Sanatorium Paimio Alvar Aalto - archinoah.de · Sanatorium Paimio Alvar Aalto 3 4 Körper und...

5
Sanatorium Paimio Alvar Aalto Sanatorium für Tuberkulosekranke Alvar Aalto Paimio, Finnland 1929 bis 1933

Transcript of Sanatorium Paimio Alvar Aalto - archinoah.de · Sanatorium Paimio Alvar Aalto 3 4 Körper und...

Page 1: Sanatorium Paimio Alvar Aalto - archinoah.de · Sanatorium Paimio Alvar Aalto 3 4 Körper und Innenraum Anhand der drei Beispielgeschosse - Eingangsgeschoß, erstes Obergeschoß und

Sanatorium Paimio Alvar Aalto

Sanatorium für Tuberkulosekranke

Alvar Aalto

Paimio, Finnland

1929 bis 1933

Page 2: Sanatorium Paimio Alvar Aalto - archinoah.de · Sanatorium Paimio Alvar Aalto 3 4 Körper und Innenraum Anhand der drei Beispielgeschosse - Eingangsgeschoß, erstes Obergeschoß und

Sanatorium Paimio Alvar Aalto

Gesamtanlage

Außenraum

Grundriß Eingangsgeschoß

Das Sanatorium in Paimio, eine finanzielle Gemein-schaftsleistungvon über fün-fzig Einzelkommunen, wurde 1929 bis 1933 nacheinem Wettbewerbsgewinn gebaut und gehört zu den frühenSchöpfungen Aaltos. Zu die-ser Zeit stellte es in Finnland diegrößte Heilanstalt ihrer Art dar und war auf eine Ka-pazität vonetwa 290 Betten ausgelegt.Zunächst diente das Sanatorium der Genesung Tuberkulose in-fizierten Patienten, erfuhr aber in den frühen fünfziger Jahren eineUmwandlung in ein normales Krankenhaus, da die Krankheit mit-tels Antibiotika weitestgehend ausgerottet werden konnte.Schließlich wurde das Gebäude weltweit zum Vorbild zahlreicherKrankenhausbauten.Der Komplex ist seinem Zweck dienend in einer entlegenen Land-schaft Südwestfinnlands errichtet, die sich durch einen äußerstreizvollen Naturraum mit leichten Höhenzügen, Wiesen und Wäl-dern auszeichnet.Dem Zeitgeist angemessen, war der Entwurf der klassischen Mo-derne verpflichtet. Der Grundsatz Luft, Licht und Sonne galt ebensoals wichtigste Heilmethode gegen Tuberkulose.Dennoch erweiterte Aalto den Begriff des damaligen Funktionalis-mus um seine »humanistische« Komponente. Nicht nur die phy-sischen, praktischen Bedürfnisse des Nutzers wurden dem Entwurfzu Grunde gelegt. Ferner fanden die psychischen und sozialenBelange große Beachtung.Ziel war es letztendlich, eine Atmosphäre zu schaffen, in der dersensible Kranke geringstmöglich gestört wird. Dies äußerte sichzum einen in einer klaren Abgrenzung von Patienten- und Personal-bereich, zum anderen in einer generellen patientengerechterenGestaltung.

1 2

Struktur und Ordnung

Das Sanatorium zeichnet sich durch eine klare, zweckmäßigeFunktionstrennung aus, so daß es in mehrere Gebäudeteilegegliedert ist.Vom zentralen Verteiler mit Eingang, Foyer und Büros zweigendie einzelnen Funktionsbereiche ab. Südlich, sich dem Wald öff-nend, ist das Hauptelement, ein 7-geschossiger Patientenflügelmit Dachterrasse und angegliedertem offenen Liegehallenflügelangeordnet.Als Pendant auf der anderen Seite befindet sich die sog. 4-ge-schossige »Hotelzone«, die die gesamten Gemeinschaftseinrich-tungen beherbergt, wie einen Speisesaal inklusive Lounge, eineBibliothek mit Lesesaal sowie im Erdgeschoß Behandlungs undTherapieeinrichtungen.Hinter der Hotelzone, den Blicken der Besucher etwas entzogen,ist zum einen ein Wirtschaftstrakt, der Wascherei, Küche u. Ä. be-inhaltet, zum anderen ein Technikgebäude platziert.Westlich gelegen, dem gesamten Komplex entrückt sind die Unter-künfte der höheren Angestellten in Form von Reihenhäusern.Darüberhinaus wurde im Zuge der Umwandlung in ein Krankenhausan die Hotelzone ein eingeschossiger Baukörper angefügt, derden Behandlungs- und Therapiebereich erweitert.

Elementares Ordnungssystem bilden die Konstruktionsraster dereinzelnen Gebäudeteile, in Form von klaren Rechteckstrukturen.Je nach Baukörper variieren die jeweiligen Maße, um der entsprech-enden Nutzung gerecht zu werden.Darüberhinaus stehen die einzelnen Raster durch imaginäre Linienuntereinander in Verbindung.

Die in die Landschaft ausgreifende Ausrichtung der Gebäude folgtneben raumbildenden Kriterien hauptsächlich der Belichtungssi-tuation, so daß alle Hauptnutzräume ein Mindestmaß an natürlich-em Licht erfahren.

Ferner bilden die einzelnen Gebäudetrakte in ihrer AnordnungAußenräume von unterschiedlicher Qualität. So entsteht ein reprä-sentativer Eingangsbereich, der den Besucher mit ausgestrecktenArmen zu empfangen scheint. Privater hingegen südlich an denPatiententrakt angrenzend befindet sich ein großzügig gestalteterGarten.

Körper und AußenraumFunktion und Nutzung

Page 3: Sanatorium Paimio Alvar Aalto - archinoah.de · Sanatorium Paimio Alvar Aalto 3 4 Körper und Innenraum Anhand der drei Beispielgeschosse - Eingangsgeschoß, erstes Obergeschoß und

Sanatorium Paimio Alvar Aalto

3 4

Körper und Innenraum

Anhand der drei Beispielgeschosse - Eingangsgeschoß, erstesObergeschoß und Dachgeschoß - läßt sich die innenräumlicheSituation beschreiben.Im Innenraum setzt sich das Prinzip der zweckorientierten Struk-turierung fort.

Jeder Körper definiert eine seperate Nutzung in seinem jeweiligenFunktionsbereich, so daß klare, großzügige Raumkonstellationenentstehen. Eine Besonderheit stellt der zweigeschossige Speisesaaldar, in den die Bibliothek »eingehangen« ist.Eine Ausnahme bildet der gesamte Behandlungs- und Therapie-bereich, der relativ kleinteilige Strukturen bzw. differenziertereRäume vorzuweisen hat.atienten die für ihre Genesung notwendige frische Luft erfahren.

Orte und Wege

Die Raumfolgen lassen gleiches erkennen.Als charakteristische Orte seien exemplarisch der Eingangsbereichoder - innovativ und für das Gebäude von äußerster Wichtigkeit- die offenen Liegehallen sowie die Dachterrasse zu nennen. Inkleineren Gruppen zusammengefaßt, konnten hier die Patientendie für ihre Genesung notwendige frische Luft erfahren.

Page 4: Sanatorium Paimio Alvar Aalto - archinoah.de · Sanatorium Paimio Alvar Aalto 3 4 Körper und Innenraum Anhand der drei Beispielgeschosse - Eingangsgeschoß, erstes Obergeschoß und

Sanatorium Paimio Alvar Aalto

Wie schon angedeutet handelte Aaltonach dem Grundsatz: »Licht darf herr-schen, nicht die Konstrukion«, so daßdiese teilweise auf ein Minimum redu-ziert wurde.So kommt durchgängig ein innovativesRahmenwerk aus Stahlbeton zur An-wendung, die z. T. freitragenden Außen-wände sind aus Flachziegeln gemauert.

5 6

Das Farbkonzept sieht eineUnterteilung in öffentliche undprivate Bereiche vor. So sinddie intimen Patientenzimmerin erdverbundenen Tönen ge-halten, während in den reprä-sentativen Räumen die Far-ben weiß, gelb und grau vor-

LichtEines der prägendsten Elemente des Entwurfes ist wie schon er-wähnt das natürliche Licht. Großzügige Fensterflächen ermöglichenein Maximum an natürlicher Belichtung und lassen die Räumezum Teil nahezu materiallos erscheinen.

herrschen. Ferner wurde ein auf Farben basierendes Gebäudeleit-system, namens »Supergraphik« entwickelt.

Ferner kann man anhand derÖffnungen auf die Gestalt desjeweiligen Raumes dahinterschließen. Beispielsweise beidem Patiententrakt wird einer-seits jedes einzelne Patient-enzimmer, andererseits derlange Flur ablesbar.

Konstruktion und Material

Eine Besonderheit bildet der Liegehallenflügel, der damalsFinnlands größte monolithische Stahlbetonkonstruktion darstellte.Dieser besteht aus auskragenden Deckenscheiben, deren Lastenvon nur einer Stützenreihe abgetragen werden.

Farbe

Page 5: Sanatorium Paimio Alvar Aalto - archinoah.de · Sanatorium Paimio Alvar Aalto 3 4 Körper und Innenraum Anhand der drei Beispielgeschosse - Eingangsgeschoß, erstes Obergeschoß und

Sanatorium Paimio Alvar Aalto

Ausstattung

Licht und Luft

Wärme

Farbe

Patientenzimmer

Aus Gründen der Ruhe wurden ausschließlich Zwei-Bett-Zimmervorgesehen.Das entscheidende Kriterium ist gemäß dem bettlägrigen Patientendie horizontale Ausrichtung des Zimmers.Die Zimmerausstattung - wie die Ausstattung des gesamten Sana-toriums - wurde komplett von Aalto selbst gestaltet. Exemplarischfür eine Vielzahl liebevoll intelligent behandelter Details stehendie Waschbecken. Diese sind so konzipiert, daß sie möglichst ge-räusch- und spritzarm funktionieren.Ferner erzeugen an der Decke angebrachte Radiatoren eine in-direkte, angenehme Strahlungswärme.Durch raumhohe Doppelfenster erhält jedes Zimmer üppig Tages-licht. Aufgrund der versetzten Anordnung ihrer Fensterflügel wirddarüberhinaus eine zugfreie Lüftung ermöglicht.Die Hauptkunstlichtquelle ist so an der Decke platziert, daß siedem direkten Sichtfeld des liegenden Kranken entrückt ist.Schließlich ist noch das Farbkonzept zu erwähnen, das daraufausgelegt ist, dem Patienten einen ruhigen Gesamtton zu vermitteln.So sind die Umfassungswände hell, Decke und Boden dunklergehalten. Eine Ausnahme bildetet der Bereich um die Kunstlicht-quelle, der mit einem hellen reflektierenden Anstrich versehen ist.

7 8