn die Hauptprobleme geschiedener Eltern liegen nicht auf der rechtlichen Ebene, sondern sind in erster Linie psychischer bzw. emotionaler Natur (z.B. tiefe Kränkungen, Hass, Rachebedürfnis, Ängste die Kinder zu verlieren, usw.). Familientherapeuten könnten den Eltern hier helfen ihre negativen Gefühle abzubauen, aus dem endlosen unfruchtbaren „Vorwurfspingpong“ auszusteigen und den Blick für die eigenen Anteile am Scheitern der Beziehung sowie für die wirklichen Gefühle und Bedürfnisse ihrer Kinder zu öffnen. Alle anderen (z.B. rechtlichen und materiellen) Probleme würden sich auf der Basis erfolgreich gelöster Beziehungskonflikte dann sicherlich wesentlich leichter und schneller aus der Welt schaffen lassen, z.B. im Rahmen einer Mediation. Es wäre ein großer Schritt, die Lösung der oft massiven Scheidungskonflikte wieder dort hin zu verlagern wo sie hingehören, nämlich auf die Elternebene, in die Verantwortung der Eltern und nicht auf den Rücken der Kinder. Wir bedauern sehr, den betreuten Umgang fast 10 Jahren einstellen zu müssen. Auch im Entwicklungsprozess um die weitere Finanzierung des qualitativ hochwertigen Arbeitsbereichs in und mit hoch konflikthaften Familien scheint sich das Ansehen der Arbeit widerzuspiegeln. Für die betroffenen Familien hoffen wir auf förderliche Nachfolger unserer Arbeit, die sich der Verantwortung und des Wertes ihrer Tätigkeit bewusst werden. 2.4 Verfahrenspflegschaft Ein Fall, fortgeführt seit 2004, beschränkte sich hauptsächlich auf die regelmäßige Zusammenführung der Kinder mit dem in der Justizvollzugsanstalt einsitzenden Elternteil. 2.5 Familienbildung Neben dem Schwerpunkt der Trennungsberatung liegt der zweite Schwerpunkt der Beratungsstelle im präventiven Bereich. Mit Angeboten in der Rolf-Müller-Straße und im Mehrgenerationenhaus sollen Eltern und deren Kindern möglichst früh und

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niedrigschwellig Hilfen zur Erziehung an die Hand gegeben werden, die sie unterstützen, als Familie besser zusammen zu leben. Für dieses umfangreiche Angebot „Familienunterstützender Maßnahmen“ ist der DKSB Landau seit 2005 als Familienbildungsstätte anerkannt. Statistisch stellte sich das 2008 wie folgt dar : 2008 wurden insgesamt 2075,33 Unterrichtseinheiten a 45 Minuten abgehalten. Diese setzten sich wie folgt zusammen: Familie-Ehe und Partnerschaft- Erziehung: 1193,33 Familie und Gesundheit: 73,33 Lebens- und Freizeitgestaltung: 257,33 Fortbildung: 21,33 Sonderveranstaltung: 530,00 Anzahl einmaliger Veranstaltungen: 395 Anzahl mehrteiliger Veranstaltungen: 18 Gesamtzahl der erreichten Personen: 5462 Neben Pekip und Elternkursen „Starke Eltern - Starke Kinder“ gibt es vor allem im Mehrgenerationenhaus viele Einzelveranstaltungen rund um das Thema Familie. (siehe dazu auch separaten Sachbericht „Starke Eltern – Starke Kinder“) Netzwerk Familienbildung/Erziehungspass (siehe dazu auch separaten Sachbericht „Netzwerk Familienbildung“) Seit 2007 ist der Kinderschutzbund neben dem Haus der Familie beauftragter Koordinator vom Landesministerium, um das Netzwerk Familienbildung weiter zu entwickeln, dass folgende Zielsetzungen hat:

• Stärkung der Familienkompetenz • Optimierung und Abstimmung der Angebote der Familienbildung, • Schaffung niedrigschwelliger Zugänge • Dauerhafte Vernetzung der relevanten Bildungsträger, Beratungsstellen und

Institutionen • Abstimmung und Kooperation • Konzeption und Umsetzung gemeinsamer Projekte

Familienbildung wird im präventiven Sinne verstanden, sie soll Familien befähigen, ermuntern und stärken und Fehlentwicklungen vermeiden helfen. Der Kinderschutzbund hat in der Vergangenheit in Kooperation mit dem HdF seinen - aus Kapazitätsgründen - lange „in der Schublade liegenden“„Elterführerschein“ – nun „Erziehungspass“ konzipiert und auf den Weg gebracht. Die Idee des Erziehungspasses ist es, mehr Familien als bislang mit Bildungs- und Kommunikationsangeboten zu erreichen, deren Erziehungs- und Beziehungskompetenz zu stärken und die aufgebaute Netzwerkstruktur zu verstetigen: Der DKSB und das HdF entwickelten ein gemeinsames Konzept für ein vernetztes, abgestimmtes, ganzheitliches Angebot (verschiedene Träger, an unterschiedlichen Orten) an Kursen, Informationsveranstaltungen und offenen Treffs für werdende Eltern und junge Familien, die Entwicklungsphasen von der Schwangerschaft bis zur Pubertät

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des Kindes berücksichtigen und die grundlegende Erziehungs-, Beziehungs- und Alltagskompetenzen vermitteln. Durch den Erziehungspass wird die Familienbildung in Landau und Südliche Weinstraße präsenter,„griffiger“ und bekannter. Er will als ganzheitliches, vernetztes und niedrigschwelliges Angebot breite Wirkung erzielen und primärpräventiv wirken. Über das Bonussystem und die Vernetzung der Anbieter wird die Erfolgskontrolle gesteuert. Der Erziehungspass ist langfristig auch ein Instrument zur Qualitätsentwicklung in der Familienbildung. 2008 wurde mit verschiedenen Aktionen vor Ort versucht, neue Zielgruppen für die Angebote zu erschließen und den Erziehungspass „unter die Leute“ zu bringen, was auch gelang. 3. Kooperationsstrukturen Auch 2008 gab es (unter Wahrung der Schweigepflicht oder mit Schweigepflichtentbindung) Kooperationen mit anderen Stellen , mit dem Ziel, den Ratsuchenden effektiver helfen zu können. Mit folgenden Institutionen und Personen kooperieren wir im Einzelfall:

• Eltern/Kind Treff • KSD • Andere Beratungsstellen wie AWO, Caritas, Pro familia • Jugendämter • Gericht • Rechtsanwälte • Mehrgenerationenhaus • Schulsozialarbeiter

Zum Arbeitsbereich Familienbildung kooperieren wir mit dem anderen Familienbildungsträger in Landau, dem Haus der Familie und weiteren Institutionen und Dienstleistern, wie z.B. Kitas, der AOK, den Hebammen, Caritas, den Jugendämtern. 4. Arbeitskreise Folgende Arbeitskreise wurden auch 2008 regelmäßig besucht und mitgestaltet:

• Arbeitskreis Trennung/Scheidung • Arbeitskreis „Kinder psychisch kranker Eltern“ • Arbeitskreis Betreuter Umgang

5. Interessenvertretung

• Teilnahme an den Konferenzen der pädagogisch/psychologischen Fachkräfte der Kinderschutzbünde von Rheinland-Pfalz im April und September

6. Qualitätssicherung Folgende Übersicht soll einen Einblick in die Qualitätssicherung geben.

• Bereichsleitung der Beratungsstelle (Dienst/Fachaufsicht) • Wöchentliche Teambesprechungen zur Info und Fallbesprechung • Bereichsleiterinnenkonferenzen monatlich • Einzelgespräche der Leitung mit dem Geschäftsführer

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• Gesamtteam 2 x im Jahr • Fall- und bereichsübergreifende Besprechungen mit dem KSD • Mitarbeitergespräche • Weiterentwicklung und Pflege des Netzwerks Familienbildung mit dem Haus der

Familie; dazu regelmäßige Treffen • Teamsupervision • Fortbildung Zum Thema Intuition und Lebensflussmodell bei Brigitte Lämmle in

Heidelberg • Fortbildung einer Mitarbeiterin in Systemische Therapie und Beratung in

Heidelberg an 4 Wochenenden • Kontakte zur Regionalgruppe Psychodrama • Dokumentation des Arbeitsbereiches (Protokolle, Sachbericht, Statistik) • 27./28.6.2008 Fachtagung „Umgangsverweigernde Kinder“

7. Besondere Entwicklungen in der Arbeit Arbeit mit Trennungsfamilien Wir beobachten nach wie vor eine zunehmende Zahl von Kindern, die eine weiterführende Hilfe durch Therapeuten benötigen würden, da der Elternstreit dauerhaft verhärtet ist. Leider ist es auch nach wie vor so, dass es zu wenige Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten in und um Landau gibt und man für längerfristige therapeutische Begleitungen keine Anbieter findet. Außerdem sahen wir, dass vor allem im Betreuten Umgang zunehmend konflikthaftere Trennungsfamilien landeten, die von Jugendamt und Gericht geschickt wurden. Dieses Angebot wurde oft als letzte Möglichkeit in hoch eskalierten Elternkonflikten eingesetzt. Mit „geschickten“ Klienten muss aber erst eine eigene Motivation zur Zusammenarbeit erarbeitet werden, die diese meist nicht mitbringen. Das gelingt manchmal, aber manchmal auch nicht. Oft sind die Konflikte so verhärtet, dass auch durch die professionelle Vermittlungsarbeit wenig bis nichts erreicht werden kann. Immer dann, wenn frühzeitig Gespräche möglich waren, konnte viel bewirkt werden. Notwendig wären aus unserer Sicht frühzeitige Paar- und Familiengespräche bei Trennungen und Scheidungen, um Eskalationen und Verhärtungen von Konflikten entgegenzuwirken. Die Bereitschaft der Eltern(teilen), diese Unterstützung anzunehmen, sollte von allen beteiligten Helfern angestrebt werden. Eine Schnittstelle sind hier sicherlich auch Rechtsanwälte, die die Eltern oft als Erste sehen und diese Hilfe anregen könnten. Außerdem bräuchte es ambulante therapeutische (Notfall-) Hilfe (z.B. Kurzzeittherapien) für Eltern(teile) in der Krise der Trennung, damit sie ihre Elternrolle (wieder) ausfüllen können und Kinder nicht psychisch misshandelt werden und dauerhafte Schäden davontragen. Patchworkfamilien 2008 hatten wir leider keine zeitlichen Ressourcen, wieder ein Seminarangebot für Patchworkfamilien anzubieten. Das werden wir aber 2009 sicher wieder tun, da Unterstützung für diese Familien immer wieder angefragt wird. Arbeitsbedingungen

• Wie weiter oben beschrieben musste der Betreute Umgang zum 31.12.08 eingestellt werden

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• Mediation ist seit 2008 keine Leistung des Kinderschutzbundes mehr, da auch

hier die Finanzierung nicht kostendeckend war Innerhalb der Paarberatung sind Vermittlungsgespräche an der Tagesordnung; bei finanziellen Unstimmigkeiten, die oft an den Aufenthalt der Kinder geknüpft sind, verweisen wir aber an Mediatoren aus Landau.

Dokumentation Wie schon im Vorjahr nimmt die statistische Dokumentationspflicht zu. Das führt zu einem erhöhten Arbeitsaufwand, der weniger Zeit lässt für die eigentliche Arbeit. 8. Resumee der Beratungsstelle Unsere Erfahrungen mit Scheidungsfamilien zeigen, dass Kindern neben der direkten Begleitung indirekt über die Arbeit mit den Eltern nachhaltig geholfen werden kann, sei es durch eine Stärkung der Elternkompetenz in Gesprächen, Klärungshilfe bzgl. Fortführung bzw. Beendigung ihrer Paarbeziehung in der Paarberatung, Informationsgesprächen darüber, was Kinder bei Trennung der Eltern von ihren Eltern brauchen, Bewältigung eigener Schwierigkeiten mit der Trennung in psychologischen Gesprächen, Mediation . Je früher die Familien Hilfe in Anspruch nehmen, umso wahrscheinlicher ist eine erfolgreiche Unterstützung. Je besser die Eltern mit der Trennung zurecht kommen, umso leichter können sie die Vater- oder Mutterrolle ausfüllen, und umso leichter haben es die Kinder mit der Verarbeitung. Beratung von Scheidungsfamilien kann, besonders in strittigen Verfahren, viel Geduld und Arbeitsaufwand erfordern. Nichts desto Trotz brauchen diese Familien eine Hilfestellung, die sich von der weitgehend üblichen parteiischen Unterstützung unterscheidet. Die einzige Parteinahme ,die nötig ist, ist die Parteinahme für die Kindesinteressen. Es gilt immer wieder, die Bedürfnislage der Kinder herauszuarbeiten. Wir sehen unsere Aufgabe nach wie vor mit darin, das Kind davor zu schützen, sich für einen Elternteil entscheiden zu müssen. Und wir versuchen, Eltern mit unseren Angeboten zu helfen, ihre Verantwortung wahrzunehmen und im Sinne ihrer Kinder zu entscheiden und zu handeln. 9. Falldarstellung … aus Gründen des Datenschutzes hier entfernt!

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