Sanktionen, Vergaberecht, Importsubstitution, Lokalierung

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Wirtschaftsbrief ing 28.10.2016 Moskau

Transcript of Sanktionen, Vergaberecht, Importsubstitution, Lokalierung

Wirtschaftsbriefing

28.10.2016 Moskau

ThemenSanktionen

VergaberechtImportsubstitutionLokalisierung

Beispiel GmbH mit Sitz in Innsbruck Hersteller für medizinische Erzeugnisse und Geräte keine Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen Wunsch der Teilnahme an einer öffentlichen Ausschreibung

in Russland Ausschreibung: medizinische Erzeugnisse für diverse

staatliche Krankenhäuser in ganz Russland

Sachverhalt Fallbeispiel

Grundsätzlich gilt: inländische und ausländische Anbieter dürfen an Ausschreibungen teilnehmen Ausnahme: Offshore-Gesellschaften, z.B. England, Fürstentum Liechtenstein, Malaysia, etc.Übrigens: seit 01.01.2016 Verbot des Einkaufs von Waren, Leistungen, Arbeiten von türkischen Unternehmen, von Unternehmen, die durch türkische Unternehmen kontrolliert werden oder die sich in türkischer Hand befinden

Vergaberecht >> AllgemeinesRechtsgrundlagen: FZ-223 und FZ-44

Beispiel GmbH hat das Recht teilzunehmen

Wer darf an staatlichen Ausschreibungen teilnehmen?

EU-Sanktionen und russisches Gegensanktionen EU-Sanktionen gelten im gesamten Gebiet der EU, an Bord eines Flugzeugs oder

Schiffes, welches der Hoheitsgewalt eines Mitgliedstaates der EU untersteht Daran zu halten haben sich:

◦ Staatsangehörige eines Mitgliedstaates (auch außerhalb der EU)◦ Unternehmen, die nach dem Recht eines EU-Mitgliedstaates gegründet wurden◦ Unternehmen, die in einem EU-Mitgliedstaat eingetragen wurden◦ juristische Personen oder Organisationen, die Geschäfte ganz oder teilweise in der EU tätigen

EU-Sanktionen >> Anwendung

Beispiel GmbH hat Sanktionen zu befolgen• nach österreichischem Recht gegründet und dort eingetragen• Tochtergesellschaft in Russland wäre nicht betroffen (GmbH, AG)

Inwiefern betreffen die Beispiel GmbH die Sanktionen?

Welche Sanktionsmaßnahmen wurden getroffen?

Personenbezogene Sanktionen ◦ VO 269/2014 vom 17.03.2014

Regionenbezogene Sanktionen ◦ VO 692/2014 vom 23.06.2014; ◦ VO 1351/2014 vom 18.12.2014

Wirtschaftssanktionen ◦ VO 833/2014 vom 31.07.2014; ◦ VO 960/2014 vom 08.09.2014

EU-Sanktionen >> konkrete MaßnahmenRechtsgrundlagen: EU-Verordnungen

natürliche und juristische Personen - Liste Gelder gelisteter Personen werden eingefroren Gelisteten Personen dürfen keine wirtschaftliche Ressourcen zugute kommen Betrifft auch alle verbundenen Personen

>> EU-Sanktionen

Beispiel GmbH hat nun die Personen zu prüfen, die einen Nutzen von der Ausschreibung haben könnten Betroffen sind auch Personen, die mit den gelisteten Personen in Verbindung stehen → Prüfung Haftungsausschluss: Handlung im Einklang mit EU-VO, aber keine Haftung, sofern wenn sie von einem Verstoß nicht wusste und auch keinen vernünftigen Grund zu der Annahme hatte, dass sie mit ihren Handlungen gegen die VO verstößt

Personenbezogene Sanktionen

Krim und Sewastopol

>> EU-Sanktionen

Regionenbezogene Sanktionen

>> EU-Sanktionen

Verboten sind:◦ Einfuhr von Waren mit Ursprung auf der Krim oder Sewastopol in die EU◦ Direkte oder indirekte Finanzierung der Einfuhr solcher Waren◦ Versicherung und Rückversicherung in Zusammenhang mit der Einfuhr solcher Waren◦ Investitionen und Finanzierungen

◦ Ausfuhr von Gütern und Technologie für den Verkehr, die Kommunikation, die Energie, Öl- Gas- und Mineralressourcen

◦ Leistung technischer Hilfe, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Infrastruktur auf der Krim oder in Sewastopol in den genannten Sektoren stehen

◦ Erbringung von Dienstleistungen in unmittelbarem Zusammenhang mit tourismusbezogenen Aktivitäten → Kreuzfahrtschiffe dürfen die Häfen auf der Krim nicht mehr anlaufen oder dort Zwischenstopps einlegen

Beispiel GmbH stellt fest: Ausschreibung bezieht sich auch auf ein Krankenhaus in Sewastopol → keine Teilnahme erlaubt?Ausnahmeregelung für medizinische Geräte und zur Unterstützung von Krankenhäusern (Genehmigung erforderlich) → Teilnahme möglich

Regionenbezogene Sanktionen

>> EU-Sanktionen

Wirtschaftssanktionen

Drei Sektoren:

Militärgüter und Dual-Use-Güter

Ölindustrie

Kapitalmarkt

Verbot Lieferung von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck („Dual-Use“) für militärische Zwecke oder militärische Endnutzer

Verbot Leistung technischer Hilfe, Vermittlungsdienste, Bereitstellung, Herstellung, Wartung und Verwendung dieser Güter oder Technologien an bestimmte gelistete Personen

Verbot der Unterstützung gelisteter Personen durch Finanzhilfen

EU-Sanktionen >> Militär- und Dual-Use-Güter

Beispiel GmbH ist Hersteller von medizinischen Erzeugnissen, die nicht als Dual-Use-Güter gelten und nicht für militärische Zwecke bzw. Endnutzer bestimmt sind → kein Anwendungsbereich

Wirtschaftssanktionen

Genehmigung zur Lieferung von Gütern für Erdölexplorations- und Erdölförderungsprojekte erforderlich

Genehmigung erteilt Bundeministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Verbot bestimmter Dienstleistungen für Erdölexplorations- und Erdölförderungsprojekte (z.B.

Erdölexploration und –förderung unter Wasser in Tiefen von mehr als 150 Metern, Bohrungen, Bohrlochprüfungen etc.)

Ausnahmeregelung: Eindämmung von Ereignissen mit schwerwiegenden, wesentlichen Auswirkungen auf Gesundheit und Sicherheit von Menschen oder Umwelt

EU-Sanktionen >> Ölindustriebezogene Sanktionen

Kein Anwendungsbereich für unsere Beispiel GmbH

Wirtschaftssanktionen

russische Banken im Staatsbesitz (Sberbank, VTB, Gazprombank, Vnesheconombank, Rosselkhozbank)

Verbot des Handels mit Wertpapieren und Geldmarktinstrumenten

EU-Sanktionen >> Kapitalmarktbezogene Sanktionen

Kein Anwendungsbereich für unsere Beispiel GmbH

Wirtschaftssanktionen

Personenbezogene Sanktionen und Wirtschaftssanktionen Wirtschaftssanktionen betreffen Importverbote von Lebensmitteln

mit Ursprung aus USA, EU, Kanada, Australien, Norwegen, der Ukraine, Albanien, Montenegro, Island, Liechtenstein

Präsidentenerlass gilt derzeit bis zum 31.12.2017 Milch und Milcherzeugnisse, Früchte, Rinderfleisch,

Schweinefleisch, etc. Ausnahmen: z.B. laktosefreie Milch Neu ab 01.11.2016: Importverbot von Salz

>> russische Sanktionen

Kein Anwendungsbereich für unsere Beispiel GmbH→ Sanktionen stehen der Teilnahme der Beispiel GmbH an der Ausschreibung nicht entgegen

Russische Sanktionen

Ersetzen einer ausländischen Ware durch heimische Waren Russland ist Mitglied der Eurasischen Wirtschaftsunion „EAWU“ (Russland, Kasachstan,

Weißrussland, Armenien und Kirgisistan) → Schutz der Produkte mit Herkunft aus EAWU Russische Industrie war abhängig von Importprodukten Konzepte, Programme, Pläne, die den Import ausländischer Waren zurückdrängen sollen

Importsubstitution >> Allgemeines

Was bedeutet „Importsubstitution“ und welches Ziel wird damit verfolgt?

Anlagenbau

90%

Leichtindustrie

70-90%

Schwermaschinenbau

60-80%

Pharma- und Medizinindustrie

70-80%

Maschinenbau für die Lebensmittelindustrie

60-80%

Elektronikindustrie

80-90%

Prozent der Waren aus dem Ausland (Analyse Juni 2014):

April 2014 neue Fassung des staatlichen russischen Programmes zur Entwicklung der Industrie und der Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit◦ bis 2020 erhebliche Senkung der Nutzung von importierten Waren ◦ Steigerung der Nutzung von Waren von Herstellern aus EAWU ◦ 2015 weitere Pläne als Gegenmaßnahmen für die Krise betreffend Industriesektoren (Automobilbranche, Schwermaschinenbau,

Engineering und Industriedesign etc.)

Ziel des Programmes: ◦ Stärkung dieser Industriesektoren ◦ Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit◦ Selbständige Weiterentwicklung◦ Weltweite Positionierung◦ Entwicklung innovativer Technologien ◦ Sicherung der wirtschaftliche Entwicklung und der Verteidigung

Importsubstitution >> Allgemeines

Beispiel GmbH ist grundsätzlich von den Bestimmungen über die Importsubstitution betroffen, da sie ein ausländischer Hersteller ist Programme enthalten keine konkreten Bestimmungen zur Erreichung der Ziele → Reihe an Verordnungen in Zusammenhang mit dem Vergaberecht

Was bedeutet „Importsubstitution“ und welches Ziel wird damit verfolgt?

Zulassungsbedingung

>> Vergaberecht

Welche Verordnungen hat die Regierung im Rahmen des Vergaberechts erlassen?

Verbote

Beschränkungen

Vergaberecht >> Verbote

◦ Einkauf in Bezug auf die Sicherheit und Verteidigung des Landes◦ ◦ Maschinen- und Fahrzeugbau (ausnahmsloses Verbot)

◦ Güter der Leichtindustrie (Stoffe, Stricke, Spezialkleidung, Kleidung aus Leder oder Fell, etc.)

medizinischen Erzeugnisse der Beispiel GmbH sind nicht von Verboten umfasst

Welche Verordnungen hat die Regierung im Rahmen des Vergaberechts erlassen?

Ausnahmeregelungen vorhanden

Vier Sektoren:

Software für Computer/EDV und Datenverarbeitung

Vergaberecht >> BeschränkungenVier Sektoren:

◦ Lebenswichtige medizinische Präparate (Kalzitonin, Amoxicillin, etc.)◦ Medizinische Erzeugnisse (med. Kleidung, Geräte zur Analyse der Blutgerinnung, etc.)◦ Lebensmittel (gefrorenes Schweinefleisch, Butter, etc.).◦ Elektronische Produkte (Scanner, Projektoren, die an den Computer angeschlossen werden, etc.)

Beispiel GmbH wird von der Beschränkung in Bezug auf medizinische Erzeugnisse erfasst → konkrete Prüfung

Verordnung medizinische Erzeugnisse: ◦ ausländische Produzenten oder Lieferanten werden nicht zugelassen, wenn mind. zwei

Produzenten bzw. Lieferanten der Eurasischen Wirtschaftsunion auch ein Angebot legen◦ Eurasische Anbieter dürfen nicht ein und derselben Unternehmens- bzw. Personengruppe

angehören

Konsequenz für die Beispiel GmbH: wenn zwei oder mehrere Konkurrenten mit medizinischen Erzeugnissen aus der Eurasischen Wirtschaftsunion an der Ausschreibung teilnehmen → Angebot wird nicht berücksichtigt

Welche Verordnungen hat die Regierung im Rahmen des Vergaberechts erlassen?

Gilt für alle ausländischen Waren, Leistungen oder Arbeiten Kein Verbot des Einkaufs ausländischer Waren, Leistungen, Arbeiten Anbieter aus EAWU werden bevorzugt: Beurteilung der Preise um 15 %

niedriger Fazit: ausländische Anbieter müssen um mehr als 15 % billiger anbieten als die Konkurrenz aus der EAWU Ausländische Hersteller müssen ihre bisherigen Strategien überdenken Gefährdet sind Marktanteile ausländischer Produzenten, die Zulieferer bei

staatlich finanzierten Vorhaben sind

Vergaberecht >> Zulassungsbedingung

Beispiel GmbH möchte diesen Beschränkungen künftig nicht mehr unterliegen → Lösungen?

Welche Verordnungen hat die Regierung im Rahmen des Vergaberechts erlassen?

Maßnahmen zur Lokalisierung Produkt wird für einen Markt tauglich gemacht Produkte müssen „made in Russia“ bzw. „made in Eurasion

Economic Union“ werden Maßnahmen:

◦Gründung einer Produktion in der EAWU◦Produktionskooperation mit Partner in EAWU, der einen

Teil der Produktion übernimmt Konsequenz: Know-How Transfer

Lokalisierung >> Strategien

Welche Lösungen gibt es für ausländische Hersteller und Zulieferer, um weiterhin Chancen am russischen Markt zu nutzen?

Rechtsform (GmbH, AG, etc.) GmbH

◦ Vergleichbar mit österreichischer GmbH◦ Eigenständige juristische Person◦ Handelt im eigenen Namen und auf eigene Rechnung◦ Gesellschafter haften nicht persönlich◦ Stammkapital: 10.000 RUB◦ Generaldirektor

Einholung von Lizenzen und Genehmigungen für Errichtung und Betrieb der Produktion

Ergebnis: Produkte gelten als „made in Russia“

Lokalisierung >> Gründung einer Produktion

Welche Lösungen gibt es für ausländische Hersteller und Zulieferer, um weiterhin Chancen am russischen Markt zu nutzen?

Ein Teil der Produktion im Ausland Halbfertige Teile zur Bearbeitung bzw. Endfertigung in

EAWU Auch nur Lieferung von Rohmaterialien → vollständige

Produktion durch Partner in EAWU

Lokalisierung >> Produktionskooperation

Vorteil der eigenen Produktion → Know-How bleibt im Unternehmen Beispiel GmbH bevorzugt Kooperation → Suche nach verlässlichem, kompetentem Produktionspartner in EAWU Beispiel GmbH gründet zudem Tochter GmbH → Abwicklung des Imports, Kontrolle und Transparenz auch nach der Grenze Ziel der Produktionskooperation → Erhalt eines russischen bzw. eurasischen Produkts

Welche Lösungen gibt es für ausländische Hersteller und Zulieferer, um weiterhin Chancen am russischen Markt zu nutzen?

Herkunftsland eines Produkts wird nach Kriterien der Bearbeitung bzw. Umarbeitung bestimmt

Entscheidung trifft der Zoll Nicht ausreichend: lagern, färben, zusammenbauen, in einzelne Komponenten

zerlegen ohne wesentliche Änderung Im konkreten Fall individuelle Beurteilung Weitere Anforderungen:

◦ Abhängig von Branche und Produkt◦ Einzelne Produktionsschritte innerhalb der EAWU ◦ Verpflichtend ein Servicecenter für Reparaturen und Garantieleistungen innerhalb der EAWU◦ für mind. 5 Jahre Übergabe der Rechte an technischen Unterlagen an ein Unternehmen innerhalb der

EAWU, die selbständige Produktion ermöglichen◦ Senkung Anteile ausländischer Erzeugnisse in russischen Produkten – bis 2020 in den meisten

Bereichen unter 30 %

Lokalisierung >> made in EAWUGesetzesgrundlagen: Zollgesetzbuch der Zollunion, Abkommen zwischen den GUS-Staaten, Verordnungen

Wann gilt ein Produkt als eurasisches Erzeugnis?

Protektionistische Politik soll ausländische Unternehmer und Investoren anlocken

Ziel: Steigerung der russischen Wertschöpfung Österreichische Unternehmen haben begonnen, Produktionen zu

errichten Produktionskooperationen wurden geschlossen Prüfung, ob protektionistischen Bestimmungen zutreffen – nicht alle sind

betroffen Bestimmungen zur Importsubstitution und zum Vergaberecht sind derzeit

vornehmlich auf staatliche Einkäufe beschränkt Diese Bestimmungen erfassen nur bestimmte Produkte und Leistungen Nicht alle Produkte müssen „made in Russia“ werden

Schlusswort zur protektionistischen Politik

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