Sava Pasa'Ya Reddiye-s. 317-Btzantische Zeitschrift-1893

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Besprechungen 317 Bibelstellen gethan hat, einiges hinzufügen: 1, 20 lies 'Xfil „ffn ... - Rilm. 8, 18; 2, 2 vgl. Phil. 2, 15 f.; 2, 25 lies u, 3, 3 avl'-fJ&ari, 3, 26 refU'iOv' 3, 30 vgl. Psalm. 41 l 2; 6, 4 cXVO(>t 'tOOV' G, 6 6, 11 u.l.EvO"?h 6, 23 Ri ga. Ed. Kurtz. Sa\'vas Paclrn, Etude sur la theorie du droit musulman. Premiere partie. Paris, l\far<'hal et Billard 1892. XLV, 163 + 170 pp. Kl. 8°. Preis 5 Frcs. Jedermann wird dem Verf. (p. 1.rv.II) gerne darin beistimmen, dafs wir. an Darstellungen des positiven muhammedanischen Gesetzsystems - d!essen was die Muhammedaner selbst fur ü' d. i. die Zweige der Gesetzwissen- schaft nennen - keinen Mangel leiden. In Staaten, welche wegen ihrer muhammedanischen Kolonien und Provinzen das praktische Bedürfnis haben, in die gesetzlichen Verhältnisse ihrer den Islam bekennenden Unter- thanen eingeweiht zu sein, also zumeist in Frankreich, England, Rufsland, Holland hat man eine stattliche Litteratur auf diesem· Gebiete zust.ande gebracht; auch Deutschland ist dabei, wenn auch für jetzt nur sehr spär- lich, vertreten (zuletzt: L. Hirsch, Bearbeitung des Erbrechtes, Leipzig 1891). Für eine wissenschaftliche Begründung der muhammedanischen Gesetz- kunde reicht aber die Flut von selbstlindigen Kompendien und Übersetzungen arabischer Coditces nicht aus. Es ist schon vor dem Verf. hervorgehoben worden, dafs ein wirkliches Verständnis der muhammedanischen Gesetz- wissenschaft zunächst von dem gründlichen Eindringen in die l\Iethodologie, - was die Muhammedaner d. i. Grundlagen nennen - und die Ent- wickelungsgeschichte derselben auszugehen hat. Es ist in der europäischen Litteratur auch in dieser Bezjehung, freilich nicht allzuviel, vorgearbeitet worden und es hätte dem Werke S. zu grofsem Vorteile gereicht, wenn er in der Lage gewesen wäre, davon Kenntnis zu ne:hmen, womit - wn Min- deres nicht zu erwähnen - der holltindische Orientalist Snouck Hurgronje zur kritischen Würdigung der hier in Betracht kommenden Vorgl\nge, zur Klärung der vielfach mifsverstandenen Grundbegrüf e beigetragen hat. Der Verf., ein hoher Würdenträger des osmanischen Kaiserreiches, ge- wesener Minister der öffentlichen Arbeiten und der auswllrtigcn Angelegeu- heiten, hat sieb wn die Hech tsstud ien seines Vaterlandes das Verdienst er- worben, der früher brachliegenden 'Vi ssenschaft der die ihr gebührende Stelle im höheren Unterrichte anzuweisen (XXX, 150); er selbst hat sich, nach Erkenntnis ihrer Wichtigkeit für das Verstllndnis des Islam und seiner rnstitutioncn, unter Leitung bedeutender mubammedanischcr in das Studium derselben vertieft, und das vorliegende Buch, dem baldigst ein rr. ll<l. nls Portsetzung folgen soll, cnlhUlt die Resultate der Untersuchungen des Verf. über Quellenkunde, Methodik, Geist und Entwickelungsgeschichte dr·r muhammeclnnischen Hecht.sinstitutionen: dies alles zus:unmcngenommen !!Cheint die Benennung „th6orie du clroit musulmnn" vereinigen zu wollen. (Jir• kon fessioncllc /,ugehUrigkeit ist im Ol'ient auch in der Bcl1nn"illnu wisscnsclm.ftl ich"r 1"rnKcn nicht glcichgüWg. Snvvl\S Pascha bekennt sich (XXT!f) nls übcrz<'ugungslreuer Christ „chrHicn convn.incn" uml setzt. sich vor, drm Gegcnslnntle seiner Unlcrt1uchungeu „mit. tlcr vollkommensten Un-

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  • Besprechungen 317

    Bibelstellen gethan hat, einiges hinzufgen: 1, 20 lies 'Xfil ffn ... ?l/A~" - Rilm. 8, 18; 2, 2 vgl. Phil. 2, 15 f.; 2, 25 lies ~V(IEOv~ u, 3, 3 avl'-fJ&ari, 3, 26 refU'iOv' 3, 30 vgl. Psalm. 41 l 2; 6, 4 cXVO(>t 'tOOV' G, 6 lnino{t{fi~, 6, 11 u.l.EvO"?h 6, 23 &v1r~la-rov~.

    Riga. Ed. Kurtz.

    Sa\'vas Paclrn, Etude sur la theorie du droit musulman. Premiere partie. Paris, l\far

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    parteilichkeit, mit der grfsten Achtung und der strengsten Gerechtigkeit" gegenberzutreten. Und dies in der Einleitung gegebene Versprechen hat er im Verlaufe seines Uuches getreulich eingelst. Wahrhaft wohlthuend wird man von der Vorurteilslosigkeit, ja Hochachtung und Sympathie be-rhrt, die er dem Stifter des Islam entgegenbringt, von der Bedeutung, die er seinen Lehren fr die Besserung der orientalischen Gesellschaft beimifst. Es ist wahrlich scnon lange her, dafs Nichtmuhammedaner in diesem Tone vom Islam gesprochen haben. Savvas Pascha findet in der Administration des Almosenwesens, wie sie der Islam begrndet, die beachtenswerteste Art der Lsung der sozialen !

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    llOllSt bitte er sich der Aufgabt, ihre Stellung in der Entwickelungsgeschichte a charakterisieren, doch anders entledigt, als er dies bei der Env11hl;lung 4er Titel (S. 118. 120) thut. berdies wlire er beim Schejbani in der ~gen Lage gewesen, das Y erhltnis seiner Rechtslehre zu der des l\flik auf Grundlage der Glossen charakterisieren zu knnen, die jener zu dem Werke des letztem geschrieben bat; diese Glossen liegen in nicht weniger -als drei (vielleicht noch mehr) Ausgaben vor (vgl. meine ~Iuhanunedanischen Studien, Halle 1889/90 II. Ba. S. 223).

    Also es ist genug zusammenhngendes Material vorhanden - wir haben die Aufzhlung nicht erschp R - um eine nchterne Charakteristik jener juristischen Denker im Verhltnis zu den Vorgngern auf Grund positiver Quellen zu liefern. Diese lfst aber der Verf. abseits liegen und fhrt uns 8eber Nebelbilder auf Grund ganz moderner Quellen vor, Fabeln, geschpft 6118 unwissenschaftlichen Darstellungen der splltesten Zeiten. So wie er sich fr die Omajjadenzeit (VII-VIII. Jahrh. n. Chr.) auf Kinalisade Hasan 11Jobelebi, einen gelehrten Trken, der im Jahre 1603 schrieb, beruft, so sttzt er sich (S. 100) in seiner Charakteristik des Abu J;Ianifa (gest. 767) auf

    N~ Efendi: grand juge de l'Egypte (Missir 'Molassi) auteur du XIIl8 si~cle de l'hegire" (wir stehen jetzt am Beginn des XIV.). Es ist bei der Methode des Verf. kein Wunder, wenn er einen Rechtscodex des Abu IJ:anifa klein and fein charakterisiert, den weder er noch irgend ein anderer Pachgenosse je hat sehen knnen; dafr aber nichts zur Charakteristik des Grnders der schAfi'itischen Schule beibringt, dessen Grundwerk ber die Methodologie der Gesetzeswissenschaft (Risula f\ ~til al-fi1$h), also derselben, deren histo-rilche Darstellung der Verf. unternommen, aus zwei Kairoer Handschriften 8'1.tdiert werden kann und in Europa. bereits benutzt worden ist; nichts clarber, was das System des Medinensers Ml\lik im Verhltnis zu Abu. l:fana in der Geschichte der Entwickelung der muhammedanischen Gesetz-wissenschaft bedeutet, obwohl das Grundwerk desselben (~Iuwatta') zu den bestzugnglichen Bchern gehrt und hoffentlich auch an der vom Verf. begrndeten juristischen Hochschule behandelt wird. Also mit einem Worte, der Verf. lfst beglaubigte: zeitgenssische , positive Quellen abseits liegen und konstruiert Kartenhuser nach schlechten Informationen oder gar -wenn ich richtig sehe - aus luftigen Hypothesen. Denn ich denke nicht, clafs ich den Kinl\lisade oder den llgyptischen Mufti dafr verantwortlich machen darf, \Vas Savvas Pascha ber das Verh!Lltnis Abu J:Ianifas zum Aristotelismus und anderen philosophischen Systemen vortrllgt.

    Es gehrt 'ZU den Elementen der Wissenschaft, zu deren Fortschritt cler Verf. in vorliegendem Werke beitragen will, zu wissen, dafs es im 2. und a. Jahrh. des Islam in 1.lezug a.uf die Deduktion der Gesetze zwei einander gegnerisch gegenberstehende Richtungen gegeben hat; die V ertretc1 der ciueu lehren die ausschliefslicbe 1.lcrechtigung positiv l\berliefcrter Quellen und !iehliefsen n.ns den Quellen der Gesetzesdeduktion jedes subjektive, spekulative :lement aus: man nennt sir. 'frac1itionnlisten" (ahl al-1).adtth); die anderen lehren ilie Berechtigung subjektiver, spekulativer Grundlagen in der Gesctzes-de1luktion , sie arbeiten 'mit Analogien (kijus) 1 mit l'olgerungen aus der :ratio legis (illa), mit l'rllsumlio11cn (z. :U. isti~ho.b), ja. :.clb:;t mit willkilr lieb1n )foinungcn (isti~sf\n), 1.u deren Anw"nclung sie

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    Die spekulative Sehule nennt Abu I.Ian1fa als ihren ersten grofsen Theo-retiker, obwohl :meh vor ihm bereits die spekulative Methode in der Reoht.s-deduktion gebt wurde. Der letztem steht also einzig und allein die Methode der Traditionalisten" gegnerisch gegenber. Das Objekt ihrer Gegnerschaft ist a.usschliefslich die Frage: wie und auf welcher Grundlage Gesetz und Recht erschlossen werden knnen. }fit Philosophie, mit metaphysischen Errterungen hatten, wenigstens auf dem Gebiete dieser Streitfragen, weder die einen, noch die anderen das mindeste zu sobaft'en. Woher nimmt nun der Verf. di.e immer von neuem wiederkehrende, die H.ichtung seiner Da.rstcllung von allem Anfang an beeinflussende Verwicke-lung der Rechtsmethode des Abu ~anlfa in philosophische, rationalistische Gegnerschaften (S. 81 ff. 103); woher die Details ber Stellungnahme der

    ~Iuc taziliten, einer rein dogmatischen Richtung (deren Anhnger gegen die Annahme des Unerschaffenseins des Korans 'Viderspruch erhoben, ber die Nichtexistenz der Attribute in Gott, ber Fatum und freien Willen spinti-sierten) in Fragen der Jurisprudenz? Wie kann er die }fu'taziliten berhaupt jurisconsults arabes dissidents" (Ch. IT S. 11) nennen und auf welche Indicien hin macht er aus Abu I:Iamf einen Metaphysiker, der in Verbindung mit seinem Corpus juris eine Ontologie konstruiert (II S. 14 ff., vgl. ib. S. 10 ber etudes philosophiques du coryphee des jurisconsults musulmans")? Wohl weifs man, dafs die spteren Theologen, Dogmatiker und Juristen in einer Person sind, und dafs auch die gelehrten trkischen Kasnistiker, denen der Verf. seine Information verdankt, ebenso ber Substanz und Accidenz spe-kulie1ien wie ber Strafrecht und W aschungsgesetze. Aber der Historiker kann doch die Zustnde der sptern und sptesten Entwickelung nicht an den Anfang derselben setzen und in den Kopf des Stifters hineindichten, was das Gehirn der Epigonen ausfllt! '

    Eitel Wortstreit wre es, -viel Opposition dagegen zu machen, dafs der Verf. diesen Satz unaufhaltsam wiederholend, a.lles muhammedanische Gesetz im Sinne des Islam auf gttlicher Offenbarung beruhen lfst. Dieser Lehr-satz schlgt sich dW'ch die eigene Darstellung des V erf. von dem durch freie Forschung und Schpfung erschlossenen :Momente der Gesetzkunde und lfst sich nicht aufrechterhalten durch jene von den edelsten Motiven be-seelte und mit wahrer Begeisterung verkndete Anschauung des Verf. von der Islamisierung" der geistigen Erwerbungen innerhalb des reli-gisen Lebens im Islam und ihre hierdurch vollzogene Aneignung fr das System der auf Oifenbarung benilienden Religion. Dies ist sehr schn ge-dacht, sehr edel konzipiert und jeder Freund der Zukunft des Islam, jeder, der ihm einen hohen Beruf innerhalb der orientalischen Vlkerfamilie zu-erkennt, wrdigt nnd begrist die Theorie des verdienten Staatsmannes, durch welche jedtr Fo..tschritt, der bedingungslose Anschlufs an die ge-H\uterten Ideen moderner Zivilisation, die Abstreifung aller sozialen .Aus-wchse und die Aneignung des Edelsten und Ntzlichsten, was uns occi-dentalische Bildung geschenkt, im ,Sinne des Islam zu einem religisen Postulat erhoben wrde. (Le progrlls est la loi de l'Islam. L'immobilite est condamne pa1 Dieu et par son envoye . . . . Tout musulman doit alors les considerer comme des devoirs religieux." etc. Cl1. TI S. 166). Aber diese Theorie ist belanglos fr die itlteste muhammedanische Rechtsgeschichte und konnte nicht im 8. Jahrh. unserer Zeitrechnung das Motto jener Juristen

  • Besprechungen 321 von Damaskus und Bagdad sein, welche fr die verfeinerten Verhltnisse der syrischen und mesopotamischen Gesellschaft mit ihren aus Arabien mit-gebrachten spllrlichen Gesetzien nicht auskamen, und unter dem Einflusse der Methodik des rmischen Rechtes ein geschlossenes, fr die neuen Ver-hlltnisse ausreichendes Gesehsystem zu schaffen sich anschickten.

    Denn wie sehr der V erf. auch dagegen protestieren mge, es lfst sich nicht leugnen, dafs die rmischen Rechtsstudien in Syrien entscheidenden, fl'Jinzipiell mafsgebenden Einfluis auf die Initiative der ltesten Theoretiker fler muhammedanischen Rechtsentwickelung ausgebt haben und dieser kultur-historischen Thatsache (vgl. lluhammed. Studien II S. 75-76) wird man nicht mit Generalisationen beikommen, mit der Behauptung des arabischen, ja sogar semitischen Charakters des sogen. muhammedanischen Rechtes, welches nach dem V erf. la production la plus importante du genie semi-tique" (S. XL V) sein soll. Wir glauben nicht daran und werden in diesem Unglauben, abgesehen von den positiven Gegenbe,veisen, auch durch die Unklarheit und Verwirrung bestrkt, 'velche im Lager der Verknder des semitisch-arabischen Charakters des Fi],cb herrscht. Ist es nicht gleich wunderlich, dafs es derselbe Ren an ist, dessen hierauf bezgliche Ansicht der V erf. an einer Stelle dieses :uches bekmpft, der in seiner Histoire gene-rale des langues semitiques" den Satz ausgesprochen hat, dafs die Araber ihre Jurisprudenz de leur propre genie erschaffen haben? Und wer hat an der Schpfung dieser Jurisprudenz den grfsten Anteil? Fr den Verf. bat mehr noch als fr jeden andern, Abu .ijantf das grfste Verdienst daran; er ist Vater des Fi~th; er ist nach dem Ausdruck dP.s Verf. (S. 105 ult.) le grand jurisconsulte de l'Arabie". Das ganze Zeitalter, in dem er lebt, ist, wie der Verf. sonderbarerweise sagt, durehaus semitisch. (Le

    i;i~cle de Haroun al Rachid est absolument se~tique" S. 71.) Nun mge man auf diesem Gebiete Ras~enpsychologie treiben, so viel man will (der Verf. nimmt S. XXXVII auch den Syllogismus als spezifisch semitische Schpfung in Anspruch); aber wo es .sich nicht um Imponderabilien, wie le genie einer R asse im Gegensatz zu dem einer andern handelt, sondern um ganz bestimmte lnclividue11, welche sich wiserf'r Kontrolle nicht so leicht entziehen knnen, \vie jene prhistorischen Volksseelen und Hasseninstinkte, da kann man mit Generalisa.tionen nicht von der Stelle kommen. Also Abu l:fantfa ist der Haupttrumpf, den der Verf. fr den nationalara.bischen Charakter des muslimischen Rechtes ausspielt! Frwahr, da hat er einen fr seine These hchst vcrh!Lngnisvollen Namen genannt. Es ist der ~lhc wert, da.bei eine kleine Weile stehen zu bleiben.

    Die Zitate des Verf. sind bei der etwas uneurop11isc;:ben Art seiner Ver-weisungen allerdings sehr schwer zu kontrollieren. So weist er uns z. ll. Cbap. ll p. 156 Anm. o.) gelegentlich eines Ausspruches des l\luhammed cinfn.el1 auf Boukharii-Charif, Mition Qnstclani" bin, ohne Band und Seitenzalil anzugeben; dabei handelt es sich um ein Werk von 10 Ullndcn, insgesamt 5:338 Seiten in (:rofsquarto! Aus diesem Grunde konnten wir auch seiner Berufung auf dns 11\ltz!Ln des Scha.'rtl.nt" nicht nachgehen, um uns die Worto anzusehen, auf welche der Verf. (8. 87) seine Behauptung grndet, dafs der Grofsvnter des Abu J_fantfn. chef de la tribu 1les Cheibans", also ein Stocklllaber gewesen 1wi, eine Behauptung, welcher tous lcs biographes" beistimmen sollen. Da wir jedoch von letzteren eine gute Anzahl angesehen haben, kll11nc11 wir voraus-

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    HuseyinVurgu

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    setzen, dafs wir es hier mit einem sonderbaren sprachlichen ~lifsverstlndaia des Verf. zu thun haben. Was Savvas Pascha 11chef" iibersetzt, i11t daa .... dcutige arabische Wort. m n n 11\ , dns wohl auch die Uedeutung Her!fl!-., aber in genealogischen Sachen den einem arabischen Sta.mme affiliierten K 1 i e n te n bezeichnet, besonders einen )Jenschen von nicht.arabischer Abstam-mung, der in den Schutz eines arabischen Stammes tritt, um dadurcl1 ge-wisser Rechte teilh1ftig zu werden, ja sogar einen freigelassenen Sklaven, der unter bestimmten 7\lodalitiiten dem Stamme seines frhem &sit?.ers angegliedert wird. Der persische AbnC' des Abu ~fan1fa war Ma.ul (nicht des Schejbanstammes, sondern des von dem Bruder des Schejban sich her -leitenden St.) der 'l'ejmallh b. Tha'laba. Dies ist es, was uns tous les biographes" berichten. .Aus dem stockarabischen Stammeschef" wird also lJei philologischem Liebte besehen erst recht ein Fremcllnder (maull.). Die persische Absta.nunung des grofsen Imam", an die man auch durch clen bei Savva.s Pascha a. a. 0. erw!ihnten Namen des Grorsvaters Hurmuz recht lebhaft erinnert wird, ist von seinen Gegnern in stark tendenziser Weise ausgebeutet worden, z. B. in der Bekmpfung der auch in der hani-fitischen Schule nieht durchgedrungenen Lehre, da.Cs des Arabischen un-kundige )fuhammedaner sich bei den symbolischen Fonneln des religisen Lebens auch der nichtarabischen z. B. persischen Sprache bedienen drfen (vgl. meine Ueitrge zur Litteraturgescb. der Sbia, Wien 1874, S. 69). }fan mge also mit Abu T:fan1f fr dPn arabischen Ursprung des mnham medanischen Rechtes am allerwenigsten Staat machen. Und wenn wir noch hinzufgen, dafs die Traditionalisten in ihrer Erbitterung gegen die speku-lative Richtung, dieselbe, wie wir bereits an anderer Stelle nachgewiesen, damit verhhnen, dafs die der Nation angeworbenen Elemente, die Kinder fremder Gefangener" dies Gesetz durch das Ra'j verwirrten, so mge dies hier gengen, um den Glauben an den national-arabischen Charakter des letztern auch bei dieser Gelegenheit zu erschttern.

    Doch das ist graue Theorie, die auf die positive Geschichte im Grunde wenig Einufs bt. Leider weifs unser Verf. blutwenig zu sagen ber die Entwickelung des Rechtes aufserhalb der auf Ab Hanlfa's Lehre gegrn-deten Schulen. Hlitte er seinem Vorhaben, ein Historiker dieser Schulen zu seiu, vollauf gerecht werden knnen, so htte er uns in Schejbani, von dem er so viel zu sagen hat, das Hauptschlichste vorfhren sollen, was fr den Entwickelungshistoriker Interesse hat: seine Reaktion gegen die pure Spekulation und seine ernstliche Schwenkung nach der traditionali-stisch1m Seite. Ganz trbe und mangelhaft ist es, was er uns ber die brigen Schulhtl.up~r sagen kann. Von der hervorragendsten Gestalt der nacll-hanifitischen Entwickelung, dem Imam Schfi't spricht er einige fahles convenues nach, das nehmen wir ihm nicht bel; aber unbegrndet ist die Beschuldigung (S. 130) ,,l'ambition (als Rivale des Abu I;fantfa zw Geltung zu kommen) lui offusqua la raison; il voulut etre le juge du Grand )fattre". Dafr htte er besser die Bedeutung des Schfi'l fr die Entwickelung, deren Historiker er in diesem Buche ist, auf Grund seiner, wie wir oben sahen, bis zum 11eutigen Tage erhaltenen H.is~le, vorfhTen mgen. In ebensolcher Dunkelheit 1fst Verf. den Leser hinsichtlich der brigen Schul-hupter. Woher hat der Verf. Kunde von einem Codex des A~med ihn Hanbal? Von Dawud al-~alliri und seiner Schule, die die Opposition gegen

  • Beaprechungen 323 die spekulativen Elemente der Gesetzesdeduktion bis ins 12. J ahrh. fortsetzte und in Spanien und :Nordafrika zeitweilig zu praktischer Geltung gelangte, giebt uns der Verf. in seinem historischen berblick nicht die leiseste An-deutung 1 trotzdem man darber aus den Quellen ein richtiges Bild kon-etroieren kann. Sehr mangelhaft ist die Verteilung der Rechtsschulen ari.f die Linder des Islam, wie sie uns S. 127-128 dargebote11 wird. In Algier herrscht mlikitisches Geset11 vor - nicht hanbalitisches, und auf Java herrscht Scbfi't; hat ja die hollndische Kolonialregierung erst in jn~ster 7..eit , aus Rcksicht auf das Studium der Kolonialbeamten, den schO.fi iti-schen Rechtscodex Minhdsch al-~ulibtn in merlrwrdig splendider Weise durch Prof. Van den Berg wieder abdrucken und franzsisch bersetzen lassen (3 de, Batavia 1882-1884).

    Wenn nun die meisten deJ bisher erwhnten Umstnde in der Arbeit Savvas Paschas zum Teil auch a.uf Rechnung des Orientalen und seines Mangels an methodischer Schulung, an kritischer Anschauung zu setzen sind, so kommen wir nun zu einer Groppe von Fehlern, die gerade bei einem oriental ischen Litteraten Bedenken erregen. Der gelehrte Verf. erregt gar zu oft unser Kopfschtteln durch seine Unklarheit in den wichtigsten Begrl'en der gesetzwissenschaftlichen .Methodologie. Die Stelle eines der mU.chtigsten Prinzipien nimmt in derselben das ldscbmll.' ein, der Con-sensus, das Gesamtgefhl, die durch das Gesa.mtbewufstsein als erlaubt sanktionierte H andlung. Man ging in der alten Zeit so weit, zu lehren, dafs das Idschmll.' hher stelle als selbst das als Prophetenwort oder als die Handlungsweise des Propheten berlieferte. Der Verf. wird nicht mde, diesen Grundbegriff, ohne welchen die Entwickelung cler muhammedanischen Heligionspraxis vollends unverstndlich bleibt 1 a.uf Schritt und Tritt mifs-zuverstehen. l'r ihn ist Idscbmll.' ein Konzil" eine reunion", auf we lchem seit alter Zeit das einstimmige Votum eigens zu diesem Behufe einberufener }lllnner eingeholt worden sein soll (S. :~4. 85. 100 u. a. m.). Der Verf. beachtet nicht (an mehreren Stellen z. . Ch. U S. 105) die zweifacl1e Be-deutung des Terminus Sunna, die mein Freund Snoucl;: Hurgronje in lichtvoller Weise dargelegt hat. ldschl'!.ze ist nicht consecration" (S.119), sondern die Erteilung der Licenz, das von einem andern Erlernte oder bernommene in seinem Nnmen weiter zu tradieren. Auch tn.bi' bedeutet nicht soumis, adepte" (S. 39) sondern einfach den Nachfolger" in zeit-licher Beziehung. Ganz bedenklich sincl clic Anschauungen ber litterar-l1isloriscbe Dinge. leb verweile nicht bei den Sonderbarkeitcn in der Zu-sammenstellung der Litteratur der U~l (S. 14~ 1 wobei die gn11gharste11 und angesehensten Schriften (z. B. die Wnrakn.t des Jmm nl lfo.ramcjn) 111it Stillschweigen bergangen werden; nicht unerwilhnt kann aber gelassen werden, welcl1 irrefhrenden Begriff der V erf. dem lernbegierigen Leser von der Littcratw der Koranexcgese (t.nfslr) beibringt, indem er dieselbr. als nncilla jurispru

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    ernstlich zu glaubell, dafs es bereits zu ) [uhammeds Zeit Rechtsgelehrte p (S. 81) und dafs die J:ladithworte: Wem Gott Gunst erweisen will..,. jnf~~ihuhu ftldtn" die Bedeutung haben; fait de lui un jurisconsulte" statt: dem giebt er Einsicht in der Heligion". Es ist ihm nicht anstG.fsig vorauszusetzen, dafs der geschriebene Koran zur Zeit des Chalifen 'Othmtm bereits mit Vokabeichen versehen sei (S. 27). Der vierte Chalife 'Ah gilt ihm als grand savant linguist distingue" (S. 19). Der Traditionssammler Al-Buchrl fhrt bekanntlich den Beinamen Al-Dschu' ft, weil sein Ahn Al-:Uugtra b. Bardba, ein Perser, dmch einen gewissen J amll.n al-Dschu'f\ zum Islam bekehrt wurde und es muhammedanischer Brauch ist, den Bei-namen des :Mannes, in dessen Hnde der heidnische Ahn das Glaubens-bekenntnis abgelegt, in seiner eigenen Namenreihe zu fhren. Der Verf. schreibt immer (S. 28. 137) Djafi und setzt erklrend hinzu: du village de Djaf en Boukharie". Der Grnder der nach ihm benannten theologischen Richtung beifst nicht Hasan (S. 111. 147), sondern AbU-1-Hasan al-Ascb'art. Derlei bevues kommen des ftern vor.

    Ernstlich strend berhren uns gerade in diesem Buche die auf Einzelheiten der aia bis eben Sprache bezglichen unrichtigen Angaben. Als richtige Schreibung des Titels der heil. Schrift der ) [uhammedaner wird Kurran angegeben und dies Wort soll noch obendrein da forme passive (participe passif)" des Verbums abgeleitet sein (S. 3 Anm.); schart'at sei der Plural von schu' (S. 1.25); der Ausdruck al-chulafA.' al-ra.schidtn, die rechtwandelnden Cha.lifen, wird in Chulaf' raschtd ed-dto" (dies Un-sing ist gemeint S. 33 Anm.) verballhornt; die Definition des Fi~h: es dei die Kenntnis dessen, was der Seele frommt und was ihr schadet" (ma lahili wami\ 'alejhA.) wird dahin mifsdeutet: de ses droits et ses devoirs" (Ch. II S. 2), vgl. die A.bstraktbildungen lahiijat und 'alejhijjat ibid. S. 30 . Gern wollen wir hingegen entschuldigen1 dafs das persisch-aramische Lehn-wort char.dsch noch immer aus dem arabischen Verbum charadscha ab-geleitet wird (S. 35 Anm.). Die arabischen Worte sind nach der trkischen Aussprache wiedergegeben; dies sollte gerade in wissenschaftlichen Werken nicht geschehen; die Augen thun einem weh, wenn man die Stadt Ktifa immerfort als Kuf:fe (S. 60 u. .), das Wort fr Bufse (taube) als tovbe (S. 24, Ch. II S. 97) u. a. m. transskribiert sieht, oder Korantexte in der Ursprache in einer Wiedergabe, wie sie S. 117 Anm. a nicht vereinzelt dasteht, anblickt. Worin mag wohl die Gewohnheit des Verf. begrndet sein, die Mouillierung des Konsonanten nicht nur beim k anzuwenden, sondern ganz konsequent auch beim l durchzufhren? wodurch das unendlich oft vorkommende Wort I slam stndig zu Isliam wird nnd in fernerer Folge die Formen: isliarnisme, isliamiser, isliamiquement weitergebildet werden; desgleichen erscheint der Gebetrufer ]ifuham:meds BilM stets als Bilial (S. 25. 35. 109) und das Wort helAk (Untergang) als heliak (Ch. II 162). Auch der Name des Cha.lifen Ma'mlin darf selbst nach tr-kischer Aussprache nicht MeYmoun lauten (S. 27. 67. 70); dies ist ein gam; verschiedener Name.

    Der vorliegende I. 13and des Savvasschen Werkes zerfllt aufser einer allgemeinen Einleitruig in zwei besondel'S paginierte Kapitel (wir haben im Vorhergehenden nur bei Anfhrung von Stellen aus dem zweiten Kapitel der Seitenzahl Ch. Il vorgesetzt, bei Stellen aus dem ersten blofs Seiten-

  • Besprechungen 325 zahl angegeben). Das erste bt den Titel Notions historiques", das zweite Notions tbeoriques". Haben wir gegen den Inhalt und die Methode des erstem manches gerechte Bedenken ufsern mssen, so gestehen wir gerne, daCs uns die Haltung des zweiten Kapitels, mit Vorbehalt der bereits oben gemachten Bemerkungen, mehr befriedigt hat. Der Verfasser stellt in dem~ selben nach logisch geordneten Gesichtspunkten die prinzipiellen Kategorien dar, nach welchen in der mufil..mmedanischen Gesetzwissenschaft die speziellen Kapitel des positiven Rechtes behandelt werden. Besonders lichtvoll ist die Lehre von den verschiedenen Stufen der Verbindlichkeit der religisen Ge-bote (Ch. II 103-115) sowie die Stellung der mildernden und er-schwerenden Umstnde" im muhammedanischen Strafrecht (S. 124-128) auseinandergesetzt. S. 113 finden wir ein sehr interessantes Beispiel fr die moderne Anwendung der muhammedanischen theologischen Prinzipien-lehre auf die Frage der Znlassung unse!er neuzeitlichen Kulturerrungen-schaften. Die Stellung des Mufti Ibn 'Abidln zur Eisenbahn- und Luft-ballonfrage ist ein Specimen fr die Behandlung solcher Themen vom Standpunkte geluterter Ansiehten ber das Kapitel Bid'a.hasana. Sehr erwnscht wre in solchen Lehrbchern eine einheitliche, konsequente Ter-minologie und da ist fr wissenschaftliche Z\vecke keine andere berechtigt, als die arabische, so wie wir in der Behandlung des rmischen Rechtes immer der ursprnglichen lateinischen Terminologie den Vorzug geben werden. Der Yerf. untermischt den in trkischer Aussprache gegebenen arabischen Terminis zuweilen auch persische Benennungen (Ch. II S. 97 gunh, pecbes).

    Da das Buch Savvas Paschas von europischen Rechtshistorikern voraussichtlich als Quelle fr Fragen der Entwickelung der muhammeda-nischen Gesetzwissenschaft benutzt werden wird) war es in wissenschaft-lichem Interesse geboten, au:! Vorzge und Mngel desselben in \veitlufi-gerer Weise einzugehen. Wir sind dem V erf. trotz der Einwendungen, die wir gegen seine Behandlung des Gegenstandes machen mufsten, zu Dank \'erpflichtet dafr, dafs er durch sein Buch das Studium der U~l al-fil!:h" in ihrem Zusammenhange mit der Kulturgeschichte wieder an~eregt hat. Aus gelegentlichen Andeutungen in diesem Bande (S. XV. 125) erfahren wir, dafs der V erf. aufser der \Veiterfhrung dieses Werkes noch zwei andere Publikationen vorbereitet: die bersetzung des Codex des grofsen osmanischen Sultan, Sulejman des Gesetzgebers (gest. 1566) und die Bio-graphien der muhammednnischen Kanonisten von Edirnewi (1807), aus welchen der V erf. auch in diesem 'V erke eine grofse Anzahl seiner biogra-phischen Daten geschpft hat.

    Budapest im Februar 1893. lgn. Goldziher.

    A. Eller, De Gnomologiorum Graecorum historia a.tque oriigine. P. J. Abhandlung zu des Kaisers Geburtstag. llonn 1893. 70 Spalten. 4.

    Betrafen Elters bisherige Untersuchungen einzelne Ableger und Aus lufcr der Florilegienlitteralur, so wird hier die grundlegende und wichtigste frage behandelt: Welches ist dio Hauptquelle de:i bedeutendsten Vertreters dieser Litteratur 1 des Stobnns? Die Lsung des Problems ist neo und berraschend, im wesentlichen berzeugentl und von einer 'l'rn.gweile, dio sich noch gar nicht bersehen list.