sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

48
01/10 BERICHTE AUS WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT Fest im Sattel Schönebecker Manufaktur fertigt elegante Fahrräder im Retro-Stil Seite 16

description

Sachsen-Anhalt-Magazin, Ausgabe März 2010

Transcript of sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Page 1: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

01/10

BERICHTE AUS WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT

Fest im Sattel

Schönebecker Manufaktur fertigt elegante Fahrräder im Retro-Stil Seite 16

Page 2: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

ottoelbeliebt die

Landeshauptstadt MagdeburgIBA 2010

Das Jahr 2010 ist das Jahr der Internationalen Bauausstellung (IBA) Stadt umbau Sachsen-Anhalt. 19 Städte unseres Bundeslandes zeigen, wie sie ausgewählte Quartiere entwickelt haben, damit sie lebenswert und gut gerüstet für die Zukunft sind. Das Magdeburger IBA-Thema „Leben an und mit der Elbe“ verdeutlicht, wie wichtig der Fluss für die Stadt und ihre weitere Entwicklung ist. Brachflächen entlang der Elbe werden reaktiviert, Räume zum Wohnen und Arbeiten entstehen.

Stadt und Fluss rücken wieder zusammen. Die Präsentation des Magdeburger IBA-Beitrages beginnt mit den Ausstellungen „IBA 2010 Magde-burg“ und „Kulturlandschaft Elbe“ ab 20. April im IBA-Shop in der Regierungsstraße 37. Am 24. April wird am Petriförder der IBA-Pfad mit zahlreichen Stationen im Umfeld der Elbe eröffnet. Der IBA-Pfad zeigt beeindruckend, wie positiv sich Magde-burg in den vergangenen Jahren an seinem Fluss entwickelt hat.

Otto_Elbe_230x302.indd 1 12.03.2010 11:47:17

Page 3: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Einen Turm wie den Burj Chalifa haben wir in Sachsen-Anhalt nicht. Wir bauen auch keine neue Elbphilharmonie wie die Ham-burger. Nicht einmal einen Stararchitekten gönnen wir uns. Weil wir nicht können. Weil wir nicht wollen.

Sachsen-Anhalts Städte müssen nicht hoch hinaus, weil es unten genügend zu tun gibt. Sie haben zu wenig Einwohner für zu viele Häuser. Die demographische Entwicklung sitzt unseren Kommu-nen gehörig im Nacken. Genauso wie vielen anderen europäi-schen Städten jenseits der Metropolen. Ehrlich mal, der Ruhrpott stirbt seit Jahren aus, auch wenn er sich gerade als europäische Kulturhauptstadt feiert.

Ich finde es toll, dass wir in Sachsen-Anhalt bei diesem Problem nicht weggucken und tatsächlich mal früher aufgestanden sind als andere. Seit acht Jahren hat unser Land eine Internationa-le Bauausstellung (IBA) zum Stadtumbau vorbereitet. 19 Städte mit immerhin auch rund einer Million Einwohnern zusammen haben sich auf das spannende Experiment eingelassen, wie man sich schlank schrumpfen und dabei vitaler werden kann. Bei Men-schen funktioniert das immerhin.

Ich lade Sie ein zu Sachsen-Anhalts IBA. Fertige Lösungen dürfen Sie nicht erwarten, jedoch ein Labor für die europäische Stadt im 21. Jahrhundert. Schon stelle ich mir lebhaft vor, wie Italiener beim Pizzaitaliener in lutherischen Wittenberg leidenschaftlich streiten, ob man auch in Venedig einen „Campo“ für Bildungstou-risten schaffen könnte, damit sie nicht nur zwei Tage kurz bleiben. Wer einmal an einem Winterabend durch die Serenissima gegon-delt ist weiß, was ich meine.

Klar wurde für die IBA auch gebaut. Aber Sachsen-Anhalts Städte, etliche haben übrigens ein sehenswertes historisches Zentrum, brauchen keine Renommierobjekte. Ein zweiter Dubai-Tower könnte Probleme höchstens in der Weise lösen, dass man sie von oben nicht mehr sieht.

Selbstverständlich gibt es Städte, die keine Abwanderungssorgen haben. Zum Beispiel München. Aber Weißwurst und süßer Senf machen es auch nicht jedem leicht, dort zu leben. Übrigens ist Aschersleben sogar älter als München.

Ute Semkat, Redaktionsleiterin

3

SACHSEN-ANHALT-MAGAZIN 01/10

Aus meiner Sicht

Page 4: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Interview

Im Gespräch mit Prof. Dr. Arnulf Baring,Zukunft braucht Herkunft………..……….................….. 6

Städtebau

Mit dem Experimentierkasten in die StadtInternationale Bauausstellung Sachsen-Anhaltmacht Mut zu einem Umbau ohne Tabus.........10

Wirtschaft

Große Leidenschaft auf zwei RädernDie Schönebecker Brüder Leue haben OmasFahrrad wieder zur Weltmarke gemacht.........16

IT-Branche

Bits, Bytes und BewegungJunge Branche in Sachsen-Anhalt braucht kreative Querdenker……………..........……....18

Chemieindustrie

Katalysator für die KunststoffbrancheExzellente Forschungsinfrastrukturfür Mittelständische Unternehmen……................. 22

Sponsoring

Gerstensaft zur WM kommt aus dem HarzHasseröder ist Deutschlands offizielles WM-Bier.....………………….............................26

Tourismus

G2-Gipfel auf dem deutschesten aller BergeBrockenbotschafter seit 20 Jahren: Benno Schmidt und Hans Steinhoff………..........................28

Forschung

Offene Liebschaft mit AlgenProf. Dr. Carola Griehl ist Energie-Botschafterin des Wissenschaftsjahres 2010….………………...........33

Nahverkehr

Neue Wege übers Land„Einkaufsbus“ soll Lebensqualität älterer Menschen verbessern…………………………..…..............38

Wissenschaft

Die Tropfenfänger in der WischeWarum Wissenschaftler in der Altmark inden Untergrund gehen………………………..…..............36

Gelungenes Beispiel für lebendige Demokratie Seite 6

Die Aktivierung des bürgerschaftlichen Engagements sieht der Publizist Arnulf Baring als ein charakteristisches Merkmal der Internationalen Bauausstellung „Stadt-umbau 2010“ in Sachsen-Anhalt. Neben den städtebaulichen Effekten und der historischen Dimension sei dieses Projekt auch ein Beispiel für lebendige Demokratie, meint er.Das Sachsen-Anhalt-Magazin fragte den gebürtigen Dresdner, der die IBA „Stadt-umbau 2010“ als Kuratoriumsmitglied be-gleitet, nach der Bilanz einer achtjährigen Entwicklung, deren Ergebnisse in diesem Jahr öffentlich präsentiert werden.

IBA Sachsen-Anhalt: Umbau und Umdenken Seite 10

Ein See anstelle Marktplatz, ein virtueller Campus und Stadtplanung durch Homöopathie – die Internationale Bauausstellung Stadtumbau 2010 ist ein Labor voller ungewöhnlicher Experimente. Ab April zeigen 19 Städte in Sachsen-Anhalt, wie sie trotz Bevölkerungsrückgangs ihr urbanes Leben bewahren – schlank, attraktiv und vitaler als zuvor. An dieser „Kur“ beteiligt sich zum Beispiel in Naumburg die Interessengemeinschaft Wenzelsgasse mit dem Umbau eines Architektur- und Umwelthauses.

4 In diesem Heft

Page 5: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Bildung

Fester Stand für die Leiter nach obenSponsoren aus der Wirtschaft unterstützenEliteförderung für junge Menschen…………........40

Menschen

Als Weltenkenner auf PräzisionskursBernd Zorn: Globalplayer aus der Hansestadt Stendal………………………....…………….......42

Impressum:

HERAUSGEBERSAM. Sachsen-Anhalt-Magazin Verlag GbRGeschäftsführer: Michael Scholz, Wolfgang Preuß

KONTAKTSAM. Sachsen-Anhalt-Magazin Verlag GbRSchilfbreite 3, 39120 MagdeburgTel. 0391 63136-45, Fax 0391 63136-47

[email protected]

REDAKTIONSLEITUNGUte Semkat, Christian [email protected]

ANZEIGENRalf Harms Tel. 03943 [email protected]

FOTOGRAFIE Michael Uhlmann

DRUCK Harzdruckerei GmbH, Wernigerode

Schutzgebühr: 4,00 EUR

Das Magazin und alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Der Nachdruck – auch auszugsweise – ist nur mit schriftlicher Genehmigung und Quellenangabe gestattet. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bilder wird keinerlei Gewähr übernommen. Die namentlich gekennzeichneten Beiträge stehen in der Verantwortung des jeweiligen Autors.

2. Jahrgang 2010

ISSN 1868-9639

Briefe an die Redaktion

Stimmen zum Sachsen-Anhalt-Magazin…...........45

Präzise navigiert Seite 42

Orientierungsstark im Behördendschungel Seite 18

140 Jahre Tradition, 140 Länder und 300 000 Kilometer – das alles sind Zah-len, die sich auf besondere Weise mit dem Stendaler Bernd Zorn verbinden. In vierter Generation hält der Globalplayer das Steuer des Familienunternehmens auf gutem Kurs und produziert für Kun-den in der ganzen Welt präzise Prüf- und feinste Medizintechnik – eine Erfolgsge-schichte aus der Altmark.

Sachsen-Anhalts Wirtschaft befindet sich in einem starken Wandel. Hier hat sich ein kleiner, aber feiner Standort der IT-Branche entwickelt. Auf ihre Produkte kann weder Google-Earth noch Hessens Landesregierung verzichten. Die TSA Teleport Sachsen-Anhalt Service zum Beispiel hat einen „Zuständigkeitsfinder“ entwickelt, eine webba-sierte Software, mit der Unternehmer sofort den richtigen Ansprechpartner für den jeweils gewünschten Verwaltungsservice finden können. Foto: TSA-Geschäftsführer Marco Langhof (rechts) und Thomas Patzelt

Und täglich ruft der Berg Seite 28

Den Brocken hat er so oft bezwungen wie kein anderer. Jetzt stiefelt Brocken-Ben-no seinem 6 000. Gipfelsturm entgegen. Im Mai soll es soweit sein. Dann wird der Rekordhalter Benno Schmidt wieder von vielen Fernsehkameras auf dem 1 142 Meter hohen Gipfel erwartet. Er ist inzwischen eine lebende Legende, ebenso wie Brocken-wirt Hans Steinhoff. Zusammen sind sie die perfekten Botschafter für den Harz.

5

SACHSEN-ANHALT-MAGAZIN 01/10

In diesem Heft

Page 6: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Hätte das Land die bekanntermaßen knappen öffentlichen Mit-tel anstatt für die IBA nicht besser dafür verwenden sollen, dem einen oder anderen Gebäude eine neue Fassade zu geben?

Arnulf Baring: Nein. Ich fand das Vorhaben dieser Internationa-len Bauausstellung von vornherein faszinierend, weil sie etwas ganz Neues, Wegweisendes wollte. Bisherige Bauausstellungen haben, so weit ich weiß, immer selbstverständlich Neubauten, Neusiedlungen für ihr Thema gehalten und zur Diskussion gestellt. Die Thematik war hier von Anfang an eine andere. Es ging um den Rückbau, der angesichts einer massiv schwinden-den Bevölkerung unvermeidlich ist. Dieses Problem ist einem Großteil unserer Landsleute, zumal in der alten Bundesrepublik, wo es sich erst in einiger Zeit wirklich stellen wird, noch nicht bewusst. Im Westen will man bisher noch nicht wahrhaben, in welchem Umfange die frühere DDR vom Bevölkerungsschwund befallen ist.

Und wie geht man in Sachsen-Anhalt mit diesem schwierigen Problem um?

Arnulf Baring: Am Anfang der Diskussion stand die Frage: Was müssen wir eigentlich retten? An manchen Orten legten die neuen Eigentümer, Wohnungsbaugesellschaften, verständli-cherweise großen Wert darauf, die Plattenbauten, die sie gerade umfassend saniert hatten, zu erhalten, zumal viele der Bewoh-ner sich in ihnen wohl zu fühlen schienen. Auf der anderen Seite standen alle, die alte Zentren, oft malerische Altstädte retten wollten und daher für den Abriss der Plattenbausiedlungen plä-dierten.Für mich war von Anfang an vollkommen klar, dass die Rettung der Substanz der alten Stadtzentren auf jeden Fall oberste Pri-orität hatte. Anders als in Westdeutschland sind in der früheren DDR viel mehr alte Städte vom Zweiten Weltkrieg verschont ge-blieben. Sie sind ein Schatz, an dem sich der kulturelle Reichtum unserer Vergangenheit ablesen lässt. Das ist nicht nur touris-tisch wertvoll. Auch für das historische und kulturelle Selbst-wertgefühl der heutigen Deutschen ist unser bauliches Erbe in

seiner oft einzigartigen Schönheit von großer Bedeutung. Für mich und viele andere war völlig klar: Wenn wir auf absehbare Zeit weniger Wohnraum brauchen als früher, dann müssen die Plattenbauten weg und nicht die historischen Stadtzentren.

Abriss ist nicht gerade ein populäres Motto. Aber wie lässt sich das zentrale Thema dieser Internationalen Bauausstellung bes-ser umreißen?

Arnulf Baring: Was ist unsere Antwort auf die Schrumpfung der Bevölkerung? Was machen wir mit den vielen leer stehen-den Häusern, die mehr und mehr überall zu sehen sind? Beide Fragen haben weit über das Bauwesen und auch weit über die Grenzen Sachsen-Anhalts hinaus Bedeutung für ganz Deutsch-land. Was heißt es für unsere Zukunft als Nation, wenn unsere wunderbaren Altstädte vor unseren erstaunten Augen einfach verfallen, wenn künftige Generationen gar nicht mehr anschau-lich erfahren können, wie schön unser Land einmal gewesen ist, wie groß der bauliche Reichtum war, den uns die Vorfahren hin-terlassen haben.

Was sehen Sie als besondere Stärken dieser IBA Stadtumbau 2010 an?

Arnulf Baring: Es war ein glücklicher Gedanke, bei diesem Pro-jekt keine zentralen Auflagen zu machen. Hier wurde nicht durch Anweisungen von oben, aus der Landeshauptstadt, den Gemeinden und Städten vorgeschrieben, was sie zu tun hätten.

Zukunft braucht Herkunft! – Was man nicht nützt, ist eine schwere LastDer Historiker Prof. Dr. Arnulf Baring sieht die Internationale Bauausstellung Stadtumbau 2010 in Sachsen-Anhalt als aktiven Beitrag zur Bewahrung des kulturellen Selbstwertgefühls in Deutschland

Prof. Dr. Arnulf Baring wurde 1932 in Dresden geboren. Der Historiker

und Publizist lebt heute in Berlin und ist Mitglied des Kuratoriums der Internationalen Bauausstellung

Stadtumbau 2010 in Sachsen-Anhalt.

6 Interview

Page 7: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

7

SACHSEN-ANHALT-MAGAZIN 01/10

Interview

Page 8: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Niemand verlangte, bestimmte Fassaden neu zu streichen oder Marktplätze auf eine bestimmte Weise zu restaurieren. Ganz im Gegenteil hat man die Städte aufgefordert, eigene Überlegun-gen anzustellen, sich auf lokale Stärken zu besinnen, spezifische Zukunftskonzepte zu entwickeln. Wir leben in einer Demokra-tie, was man manchmal vergisst. Der Staat baut sich von unten nach oben auf und nicht umgekehrt.

...was im Umkehrschluss heißt, dass dezentrale Lösungsansätze also gewollt sind?

Arnulf Baring: Wenn man die Ergebnisse der Anstrengungen sieht, die in der Vorbereitung der IBA in den beteiligten Städ-ten unternommen wurden, merkt man, wie unterschiedlich die Antworten auf ähnliche Herausforderungen waren. Ganz wich-tig war, ob sich an einem gegebenen Ort gleichgesinnte, aktive Menschen zusammenfanden und gemeinsam ans Werk mach-ten. In diesem Zusammenhang ist mir beispielsweise Bernburg besonders aufgefallen. Es hat sich dort eine Gruppe tatkräftiger Bürger gebildet, die die Belebung des Zentrums und eine Kon-zentration des lokalen Schulwesens zu einem Gesamtkonzept entwickelt haben. In Köthen wiederum hatte man den glückli-chen Einfall, die Besinnung auf die Entstehung der Homöopa-thie in der Stadt zum Ausgangspunkt eigener akademischer Aktivitäten zu machen, einer neuartigen Fruchtbringenden Ge-sellschaft. Nicht alle Orte haben solche Chancen. Die Bilanz in den 19 be-teiligten Städten wird unterschiedlich ausfallen. Insgesamt hat die IBA in Sachsen-Anhalt viele lokale Aktivitäten angestoßen. Ich hoffe, dass man in ganz Deutschland von den Erfahrungen profitieren wird, die von der Magdeburger Regierung ausgelöst worden sind. Denn die Probleme des Rückbaus werden sich auch anderswo bemerkbar machen.

Wo Licht ist, gibt es auch Schatten: Welches sind denn die Schwä-chen dieser achtjährigen Bauausstellung?

Arnulf Baring: Die lokalen Gegebenheiten sind, wie gesagt, sehr unterschiedlich. Um Wittenberg oder Eisleben muss man sich mit Blick auf das Lutherjubiläum 2017 keine Sorgen machen, auch danach eigentlich nicht. Die haben ihren Luther und der bleibt ihnen. Wenn in der Gegend von Eisleben allerdings nach 1990 rund 45 000 Arbeitsplätze verloren gegangen sind, kann das auch die ambitionierteste Regionalentwicklung nicht aus-gleichen. Auch Staßfurt hat es nicht leicht. Wenn ein ganzes Stadtzent-rum in Folge des früheren Bergbaus im Boden versinkt, dann ist nicht viel zu retten, obwohl die gefundene Lösung – eine Grün-

anlage mit einem See in der Mitte – durchaus ansprechend ist. Aber man merkt in dieser Stadt beklemmend, wie wichtig ein Zentrum, eine bewohnte Mitte, ein Kern für das Selbstgefühl der Bürger ist. Ebenso ist Dessau für mich ein sehr kritisches Beispiel. Die Stadt war wegen der Junkerswerke im Zweiten Weltkrieg ein Angriffsziel sondergleichen. Sie ist fast völlig zerstört worden und wurde nach 1945 übertrieben großflächig aufgebaut. Jetzt wird nach und nach wieder abgerissen. Man fährt durch die disparaten Teile Dessaus wie durch eine Wüstenei. Man hat-te dort den Gedanken, das berühmte Gartenreich Wörlitz des Fürsten Franz, das seit dem 18. Jahrhundert der ganzen Gegend eine unverwechselbare Identität verschafft hat, mehr und mehr in die Stadt zu holen, den Brachflächen also durch Ensembles von Grünanlagen, Bäumen und Büschen ein Gesicht zu geben. Aber wer den anspruchsvollen Begriff des „Gartenreichs“ in den Mund nimmt, muss sich Gedanken darüber machen, wie man ihm unter den gegenwärtigen Bedingungen gerecht werden kann. Die bisherigen Ansätze empfinde ich noch als etwas hilflos. Man darf von einer solchen Bauausstellung aber auch nicht zu viel verlangen. Man kann mit ihren Anregungen allein nicht ganze Regionen sanieren. Mit der IBA ist ein Anfang gemacht. Man muss abwarten, wie es in Zukunft weitergeht.

Angesichts der immer knapper werdenden Gelder dürfte es nicht ganz einfach werden, den Schwung der Internationalen Bauaus-stellung in die nächsten Jahre zu tragen?

8 Interview

Page 9: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Arnulf Baring: Das ist natürlich völlig richtig. Aber es geht ja nicht nur ums Geld. Außerdem hätten wir mehr davon, wenn uns bewusst wäre, welch kultureller Reichtum in den alten Städten der DDR erhalten geblieben ist. Denn dann würden wir auch eher bereit sein, ihnen bei der Erhaltung dieses Erbes zu helfen. Mich hat immer gewundert und ich habe es als Schwä-che der westdeutschen Wahrnehmung der Wiedervereinigung empfunden, dass sie immer nur unter finanziellen Aspekten betrachtet wurde. Es wurde lediglich über Geld geredet, das in den Osten fließen sollte, um ihn wirtschaftlich wieder auf die Beine zu bringen. Das war wichtig, blieb aber an der Oberfläche. Es ist dabei eigentlich nie begriffen worden, welch großes Glück, welches Geschenk für die jetzt vereinte Nation die Rückkehr des reichen kulturellen Erbes dieser Teile Deutschlands für uns alle war und bleibt. Viele Westdeutsche haben das bis heute nicht erkannt, nicht als positive Herausforderung begriffen. Wir müs-sen wieder lernen und den kommenden Generationen weiter-geben, welche Kraft man aus der Vergangenheit, aus den Leis-tungen unserer Vorfahren ziehen kann. Diese IBA hat solchen Einsichten den Boden bereitet.

Wie sehen Sie die Zukunft Sachsen-Anhalts in 50 Jahren?

Arnulf Baring: Ich bin Historiker und kein Prophet. Es ist zu wün-schen, dass die Bewohner, die Bürger, die unmittelbare Schön-heit ihrer städtischen Umgebung neu entdecken, schätzen und erhalten wollen. Und nicht nur sie.

Nehmen wir beispielsweise den Lutherweg in Eisleben, vom Ge-burtshaus zum vermeintlichen Sterbehaus. Da wünschte man sich doch, dass Auswärtige, kulturell Wertbewusste, einzelne Häuser an diesem Wege als Paten übernehmen, bei der Restau-rierung unterstützen. Es wäre schön, wenn diese Ausstellung in Sachsen-Anhalt andere Teile Deutschlands ermuntert, die IBA Stadtumbau 2010 als Modell nachzuahmen, zumal auch an-dere Bundesländer die hiesigen Probleme über kurz oder lang bekommen werden.

Haben Sie einen Favoriten unter den IBA-Städten?

Arnulf Baring: Nein, jede auf ihre Art hat mich beeindruckt. Der mitteldeutsche Raum – also Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt – ist so reich an städtischen Schönheiten, im Gegensatz zu Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, die Jahrhun-derte lang wesentlich durch Großgrundbesitz geprägt wurden. Viele mitteldeutsche Städte haben ein wunderbar individuelles historisches Gepräge. Unser aller wichtigste Aufgabe ist, den Menschen klar zu machen, wie viel bedroht ist, obwohl es bewah-renswert wäre. Wie heißt es schon bei Goethe so treffend: Was du ererbt von deinen Vätern hast / Erwirb es, um es zu besitzen…

…Was man nicht nützt, ist eine schwere Last…

Arnulf Baring: Richtig, so geht die Stelle weiter. Die wunderbaren Städte Sachsen-Anhalts sind das Gegenteil einer Last. Sie sind Perlen, die verdienen, von ihren Bewohnern, ja von allen Deut-schen geschätzt zu werden. Ihre Schrumpfung im Raume ist das eine. Das andere ist die Schrumpfung unseres Bewusstseins ihrer Großartigkeit. Im kulturellen Gedächtnis der Deutschen kommen sie weithin nicht mehr vor. Das muss sich ändern. Da-bei kann die IBA helfen, jeder Ort, jeder Bürger an seinem Platz. Hier gilt für uns Deutsche, was wiederum Goethe im Blick auf die Aneignung der Klassik sagte: Jeder sei ein Grieche auf seine Weise! Aber er sei‘s.

Das Gespräch führte Jürgen Willinghöfer.

Eine gute Balance braucht man auf der Skaterbahn in Halle-Neustadt. Der „Balanceakt Doppelstadt“ ist das IBA-Thema der größten Stadt Sachsen-Anhalts.

9

SACHSEN-ANHALT-MAGAZIN 01/10

Interview

Page 10: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Da stand das Rathaus. Und da die Kirche. Ihr Turm neigte sich schief wie der in Pisa. Sie sehen nur Wasser? Stimmt, und darun-ter liegt die historische Stadtmitte.So etwa könnte sich eine Stadtführung abspielen in Staßfurt, der Wiege des Kalibergbaus. Direkt unter dem Pflaster der al-ten Salzstadt wurden in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Ab-bauschächte geteuft. Schon wenige Jahrzehnte später begann

sich der Erdboden zu senken, unaufhaltsam. Im Umfeld des Marktplatzes bis um sieben Meter. 800 Häuser mussten abge-rissen werden, auch die Kirche und das Rathaus. Seit dieser Zeit war das aufsteigende Grundwasser rund um die Uhr abgepumpt worden, anderenfalls wäre Staßfurt „unterge-gangen wie Atlantis“, vergleicht Sonja Beeck. Die Architektin erzählt von einem Workshop im alten Staßfurter Kaufhaus vor

Mit dem Experimentierkasten in die Stadt Internationale Bauausstellung Sachsen-Anhalt macht Mut zu einem Umbau ohne Tabus

Von Ute Semkat

10 Städtebau

Page 11: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

sechs Jahren. Zwölf Architektenteams brüteten Ideen aus, wie dieser Stadt aus der Schieflage zu helfen sei. Dann wurden die Pumpen im Stadtzentrum abgestellt. Es soff ab – binnen zwei-er Jahre hatten die Staßfurter einen Stadtsee. Eine neue Mitte. „Um das Trauern um Verlorenes zu beenden, mussten wir das Defizit in einen Vorteil ummünzen“, verteidigt Wolfgang Kauf-mann, Fachbereichsleiter Bau im Staßfurter Rathaus, die Thalas-sotherapie für seine Heimatstadt. „Aufheben der Mitte“ heißt Staßfurts Beitrag zur Internationa-len Bauausstellung (IBA) Stadtumbau 2010 in Sachsen-Anhalt. Die Therapie zeigt erste Wirkungen. Inzwischen gehen Staß-furts Einwohner zum See wie früher zum Markt. Hausbesitzer

und Gewerbetreibende im Seeumfeld haben die Gunst der neu-en Lage erkannt und sanieren die schmucken Bürgerhäuser und Geschäfte. In einen Neubau am Ufer, dort wo früher das Rat-haus stand, werden Bibliothek, Stadtarchiv und Wohnungsbau-gesellschaft einziehen. So ist es geplant.Staßfurt ist eine von 19 IBA-Städten in Sachsen-Anhalt, die in diesem Jahr der Welt etwas beweisen wollen: dass der demo-graphische Wandel, der Bevölkerungsrückgang in weltweit vie-len Städten, für diese kein Todesurteil sein muss. Dass eine Stadt auch ohne ständiges Wachstum quicklebendig und wirtschaft-lich leistungsfähig sein kann. Das setzt freilich ein Umdenken voraus – und einen mitunter radikalen Umbau.

„Als wir mit IBA begonnen haben, sind wir in ganz Deutschland belächelt worden“, erinnert sich Karl-Heinz Daehre, Sachsen-Anhalts Minister für Landesentwicklung und Verkehr, an die ersten Reaktionen. Mit der Kampfansage gegen Wohnungs-leerstand, überdimensionierte Infrastruktur und gegen den drohenden Bankrott von Wohnungsgesellschaften hatte sich das ostdeutsche Bundesland früher als andere einem The-ma gestellt, das in vielen Städten noch immer verdrängt wird. Christiane Thalgott, frühere Präsidentin der Deutschen Aka-demie für Städtebau und heute Kuratoriumsmitglied der IBA, macht klar: „Sachsen-Anhalt hat einen Tabubruch gewagt.“ Das IBA-Büro hat seinen Sitz an einem Ort, an dem schon immer der Zeit voraus gedacht wurde. Am Bauhaus Dessau beschäf-tigten sich seit Mitte der 1920er Jahre Architekten, Planer und Designer mit den Herausforderungen der Industriegesellschaft an das Wohnen. Einige Generationen später haben viele Städte den Zusammenbruch ihrer Industriebetriebe erlebt. Außerdem verlieren sie seit Jahren an Einwohnern, nicht selten in zwei-stelliger Prozenthöhe. Für die IBA Stadtumbau haben die Erben der Bauhäusler deshalb eine Forderung des früheren Direktors Ludwig Mies van der Rohe aufgegriffen: Weniger ist mehr. Das heißt zum einen: großzügiger Abriss vor allem an den Stadt-rändern, also Schrumpfen von außen nach innen. Das bedeu-tet zugleich einen planvollen Umbau in den Stadtzentren, der die Innenstadt wieder aufwertet und stärkt. „Jede Stadt braucht dazu ihr eigenes Profil“, erklärt Architektin Beeck.

Was macht uns aus?

Ein eigenes Profil oder eine Klammer, welche die Stadt zusam-menhält: Der Reformator Martin Luther hat Wittenberg zu einer Zeit überdauernden weltweiten Bekanntheit verholfen. In der Altstadt wimmelt es tagsüber von Touristen, die an der Schloss-kirche die berühmte „Thesentür“ besichtigen wollen. Abends jedoch senkt sich Tristesse über die vereinsamten Straßen. Die

Nicht nur zum Hin-sehen schön ist das „Lesezeichen“ im his-torischen Ortskern von Magdeburg-Salbke. Mit dem IBA-Projekt Bürgerbibliothek habenengagierte Bürger eine Lücke sowohl im Stadt-raum als auch in der kulturellen Versorgung dieses Stadtteils geschlossen.

11

SACHSEN-ANHALT-MAGAZIN 01/10

Städtebau

Page 12: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Wittenberger überlegten, wie sie die Gäste länger in ihrer Stadt halten können, wie die barocken Häuser ihrer nutzlosen Schön-heit enthoben und wieder Arbeit und Geld in die Stadt gebracht werden können.Das städtische Bürgertum hat sich mit der Schließung der Wit-tenberger Universität 1817 nie wirklich abfinden können. Und so entstand die Idee eines neuen Campus: Die ansässigen kulturel-len und konfessionellen Bildungseinrichtungen haben sich zu einem virtuellen Campus vernetzt und holen mit ihrem vielfälti-gen Angebot Bildungstouristen aus aller Welt nach Wittenberg. Für diese „Stadtbewohner auf Zeit“ wurden und werden histori-sche Gebäude in der Innenstadt zu Aula, Wissenschaftszentrum, Werkstätten und Gästehaus des Campus umgebaut. So wird Anfang Mai das „Colleg Wittenberg“ eröffnet, in der ehemali-gen Mädchenschule sollen US-amerikanische Studenten und Professoren wohnen. Für Dr. Peer Pasternack, Vorstandsmitglied des Vereins Campus, ist es der grundsätzlich richtige Weg, „dass ein sehr erfolgreicher städtebaulicher Reparaturprozess mit ei-ner produktiven Idee verknüpft ist, wie Schrumpfung gestaltet werden kann.“

Die Stadt Köthen wurde auf ihrer Profilsuche ebenfalls in der Geschichte fündig. Von 1821 bis 1835 arbeitete hier der Begrün-der der Homöopathie, Samuel Hahnemann. Sein alternativer Therapieansatz hat der vom Verlust großer Betriebe geschwäch-

ten Stadt mögliche Heilungschancen aufgezeigt. Köthen setzt auf den boomenden Wirtschaftszweig der Gesundheitsvorsor-ge. Im vergangenen Herbst zog die Europäische Bibliothek für Homöopathie in das aufwändig sanierte frühere Spitalgebäude des Klosters der Barmherzigen Brüder ein, und im gleichen Ge-bäude wird ein berufsbegleitender Masterstudiengang Homöo-pathie eingerichtet.Aber auch die Stadtplaner interessieren sich für Hahnemanns alternative Behandlungsmethoden, vor allem für „seinen ganz-heitlichen Ansatz, die ausführliche Anamnese und gezielte Im-pulssetzung“, zählt Nadine Palme von der kommunalen Woh-nungsgesellschaft auf. „Natürlich war ich erst sehr skeptisch“, gibt sie zu. Doch der Praxistest in einer Straße, in der herkömm-

„Denn die Stadt wird fallen hin…“ warnen die Fenster dieses leer

stehenden Hauses in der Köthener Ludwigstraße. Doch der schon

beschlossene Abriss in der Häuser-zeile konnte verhindert werden,

nachdem die Stadtplaner der Straße einen homöopathischen

Entwicklungsimpuls gaben.

Thalassotherapie für die geschundene Mitte der alten Salzstadt Staßfurt. Stadtumbau war hier auch Land-schaftsbau. Anstelle des versunkenen Markt-platzes entstand hier ein See.

12 Städtebau

Page 13: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

liche Planungsinstrumente versagten und der radikale Abriss unabwendbar schien, hat offenbar angeschlagen. Einige der Häuser konnten inzwischen verkauft und damit erhalten wer-den, die ganze Straße hat sich erholt.

Für die IBA Sachsen-Anhalt stand kein zusätzliches Geld zur Verfügung. Jedoch wurden vorhandene Fördertöpfe für Stadt-umbau und Denkmalschutz vorrangig für die IBA-Piloten aus-geschüttet. Hinzu kamen Fördermittel zum Beispiel für Bildung und Wirtschaft. „Die Stabilisierung schrumpfender Städte ge-

lingt nur interdisziplinär, wenn man das Problem aus verschie-denen Blickwinkeln anpackt“, erklärt Architektin Sonja Beeck, warum der Stadtumbau zum Beispiel in Aschersleben, Bernburg und Weißenfels von Bildungsprojekten flankiert wird. Denn ge-rade in Zeiten des Bevölkerungsrückgangs wird ein gut ausge-bildeter Fachkräftenachwuchs zu einem wichtigen Standort-faktor für Unternehmen, und Arbeitsplätze sind wiederum das stärkste Argument, damit sich Menschen für eine Stadt und eine Region entscheiden.

13

SACHSEN-ANHALT-MAGAZIN 01/10

Städtebau

Page 14: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Bürger empfinden es wieder als etwas Schönes, in ihrer Stadt zu leben, während vor zehn Jahren noch jeder aufs Land ziehen wollte.“Der umfangreiche Laborkasten, den die IBA dafür entwickelt hat, könnte zu einem Exportschlager von Sachsen-Anhalt werden.

www.iba-stadtumbau.de

Exportschlager Stadtumbau

2010 ist zwar das Zieljahr der IBA, aber nur eine Zwischenstati-on beim Stadtumbau. Neue Themen wie der Wandel der Ener-giekonzepte und die Sicherung von Mobilität fordern Europas Stadtplaner heraus. Und manches braucht einfach Zeit zum Wachsen. Das neue Stadtgefüge von Dessau-Roßlau zum Bei-spiel. Nach Kriegszerstörung und verfehltem Wiederaufbau hat Anhalts alte Residenzstadt kein klassisches Stadtzentrum mehr, zudem verlor sie seit 1990 rund 20 Prozent ihrer Einwoh-ner. Deshalb entschieden sich die Dessauer für den radikalen Einsatz der Abrissbirne und einen beispiellosen Umbau. In ei-nigen Jahren wird Dessau aus mehreren kompakten Kernen bestehen, voneinander getrennt und miteinander verbunden durch Landschaftszonen, die auf Abrissflächen wachsen. Es ist eine Hommage an das angrenzende Wörlitzer Gartenreich, mit dem Anhalts Fürst Franz Ende des 18. Jahrhunderts die Ideale der Aufklärung in die Sprache der Landschaftsgestaltung über-tragen ließ.„Wir haben es in den vergangenen Jahren in Sachsen-Anhalt geschafft, trotz rückläufiger Bevölkerungszahlen die Attraktivi-tät unserer Städte zu erhöhen“, zieht Bauminister Daehre we-nige Wochen vor der Abschlusspräsentation der IBA Bilanz. „Die

Flüsternde Gärten auf einer Stadtbrache in Eisleben erzählen vom Leben des Reformators Martin Luther. Entlang des Lutherwegs wird Stadtumbau mit allen Sinnen erlebbar.

Die Städte der IBA Stadtumbau

AscherslebenBernburgBitterfeld-WolfenDessau-RoßlauHalberstadtHalle/SaaleHansestadt StendalKöthenLutherstadt EislebenLutherstadt Wittenberg

MagdeburgMerseburgNaumburgQuedlinburgSangerhausenSchönebeckStaßfurtWanzlebenWeißenfels

14 Städtebau

Page 15: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Eine Gemeinschaftsaktion von Sachsen-Anhalt-Magazin und radio SAW.

www.sachsen-anhalt-magazin-verlag.dewww.radiosaw.dewww.wir-sind-sachsen-anhalt.de

Mario A. Liese (50) ist Geschäftsführer und Programm-

direktor von radio SAW. Mit durchschnittlich 306.000

Hörern pro Stunde ist der Sender Marktführer in

Sachsen-Anhalt und zugleich reichweitenstärkste

private Hörfunkstation in Ostdeutschland. Radio

SAW gehört laut „Media-Analyse 2010 / Radio I“

zu den Top 5 der privaten Rundfunksender in ganz

Deutschland.

Wir sindSachsen-Anhalt

„Sachsen-Anhalt ist klasse, weil hier die Menschen das Herz auf dem rechten Fleck haben und es den größten Schalke-Fanclub außerhalb von Gelsenkirchen gibt.“

Page 16: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Bei ihm war es Liebe auf den ersten Blick. Diese fein geschwun-genen Linien, die sanften Rundungen, die kühle Eleganz: Frank Leues Herz schlug höher, als er der klassischen Schönheit zum ersten Mal begegnete. Da war der Schönebecker noch ein Kind.

Heute ist der Mann 50 Jahre alt und seine Leidenschaft für das damalige Objekt seiner Begierde ungebrochen. Es ist ein Fahr-rad. Für ihn und seinen Bruder René das schönste der Welt. Ganz passend trägt es den Namen Weltrad.Ein alter Markenname mit gutem Klang. Von 1890 bis 1948 wur-den in Schönebeck mehr als 2,5 Millionen davon produziert. Aber

Große Leidenschaft auf zwei RädernDie Schönebecker Brüder Leue haben Omas Fahrrad wieder zur exklusiven Weltmarke gemacht

Von Sabine Tacke

irgendwann wurden sie rar. Auch wenn die Brüder alle reparier-ten, die ihnen unter die Finger kamen, der Bestand schmolz da-hin. Das gute alte Weltrad made in Schönebeck drohte von der Bildfläche zu verschwinden.

Warum die Tradition nicht wieder aufleben lassen, sagten sich die Brüder. Am 1. Mai 2004 eröffneten sie ihre Weltrad-Manu-faktur in Schönebeck-Frohse.Leicht haben sie sich diese Entscheidung nicht gemacht. Acht Jahre lang sind die Brüder mit ihrer Idee schwanger gegangen. „Zunächst bauten wir einen Prototyp. Ein ganzes Jahr haben wir dafür gebraucht. Aber es hat sich gelohnt“, resümiert Frank Leue. Ihr Erstling zog alle Blicke auf sich. Mit ihm radelten die beiden in die Selbstständigkeit. Ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang. Leue erinnert sich: „Wir beide hatten ja zu der Zeit si-chere Jobs und gutes Geld verdient. Mein Bruder als Entwick-lungsingenieur bei Doppstadt. Ich hab‘ als Gas-, Wasser- und Heizungsmonteur gearbeitet. Und da gab es nach der Wende jede Menge zu tun. Trotzdem haben wir es gewagt.“ Bereut ha-ben sie es bis heute nicht.

16 Wirtschaft

Page 17: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Doch was geschah eigentlich mit Frank Leues erster Liebe? „Das war das Fahrrad meiner Oma. Ich hab ständig an dem Ding herumge-bastelt. Heute steht es in einem großen deutschen Hotel als Ausstel-lungsstück“, erzählt Frank Leue stolz.Inzwischen hat das Weltrad Liebhaber rund um den Globus gefun-den. Sie radeln damit durch Asien, Brasilien, Neuseeland, die USA und Europa. Sogar ein Ölscheich soll wacker in die Weltrad-Pedale treten.Die Leues haben in der Werkstatt auf ihrem 2 400 Quadratmeter großen Grundstück genug zu tun. Die Aufgaben haben sie sich ge-teilt. Der 50-jährige Frank übernahm die Produktion, sein elf Jahre jüngerer Bruder René kümmert sich um den Verkauf. „Wir ergänzen uns ideal. Mein Bruder ist ein begnadeter Verkäufer und Organisator. Ich bin eher der geduldige Typ und hab´ den handwerklichen Part übernommen. Wenn etwas nicht gleich klappt, fange ich eben noch mal von vorn an. Das bringt mich nicht aus der Ruhe“, erklärt der Ältere.

Die Werkstatt ist sein Reich. Liebevoll, fast zärtlich berühren seine Hände den bordeauxroten Rahmen eines 28er Damenfahrrads, während er die Details und technischen Finessen erklärt. Der Rah-men ist fertig, die pulverbeschichtete Farbe schon getrocknet. „Exakt 97 Einzelteile stecken allein im Rahmen. Wir geben 20 Jahre Garan-tie darauf. Ich verniete alles. Schrauben sind nicht so gut, wegen der Korrosionsanfälligkeit.“ Ein gewöhnliches Fahrrad kommt mit 16 Einzelteilen im Rahmen aus und wird in vier Stunden montiert. Leue baut seine Räder in zwei bis drei Tagen, für ganz besondere Stücke braucht er auch schon mal ein halbes Jahr.Im Ausstellungsraum der Firma steht zum Beispiel ein Hochrad. Ein Werbegag? „Nein, nein. Das hat ein Kunde bestellt, aus Irland.“ Eine andere Rarität: der Halbrenner. Die Felgen sind aus Buchenholz. Leue hat das Rennrad nach einem Originalfoto von 1908 gebaut. Auf Authentizität legen die Brüder allergrößten Wert. Sie arbeiten nach Skizzen und Bauanleitungen der ursprünglichen Marke „Welt-rad“. „Es gibt noch vier bis fünf andere Fahrradbauer in Deutschland, die Ähnliches anbieten. Aber keiner ist so konsequent wie wir.“ Die Schönebecker verbinden Tradition mit feinster Technik und exzellen-ter Handwerkskunst. Tretkurbeln und Lenker bestehen aus verchrom-tem Aluminium. Ein Material, das zum Beispiel der Autobauer BMW für sein Nobelmodell Rolls-Royce als Kühlergrill benutzt. Sattelta-schen werden von der englischen Firma Brooks geliefert, die Buchen-holzfelgen kommen aus Italien, die Sattel aus Frankfurt am Main. Rund 40 Prozent der Teile lässt die Manufaktur liefern. Dazu gehören auch Lampen, Gepäckständer, Bremsen, ungewöhnliche Helme oder Pedale. Alles erlesene Stücke, die nur noch von Mini-Firmen herge-stellt werden. Allein die zu finden, war ein kleines Kunststück. Während Frank Leue aus Einzelteilen ein Luxusrad baut, vermarktet Bruder René die edlen Produkte auf Fahrrad- und Lifestylemessen.

Mit großem Erfolg. Der Grundpreis für die Retro-Räder: 1 560 Euro. Die Kundenliste – streng geheim. Diskretion gehört eben auch zum Geschäft. Das gilt auch für die Umsatzahlen. Die liegen auf alle Fäl-le im schwarzen Bereich, die Leues sitzen fest im Sattel. Denn die Weltrad-Manufaktur ist auf Wachstumskurs. Leue: „Ich denke, in ein bis zwei Jahren werden wir die Firma erweitern. Dann können wir vielleicht sogar unsere zwei Lehrlinge übernehmen.“ Bis dahin werden immer mehr Räder mit dem „W“ als Logo auf dem Schutzblech über die Straßen dieser Welt rollen. Nicht nur eine Folge des zunehmenden Fahrradtourismus. Individualität ist wieder ge-fragt. Die Weltradkunden lassen auf ihren schicken Retro-Velos den Mainstream hinter sich. Das Oma-Rad aus Schönebeck – längst ist es ein Kultobjekt.

www.weltrad.de

Fahrradbauer Frank Leue schwärmt von nüchterner Eleganz, geschwungenen Linien und klassischer Schönheit.

17

SACHSEN-ANHALT-MAGAZIN 01/10

Wirtschaft

Page 18: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Softwarehersteller haben eher selten Produkte zum Anfas-sen. Die Entwickler bei FrogSolutions in Schönebeck können ihres schon bald in die Hand nehmen. „Unser Healthscanner sieht etwa so aus wie ein Autoschlüssel“, versucht Dirk Bar-tens eine Beschreibung. Und er funktioniere wie ein Barcode-leser, den jeder aus dem Supermarkt kennt. Genau dort soll der Healthscanner, auf deutsch in etwa: Gesundheitsprüfer, als mo-biler Einkaufsassistent Zöliakie-Kranken helfen. An dieser Un-verträglichkeit des Getreideeiweißes leiden allein in Deutsch-land rund 40 000 Menschen. „Für sie kann ein falscher Griff ins Lebensmittelregal lebensbedrohlich sein“, sagt Bartens. Auf dem Healthscanner ist deshalb eine umfangreiche Datenbank mit Produktinformationen insbesondere zu Fertigerzeugnissen gespeichert. Zöliakie-Betroffene können damit sofort am Super-marktregal sicher erfahren, ob ein Lebensmittel für sie geeignet

Querdenker zwischen Bits, Bytes und BewegungIT-Branche in Sachsen-Anhalt setzt auf innovative Produkte und komplexe Lösungen

Von Ute Semkat

ist. Denn dann blinkt die LED-Anzeige beim Scannen grün, bei ungeeigneten oder nicht bekannten Lebensmitteln rot. Um ständig auf dem aktuellen Stand zu bleiben, werden dem Besitzer des handlichen Assistenten die Daten neuer Lebens-mittel entweder online oder über einen Dienstleister zur Ver-fügung gestellt. Dirk Bartens hält Weiterentwicklungen für an-dere Nahrungsmittelunverträglichkeiten, für Diabetes oder als „Kalorienzähler“ für Ernährungsbewusste für denkbar.Der Kybernetiker hatte nach der Wiedervereinigung Deutsch-lands wie viele junge Akademiker vor der Entscheidung gestan-den: `rübermachen oder hier etwas aufbauen. Er blieb und ist heute Miteigentümer und Geschäftsführer der Schönebecker Firmengruppe SBSK mit inzwischen vier Unternehmen. Zum klassischen IT-Dienstleister „zum Ver- und Entsorgen von Infor-mationen“, wie der 45-jährige das Kerngeschäft auf den Punkt bringt, sind am Standort der SBSK die Softwareentwicklungs-firmen FrogSolutions und Socialmap sowie das „Breitband-Ar-chitekturbüro“ I2KT hinzugekommen, das Kommunen und Un-ternehmen beim Anschluss an die Kommunikationsautobahn berät.Vor zehn Jahren gehörte Bartens zu den Initiatoren des bundes-weit ersten regionalen Unternehmerverbandes in der Informa-tionswirtschaft. Mit dem Verband der IT- und Multimediaindus-

Der Aufstieg des Kybernetikers Dirk Bartens führte vom EDV-Mitarbeiter zum Unterneh-menschef einer Firmengruppe und zum Verbands-vorsitzenden.

18 IT-Branche

Page 19: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

trie Sachsen-Anhalt (VITM) wollte sich die junge IT-Branche die Mitsprache bei der Gestaltung politischer und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen sichern, und sie wollte das gleiche Image aufbauen, wie es zum Beispiel der angestammte Maschinenbau genießt. Der VITM startete kurz nach der Jahrtausendwende mit 14 Un-ternehmen. Heute zählt die Branche rund 520 Firmen im Land und beschäftigte Ende 2009 deutlich mehr als 12 000 Mitar-beiter – das sind etwa so viele wie der geschrumpfte Maschi-nenbau. Allein in den vergangenen drei Jahren hat sich die Zahl der IT-Unternehmen um rund zehn Prozent vergrößert, und die meisten haben kräftig Personal rekrutiert – es wuchs im gleichen Zeitraum sogar um gut ein Drittel.

Ein kleiner aber feiner Standort Innovationen aus Sachsen-Anhalt wie der Healthscanner sind kein Ausnahmefall. Wer beim „Googeln“ im Internet mit Google-Earth auf die Dächer fremder Städte schaut, nutzt die digitale Luftbildkarte Deutschlands der Firma Geo-Content Magdeburg. Das Unternehmen hat ein flächendeckendes Luftbildmosaik von Deutschland aufgenommen. Die ebenfalls in der Landeshaupt-stadt beheimatete icubic AG gehört mit ihrer Softwareentwick-lung für das internationale Finanzgeschäft zu den Marktführern. Und der Wittenberger Christian Kroll entwickelte pünktlich zum Kopenhagener Klimagipfel im Dezember 2009 die grüne Such-

maschine „Ecosia“. Mit jedem Zugriff leisten die Internetnutzer einen kostenlosen Beitrag zum Schutz von zwei Quadratmeter Regenwald, denn die Werbeeinnahmen werden zum größten Teil für ein Regenwaldschutzprojekt des WorldWideFonds (WWF) gespendet. „Wir brauchen Leute, die gern quer denken“, meint Dirk Bartens: „Nicht nur der klassische Informatiker ist gefragt, sondern Leute mit dem Know-how eines Mediziners, Juristen oder Verwaltungs-fachmanns.“ „Sachsen-Anhalt hat sich zu einem kleinen, aber feinen Standort für Informations- und Kommunikationstechnologien entwickelt“, bekräftigt auch Bartens Stellvertreter im VITM-Vorstand, Dr. Michael Wandersleb. Der Geschäftsführer der KID Kommunale Informationsdienste Magdeburg sieht in und nach der Krise ei-nen wachsenden Bedarf an IT-Lösungen. Denn Wirtschaftsunter-nehmen, die jetzt über Umsatz- und Ertragsrückgänge klagen, können mit den neuen Technologien ihre betrieblichen Prozesse optimieren und Kosten drücken: „Man sollte nicht an der IT, son-dern mit der IT sparen.“

Für optimale Geschäftsprozesse sorgt zum Beispiel die GISA in Halle/Saale. Entstanden als Ausgründung eines regionalen Energieversorgers, hat sich das Unternehmen zum größten un-abhängigen IT-Dienstleister in Mitteldeutschland entwickelt: für Prozess- und IT-Beratung, Outsourcing sowie Implementierung von IT-Lösungen. „Darunter können sich viele nichts Genaues vor-

Das GISA-Rechenzentrum entlas-tet Unternehmen von Verwal-

tungsarbeit. Die Geschäftsführer Michael Krüger (links) und Ste-

phan Drescher (rechts) wollen die GISA zu einem der größten deut-

schen IT-Dienstleister entwickeln.

Foto

: GIS

A Gm

bH

19

SACHSEN-ANHALT-MAGAZIN 01/10

IT-Branche

Page 20: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

stellen“, ist die Erfahrung von Geschäftsführer Stephan Drescher. Von Haus aus Kybernetiker, ist er bei der GISA vor allem auch für den Vertrieb zuständig. „Was tun wir hier also? Wir beraten zum Beispiel unsere Kunden, wie sie ihre Geschäftsprozesse mit IT-Unterstützung verbessern können. In Personalabteilungen häu-fen sich noch immer die Aktenberge. Diese können aber am PC effizienter verwaltet werden. Damit beseitigt das Unternehmen zum einen die Papierflut und profitiert vor allem von einer rechts-sicheren und immer aktuellen Datenlage, so dass es seine Perso-nalprozesse schneller und besser steuern kann.“ Drescher ist in der Magdeburger Börde aufgewachsen und arbei-tete nach 1990 bei Siemens und im Telekom-Management. Im Herbst 2008 trat er in die Geschäftsleitung der GISA ein, um ihr deutschlandweites Wachstum voranzutreiben. Zu den mehr als 150 Kunden zählen Unternehmen aus der Energie- und Versor-gungsbranche, dem Medienbereich, der Immobilienwirtschaft und der kommunalen Wirtschaft. Auf der Referenzliste stehen bekann-te Namen wie die Berliner Flughäfen, der WDR oder der Freistaat Sachsen. Als Entwicklungspartner von SAP arbeitet GISA auch an neuen Technologien für den deutschen Markt mit. „Darauf sind wir wirklich stolz, weil wir damit eine Vorreiterrolle unter den mittel-ständischen IT-Dienstleistern einnehmen“, sagt Drescher.1993 war das Unternehmen mit 73 Mitarbeitern gestartet. Jetzt sind es fast 450, die meisten wären in der Region Halle-Leipzig zu Hause, erzählt der Geschäftsführer. „Allein seit 2008 haben wir fast 120 neue Mitarbeiter eingestellt, und wir haben vor, diesen Trend fortzusetzen.“ Das sei wegen des bundesweiten Wettbewerbs um IT-Fachleute nicht immer einfach, aber keineswegs unmöglich, bestätigt Pres-sesprecherin Daniela Steffen: „Die GISA hat in der Region Mittel-deutschland und auch darüber hinaus einen erstklassigen Ruf. Zudem bieten wir sehr gute Entwicklungsmöglichkeiten, leis-tungsgerechte Bezahlung über dem regionalen Durchschnitt und eine individuelle Karriereplanung. Und als familienfreund-licher Arbeitgeber können wir unter anderem durch flexible Ar-beitszeiten und Home-office-Vereinbarungen punkten.“

Magdeburger helfen Hessen beim Orientieren

Personalsorgen gibt es 100 Kilometer weiter bei der TSA Teleport Sachsen-Anhalt Service ebenfalls nicht. „Wir haben kaum Fluktu-ation“, sagt der technische Geschäftsführer Thomas Patzelt: „Zu-friedene Mitarbeiter gehen nicht.“ Ihn selbst führte vor 14 Jahren die Faszination des jungen Internets zum beruflichen Wechsel aus dem Maschinenbau in die IT-Branche. Meist arbeitet er in der Firmenniederlassung in Halle, aber seinen Hauptsitz hat TSA im Innovations- und Gründerzentrum IGZ Barleben, einem Neubau von stahlkühler und glasklarer Eleganz im Norden Magdeburgs.

Mit seiner Marke TSA Public Service bewegt sich das Unterneh-men im Bereich E-Government auf einem Markt mit großer Nachfrage. Bürger und Wirtschaft erwarten von der öffentli-chen Verwaltung zunehmend Dienstleistungen statt Bürokra-tie. Wer ein Gewerbe anmelden will, möchte nicht erst einen zeitraubenden Behördendschungel überwinden und dabei womöglich in der Sackgasse landen. Schnelle Orientierung er-möglicht der so genannte Zuständigkeitsfinder von TSA. „Das ist eine webbasierte Software, mit der ein Unternehmer wie auch jeder Bürger schnell und unkompliziert seinen richtigen lokalen, regionalen oder überregionalen Ansprechpartner für den jeweils gewünschten Verwaltungsservice finden kann“, beschreibt Patzelt ein Kernprodukt, das TSA in einem Projekt mit Sachsen-Anhalts Innenministerium entwickelt hat. Im Rahmen einer Länderkooperation ist es inzwischen bei sieben Landesregierungen im Einsatz.Der Zuständigkeitsfinder vermittelt neben der Kontaktadres-se auch weiterführenden Service wie Formulardienste und Antragsverfahren. „Wir besitzen damit eine Basiskomponen-te für E-Government und aktuell für die Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie und von D115“, erklärt Geschäftsfüh-

20 IT-Branche

Page 21: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

rer Patzelt und verweist so auf ein brandaktuelles Thema. In Deutschland wird zurzeit die bundesweit einheitliche Behör-denrufnummer „115“ getestet, ein Projekt der Bundesregierung. Außerdem ist seit Ende 2009 die EU-Dienstleistungsrichtlinie in Kraft, die Firmen die grenzüberschreitende Ansiedlung ver-einfachen will. Ein digitaler Einheitlicher Ansprechpartner (EA) soll ausländische Unternehmer über die erforderlichen Ver-waltungsabläufe in Deutschland informieren und ihnen Wege online abnehmen. Auch hier erweist sich die Software aus Magdeburg und Halle als technischer Baustein, der sich bei-spielsweise im Hessen-Finder oder – als jüngstes Beispiel – im Anfang Januar freigeschalteten EA-Portal und Bürger- und Un-ternehmensservice der Landesregierung Rheinland-Pfalz wie-derfindet.

Häuserwechsel in Magdeburg

Im IGZ Barleben ist auch die regiocom GmbH groß geworden. Der Informatiker Klemens Gutmann, gebürtiger Badener, kam Mitte der 1990er Jahre nach Magdeburg und gründete hier ein Startup, das sich mittlerweile zu einem europaweit aufgestellten

Outsourcing-Partner für die Energiebran-che entwickelt hat. Mehr als 2 000 Mitar-beiter erbringen Dienstleistungen in der Kundenbetreuung und kaufmännischen Sachbearbeitung für den Energiemarkt in Deutschland, für die Schweiz, Österreich, Rumänien, Ungarn sowie Bulgarien, wo regiocom eine Niederlassung unterhält. Mit eigenen Softwarelösungen unter-stützt die Firma den Lieferantenwechsel im Strom- und Gasmarkt oder das Regu-lierungsmanagement.Seit 2009 kann sich regiocom Offiziel-ler Partner von SAP nennen. „Wir sind in Deutschland die einzigen, die den aus-gelagerten Geschäftsbereich Energieab-rechnung von SAP bei weltweiten Kunden betreuen“, erklärt Klemens Gutmann. Auch er gehörte zu den Gründern des VITM und ist seitdem einer der stellver-

tretenden Vorsitzenden. Inzwischen nimmt er aber als Präsident des Arbeitgeberverbandes Sachsen-Anhalt branchenübergrei-fende Verantwortung wahr. Für sein Unternehmen hat Gutmann im vorigen Jahr ein größeres Domizil gefunden, das geradezu Symbolwert besitzt: Es ist ein Verwaltungsbau aus dem Indus-triezeitalter des 19. Jahrhunderts, hier hatten die Magdeburger Krupp-Gruson-Werke ihren Sitz und zu DDR-Zeiten der Schwer-maschinenbauer SKET. Die Schaltzentrale des einst mächtigsten Unternehmens in der Region schien am Ende des alten Jahr-hunderts ausgedient zu haben. Nun richtet sich hier eine Branche ein, die im 21. Jahrhundert Karriere machen will.

www.sbsk.de

www.geocontent.de

www.gisa.de

www.tsa.de

www.regiocom.de

Gerade umgezogen: Unternehmer Klemens Gutmann richtet sich mit seinem prosperierenden IT-Dienstleister in der einstigen Schaltzentrale des größten Magdeburger Maschinenbauers ein.

21

SACHSEN-ANHALT-MAGAZIN 01/10

IT-Branche

Page 22: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Glas und Reifen: für Autofahrer ist das bislang eine durch und durch Unglück verheißende Kombination. „Das könnte sich aber bald ändern“, glaubt Professor Michael Bartke. Denn am Fraun-hofer Pilotanlagenzentrum für Polymersynthese und Verarbei-tung (PAZ) in Schkopau, das der 37-Jährige leitet, werden derzeit neue Kautschukmischungen erforscht, bei denen Glas zu den entscheidenden Bestandteilen gehört. „Indem wir klassische Kautschuk-Füllstoffe wie zum Beispiel Ruß in bestimmtem Maß durch ein Glaspulver ersetzen,“ erklärt Uwe Ferner von der am Projekt beteiligten Bitterfelder Firma

Trovotech, „können wir Gummimischungen mit ganz neuen Ei-genschaften erzeugen, zum Beispiel für besonders energiespa-rende Reifen.“ Dass der Industrierohstoff Synthesekautschuk ausgerechnet in Schkopau, wo er vor mehr als 70 Jahren erstmals industriell hergestellt wurde, nun neu erfunden wird, ist für Michael Bart-ke kein Zufall: „Die Polymerforschung hat im mitteldeutschen Chemiedreieck nicht nur Tradition, sondern dank bedeutender Unternehmen wie Dow, dank erstklassiger Forschungseinrich-tungen und einer Vielzahl mittelständischer Spezialfirmen

Katalysator für die KunststoffbrancheDas Fraunhofer-Pilotanlagenzentrum in Schkopau bietet Mittelständlern eine Forschungsinfrastruktur, wie sie bislang nur Großkonzernen vorbehalten war

Von Frank Pollack

Neue Materialien wie dieses flachsfaserverstärkte Polypropylen

stehen im Mittelpunkt der Arbeit des Pilotanlagenzentrums. Die

Fraunhofer-Forscher entwickeln nicht nur geeignete Herstellungs-

verfahren, sondern untersuchen zum Beispiel auch, wie sich die

Stoffe weiterverarbeiten oder für ganz bestimmte Anwendungen

modifizieren lassen.

22 Chemieindustrie

Page 23: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

auch ein modernes Gesicht“, attestiert der gebürtige Bonner, der Mitte der 90-er Jahre von der TU Dortmund zum Verfah-renstechnik-Studium an die hallesche Martin-Luther-Univer-sität kam. Als er nach mehrjähriger Tätigkeit in einem finni-schen Industrieunternehmen 2006 an die Saale zurückkehrte, erhielt er gleich doppelt Gelegenheit, diese Stärken der Region weiterzuentwickeln: als Universitätsprofessor für Polymerisa-tionsreaktionstechnik und als Leiter des Pilotanlagenzentrums im Schkopauer Value-Park.Das PAZ, eine gemeinsame Einrichtung der Fraunhofer-Insti-tute für Angewandte Polymerforschung (IAP, Potsdam) und für Werkstoffmechanik (IWM, Halle), versteht sich als Dienst-leister für die Polymer- und Kunststoffbranche: „Wenn es gilt, Projekte aus dem Labor in die Produktion zu überführen, sind wir genau der richtige Ansprechpartner“, bringt Bartke das Konzept auf den Punkt: „Wir entwickeln, verfeinern und testen Technologien und Werkstoffe in Pilotverfahren. Und zwar so-

wohl was die Synthese, als auch was die Verarbeitung betrifft.“Für diese vielseitige Aufgabe kann Bartkes 16-köpfiges Team auf An-lagen im Wert von über 20 Millio-nen Euro zurück greifen, unterge-bracht in zwei großen Hallen des Merseburger Innovations- und Technologiezentrums II, nur einen Steinwurf vom Schkopauer Dow-Werk entfernt. Allein im Synthesetechnikum ver-knäueln sich auf vier Etagen rund 350 Aggregate, 850 Mess- und Regelstellen und unzählige Ki-lometer Rohrleitungen zu einer hochkomplexen Anlage. Für den Uneingeweihten nicht identifi-zierbar, verbergen sich in dem Gewirr „sieben flexible Synthese-linien“, wie Professor Bartke auf-löst: beispielsweise eine Linie zur Lösungspolymerisation, wie sie für die Kautschukherstellung be-nötigt wird, Linien für Emulsions- und Suspensionsverfahren, die zur PVC-Synthese verwendet werden können, eine Linie zur Massenpo-lymerisation, die unter anderem für die Produktion von Polyestern einsetzbar ist.

Der Clou dabei ist: „Bei Bedarf können wir Apparate der ver-schiedenen Linien flexibel miteinander verschalten, sie modifi-zieren oder neue Apparate einfügen“, ergänzt der Verfahrens-techniker. Auf diese Weise lasse sich in vergleichsweise kurzer Zeit und mit überschaubarem Aufwand „fast jedes denkbare Polymerisationsverfahren abbilden“, schwärmt der promovier-te Ingenieur.„Etwas Vergleichbares gibt es europaweit, vielleicht sogar weltweit bestenfalls in einigen Großkonzernen“, zeigt sich der Nürnberger Peter Putsch, Inhaber einer Firma für Spezialkunst-stoffe, begeistert über das hoch spezialisierte Angebot: „Für uns als Mittelständler ist das einmalig.“ Dabei profitiere sein Unternehmen nicht nur von den erstklassigen technischen Voraussetzungen, sondern auch vom Know-how des Teams aus Chemikern, Ingenieuren, Laboranten, einem Schlosser und Spezialisten für die Projektsteuerung. „Eine kleine, aber schlag-kräftige Truppe, die auch bei unerwarteten Problemen immer eine praktikable Lösung parat hat“, lobt Putsch.Gegenwärtig bereitet er bereits sein drittes gemeinsames Projekt mit den Schkopauern vor. Erklärtes Ziel dabei sei es, „einen technischen Kunststoff mit Nanopartikeln zu verstär-ken.“ Dafür sollen mehrere Herstellungsverfahren miteinan-der verglichen werden. „Ein aufwändiger Test, der ohne das Pilotanlagenzentrum für uns kaum realisierbar wäre“, bekennt der Unternehmer. „Wir müssten dafür Fertigungslinien im ei-genen Betrieb umbauen, also die Produktion für längere Zeit anhalten. Undenkbar“, wischt der Franke den Gedanken beisei-te. Er hat einen effizienteren Weg gefunden, seine Forschung anzukurbeln: 2008 ließ er sich mit seiner Tochterfirma Exipnos auf dem halleschen Weinberg-Campus nieder.„Wir arbeiten mit Mittelständlern aus der Region ebenso wie mit Weltkonzernen wie BASF oder Dow zusammen. Rund ein Drittel unserer Kunden kommt aus dem Ausland“, blickt Michael Bartke auf die ersten vier Jahre zurück, „unser allerers-ter Auftraggeber war zum Beispiel eine holländische Firma.“ Mit dem Kunststoffhersteller DSM entwickelte das Fraunho-fer-Team zum Auftakt 2006 die Produktionstechnologie für ein Hochleistungsthermoplast, das im Branchenblatt „K-Zeitung“ später als erstes „neues Polymer des Millenniums“ gefeiert wurde und inzwischen in Fahrzeugen und Computern die Märkte erobert. Seit 2007 laufen im PAZ auch die Fäden des Innovationsclus-ters Polymertechnologie zusammen, in dem Unternehmen und wissenschaftliche Einrichtungen aus dem Chemiedreieck gemeinsam an neuen Materialien und Herstellungsverfahren forschen. Zu den Projekten, die im Rahmen der Initiative auf den Weg gebracht wurden, zählt auch die Entwicklung neuer Kautschuktypen auf der Basis glasbasierter Füllstoffe.

23

SACHSEN-ANHALT-MAGAZIN 01/10

Chemieindustrie

Page 24: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Uwe Ferner von der Bitterfelder Firma Trovotech zieht bei Halb-zeit bereits eine überaus positive Bilanz dieser Zusammenar-beit: „Allein die Kontakte, die wissenschaftlichen Erfahrungen und Anregungen, die wir aus der Zusammenarbeit mitnehmen, sind Gold wert.“ Das sei nicht zuletzt der interdisziplinären Zu-sammensetzung der Arbeitsgruppe zu danken, findet der For-schungsleiter des 14 Mitarbeiter zählenden Unternehmens: „Da bringt jeder seine Kompetenzen ein – die Spezialisten von Dow ihre aus der Kautschukherstellung, wir unsere aus dem Einsatz der Glaspartikel, das PAZ-Team seine aus der Verfahrenstechnik, und Arbeitsgruppen der Martin-Luther-Universität ihr Know-how zum Test der erzeugten Gummimischungen.“ Die bisheri-gen Ergebnisse machten allen Beteiligten Lust auf Mehr: „Erste Patente“, freut sich Ferner, „sind schon auf den Weg gebracht.“

Das Fraunhofer-Innovationscluster „Polymertechnologie“ Halle-Leipzig

Ziel: Regionale Kompetenzen stärken, Innovationen beschleunigenWeg: Langzeit-Kooperationen zwischen Industrie, Universitäten und ForschungsinstitutenFinanzierung: Industrie, Land Sachsen-Anhalt und Fraunhofer-Gesellschaft zu jeweils einem DrittelBudget (für das Verbundprojekt): 6 Millionen EuroProjektdauer: 4 JahreStart (des Verbundprojektes): 2007Laufende Projekte:1) Polymer-/ Nanopartikelblends2) Neue Kautschuktypen und innovative Synthese- verfahren3) Biopolymere und Naturfaserkomposite

www.innovative-polymertechnologie.de

24 Chemieindustrie

Page 25: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Das Pilotanlagenzentrum im Überblick:

Gründung: 2005Mitarbeiter: 16Betriebshaushalt: 2,3 Millionen Euro/ Jahr

ServiceangebotForschung und Entwicklung bei der Synthese und Verar-beitung von Polymeren im Pilotmaßstab

Kompetenzen1) Synthese neuer Polymere und Kunststoffprodukte2) Verfahrensentwicklung und -optimierung3) Materialanalyse und -bewertung

Ausstattung Bereich Polymersynthese:

- Sieben flexible Polymerisationslinien- Reaktorvolumina: 50 bis 1 000 Liter- Betriebsdruck: -1 bis 100 bar- Betriebstemperatur: -25 bis 330 °C- Durchsatz: 5 bis 100 kg/h

Bereich Polymerverarbeitung:- Doppelschneckenextruder für verschiedene

Granuliersysteme und Verfahren mit einem Durchsatz von bis zu 400 kg/h

- Injection Molding Compounder (ermöglicht Mi-schung und Spritzguss in einem Arbeitsschritt) mit einer Schließkraft von 1 300 t für Werkzeuge mit einem Gewicht von bis zu 29 t

- Zweikomponenten-Spritzgießmaschine mit einer Schließkraft von 200 t

Anschrift: Value Park A74, 06258 Schkopau

www.polymer-pilotanlagen.de

Sieben Fertigungslinien, die flexibel miteinander verschaltet werden können: Mit dem modernen Synthesetechnikum bieten Prof. Michael Bartke und sein 16-köpfiges Team ihren Auftraggebern erstklassige Voraussetzungen für eine erfolgrei-che Forschungsarbeit.

25

SACHSEN-ANHALT-MAGAZIN 01/10

Chemieindustrie

Page 26: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

1:0 für den Harz: Wenn am 11. Juni im südafrikanischen Johan-nesburg das erste Spiel angepfiffen wird, hat einer bereits ge-wonnen: die Hasseröder Brauerei GmbH in Wernigerode. Das 138 Jahre alte Unternehmen braut Deutschlands offizielles Bier zur FIFA Fußball-Weltmeisterschaft am Kap. Der Auer-hahn wird als Markenzeichen eingeflogen und vom Spielfel-drand lächeln. „Wir haben für alle gängigen Veranstaltungen in Deutschland, zum Beispiel Public Viewing, die Rechte er-

worben“, erklärt Verkaufsleiter Christian Neuhäuser. „Und für die ersten drei Spiele die Rechte für die Bandenwerbung in den Stadien.“ Möglich wurde dieser Coup durch die Zugehö-rigkeit zur internationalen Brauereigruppe InBev. Was für die derzeit 320 Mitarbeiter in Anbetracht der geplanten Einspa-rungen im Konzern eher Fluch sein könnte, ist für die Marke Hasse-röder geradezu ein Segen.

Gerstensaft zum Fußballfest kommt aus dem HarzHasseröder Brauerei produziert Deutschlands offizielles Bier zur Weltmeisterschaft in Südafrika

Von Nicole Bosold

Am laufenden Band: 90 000 Flaschen pro Stunde und Lkw-Transporte im Minutentakt.

26 Sponsoring

Page 27: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Mit einer nationalen Kampagne sowie einem neuen TV-Werbe-spot wollen die Brauer aus dem Harz hierzulande die Aufmerk-samkeit in der relevanten Zielgruppe erregen: Männer, vorwie-gend im mittleren Alter. Im Osten der Republik ist das schon der Fall. Hier liegt der Marktanteil des Gerstensaftes bei 14,6 Prozent. In Gesamtdeutschland ist das Pils immerhin das dritt-beliebteste Premium-Pils, Marktanteil 6,6 Prozent. Steigerungs-fähig, meinen die Marketingstrategen.

Und Männer, die Fußball gucken, trinken dazu Bier. Zudem ver-bindet Hasseröder seit Jahren geschickt Sport und Genuss. Die Brauerei gehört zu den zehn bekanntesten Sportsponsoren in Deutschland. Neben Spitzenvereinen wie Hannover 96 fördert das Unternehmen auch zahlreiche kleinere Vereine aller Leis-tungsstufen. Allein in Sachsen-Anhalt engagiert sich Hasse-röder bei mehr als 60 Vereinen.

Seit zehn Jahren wird das Pils samt Export und Radler in einer der modernsten Produktionsanlagen Europas gebraut – energie- und umweltfreundlich. „Alles wird mehrfach verwendet“, erklärt Brauereiführer Micha-el Weiß. Schmutzwasserauf-bereitung, zwei eigene Block-heizkraftwerke, alte Etiketten werden kompostiert, der Tre-ber, Rückstandsprodukt bei der Bierherstellung, wird Fut-ter für die Rinderzucht.

Michael Weiß, Meister seines Faches, jongliert gern mit be-eindruckenden Zahlen: 200 bis 220 Tonnen Malz werden täglich verarbeitet. Auf zwei Sudlinien wird gleichzeitig

gebraut, in die 65 Gär- und Lagertanks passen 4 000 Hekto-liter – das sind 800 000 Halbliter-Flaschen. Drei Wochen reift das Bier in den Tanks, bevor es filtriert wird, also die Hefe ver-schwindet. Dann ist es mindestens ein halbes Jahr lang haltbar.

90 000 Flaschen verlassen pro Stunde die 1 270 Quadratmeter große Abfüllhalle – das sind zwei Millionen Flaschen Bier pro Tag, eine Strecke von 137 Kilometern, reiht man Flasche an Fla-sche. In der Logistik werden Lkw im Minutentakt abgefertigt, 150 sind es täglich.

Mit Aktionen und Zugaben will Hasseröder in den nächsten Mo-naten seinen Absatz ankurbeln. Aktionspreise, Trikot-Verlosun-gen, Reisen zur Fußball-WM und das 2009 gestartete „Männer-Camp“ – eine Art Big-Brother-Event ohne Kameras – sollen dafür sorgen, dass Deutschland beim Mitfiebern um die Tore nur noch an eines denkt...

www.hasseroeder.de

Christian Neuhäuser, Verkaufsleiter bei InBev

Deutschland, hofft, dass die deutsche Mannschaft es ins

Finale schafft, damit das Fußballfieber den Bierdurst

anheizt.

27

SACHSEN-ANHALT-MAGAZIN 01/10

Sponsoring

Page 28: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Meine Lunge pfeift. Ich verfluche all die Zigaretten, die ich je geraucht habe. Demütigend: Der Mann, der sportlich vor mir herläuft, ist 30 Jahre älter als ich. Seine Schritte so gleichmäßig wie die Schläge eines Metronoms. Sein Puls scheint sich auf ge-mütliche 80 eingepegelt zu haben, während meiner mit flotten 180 vor sich hinrast.

Benno Schmidt ist ein Mann, mit dem niemand Schritt halten kann. Seit 20 Jahren kraxelt er fast täglich den Brocken hoch und wieder runter. So oft wie kein anderer. Das ist auch doku-mentiert – im Guinness-Buch der Rekorde: 1997, 1998 und 2000. „Einmal will ich da noch rein“, sagt der 77-jährige Schmidt. Al-lerdings kennt ihn unter seinem bürgerlichen Namen kaum jemand. Aus Benno Schmidt ist längst Brocken-Benno gewor-den: ein Aushängeschild für den Harz, fast ein Maskottchen. Der Mann mit den strammen Waden und dem fast faltenlosen Ge-sicht ist prominent, begegnet den Mächtigen und Berühmten auf Augenhöhe. Reinhold Messner und Extrembergsteiger Hans Kammerlander hat er schon getroffen, mit Sachsen-Anhalts Mi-nisterpräsidenten Wolfgang Böhmer und dem Ex-Bundespräsi-denten Roman Herzog geplaudert. Moderator Carlo von Tiede-mann war sogar Gast bei ihm zuhause. In 30 Fernsehsendungen war Benno Schmidt bis heute zu sehen. Zeitungsartikel über ihn füllen drei dicke Aktenordner.

Jetzt wandert er beherzt seinem 6 000. Gipfelsturm entgegen. Im Mai soll es soweit sein. Dann werden oben auf dem 1 142 Meter hohen Plateau wieder einige Kamerateams auf den Wan-dersmann warten. Unglücklich ist Brocken-Benno über seine Medienpräsenz nicht: „Ich bin ein Botschafter der Region. Das ist doch gut für den Tourismus.“ Und in der Tat ist der Brocken mit mehr als 1,4 Millionen „Aufsteigern“ jährlich der meistbesuchte Berg Deutschlands.

Doch ohne den Schierker Hans Steinhoff wäre vielleicht alles ganz anders gekommen. Denn er hatte gleich nach der Wende die Idee mit dem Brockenpass. Ein orangefarbiges Klappkärt-chen, nach jedem Brockenmarsch gab’s einen Stempel. Brocken-Benno zeigt stolz seinen 167. Pass. Doch die Stempel spornten auch andere an. Die Karte sollte schließlich voll werden. Schmidt ist ganz sicher: „Das hat die Wanderbewegung so richtig in Schwung gebracht.“

G2-Gipfel auf dem deutschesten aller BergeBrockenbotschafter seit 20 Jahren: Extremwanderer Benno Schmidt und Gastwirt Hans Steinhoff

Von Sabine Tacke

Ebenso wie der Rekordhalter ist Steinhoff eine lebende Harzer Legende. Er ist der 13. Brockenwirt in der Geschichte. „Meine Glückszahl“, strahlt er. Er hat sich ein kleines Imperium rund um den deutschesten aller Berge geschaffen. Drei Hotels und ein Café besitzt die Familie, drei Millionen D-Mark haben sie nach der Wende in Schierke investiert. „Und alles ohne Förder-mittel“, betont der Geschäftsmann. Ehefrau Ursel betreibt die Baude am Brockenbahnhof. Sohn Daniel ist Geschäftsführer des Brockenhotels, das die Familie gepachtet hat.

Angefangen hatte alles im Februar 1990 mit einer Gulaschka-none. Die zog Steinhoff mit seinem Trabi den verschneiten Bro-cken hoch. Nach 28 Jahren Ruhe die erste Versorgungsstation für hungrige Wanderer. Inzwischen sei er Millionär, so geht das Gerücht in Schierke. Steinhoff winkt ab. „In den ersten Jahren hab ich an den Wochenenden 3 000 Portionen Erbenssuppe verkauft, heute sind es gerade mal 300.“ Den Leuten sitze das Geld nicht mehr so locker in der Tasche. „Nur 30 Prozent der Brockenbesucher kehren bei mir ein.“ Hinzu kommen die ex-tremen Witterungsverhältnisse auf dem Berg. „Der Brocken ist das Tourismusziel Nummer Eins, wenn wir blauen Himmel ha-ben. Aber wann haben wir das schon mal.“ An 300 Tagen ist die Brockenspitze in Nebel gehüllt, an über 100 Tagen gibt es Schnee und Frost mit Temperaturen bis zu minus 28 Grad.

Das sind die Tage, an denen Hans Steinhoff um 4.30 Uhr aus den Federn muss, die Schneefräse startet und sich damit durch die Brockenstraße wühlt. Der Berg ruft. Bis spätestens 6 Uhr muss er geräumt sein. Dann wollen die Meteorologen hoch auf ihre Wetterstation. Die Steinhoffs haben den Winterdienst übernommen. Schließlich müssen die Lieferanten nach oben. In manchen Jahren muss der Wirt von Oktober bis April räumen, oft mehrmals am Tag.

Ob er Brocken-Benno kennt? „Aber natürlich, schon seit mehr als 30 Jahren.“ Schmidt war damals im Handel beschäftigt, Steinhoff im Ferienhotel der DDR-Gewerkschaft FDGB, was Freier Deutscher Gewerkschaftsbund heißt: „Benno ist unser bester Werbeträger.“ Beide sind seit 20 Jahren mit Leidenschaft und Engagement im Dienste des Brockens unterwegs. Der eine bringt die Touristen in die Natur, der andere versorgt sie an-schließend. Eine perfekte Symbiose.

28 Tourismus

Page 29: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

29

SACHSEN-ANHALT-MAGAZIN 01/10

Tourismus

Page 30: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Und mit dem Tourismus im Harz geht’s immer weiter bergauf. Natürlich nicht nur wegen der beiden Brocken-Legenden. „Seit der Wende sind in Schierke und Wernigerode viele neue Hotels und Pensionen entstanden, alte FDBG-Heime wurden saniert. Neu ist auch der Hasseröder Ferienpark mit fast 700 Betten, Erlebnisbad, Spielewelt und Wellness- sowie Freizeitanla-gen“, berichtet die Geschäftsführerin der Wernigerode Touris-mus GmbH Erdmute Clemens. Wer nicht wandern will, kann sich in Wernigerode zum Beispiel den Miniaturpark „Kleiner Harz“ anschauen, altes Schmiedehandwerk in der Krellschen Schmiede erleben oder das Schloss Wernigerode besuchen. Schierke setzt voll auf Sport, hat ein sehr gut ausgebautes, rund 40 Kilometer langes Loipennetz und eine Sommer-rodelbahn. Die Harzreisenden kommen in Scharen. Allein in Schierke haben sich die Gästezahlen seit 1992 fast verdoppelt, wuchsen von 38 492 auf 70 652 an. In Benno Schmidts Hei-matstadt Wernigerode sind die Übernachtungen von 197 050 im Jahr 1993 auf 741 907 gestiegen.

Viele Touristen hat Brocken-Benno mit seiner Leidenschaft für den Berg schon angesteckt. „Sie sprechen mich an, wol-len ein Foto mit mir und ein Autogramm.“ 4 000 davon verteilt er jährlich. Als geschulter Wanderführer gibt der Wernigeröder den Gästen auch wertvolle Tipps mit auf den Weg. Zum Beispiel, dass der Aufstieg durchs Eckerloch nicht ganz ungefährlich ist: „Hier liegen allerhand lose Steine und Geröll.“ Oder dass es die beste Sicht beim Auf-stieg von Torfhaus aus gibt, beim Abstieg in Richtung Bad Harzburg.

Rauf und runter: Während Hans Steinhoff die Straße in Richtung Brocken freischiebt, ist Brocken-Benno bereits wieder auf dem Weg nach Hause.

30 Tourismus

Page 31: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Spielt das Wetter mal wieder verrückt, schickt Benno die Ur-lauber lieber ins Brockenmuseum auf eine Reise durch die Vielfalt und Magie des Berges. Für den Rekordhalter spielen Schnee, Regen und Kälte dagegen keine Rolle. „Manchmal, wenn es in Strömen regnet, hab ich auch keine Lust. Aber dann geb‘ ich mir einen Ruck und laufe doch los. Ich bin nun mal kein Schönwetter-Wanderer.“

Dazu hat er den Brocken viel zu lange entbehren müssen. „Am 13. August 1961 saß ich gerade im Zug, wollte Heidel-beeren sammeln gehen. Da hörte ich die Durchsage, dass der Zug nicht mehr auf den Brocken fährt.“ Die Grenze war dicht. Er konnte es kaum glauben. 28 Jahre lang durfte er seinen Berg nur sehnsüchtig vom Dachfenster aus anschau-en, der Weg hinauf war versperrt. „Was ich in dieser Zeit ver-säumt habe, musste ich doch nachholen.“

Am 3. Dezember 1989 öffnet sich das Tor zum Brocken, und Schmidt fing an zu laufen. Durchschnittlich 333 Mal im Jahr, anderthalb bis zwei Stunden rauf, ein und eine Viertelstunde wieder runter, je nach Route zwölf bis 15 Kilometer und 500 Hö-henmeter. Bei Wind und Wetter. Aber wer weiß, vielleicht hat ihm seine Hartnäckigkeit und leise Verrücktheit sogar das Leben ge-rettet. 2009 sauste ein Schicksalsschlag auf ihn nieder, brachte seinen Lebensrhythmus ins Wanken. Ein Arzt stellte Krebs bei ihm fest. Schmidt musste sofort unters Messer. Keine ungefährliche Operation bei einem 77-Jährigen. Doch er brauchte weder Che-motherapie noch Bestrahlung. „Meine Werte sind wie die eines jungen Mannes.“ Sieben Woche nach der OP stiefelte er schon wie-der auf seinen geliebten Brocken. So als wäre nichts geschehen.

Die Einzige, die ihren Benno vom Brocken fernhalten kann, ist Ehefrau Helga. Aber das auch nur einmal im Jahr, zur Urlaubs-zeit. „Naja, anfangs musste sie mich schon überreden. Aber

schließlich war ich doch neugierig auf die Welt. Bloß an die See wollte ich nicht. Da waren wir doch zu DDR-Zeiten schon immer.“ Wo geht’s also hin? Natürlich in die Berge: in die österreichischen und Schweizer Alpen oder in die Dolomiten. Doch schon vor der Rückfahrt wird er ganz kribbelig vor Sehnsucht nach seinem Brocken.

„Das ist eben mein Berg. Ich bin mit ihm aufge-wachsen. Als ich am 3. Dezember 1990 den Brocken zum ersten Mal wieder unter meinen Füßen hatte, war das ein einmaliges Glücksgefühl. Das werd‘ ich nie vergessen.“ Deshalb hat er sich 1994 dafür stark gemacht, dass an der Stelle des ehemaligen Grenz-tores ein Gedenkstein aufgestellt wird. Und er hat den Harzer Grenzweg initiiert.

Hans Steinhoff nennt den Brocken Schicksalsberg. „Wir hatten ihn so dicht vor Augen und konnten doch niemals hoch.“ Manchmal sitzen die beiden bei Ursel Steinhoff in der Brockenbaude zusammen und erzählen sich Geschichten – von damals, von heute und was vielleicht noch werden kann. Dann geneh-migt sich sogar Brocken-Benno mal ein Schnäpschen – natürlich Schierker Feuerstein, was sonst!

www.brocken-benno.de

www.brockenwirt.de

www.wernigerode-tourismus.de

31

SACHSEN-ANHALT-MAGAZIN 01/10

Tourismus

Page 32: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

www.starker-nahverkehr.de

Jetzt einsteigen!Gut unterwegs mit Bahn und Bus in Sachsen-Anhalt. www.starker-nahverkehr.de

Page 33: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

„Das sind meine Algenreaktoren“, sagt Carola Griehl und breitet die Arme weit aus, öffnet mit der Geste ihr grünes Reich und zieht die Besucher sofort in den Bann ihrer gläsernen Säulen, Ballone und Rohre. In den Behältern sprudeln, blubbern, fließen Flüssigkeiten in sämtlichen Grün-Schattierungen. Die Augen der Laborleiterin sprühen vor Begeisterung. Frau Professor Dr. „Alge“ ist sie kürzlich scherzhaft genannt worden. Der Anlass war ein feierlicher: Carola Griehl, Algenbiotechnologin an der Hochschule Anhalt in Köthen, wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zu einer von vier Botschaftern des Wissenschaftsjahres 2010 ernannt. „Wenn es in diesem Jahr thematisch um die Zukunft der Energie geht, dann sind Algen als Wertstoffproduzenten und Energieträger von riesigem In-teresse“, sagt sie – und legt Temperament in diesen Satz: „For-schung muss mit Leidenschaft zu tun haben.“

Die Forscherin von der Köthener Hochschule lebt diese Über-zeugung. Seit rund zehn Jahren gilt ihre Leidenschaft den Algen – neben der zu ihrem Mann natürlich. Aber der ist als Bauinge-nieur viel unterwegs, hat sich mit den „grünen Nebenbuhlern“ arrangiert und auch damit, dass seine Frau ihr Forschungsthe-ma nach Feierabend nicht einfach auf dem Schreibtisch ablegt. Sie nimmt es mit nach Hause und mit in die Freizeit. Und wa-rum sollte Professor Dr. Alge gerade im Urlaub von ihrer (Vor)Liebe lassen – seit Jahren schon geht’s an die Nordsee. In ihrem Denken und Tun sind die äußerlich eher wenig attraktiven Grün-gewächse stets präsent. Die Familie nimmt es nicht übel. Der zwölfjährige Christoph will, wie die Mutter, Algenforscher wer-den und der 18-jährige Philipp als Lehrer quasi in Mutters Fuß-stapfen treten. Im Vermitteln von „Botschaften“ ist Carola Griehl erfolgreich. Mittlerweile sind etliche Mitschüler der Jungs ganz heiß auf chemische Experimente.

Offene Liebschaft mit glitschig-grünen AlgenProf. Dr. Carola Griehl von der Hochschule Köthen ist Energie-Botschafterin des Wissenschaftsjahres 2010

Von Kirsten Hoffmann

In gläsernen Säulen

und Rohren spru-

deln Flüssigkeiten

in sämtlichen Grün-

Schattierungen.

Im „grünen Labor“

des Centers of Life

Sciences an der

Hochschule Anhalt

in Köthen werden

Algenkulturen zu

Forschungszwecken

gezüchtet.

33

SACHSEN-ANHALT-MAGAZIN 01/10

Forschung

Page 34: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Die Tür in die spannende Welt der Naturwissenschaften müs-se schon in der Grundschule aufgeschlossen werden, sagt die Wissenschaftlerin-Mutter-Elternsprecherin. Weil die Schule allein das wortwörtliche „Anfassen“, das „mit den Fingern rein greifen“ nicht leisten könne, findet Carola Griehl solche Schü-lerprojekte wie „Chemie zum Anfassen“ toll. Seit Jahren schon leiste hier die Hochschule Merseburg erfolgreiche Nachwuchs-arbeit – in Kooperation mit dem Dow Olefinverbund und der To-tal Mitteldeutschland Raffinerie, sagt sie. Das Engagement der Industrie – auch finanziell – sei unerlässlich. Darum versteht sie sich in ihrer Botschafterin-Funktion auch als Vermittlerin zwi-schen Schule, Hochschule und der Wirtschaft.

Vor etwa zehn Jahren, als die Wissenschaftlerin bei biotechnolo-gischen Firmen „die Klinken putzte“, um in der Wirtschaft Part-ner zu finden für die angewandte Forschung, rümpften viele noch die Nase ob der „ekligen“ Algen. Heute kann sie sich vor Anfragen kaum retten. „Der Vorteil der Algen ist nicht nur, dass sie klimaschädliches Kohlendioxid als Nahrung auch aus Kraft-werksabgasen aufnehmen und daraus Biomasse aufbauen, die man zu Biodiesel oder anderen Energieträgern umwandeln kann. Mikroalgen wachsen zudem auch noch schneller als an-dere Energiepflanzen und bilden dabei wichtige Fette, Proteine und Kohlenhydrate“, kommt Carola Griehl geradezu ins Schwär-men. Sie brennt darauf, den Algen Wirkstoffe gegen Bakterien und Viren, gegen Krankheiten wie Krebs und Alzheimer zu ent-locken. Und sie weiß: Es stecken noch viele Geheimnisse in den grünen Zellen. Die Zelle „knacken“, das ist ihr Stichwort. Äußerst spannend findet sie die immer wieder neue Suche nach dem Code für eines der vielen Schlösser des grünen Tresors. Aus die-ser Spannung zapft sie ihre Energie.

Das Geheimnis also löst den Drang zum Forschen aus. Aller-dings kann sich Carola Griehl nicht erinnern, dass dieser Drang sie schon im Chemie-Unterricht beherrscht hätte. Nach dem Abi wusste die gebürtige Dessauerin erst gar nicht, welchen beruf-lichen Weg sie gehen wollte. Ein Jahr der Findung war damals, in den 1970er DDR-Jahren, eher unüblich. Die Erfahrungen aber, die sie als Praktikantin auf der Frühgeburten-Station im Dessauer Krankenhaus machte, waren ihr ein wichtiges Rüstzeug für den Weg ins Leben. „Zu entscheiden lernen, sich selbst zu organisie-ren, Verantwortung zu übernehmen...“, Carola Griehl sieht an ihren Studenten, wie schwer es jene haben, die noch nicht mit diesen Kompetenzen ausgestattet sind. Seit 1997 ist sie Profes-sorin für Biochemie an der Hochschule Anhalt.

Die Tür ins Krankenhauslabor, in das sie als junge Schwestern-helferin Blutproben brachte, eröffnete ihr damals den Einblick in

eine Berufswelt, in der sie ihren künftigen Platz sah. 1978 begann sie ihr Chemiestu-dium an der Martin-Luther-Universität Halle, promovierte 1987 mit Auszeich-nung. Sehr genau kann sich die Profes-sorin an die erschwerenden Umstände ihrer Arbeit erinnern. Sie hatte an der Uni keine Stelle als wissenschaftliche Assis-tentin bekommen, weil sie den Kontakt zur „West“-Tante nicht aufgeben wollte. „Diese Tante hatte mich mein ganzes Studium lang mit Fachliteratur versorgt. Die zu lesen, verlangten die Professoren von uns, aber eines der raren Bibliotheks-exemplare zu ergattern, war so gut wie aussichtslos“, beschreibt sie einen schizo-phrenen Auswuchs der mangelwirtschaf-tenden DDR. Sie machte sich auf die Suche nach einer Praxisaspirantur. Und fand im Volkseige-nen Betrieb VEB Berlin-Chemie einen, der nicht so genau hinsah bei der Westver-wandtschaft.

Im Büro der Wissenschaftlerin hängen gerahmte Aufnahmen vom Meer, das mit seinen blauen Zungen am Strand von Am-rum leckt. Carola Griehl mag ihre Urlaubsinsel wegen der Ruhe. Selbstredend auch wegen der Algen, die das Meer mitbringt und hier achtlos liegen lässt. Dem gemeinen Urlauber „stinken“ die modrigen Fußschlingen ziemlich unappetitlich in der Nase. Die Wissenschaftlerin aber ist fasziniert von dem Seetang: „Als erste Organismen spalteten die Algen das Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff, ermöglichten somit heterotrophes Leben auf dem Land.“ Den Ursprung allen irdischen Lebens also zupft der Badegast mit spitzen Fingern von seiner Haut. Die Professorin findet, dass dieses Urgewächs sehr zu Unrecht von der Wissen-schaft lange unbeachtet blieb.

Schnell hat sie Blatt und Stift zur Hand, zeichnet zur besseren Anschauung den Verwertungskreislauf von Algen auf, betont

Mit Leidenschaft „knackt“ Prof. Dr. Carola Griehl die grünen Zellen, entlockt ihnen

Wirkstoffe gegen Bakterien und Viren, gegen Krankheiten wie Krebs und Alzhei-mer. Aber auch als Energieträger gewin-nen Algen immer mehr an Bedeutung.

34 Forschung

Page 35: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

den Unterschied zwischen den Makroalgen im Meer und den mikroskopisch kleinen Mikroalgen in Seen oder Flüssen. Erste-re nämlich ließen sich schwer züchten. Bislang jedenfalls. „Den Organismus überlisten“ ist ein Motto, das die Forscherin oft im Munde und ebenso oft zum Erfolg führt. Ihrem Labor ist es als erstem bundesweit gelungen, die Meeresalge auf eine Zelle zu-rück zu führen und damit kultivierbar zu machen. Die Forscher sind damit unabhängig von der Ernte im Meer oder in den Al-genfarmen an der Küste.

Der Feierabend zieht ein ins Algenlabor. Künstliche Sonnen scheinen jetzt nur für die Zuchtkulturen. Im bewegten Wasser wird ihnen Meerlust vorgegaukelt. Auf die Laborleiterin wartet noch Büroarbeit – gut sortiert in übereinander gestapelten Ab-lagen. Längs über den Tisch hat Carola Griehl eine Wäscheleine gespannt, beschriebene und bedruckte Blätter daran aufge-

hängt. „Damit ich die wichtigen Dinge immer im Blick behalte“, verrät sie augenzwinkernd. Im aufmerksamen Blick hat sie auch die eingehenden E-Mails – solche, wie die Einladung einer Grundschule in Friedland an die Energie-Botschafterin. Da fährt sie natürlich hin, um sich mit den Mädchen und Jungen über den Energiemix der Zukunft zu unterhalten.Dann sind da auch Mails aus der Industrie, die wollen die er-folgreiche Wissenschaftlerin für sich gewinnen. „Meine Algen-projekte, meine Ideen immer zu verwirklichen, ist nicht leicht. Aber meistens gelingt es“, blickt die Hochschulprofessorin auf erfüllte Jahre des Experimentierens und Entdeckens. Und diese Freiheit ihres Forschergeistes weiß sie hoch zu schätzen.

www.hs-anhalt.de

www.zukunft-der-energie.de

35

SACHSEN-ANHALT-MAGAZIN 01/10

Forschung

Page 36: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

In Falkenberg bei Seehausen in der Altmark zählt jeder Tropfen, der im Boden versickert. Wissenschaftler haben tief unter den Wurzeln von Gras und Getreide einen Tunnel bauen lassen, um dem Grundwasser ganz nahe zu sein.In der so genannten Lysimeterstation des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung – UFZ untersuchen sie, wie sich die Be-wirtschaftung einer Fläche auf das wertvolle Nass im Boden auswirkt. Welche Unterschiede gibt es bei Sand, Lehm oder Löß? Auf einem Messfeld in der Altmärkischen Wische wurden dafür Dutzende kleine Versuchsflächen mit unterschiedlichen Kultu-ren und Böden angelegt. Im Tunnel darunter fangen Techniker das Sickerwasser tropfenweise auf, damit es gewogen und im Labor analysiert werden kann. Die Experten machen damit bis-lang im Verborgenen ablaufende Transportprozesse sichtbar.Beeinträchtigt die landwirtschaftliche Düngung das Grundwas-ser? Wie wirkt die von Bauern ausgebrachte Gülle auf den Boden und das Grundwasser? Wie verändert der verstärkte Anbau von Mais das ökologische Gleichgewicht? In welchem Umfang spült Hochwasser Schadstoffe frei? Mit der Beantwortung solcher Fra-gen leistet das Team um Professor Ralph Meißner Pionierarbeit für einen nachhaltigen Umgang mit dem Wasser als Quell allen Lebens. Die Falkenberger Lysimeterstation mit dem Tunnelgang aus Be-ton wurde schon zu DDR-Zeiten angelegt. „Wir haben unsere Forschungen nun darauf konzentriert, das Verfahren auch für andere Standorte nutzbar zu machen“, berichtet der Experte für den Landschaftswasserhaushalt, der auch an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg lehrt. Entstanden sind in Gemeinschaftsarbeit mit der UGT – Umwelt-Geräte-Technik GmbH in Müncheberg mobile Stationen, die inzwischen euro-paweit für die Erfassung von Wasser- und Stofftransportprozes-sen in Böden eingesetzt werden.

Die Wissenschaftler versenken dabei einen aus dem jeweiligen Erdboden geschnittenen tonnenschweren Brocken in einer Spe-zialhülle. Zusammen mit Wäge- und Messtechnik bietet dieser „eingesperrte“ Originalboden dann beste Möglichkeiten, die Veränderungen im Sickerwasser unter naturnahen Bedingun-gen zu studieren. Bei einem Erdblock von fünf Tonnen können die Forscher beispielsweise bis auf 20 Gramm genau wiegen, wie viel Tau sich an der Oberfläche gebildet hat.

Inzwischen wurde in der Schweiz eine der größten Lysimeteran-lagen Europas gebaut, deren Prototypen in der Altmark stehen. Bislang sind auf dem Kontinent mehr als 300 Lysimeter nach altmärkischem Vorbild im Einsatz.

Entsprechend sind die Kenntnisse des 57-jährigen Wissenschaft-lers aus Sachsen-Anhalt im In- und Ausland gefragt. Ralph Meiß-ner wirkte beispielsweise an einem internationalen Projekt in Israel mit, um den See Genezareth zu sanieren. Dort hatte die Phosphorkonzentration im Wasser beängstigende Werte erreicht. Mit Lysimetern wird nun in einem israelischen Niedermoorgebiet ermittelt, was den von dort gespeisten See aus dem Gleichgewicht gebracht hat. „Eine wichtige Erkenntnis war es, dass ausgetrocknete Moore auf keinen Fall mit einer raschen Flutung repariert werden können“, sagt der Wissenschaftler. Dabei würden nur noch zusätzliche Schadstoffe in die umliegenden Gewässer gespült. Die Renaturie-rung des Moores müsse äußerst vorsichtig über einen Zeitraum von Jahrzehnten angelegt werden. Die Falkenberger sind auch in das deutsch-russische Projekt „Wol-ga-Rhein“ einbezogen. Dort wird untersucht, welche Folgen der Strukturwandel in der Landwirtschaft für große Fluss- und Seen-landschaften hat. Erstmals wird mit der Lysimetertechnik messbar, in welchem Maße Phosphor und andere Nährstoffe durch Erosion in das Wasser gelangen.

Die jüngste Herausforderung für den Experten des Helmholz-Zentrums für Umweltforschung kam aus China. Das Reich der Mit-te muss sich dringend um die Wasserversorgung der Mega-City Peking kümmern. Mit dem Know-how aus der Altmark soll nun untersucht werden, woher die Belastung des Wasserreservoirs in einer riesigen Talsperre stammt und wie das Wasser geschützt werden kann. Denn: Jeder Tropfen zählt.

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH – UFZDepartment Bodenphysik, Lysimeterstation Falkenberg Dorfstraße 55 , 39615 Falkenberg, Tel.: 0391 / 810 97 7 www.ufz.de

Die Tropfenfänger in der WischeWarum Wissenschafter im altmärkischen Dörfchen Falkenberg in den Untergrund gehen

Von Andreas Müller

36 Wissenschaft

Page 37: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit 28 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 16 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 2,8 Milliarden Euro die größte Wis-senschaftsorganisation Deutschlands.

Das Helmholtz-Zentrum für Umweltfor-schung wurde 1991 unter dem Namen UFZ-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH gegründet. Es beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle/Saale und Mag-deburg knapp 900 Mitarbeiter. Das Institut erforscht die komplexen Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt insbesondere in Ballungsräumen und naturnahen Land-schaften. Die Wissenschaftler entwickeln Konzepte und Verfahren, die helfen sollen, die natürlichen Lebensgrundlagen für nach-folgende Generationen zu sichern.

Lysimeter sind Experimentieranlagen zur Erfassung von Transportprozessen im Boden unter weitgehend naturnahen Bedingungen.

Pflanzen, Böden und Computer. Ver-suchstechniker Robert Lüdtke liest in Falkenberg in der Altmärkischen Wische die Messdaten eines Lysimeters aus. Das Gerät erfasst unter Laborbedingungen Transportprozesse, wie sie sich in der Natur zutragen.

37

SACHSEN-ANHALT-MAGAZIN 01/10

Wissenschaft

Page 38: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Auch zwischen Zeitz und Arendsee hat die Medaille zwei Seiten: Einerseits ist Sachsen-Anhalt so mobil wie nie zuvor. Rund 1,18 Millionen Pkw rollen heu-te durchs Land. Statistisch gesehen ist damit jeder zweite Sachsen-Anhalter stolzer Autobesitzer. Anderseits schwächt die rasant gewachsene Motorisie-rung den öffentlichen Personennahverkehr. Und das trifft besonders ältere Menschen auf dem Land. Für sie ist der Linienbus oft die einzige Chance, mal Stadtluft zu schnuppern. In vielen ländlichen Gegenden aber rollen meist nur Schulbusse frühmorgens in die Stadt und nachmittags wieder zurück. Mit dem Modellprojekt „Einkaufsbus“ will das Land jetzt gegensteuern und die Lebensqualität in kleinen Landgemeinden verbessern.

Im Dezember vergangenen Jahres startete das Vorhaben zunächst mit drei Linien in der Region Jessen. Die Busse kommen zweimal in der Woche, nehmen jeweils dienstags und freitags die Bewohner aus 39 Dörfern mit in die Stadt. Der Freitag ist praktisch für den Wochenendeinkauf, dienstags haben die Behörden bis 16 Uhr geöffnet. Hinter der Projektbezeichnung „Einkaufsbus“ verbirgt sich also weitaus mehr als nur die Fahrt in den nächsten Supermarkt.

Für den 62-jährigen Peter Boy aus Seyda kommt das Angebot gera-de zur rechten Zeit. Zwar fährt der rüstige Vorruheständler die zwölf Kilometer nach Jessen für gewöhnlich mit dem Fahrrad. „Doch an dem Tag, als der Einkaufsbus zum ersten Mal bei uns angehalten hat, regnete es in Strömen. Da bin ich einfach eingestiegen“, erzählt er. Und inzwischen ist dieses zusätzliche Nahverkehrsangebot, das sich speziell an ältere und mobilitätseingeschränkte Bürger wendet, für ihn „eine feste Plangröße.“

„Ich fahre jeden Dienstag und Freitag“, erzählt er. Dann inspiziert er sorgfältig die vier Supermärkte in der Innenstadt von Jessen, schaut dabei auch nach Schnäppchen. Denn die gibt es im kleinen Tante-Emma-Laden seines Heimatdorfes nur höchst selten.

Beim ersten Mal stand der Frührentner noch ziemlich allein an der Haltestelle. Inzwischen aber haben auch andere Dorfbewohner die Vorzüge des Einkaufsbusses für sich entdeckt.

Das Modellvorhaben ist zunächst auf zwei Jahre angelegt, wird vom Land jährlich mit 50 000 Euro gefördert. Zwar verkehren in der Region seit August 2000 auch Rufbusse, die telefonisch vorbestellt werden können. „Der Einkaufsbus ist aber eine Verbesserung für die-jenigen, die ein festes Angebot vorziehen“, fasst Busunternehmer Wolfdietrich Vetter seine Eindrücke aus den Gesprächen mit Fahr-gästen zusammen.

Auch wenn das Projekt noch in den Kinderschuhen steckt, zeichnen sich schon jetzt Gestaltungsmöglichkeiten ab. In der Region Jessen zum Beispiel hat sich bereits nach dreimonatiger Testphase gezeigt, dass es sinnvoll ist, künftig weitere vier Ortschaften anzusteuern. Und in anderen ländli-chen Gegenden ist das Interesse groß, das „Einkaufsbus“-Modell auch in der eigenen Heimatregion zu erproben.

www.mlv.sachsen-anhalt.de

www.nasa-netz.de

www.vetter-bus.de

Neue Wege übers Land„Einkaufsbus“ soll Lebensqualität älterer Menschen in der dünn besiedelten Region Jessen verbessern

Von Sabine Tacke

Vorruheständler Peter Boy: Mit dem „Einkaufsbus“ zur Schnäppchenjagd nach Jessen.

38 Nahverkehr

Page 39: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin
Page 40: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Neuankömmlinge ziehen ihre Rollkoffer durch die Hotelhalle, An-zugträger zeigen mit ihren Aktentaschen Wichtigkeit. Der dicke Teppichboden dämpft die Geräusche. Das Maritim-Hotel Magde-burg ist das „erste Haus am Platze“, wenn es um Geschäftsreisen geht. Mittendrin sitzt Tim in einem schweren Club-Sessel – und lässt über dem karierten Hemdkragen kein bisschen Unbeha-gen erkennen. Sicheres Auftreten hat der 18-jährige Abiturient aus dem Käthe-Kollwitz-Gymnasium in Halberstadt gelernt. Tim Wappenhans gehört zu den 45 Schülerinnen und Schülern aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, die 2009 eine „Elite-förderung“ genießen durften. „Jugend Aktiv Mitteldeutschland“, kurz „ja.m“ heißt der Verein, der leistungswilligen jungen Men-schen ein ideelles Rüstzeug mitgibt für den Weg in führende Po-sitionen ihres künftigen Berufslebens. Was überhaupt bedeutet „Elite“? Tim lächelt in sich hinein. „Ich konnte viele Erfahrungen und Einsichten sammeln, die ich jetzt meinen Mitschülern voraus habe“, sagt er mit sympathischer Be-scheidenheit. Tims Blick wandert zu seinem Tischnachbarn, der für ihn wohl zur „Elite“ gehört. Dr. Helge Fänger ist Vorstandsvor-sitzender der Serumwerk Bernburg AG, war schon vor 1990 dort Betriebsdirektor und leitet heute eines der führenden Unterneh-men in der Produktion von Arzneimitteln für die Human- und Ve-terinärmedizin. Seit kurzem hat Fänger ein Ehrenamt mehr: Er ist der neue Vor-sitzende des Elitefördervereins, zu dessen Hauptsponsoren das Serumwerk gehört. „Elite,“ sagt der Vorstandschef, „das sind die Führungskräfte von morgen. Das sind die Menschen, die befähigt sind, mehr zu können, und die auch mehr tun wollen als das Alltägliche – deren Verhalten geprägt ist durch Huma-nität, Toleranz und Verantwortung.“ Ja.m verzichtet auf staatliche Förderung, um unabhängig zu sein. „Wir, das heißt die Wirtschaft selbst, muss in die Bildung ihres Führungskräftenachwuchses investieren“, betont Helge Fänger, was längst nicht in jedem Konzern als selbstverständ-lich gilt. „Wir Unternehmer sind auch dem Allgemeinwohl ver-pflichtet, tragen Verantwortung für die Gesamtgesellschaft.“ Fänger spricht von Selbstsucht, von Managerverfehlungen, durch die das Wertegerüst einer gerechten Wirtschaftsord-nung zerstört worden sei. Das müsse wieder aufgebaut wer-den. Aus diesem Grunde nehmen „Schlüsselkompetenzen für das Leben“ einen breiten Raum ein in dem Seminarangebot, das ja.m den jungen Leuten unterbreitet.

Tim spricht beeindruckt von seinen Begegnungen mit Men-schen, die Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Fairness zu ihrer Lebensmaxime gemacht haben. Der Abiturient hat erfah-ren: „Solche Werte lassen sich durchaus mit geschäftlichem Erfolg, mit Gewinnstreben vereinbaren.“ Ja.m wendet sich jedes Jahr an weiterführende Schulen mit besonders guten Abiturergebnissen, die von den Kultusmi-nisterien der mitteldeutschen Länder empfohlen werden. Die Schulleiter können dem Verein im Durchschnitt vier för-derwürdige Mädchen und Jungen aus dem Abiturjahrgang vorschlagen. Hatte es mit Glück zu tun, dass Tim ausgewählt wurde? „Im Gegenteil. Die Schüler, denen die Eliteförderung zukommt, zeichnen sich durch sehr gute Leistungen und soziale Kompetenzen aus“, sagt Helge Fänger. „Wir suchen nach jungen Menschen, die ihre Begabungen und Fähigkei-ten für das Gemeinwohl einsetzen, ohne nach dem eigenen Vorteil zu fragen.“

Zustimmend nickt Lutz Rätz, Geschäftsführer einer Mag-deburger Fachakademie für Informationstechnologien und neue Medien: Nicht jede Stunde Arbeit, die man der Ge-sellschaft zur Verfügung stellt, müsse „Kohle“ bringen, ist seine Einstellung. Hinter Rendite und Gewinn stecke nach landläufiger Meinung immer knallharte Kalkulation. Hier sei ein Umdenken angesagt: „Moralische Werte, Toleranz und Empathie könnten sich auch in der Wirtschaft entfal-ten,“ sagt Rätz und meint: „Ohne soziale Kompetenz der Führungscrew wird ein Unternehmen in Zukunft nicht be-stehen können.“ Die Akademie, deren breites Weiterbildungsangebot Job-chancen verbessern will, ist ebenfalls Partner von „Jugend Aktiv Mitteldeutschland“. Jede ehrenamtliche Minute, die Lutz Rätz damit verbringt, Kontakte für Praktika in der Wirt-schaft anzubahnen, wieder einen Knoten mehr ins Netz-werk für die Eliteförderung zu knüpfen, verbucht er als Gewinn. „Doch nur, wenn wir den Abiturienten die Leucht-türme der Wirtschaft zeigen, sie auf die wissenschaftlichen Leistungen in dieser Region aufmerksam machen, vermit-teln wir ihnen eine Ahnung, dass es sich lohnt, hier zu blei-ben. Aber auch, wenn sie am Ende gar ins Ausland gehen, im besten Falle mit wertvollen Erfahrungen und hoch mo-tiviert zurückkehren, verbuchen wir das als Erfolg.“

Fester Stand für die Leiter nach obenSponsoren aus der Wirtschaft unterstützen Eliteförderung für junge Menschen

Von Kirsten Hoffmann

40 Bildung

Page 41: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

„Wer die Wirtschaft hinter sich hat, hat die Zukunft vor sich“, das war schon vor gut zehn Jahren Christine Schönefelds Motto. Als Schulleiterin des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums in Halberstadt (heute nicht wirklich im Ruhestand, weil unter anderem Schatzmeisterin und Koordinatorin von ja.m) ver-folgte sie die ehrgeizige Vision, Absolventen für leitende Posi-tionen in führenden Unternehmen der Region zu befähigen. 1997 hob sie das Projekt „Gymnasium-Wirtschaft“ aus der Tau-fe. Klopfte bei Unternehmen in Stadt und Umgebung an, um ihren Schülern Praktika in den Leitungsetagen zu ermöglichen. Damals bedurfte das noch einer Genehmigung durch das Kul-tusministerium, heute ist das Fach Wirtschaft fest in der Stun-dentafel verankert. „Wenn die jungen Menschen die Strukturen der Wirtschaft kennen, haben sie ein höheres Allgemeinwissen und können auch gesellschaftliche Verhältnisse besser durchschauen“, sagt die Pädagogin. Sie hat sich für den Verein zum Coach ausbilden lassen. Das Coaching ist für die jungen Leute eine Art Lebens-beratung, die (sich) kaum ein Elternhaus leisten kann: Auflis-tung von Begabungen, Neigungen und Fertigkeiten sowie Ana-lyse und Beratung, welche davon zum Beruf gemacht werden...

„Solch ein Gespräch an der Schwelle zwischen Schule und Berufsleben ist super hilfreich“, weiß Tim jetzt. Zwischen Journalismus, Geschichte oder Soziologie konnte er sich lange nicht entscheiden und bereitete sich in spannender Erwartung auf das 90-minütige Gespräch vor. Notierte neben den in Frage kommenden Studienrichtungen auch seine Interessen für Englisch, Italienisch und Latein, ebenso seine musikalischen Begabungen: „Ich singe, spiele Klavier und Gitarre“, Tim errötet leicht. Seine Vielseitigkeiten auf-zuzählen, ist ihm etwas peinlich.Verblüfft war er über die interessanten Anregungen, die Ver-knüpfungsmöglichkeiten, die ihm während des Gesprächs aufgezeigt wurden. Tim hat sich für ein Soziologiestudium entschlossen. Doch vorher will er ein Jahr durch Australi-en jobben, um sein Englisch aufzubessern. Vor allem aber möchte er eine für ihn wichtige Erfahrung machen: Er will körperlich arbeiten. „Ich will wissen,“ sagt er, „wie schwer es sein kann, das tägliche Brot zu verdienen.“ Wenn Menschen wie Tim in die „weite Welt“ hinaus ziehen, über nationale und kulturelle Grenzen hinweg Menschen begegnen, „werden sie mehr und mehr global gültige Wer-tevorstellungen prägen“, schaut Unternehmer Helge Fän-ger in die Zukunft.

Unterdessen hält die „weite Welt“ Einzug ins Hotel – mit Rollkoffern und gewichtigen Aktentaschen. Teilnehmer ei-ner internationalen Konferenz checken ein.

41

SACHSEN-ANHALT-MAGAZIN 01/10

Bildung

Page 42: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Es liegt Schnee dieser Tage in der Altmark. Viel Schnee auf viel flachem Land, der zusammengeschoben unerwartet hohe Berge in die Landschaft formt. Viel Schnee auch auf zwei großen, roten Buchstaben, einem O und einem N am ersten Gebäude links der Stendaler Benzstraße. Bernd Zorn lacht herzlich über die Frage, ob zum Namen ZORN nicht eigentlich vier Buchstaben gehören? „Der Frost hat die Farbe zum Abblättern gebracht. Das Z und das R sind seit heute morgen zur Reparatur“, sagt der gebürtige Stendaler, den man sich ohne den ans Berlinerische erinnernden Jargon nicht vorzustellen vermag. In seinem Büro gibt es heißen schwarzen Kaffee – und viel zu sehen: Segelschiffe, als Modell und in Bildern an den Wänden, einen großen Globus, ein Porträt von ihm in Öl. Alles erinnert eher an einen Reeder als an den Chef eines Produktionsbetriebes. Da passt auch der dunkelblaue An-zug, mit dem er gegenüber am langen Besprechungstisch Platz genommen hat: Bernd Zorn, Inhaber der Firma Zorn Instruments, einem Unternehmen mit Weltruf aus dem Altmärkischen, mit einer 140 Jahre währenden Tradition und Sitz in der Hansestadt Stendal, hat Sinn fürs Maritime, zwar weit weg von Meer und See, dafür nahe der Elbe.

Gummi- und Metallhärteprüfer, Papierprüfgeräte, Pendelschlag-werke – 23 verschiedene Prüfgeräte für noch einmal so viele ver-schiedene Einsatzgebiete im Erd-, Straßen- und Gleisbau gehören zum Profil des Unternehmens ebenso wie feinste Medizintech-nik, sprich Instrumente für die hochmoderne Endoprothetik. Das Wort „Präzision“ schiebt sich wie eine Brille vor alle diese Produkte von zwei so unterschiedlichen Geschäftsfeldern, auf denen Bernd Zorn mit seinen Mitarbeitern im Laufe der Jahre unglaublich viel entwickelt und manches Produkt zu internationalem Erfolg geführt hat. Dazu könnte es auch das alufarbene Aktiv-Skalpell für die Hirnchirurgie bringen, das auf dem Tisch vor uns in seiner Plexiglashalterung wie ein Miniraumschiff zu schweben scheint. „Unsere Produkte entstehen in enger Zusammenarbeit mit Pro-fessoren von Universitäten und Forschungsinstituten. Sie sind die geistigen Urväter. Wir setzen ihre Ideen um“, erklärt Bernd Zorn und lässt dabei auf Knopfdruck den scharfen Messerkopf ein-drucksvoll vibrieren. „Unser jüngstes Projekt ist ein Operationssi-mulator, der als Gemeinschaftsprojekt von Magdeburger Unikli-nik und Fraunhofer Institut entstand.“

Als Weltenkenner auf PräzisionskursBernd Zorn: Globalplayer aus der Hansestadt Stendal

Von Cornelia Heller

Nicht immer waren die Produkte der Traditionsfirma derart filigran, entsprachen aber stets dem Trend der Zeit. Vor 140 Jahren begann alles mit Nähmaschinen und Velozipeden, Laufrädern, deren Idee dem Fahrrad Pate stand. „Mein Urgroßvater hat die in der Altmark eingeführt.“ In seiner Fabrik produzierte Wilhelm Schließer aber auch sehr Unterschiedliches. Zum ersten Exportgut avancierten Geldschränke und Tresore. „Das war schon einer,“ zeichnet Bernd Zorn das Bild von einem Mann, „von dem behauptet wird, dass er einen Geldschrank selber weggetragen hat.“

42 Menschen

Page 43: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Überhaupt scheint die Familien- und Unternehmensgeschichte von solchen Begebenheiten, aber auch Zufällen geprägt. Wie jener, als Vater Zorn 1955 mit seinen Füßen im Ostseewasser stehend die Bekanntschaft eines Leipziger Ingenieurs und späteren Partners für die Produktion von Prüfmaschinen macht. Damit begann eine neue Ära in der Firmengeschichte, man exportierte wieder – in 36 Länder übrigens bis nach Südamerika – und konnte durch das er-folgreiche Devisengeschäft gar den Bestrebungen der DDR trotzen, verstaatlicht zu werden. Bernd Zorn übernahm die „Mechanischen

Werkstätten“ 1981 vom Vater. „Dass die Firma in vierter Generation immer in privater Hand war, mit allen Höhen und Tiefen“, macht den Mechanikermeister und Ingenieur besonders stolz: „Die Unter-lippe is’ immer über’m Wasser geblieben“. Auch, als nach der politi-schen Wende 1989 der osteuropäische Markt zusammenbrach und Bernd Zorn – nun im Wettbewerb mit den Großen der Welt und einem veralteten Maschinenpark – bei Null anfangen musste. Der Durchbruch gelang mit den ersten Fallgewichtsgeräten ZFG 01 und ihrer amtlichen Zulassung durch die Bundesanstalt für Straßenwe-

Bernd Zorn, Inhaber von Zorn Instruments, einem altmär-kischen Unternehmen mit Weltruf und einer 140 Jahre währenden Unternehmens-tradition.

43

SACHSEN-ANHALT-MAGAZIN 01/10

Menschen

Page 44: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

sen. Die von der Stendaler Firma bis heute über 5 000 hergestellten und weltweit verkauften Prüfgeräte sind eine Erfolgsstory für sich.

Zwischen dem glücklichen Neuanfang damals und dem Heute lie-gen eine Vielzahl neuer, innovativer und überraschender Produkte, eingereichter Patente und Gebrauchsmuster, neue Generationen von Fallgewichtsgeräten von ZFG 2 000 bis zum ZFG 3 000 GPS und die Eröffnung einer gänzlich neuen Produktionslinie für die Herstellung der Präzisionsmedizintechnik. Dazwischen liegen aber auch 300 000 Kilometer, die der Mann aus Stendal Jahr für Jahr rund um den Globus zurücklegte und den seine Reisen zu unzähligen Messen und Gesprächen mit Ge-schäftspartnern in 140 Länder führte. „Davon leben wir heute, wir exportieren in über 100 Länder.“ Export, sagt er, bedeutete für ihn immer Freiheit. Und dazwischen liegt eine schwere Erkrankung, die den schein-bar nimmermüden wendigen und flexiblen Unternehmer für fast ein Jahr von seinem Schreibtisch fernhielt. Früher, sagt er, hatte er nie Zeit, „heute nehme ich sie mir“, und führt mit Lust durch eine pieksaubere Produktionshalle mit hochmodernster CNC-Technik.

„Das Unternehmen ist fast ein Jahr ohne seinen Kapitän gefahren“, schaut er auf das Jahr 2002 zurück. „Ohne meinen Fertigungs- und Produktionsleiter Ronald Könnecke und meine gut vierzig Leute, die wir hier selber ausbilden und immer wieder schulen, wäre das nicht gegangen.“ Dabei streicht er fast liebevoll über ein blitzblankes Edelstahlteil, das eine der hochmodernen CNC-Maschinen soeben verlassen hat. „Wir haben immer gesagt, wir möchten gerne das machen, was keiner kann und keiner will“, beschreibt Bernd Zorn mit ungespieltem Frohsinn, leicht überspitzt und mit seinem brei-ten typischen Lächeln die Maxime seines Unternehmens. Damit ist der Globalplayer bisher richtig gut gefahren. Nicht im Fahrwasser der anderen, oft gegen den Strom, mit dem Steuer fest in der Hand.

www.zorn-online.de

Das Wort „Präzi-sion“ schiebt sich wie eine Brille vor die Prozesse im Produkti-onsbetrieb Zorn Instruments.

44 Menschen

Page 45: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Starke BildmotiveAußerordentlich ansprechend ist die Auf-machung des Magazins, in welchem vor al-lem das Layout mit starken fotografischen Motiven sowie die journalistische Band-breite überzeugen. Dadurch wirkt die Aus-gabe überaus lebendig.

n Prof. Dr. Dietmar Enderlein, Vorstands-vorsitzender Medigreif Unternehmensgrup-pe, Greifswald

Stärken deutlich machenWir Niedersachsen ha-ben viele Verbindungen zu Sachsen-Anhalt. Uns eint, dass wir von vielen unter-schätzt werden. Daher fin-

de ich es toll, wenn die eigenen Stärken deut-lich und in farblicher Vielfalt hervorgehoben werden.

n Christian Wulff, Niedersächsischer Minis-terpräsident, Hannover

Einzelthemen stärker in den Mittelpunkt stellenHerzlichen Dank für die interessante Erstausgabe des Sachsen-Anhalt-Ma-gazins. Meines Erachtens haben Sie einen gelungenen Überblick ge-geben. Langfristig wäre es vielleicht sinn-voll, sich thematisch auf bestimmte Be-reiche zu fokussieren, zumindest Teile des Magazins darauf auszurichten. Denn die klassische Kommunikation läuft eher the-menorientiert, und dann könnte das Ma-gazin zu bestimmten Problemlagen an ganz bestimmten Stellen bevorzugt aus-liegen.

n Prof. Dr. Dr. h. c. Ulrich Blum, Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung, Halle (Saale)

Die „Kleinen“ ganz groß Die Mischung der Themen im Sach-sen-Anhalt-Magazin ist prima! Es wer-den nicht nur die ganz großen, sondern auch kleinere Unternehmen dargestellt. Das finde ich wichtig, denn unter dem Strich machen gerade die „Kleineren“ den größten Anteil am „Ganzen“ aus.

n Marc Günther, Altena

Chancen und RisikenAls ehemaliger Landesrechnungshof-präsident, der zwar jetzt außerhalb des Landes lebt, aber immer noch gern nach Sachsen-Anhalt kommt und den Kontakt zum Land pflegt, habe ich das neue Sach-sen-Anhalt-Magazin mit besonderem In-teresse gelesen. Es stellt das Land einmal ganz anders dar – interessant, zukunfts-orientiert und hoffnungsvoll. Die Chan-cen, aber auch die Risiken der Zukunfts-entwicklung Sachsen-Anhalts werden im Magazin sehr qualifiziert dargestellt und anschaulich geschildert. Machen Sie wei-ter so!

n Horst Schröder, Landesrechnungshof-präsident a. D., Königswinter

Schaufenster für NeuesLesefreundlich mit erfrischend moder-ner Gestaltung sind die ersten Eindrücke, die ich von Ihrem Magazin hatte. Thema-tisch sind Sie breit aufgestellt: Bleiben Sie so offen. Abwechslung und Vielfalt sind wichtige Elemente für ein solches Maga-zin. Ich sehe es als Schaufenster, in dem es immer wieder Neues zu entdecken gibt.Ich wünsche Ihnen weiterhin eine glückliche Hand bei der Auswahl der Themen und gu-tes Gelingen für dieses Magazin in Zukunft.

n Dieter Krüger, Verband der Kali- und Salz-industrie e. V., Berlin

Nachricht aus BrüsselPräsident Barroso hat mich ersucht, Ihnen für die Übersendung der ersten Ausgabe des Sachsen-Anhalt-Magazins sehr herzlich zu danken.

n Henning Klaus, Kabinett des Präsidenten der Europäischen Kommission, Brüssel

Berührender Artikel Sachsen-Anhalt hat mit einem Teil der ehemali-gen innerdeutschenGrenze ein ganz be-sonderes Erbe. Der

Artikel „Dreieinhalb Steinwürfe durch die Ewigkeit“ hat mich besonders tief berührt. In Brandenburg ist das Thema auch heute, 20 Jahre nach dem Mauer-fall, kein Schwerpunkt in den Lehrplänen. Das Sachsen-Anhalt-Magazin hat mit diesem Beitrag auch mein Geschichtsbild um ein wichtiges Fragment erweitert.

n Rüdiger Fischer, CDU-Fraktion im Landtag Brandenburg, Potsdam

Kein unbeschriebenes Blatt Als gebürtige Magdeburgerin hatte ich in der Vergangenheit leider häu-fig den Eindruck, dass Sachsen-Anhalt ein doch sehr negatives Image hat. Umso erfreulicher, dass das Maga-zin eine andere Seite unseres Landes zeigt: erfolgreicher Wirtschaftsstand-ort mit interessanter Geschichte und auch im kulturellen Bereich kein unbe-schriebenes Blatt. Und dazu die Men-schen, die dahinter stehen. Dies alles verpackt in gut geschriebene Artikel mit interessanten Titeln, die schon im Inhaltsverzeichnis neugierig machen. Die Fotos sind gut, könnten aber in man-chen Fällen noch ein bisschen spon-taner und weniger gestellt sein. Sorry,

45

SACHSEN-ANHALT-MAGAZIN 01/10

Briefe an die Redaktion

Page 46: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

aber nur Lorbeeren gibt´s nicht. Insge-samt aber ist das Magazin sehr gelun-gen. Weiter so!

n Romy Schirrmeister, Berlin

Hintergründe im Blick Das Heft zeigt sehr anschaulich, was Sachsen-Anhalt alles zu bieten hat. Mir ge-fällt dabei, dass nicht nur die wirtschaftli-che Seite eines Unternehmens dargestellt wird, sondern auch der familiäre und per-sönliche Hintergrund wie zum Beispiel in der Reportage über das Winzerpaar Frölich. Der Artikel aus meiner Heimatstadt Sten-dal zeigt, dass es sich auch für internationa-le Unternehmen lohnt, in Sachsen-Anhalt zu investieren. Das einmal kurz vor dem Aus stehende Reichsbahn-Ausbesserungs-werk wurde vor einigen Jahren von der Fir-ma Alstom übernommen und bietet heute Arbeitsplätze für immerhin rund 160 Men-schen.

Die Gestaltung des Sachsen-Anhalt-Ma-gazins ist überaus ansprechend, aber die Überschriften sollten etwas größer darge-stellt werden. Dadurch wären die Beiträge besser voneinander zu unterscheiden.

n Holger Gebhardt, Bürgerbündnis Altmark, Stendal

Blickwinkel erweitert Besonders erstaunt war ich von dem Ar-tikel „Hart im Nehmen“ zur Firma Schu-berth. Ich bin selbst Formel-1 Fan, aber dass eines der wichtigsten Sicherheits-utensilien, der Helm, in meiner Heimat Sachsen-Anhalt hergestellt wird, davon hatte ich bisher keine Ahnung. Das verän-dert einmal mehr den Blickwinkel und be-wirkt zumindest bei mir, in Zukunft wie-der mehr den Blick nach links und rechts schweifen zu lassen.

n Stefan Hofmann, Magdeburg

Die veröffentlichten Meinungen müssen nicht die Meinung der Redaktion wiederge-ben. Die Redaktion behält sich vor, Zuschrif-ten – bitte stets mit Namen und Anschrift –gekürzt und auch elektronisch zu veröffent-lichen. Die Zuschriften können per Post oder elektronisch an [email protected] übermittelt werden.

Anze

ige

46 Briefe an die Redaktion

Page 47: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Brocken

in ganz Sachsen-Anhalt Taxi-Ticket zum halben Preis erwerben und abfahren

gültig nur für die Fahrt von der Disco nach Hause

für alle von 16 – 26 Jahren

am Freitag und Samstag jeweils ab 20 Uhr bis 6 Uhr des Folgetages sowie vor und an gesetzlichen Feiertagen

Vorverkaufsstellen

Die Tickets sind in den Sparkassen fi lialen in Sachsen-Anhalt und in Kundencentern der ÖSA- Versicherungen erhältlich.

ANZ_ST_Magazin_fifty_fifty_TAXI.indd 1 17.03.2010 13:34:42

Page 48: sam. Sachsen-Anhalt-Magazin

Wir haben MUT und IDEE,Wir geben IMPULS undbringen WACHSTUM.

Unsere Produkte für den Mittelstand in Sachsen-Anhalt:

Sachsen-Anhalt MUT - Die IB - AuftragsvorfinanzierungSachsen-Anhalt IDEE - Das IB - InnovationsdarlehenSachsen-Anhalt IMPULS - Das IB - Mittelstands- und GründerdarlehenSachsen-Anhalt WACHSTUM - Das IB - Mezzaninedarlehen

Kostenfreie Hotline: 0800 / 56 007 57E-Mail: [email protected]