Schienen, Weichen, Schwellen – Das Fundament der Bahn

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S CHWELLEN S CHIENEN W EICHEN Das Fundament der Bahn Kilian T. Elsasser · SBB Historic

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SBB Historic ist im Besitz einer der wertvollsten und umfassendsten Schienensammlungen Europas, mit der sich eine unbekannte, aber faszinierende Geschichte der Eisenbahn erzählen lässt. Die Einheit Rad-Schiene ist die Besonderheit, die die Eisenbahn ausmacht. An Schienen, Schwellen und Weichen werden höchste technische Anforderungen gestellt.

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SCHWELLENSCHIENENWEICHEN

Das Fundament der Bahn

Kilian T. Elsasser · SBB Historic

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AS Verlag

Kilian T. ElsasserSBB Historic

SCHWELLENSCHIENENWEICHEN

Das Fundament der Bahn

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www.as-verlag.ch

© AS Verlag & Buchkonzept AG, Zürich 2012Gestaltung: Urs Bolz, ZürichLektorat: Heinz Pfarrer, Rapperswil BEKorrektorat: Pablo Egger, SpeicherDVD: Roman Sticher, transfermedia, Muri AGDruck: B&K Offsetdruck GmbH, OttersweierEinband: Josef Spinner Großbuchbinderei GmbH, OttersweierISBN 978-3-909111–97-8

Die Herausgeberin, der Autor und der Verlag danken folgendenInstitutionen, die mit ihrer Unterstützung die Realisierungdieses Buches ermöglicht haben:

Kibag AGKrebs Gleisbau AGSBB-Fachstelle für DenkmalschutzfragenScheuchzer AGSersa Group AG (Schweiz)Carlo Vanoli AG

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Editorial 7

Einführung 9

Vorgeschichte des schienengebundenen Verkehrs 21

Die Eisenbahn erobert die Schweiz, 1847–1902 31

Die Gründung der SBB – die Vereinheitlichung der verschiedenen 65Privatbahnsysteme setzt ein, 1902–1925

Stürmische Zeiten, 1925–1945 73

Wirtschaftlicher Aufschwung – betriebswirtschaftliche 95Herausforderungen, 1945–1975

Die Renaissance der Bahn, der Oberbau 123entwickelt sich weiter, 1970–heute

Anhang 137

Anmerkungen 138

Literaturverzeichnis 140

SBB Historic 143

Dank 144

Bildnachweis 144

Inhalt

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Werner Nuber Walter Hofstetter

Präsident des Stiftungsrates Geschäftsleiter

Ohne Schienen gäbe es die Eisenbahn nicht, sie sind die

Grundlage, auf der Lokomotiven und Wagen sicher rollen

können. Dass der eiserne Fahrweg das Fundament der Bahn

bildet, ist sowohl im praktischen als auch im übertragenen

Sinn zu verstehen. Umso erstaunlicher ist es, dass dieses

Thema in der Geschichte der Eisenbahn zuUnrecht imHin-

tergrund bleibt. Mit der vorliegenden Publikation wollen

wir diesen Mangel beheben und richten den Fokus auf die

Schienen, Weichen und Schwellen, auf denen die Züge seit

über Jahren durch die Schweiz rollen.

Die Stiftung Historisches Erbe der SBB wurde von

der SBB gegründet mit dem Zweck, das historische Erbe der

Eisenbahn zu sammeln, zu erhalten, zu pflegen und der Öf-

fentlichkeit zugänglich zu machen. Die letzte Aufgabe erfüllt

SBB Historic unter anderem durch die Herausgabe von Pu-

blikationen. Im Zentrum der bisherigen Veröffentlichungen

standen die Highlights des Rollmaterials von SBB Historic –

«Krokodil», «TEE», «Roter Pfeil» unddieDampflokomotiven

«Tigerli» oder «Elefant». Das Buch «Züge im Licht der Later-

nen» stellt die Laternensammlung von SBB Historic vor.

Der Autor Kilian T. Elsasser beleuchtet in «Schienen,

Weichen, Schwellen. Das Fundament der Bahn» die Bedeu-

tung der eisernen Grundlagen für die Entwicklung des

Schienenverkehrs in der Schweiz. Er greift dabei auf die be-

sondere und gut dokumentierte Schienen- und Weichen-

sammlung zurück, welche die SBB während fast hundert

Jahren aufgebaut hat. ImGleisbau wurden an die Berufsleu-

te hohe Anforderungen gestellt – die unterschiedlichsten

Verlegearten fanden im Schweizer Schienennetz Anwen-

dung.Umdie künftigen Bahnkader auf ihren Einsatz vorzu-

bereiten, haben die Verantwortlichen der Oberbauwerkstät-

ten der SBB die umfangreiche Sammlung zusammengetra-

gen. Diese dokumentiert die technische Entwicklung des

Oberbaus der Eisenbahnen in der Schweiz von den Anfän-

gen bis Ende des . Jahrhunderts.

Die ersten Dampfzüge in der Schweiz fuhren gemäch-

lich durch die Landschaft und waren, verglichen mit den

heutigen Lokomotiven und Wagen, Leichtgewichte. Jeder

Entwicklungsschritt des Rollmaterials verlangte Anpassun-

gen der Infrastruktur und hatte einen Schritt beimOberbau

zur Folge. Hatte in der zweiten Hälfte des . Jahrhunderts

noch jede Privatbahn eine eigene Lösung für die Art und

Weise, wie Schienen auf Schwellen befestigt werden oder

welche Weichentypen einzubauen sind, gelten heute auf-

grund der Sicherheitsanforderungen nationale und inter-

nationale Standards.Undmit derVerdichtung desVerkehrs-

aufkommens steigen die Anforderungen an das Schienen-

netz weiter. Die Geschichte des Oberbaus zeigt, wie die

Herausforderungen in der Vergangenheit angepackt und

einer Lösung zugeführt wurden.

Montage einer Weiche auf

der Lorrainebrücke in Bern,

1941. In der Zwischen-

kriegszeit werden die ersten

Maschinen eingesetzt, die

den Gleisbau erleichtern

und beschleunigen.

Editorial

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hatte nichtmehr zur Folge, dass Leute hungernmuss-

ten. Auf der anderen Seite wurden die Getreidebau-

ern im schweizerischen Mittelland vom Import von

günstigem ausländischem Getreide konkurrenziert.

Vielen von ihnen stiegen auf die Milchwirtschaft um.

Die grosse Produktion von Milch führte zu neuen

Ideen, wie diese haltbar und weiterverarbeitet wer-

den konnte. Neue Produkte, die heute als typisch

schweizerisch gelten, wie Milchpulver, Käse oder

Schokolade, entstanden oder fanden eine noch grös-

sere Verbreitung. Auf der anderen Seite wurden viele

Leute arbeitslos,weil dieMilchwirtschaft viel weniger

arbeitsintensiv ist. Die Leute wanderten in die Städte

aus, die stark anwuchsen. Sie fanden in der sich ent-

wickelnden Industrie Arbeit.6 Der Bau der Eisenbahn

selber löste eine enorme Nachfrage nach Arbeitskräf-

ten, Baumaterial, Eisen und Stahl aus. In einer ersten

Phase wurde Eisenbahnbaumaterial aus demAusland

importiert. Schotter und behauene Steine konnten

im Inland gewonnen und für den Ober- und Unter-

bau weiterverarbeitet werden. wurden in der

Schweiz für Millionen Franken Eisenbahnen ge-

baut, was ungefähr % ( circa %) des Brutto-

inlandsprodukts war, ein absoluter Spitzenwert.7 Bei

einem heutigen jährlichen Bruttoinlandsprodukt der

Schweiz von über Milliarden Franken würden im

Vergleich jährlich zwei bis drei Mal so viel wie heute

für die ganze NEAT in die Eisenbahn investiert. Der

Bau der Eisenbahn war einerseits Motor der wirt-

schaftlichen Entwicklung, andererseits war das neue

Verkehrsmittel Grundlage für grosse wirtschaftliche

und gesellschaftliche Veränderungen.

Der landschaftsgestaltende Unterbau

Der geringe Rollwiderstand des Rad-Schiene-Sys-

tems und die Zusammenfassung von Transport-

bedürfnissen hatten grosse Auswirkungen auf den

Umgang mit der Landschaft. Der Unterbau ist das

Fundament der Fahrstrasse der Eisenbahn. Er muss

sehr stabil gebaut sein, um die viele Tonnen schwe-

ren und rasch fahrenden Züge tragen zu können.

Wegen des geringen Rollwiderstands, der im Flach-

land ein Vorteil ist, müssen im gebirgigen Gelände

aufwendige Kunstbauten wie Dämme, Brücken,

Einschnitte, Tunnels erstellt werden. Der Unterbau

muss sehr stabil angelegt werden, damit sich die

Bahntrasse nicht senkt. Bei der Planung des Unter-

baus muss die Qualität der Geländestruktur ein-

geplant werden. Bei sumpfigem Gelände wird der

Unterbau dementsprechend stabil gebaut. Im Ge-

birge muss die Trasse vor Lawinen und Murgängen

geschützt werden. Dies kann durch Galerien, Un-

tertunnelung oder Umfahrung geschehen.8 Dem

Eisenbahnbau vorangegangene, vergleichbare land-

schaftsverändernde Unternehmungen sind die Ka-

nalsystememit Schleusen, Brücken, Tunnels, die vor

allem in England, aber auch in anderen Ländern

wie Frankreich gebaut wurden. Als Beispiel ist

der im . Jahrhundert gebaute Canal du Midi zu

nennen, der das Mittelmeer mit dem Atlantik ver-

bindet. Diese künstliche Wasserstrasse verfügte

neben Schleusen über Tunnels und Brücken, womit

topografische Hindernisse wie Hügel und Flüsse

überwunden wurden.

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In der Aufnahme von1895 mit der doppelspurigausgebauten Gotthardliniebei der unteren Wattinger-brücke bei Wassen istder Dammbau der Reussentlang noch sehr gutsichtbar. Der Damm warnötig, um eine gleichmäs-sige Steigung gewähr-leisten zu können (oben).

Die Intschireussbrückein einer Aufnahme von 1978bei Amsteg ist die höchsteBrücke der SBB (unten).

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Für das Funktionierender Eisenbahn braucht esmöglichst kleine Steigun-gen und grosse Kurven-radien, was aufwendigeErdarbeiten nötig macht.Der Plan der Situation in

Wassen aus der Bauzeitder Gotthardbahn zeigtdie zahlreichen baulichenInterventionen, die nötigwaren, um die Unregel-mässigkeiten des Geländesauszugleichen.

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Siemens-Martin-Verfahren, wurden entwickelt, die

auch andere Eisenqualitäten oder sogar Eisenschrott

verarbeiten konnten. Obwohl die Stahlqualität und

damit auch die Schienen um einiges besser waren,

vergrösserten sich die Anschaffungskosten nicht,

denn der Stahl konnte mit den neuen Verfahren in

grosser Menge und besserer Qualität produziert

werden.33 Dieser Übergang von den Schweisseisen-

schienen zu den Gussstahlschienen lässt sich auch

an der Bestellpolitik der Gotthardbahn aufzeigen.

Die ersten für die Tessinischen Thalbahnen in den

er-Jahren gekauften achtMeter langen Schienen

bestanden noch aus Eisen. Diese bewährten sich

wegen der starken Abnutzung nicht. Die nächste

Lieferung waren Vignolschienen aus Gussstahl.

Diese wurden bei der Firma Hörder Bergwerks- und

Hüttenverein Hörde in Westfalen eingekauft.34

Die Dauerhaftigkeit der Schienen konnte nach

und nach mit metallurgischen Verbesserungen er-

höht werden. In zwei Aspekten wurde an Verbesse-

rungen gearbeitet, an der Statik der Schienen und an

der wie oben beschriebenen Materialqualität. Bei der

Statik, das heisst der FormderVignolschiene kann die

Entwicklung etwa ab als abgeschlossen gelten. In

dieser Beziehung änderten sich bis heute nur noch

die Dimension und das Laufmetergewicht.35 Die Ent-

wicklung dermetallurgischenQualität dagegen hat in

der zweiten Hälfte des . Jahrhunderts erst begon-

nen. Die Anforderungen an die Schienenstahlqualität

wurden durch die mehrmalige Erhöhung des Achs-

drucks, der Anhängelast der Züge und der höheren

Geschwindigkeiten stetig weiter vorangetrieben.

Stösse und Laschen

Eine der grössten Schwachstellen der Schienen

war der Übergang von einer Schiene zur nächsten,

der sogenannte Schienenstoss. Er war zwar verant-

wortlich für das typische Ta-dam-ta-dam eines fah-

renden Zugs, vor allem aber für einen beträchtlichen

Teil des Unterhalts des Oberbaus. Die Schläge auf

die Schienen und die Räder waren beträchtlich

und verursachten Schienen- und Radbrüche. Diese

Schwachstelle versuchte man mit zwei Massnahmen

zu eliminieren: Einerseits verbaute man längere

Schienen von zuerst Meter, später oder sogar

Meter Länge, so dass die Schienenstösse seltener

wurden.36 Andererseits verband man die Schienen-

stösse mit Laschen, damit die Stosslücke beim

Schrumpfen der Schiene in der Kälte möglichst

klein blieb und die beiden Enden der Schienen

dieselbe Höhe hatten. setzte die Bergisch-Mär-

kische Eisenbahn in Deutschland die erste Ver-

laschung bei Pilzschienen auf dem Festland ein.Die-

se Verbesserung fand eine rasche Verbreitung. Die

Bahngesellschaften arbeiteten hektisch an Verbes-

serungen. Es standen sich hauptsächlich zwei Ideen

gegenüber: Die einen verlegten den Stoss auf eine

oder zwei Schwellen, um den Druck auf die Schie-

nenenden zu vermindern. Die anderen entwickelten

den sogenannten schwebenden Stoss, der zwischen

zwei Schwellen zu liegen kam. Der anfangs als ge-

wagt betrachtete schwebende Stoss setzte sich in

Europa allmählich durch.37 Das vielfältige Eisen-

bahnsystem der Privatbahnen in der Schweiz

führte zu vielen Varianten und manchmal kreativen

Die Toggenburgerbahnlegte 1868 den Schienen-stoss auf die Schwelle.Mit einer festen Verschrau-bung und Nägeln, die ineiner Kerbe der Schieneliefen, versuchte man imWinter, den Spalt zwischenden Schienen erfolglosmöglichst klein zu halten,wenn die Schienen wegender Kälte schrumpften.

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Bei den Bahnen war dieFrage, ob der liegendeoder der schwebendeStoss besser wäre, einObjekt verbissener Dis-kussionen. Die Verant-wortlichen des Oberbauslegten eine grosse Krea-tivität an den Tag, einenStoss zu entwickeln, dermöglichst unterhaltsarmund stabil sein sollte.

Lösungsversuchen der Verlaschung der Schienen-

stösse. Die Ingenieure der Toggenburgerbahn kerb-

ten den Fuss an den Enden der Schiene ein und

schlugen dort einen Schienennagel ein, um zu ver-

hindern, dass die Schienen sich im Winter zusam-

menziehen konnten und die Lücke zu gross wurde.

Die Idee funktionierte nicht, da sich die Schiene im

Winter mit einem Zug von Tonnen zusammen-

zog, was der Nagel nicht verhindern konnte. Dieses

System bewirkte eher, dass die Schwelle gesprengt

wurde. Ein weiterer Nachteil war die Kerbe, die am

Ende der Schiene eine mögliche Ursache eines

Schienenbruchs sein konnte. Die Schweizerische

Centralbahn SCB gestaltete die Lasche so, dass

das Rad beim Schienenstoss mit dem Radsatz auf-

fahren konnte, um bei der Fahrt über den Stoss

einen Schlag zu vermeiden. Der Nachteil dabei war,

dass das Fahrzeug leicht angehoben wurde und in

einer Art Wellenbewegung fuhr. Dies bewirkte eine

unruhige Fahrt und erhöhte die mechanische Belas-

tung, weil das Anheben des Rollmaterials einen ver-

stärkten Druck auf die Schwelle und den gesamten

Oberbau ausübte, sodass diese häufiger ersetzt wer-

den mussten. setzte die Südostbahn Konter-

muttern ein, damit sich die Schraubenmuttern nicht

so schnell lösen konnten. Die Gotthardbahn baut

ab Z-förmige Laschen mit einem Stahlkeil ein,

damit sich die Schrauben nicht so schnell lösten und

die Abnutzung der Verbindung mit einem Schlag

auf den Keil, statt mit aufwendigem Nachziehen der

Schrauben, nachjustiert werden konnte. Die SCB

versuchte es mit einer Lasche mit zusätzlicher

Verschraubung statt mit einem Keil. Mit dem Nach-

ziehen der Schrauben statt mit einem Schlag auf

einen Keil sollte die Abnutzung fein ausgeglichen

werden können.Mit der Zeit setzten sich immer län-

gere Laschen durch mit je zwei bis drei Schrauben

an jedem Schienenende über einem schwebenden

Stoss. Dieser hatte den Vorteil, dass er beim Über-

fahren eher federn konnte und die Schwellen weni-

ger belastet wurden.38 Der schwebende Stoss mit

Z-Lasche begann sich auch allgemein durchzu-

setzen, weil der Verein Deutscher Eisenbahnver-

waltungen diesen ab allgemein befürwortete.

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Die Vereinigten Schweizer-bahnen VSB in den 1870er-Jahren setzten auf denliegenden Stoss. Die Ver-bindung der Schienensollte auf der Schwelle zuliegen kommen, um dieseSchwachstelle zu stützen.Nachteil war, dass dieSchiene nicht nachfedernkonnte und sich die Unter-lagsplatte in die Schwelledrückte und häufigerersetzt werden musste(oben).

Beim schwebenden Stossder Gotthardbahn von1874 konnten die Schieneneher nachfedern, dafürbrauchte es eine aufwendigausgestaltete Verbindungs-lasche. Dazu lösten sichdie Nägel beim Abfederndes durchfahrenden Zugshäufiger (unten).

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Materialprüfanstalt EMPA, auf der Gotthardlinie

Versuche durchzuführen, um jene Schienenqualität

zu finden, die der Abnutzung am besten wider-

stehen würde. Die SBB und die EMPA verglichen in

langjährigen Versuchen die modernsten Schienen-

fabrikate Europas. Die ersten Versuche mit ge-

wöhnlichen Schienen begannen bis . Die

Schienen hatten wegen unterschiedlichen Man-

gan- und Siliziumgehaltes eine Zugfestigkeit von

– kg/mm2. Die Untersuchungen zeigten klar,

dass die Abnutzung bei grösserer Zugfestigkeit

kleiner wurde.70 Es zeigte sich auch, dass sich die

normale Stahlqualität mit einer Zugfestigkeit von

kg/mm2 für Schienen in Geraden und in Kurven

mit Radien über Metern, sowie in Gefällen

mit geringer Neigung bewährte. Auf Strecken mit

starkem Gefälle und scharfen Kurven der Gotthard-

linie mussten die Schienen gewöhnlicher Stahl-

qualität aber immer noch nach Jahren ausgewech-

selt werden.71

Die SBB begannen , hochwertige Schienen-

stähle an den Stellen mit grossen Belastungen zu

testen. Die Schienen wurden an möglichst vielen

Stellen eingebaut, denn die Abnutzung konnte lokal

sehr verschieden sein. Es kam stark auf die Lage, die

Kurven, das Gefälle und die Art des Verkehrs an. Auf

der Strecke Gurtnellen–Wassen war die Abnutzung

bedeutend kleiner als auf der Rampe bei Giornico.

Dies hatte auch damit zu tun, dass mehr schwere

Züge in Richtung Nord–Süd fuhren als umgekehrt.72

Bis Ende bauten die SBB auf der Gotthard-

linie verschiedene Schienentypen ein, die auf drei

verschiedene Arten hergestellt wurden. Der erste

Typ waren thermisch behandelte Schienen mit

Kopfhärtung. Nach dem Walzen waren die Fahr-

flächen des Kopfs durch Abschrecken gehärtet und

vergütet worden. Der zweite Typ bestand aus Ein-

stoffschienen, die durch spezielle Legierungen ver-

schleissfest wurden. Der dritte Typ bestand aus

Zweistoffschienen, bei denen Fuss und Steg aus ge-

wöhnlichem Stahl und der Kopf aus hochwertigem

Stahl bestand. Die Ergebnisse wurden an regel-

mässig stattfindenden, internationalen Tagungen

veröffentlicht und diskutiert. Die ersten Tagungen

fanden und in Zürich, weitere in Budapest

() und Düsseldorf () statt. wurden

Bei den Schienenversuchenauf der Gotthardlinie ar-beiten die SBB eng mit derEidgenössischen Material-prüfungs- und Forschungs-anstalt EMPA zusammen,die die eingesetzten Schie-nen in Laborversuchentesteten.

Rechte Seite: Eine derersten Aufgaben der SBBwar die Vereinheitlichungder zahlreichen Schienen-typen aus der Privatbahn-zeit. Die Schiene Typ Vwurde in der Anfangszeitnoch mit Schienennägelnauf der Schwelle befestigt.

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Gleisarbeiter wechselnim Bahnhof La Chaux-de-Fonds Schienen undSchwellen (oben).

Gramper der SBB beiSissach 1925 (unten).

Rechte Seite: Mit derSchotter-Reinigungs-maschine wird 1944 imRangierbahnhof Bielder Schotter gereinigt.Der noch brauchbareSchotter wird zurückauf das Trassee geführtund der Ausfallschottermaschinell auf einenFlachwagen verladen.

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je nach Belastung des Oberbaus in einem festgeleg-

ten Raster. Die SBB bearbeiteten alle Hauptgleise in

einem Rhythmus von drei bis vier Jahren, das heisst

jährlich Kilometer. Jährlich erneuerten die SBB

circa % der Kilometer langen Gleise und

knapp % der Weichen.Obwohl sich derVer-

kehr von bis um % gesteigert hatte, setz-

ten die SBB pro Gleiskilometer nur % mehr Ar-

beitsstunden ein. Dies war einerseits möglich durch

Materialverbesserungen, aber vor allem durch eine

verstärkte Mechanisierung des Unterhalts.88

Die SBB reorganisierten auch den für den Unter-

halt zuständigen Bahndienst. Dieser wurde, wie auch

die Vorbereitung des Materials, vermehrt zentrali-

siert und die Unterhaltsequipen nicht mehr fest de-

finierten Strecken zugeordnet, sondern dort einge-

setzt, wo Unterhalt fällig war. Dies wurde einerseits

durch die Mechanisierung nötig, aber vor allem auch

durch die eingeführte Arbeitszeitverkürzung.

Gleichzeitig führten die SBB neue Schutzkleider mit

orangefarbigem Gurt, leichter Arbeitsmütze und

Hutüberzug ein.89 nahmen die SBB die Ober-

bauwerkstätte in Hägendorf in der Nähe von Olten

in Betrieb. Dies erlaubte eine effizientere zentral ge-

legene Bewirtschaftung des Oberbaumaterials. Dort

konnten Schienen zusammengeschweisst, Weichen

für den späteren Einbau vorbereitet und von dort

zum geplanten Zeitpunkt an die Einbaustelle trans-

portiert werden. Nach vereinzelten Versuchen der

Mechanisierung in der Zwischenkriegszeit begannen

die SBB, im grossen Stil Maschinen einzusetzen. Die

bis zu Meter langen Schienen konnten nicht

mehr von Hand verlegt werden.Auch das Nivellieren

und Richten mit Stopfen des Gleises wurden auto-

matisiert und mit Maschinen durchgeführt. Die neu

eingesetzten Maschinen erlaubten, den Unterhalt in

kürzerer Zeit durchzuführen, sodass die Arbeiten

möglichst nur noch in den kurzen Nachtpausen ohne

Verkehr durchgeführt werden konnten.90 be-

sassen die SBB zwei Schotter-Reinigungsmaschinen

und circa Standardstopfmaschinen. Später kamen

Schienenschleifausrüstungen und eine zweistufige

Schotterreinigungsmaschine hinzu. Im Zusammen-

hang mit der Mechanisierung des Gleisbaus ver-

ringerten die SBB auch die Fertigungstiefe ihrer

Arbeiten.

Schienenlager der Ober-bauwerkstätte in Hägen-dorf um 1959.

Rechte Seite: Montageeiner Kreuzungsweiche inder Oberbauwerkstätte inHägendorf um 1959 (oben).Büro und Logierhaus (un-ten links) und Schulungs-raum (unten rechts) derOberbauwerkstätte inHägendorf 1961.

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baren Toleranzen gemeinsam festgelegt wurden.104

Diese gemeinsam festgelegte Normierung verein-

fachte Offerten und Bestellungen.DasVerhalten, die

Lebensdauer und der Unterhalt des Schotterbettes

wurden zudem eher planbar.

Die Entwicklung der zum ersten Mal im grösse-

ren Stil eingesetzten Betonschwellen verfolgten

die SBB aufmerksam. Vor allem zwei Typen wurden

näher untersucht: die vorgespannte Monoblock-

schwelle aus Deutschland und die nicht vorge-

spannten Zweiblockschwellen aus Frankreich. Die

SBB richteten in den er-Jahren einige Versuchs-

strecken von mehreren Kilometern Länge mit diesen

zwei Schwellentypen ein. bauten die SBB in

kleinerem Ausmasse auch vorgespannte Beton-

schwellen schweizerischen Ursprungs nach System

Rüegg ein. Diese bewährten sich technisch sehr, wa-

ren aber in ihren Herstellungskosten zu hoch, so-

dass sie nicht mit den französischen oder deutschen

Fabrikaten oder sogar mit Stahlschwellen konkur-

rieren konnten. Die Betonschwellen bewährten sich

vorerst für den Einbau in Gleise, die nicht extrem

belastet wurden. Die Lebensdauer wurde auf dieje-

nige von Holzschwellen geschätzt. Ende der er-

Jahre bauten die SBB RS-SNCF-Beton-

schwellen ein.105 Mit dem Einsatz neuer Schwellen

und Schienen musste auch die Art der Befestigung

neu überdacht werden. Langzeitversuche, die die

Zweiblockschwellen ausBeton des französischenTyps RS auf der StreckeRohr-Buchs-Rupperswil1959 (links).

Einblock-Betonsschwellenaus England auf der Ver-suchsstrecke Aarau–Rupperswil 1959 (rechts).

Rechte Seite: VerlegeartSBB I – Ougrée auf Beton-schwelle. Mit den Keilenwurde die Schiene aufder Schwelle fixiert undjustiert. Das System Stahlauf Stahl löste sich aberbei Vibrationen, die durchZugsdurchfahrten aus-gelöst wurden, relativschnell.

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ckenbelastung, der Kurvenradien sowie der Art und

Geschwindigkeit der Züge. Die Schienenliegedauer

beträgt bei den SBB zwischen und Jahren.

Dabei kann ein Teil der Schienen reprofiliert und in

Nebengleisen für eine zweite Liegedauer weiterver-

wendet werden. Ein Meter Schiene der höchsten

Qualität kostet etwa Franken, die Schienen für

einen Kilometer Gleis also ungefähr Fran-

ken. Die SBB beschaffen ihre Schienen auf dem

Weltmarkt.Die aktuellen Lieferwerke der SBB gehö-

ren zu den folgenden fünf multinationalen Stahl-

werken: ArcelorMittal (Luxemburg), Lucchini (Ita-

lien), Moravia (Tschechien), Tata Steel (Indien) und

voestalpine AG (Österreich). Bei der SBB sind heute

Tonnen Schienen verlegt. Das Bahntechnik-

Center in Hägendorf (BTC) kauft jährlich bis

Tonnen Schienen, die entweder als komplet-

tes Gleise mit einer Länge von Metern verlegt oder

in Schienen von Metern vor Ort auf die Schwellen

aufgeschraubt und zusammenschweisst werden.123

Mechanisieren und Outsourcen

Die SBB mechanisiert den Gleisbau und -unterhalt

weiter stark. Der Bauzug BOA beispielsweise ent-

fernt alte Schienen und verlegt neue, wärmt sie auf

die richtige Temperatur und verschweisst sie in ei-

nem Arbeitsgang.124 In Zusammenarbeit mit dem

Gleisbauunternehmen Sersa AG entwickelte die SBB

ein System, womit die Weichen fertig zusammen-

gebaut an die Baustelle gefahren und dort eingebaut

werden können. Mit demselben Wagen können die

alten Weichen in einem Stück zurück nach Hägen-

dorf transportiert werden. Weichenelemente müs-

sen also nicht mehr in Hägendorf zusammengebaut,

vermessen und für den Transport zur Baustelle

wieder demontiert werden.125 Regelmässig fährt

die SBB ihr Netz mit einem Diagnosefahrzeug

ab, welches die Gleisgeometrie überprüft sowie den

Zustand von Schienen, Schwellen und Befestigungs-

mitteln kontrolliert. Die erhobenen Daten ermög-

lichen, den Zustand des Oberbaus zentral zu über-

wachen sowie Unterhalt und Erneuerung effizient

zu planen. Eine wichtige unscheinbare Neuerung

war die georeferenzierte Vermessung des Gleis-

netzes. Zahlreiche Gleisversicherungspunkte, die

an Fahrleitungsmasten oder Perronunterkanten an-

Obwohl die Mechanisierungund Automatisierung desUnterhalts und der Erneue-rung des Oberbaus weitfortgeschritten ist, bestehtimmer noch viel Handarbeit.

Rechte Seite: Die grosseAuslastung des schwei-zerischen Schienennetzesmacht den Unterhalt unddie Erneuerung des Ober-baus stetig anspruchsvoller.Ein grosser Teil der Arbeitmuss in der kurzen be-triebslosen Zeit währendder Nacht erledigt werden.

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