Schlußwort

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Bemerkung zu der krbeit yon H. W. Siemens ,,Die Melanosis eorii degenerativa usw." in diesem Arehiv, Bd. 157, S. 382/391. Von Sau.-Rat Dr. Leven, Elbeffeld. (Eingegangen am 27. Mai 1929.) In seiner obengenannten Arbeit erw~hnt Siemens des Fall Bardach, der yon mir Ms systematisierter Naevus bezeiehnet wurde. Siemens raSchte, wie er in einer FuBnote betont, nieht, dab seine Ansicht, der znfolge es sieh im Falle Bardach nicht um einen Naevus, sondern um eine Melanosis corii degenerativa handelt, als pers6nliehe Kritik betraehtet wiirde. Iqiemand kSnne yon einem Arzte verlangen, dal~ er eine Krankheit diagnostiziere, die es sozusagen noeh nicht gibt, d.h. die in ihrer Eigenart noch gar nich~ erkann~ ist. Es ist aber zumindest fraglich, ob der Fall Bardaeh der Siemensschen Melanosis corii degenerativa zuzureehnen ist; es scheint sich vielmehr doeh in beiden F~llen um versehiedene Prozesse zu handeln. Da im Bardachschen Falle keins his~ologisehe Untersuchung vorgenommen worden ist, kann nur auf den klinischen Untersehied eingegangen werden. Dieser liegt haup~saehlieh darin, dal3 im Falle Siemens ein klinisch nachweisbarer entzfindlicher Prozel~ sich beim Ab]dingen der Entziindung in sine Pigmentierung umgewandelt hat (es traten ,,rote Flecke" auf an Stelle der jctzigen Pigmentierungen, die dem Hausarzt den Eindruek yon Hautblutungen machten). Solche entzfindliche Erscheinungen sind jedoch im Bardachschen Falle bei den beidsn Kindern, die sich innerhalb des S~uglingsheimes in steter Beobachtung bef~nden und wegen ihrer allgemeinen K6rperschw~che aueh h~ufig ~rztlich untsrsueht wurden~ nie gesshen worden; die ersten Erseheinungen, die bemerkt wurden, waren vielmehr einzelne grausehwarze Fleckehen, die Sehmntzspritzern gliehen. Weiterhin war bei dem yon Bardach beschriebenen Zwillingspaar keine Kombination mit anderen krankhaften StSrungen vorhanden wie bei dem Siemensschen und dem von Bloch als ,,Ineontinen~ia pigmenti" bezeiehneten und yon Sulzberger im Arch. f. Dermal. 154 (1928) beschriebenen Falle, der nach Siemens dem seinigen weitgehend analog ist. Aber selbst wenn der Fall Bardach der NIelanosis corii degenerativa zuzurechnen sein so]l~e, komm~ es, nachdem die biometrisehe Methodik die Erbliehkei~ der Naevi erwiesen hat, ffir diese Lehre nicht darauf an, ob der Fall Bardach aus der Diskussion fiber die Erbbedingtheit der NI~ler in Zukunft ausseheiden mill]re und ob ein Fall mehr oder weniger zu den Naevi gereehnet wird, auch wenn er so klar nnd eindeutig die idiotypisehe Bedingtheit erkennen l~l~t und die Erblichkeit gewissermaflen ad oeulos demonstriert wis der in Rede stehende. Schlullwort. Von Prof. Siemens, Leiden. Wer meine Arbeit und die yon Bardach unbefangen geles en hat, wird, glaube ieh, einen geniigenden Eindruck yon der ~bereinstimmung der darin besehriebenen Krankheitshilder haben. Die Einw~nde Levens waren nicht nStig, denn ieh habe sie fiir den, der lesen will, in meiner Arbeit bereits vorwegnehmend widerleg~. Es ist dort deutlich genug zum Ausdruck gebraeht, dab die histologisehe Unter-

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Bemerkung zu der krbeit yon H. W. Siemens ,,Die Melanosis eorii degenerativa usw." in diesem Arehiv, Bd. 157, S. 382/391.

Von

S a u . - R a t Dr. Leven, Elbeffe ld .

(Eingegangen am 27. Mai 1929.)

In seiner obengenannten Arbeit erw~hnt Siemens des Fall Bardach, der yon mir Ms systematisierter Naevus bezeiehnet wurde. Siemens raSchte, wie er in einer FuBnote betont, nieht, dab seine Ansicht, der znfolge es sieh im Falle Bardach nicht um einen Naevus, sondern um eine Melanosis corii degenerativa handelt, als pers6nliehe Kritik betraehtet wiirde. Iqiemand kSnne yon einem Arzte verlangen, dal~ er eine Krankheit diagnostiziere, die es sozusagen noeh nicht gibt, d.h. die in ihrer Eigenart noch gar nich~ erkann~ ist. Es ist aber zumindest fraglich, ob der Fall Bardaeh der Siemensschen Melanosis corii degenerativa zuzureehnen ist; es scheint sich vielmehr doeh in beiden F~llen um versehiedene Prozesse zu handeln. Da im Bardachschen Falle keins his~ologisehe Untersuchung vorgenommen worden ist, kann nur auf den klinischen Untersehied eingegangen werden. Dieser liegt haup~saehlieh darin, dal3 im Falle Siemens ein klinisch nachweisbarer entzfindlicher Prozel~ sich beim Ab]dingen der Entziindung in sine Pigmentierung umgewandelt hat (es traten ,,rote Flecke" auf an Stelle der jctzigen Pigmentierungen, die dem Hausarzt den Eindruek yon Hautblutungen machten). Solche entzfindliche Erscheinungen sind jedoch im Bardachschen Falle bei den beidsn Kindern, die sich innerhalb des S~uglingsheimes in steter Beobachtung bef~nden und wegen ihrer allgemeinen K6rperschw~che aueh h~ufig ~rztlich untsrsueht wurden~ nie gesshen worden; die ersten Erseheinungen, die bemerkt wurden, waren vielmehr einzelne grausehwarze Fleckehen, die Sehmntzspritzern gliehen. Weiterhin war bei dem yon Bardach beschriebenen Zwillingspaar keine Kombination mit anderen krankhaften StSrungen vorhanden wie bei dem Siemensschen und dem von Bloch als ,,Ineontinen~ia pigmenti" bezeiehneten und yon Sulzberger im Arch. f. Dermal. 154 (1928) beschriebenen Falle, der nach Siemens dem seinigen weitgehend analog ist. Aber selbst wenn der Fall Bardach der NIelanosis corii degenerativa zuzurechnen sein so]l~e, komm~ es, nachdem die biometrisehe Methodik die Erbliehkei~ der Naevi erwiesen hat, ffir diese Lehre nicht darauf an, ob der Fall Bardach aus der Diskussion fiber die Erbbedingtheit der NI~ler in Zukunft ausseheiden mill]re und ob ein Fall mehr oder weniger zu den Naevi gereehnet wird, auch wenn er so klar nnd eindeutig die idiotypisehe Bedingtheit erkennen l~l~t und die Erblichkeit gewissermaflen ad oeulos demonstriert wis der in Rede stehende.

Schlullwort. Von Prof. Siemens, Leiden.

Wer meine Arbeit und die yon Bardach unbefangen geles en hat, wird, glaube ieh, einen geniigenden Eindruck yon der ~bereinstimmung der darin besehriebenen Krankheitshilder haben. Die Einw~nde Levens waren nicht nStig, denn ieh habe sie fiir den, der lesen will, in meiner Arbeit bereits vorwegnehmend widerleg~. Es ist dort deutlich genug zum Ausdruck gebraeht, dab die histologisehe Unter-

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Leven: Bemerkung zu der Arbeit yon H. W. Siemens usw. 779

suchung bei dem auffallenden klinischen Parallelismus entbehrlich ist, dab d i e Entziindungserscheinungen klinisch auch in Sulzbergers und meinem Falle unbe- deutend (nur an den Beinen) oder selbst unsieher (nur anamnestisch) waren, dal3 die Kombination mit anderen krankhaften StSrungen selbs~verstandlich keine obligate zu sein braucht (was zu betonen iibeffliissig sein sollte).

Die prinzipielle Bedeutung des Falles schien Leven groB, solange er ftir seine Ansichten sprach, jetzt so l les nieht mehr darauf ankommen. Ich halte es aber auch jetzt nieht fiir unwiehtig, ob etwas, das zu weittragenden Folgerungen berechtigt, richtig oder falseh ist. ]qaeh Leven scheint es allerdings, dal~ die Sache, t rotz . dem er selber erneut diskutiert, keine Diskussion mehr lohne, weft doch nun ,,die Erbliehkeit der •aevi erwiesen" sei. Das maeht reich ratios. Wie kann es Leven nach so vielem Hin- und tterdiskutieren unbekannt geblieben sein, dab die Erblieh- keit nut fiir die I~entigines (genauer die Lentigozahl) ,,biometriseh erwiesen" ist, und dab dieser Erblichkeitsbeweis (der, nebenbei gesagt, yon mir und nieht yon meinen Gegnern stammt) sich doch wirklieh mit keiner Sflbe und keiner Ziffer anf das bezieh$, worauf es fiir die,,keimplasmatisehe Naevustheorie" gerade ankommt: auf Gr6fle, Form und Lokalisation des Einzelnaevus? 1

1 Selbst Lenz, der dutch seine Zusammenarbeit mit Meirowsky lange den Ein- druck erweckt hatte, als ob er auf dem Boden der ,,keimplasmar Naevus- theorie" stehe, riiekt jetz~ deur davon ab, indem er sehreibt: ,,Die Gestaltung der einzelnen Mutterm/~ler . . . ist als solche nieht erblich." Sic!