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Fachartikel „SAP S/4HANA: Neue Funktionen, Einsatzszenarien und Auswirkungen auf das Finanzberichtswesen“ Erschienen in: Konzerncontrolling 2020 Haufe, 1. Auflage, 2016 Seite 183-200 www.horvath-partners.com Christina Eilers Competence Center Controlling & Finance [email protected]

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Fachartikel

„SAP S/4HANA: Neue Funktionen, Einsatzszenarien und Auswirkungen auf das Finanzberichtswesen“

Erschienen in:Konzerncontrolling 2020 Haufe, 1. Auflage, 2016Seite 183-200

www.horvath-partners.com

Christina EilersCompetence CenterControlling & Finance

[email protected]

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SAP S/4HANA: Neue Funktionen,Einsatzszenarien und Auswirkungenauf das Finanzberichtswesen

n Mit S/4HANA (Finance) kommt eine neue Generation der SAP Business Suiteauf den Markt.

n Eine rein technische Migration der bestehenden Systeme macht i.d.R.keinen Sinn; es müssen grundlegende fachliche Fragestellungen erörtertwerden, um den größtmöglichen Nutzen aus der Umstellung zu ziehen.

n Ziel dieses Artikels ist es, einen Überblick über die neuen Funktionen zugeben, Auswirkungen auf bestehende Systeme und Anwendungen imBereich Finanzen und Controlling aufzuzeigen und mögliche Vorgehens-weisen für eine Umstellung der bestehenden Systeme aufzuzeigen.

n Dabei wird ein besonderer Schwerpunkt auf den Bereich Finanzberichts-wesen gelegt.

Inhalt Seite

1 SAP-Lösung der 4. Generation ....................................... 185

2 Grundlegende Funktionalitäten von SAP S/4HANA ........ 1862.1 In-Memory Datenbank HANA .......................................... 1862.2 Einkreissystem und Universal Journal .............................. 1872.3 Schnellerer Monatsabschluss ........................................... 188

3 Einsatzszenarien bei der Einführung von SAP S/4HANA(Finance) ........................................................................ 189

3.1 Einsatzszenarien für On-Premise-Installationen ............... 1903.2 Einsatzszenarien für Cloud-Lösungen .............................. 191

4 Implementierung von SAP S/4HANA in der Praxis ......... 1924.1 Ablauf der Implementierung ............................................ 1924.2 Herausforderungen bei der Implementierung ................... 194

5 Auswirkungen auf das Finanzberichtswesen .................. 1955.1 Auswirkungen auf das Reporting ..................................... 1955.2 Optionen des Datenzugriffs ............................................. 1965.3 Architekturrelevante Entscheidungskriterien .................... 197

6 Fazit ............................................................................... 199

7 Literaturhinweise ........................................................... 200

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SAP S/4HANA: Auswirkungen auf das Finanzberichtswesen

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n Die AutorinChristina Eilers, Principal und Leiterin des Kompetenzfeldes BusinessIntelligence im Competence Center Controlling & Finance bei Horváth& Partners Management Consultants in Stuttgart.

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1 SAP-Lösung der 4. GenerationSAP S/4HANA ist das neue Produkt der SAP basierend auf derIn-Memory-Technologie HANA und soll die Business Suite ablösen. Imersten Schritt wurden zunächst die Finanzmodule Finance (FI), Con-trolling (CO), Asset Accounting (AA) und Cash Management (CM)überarbeitet. In der weiteren Ausbaustufe kamen die LogistikmoduleMaterial Management (MM), Production Planning (PP) und Sales &Distribution (SD) hinzu.1

Dabei ist eine Einführung von S/4HANA vom Umfang her vergleichbarmit dem Wechsel von R/2 auf R/3 im Jahr 1995. SAP verspricht mit derneuen Lösung, dass Kunden ihre Geschäfte in Echtzeit, vernetzt undeinfach abwickeln können. Zentrale Elemente sind hierbei die In-Memo-ry-Datenbank HANA, ein optionales Betriebsmodell als gehostete Cloud-Lösung sowie moderne, mobilfähige Benutzeroberflächen (s. Abb. 1).

SAP R/2 SAP R/3

R/3 ist Standardlösung

S/4 ist Standardlösung

Keine weitere Wartung

SAP S/4

1980 1985 1990 20001995 2005 20152010 2020 2025 2030

S/4 Innova�on

Abb. 1: Evolution der SAP ERP-Lösungen

Das S im Produktnamen steht dabei für „simple“ und die Zahl 4 für die4. Produktgeneration. Möchte man dem Softwarehersteller treu bleiben,so bleibt einem mittelfristig keine Wahl, als auf das neue Release desWalldorfer Unternehmens zu wechseln, da SAP R/3 laut aktuellem

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SAP S/4HANA: Auswirkungen auf das Finanzberichtswesen

1 Vgl. Zimmermann, 2015, online.

HANA löst dieBusiness Suitevon SAP ab

S wie „simple“

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Kenntnisstand nur noch bis 2025 gewartet wird. Innovationen undweitere Entwicklungen fokussieren sich bereits jetzt hauptsächlich aufdie neuen Produkte.

Leider ist die Ablösung von R/3 durch das neue S/4HANA nicht ganzso „non-disruptive“ wie erhofft, handelt es sich doch teilweise umkomplett neu entwickelte Funktionen, die noch nicht vollumfänglichbisherige Anwendungen ersetzen können, sondern eher einem frühenStadium entsprechen.

Dieser Artikel gibt zunächst einen Überblick über die grundlegendenneuen Funktionalitäten (Kapitel 2). Des Weiteren werden in Kapitel 3mögliche Einsatzszenarien dargestellt. Außerdem werden in Kapitel 4Anhaltspunkte geliefert, wie ein potenzielles S/4HANA-Projekt in derPraxis angegangen werden kann, welche Aspekte berücksichtigt werdenmüssen und welchen Herausforderungen man sich i.d.R. stellen muss.Kapitel 5 betrachtet dann die Auswirkungen auf das Finanzberichts-wesen und bestehende Data Warehousing Architekturen.

2 Grundlegende Funktionalitäten von SAP S/4HANA2.1 In-Memory Datenbank HANA

Mit S/4HANA wurde das bestehende SAP ERP-System auf die neueDatenbanktechnologie HANA portiert, damit die Anwendungen dieneue In-Memory Technologie nutzen können. Rechenintensive Prozessewerden somit direkt auf der HANA-Datenbank ausgeführt und sinddamit deutlich schneller als bisher. Insofern müssen keine Summen-tabellen mehr aufgebaut werden, um aggregierte Daten zu verarbeiten.Die Daten können jederzeit in Echtzeit in der vollen Granularitätverarbeitet werden. Durch diese Vereinfachung ergibt sich eine massiveReduktion des Datenbankvolumens und es wird somit möglich,Informationen, welche bislang in vielen Tabellen gespeichert wurden,in einer Tabelle zusammenzufassen (s. Abb. 2).

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Neues Datenbank-konzept

Einfacheres Daten-modell

Einfacheres Reporting

Kompression Jedes Attribut als Index

Spaltenweise Speicherung

OLAP + OLTP zusammen

Universal Journal

General Ledger Profitability

Integrierte Daten im Universal Journal

Management Accounting

Material Ledger

Asset Accounting

S/4HANA

S/4 BW

Blick auf S/4 Daten

� Kein Datentransport� Keine Voraggregation� Echtzeit-Reporting möglich

Traditional DB600 GB

HANA120 GB

S/4 HANA40 GB

Reduziertes Datenvolumen

Abb. 2: Neuerungen von SAP S/4HANA (Finance)

2.2 Einkreissystem und Universal Journal

Eine zentrale Rolle spielt dabei der integrierte Buchungsbeleg (UniversalJournal), der Finanzdaten mit Informationen aus dem Controllingverknüpft. Diese Verknüpfung führt dazu, dass Daten aus den beidenBereichen in Zukunft nicht mehr aufwändig abgeglichen werden müssen,internes und externes Rechnungswesen sind also jederzeit abgestimmt.Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einem Einkreissystem.Alle Daten des Universal Journal werden in einer zentralen Tabelle ge-speichert, der ACDOCA (Accounting Documents Actuals), in der in derausgelieferten Variante ca. 350 Felder enthalten sind. Diese Tabelle kannund sollte jedoch um diejenigen Felder erweitert werden, die auch inEchtzeit ausgewertet werden sollen. Bei jeder Buchung werden alle imReporting erforderlichen Informationen sofort mitgeschrieben, so dasssich flexible und vielschichtige Analysemöglichkeiten ergeben. AufwändigeAbleitungen über Stammdatenattribute entfallen komplett und führendazu, dass immer die tatsächlich gebuchte Wahrheit im Reporting zurVerfügung steht.

Generell ist in der letzten Zeit ein Trend zum Einkreissystem festzustellen,da sich das Zweikreissystem mit unterschiedlichen – voneinandergetrennten – Abrechnungssystemen (Finanzbuchhaltung und Kostenrech-

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SAP S/4HANA: Auswirkungen auf das Finanzberichtswesen

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nung) als zu komplex herausgestellt hat. Immer mehr Unternehmenversuchen inzwischen, kalkulatorische Ansätze wegzulassen; damit bestehtkein Erfordernis für ein Zweikreissystem mehr. Die Strukturen undOrganisationseinheiten der Finanzbuchhaltung müssen daher beim An-legen von Sachkonten berücksichtigt werden. Das Konto wird zum neuenführenden Objekt für Controlling und Finanzen. Man kann auch sagen,dass die Mauer zwischen Rechnungswesen und Controlling fällt. Dies wirdmittelfristig auch organisatorische Konsequenzen mit sich bringen.

2.3 Schnellerer Monatsabschluss

Durch diese Änderung wird auch ein schnellerer Monatsabschluss möglich,da die meisten Abschlussaufgaben entfallen. Eine Simulation kann jederzeitwährend der Periode auf Knopfdruck erfolgen. Die Merkmale der Ergeb-nisrechnung werden sofort abgeleitet – es ist kein Abrechnungslauf(Projekt-/Auftragsabrechnung) notwendig, um relevante Marktsegment-informationen in der Ergebnisrechnung anzeigen zu können.

Weitere entscheidende Veränderungen sind:

• Abschreibungen werden mit der Asset-Nummer auf der Kostenstellegebucht.

• Die Kostenträgerrechnung ist in das Universal Journal integriert. Eserfolgt eine Zuordnung der Kostenelemente aus der Kalkulation aufSachkonten.

• Da es nur noch eine „Quelle der Wahrheit“ gibt, erhöht sich dieDatenqualität.

• Ursachen für Abweichungen werden sichtbar und schaffen Trans-parenz.

• Im Reporting stehen Daten in Echtzeit zur Verfügung.

Mit diesen Änderungen muss natürlich auch ein gewisses Umdenkenerfolgen. Echtzeitinformationen werden zwar schon seit Jahren vonBerichtsnutzern gefordert, sind jedoch nicht immer zielführend. Sollenbspw. Ist-Daten als Basis für die Unternehmensplanung herangezogenwerden, so ist es durchaus erwünscht, die zum Startpunkt der Planungrelevanten Daten „einzufrieren“ und für die Planungsdauer konstant zuhalten. Trotzdem sollten moderne Berichtswerkzeuge weitestgehendauf die Echtzeitinformationen zugreifen, was aber auch bedeutet, dassman die Informationen in Relation setzen muss. Manche Analysenmachen sicherlich weiterhin auch erst nach einem MonatsabschlussSinn. Die Zeiten ausgedruckter Berichte sollten jedoch auf jeden FallHistorie sein. Viele dieser Veränderungen sind jedoch nicht durch einereine Migration des bestehenden Systems aktiv. Möchte man die neuen

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Möglichkeiten optimal ausschöpfen, ist es zwingend erforderlich, einFachkonzept zu erstellen und auch bestehende Prozesse anzupassen.

3 Einsatzszenarien bei der Einführung von SAPS/4HANA (Finance)

Grundsätzlich kann zwischen den folgenden Einsatzszenarien vonS/4HANA unterschieden werden (s. Abb. 3):

• S/4HANA Finance (on Premise): Diese Variante enthält lediglich dieInnovationen im Bereich Finanzen und Controlling; die Installationder Software erfolgt auf den kundeneigenen Servern im Rechenzen-trum und der Betrieb der Lösung erfolgt eigenständig.

• Sondervariante Central Finance (on Premise): Hierbei handelt es sichum ein S/4HANA Finance-System, welches an die bestehende SAPBusiness Suite oder non-SAP-Systeme angeschlossen wird. Bei jederBuchung in den angeschlossenen Systemen erfolgt eine Schatten-buchung im Central Finance-System, damit alle Daten zentral ineinem System zur Verfügung stehen und dort ausgewertet werdenkönnen. Hierbei entstehen redundante Daten; ein Mapping der Logikim angeschlossenen System auf die Logik im Central Finance-Systemist zwingend erforderlich.

• S/4HANA (on Premise): Diese Variante enthält sowohl die Innova-tionen im Bereich Finanzen und Controlling als auch die Neuerungenim Bereich Logistik; die Installation der Software erfolgt ebenfalls aufden kundeneigenen Servern im Rechenzentrum und der Betrieb derLösung erfolgt eigenständig.

• S/4HANA Cloud: Diese Variante enthält sowohl die Innovationen imBereich Finanzen und Controlling als auch in der Logistik; dieSoftware wird lediglich gemietet und es erfolgt keine Installationbeim Kunden vor Ort. Daher sind auch häufigere Innovationenverfügbar (sog. Updates). Möchte man immer auf dem aktuellenStand der Entwicklung sein, ist dies die richtige Wahl.

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SAP S/4HANA: Auswirkungen auf das Finanzberichtswesen

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S/4 HANAFinance

ClassicLogistic

HANA DB

S/4 HANAFinance

S/4 HANALogistic

HANA DB

S/4HANA Finance(ECC 6.0 mit

Add-On)

S/4HANA(Neues ERP)

S/4 HANAFinance

HANA DB

SAP ERP

SAP ERP

Non-SAP

Replikation

Central Finance(ECC 6.0 mit

Add-On und Replikation)

S/4 HANAFinance

S/4 HANALogistic

HANA DB

S/4HANA(Neues ERP)

on premise Cloud

Abb. 3: Einsatzszenarien von S/4HANA

3.1 Einsatzszenarien für On-Premise-Installationen

Für welches der Einsatzszenarien man sich entscheidet, hängt davon ab,welche Prozesse mit S/4HANA unterstützt werden sollen. Handelt essich lediglich um Prozesse im Bereich Controlling und Finanzen undsind bestehende Systeme heute bereits auf diesen Funktionsumfangausgerichtet bzw. begrenzt, so ist ein Einsatz von S/4HANA Financeausreichend. Allerdings sollte langfristig eine weitere Umstellung vonS/4HANA Finance auf S/4HANA eingeplant werden. Ein entsprechen-der Migrationspfad ist von SAP grundsätzlich vorgesehen.

Möchte man nicht nur von den vereinfachten Finanzprozessen pro-fitieren, sondern sofort auch die Innovationen im Bereich Logistiknutzen, so sollte man sich für das Einsatzszenario S/4HANA entscheiden.Bei diesem Szenario muss man jedoch bedenken, dass es noch wenigErfahrungswerte – vor allem bei produzierenden Unternehmen – gibtund die Einführung mit einem gewissen Risiko verbunden ist. EinePrüfung der im aktuellen System verwendeten Funktionen gegen bereits

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S/4HANA Finance

S/4HANA

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verfügbare und stabil einsetzbare Funktionen in S/4HANA sollte zwin-gend im Rahmen des Migrations-/Einführungsprojektes erfolgen.

Bei diesem Einsatzszenario wird ein separates S/4HANA Finance-Systemaufgebaut. Die bestehenden SAP ERP-Systeme bzw. weitere Systemeaußerhalb der SAP-Landschaft (non-SAP-Systeme) bleiben zunächstunberührt. Die bestehenden Systeme werden an das S/4HANA-Systemangeschlossen. Jede Buchung im bestehenden System erfolgt als sog.Schattenbuchung in S/4HANA Finance. Dabei muss ein entsprechendesMapping der buchhalterischen Objekte (Kostenstellen, Kostenarten,Profit Center, Kontenplan etc.) zwischen dem jeweiligen bestehendenSystem und dem neuen Central Finance-System erfolgen. Der Vorteilliegt auf der Hand. Ein einheitliches Reporting über das CentralFinance-System ist schnell möglich, ohne Anpassungen an den beste-henden Systemen durchzuführen. Eine Überführung der bestehendenSysteme kann anschließend System für System erfolgen und behindertden laufenden Betrieb nicht. Größere Risiken sind mit diesem Szenarionicht verbunden. Die Nachteile sollte man jedoch ebenfalls nicht außerAcht lassen. So muss ein komplett neues System aufgebaut werden,welches mit zusätzlichen Kosten verbunden ist. Hinzu kommt, dass derAufbau der Mapping-Logik umfangreich werden kann, so umfangreich,dass der Aufwand fast vergleichbar mit dem für die direkte Migration desbestehenden Systems ist. Die Dauer bis zur endgültigen Überführungaller Systeme in das neue S/4HANA Finance wird damit entsprechendlänger sein.

3.2 Einsatzszenarien für Cloud-Lösungen

SAP bietet die neue Business Suite nicht nur als lokale Installation auf denfirmeneigenen Servern an, sondern S/4HANA kann auch als Mietsoftwaregenutzt werden. Dabei werden die Programme und Daten auf einemServer der SAP gespeichert. Die Lösung muss nicht selber betrieben undbetreut werden. Vorteile sind u.a. die folgenden:

• Es muss keine Hardware beschafft werden.

• Es ist keine Installation der Software erforderlich; der Zugriff erfolgtweb-basiert.

• Kunden können sofort von Softwareaktualisierung profitieren; einUpdate erfolgt alle drei Monate.

• Es sind daher auch keine umfangreichen Upgrade-Projekte erforder-lich.

• Die Software ist skalierbar, d.h. sie kann beliebig an das Unternehmens-wachstum angepasst werden.

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Central Finance

On Premiseversus Cloud

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Jedoch muss vorsichtig beurteilt werden, ob eine Cloud-Strategie grund-sätzlich mit der Unternehmensstrategie zu vereinbaren ist. Dabei solltenSicherheitsaspekte nicht vernachlässigt werden, da die Unternehmens-daten nicht mehr auf kundeneigenen Servern gespeichert werden. Ent-sprechend wichtig sind daher auch die Sicherheitsaspekte. Des Weiterengibt es wenige Möglichkeiten, die Stabilität der Lösung zu beeinflussen,was ein gewisses Risiko mit sich bringt.

4 Implementierung von SAP S/4HANA in der Praxis4.1 Ablauf der Implementierung

Als sinnvoll hat sich die Durchführung einer S/4HANA-Vorstudie erwie-sen, um Handlungsfelder zu identifizieren und dabei gleichzeitig eineAusbildung der Projektmitarbeiter durchzuführen. Die neuen Funktionali-täten können so genauer unter die Lupe genommen und erstes Wissen überdie neue Lösung kann aufgebaut werden. Bei der Vorstudie sollte immerein Abgleich mit den heute eingesetzten Funktionen und bestehendenProzessen erfolgen. Bislang hat sich eine Gliederung in die folgendenThemenbereiche als Best Practice etabliert:

• Controlling und Accounting

• Treasury

• Cash Management

• Reporting

• Planung

• Konsolidierung

• Logistikprozesse (falls erforderlich)

• Schnittstellen zu weiteren Systemen, z.B. CRM, HR, SCM etc.

Im Rahmen der Workshops zu den einzelnen Themenbereichen werdenHandlungsfelder identifiziert, z.B. ob bestehende Funktionen ohne An-passung übernommen werden sollen oder können oder ob Anpassungensinnvoll bzw. erforderlich sind. Der Reifegrad der Funktionen spielt hierbeieine große Rolle. Basierend auf den identifizierten Handlungsfeldern wirddann die Roadmap für das eigentliche Projekt erstellt. Dabei werdenunterschiedliche Umsetzungsvarianten (Greenfield, Brownfield, System-verschmelzung) berücksichtigt. Wichtig ist auch eine Kosten-/Nutzenbe-trachtung, welche in einer entsprechenden Entscheidungsvorlage mündet.

Bei einem Greenfield-Ansatz wird – wie der Name schon sagt – auf dergrünen Wiese begonnen. Das bedeutet, es wird ein komplett neues Systemaufgebaut und bestehende Systeme werden nach und nach in das neue

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Vorstudie alsEinstieg

Greenfield versusBrownfield

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System überführt. Dabei muss eine Migration der Daten aus den altenSystemen in das neue System erfolgen. Für einen Greenfield-Ansatzentscheidet man sich klassischerweise, wenn es mehrere alte Systeme gibt,die in ein neues System überführt werden sollen und wenn die altenSysteme sehr „verbogen“ sind, d.h. viele kundeneigene Entwicklungenenthalten, die optimalerweise durch Standardfunktionalität abgelöst wer-den können. Sollen gleichzeitig neue Strukturen, wie bspw. ein neuerKontenplan, neue Kostenstellen, Profit Center usw. eingeführt werden, sobietet der Greenfield-Ansatz die Möglichkeit, alte Strukturen, Stammdaten,Eigenentwicklungen gar nicht erst zu übernehmen und ein schlankes neuesSystem aufzubauen, welches optimal auf die neuen Funktionen ausgerich-tet ist.

Im Gegensatz dazu wird beim Brownfield-Ansatz das oder die bestehen-den Systeme auf die neue Version der Business Suite upgegradet. DieserAnsatz empfiehlt sich, wenn es grundsätzlich nicht erforderlich ist,mehrere Systeme in ein Zielsystem zu überführen und wenn bestehendeStrukturen und Prozesse bereits gut harmonisiert und standardisiert sind.

Verfolgt man gleichzeitig eine Konsolidierung der Systemlandschaft,spricht man auch von einem „One-ERP“-Ansatz. Dabei kann sowohlnach dem Greenfield-Ansatz als auch nach dem Brownfield-Ansatzvorgegangen werden. Jedoch sollte beim Brownfield-Ansatz das Systemals Zielsystem gewählt werden, welches strukturell die beste Ausgangsbasisbietet, d.h. die wenigsten kundenindividuellen Anpassungen enthält.

Eine reine Migration der bestehenden Systeme, ohne dabei die fachlichenKonzepte anzupassen, ist aus Sicht von Horváth & Partners nicht sinnvoll.Nur mit einem neuen Fachkonzept können die Vorteile, welche sich mitS/4HANA (Finance) realisieren lassen, voll ausgeschöpft werden. Vor allemsollten weitestgehend Verteilungsmechanismen eliminiert werden, kalkula-torische Kosten sind zu vermeiden, unterschiedliche Wertansätze ebenfalls.Außerdem sollte auf eine kontenbasierte Ergebnisrechnung umgestelltwerden. Meist haben sich in den vergangenen Jahren auch zahlreichekundenspezifische Entwicklungen etabliert, welche über die Jahre zu einemhohen Pflegeaufwand geführt haben. Ein Migrationsprojekt bietet immerdie Möglichkeit, diese Programme wieder zurück in die Standardfunk-tionalität zu überführen.

Normalerweise erfolgt eine Einführung nicht in einem Zug (Big Bang),sondern die neue Lösung wird nach und nach auf die Landesgesell-schaften ausgerollt. Trotzdem muss eine durchgängige Berichtserstattungjederzeit gewährleistet sein. Ein möglicher Ansatz ist, das Reporting imSAP BW zusammenzuführen, falls dieses vorhanden ist. Daten aus denalten und dem neuen System können in ein einheitliches Datenmodellüberführt werden.

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SAP S/4HANA: Auswirkungen auf das Finanzberichtswesen

Ein neuesFachkonzept isterforderlich

DieÜbergangsphasemuss berück-sichtigt werden

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4.2 Herausforderungen bei der Implementierung

Um nicht gleich diejenigen Systeme umzustellen, auf denen kritische Ge-schäftsprozesse laufen, wie bspw. der Monatsabschluss, empfiehlt es sich,erste Erfahrung mit der neuen Datenbanktechnologie HANA bei derUmstellung anderer SAP-Systeme zu sammeln. Dabei hat es sich bspw.bewährt, das auf SAP BW basierende bestehende Data Warehouse System,welches bei den meisten SAP-Kunden im Einsatz ist, als erstes auf die neueHANA-Datenbank umzustellen. Diese Umstellung ist meist problemlosmöglich. So kann vor allem die IT-Abteilung wertvolle Erfahrungen imUmgang mit der neuen Technologie sammeln.

Das Rechnungswesen und das Controlling werden mittelfristig engerzusammenwachsen. Dies ergibt sich schon aus rein operativen Aspekten,da z.B. keine Kostenarten mehr angelegt werden müssen. Da diese jetzt alsKonto hinterlegt sind, lassen sich Aufgaben bündeln. Daher sollte einTraining für das Projektteam frühzeitig im Projektverlauf erfolgen. Auchein entsprechendes Change-Management ist zwingend erforderlich, um fürdie Veränderungen, die sich in den täglichen Arbeitsabläufen ergeben, dieAkzeptanz der Mitarbeiter zu erhalten. Dabei hilft vor allem auch einProjekt-Sponsor auf Vorstands- oder Geschäftsleistungsebene.

Bei einer Umstellung dieser Größe sollte unbedingt die Chance genutztwerden, historisch entstandene kundenindividuelle Einzellösungen durchvorhandene Standardlösungen zu ersetzen. Meist sind diese Kundenlö-sungen entwickelt worden, um fehlende Funktionalität abzubilden oderder Kundenprozess ließ sich nicht mit den Standardfunktionalitätenabbilden. Meist haben sich diese Kundenentwicklungen im Laufe der Zeitals schwerfällig, fehleranfällig und kostenintensiv in der Wartung erwie-sen. Eine Ablösung bzw. Rückführung in den Standard führt meist zueiner Verringerung der Schnittstellen und ist damit weniger fehleranfällig.

Unterstützen die bestehenden SAP-Businesssysteme nicht nur die Finanz-und Controlling-Prozesse, sondern sind auch Funktionen im Bereich derLogistik und der Materialwirtschaft enthalten, so müssen diese Prozessemitbetrachtet werden. Das Projekt wird dadurch sehr umfangreich, vorallem wenn es sich um ein produzierendes Unternehmen handelt. Oftwerden S/4HANA-Projekte aus dem Finanz- und Controlling-Bereichheraus als One-Finance-Projekt gestartet. Oft muss ein solches Projektjedoch dann auch auf die anderen Unternehmensbereiche ausgeweitetwerden. Dabei sollten auch aktuell laufende Projekte berücksichtigtwerden, da ein neues S/4HANA-System Schnittstellen zu all diesenSystemen hat bzw. haben wird.

Für die Einführung von SAP S/4HANA sollte daher ausreichend Zeiteingeplant werden. Grundsätzlich ist ein straffes Projektmanagement

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Erste Erfahrungenmit der neuen

Technologiesammeln

OrganisatorischeVeränderungenberücksichtigen

Ablösungkunden-

individuellerEntwicklungen

durchSAP-Standard

Logistikprozesseberücksichtigen

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anzustreben, um – wo möglich – die Nutzung von Standardfunktionali-täten durchzusetzen. Jedoch sollten fachliche Aspekte sorgfältig geprüftund fachliche Anforderungen konzeptionell aufbereitet werden. Dieserfordert Zeit. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass bei der Umstellungder bestehenden SAP-Systeme eine Projektlaufzeit von mindestens ein-einhalb Jahren bis hin zu mehreren Jahren berücksichtigt werden muss.

Nicht vergessen sollte man auch, dass plötzlich ganz neue Anwendungs-fälle durch die SAP HANA-Plattform möglich werden. Denkbar sinddabei vor allem Innovationen der Digitalisierung, wie bspw. PredictiveForecasting oder Auswertungen von Big Data.

5 Auswirkungen auf das Finanzberichtswesen2

Doch was bedeutet das für Unternehmen in der Praxis, insbesondere fürdas zukünftige Berichtswesen einschließlich der bestehenden Berichts-prozesse im Bereich Finanzen und Controlling?

5.1 Auswirkungen auf das Reporting

Durch die Einführung von S/4HANA (Finance) ergeben sich weitrei-chende Änderungen für das Reporting in Unternehmen. Bislang müssenInformationen – meist während der Nacht – aggregiert in ein DataWarehouse extrahiert werden und stehen dort für Auswertungen amnächsten Tag zur Verfügung. Dieser Prozess geschieht meist für Finanz-und Controlling-Daten separat. Da die Daten auf dem Weg in dasReporting-System häufig für das Berichtswesen optimiert werden, undder Zeitpunkt der Datenbeladung nicht identisch ist, ist es fast nichtmöglich, übereinstimmende Werte zu erhalten. Das bringt umfangreicheAbstimmungsaufwände mit sich.

Mit S/4HANA ändert sich dies grundlegend, da ein leistungsstarkesReporting nun auch direkt im Quellsystem möglich ist. Da es nur nocheinen Beleg gibt, in dem eine unbeschränkte Anzahl von Dimensionen zurVerfügung stehen und dieser in Echtzeit ausgewertet werden kann, wirddas Reporting einfacher, flexibler und schneller. Da liegt die Vermutungnahe, dass Unternehmen künftig auf den Aufbau und die Nutzung einesseparaten, unternehmensweiten Systems für Reporting und Planungverzichten können und den Zugriff auf die Unternehmensdaten direkt imERP ermöglichen.

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SAP S/4HANA: Auswirkungen auf das Finanzberichtswesen

Eine SAPS/4HANA-Einführung ist einProjekt vongrößerem Umfang

2 Vgl. Eilers/Stärk, 2016, S. 2ff.

NeueMöglichkeitenberücksichtigen

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5.2 Optionen des Datenzugriffs

Grundsätzlich sollten Anwender davon ausgehen können, dass die System-architektur und auch die Anwendungsszenarien durch den Einsatz vonS/4HANA extrem vereinfacht und flexibel werden. Grundsätzlich stimmtdas auch. Jedoch schafft genau die neugewonnene Flexibilität gleichzeitigeine Vielzahl möglicher Optionen und Szenarien, welche bei der Architek-turentscheidung in Betracht gezogen werden müssen. Wichtig ist es daher,frühzeitig und sorgfältig eine Grundsatzentscheidung zu fällen:

• Setzt das Unternehmen auf ein separates Data Warehouse?

• Oder sollen Berichte direkt in der S/4HANA Business Suite aufgebautwerden bzw. sollen die von SAP im Standard ausgelieferten ana-lytischen Fiori-Apps genutzt werden?

Zur Beantwortung dieser Kernfrage gibt es keinen, für alle Unternehmenfunktionierenden, Best-Practice-Ansatz. Grundsätzlich lassen sich jedochdrei unterschiedliche Optionen des Datenzugriffs unterscheiden (s. Abb. 4).

S/4HANA SAP BW

Core Data Services

Vollständige S/4HANA Ausrichtung1

SAP BW

Hybrides Szenario3

S/4HANAS/4HANA

Embedded BW

Embedded BW2

SAP BW

Core Data Services

Core Data Services

Abb. 4: Optionen des Datenzugriffs

Bei Option 1 erfolgt eine vollständige Integration der Berichtslösung in dieBusiness Suite (direkter Zugriff auf die Daten in Echtzeit über Core DataServices, CDS), ohne Einsatz eines zusätzlichen Data Warehouse. DieseOption bietet alle Vorteile der neuen Technologie (bspw. real-time, hoheDatengranularität und -integrität, Einbindung in die transaktionalenProzesse) und ermöglicht so eine schnellstmögliche Reaktion auf Ver-

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Option 1:VollständigeIntegration

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änderungen im Reporting. Planungsfunktionalität mittels CDS ist jedochnicht verfügbar. Die Ausrichtung des Berichtswesens ist stark operativ.

Bei der Nutzung des Embedded BW werden die Daten mit Hilfe der CoreData Services über das Embedded BW zur Verfügung gestellt. DieseOption ist dann von Vorteil, wenn kein eigenständiges Data Warehousezur Verfügung steht und der spezifische, von der SAP ausgelieferteContent für die operative Planung genutzt werden soll.

Bei dem hybriden Szenario werden die operativen Daten in Echtzeit ausder Business Suite zur Verfügung gestellt und mit weiteren Informationenim Data Warehouse verknüpft. Diese Option ermöglicht die Realisierungweiterer Potenziale und adressiert sowohl das strategische als auchoperative Reporting. Sinnvoll ist diese Option, wenn ein bestehendes SAPBW-System auch weiterhin genutzt werden soll und die Vorteile desReportings in Echtzeit integriert werden sollen.

Mit den Fiori-Apps als zentralem Einstiegspunkt für den Anwender stellendie Anwender keinen Unterschied fest, da bestehende Berichte integriertwerden können. Es gibt Fiori Apps sowohl für operative Transaktionen,wie bspw. die Buchung von Hauptbuchbelegen, als auch für analytischeAnwendungen. Die Grenzen zwischen Transaktion und (Management)Reporting verschwimmen dabei immer mehr.

5.3 Architekturrelevante Entscheidungskriterien

Für eine fundierte Entscheidung sollten zunächst die grundlegenden Vorteileeines eigenständigen Data Warehouse sowie die zukünftigen Reporting-Anforderungen betrachtet werden. Es gilt, eine Zielarchitektur zu entwickelnund für bestehende Systeme zu entscheiden, ob diese nach einer S/4HANA-Einführung noch Bestand haben werden. Hierzu können verschiedeneEntscheidungskriterien herangezogen werden, die im Folgenden beschriebenwerden:

Wichtige Entscheidungskriterien stellen die Größe des bestehenden DataWarehouse, die Anzahl und Komplexität der bereits produktiv genutztenBerichts- und Planungslösungen sowie die Aktualität der Technologiedar. Daher empfiehlt es sich im Sinne einer Kosten-/Nutzenabwägung,erst die bestehenden Berichts- und Planungslösungen zu analysieren, ehedas Management die Zielarchitektur und die Roadmap festlegt.

Kommen die Daten aus dem Finanzbereich aus unterschiedlichen Syste-men, d.h., hat das Unternehmen nicht nur ein einziges S/4HANA-Systemim Einsatz? So ist weiterhin eine (separate) Plattform erforderlich, die einunternehmensweites Reporting und ggf. auch die Konsolidierung sicher-stellt. Eine einheitliche Definition von Kennzahlen und die Harmonisie-

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SAP S/4HANA: Auswirkungen auf das Finanzberichtswesen

Option 2:Embedded BW

Option 3:Hybrides Szenario

Fiori-Apps alszentralerEinstiegspunkt

BestehendeData Warehouse-Strukturen &Berichts-/Pla-nungslösungen

Grad der System-und Datenharmo-nisierung

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rung aller erforderlichen Stammdaten in einer zentralen Berichtsplattform,wie bspw. ein unternehmensweit gültiger Kontenplan, Kostenstellehierar-chien, Funktionsbereiche etc. ermöglicht es, die Informationen aus meh-reren Quellen zusammenzuführen. Insbesondere für die Übergangsphase,bis alle Gesellschaften auf dem neuen S/4HANA-System integriert sind,spielt eine solche zentrale Plattform eine wichtige Rolle.

Sollen Veränderungen von Informationen im Zeitverlauf dargestellt werdenund nicht nur die aktuell gebuchte Wahrheit, so müssen die Informationenzu bestimmten Zeitpunkten als sog. Snapshot bzw. als Version dauerhaftgespeichert werden. Diese Anforderung wird, aufgrund der großen Daten-mengen, optimal von einem separaten Data Warehouse unterstützt.

Eine zunehmende Bedeutung bekommt die Anreicherung von Berichtenmit externen und teilweise unstrukturierten Informationen, z.B. aus derMarktforschung oder den sozialen Netzwerken. Diese Verknüpfung voninternen und externen Berichtsdaten gelingt nur dann, wenn diese auchim gleichen System verfügbar sind. Generell sollten solche externen Datennur beschränkt in das HANA-System eingespielt werden. Das separateData Warehouse ist hier also die klügere Wahl.

Um die neuen Funktionen vollumfänglich nutzen zu können, ist in denmeisten Fällen eine Restrukturierung der Finanzprozesse erforderlich.Diese Restrukturierung wirkt sich auch auf die bestehenden Strukturender Datengewinnung und die darauf basierenden Berichte aus. In diesemFall können die Anpassungsbedarfe so groß sein, dass ein kompletterNeuaufbau erforderlich wird oder die Änderungen so umfangreich sind,dass ein Wechsel auf S/4HANA als Berichtssystem sinnvoller ist.

Hinzu kommt, dass die Anwender von Berichten sich an die bestehendenBerichtswerkzeuge gewöhnt und umfangreiche Schulungen stattgefundenhaben. Je nachdem, wie beliebt diese Tools im Unternehmen sind, wird esschwerfallen, diese sofort durch neue zu ersetzen. Eine Umgewöhnung derBerichtsempfänger an eine neue Oberfläche sollte schrittweise erfolgen.

Es wird klar, dass der alleinige Einsatz von Reporting-Lösungen inS/4HANA nicht in allen Fällen die richtige Entscheidung ist – soleistungsstark sie auch sind. Eine Nutzung der integrierten Berichte mittelsCore Data Services ohne Einsatz eines zusätzlichen Data Warehouse,erscheint insbesondere bei einem stark operativ ausgerichteten Berichts-wesen sinnvoll. Im Gegensatz dazu erscheint bei einer strategischenAusrichtung des Management Reporting ein eigenständiges EnterpriseData Warehouse zielführend, wobei hier über das hybride Szenarioebenfalls Daten in Echtzeit verfügbar gemacht werden können. Auch dieDSAG kommt in ihrem Positionspapier zum Schluss, dass die Kom-bination der bestehenden Möglichkeiten (S/4 HANA, BW, S/4HANA

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Organisation & IT

Verfügbarkeithistorischer

Daten/Versionenim Reporting

Integrationexterner und

unstrukturierterDaten

Neue S/4HANA-Funktionalitäten

& derenAuswirkung auf

Prozesse

GetätigteInvestitionen in

Berichtsland-schaften &Schulungs-

maßnahmenHybride Szenarienbieten die größte

Flexibilität

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Analytics und HANA Native) ein Potenzial besitzt, das in der reinenS/4HANA-Ausrichtung nicht geboten wird.3 Abb. 5 soll die generellePositionierung der unterschiedlichen Optionen nochmals verdeutlichen.

aktuellste Daten

unmittelbare Entscheidungen

Echtzeitdirekte Änderungen von

Transaktionsdaten

Harmonisierung Bereinigung

Historisierung

TransformationenSystemkonsolidierung

non-SAP / externe Daten

hohe Datengranularität

Zeitabhängigkeit

Snapshots / Versionen

Big Data / Data Mining

predictive Analytics

komplexe BerechnungenManagement Reporting

direkter Einblick ins Tagesgeschäft

Enterprise Data Warehouse

Hybrides Szenario

S/4 HANA Analytics

stra

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Abb. 5: Zusammenfassung der Architekturoptionen

6 FazitUnter dem Strich lässt sich festhalten: Die neue In-Memory-Technologieund die S/4HANA-Plattform revolutionieren sicher nicht die ganze Weltder Geschäftsprozesse. Jedoch sind die Änderungen nicht ganz unerheb-lich und mit einem entsprechenden Umstellungsaufwand verbunden.

Durch das Universal Journal und das Einkreissystem wachsen Accoun-ting und Controlling zusammen, entsprechende organisatorische Ver-änderungen sollten auf jeden Fall berücksichtigt werden.

Mit der neuen Datenbanktechnologie wird der tatsächliche Zugriff aufInformationen in Echtzeit möglich und bietet die Verknüpfung vonDaten aus den unterschiedlichsten Funktionsbereichen auf untersterBelegebene.

199

SAP S/4HANA: Auswirkungen auf das Finanzberichtswesen

3 Vgl. DSAG e.V., 2015, S. 9.

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Vor dem Start des Upgrade-Projektes sollte auf jeden Fall ein Vorprojektstattfinden, in dem die individuellen Auswirkungen der Umstellung aufdas Unternehmen identifiziert werden und alle potenziellen Verbes-serungen berücksichtigt werden können.

Das Einsatzszenario und mögliche Arten der Einführung entscheidenmaßgeblich über die Projektdauer und den damit verbundenen Auf-wand.

Momentan gibt es noch nicht viele Erfahrungen mit der neuen SAPBusiness Suite im operativen Betrieb, da sich viele Unternehmen noch imStadium des Vorprojektes befinden. Es ist jedoch bereits jetzt absehbar,dass bei einer sorgfältigen Einführung die Vorteile den Aufwand recht-fertigen und dass mittel- bis langfristig nur diejenigen Unternehmen vonden Innovationen der SAP profitieren werden, die eine Umstellungdurchführen.

7 LiteraturhinweiseDSAG e.V., DSAG-Positionspapier – Bedeutet S/4HANA das Aus für dasBusiness Warehouse? Eine Einschätzung des DSAG-Gremiums HANAAnalytics (Version 1.0), 2015.

Eilers/Stärk, S/4HANA von SAP: Reporting – Data Warehousing imFokus, 2016.

Zimmermann, SAP S/4 HANA Simple Finance – was ändert sich für denController?, http://vebmedia.ch/artikel/controlling/sap-s4-hana-simple-finance-%E2 %80 %93-was-%C3 %A4ndert-sich-f%C3 %BCr-den-controller, Abrufdatum 13.9.2016.

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Organisation & IT