Schüler*-Lehrer*-Beziehung aus bindungstheoretischer ... · Transmission - Kinder übertragen ihre...
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Schüler*-Lehrer*-Beziehung aus bindungstheoretischer Perspektive im
Förderschwerpunkt der emotionalen und sozialen Entwicklung
Tijs Bolz M.Ed., Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik CvO Universität Oldenburg
Fachgruppe Pädagogik bei Verhaltensstörungen &Fachgruppe Sonder- und Rehabilitationspädagogische Psychologie
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„Vor Erziehung kommt Beziehung“ (Largo, 2009)
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SCHWERPUNKTE DES VORTRAGS
I. Bedeutsamkeit der Gestaltung von Beziehung im Förderschwerpunkt der emotionalen und sozialen Entwicklung
II. Bindungstheoretischen Grundannahmen und deren Potentiale für die Beziehungsgestaltung im Förderschwerpunkt der emotionalen und sozialen Entwicklung
III. Ansätze bindungsgeleiteter und beziehungsorientierter Handlungsmöglichkeiten für die schulische Praxis
INHALTE DES WEITERFÜHRENDEN WORKSHOPS:- Wahrnehmen, Erkennen und Verstehen von bindungsrelevanten
Verhaltensweisen in der Schule - Vertiefung bindungsgeleiteter Handlungsmöglichkeiten für die
schulische Praxis
„… der Schüler Andi, der beim Morgenkreis seiner Lehrerin fast auf den
Schoß kriecht, um ihre Nähe zu spüren und der ihr am selben Tag noch ins
Gesicht spuckt, als sie bei einer Streitschlichtung Partei für den von ihm
malträtierten Schüler ergreift“
3
„… die Schülerin Chris, die alles Weibliche an sich selbst ablehnt und die ihre
Lehrerin immer wieder mit wüstesten Beschimpfungen sexueller Art
begrüßt und die aber doch als Belohnung für ihren Verstärkervertrag einen
persönlichen Besuch eben jener Lehrerin bei sich in der Heimgruppe
wünscht“
Kinder und Jugendliche im Förderschwerpunkt EsE stellen die Beziehung zur Lehrkraft immer wieder auf die Probe
Ablehnung und die gleichzeitige Suche nach Bestätigung und Hilfe
Suche nach Nähe bei gleichzeitiger Wahrung von Distanz
I. GESTALTUNG VON BEZIEHUNG IM FS ESE
„PROBLEMAUFRISS“ - PRIMAT DER BEZIEHUNG ALS EIN WESENTLICHER
AUFGABEBEREICH VON PÄDAGOGINNEN
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„Voraussetzung für wirkungsvolles pädagogisches handeln ist eine tragfähige Schüler-Lehrer-Beziehung.“
„Sie zeichnet sich durch ein hohes Maß an Verständnis, durch besondere
persönliche Zuwendung und pädagogisch-psychologische Unterstützung aus.“
„Alle an der Erziehung von Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf im
Bereich des emotionalen Erlebens und sozialen handeln Beteiligten haben den
Auftrag, die Beziehungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler zu stärken.“
(KMK, 2000, 59)
Neben vermittlungs-, inhalts- und störfaktorialen Aspekten wird der Unterrichtsprozess bei Unterrichts- und Verhaltensstörungen ebenso durch
Beziehungsaspekte strukturiert. (Hillenbrand, 2011, 37)
Die Gestaltung der Schüler-Lehrer-Beziehung im FS EsE bietet besondere Chancen sowie besondere Herausforderungen
I. GESTALTUNG VON BEZIEHUNG IM FS ESE
ZWEI FUNKTIONEN DER BEZIEHUNGSGESTALTUNG FÜR SCHULISCHE
SITUATIONEN (VON VIELEN):
• Gestaltung von Beziehung unterstützt sowohl den Schüler als auch die Lehrkraft dabei, positive Lern- und Lehrsituationen zu ermöglichen (Leidig & Hennemann, 2017, 108)
• Unterstützt die Förderung sozialer Einbindungsprozesse àSchule als Ort des sozialen Austausches (Ricking & Wittrock, 2017)
Lehrkräfte fungieren in vielen schulischen Situationen als „Beziehungspartner“ oder als temporäre Bindungsperson.
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Es gibt kaum eine andere Profession, die so viel Zeit mit Kindern verbringt.
I. GESTALTUNG VON BEZIEHUNG IM FS ESE
AUSWIRKUNG DER SCHÜLER-LEHRER BEZIEHUNGSQUALITÄT AUF
SCHULISCHE TEILHABE AUS EMPIRISCHER PERSPEKTIVE
• Gestaltung der Schüler-Lehrer-Beziehung, charakterisiert durch Nähe, Offenheit und Wärme hat positiven Einfluss auf sozial-emotionalen und akademischen Anpassungsprozesse (e.g. Brock & Curby,
2014; Roorda, Koomen, Spilt & Oort, 2011)
Aktivierung von Lernprozessen(e.g. Skinner, Wellbron & Conell, 1990)
Lernbereitschaft & Lernerfolg(e.g. Valiente et al., 2008; Hamre et. al. 2013; Hattie, 2013)
Lern
en
Soziale Anpassungsfähigkeit (e.g. Ladd, Birch & Buhs, 1999)
Entstehung bzw. Verfestigung von Verhaltensproblemen
(e.g. Graziano, Reavis, Keane & Calkins, 2007)
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6
I. GESTALTUNG VON BEZIEHUNG IM FS ESE
Herausforderung „Beziehung“ in Schule (Baumann, Bolz &
Albers, 2017)
I. GESTALTUNG VON BEZIEHUNG IM FS ESE
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Überforderungssituationen
im Unterricht
Klassenkonferenzen
und Elterngespräche
erste Suspendierung
Verkürzung des
Stundenplans
Antrag auf
Schulbegleitung
Teilnahme an einem
Spezialprojekt
Versetzung an eine
andere Schule gleicher
Schulform
Doch Förderschule
(wenn möglich)
Verschiebung: Der
braucht Therapie!
Gefahr der zirkulären Verschiebung…
à Beeinflusst die Beziehungserfahrungen von SuS
In der (sonder-) pädagogischen Brust schlagen viele Herzen!
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Nähe
IntuitionAkademische Analyse
Professionelle Distanz
Versteher Kümmerer
Planer Macher
(Bolz, 2018)
I. GESTALTUNG VON BEZIEHUNG IM FS ESE
Beziehungen in Schule!?
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- multifaktorielle, komplexe Systeme, in denen mindestens zwei Individuen involviert sind
- kontextgebunden und bilden zwischen Schüler und Lehrkraft die Infrastruktur für• … die Entwicklung des Kindes und • dessen Erwerb von Kompetenzen und Schulerfahrungen
„Gestaltung der Schüler-Lehrer Beziehung muss immer auf individueller
Schüler und Lehrer Ebene, in dem umrahmenden Klassenkontexten sowie den jeweiligen schulischen Rahmenbedingungen betrachtet
werden“
I. GESTALTUNG VON BEZIEHUNG IM FS ESE
II. Bindungstheoretischen Grundannahmen und deren Potentiale für die Beziehungsgestaltung im FS EsE
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Was ist Bindung?
„Bindung ist für das Leben so grundlegend wie
Luft zum Atmen und Ernährung.“
„Die emotionale Bindung sichert das Überleben und die Entwicklung des Säuglings.“
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II. BINDUNGSTHEORETISCHE GRUNDLAGEN
POTENTIALE BINDUNGSTHEORETISCHER GRUNDANNAHMEN FÜR DIE
BETRACHTUNG DER SCHÜLER-LEHRER-BEZIEHUNG
àBindungstheoretische Konzepte sowie empirische Befunde aus der Bindungsforschung liefern bedeutsame Erkenntnisse für professionelles Handeln (Stein, 2015; Bleher & Hoanzl, 2018)
• Frühe Bindungserfahrungen wirken auf die Bewältigung schulischer Anforderungen ein (O’Conner & MyCartney, 2006; Zimmermann, 2000, 121)
• Transmission der Bindungserfahrungen und –repräsentationen inschulische Handlungsfelder (Sroufe 2005; Julius, 2009)
Wirkung von Beziehungserfahrungen auf die Bewältigungsfähigkeit
(Zimmermann, 2000, 120)
II. BINDUNGSTHEORETISCHE GRUNDLAGEN
ZENTRALE ANNAHMEN DER BINDUNGSTHEORIE (BOWLBY, 1973)
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John Bowlby (1907 – 1990)
• Bereitschaft und Notwendigkeit zur Bindung ist angeboren und evolutionsbiologischbegründet.
• Bindung und Exploration dienen der Anpassung an die Umwelt
• Verschiedene Erfahrungen mit den Bindungspersonen werden in sog. internalen Arbeitsmodellen von Bindung repräsentiert.
• Internale Arbeitsmodelle prägen das Beziehungsverhalten
Die Bindungstheorie versucht die Neigung von Menschen, starke gefühlsmäßig Bindungen zu anderen zu entwickeln, in ein Konzept zu bringen.
II. BINDUNGSTHEORETISCHE GRUNDLAGEN
BINDUNGSVERHALTEN & EXPLORATIONSVERHALTEN
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Bindungsverhaltenssystem
schreien
weinen
saugen
anklammern
lächeln
nachfolgen
Sensitivität Responsivität
Explorationsverhalten
II. BINDUNGSTHEORETISCHE GRUNDLAGEN
Bindung
Bowlbys Theorie des Bindungsverhaltens (1958)
- Bedürfnis nach Bindung beim Menschen und anderen Primaten angeboren
- Bindungsverhalten dient dem Schutz in gefahrvollen Situationen
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Bindungs-verhalten
Explorations-verhalten
Fühlt sich ein Kind sicher und wohl à Umwelt kann frei exploriert werden
keine Gefahr
II. BINDUNGSTHEORETISCHE GRUNDLAGEN
Bindung
Bowlbys Theorie des Bindungsverhaltens (1958)
- Bedürfnis nach Bindung beim Menschen und anderen Primaten angeboren
- Bindungsverhalten dient dem Schutz in gefahrvollen Situationen
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Bindungs-verhalten
Explorations-verhalten
Erfährt ein Kind Unsicherheit oder Gefahr à Explorationsverhalten wird eingestellt; Kind zeigt vermehrtes Bindungsverhalten
Gefahr
II. BINDUNGSTHEORETISCHE GRUNDLAGEN
Internale Arbeitsmodelle
- Bindungsverhalten hat genetische Basis
- ist aber auch durch Interaktionserfahrungen modifizierbar
„Internale Arbeitsmodelle sind Muster der Emotions- und
Verhaltensregulierung, die aus den frühen Bindungserfahrungen
entstehen“ (Grossmann & Grossmann 1993; Zimmermann 1999)
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Bindungsverhalten in engen Beziehungen
Steuerung von Verhalten, Kognition und Gefühlen in anderen emotionalen Situationen
II. BINDUNGSTHEORETISCHE GRUNDLAGEN
Einfluss des internale Arbeitsmodelle auf…Gefühle:
• Gegenüber der Eltern und gegenüber der eigenen Person
• Das Bild, das die Eltern von ihrem Kind haben, beeinflusst maßgeblich wie es sich selbst sieht
kindliche Erwartung:
• in Bezug auf das elterliche Verhalten
• Umgang mit dem Kind
Eigene Verhaltensplanung:
• Interaktion mit der jeweiligen Bezugsperson (Bowlby 1988)
• Anpassung des Verhaltens an die Wirklichkeit (Fremmer-Bombik 2011)
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Die internalen Arbeitsmodelle dienen der Simulation der Realitätàermöglichen vorrausschauendes Planen des Verhaltensà Anpassung des Verhaltens auf real gegebene Umstände
II. BINDUNGSTHEORETISCHE GRUNDLAGEN
Frühe Bindungserfahrungen besitzen wichtige Implikationen für die sozial-emotionale Entwicklung im weiteren Lebenslauf
(vgl. Ahnert & Spangler, 2014)
Was bedeutet dies für den schulischen Kontext?
20
II. BINDUNGSTHEORETISCHE GRUNDLAGEN
BINDUNGSMUSTER/ -STRATEGIEN UND BINDUNGSSTÖRUNG
21
22
Bindungsverhaltens-system
Explorations-verhaltenssystem
Unsicher-ambivalent/ ängstlich
vermeidend Sichere Bindung
Transmission der Bindungsmuster in die Schule
III. BINDUNGSMUSTER UND BINDUNGSSTÖRUNG
Die Bindungstypen im Überblick – Ein Kontinuum
• sicher-balancierte Bindungstyp (Typ B)
• unsicher-vermeidende Bindungstyp (Typ A)
• unsicher ambivalente Bindungstyp (Typ C)
• desorganisierte/ desorientierte Bindung (Typ D)
Abzugrenzen von Bindungsstörungen 23
III. BINDUNGSMUSTER UND BINDUNGSSTÖRUNG
(Ainsworth 1978)
Zusammenfassung der Bindungstypen(vgl. Lengning 2004)
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Unsicher-vermeidende
Bindung
(A)
Sichere Bindung
(B)
Unsicher-ambivalente
Bindung
(C)
Beziehungs-
strategien
· Vermeiden Beziehungen
· Brechen Beziehung ab
· Suchen keine oder kaum
Unterstützung bei ihren
Bezugsperson
· Zeigen ihren Wunsch nach
Bindung offen
· Sind beziehungsorientiert
· Suchen bei Belastung
Unterstützung der
Bezugsperson
· Zeigen vermehrt
Bindungsverhalten
· Strategien im
Bindungsverhalten sind unklar
(vgl. hierzu Verhalten in der
Fremden Situation)
· Suchen Ständig Aufmerksamkeit
der Bindungsperson
Selbstkonzept
· Selbsteinschätzung ist
vermeidend perfekt, d. h.
eigene Schwächen
werden nicht erkannt
oder nicht zugegeben
· Selbsteinschätzung ist offen
und flexibel
· Selbstwertgefühl ist positiv
· Achtet sich selbst
· Selbsteinschätzung ist negativ
· Selbstvertrauen ist gering
· Das Bild von Sich selbst ist
negativ
Umgang mit
Emotionen
· Umgang mit Emotionen ist
nicht offen
· Negative Emotionen werden
verleugnet
· Emotionen können offen
kommuniziert werden
· Zugang zu eigenen
Emotionen ist gut
· Emotionen werden schlecht
integriert
· Negative Emotionen werden
manchmal verleugnet
Haltung zu
Körperkontakt
· Vermeidend · Körperkontakt wird gesucht · Kontakt wird gesucht, aber
sie widersetzen sich auch
gleichzeitig
Bestimmte Beziehungsstrategien können als „Verhaltensstörungen“ im schulischen Kontext
wahrgenommen werden
Bindungsunterschiede vs. Bindungsstörungen
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Sichere Bindung
Unsichere Bindung
Desorganisierte Bindung
Bindungs-störungen
Bindungsorganisation
gelingend nicht gelingendBindungs-Explorations-Balance
(Zimmermann & Spangler, 2008)
• Bindungssicherheit und Bindungsdesorganisation als Ausprägung innerhalb eines „normalen Varianzspektrums“
• Bindungsstörung als pathologische Form• Unterscheidung zwischen Bindungsunsicherheit und klinisch
bedeutsamer Bindungsstörung
III. BINDUNGSMUSTER UND BINDUNGSSTÖRUNG
Transmission - Kinder übertragen ihre Bindungskonzepte auf ihre Lehrkräfte
• In Bindungskonzepten der Kinder sind ihre Erfahrungen abgebildet, à ihre Erwartungen werden dadurch bestimmt.
• Jede neue Person, zu der eine Bindung entwickelt wird, wird den bestehenden Modellen angepasst (Bowlby, 1997)
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Bindungsmuster sind durch neue sichere Bindungserfahrungen veränderbar
III. BINDUNGSMUSTER UND BINDUNGSSTÖRUNG
III. Ansätze bindungsgeleiteter und beziehungsorientierter Handlungsmöglichkeiten für die schulische Praxis
27
Wenn sich kindliche Entwicklung primär in
Beziehung vollzieht...
... wenn diese Beziehungen nicht gelingen
Und sich dieses Entwicklungsrisiko in
Störungen der kindlichen Entwicklung (im
kognitiven, emotionalen und sozialen
Bereich) manifestiert,
... dann lassen sich diese „Störungen“
(tiefgreifend) auch nur wieder im Rahmen
von Beziehungen beheben.28
Beziehungsorientiertes Handeln aus bindungstheoretischer Perspektive
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Grundlegendes Ziel: Für unsicher gebundene Kinder die pädagogische Beziehung so gestalten, dass diese den bisherigen Beziehungserfahrungen widerspricht und die Entwicklung sicherer Arbeitsmodelle von Bindung fördert.
Feinfühlig (re-)agieren:- Bindungssignale des Kindes wahrnehmen- Korrekt interpretieren und verstehen- angemessen darauf reagieren
WODURCH KANN EINE SICHERE BINDUNG GEFÖRDERT WERDEN?
Bindungsgeleitete Interventionen
• Keine Zementierung der unsicheren Bindungsmuster durch komplementäres Verhalten
• Schüler Beziehungserfahrungen ermöglichen, die zum Aufbau einer sicheren Beziehung führen
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Feinfühliges Bindungsverhalten
• Symbolische Interaktionen• Synchronisation• Regelspiele• (Tiergestützte Interventionen)
WODURCH KANN EINE SICHERE BINDUNG GEFÖRDERT WERDEN?
Konzept der Feinfühligkeit (Ainsworth 1913 - 1999)
• Die Fürsorgeperson mit der größten Feinfühligkeit in der Interaktion wird die Hauptbindungsperson für den Säugling.
• Ausgeprägte Feinfühligkeit fördert eine sichere Bindungsentwicklung
• Bindungsperson muss nicht die leibliche Mutter sein
• Die Fürsorgeperson muss die Signale des Schülers…
àwahrnehmen
à richtig interpretieren
àprompt reagieren
àangemessen reagieren
31
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„Hauptziel in der Schule sollte es bei Schülern mit
ungünstigen Bindungsmustern sein, die Beziehung zum
Schüler so zu gestalten, dass diesen den bisherigen
Erfahrungen widerspricht und dadurch eine Chance zur
Veränderung ungünstiger Bindungsmuster eröffnet
wird“
(Julius, Gasteiger-Klicpera & Kißgen, 2009, 229f.)
BINDUNGSGELEITETE PÄDAGOGISCHE INTERVENTIONEN
33
V. BEZIEHUNGSORIENTIERTE
HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN IM UNTERRICHT
Allgemeine Hinweise:Mit Angst kann nicht gelernt werden! à Sicherheit für das Kind aufbauen
• Vereinbarungen einhalten• Gemachte Fehler im Umgang mit dem Kind mit ihm
besprechen• Gefühl geben, dass man für das Kind da ist. Dies auch
aussprechen• Empfindungen des Kindes verbalisieren
BINDUNGSGELEITETE PÄDAGOGISCHE INTERVENTIONEN
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IV. BEZIEHUNGSORIENTIERTE
HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN IM UNTERRICHT
Allgemeine Hinweise:Mit Angst kann nicht gelernt werden! à Sicherheit für das Kind aufbauen
Sicherheit durch Regeln und Strukturen• Regeln geben Kind halt • Regeln mit dem Kind erarbeiten und ständig reflektieren • Besondere Bedürfnisse in der Klasse besprechen• Persönliche Gespräche • Intervention mit dem Kind besprechen (Metakommunikation) • Classroom-Management
MÖGLICHKEITEN DER GESTALTUNG VON POSITIVEN SCHÜLER-LEHRER-BEZIEHUNGEN AUF UNTERSCHIEDLICHEN EBENEN
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(Bolz, 2017; Baumann, Bolz & Albers, 2017)
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Eine Bindungsfigur, also auch eine Lehrkraft, kommt nicht aus der Bindung heraus und auch nicht aus den
Konsequenzen.
„Man kann sich nicht nicht beziehungsmäßig verhalten“
(Julius, 2011)
MÖGLICHE IMPLIKATIONEN FÜR DIE (SONDER-)PÄDAGOGISCHE PRAXIS(BOLZ & KOGLIN I. VORB.)
37„Bindungstheoretische Professionalisierung“: Fort- und Weiterbildung
Wahrnehmen & Verstehen
Erfassung der Bindungsrepräsentation
von SuS
Selbstreflexion zu den eigenen Beziehungs-
repräsentationen (und deren Auswirkung auf
das schulische Handeln
Beobachtung der S-L-B Interaktion im Klassenraum
• Schule als sicherer Ort
• Schule als tragfähiger und haltender Ort
• Beziehungs-orientierte Proaktive und Reaktive Strategie
Gestaltung vertrauensvoller
Beziehungen
Interpretieren & Handeln
Gezielte beziehungsorientierte
Prävention und Intervention
•
•
Bindungs- und beziehungsorientierte
Schulkonzepte & Settings
• Konzept der Feinfühligkeit
• CARE Intervention• etc.
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Ohne eine deutliche Berücksichtigung emotionaler und sozialer Dimensionen
bleibt unser Unterricht hochgradig riskant und letztlich inhaltsleer!
(Budnik et al. 2003)
„Der Beziehungsaspekt dominiert den
Inhaltsaspekt“ (Watzlawick, Beavin & Jackson, 2011)
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TAGESABLAUF
1. Block
2. Block
3. Block
4. Block
• Grundlagen der Schüler-Lehrer-Beziehung im FS EsE• Bindungstheoretische Grundlagen
• Bindungsmuster & Bindungsstörungen• (Erste Studienergebnisse der durchgeführten Studie)
• Wahrnehmen und Erkennen von Bindungstypen• Bindungsgeleitete Handlungsmöglichkeiten
• Vertiefung bindungsgeleiteter Handlungsmöglichkeiten• Abschluss
Th
eo
retisch
G
run
dla
gen
P
raktisch
es
Ha
nd
eln
Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit!
Rückmeldungen bzw. Fragen?
Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik
41
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QUELLENVERZEICHNIS