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Heimspiel Das Magazin von SOS-Kinderdorf #1/2016 Wie durch Sport Integration gelingt SEITE 10: Österreichische Helden auf dem Rasen SEITE 14: Interview mit einem Ex-Salafisten SEITE 20: Hass im Netz

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Heimspiel

Das Magazin von SOS-Kinderdorf #1/2016

Wie durch Sport Integration gelingt

SEITE 10: Österreichische Helden auf dem Rasen

SEITE 14: Interview mit einem Ex-Salafisten

SEITE 20: Hass im Netz

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SALTO – das Magazin von SOS-Kinderdorf

SALTO hat junge Flüchtlinge besucht, die beim Sport neue Her-ausforderungen sowie Freundin-nen und Freunde in Österreich gefunden haben.

Sie heißen Alaba, Junuzovic, Özcan und Co – und sind durch und durch österreichische Helden: Im öster-reichischen Fuß-ball-Nationalteam spielen Migranten der ersten, zwei-ten und dritten Generation auf zentralen Posi-tionen. „Fußball bietet die Chance auf sozialen Aufstieg“, sagt ÖFB-Trainer Rupert Marko.

Im Internet, so scheint es, fallen bei Postings zu Flüchtlingen alle Hemmungen. Nicht einmal vor Kindern und Jugendlichen machen die Hass-poster in den sozialen Medien Halt. Ein Blick hinter das Phäno-men Hass im Netz – und mögliche Gegenstrategien.

Dominic Musa Schmitz hat die deutsche Sala-fistenszene von innen kennen-gelernt – und tourt nun als Aussteiger durch Schulen. SALTO erzählte er, wie er in den Radikalis-mus gekippt ist.

Tyma Kraitt, Tochter eines Syrers und einer Irakerin, hat sich als Autorin und Journalistin mit dem Thema Inte-gration beschäf-tigt. Für Familien, die ihre Töchter in Österreich nicht in die Schu-le schicken, dürfe es keinen Pardon geben, meint sie.

4Gemeinsam dabei sein ist alles!

10Neue Rasen- Helden

14Einmal Salafismus und zurück

16Glückssache Bildung

20Likes für den Hass

24Flucht und Frauenrollen

Morteza und Asghar sind gemeinsam aus ihrer Heimat ge-flüchtet. Nun lebt der eine in einer WG, der andere in einem Groß-quartier – mit enormen Auswir-kungen auf ihre Integration. Eine Geschichte über Chancen.

Herausgeber/MedieneigentümerSOS-Kinderdorf Österreich Stafflerstr. 10a, 6020 InnsbruckT:+43 512 580 101E: [email protected]

RechtsformSOS-Kinderdorf Österreich ist ein gemeinnütziger Verein und Grün-dungsmitglied des Dachverban-des SOS-Kinderdorf International. Vereinsregisternr.: 844967029

VereinszweckSOS-Kinderdorf ist ein überpartei-liches, auf privater Initiative beru-hendes Sozialwerk zur Betreuung und Begleitung in Not geratener

Kinder, Jugendlicher und junger Erwachsener in SOS-Kinder-dorf-Familien, familienähnlichen Gemeinschaften und familienstär-kenden Angeboten.

Für den Inhalt verantwortlichNora Deinhammer

ChefredakteurinMartina Stemmer

Chefin vom DienstAndrea Heigl

RedaktionSusanne Schönmayr, Martina Molih

Art DirectorMarkus Zahradnik

Corporate Publishingbettertogether Kommunikationsagentur

GestaltungSchrägstrich Kommunikationsdesign

DruckGedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ des Öster-reichischen Umweltzeichens, NP DRUCK, UW-Nr. 808

Das nächste SALTO erscheint zum Kinderrechtetag am 20. November 2016. Thema: Werden Buben zu wenig gefördert?

Haben Sie Anregungen dazu? Dann schreiben Sie uns an [email protected]

Dieses Produkt entspricht dem Österreichischen Umweltzeichen für schadstoffarme Druckprodukte (UZ 24), UW-Nr. 715Grasl FairPrint, Bad Vöslau, www.grasl.eu

Impressum und Offenlegung nach § 25 Mediengesetz:

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Für einen Salto braucht man Mut. Und die Bereitschaft, die Welt für einen Moment aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Mit dem Ziel, am Ende wieder mit beiden Bei-nen fest auf dem Boden zu landen. SALTO heißt das neue Magazin von SOS-Kinderdorf.

In der ersten Ausgabe geht es um junge Menschen, die besonders viel Mut und Ent-schlossenheit aufbringen mussten – um Kinder und Jugendliche, die aus ihrer Heimat nach Österreich geflüchtet sind, viele von ihnen ohne Eltern. Sie haben Krieg und Terror erlebt, Menschen sterben gesehen und sind nun auf sich gestellt.

Für SALTO haben eine ganze Reihe namhafter österreichischer Journalistinnen und Journalisten Beiträge verfasst. Sie gehen den Fragen nach: Wie können wir diese jungen Menschen in unsere Gesellschaft integrieren? Wie gehen wir mit den unterschiedlichen Weltanschauungen um, die da aufeinandertreffen? Und wie verhindern wir die Entste-hung von Parallelgesellschaften?

Dabei wollen wir auch zeigen, dass es oft gar nicht so viel braucht, damit das Mit-einander gut funktioniert. Manchmal reicht ein rundes Ding aus Leder. Oder die Möglich-keit, etwas zu lernen. Und es hilft, wenn jene Menschen, die schon lange in Österreich leben, Zuversicht, Courage und guten Willen zeigen. Wenn auch sie hin und wieder einen kleinen Salto wagen.

Eine spannende Lektüre wünschen

Christian Moser Martina StemmerGeschäftsführer SOS-Kinderdorf Österreich Chefredakteurin SALTO

PS: Wir freuen uns auf Rückmeldungen und Anregungen unter [email protected]

Liebe Leserin, lieber Leser!

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Heimspiel

Das Magazin von SOS-Kinderdorf #1/2016

Wie durch Sport Integration gelingt

SEITE 10: Österreichische Helden auf dem Rasen

SEITE 14: Interview mit einem Ex-Salafi sten

SEITE 20: Hass im Netz

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Ingrid Brodnig ist Medien-redakteurin von „profil“ und Buchautorin.

Karl Fluch ist langjähriger Kulturredakteur bei der Tageszeitung „Der Standard“.

Christian Hackl ist Fußball- Experte bei der Tageszei-tung „Der Standard“.

Nina Horaczek ist Chefre-porterin beim „Falter“ sowie Buchautorin.

Anneliese Rohrer ist eine profunde Politik-Kennerin. Sie kommentiert, bloggt und schreibt Bücher.

Anna Thalhammer arbeitet in der Chronik-Redaktion der Tageszeitung „Die Presse“.

SOS-Kinderdorf bedankt sich bei den Autorinnen und Autoren von SALTO:

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SALTO – das Magazin von SOS-Kinderdorf

Für die meisten Sportarten gilt: Es braucht nicht viele Worte, um sie zu betreiben. Egal ob Fußball, Volleyball oder Ringen, die Regeln sind auf der ganzen Welt die-

selben. Für das gemeinsame Austoben gibt es keine Hürden, weder sprachliche noch bürokratische. Deshalb ist Sport ein regelrechter Integrationsmotor. Auf dem Platz sind alle gleich – das bestätigen auch die Fußballer des österreichi-schen Nationalteams, in denen Flüchtlinge und Migranten zweiter und dritter Generation schon seit Langem eine zentrale Rolle spielen (s. Seiten 10 und 11).

Für das gemeinsame Fußballspiel im Park braucht es nicht viel, nur ein Paar Schuhe und einen Ball. Sport ver-bindet, er stellt alle auf dasselbe Stockerl, egal, woher sie kommen; nur das Talent und das Engagement zählen, nicht die Sprache oder die Herkunft.

Lektionen fürs LebenSport ist außerdem ein ausgezeichneter Lehrer: Teamgeist, Fairness, Disziplin, Ausdauer und Taktik – das brauchen

Kinder, die sportliche Ziele erreichen wollen. Wer gelernt hat, nach einer Niederlage wieder aufzustehen und weiterzu-machen, der hat eine Lektion fürs Leben gelernt.

SALTO hat vier geflüchtete Kinder und Jugendliche beim Sport begleitet. Für manche, wie den 15-jährigen Schwimmer Nawid aus Afghanistan, ist der Sport einfach Zeitvertreib und willkommene Abwechslung. Für Jilan (17) aus Syrien ist das wöchentliche Volleyballtraining mit einer Mannschaft in Salzburg der erste regelmäßige Kontakt mit österreichischen Mädchen, der erste Anknüpfungspunkt im neuen Land.

Ähnlich geht es Judy, elf Jahre und ebenfalls aus Syrien. Sie trainiert regelmäßig mit dem Mädchen- und Frauen-fußballverein 23 der Sportunion Wien. Ali Reza (17) aus Afghanistan hat bereits in seiner Heimat vier Jahre lang das so genannte Kuschti (Ringen) trainiert. In Österreich fährt er nun zwei Mal pro Woche nach Wien, wo er unter den Tribünen des Ernst-Happel-Stadions mit der Union Wien West trainiert. Er hat in Österreich bereits bei mehreren Wettkämpfen Medaillen gewonnen.

Gemeinsam dabei sein ist alles!

Kampf und Konkurrenz – das ist die eine Seite der Medaille beim Sport. Das Miteinander auf dem Spielfeld, auf der Turnmatte, im Wasser ist aber auch ein Motor für Integration.

SALTO hat junge Flüchtlinge gefragt, was Sport für sie bedeutet.TEXT: SUSANNE SCHÖNMAYR FOTOS: CHRISTOPHER GLANZL / STEFAN SEELIG

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Kleine Info am RandeEr hörte leise Schritte hinter sich. Das bedeutete

nichts Gutes. Wer würde ihm schon folgen, spät in der Nacht und dazu noch in dieser engen Gasse mitten

im übel beleumundeten Hafenviertel?

Judy, 11, Syrien„Seit mich meine Freundin aus Wien das erste Mal zum Fußballtraining mitge-nommen hat, komme ich jede Woche her. Zu Hause in Syrien habe ich nie Sport gemacht, aber hier macht es mir großen Spaß.“

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Nawid, 15, Afghanistan„Ich war auch in Afghanistan oft schwimmen und mag Kraulen und Brustschwimmen. Am meisten

Spaß macht aber das ins Becken hüpfen. Leider ist das in den meisten Bädern verboten.“

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Kleine Info am RandeEr hörte leise Schritte hinter sich. Das bedeutete nichts Gutes. Wer würde ihm schon folgen, spät in der Nacht und dazu noch in dieser engen Gasse mitten im übel beleu-mundeten Hafenviertel?

Jilan, 17, Syrien„Ich bin in einer Volleyballmannschaft

mit österreichischen und syrischen Mädchen. Manchmal spielen wir auch

gegen Burschen aus unserem Wohnhaus.“

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Kleine Info am RandeEr hörte leise Schritte hinter sich. Das bedeutete

nichts Gutes. Wer würde ihm schon folgen, spät in der Nacht und dazu noch in dieser engen Gasse mitten

im übel beleumundeten Hafenviertel?

Ali Reza, 17, Afghanistan„Das Ringen ist für mich der beste Sport, denn es gibt mir Energie zum Leben. Man muss schnell und stark

sein, braucht aber auch die richtige Technik.“

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SALTO – das Magazin von SOS-Kinderdorf

Zlatko Junuzovic kann problemlos darüber sprechen. „Weil ich mich nicht daran erinnern kann.“ Vier-

einhalb Jahre alt ist der heute 28-Jäh-rige gewesen, als er mit Papa, Mama und der älteren Schwester in Kärnten eingetroffen ist. Die genauen Umstände der Flucht vor dem Bosnienkrieg kennt er nicht. „Mein Papa hat ein bisserl was erzählt, sicher nicht alles, ich akzeptiere das. Es muss schrecklich gewesen sein.“

Die Familie Junuzovic lebt in Graz, der Vater arbeitet in einem Lager. Der Sohn wohnt in Bremen, er kickt ja für Werder in der deutschen Bundesliga. Bis zum 15. Lebensjahr besaß Zlatko auch die bosnische Staatsbürger-schaft, er hat sie ohne sentimentale Gefühle zurückgelegt. „Ich kenne nur Österreich, ich fühle mich als Österrei-cher, wurde da sozialisiert, habe hier den Fußball erlernt.“ Er ist noch nie in der Heimat seiner Vorfahren gewesen, Sarajevo kennt er nur aus Erzählungen.

Die Oma und die Tante sind in Bosnien geblieben, der Kontakt wird regelmä-ßig gepflegt. „Aber sie besuchen immer nur uns.“

Junuzovic ist ein der Stützen der österreichischen Nationalmannschaft und am Aufschwung unmittelbar betei-ligt. Seit Jahren. Trotzdem ist er eine Ausnahme. Denn andere Stützen wie Aleksandar Dragovic, Marko Arnautovic (beide serbischer Hintergrund), David Alaba (Vater aus Nigeria, Mutter von den Philippinen) oder auch Ramazan Özcan und Veli Kavlak (beide türkischer Hintergrund) wurden in Österreich geboren. In zweiter oder gar dritter Generation. Wienerischer als Alaba geht kaum. Zum Weltklassefußballer ist er bei Bayern München gereift.

„Als Fußballer hast du es leichter“ Dragovic hat als Bub bei der Austria gekickt. „Ich bin dankbar, eine wunder-bare Zeit.“ Momentan dient er Dynamo Kiew. Kommt er nach Wien, „komme

Seit vielen Jahren prägen Migranten den heimischen Profi-Fußball. Die meisten entstammen der zweiten

und dritten Generation, manche – wie Zlatko

Junuzovic – haben aber auch selbst eine Flucht

hinter sich.

TEXT: CHRISTIAN HACKL

David Alaba, Rubin Okotie,

Aleksandar Dragovic, Marko Arnautovic, Zlatko Junuzovic, Ramazan Özcan:

Was wäre das österreichische

Nationalteam ohne Migranten?

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Österreichische Helden: Alaba, Dragovic, Özcan & Co

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ich in meine Heimat und bestelle Schnitzel.“ Dragovic streitet nicht ab, dass es Parallelgesellschaften gibt. „Als Fußballer hast du es sicher leich-ter. Da geht es um den gemeinsamen Erfolg. Bist du gut, ist egal, woher du stammst.“ Auch Arnautovic, Legionär bei Stoke City, sieht das ähnlich. „Hast du Talent und machst etwas draus, schaffst du es, dann spielt die Herkunft eine untergeordnete Rolle.“ Tormann Özcan fühlt sich beiden Ländern zugetan. „Ich mag die Türkei, ich mag Österreich. Ich kann mit beiden Kultu-ren etwas anfangen und sehe das als Bereicherung.“

ÖFB-Präsident Leo Windtner be-tont zwar nicht dauernd, aber immer, wenn er danach gefragt wird, „die integrative Kraft des Fußballs. Integra-tion wird im Sport vorgelebt. Aber na-türlich ist es einfacher als in anderen gesellschaftlichen Bereichen.“ Rupert Marko ist der Teamchef der österrei-chischen U19-Auswahl. Er geht davon

ein Vorbild sein, für einen offenen, solidarischen Umgang eintreten. Wobei der Sport nicht die Probleme der Welt lösen kann.“

Karriere im AuslandDie österreichischen Klubs profitieren von den Talenten, egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund, nur be-dingt. Das hat aber mit der Liga zu tun. Die besten wechseln als Jugendliche ins Ausland, weil sie dort die größeren Perspektiven sehen. Sportlich wie finanziell. Das Nationalteam wird von dieser Entwicklung eher profitieren, es besteht jetzt schon nahezu ausschließ-lich aus Legionären. Zlatko Junuzovic hat im Vorjahr, als die Flüchtlingswel-le den Höhepunkt erreichte und die Grenzen noch offen waren, Klartext gesprochen: „Man darf nicht weg-schauen. Es gehört sich für jedes Land, Menschlichkeit zu zeigen.“ Irgendwann wird sich Junuzovic Sarajevo anschau-en: „Wenn ich Zeit habe.“

aus, dass die Zahl der Fußballer mit Migrationshintergrund weiter steigt, speziell in den Ballungsräumen, vor allem in Wien. „Das ist gut so. Fußball bietet nach wie vor eine Chance auf ein besseres Leben, auf einen sozi-alen Aufstieg. Fußball ist und bleibt ein Sport für die kleinen Leute. Am Anfang brauchst du nur einen Ball und Schuhe.“ Teamkapitän Christian Fuchs schätzt die „Vielfältigkeit im Fußball. Hier gibt es ein Miteinander, jeder lernt von jedem. Rassismus hat hier nichts verloren, es geht um Respekt, ums Gemeinsame.“

Teamstürmer Marc Janko spielt momentan in der Schweiz für den Serienmeister FC Basel. Davor war er in den Niederlanden, in Portugal, der Türkei und in Australien beschäftigt. „Man lernt andere Kulturen kennen, das erweitert deinen Horizont. Aber natürlich ist alles einfacher, wenn du in einer privilegierten Position bist. Trotzdem musst du als Fußballer Fo

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SALTO – das Magazin von SOS-Kinderdorf

Der Wertesalto Flucht stellt Weltbilder auf den Kopf. Wie kann das Zusammenleben

mit Menschen aus völlig anderen Gesellschaftssystemen funktionieren?TEXT: MARTINA STEMMER

In den ersten Wochen verließ Wa-siem (*) kaum sein Zimmer. Saß auf der Kante seines perfekt gemach-

ten Bettes, Rücken durchgestreckt, Blick geradeaus. Rührte sich nicht vom Fleck, sprach nur das Nötigste. Die Welt um ihn herum – lärmende Jugendliche, die sich frei durchs Haus bewegen, gemeinsam lernen, kochen und ihre Freizeit verbringen – war ihm völlig fremd. Seine Welt bestand bisher

aus Befehlen. Wasiem hatte bereits etliche Jahre Militärschule hinter sich. Er lebte in seiner Heimat Syrien das Leben eines Soldaten, kannte von klein auf nichts anderes als Kampf, Gehor-sam und Misshandlung.

Wasiem ist 16. Seine Flucht aus der Hölle organisierten seine Eltern. Sie bezahlten Schlepper dafür, ihren Sohn nach Europa zu bringen. Er lebt seit einiger Zeit in einer Wohngruppe für

unbegleitete minderjährige Flüchtlinge von SOS-Kinderdorf. Wasiems Chan-cen, langfristig hier bleiben zu können, stehen gut. Bis sich der junge Syrer hierzulande wirklich zu Hause fühlt, wird es, so schätzen seine Betreuerin-nen und Betreuer, jedoch Monate, wenn nicht Jahre dauern. Und er wird dabei viel Hilfe brauchen. Zu groß ist die Kluft zwischen alter und neuer Lebenswelt, als dass sie sich mit einem Aufenthalts-titel einfach schließen ließe.

So geht es vielen Asylwerberinnen und Asylwerbern aus Ländern wie Syrien, Afghanistan oder dem Irak. Was daheim zum Alltag gehörte, ist in ihrer neuen Umgebung plötzlich undenkbar. Dass Kinder zu Soldaten ausgebildet werden zum Beispiel.

Aha-ErlebnisseUmdenken ist ein langwieriger Prozess, der unumgänglich fürs Zusammenle-ben ist. In Österreich sollen diverse Wertekurse und Startprogramme Flüchtlingen näherbringen, wie Land und Leute ticken. Das Innenministeri-um stellt zudem einen „Refugee Guide“

Piktogramm aus dem „Refugee- Guide“ des Innenministeriums:Mädchen gehen in die Schule und bestimmen, was sie werden möch-ten. Für viele Asylsuchende ist das nicht selbstverständlich. (*

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bereit, der sich an Neuankömmlinge richtet. Mittels Piktogrammen werden Asylwerbern die Dos and Don’ts vor Augen geführt. Vom Über-die-Stra-ße-Begleiten älterer Menschen bis zum Gewaltverbot gegen Frauen und Kinder.

Ist so viel plakative Basisarbeit wirklich notwendig? Ja, sagt Bernhard Spiegel. Er leitet das Clearing-house in Salzburg, eine Wohngruppe für unbe-gleitete minderjährige Flüchtlinge von SOS-Kinderdorf. „Diese Bilder sind gerade für die erste Orientierung sehr hilfreich und lösen bei unseren neu an-gekommenen Jugendlichen immer wie-der Aha-Erlebnisse aus“, sagt Spiegel.

So neu, wie die Wertediskussion angesichts der Flüchtlingskrise erschei-ne, sei sie aber gar nicht, so Spiegel (siehe auch Kasten). „Wir machen das im Clearing-house seit 15 Jahren.“ Kein Kurs und keine Broschüre der Welt könnten allerdings das ersetzen, worum es in der Wertevermittlung gehe. „Am wichtigsten ist die Vorbild-wirkung.“

Sinn und Perspektiven Geflüchtete Kinder und Jugendliche brauchen – so wie jeder junge Mensch – Bezugspersonen. Erwachsene, die

sich mit ihnen auseinandersetzen, als Vorbild zur Verfügung stehen und Grenzen aufzeigen. Viele minderjährige Flüchtlinge leben in österreichischen Großquartieren. Dort fehlt dieser per-sönliche Kontakt. Und die Möglichkeit, den Tag sinnvoll zu gestalten (siehe auch Artikel auf Seite 16).

Integration gelingt, wenn Schutzsu-chende nicht nur in unserem Land son-dern mit uns leben – da sind sich sämtli-che Experten einig. Bernhard Perchinig von der Uni Wien unterstreicht dabei die Bedeutung von Arbeit. „Flüchtlinge dürfen nicht den Rest ihres Lebens in Billigjobs hängen bleiben – sie brauchen eine Perspektive.“

Wertekurse alleine, so Perchinig, könnten wenig bewirken. „Da geht es mehr um Symbolpolitik als um echte Integration.“

Wasiem hat jedenfalls schon ein wenig Vertrauen zu einigen Menschen in seinem neuen Umfeld gefasst. Er besucht einen Deutschkurs, nimmt an gemeinsamen Aktivitäten teil – und manchmal lächelt er sogar.

Welche Themen beschäftigen minderjährige Flüchtlinge, die neu ins Clearing-house kommen?Dass Frauen dieselben Rechte haben wie Männer ist für viele völlig neu. So-wohl für Burschen als auch für Mädchen.

Wie vermittelt man Gleichberechtigung?Indem man sie vorlebt – wir stehen da unter Dauerbeob-achtung. Die Jugendlichen schauen ganz genau: Haben die Betreuerinnen diesel-ben Befugnisse wie die

Betreuer? Und haben Buben dieselben Arbeiten im Haus zu erledigen wie Mädchen?

Und, haben sie?Ja, selbstverständlich! Natürlich sträuben sich manche Jungs anfangs, wenns ums Putzen geht, aber nach einer Weile haben bisher noch alle mitgemacht.

Welche Rolle spielt Sexualpädagogik?Zwei Mal im Jahr gibts ei-nen Workshop zum Thema Sexualität bei uns im Haus.

Der ist verpflichtend. Es ist nicht ganz leicht, dafür ei-nen Dolmetscher zu finden. Aber uns ist sehr wichtig, dass die Jugendlichen infor-miert sind.

Ist Radikalisierung ein Thema?Ich glaube, dass junge Men-schen mit Fluchterfahrung da grundsätzlich weniger gefährdet sind als Jugendli-che aus Europa. Die, die zu uns ins Clearing-house kom-men, wissen jedenfalls ganz genau, wie brutal Krieg und Terror sind.

„Wir stehen unter Dauerbeobachtung“

Bernhard Spiegel leitet das Clearing- house in Salzburg, ein Haus für unbe-gleitete minderjäh-rige Flüchtlinge von SOS-Kinderdorf.

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SALTO – das Magazin von SOS-Kinderdorf

Herr Schmitz, Sie sind ein gefragter Interviewpartner, Buchautor, halten Vorträge an Schulen – warum haben Sie sich dafür entschieden, Ihre Ge-schichte so offensiv zu erzählen?Das hat sich praktisch von selbst ergeben. 2005 bin ich konver-tiert; ab 2008 hatte ich meinen eigenen Youtube-Kanal, auf dem ich gepredigt habe, wie einige andere Salafisten in Deutsch-land auch. Das ist ein extrem wichtiges Medium, weil man mit ganz wenig Aufwand vie-le Menschen erreicht. 2010

hat sich dann mein Leben sehr stark verändert, ich habe

begonnen, an dieser Ideologie zu zweifeln, dann habe ich auch

meine Kritik in den Youtube-Vi-deos geteilt und Fragen beantwor-

tet. Dann kamen die ersten Medien auf mich zu, und irgendwie hat sich

das verselbstständigt.

An den Schulen halten Sie immer wieder Vorträge mit Aussteigern aus der Neonazi-Szene. Hätten Sie damals statt Muslimen Neonazis kennengelernt – wären Sie auch ihnen gefolgt?Nein, sicher nicht. Ich habe Faschis-mus immer schon verabscheut. Aber im Grunde wäre es egal gewesen, ob ein Muslim, ein Zeuge Jehovas oder ein

Scientologe vor meiner Tür gestan-den wäre. Ich war auf der Suche nach Antworten, nach Spiritualität, und nach einer Gemeinschaft, zu der ich dazuge-hören kann.

Dennoch: Vom Islam zum Salafismus ist es ein weiter Weg …Natürlich. Aber ich habe alles über den Islam von Salafisten gelernt. Sie wirkten auf mich authentisch, weil sie ihre Religion 24 Stunden am Tag praktiziert haben, weil es keine Kompromisse gab. Salafisten haben auf alles eine Antwort. Erst später habe ich gelernt, dass die einfachsten Antworten nicht immer die besten sind.

Warum ist eine Ideologie für junge Menschen ansprechend, die so strenge Regeln vorgibt?Weil viele nicht wissen, was sie mit ihrer Freiheit anfangen sollen. Sie sind über-fordert durch die Fülle an Möglichkei-ten. Als Salafist musste ich nichts selbst entscheiden.

Viele Ihrer damaligen Glaubensbrüder waren Hartz-IV-Empfänger. Inwiefern spielt der soziale Status bei Radikalisie-rung eine Rolle?Es wäre zu einfach, zu sagen, nur Hartz-IV-Empfänger werden Salafisten. Natürlich gab es da Menschen mit

Als Salafist musste ich nichts selbst entscheiden.

Dominic Musa Schmitz war tief in der deutschen Salafisten-Szene verwurzelt. Mittlerweile ist er ausgestiegen – und sucht auf Soci-

al Media und in Schulen Kontakt zu jungen Menschen. SALTO erzählte er von seinen Erfahrungen. INTERVIEW: ANDREA HEIGL

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Bildungslücken, aber auch junge Leute aus zerbrochenen Familien, Jugend-liche, die gemobbt wurden, und so weiter. Das vereint wahrscheinlich die Neonazis und die Salafisten, sie sagen diesen Jugendlichen: Bei uns bist du willkommen. Wenn du dich unserer Ideologie anschließt, dann nehmen wir dich so, wie du bist.

Was kann man daraus für die Präventi-on lernen?Ich kann nur versuchen, bei jungen Leuten den richtigen Samen in ihre Herzen einzupflanzen – damit sie im entscheidenden Moment nicht in den Flieger nach Syrien steigen. Bei mir wa-ren es viele Gedanken und Fragen, bis ich schließlich den Mut gefasst habe, mein Weltbild zu überdenken.

War der Weg in den Jihad in Ihrer Zeit als Salafist auch schon Thema?Sicher nicht so stark wie heute, das hat sich mit dem Syrien-Krieg vervielfacht. Ich habe als 17-, 18-Jähriger mit Pierre Vogel und anderen Salafisten auf Plät-zen demonstriert und herumgeschrien. Heute sagen die Leute: Was bringt das? Wir müssen in den Jihad ziehen, wir müssen Löwen sein. Alles ist viel radika-ler und kompromissloser geworden.

Im Zuge der Flüchtlingsdiskussion kommt oft das Argument, man wisse nicht, wer da komme, möglicherweise gebe es radikales Potenzial. Wie neh-men Sie das wahr?In erster Linie kommen Menschen zu uns, die vor Glaubenskriegern flüch-

ten, die in Sicherheit leben wollen, die gerade alles riskiert haben, um dem Krieg zu entkommen. Andererseits wäre es dumm zu sagen: Unter diesen hunderttausenden Menschen ist bestimmt kein einziger mit radikalen Ideen. Salafisten versuchen schon, gezielt Flüchtlinge anzuwerben, die vielleicht in Deutschland nicht das finden, was sie gesucht haben. Dem kann man zuvorkommen, indem man Flüchtlingen rechtzeitig hilft, Deutsch zu lernen, sich zu integrieren, Fuß zu fassen.

In nur zehn Jahren haben Sie einen weiten Weg zurückgelegt – zum Islam, zum Salafismus und wieder zurück. Bezeichnen Sie sich heute als gläubig?Tja, was heißt das schon? Ich kann mit dem Bild von Gott im Islam immer noch viel anfangen. Religion ist für mich nach wie vor eine große Inspiration. Aber ich hinterfrage alles. Der Zweifel ist der Motor meines Den-kens geworden. Ich habe Menschen, die mir Halt geben, ich brauche keine Ideologie mehr und auch keine Schul-terklopfer. Jedenfalls habe ich das Gefühl, dass ich mit 28 Jahren mehr erlebt habe als so mancher 50-Jährige.

„Das vereint Neonazis und Salafisten, sie sagen Jugendlichen: Bei uns bist du willkommen. “

Dominic Musa Schmitz spricht viel mit jungen Men-schen – „damit sie im entscheidenden Moment nicht in den Flieger nach Syrien steigen.“

Einmal Extremismus und zurück: In seinem Buch „Ich war ein Salafist“ (Ullstein-Verlag) beschreibt Dominic Musa Schmitz seine Erlebnisse im deutschen Salafisten-Netzwerk, seinen Weg heraus – und seine persönliche Wandlung vom islamistischen Youtu-be-Prediger zum Aufklärer.

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SALTO – das Magazin von SOS-Kinderdorf

V ier Tage die Woche Deutschkurs, dazu Mathe. Gitarrenstunde, Volleyballtraining, Fußball im

lokalen Verein und vergangenes Wo-chenende ein Streetdance-Workshop. Fein säuberlich hat er seine Termine auf einen A4-Zettel geschrieben, in eine Klarsichthülle gesteckt und auf dem Bücherregal befestigt.

Morteza, den alle hier „Morti“ nennen, ist 17 Jahre alt und Afghane. Seit November lebt er in einer WG für Flüchtlingsjugendliche von SOS-Kinder-dorf in Wiener Neudorf. Die Wohnung stellt die örtliche Freiwillige Feuer-wehr zur Verfügung. Dafür helfen die Burschen jeden Freitag der Feuer-wehr. Sie wischen das Treppenhaus auf, saugen die Zimmer, waschen die Feuerwehrautos. Die Deutschkurse halten Freiwillige ab und die Gemeinde half SOS-Kinderdorf, die Burschen in Sportkursen unterzubringen. So finden sie leichter österreichische Freunde. Betreut werden die Jugendlichen von Mitarbeiterinnen des SOS-Kinderdorfs, die auch darauf achten, dass sie be-schäftigt sind.

Morti hat Glück gehabt. Denn es ist die Ausnahme und nicht die Regel, dass Jugendliche, die ohne ihre Eltern nach Österreich geflüchtet sind, etwas lernen dürfen. Nach dem 15. Geburts-

Zwei Burschen flüchten gemeinsam nach Europa und finden sich in Öster-

reich wieder: Der eine wird in einer WG betreut, kann lernen, knüpft Kontakte.

Der andere bekommt kaum Gelegenheit, Fuß zu fas-

sen. Eine Geschichte über Chancen.

TEXT: NINA HORACZEK

tag hat kein junger Flüchtling mehr einen gesetzlichen Anspruch auf einen Schulplatz, eine Ausbildung oder zumindest einen Deutschkurs. Mehr als 6.000 unbegleitete minderjähri-ge Flüchtlinge warten in Österreich (Stand: Juni 2016) auf den Ausgang ihres Asylverfahrens. Und nur die wenigsten dürfen diese Monate und manchmal auch Jahre so sinnvoll nützen wie Morti in „seinem“ Feuer-wehrhaus.

Ungleiche FreundeAsghar, der gerade in Wiener Neudorf zu Besuch ist, hat es nicht so gut erwischt. Seit vier Jahren sind Morti und Asghar befreundet. Kennengelernt haben sie sich noch im Iran, in Öster-reich ist Asghar eine Woche früher angekommen als sein Freund. Wie so viele Flüchtlinge war auch Asghar in Traiskirchen in Niederösterreich. Dann wurde er in ein Flüchtlings-Zeltlager im steirischen Admont verlegt und von dort wiederum in eine Erwachsenen-unterkunft in einem Vorort von Graz. Wenn man Asghar fragt, was er den ganzen Tag tut, sagt er: „Nur schla-fen“. Seit drei Wochen darf er endlich Deutsch lernen, sagt der Bursche. „Aber der Kurs findet nur jeden Freitag für zwei Stunden statt.“

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Nach fünf Monaten in Österreich kann Asghar „Hallo“, „Wie geht‘s“ und „Auf Wiedersehen“ sagen. Sein Freund Morti spricht schon fließend Sätze auf Deutsch, nur bei der Grammatik hakt es noch und manchmal fällt ihm ein Wort nicht ein. Die jungen Afghanen in Wie-ner Neudorf lernen die Sprache nicht nur fast täglich im Deutschkurs. Durch ihre vielen Aktivitäten sind sie auch ständig in Kontakt mit Einheimischen.

Probleme mit der BürokratieIn Graz hat Asghar noch keinen einzi-gen Österreicher kennengelernt. „Die Leute fürchten sich vor uns, weil wir Asylwerber sind“, sagt er. SOS-Kin-derdorf hat versucht, auch Asghar in die Burschen-Wohngemeinschaft in Wiener Neudorf zu bringen. Der Plan scheiterte an der Bürokratie. Asghar ist während seines Asylverfahrens der Steiermark zugeteilt worden und

Rund 11.000 minderjährige Flüchtlinge leben derzeit in Österreich. Der Großteil von ihnen ist zwischen 15 und 18 Jahre alt. Viele leben in Großquartieren und Heimen – ohne altersgerech-te Betreuung. Bildungsangebote sind ebenfalls Mangelware. Pflichtschulklassen dürfen Jugend-liche über 15 per Gesetz nicht mehr besuchen, in Gymnasien, Berufsbildenden Höheren Schulen sowie Berufsschulen entscheiden Direktorinnen und Direktoren über freie Plätze. Lehrstellen

stehen Asylsuchenden nur in sogenannten Mängelberufen offen. Was bleibt, sind Deutsch-kurse an den Volkshochschulen beziehungsweise auf Initiative von Privatpersonen und Vereinen. Diese Kurse dauern allerdings oft nur ein paar Stunden die Woche – sehr wenig im Vergleich zu 30 Stunden Schule. Hilfsorganisationen sowie Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter fordern deshalb zusätzliche Bildungs- und Beschäfti-gungsmöglichkeiten für junge Flüchtlinge.

Bildungsangebote für junge Flüchtlinge sind Mangelware

darf deshalb nicht in Niederösterreich wohnen.

Morti hat schon konkrete Pläne: Jetzt lernt er für den Hauptschulab-schluss, danach möchte er Matura machen. So flink, wie er lernt, trauen ihm seine BetreuerInnen das auch zu. Asghars Wünsche sind bescheidener: „Ich würde so gerne Deutsch lernen und auch in einen Sportkurs gehen dürfen.“

Gute Bildungs-angebote für Flüchtlingenach der Pflicht-schule fehlen. Oft können sie nur durch das Engagement von Freiwillligen Deutsch lernen.

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SALTO – das Magazin von SOS-Kinderdorf

#lovemyjobUnter dem Hashtag #lovemyjob findet man auf der Social-Media-Plattform Instagram über 6,5 Millionen Bilder. Der Großteil davon zeigt Mode, Make-up, Rei-sen, Abenteuer. Junge Menschen streben nach dem Traumjob, der neben Selbst-verwirklichung möglicherweise auch viele Likes für ein quadratisches Foto bringt. Jungen Asylsuchenden bleibt das

Streben nach dem beruflichen Glück erst einmal verwehrt. Solange ihr Verfahren läuft, dürfen sie nur in Ausnahmefällen arbeiten. Umso wichtiger sind Beschäf-tigungsprojekte: Sie geben Sinn, stärken das Selbstbewusstsein – und bereiten ide-alerweise aufs spätere Berufsleben vor. SALTO hat vier junge Flüchtlinge gefragt, was Arbeit für sie bedeutet.

Fawad, 21, Afghanistan

„Ich bin einfach jeden Tag immer wieder hergekommen und habe gefragt, ob ich hier arbeiten kann, bis es geklappt hat.“ Sein Chef bei Kleider Bauer Salzburg lobt den Lehrling und anerkann-ten Flüchtling dafür, wie gut er auf die Kundinnen und Kunden eingeht: „Fawad ist sehr charmant!“

TEXT: SUSANNE SCHÖNMAYR FOTOS: CHRISTOPHER GLANZL

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Abdoulkadir, 17, Somalia

„Ich hasse es, Zwiebel zu schneiden, deswegen übernehme ich lieber die Putzarbeiten in der Küche. Aber das ist nicht mein wirklicher Job, eigentlich bin ich Fußballspieler. Mein großes Vorbild ist Naymar.“ Abdoulkadir hilft im Clea-ring-house Salzburg jeden Tag in der Küche mit.

Obaidullah, 17, Afghanistan „Am meisten Spaß macht es mir, Klei-der zu nähen. Ich habe in Afghanis-tan schon vier Jahre lang als Schnei-der gearbeitet und möchte auch in Österreich damit weitermachen.“ Als sich bei dem Arbeitsprojekt „Garten der Begegnung“ gezeigt hat, dass viele junge Männer aus Afghanistan ausgezeichnete Schneider sind, hat man in Traiskirchen spontan eine Nähwerkstatt eingerichtet.

Aliasghar, 29, Afghanistan„Das ist der einzige Platz, wo wir zusammen sind, etwas machen und glücklich sein können.“ Alias-ghar hat beim Beschäftigungsprojekt „Garten der Begegnung“ in Traiskirchen nicht nur bei der Pla-nung eines Gemeinschaftsgartens mitgearbeitet, sondern auch innerhalb von sechs Wochen aus einem Holzblock ein Musikinstrument geschnitzt.

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SALTO – das Magazin von SOS-Kinderdorf

Die Wut über Flüchtlinge macht nicht bei Kindern und Jugend-lichen halt – ganz im Gegenteil.

Selbst harmlose Bilder von minder-jährigen Asylwerbern bringen manche Nutzer in Rage. Ein bekanntes Beispiel: Als im Juli des Vorjahres brütende Hit-ze herrschte, stellte die Freiwillige Feu-erwehr Feldkirchen eine Wasserdusche für Flüchtlinge auf. Ein Foto davon verbreitete sich im Eiltempo in den sozialen Medien: Ein kleines Mädchen stand im kühlen Nass – und strahl-te. Mehr als 17.000 Likes erhielt das Bild, aber auch Hasskommentare. Ein 17-jähriger Lehrling kommentierte das Foto mit den Worten: „Flammenwerfer währe (sic!) da die bessere Lösung.“ Die Wortmeldung sorgte für Aufsehen: Der Bursche verlor daraufhin seine Lehrstelle bei Porsche. Es folgt eine große Debatte über den adäquaten Umgang mit gehässigen Postings.

Interessant ist an dem Fall aber auch, in welcher Härte selbst über Kinder und Jugendliche online herge-zogen wird. Das sagt einiges über die Verrohung der Debatte, speziell auch

Likes für den HassWarum bringen Bilder von Flüchtlingen so viele Menschen im Netz in Rage? Auf Spurensuche nach den Emotionen im World Wide Web.TEXT: INGRID BRODNIG

im Netz, aus. Warum ist das so, dass Menschen online selbst über Minder-jährige so verletzend posten?

Es wäre falsch, so zu tun, als würde das Internet die Ursache für Rassismus sein, als wäre die Polari-sierung in der Flüchtlingsdebatte ein Ergebnis der Digitalisierung. Wohl aber wirkt das Netz oft wie ein Katalysator, es treibt viele Bewegungen umso mehr an. Rüpel und Populisten haben es im Internet leider oftmals besonders leicht. Darauf deutet eine Untersu-chung der Wissenschaftler Daegon Cho und Alessandro Acquisti aus dem Jahr 2013 hin. Damals forschten beide an der Carnegie Mellon University in den USA und sie analysierten 75.000 Leserkommentare auf südkoreani-schen Nachrichtenseiten und fanden heraus: Beinhaltete ein Kommentar Schimpfworte, dann drückten umso mehr Nutzer auf „Like“ oder bewerte-ten das Posting als lesenswert. Wer he-rumschimpft, erntet also Bestätigung.

Emotion, auch negative Emotion, wird im Netz mit Aufmerksamkeit belohnt. Dies liegt nicht zuletzt an

den sogenannten „Echokammern“, das sind digitale Räume, in denen Nutzer hauptsächlich Inhalte einge-blendet bekommen, die ihre Meinung bekräftigen. Wer Angst vor Flüchtlin-gen hat, kann die passenden Face-book-Gruppen aufsuchen – sie heißen beispielsweise „Islam gehört nicht zu Österreich“ oder „Alternative für Österreich“. Von diesen Gruppen be-kommt man dann permanent Beiträge eingeblendet, die die eigenen Fürchte bestätigen und weiter fördern. Wie ein Echo hallt auch die Angst in diesen Räumen zurück.

Eigen- versus FremdgruppeAber warum sind manche Menschen so empathielos? Warum werden alle Flüchtlinge oft über einen Kamm geschert? Fragen wie diese kann der Psychologe Delroy Paulhus von der University of British Columbia in Van-couver beantworten, den ich für mein Buch interviewt habe. Er forscht seit Jahrzehnten dazu, wann Menschen dunklere Facetten ihrer Persönlich-keit zeigen. In der Psychologie gibt es Fo

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das Konzept der „Eigengruppe versus Fremdgruppe“. Die Eigengruppe ist jener Menschenkreis, zu dem man sich deutlich zugehörig fühlt. Die Fremd-gruppe sind alle anderen. Menschen können sich mehreren Eigengrup-pen zugehörig fühlen: Zum Beispiel anderen Menschen, die aus demselben Heimatort kommen oder dem örtlichen Fußballverein und all seinen Anhän-gern angehören. An sich ist das ganz normal. „Nun gibt es Situationen, die sehr starke Gefühle der Eigengruppe versus einer Fremdgruppe auslösen können: Vor allem, wenn die Fremd-gruppe dieselben Ressourcen nutzen möchte, die bisher der Eigengruppe zustanden, kann dies heftige Reaktio-nen auslösen“, sagt Paulhus.

In der Flüchtlingsdebatte lässt sich diese Dynamik beobachten: Bürger nehmen Flüchtlinge als Fremdgruppe wahr, die womöglich einen Job oder Geld vom Staat bekommt, das sonst auf die Eigengruppe verteilt werden würde. Selbst wenn solche Ängste überzogen sein mögen, rufen sie Aggressionen hervor. Auch kommt es

dann zum Eindruck der „Fremdgrup-penhomogenität“: Menschen haben das Gefühl, die Fremdgruppe sei sehr homogen – was zu Aussagen führt wie: „Die Flüchtlinge sind alle gleich.“ Wenn man alle Asylwerber als potenzielle Gefahr sieht, inkludiert das letztlich sogar deren Kinder.

Was lässt sich da tun? Ein Mittel, diese Aggression zu bekämpfen, ist, sie zu thematisieren – womöglich sogar etwas Positives daraus abzuleiten. Dies macht die britische Hilfskampag-ne Calais Action. Wenn jemand verlet-zende Postings auf der Facebook-Seite der Hilfskampagne hinterlässt, dann werden die eigenen Fans dazu aufge-rufen, im Namen dieser Person für Flüchtlinge zu spenden. #TrollAid heißt diese Kampagne. Zum Beispiel schrieb eine anonyme Nutzerin unter einem Video, in dem Flüchtlingskinder

in Athen spielen: „Die sollten nach Hause gehen und ihre eigenen Länder in Ordnung bringen, anstatt wie Angst-hasen wegzulaufen und zu erwarten, dass sie von dummen Freiwilligen ver-hätschelt werden.“ Daraufhin rief die Kampagne zu Spenden als Reaktion auf dieses Posting auf. Mehr als 2.300 Euro

In ihrem Buch „Hass im Netz“ erklärt Ingrid Brodnig unter anderem, was jede und jeder einzelne gegen Lügenge-schichten im Internet tun kann.

„Das Netz wirkt oft wie ein Katalysator. Rüpel und Populisten haben es im Internet leicht.“

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Wenn Kinder und Jugendli-che ohne ihre Eltern flüch-ten, ist ein Smartphone oft die einzige Verbindung zur Familie. Hassan Ali ist mit 16 aus Pakistan geflüchtet. Im SALTO-Interview erzählt der heute 21-Jährige, wie es ihm mit Facebook & Co. während und nach seiner Flucht ergangen ist.

Wie wichtig war es für Sie, ein Smartphone zu haben, als Sie auf dem Weg nach Europa waren?Es war wichtig, telefonisch erreichbar zu sein. Auf dem Weg vom Iran in die Türkei

und dann nach Griechen-land wurde ich von meinem Vater getrennt. Ich musste mehrere Monate in Grie-chenland warten, weil mein Geld nicht für die Weiter-reise reichte. Dann endlich konnte ich wieder mit ihm telefonieren. Inzwischen war er zurück im Iran und konnte mir Geld für die Weiterreise schicken.

Nutzen Sie Facebook oder Twitter?Ich habe erst angefangen, die sozialen Medien zu verwenden, als ich die deut-sche Sprache gelernt hatte.

Was genau verwenden Sie und wofür?Ich hatte einen Face-book-Account. Anfangs fand ich es toll, weil ich viele Informationen über Öster-reich und die Menschen hier bekam und viel dazuler-nen konnte. Natürlich habe ich auch einige Freunde aus der Heimat auf diesem Weg wiedergefunden.

Haben Sie Ihr Profil wieder gelöscht?Ja, das habe ich. Die vielen Hass-Postings haben mir Angst gemacht. Und ich habe mich davor gefürch-

tet, dass sich meine Mei-nung über die Menschen hier verändert. Ich habe hier überwiegend liebe und sehr nette Menschen kennengelernt. Ich glau-be noch immer, dass die meisten Österreicherinnen und Österreicher gute Menschen sind. Das soll so bleiben.

Das Gespräch führte Martina Molih.

„Hass-Postings haben mir Angst gemacht“

book-Kommentare. Im Vorjahr gab es hierzulande 40 Verurteilungen wegen Verhetzung. Zum Vergleich: 2013 waren es nur elf gewesen. Wir befinden uns gerade in einer wichtigen Lernphase: Es muss immer mehr Menschen klar werden, dass auch Worte im Internet die Menschenwürde verletzen, dass sie dementsprechend Straftaten sein können.

Dunkle Facetten der MenschheitDas Internet hat eine besondere Eigen-schaft: Es bringt die dunkelsten Facet-ten der Menschheit zum Vorschein, aber auch ihre schönsten. Gerade minderjährige Asylwerberinnen und Asylwerber können online Empa-thie auslösen. Oft sind es Bilder von Kindern, die die Dramatik der Situation verständlich machen.

So wie am 2. September 2015: Jenem traurigen Tag, an dem der dreijährige Alan Kurdi tot am Strand in der Türkei aufgefunden wurde – das syrische Flüchtlingskind hatte die gefährliche Bootsreise über das Mittel-meer nicht überlebt. Sein Foto ging um die Welt, in nur zwölf Stunden tauchte es weltweit auf 20 Millionen Bildschir-men auf, berechneten Wissenschaftler der Universität in Sheffield. 53.000 Mal pro Stunde wurde das Bild auf Twitter geteilt. Das Netz kann eben auch ein Instrument für Empathie sein. Wir müs-sen aber lernen, es dementsprechend einzusetzen.

wurden bisher als Reaktion auf solche Wortmeldungen gesammelt.

Zweitens ist es auch sinnvoll, gewisse Tabus zu verteidigen: Etwa mit dem Strafrecht, das beispiels-weise verbietet, zu Gewalt gegen Minderheiten aufzurufen (sogenannte Verhetzung). Zunehmend wird von diesem Paragrafen Gebrauch gemacht, speziell aufgrund aufwiegelnder Face-

Gratis-Handys für Flüchtlinge? Falsche Gerüch-te wie dieses verbreiten sich im Internet wie ein Lauffeuer.

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Testen Sie Ihr WissenBerichte über die weltweite Flüchtlingsbewegung prägen seit Monaten die Nachrichten. Doch was davon stimmt – und welche Fakten stammen aus dem Reich der Mythen? Testen Sie mit SALTO Ihr Wissen!

1. Weltweit sind 60 Millionen Men-schen auf der Flucht, davon 50% Kinder. Wie viele suchen Zuflucht in Europa?

a. 3 von 5b. 2 von 5c. 1 von 5

2. In welchen drei Ländern Europas wurden im Jahr 2015 die meisten Asylanträge gestellt?

a. Deutschland, Ungarn, Österreichb. Deutschland, Ungarn, Schwedenc. Deutschland, Ungarn, Italien

3. Aus welchen drei Ländern stam-men die meisten Flüchtlinge?

a. Syrienb. Afghanistanc. Sudand. Somaliae. Demokratische Republik Kongo

4. Welche sind die zwei wichtig sten Aufnahmeländer von Flüchtlin-gen?

a. Pakistanb. Deutschlandc. Türkeid. Italiene. Griechenland

5. Seit fünf Jahren beherrscht Krieg und Terror das alltägliche Leben in Syrien. Bisher wurden 2500 Schulen zerstört. Wie vielen Kindern wurde der Schulbesuch verwehrt?

a. 0,9 Millionen Kindernb. 2,4 Millionen Kindernc. 3,5 Millionen Kindern

6. Wie viele Jugendliche im Alter zwischen 14 und 18 haben im Jahr 2015 einen Asylantrag in Öster-reich gestellt?

a. 7.534b. 12.820c. 15.760

7. Wie viele Asylsuchende sind in Österreich (Stand: Jänner 2016) in Grundversorgung?

a. 85.000b. 65.000c. 45.000

8. Wie viel Taschengeld erhält ein Asylwerber pro Monat?

a. 50€b. 40€c. 25€

9. SOS-Kinderdorf ermöglicht Flücht-lingen den Schulbesuch. Wie viele Kinder konnten bisher mit Schul-taschen, Büchern und Lernutensi-lien versorgt werden?

a. 10.000b. 12.000c. 16.000

10. Wie viele Menschen kehrten 2014 in ihr Heimatland zurück?

a. 95.200b. 102.560c. 126.800

Auflösung:

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Setz auch Duein Zeichen fürKinder undJugendlicheauf der Flucht:setzdichein.at

Norbert PleiferIntendant

Josef HaderKabarettist

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SALTO – das Magazin von SOS-Kinderdorf

Der Weg zur Emanzipation führt über die Frauen

Nahostexpertin Tyma Kraitt floh vor 26 Jahren aus dem Irak nach Öster-reich. Aus eigener Erfah-rung weiß sie, was es für eine gelungene Integration braucht – und wie man die Männer dazu bringt, ein westlicheres Frauenbild zu bekommen. TEXT: ANNA THALHAMMER

Ihre Mutter ist sunnitische Irakerin, ihr Vater christlicher Syrer, Sie haben eine österreichische Staatsbürgerschaft. Als was fühlen Sie sich? Das kommt darauf an, mit wem ich es zu tun habe – im Ausland fühle ich mich sehr als Österreicherin, in Öster-reich eher als Araberin.

Sie sind als Fünfjährige mit Ihrer Fami-lie nach Europa geflüchtet. Was waren die prägendsten Erinnerungen? Meine Eltern haben versucht, es so darzustellen, als würden wir Urlaub machen. Von den politischen Umstän-den wussten wir als Kinder nichts, ebensowenig war uns klar, dass wir nicht mehr in den Irak zurückgehen würden. Meine Eltern waren privile-giert: Mein Vater war Ingenieur, meine Mutter hat als Forschungsassisten-tin im Industrieministerium im Irak gearbeitet. Eigentlich wollten wir nach Schweden, dann sind wir aber in Trais-kirchen gelandet.

Was hat Ihnen und Ihrer Familie bei der Integration geholfen? Wir haben sehr bald Anschluss über die Pfarre gefunden, wo meine Mutter in der Küche gearbeitet hat. Ich bin in Schwechat sehr multikulturell aufge-wachsen. Fo

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Gibt es Dinge, die Sie an der aktuellen Flüchtlingspolitik ärgern? Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Da kommen zirka 900.000 syrische Flüchtlinge nach Europa und wir tun so, als hätten wir eine unlösbare Krise. Wenn ich mir Länder wie den Libanon anschaue oder die Türkei – das ist eine Krise. Was wir hier haben, wäre bewäl-tigbar, aus innenpolitischem Kalkül will man das aber offensichtlich nicht.

Wenn Sie Innenministerin wären, was würden Sie als Erstes tun? Das Wichtigste sind flächendeckende Deutschkurse. Das andere ist soziale Absicherung. Und die Integration in den Arbeitsmarkt muss sein, wenn wir nicht ewig für den Lebensunterhalt der Menschen bezahlen wollen. Zurzeit sind die Hürden sehr groß, das betrifft auch Akademiker.

Es heißt immer, es kommen hauptsäch-lich junge Männer. Weltweit sind rund zwei Drittel der Flüchtlinge Frauen und Kinder. Ist erklärbar, warum sich das im Flüchtlingsstrom nach Europa nicht widerspiegelt?Die Frauen unter den syrischen Flücht-lingen bleiben oft in Flüchtlingslagern in den umliegenden Ländern, etwa in Zaatari in Jordanien. Es kommen des-wegen in erster Linie Männer, weil es keine legale Einreisemöglichkeiten gibt und der Weg an sich sehr gefährlich ist: Frauen werden Missbrauch und Gewalt jeglicher Art ausgesetzt. Dazu kommt, dass viele Frauen in diesen Ländern nicht schwimmen können – der Weg über das Mittelmeer wäre sehr riskant. Junge Männer sind am ehesten dafür gewappnet, diese Reise zu überleben.

Der Familiennachzug wurde deutlich erschwert. Welche Konsequenzen hat das hinsichtlich der Integration jener, die schon hier sind? Wenn es uns ein Anliegen ist, dass sich diese Menschen hier integrieren, dann muss es uns auch ein Anliegen

sein, dass wir ihre Familien nachholen. Das sind Menschen, die kriegstrau-matisiert sind, panisch Angst um ihre Frauen und Kinder haben – so kann man kein halbwegs normales Leben beginnen. Syrien ist seit 2011 im Krieg, aber im Irak und in Afghanistan kennt man mittlerweile seit drei Jahrzehn-ten nichts anderes mehr. Wir haben es hier zum Teil mit einer verlorenen Generation zu tun, teils auch mit sehr brutalisierten Menschen – wenn wir uns darum nicht kümmern, wird uns das große Probleme bereiten.

Frauen in Afghanistan ist es verboten, in die Schule zu gehen, viele sind Anal-phabetinnen. Wie soll man hier damit umgehen? Die Töchter müssen hier zur Schule ge-hen – keine Frage, da muss man kom-promisslos sein und im schlimmsten Fall auch sanktionieren. Die Kürzung der Mindestsicherung ist ein wirksa-mes Druckmittel.

Viele der Frauen sind in sehr patriar-chalen Systemen groß geworden. Wie können sie sich emanzipieren – und umgekehrt: Wie schafft man es, dass die arabischen Männer ein westliches Frauenbild akzeptieren und leben? Ich glaube, dass man ein bisschen dif-ferenzieren muss. In Syrien etwa gibt es ein starkes Stadt-Land-Gefälle, die Frauen, die aus den Städten kommen, sind um einiges gebildeter und mo-derner. Ich habe auch die Erfahrung ge-macht, dass gerade Syrerinnen schnell das Kopftuch ablegen. Sie haben es zum Schutz während des Krieges in Sy-rien getragen, dann auf der Flucht, und jetzt haben sie das Gefühl, dass es sie eher hindert. Der Weg zur Emanzipati-on führt über die Frauen selbst: Indem sie etwa Ausbildungsmöglichkeiten

haben, vielleicht einen Job finden und dadurch ökonomisch unabhängiger werden. Die Männer ihrerseits sollte man in die Gesellschaft einbinden. In dem Moment, wo sie sich abschotten, reproduzieren sie ihre Frauenbilder.

Was halten Sie von Wertekursen? Wertekurse sind schön und gut, aber sie sind der oberflächlichste Weg. Kur-se kann man absitzen. Eine ehrliche Auseinandersetzung mit den Men-schen ist sicher anstrengender, weil zeitintensiv, aber sinnvoller.

Tyma Kraitt wurde 1984 in Bagdad, Irak, geboren. Als sie

fünf Jahre alt war, flüchtete die Tochter einer sunnitischen

Irakerin und eines christlichen Syrers mit ihren Eltern und ihrer kleinen Schwester vor politischer Verfolgung nach

Europa. Kraitt studierte Philo-sophie. Sie veröffentlichte zwei Bücher zur Situation im Nahen

Osten: Irak. Ein Staat zerfällt. Syrien: Ein Land im Krieg

„Die Töchter müssen hier zur Schule gehen – keine Frage, da muss man kompromisslos sein.“

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Flucht inZahlen

87 Mio. Kinderunter sieben Jahren kennen nichts anderes als Konflikte.50%

davon sind

Kinder.

306.000syrische Kinder kamen bereits als Flüchtlinge

auf die Welt. 3,7 Millionen Kinder wurden innerhalb der letzten fünf Jahre des Syrienkriegs geboren.

60 Mio.Menschen

sind weltweit aufder Flucht.

37.000 Kinderdurften auf ihrer lebensgefährlichen Reise nach Europa zumindest für einen Moment wieder Kind sein: SOS-Kinderdorf richtete auf der Balkanroute mehrere Kindertagesstätten ein.

300 neue Plätzefür Kinder auf der Flucht hat SOS-Kinderdorf Österreich in den letzten Monaten geschaffen.

100.000 Menschenhat die Nothilfe von SOS-Kinderdorf in Syrien erreicht.

60.000 Menschenhat SOS-Kinderdorf in den Transitländern mit Essen, Kleidung und Hygieneartikeln unterstützt.

SOS-Kinderdorf Flüchtlingshilfe:

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330 Kinderertranken in den letzten Monaten im Mittelmeer.

60% derMenschen,

€ 5,7 Mio

4 von 5 Flüchtlingenweltweit leben aktuell in Entwicklungsländern. Es sind die ärmsten Länder in Afrika und Asien, die die meisten Flüchtlinge aufnehmen.

350.000 Menschen leben allein imFlüchtlingslager Dadaab (Kenia)

89.000 Menschen haben 2015 in Österreich um Asyl angesucht. Jeder zehnte davon ist minderjährig.

1 MillionFlüchtlinge hat der Libanonaufgenommen.

4 Millionen Menschen leben in diesem Land – halb so viele wie in Österreich.

die im Sommer 2015 die Grenze von Griechenland nach Maze-donien überquert haben, waren Frauen und Kinder. Der Anteil der Kinder hatte sich in wenigen Monaten verdreifacht.

hat Österreich 2015 dem „Welter-nährungsprogramm“ der Vereinten Nationen zur Verfügung gestellt, knapp mehr als Sierra Leone. 76 Millionen Euro machte die Schweiz locker, 82 Millionen Schweden.

Quellen: UNHCR, UNICEF, BMI, SOS-Kinderdorf

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SALTO – das Magazin von SOS-Kinderdorf

Die Kunst hilft Künstlern

Wolfgang Schlögl: „Es ist die gesamte syrische Gesellschaft auf der Flucht. Vom Hilfsarbeiter bis zum Universitäts-professor. Wir konzentrieren uns auf das Segment, in dem wir uns am besten auskennen, die Kultur.“

Zwei Mal wurde der Salon veran-staltet, seine dritte Austragung im Wien Museum ist in Vorbereitung. Einer der Teilnehmer des ersten Salons ist der aus dem Iran geflohene Schauspieler und Musiker Alireza Daryanavard. Er ist 22 und anerkannter Flüchtling. In seiner Heimat spielte er Hauptrollen in Kinofilmen und TV-Produktionen, ar-beitete als Fernseh- und Radio-Modera-tor. Vor zwei Jahren musste er fliehen. „Wenn man seine Heimat verlassen muss, ist das schlimm. Man weiß nicht, wie es weitergeht. Wenn ich zurückbli-cke, kann ich sagen, ich hab’ mich ganz

Der Name verströmt etwas Altehrwür-diges: „Salon der Künste“. Das klingt nach feiner Gesellschaft und edlem Ambiente. Edel soll es schon sein, aber ansonsten stellt der Salon der Künste keine elitären Ansprüche. Im Gegen-teil. Der Musiker Wolfgang Schlögl, die Köchin Parvin Razavi und die Medi-atorin Claudia Prutscher haben die traditionelle Institution des Salons als Treffpunkt Gleichgesinnter reanimiert. Ihr Ziel ist, Flüchtlingen, die in ihren Herkunftsländern als Künstlerinnen und Künstler oder Kreative gearbeitet haben, in ihrer neuen Heimat mit hei-mischen Kunstschaffenden zusammen-zubringen. Parvin Razavi: „Kreative verwenden eine universelle Sprache und können hier leichter andocken. Das müssen wir nützen, und das sollte auch in anderen Bereichen passieren.“

Heimische Kreative organisieren den Salon der Künste. Er bringt geflohene und österreichische Künstlerinnen und Künstler zusammen. Das integriert, wird gut ange nommen und trägt erste Früchte. TEXT: KARL FLUCH

gut zurechtgefunden und gesehen, wo mein Weg ist. Meine größten Wünsche sind, dass ich Deutsch lernen und arbeiten kann.“

Deutsch spricht er schon sehr gut, gearbeitet hat er schon im Dschungel Wien. Im Salon hatte er Kontakt mit Filmemachern wie Mirjam Unger oder David Schalko. Sie wissen nun, dass es ihn gibt. Das ist wichtig. Wenn sich eine Gelegenheit ergibt, ihn einzu-setzen, werden sie das tun. Was sagt

Der Musiker Wolf-gang Schlögl ist

einer der Intiato-ren des „Salon der

Künste“.

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Alireza Daryanavard Menschen, die sich vor Flüchtlingen fürchten? „Ich bin zwar nicht hier geboren, aber ich lebe hier, mein Kind ist hier geboren. Ich habe Angst vor Krieg oder Terro-risten. Wie jeder. Das macht uns doch ähnlicher, als es uns unterschiedlich macht. Jeder will in Frieden leben. Ich bin dankbar für den Schutz und die Aufnahme in diesem Land.“

Langsam Fuß fassen Ebenfalls vor zwei Jahren nach Öster-reich geflohen sind Linda Zahra und Alfoz Tanjour. Sie ist Fotografin, er Filmemacher. Sie haben zwei Kinder. Die Familie hat vor dem Bürgerkrieg in Damaskus gelebt. Keiner von ihnen konnte sich vorstellen, plötzlich Syrien verlassen zu müssen. In Österreich fassen sie langsam Fuß. Ihr wichtigster Termin ist der Deutschkurs, den sie be-suchen. Ansonsten arbeiten sie, so gut es geht. Linda Zahras Arbeiten wurden

schon in drei Ausstellungen gezeigt, Alfoz hat einen Produzenten für seinen ersten Spielfilm gefunden, die Vorberei-tungen laufen.

Alfoz Tanjour: „Unsere Kinder sind 13 und sechs Jahre alt. Sie besuchen den Kindergarten und die Schule. Wir lernen mit ihnen. Ich verstehe viel, aber mich selbst mitzuteilen, ist noch schwierig. Wir üben im Alltag, ohne Pra-xis geht nichts.“ Nach Österreich sind sie gekommen, weil sie in Frieden leben wollten, eine Zukunft für ihre Kinder gesucht haben. Die ist ungewiss. Linda Zahra: „Ich möchte sofort zurückkeh-ren, aber im Moment sieht es in Syrien sehr düster aus. Wir haben zwei Kinder, die nun hier aufwachsen. Was, wenn die nach Kriegsende gar nicht zurückwol-len? Wir wissen es nicht.“

Gegen diese Ungewissheit kämpfen sie mit Arbeit und dem Fleiß, sich hier ein neues Leben aufzubauen. Das ist nicht einfach, aber die einzige Chance.

Tanjour: „Syrer sind fleißige Leute, es geht gegen unsere Einstellung, Almosen-empfänger zu sein. Wir wollen arbeiten und uns ein Leben aufbauen. Das hilft letztlich ja auch der Gemeinschaft. Es ist schrecklich, Flüchtling zu sein.“

Den Salon nützen die beiden weiterhin, um in Kontakt mit Öster-reicherinnen und Österreichern zu kommen. Das ist auch für den Maler Muhammad Farouk das Wichtigste. Er hadert oft mit der Distanziertheit vie-ler Österreicher im Alltag, im Gespräch würde sie aber schnell verschwinden. Deshalb lernt er mit allen Mitteln, auch via Youtube und Fernsehen. Und in persönlichen Gesprächen: „Das ist das Wichtigste. Sprache baut Hürden zwi-schen den Menschen ab.“ Wie für alle Flüchtlinge ist die Zukunft eine große Unbekannte für Farouk. Nur eines weiß er: „Ich bitte um die Chance, beweisen zu können, dass ich Teil dieser Gesell-schaft werden kann.“

Netzwerke aus hiesigen und emigrierten Künst-lerinnen und Künstlern: Der Salon der Künste mit ihren Schützlingen und Freunden.

Von der Notschlafstelle zum KunstsalonDie Idee zum Salon ist im Wiener Kulturzentrum WUK entstanden. Dort gab es im letzten Sommer eine Notschlafstelle für Flüchtlin-ge. Als die WUK-Schule den Platz wieder für den Unterricht brauchte, entschlossen sich Wolfgang Schlögl (Sofa Surfers, I-Wolf), seine Frau Parvin Razavi (Köchin, Autorin) und Claudia Prutscher (Israelitische Kultusgemeinde) in ihrem Bereich weiterzumachen. Sie gründeten den Verein Cardamom und Nelke, der den Salon der Künste veranstaltet und betreut. Vier Mal im Jahr soll er stattfinden.

www.cardamomundnelke.com

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Im Sommer 2015 will Familie Meister ein unbetreutes Flüchtlingskind bei sich aufnehmen. Ihr erster Gedanke galt der Caritas. Ob dies möglich wäre? Nein! Der zweite Gedanke galt dem Innenministerium.

Könnte man vielleicht … Nein!Familie Meister versteht die Welt bis heute nicht. Wie kann es sein,

dass die österreichische Bürokratie nicht einmal den Versuch unternimmt, Kinder auf der Flucht, die ihre Eltern verloren haben, in hilfsbereiten Fami-lien unterzubringen? Ihre Reaktion: „Das schreit zum Himmel.“

In dem Jahr, das seither vergangen ist, wurden erste Möglichkeiten abseits der Massenquartiere geschaffen. Dennoch: Die Geschichte der Familie Meister ist mehr als die Geschichte einer versäumten Gelegenheit. Man muss sich nur vorstellen, welche Chancen hier einem verängstigten, wahrscheinlich traumatisierten Kind genommen wurden – und wie viel ein Jahr in der Entwicklung eines solchen Kindes bedeutet, wie viel Zeit sinnlos verstrichen ist. Wahrscheinlich ist es für die Behörden einfach zu mühsam, auf österreichische Familien verteilte Kinder zu begleiten, sie im Auge zu behalten, zu überprüfen, ob die Versprechungen auch eingehalten werden. Da ist es einfacher, die Kinder in Großquartieren zu überwachen. Bestenfalls. Und wenn dann ein Jugendlicher oder ein Kind verschwinden sollte, hat man eben etliche Mühe weniger.

Die Geschichte der Familie Meister ist auch eine des Schicksals. Unbetreute Flüchtlingskinder sind an einer Wegkreuzung angelangt – ohne die Kraft der Entscheidung zu haben, in welche Richtung sie ihren Lebens-weg fortsetzen können: Zufall, Glück oder eben Schicksal bedeutet für die einen Ankunft und Aufnahme in einer Umgebung – sei es in einer Familie oder in kleinen Wohneinheiten mit intensiver Betreuung –, in der sie geför-dert und integriert werden können. Andere landen hingegen in Hilflosig-keit, Abhängigkeit oder auch in den Fängen von Menschenhändlern.

Welchen Lebensweg könnte ein Flüchtlingskind einschlagen, hätte es bei der Familie Meister Aufnahme gefunden? Wie würde man dann diese Geschichte fortschreiben können? Manche werden meinen: Eine sinnlose Frage angesichts der zehntausenden Schicksale in der Flüchtlingswelle „verlorener“ Kinder.

Sie haben Unrecht, wenn man Folgendes bedenkt: Der Unterschied zwischen erfolgreicher Heilung von psychischen wie physischen Wunden und lebenslanger Entzündung hängt wahrscheinlich davon ab, welches Mitglied der Bürokratie im Einzelfall eine Entscheidung trifft: Empathisch oder verärgert über Mehrarbeit; mitfühlend oder ungehalten; schlecht oder gut gelaunt; rigid oder flexibel; mit weichem oder hartem Herz?

Für viele Vorgänge der letzten Monate werden bürokratische Abläufe verantwortlich gemacht. Dem ist nicht so. Es kommt stets auf die einzel-nen Personen an. Entweder jedes Flüchtlingskind wird als Mensch mit Potenzial oder als lästiges Ärgernis gesehen. Die einen erhalten binnen kürzester Zeit Klarheit über ihr weiteres Schicksal, die anderen werden einfach „vergessen“.

Das Ende der Geschichte wird oft von Menschen bestimmt, die diese gar nicht erzählen wollen.

Das harte Herz#Chancen #Bürokratie #Kinder

Anneliese Rohrer

ist als Journalistin

und Autorin in

Wien tätig und

bekannt für

ihre pointierten

Analysen der

heimischen Politik.

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Euro kosten500 Gramm Kaffee

in Kapseln

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*Für 31 Euro im Monat werden Sie SOS-Pate unter www.sos-kinderdorf.at

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