Schmiergeldvereinbarungen und deutsches Zivilrecht · 26 BGH StV 1999, S.366. 27 BGH NJW 2001,...

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Rechtsanwalt Dr. Harald Schlüter, MLE, Fachanwalt für Steuerrecht Detmolderstr.43, 33604 Bielefeld, Tel. 0521/ 96641-0, Fax –90, [email protected] Schmiergeldvereinbarungen und deutsches Zivilrecht H. Schlüter Nach deutschem Recht setzt eine Schmiergeldvereinbarung voraus, dass dem Vertreter oder Beauftragten eines Geschäfts- oder Dienstherrn heimlich etwas versprochen oder zugewandt wird („Schmiergeld“), damit dieser dem Zuwendenden im Gegenzug einen Vorteil verschafft, den er ohne die heimliche Zuwendung nicht erlangt hätte 1 und auf den er keinen Anspruch hat 2 . Ob das Schmiergeld vor oder nach der Bevorzugung des Zuwendenden gezahlt wird, ist nicht erheblich. Ausschlaggebend für die zivilrechtliche Bewertung in Deutschland ist, dass Schmiergeld aufgrund einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung zwischen dem Schmiergeldzahlenden und dem Vertreter als Gegenleistung für eine treuwidrige Vorteilsvermittlung gezahlt wird 3 . Bedingung ist weder, dass der Zuwendende auch tatsächlich bevorzugt wurde, noch dass der hintergangene Geschäftsherr durch die Schmiergeldvereinbarung geschädigt wird 4 . Die Bevorzugung des Korrumpeurs kann auch in der beschleunigten Abwicklung von Geschäftsvorfällen liegen; das Schmiergeld nennt man dann „speed-money“. Abzugrenzen ist die Schmiergeldvereinbarung von der zulässigen Provision, z. B. nach §354 HGB oder §652 BGB. Eine Provision ist eine Entlohnung des Vertreters durch den Vertretenen oder Dritten für seine Interessenwahrnehmung 5 . Entscheidend ist, dass die Entlohung des 1 RGZ 161, 229; BGH NJW-RR 1987, S.42; OLG Hamm ZIP 1993, S.468; OLG Köln NJW- RR 1988, S.144. 2 vergl. Koch, Der zivilrechtliche Schmiergeldbegriff unter Berücksichtigung der wettbewerbsrechtlichen Regelung der §§12, 13 UWG, Diss. S.35. 3 BGH NJW 1962, S.1099; OLG Köln NJW-RR 1992, S.623 (624). 4 RGZ 161, S.299 (231). 5 Dazu BGHZ 85, S.81.

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Schmiergeldvereinbarungen und deutsches Zivilrecht

H. Schlüter

Nach deutschem Recht setzt eine Schmiergeldvereinbarung voraus, dass

dem Vertreter oder Beauftragten eines Geschäfts- oder Dienstherrn heimlich

etwas versprochen oder zugewandt wird („Schmiergeld“), damit dieser dem

Zuwendenden im Gegenzug einen Vorteil verschafft, den er ohne die

heimliche Zuwendung nicht erlangt hätte1 und auf den er keinen Anspruch

hat2.

Ob das Schmiergeld vor oder nach der Bevorzugung des Zuwendenden

gezahlt wird, ist nicht erheblich. Ausschlaggebend für die zivilrechtliche

Bewertung in Deutschland ist, dass Schmiergeld aufgrund einer

ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung zwischen dem

Schmiergeldzahlenden und dem Vertreter als Gegenleistung für eine

treuwidrige Vorteilsvermittlung gezahlt wird3. Bedingung ist weder, dass der

Zuwendende auch tatsächlich bevorzugt wurde, noch dass der

hintergangene Geschäftsherr durch die Schmiergeldvereinbarung geschädigt

wird4.

Die Bevorzugung des Korrumpeurs kann auch in der beschleunigten

Abwicklung von Geschäftsvorfällen liegen; das Schmiergeld nennt man dann

„speed-money“.

Abzugrenzen ist die Schmiergeldvereinbarung von der zulässigen Provision,

z. B. nach §354 HGB oder §652 BGB. Eine Provision ist eine Entlohnung des

Vertreters durch den Vertretenen oder Dritten für seine

Interessenwahrnehmung5. Entscheidend ist, dass die Entlohung des

1 RGZ 161, 229; BGH NJW-RR 1987, S.42; OLG Hamm ZIP 1993, S.468; OLG Köln NJW-RR 1988, S.144. 2 vergl. Koch, Der zivilrechtliche Schmiergeldbegriff unter Berücksichtigung der wettbewerbsrechtlichen Regelung der §§12, 13 UWG, Diss. S.35. 3 BGH NJW 1962, S.1099; OLG Köln NJW-RR 1992, S.623 (624). 4 RGZ 161, S.299 (231). 5 Dazu BGHZ 85, S.81.

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Vertreters durch denjenigen erfolgt, für dessen Interesse er tätig wird – durch

den Vertretenen6.

Der Unterschied zwischen Schmiergeld- und Provisionsvereinbarung ist also,

dass die Provision einem Interessenvertreter von dessen Auftraggeber

gezahlt wird7. In der Situation einer Schmiergeldvereinbarung zahlt die

Provision nicht der hintergangene Geschäftsherr, dem der Vertreter

verpflichtet ist, sondern der zum Treubruch anstiftende Dritte, dem der

Vertreter aufgrund seiner Treuepflichten gegenüber dem Geschäftsherrn

nicht verpflichtet sein darf8.

Der dem Vertreter zugewandte Vorteil kann entweder materiell oder

immateriell sein. Unter materiellen Vorteilen versteht man z.B. Geld oder

Sachzuwendungen9. Teilweise wird der Standpunkt vertreten, immaterielle

Vorteile seien vom Schmiergeldbegriff auszuklammern, da sie

methodologisch zu schlecht zu fassen seien. Unter dem Gesichtspunkt der

Bestimmtheit von Straftatbeständen müsse man sich deshalb auf materielle

Vorteile beschränken10. Dieser Argumentation wird für den zivilrechtlichen

Bereich nicht gefolgt, da es dort nicht um die Bestrafung des

Schmiergeldzahlers geht11, sondern um die Wirksamkeit einer konkreten

Vereinbarung. Damit sind auch Ersparnisse wie z. B. Rabatte und

zinsgünstige Darlehen zuwendbare Vorteile12.

Anders sieht man dies im Steuerrecht. Dort sollen immaterielle Vorteile, aber

auch großzügige Rabatte oder verbilligte Darlehen, die unentgeltliche

Überlassung privater Kraftfahrzeuge oder Ferienwohnungen, die

6 vergl. BGH NJW-RR 1988, S.144. 7 BGH EWiR §276 BGB, 5/91, S.871 (Siegburg). 8 Vergl. HansOLG Hamburg MDR 1970, S.47; BGH NJW-RR 1987, S.42. 9 vergl. Koch, Der zivilrechtliche Schmiergeldbegriff unter Berücksichtigung der wettbewerbsrechtlichen Regelung der §§12, 13 UWG, Diss. S.14; Noonan hat hierzu eine rechtshistorisch interessante Liste entwickelt aus der sich ergibt, wieviel eine öffentliche Person über die Jahrhunderte kostete. Ein Senator in Rom nahm 74 v.Chr. 40.000 Sesterzen Schmiergeld. Ein US-Senator kostete 1862 50.000 US$, ein Präsident 1868 nur 25.000 US$ und ein Wähler 1908 2,50US$. Dazu mehr bei Noonan, Bribes, S.707. 10 Geerds, Die Korruption im Wirtschaftsleben, Vortrag auf der Mitgliederversammlung des Vereins gegen das Bestechungsunwesen, e.V., Bonn, am 18.Okt. 1963, S.66/ 67. 11 Koch, Der zivilrechtliche Schmiergeldbegriff unter Berücksichtigung der wettbewerbsrechtlichen Regelungen der §§12, 13 UWG, Diss., S.17. 12 Joecks, Abzugsverbot für Bestechungs- und Schmiergelder, DStR 1997, S.1025 (1026).

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Finanzierung von Luxusurlauben etc. kein Schmiergeld sein und damit nicht

vom Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr.10 EStG erfasst werden, da die

Vorteilsgewährung Gegenstand einer Betriebsausgabe sein muss13. Nach §4

IV EStG sind Betriebsausgaben Aufwendungen, die durch den Betrieb

veranlasst sind. Da es sich um Ausgaben handeln muss, also um Aufwand,

könnten entgangene Einnahmen für Dienstleistungen nicht erfasst sein,

sondern allenfalls Fälle, in denen Entnahmen bzw. Eigenverbrauch

vorliege14.

Im Zivilrecht sind materielle und immaterielle Vorteile als zuwendbare

Vorteile anzusehen, da sie das Interesse des Adressaten befriedigen sollen.

Dabei genügt es auch, wenn diesem die Vorteile nur mittelbar zugute

kommen, indem sie z.B. nahen Angehörigen gewährt werden15.

Die beschriebenen Tatbestandsmerkmale des Schmiergeldgeschäfts sind

Grundlage seiner rechtlichen Bewertung durch den § 134 BGB und den §

138 I BGB.

B) Zivilrechtliche Bewertung der Schmiergeldvereinbarung

I. Nichtigkeit wegen des Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz gemäß §

134 BGB

Die Nichtigkeit der Schmiergeldvereinbarung kann auf dem Verstoß gegen §

134 BGB iVm. einem Verbotsgesetz beruhen, soweit sich aus dem

Verbotsgesetz nicht etwas anderes ergibt. Ein Verbotsgesetz richtet sich

gegen die Geltung rechtsgeschäftlicher Regelungen, deren Inhalt von einem

Satz des positiven Rechts abgelehnt wird16. Etwas anderes ergibt sich aus

dem Verbotsgesetz dann, wenn es ausdrücklich eine andere Sanktion

13 Vergl. BMF-Schreiben vom 10.10.2002, DStR 2002, S.1990 (1991). 14 Vergl. BMF-Schreiben vom 10.10.2002, DStR 2002, S.1990 (1991); zum Streitstand Stapf, Steuerliche Folgen der Zuwendung korrumpierender Vorteile ab 1999, DB 2000, S.1092 (1093). 15 Sack in Staudinger §138 Rd.470. 16 Vergl. dazu BGHZ 115, 123 (125).

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anordnet oder auf andere Weise die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts ausser

Zweifel stellt. Etwas anderes ergibt sich auch dann, wenn das Ausbleiben der

Nichtigkeit dem Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes besser gerecht wird17.

Welche Normen Verbotsgesetze iSd. §134 BGB sind, ist im einzelnen

umstritten. Einigkeit besteht jedoch dahingehend, dass strafrechtliche

Verbote regelmässig als Verbotsgesetze iSd. §134 BGB anzusehen sind18.

Soweit Schmiergeldvereinbarungen Inhalt des objektiven Tatbestandes

strafrechtlicher Verbotsgesetze sind, führt dies damit zu ihrer Nichtigkeit nach

§134 BGB, da sich aus einem Verbotsgesetz, welches dieses Verhalten

unter Strafe stellt, grundsätzlich nichts anderes ergibt19.

Das deutsche Strafrecht enthält die nachfolgenden korruptionsrelevanten

Verbotsgesetze:

1. Strafrechtliche Verbotsgesetze

Es werden exemplarisch die beiden in der Praxis wichtigsten Fallgruppen

korruptionsrelevanter Verbotsgesetze, die §§331-334 StGB, und die

Angestelltenbestechung nach §299 StGB, dargstellt, soweit sie für das

Verständnis des §134 BGB und §4 V 1 Nr.10 EstG erforderlich sind. Die

übrigen Straftatbestände sollen wegen des zivilrechtlichen Schwerpunkts

dieser Arbeit nur in der gebotenen Kürze erwähnt werden.

a) Amtsträger

aa) Nationaler Rechtsverkehr

aaa) Bestechung und Bestechlichkeit von Amtsträgern

17 Mayer-Maly in MüKo BGB §134 Rd.1. 18 BGH Z 115, 123 (125); M.w.N. Mayer-Maly in MüKo BGB, §134 Rd. 47 f, insbes. Rd.50 f. 19 Auflistung in Mayer-Maly, MüKo BGB, §134 Rd.50.

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Das Strafgesetzbuch enthält umfangreiche Regelungen zur Strafbarkeit von

Schmiergeldvereinbarungen mit Amtsträgern und dem öffentlichen Dienst

besonders Verpflichteter. Nach §332 StGB macht sich der Bestechlichkeit

strafbar, wer als Amtsträger oder dem öffentlichen Dienst besonders

Verpflichteter einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung

dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er eine

Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine

Dienstpflichten verletzt. Spiegelbildlich verwirklicht der Korrumpeur den

Straftatbestand der Bestechung nach §334 StGB.

Der Begriff des Amtsträgers richtet sich nach dem funktionalen

Amtsträgerverständnis des § 11 Abs. I 2 c StGB. Danach sind Amtsträger

Beamte, Richter, Angestellte des öffentlichen Dienstes und die Personen, die

eine Behörde oder eine sonstige Stelle zur Wahrnehmung von Aufgaben der

öffentlichen Verwaltung bestellt20.

Abgeordnete fallen deshalb nicht unter den Amtsträgerbegriff21. Ihre

Bestechung und Bestechlichkeit ist, mit Ausnahme des Stimmenkaufs

gemäß §§ 108 b und e StGB, also straffrei22.

In der Rechtspraxis problematisch ist, ob private Gehilfen, wie amtlich

beauftragte Planungsingenieure, als Amtsträger iSd. §332 StGB gelten. Dies

wird gemeinhin abgelehnt, solange sie nicht nach dem Verpflichtungsgesetz

gesondert verpflichtet wurden. Der schuldrechtliche Auftrag allein soll diesen

Personenkreis nicht zu tauglichen Tätern machen23.

In diesem Zusammenhang spielt in der Rechtspraxis der Begriff der

„sonstigen Stelle“ eine besondere Rolle. Nach dem funktionalen

Amtsträgerbegriff des §11 Abs.I 2 c StGB sind auch solche Personen

taugliche Täter, die durch „sonstige Stellen“ mit der Wahrnehmung von

20 vergl. BayObLG NJW 1996, S.268. 21 In Art 21 der UN Convention against Corruption wird verlangt, Abgeordnete mit Amtsträgern gleichzustellen, A/ 58/ 422, Agenda items 110. 22 Dannecker, in: Dannecker/ Leitner, Schmiergeld, S.116. 23 mwN. Schubert, in Wabnitz/ Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, S.710, Rd.36.

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Aufgaben der öffentlichen Verwaltung bestellt wurden. Eine „sonstige Stelle“

ist nach Ansicht der Rechtsprechung u.a. jede privatisierte staatseigene

Gesellschaft, die typische, klassische öffentliche Aufgaben wahrnimmt24. Der

BGH bejahte die Tätereigenschaften bei Mitarbeitern der Gesellschaft für

Technische Zusammenarbeit25, der Frankfurter Flughafen AG26 und der

Treuhand Liegenschafts GmbH27, indem sie annahm, auch diese privaten

juristischen Personen seien „sonstige Stellen“ iSd. §11 Abs.I 2 c StGB und

deren Mitarbeiter deshalb taugliche Täter, da die Gesellschaften klassische

öffentliche Aufgaben wahrnehmen.

Neben nach dem Verpflichtungsgesetz besonders Verpflichteten sind also

auch Mitarbeiter bestimmter juristischer Personen Amtsträger, obwohl sie zu

diesen in einem privaten Anstellungsverhältnis stehen.

Der objektive Tatbestand der Bestechung oder Bestechlichkeit iSd. §§ 332,

334 StGB verlangt, dass ein Amtsträger für eine konkrete pflichtwidrige

Diensthandlung Schmiergeld fordert, sich versprechen lässt oder annimmt

bzw. ein Dritter ihm dafür Schmiergeld anbietet, verspricht oder zahlt.

Strafbarkeitsvoraussetzung ist also eine konkrete pflichtwidrige

Diensthandlung. Eine Unrechtsvereinbarung im Rahmen der allgemeinen

Dienstausübung genügt folglich nicht. Des Weiteren muss die angestrebte

Diensthandlung pflichtwidrig sein. Pflichtwidrig ist eine Diensthandlung, wenn

dem Täter durch Rechtssatz, Dienstvorschrift oder Anordnung der

Entschluss über Vornahme oder Unterlassung einer Diensthandlung und

über die Art der Vornahme vorgeschrieben ist und er hiervon abweicht28.

Bei Ermessensentscheidungen kommt es darauf an, ob das Schmiergeld vor

oder nach der Entscheidung gezahlt wurde. Gewährte man dem Amtsträger

das Schmiergeld als „Gratifikation“ für eine bereits gefällte

24 vergl. Schubert, in Wabnitz/ Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, S.717, Rd.47. 25 BGHSt 43, S.370. 26 BGH StV 1999, S.366. 27 BGH NJW 2001, S.3062. 28 Dazu und zum Spezialitätsverhältnis von §331 und §332 StGB, Rudolphi/ Stein, SK StGB §331, Rd.18.

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Ermessensentscheidung, liegt Strafbarkeit nur vor, wenn die

Verwaltungsentscheidung ermessensfehlerhaft war. Wird das Schmiergeld

bereits vor der Diensthandlung gezahlt, ist es unerheblich, ob die

Entscheidung sachgerecht ist oder nicht. Es genügt, wenn die

Vorteilsgewährung Einfluss auf die Entscheidung hatte29.

Das Schmiergeld muss nicht für eine zukünftige Leistung gezahlt werden. Es

reicht für die Erfüllung der Straftatbestände aus, wenn der Vorteil

vereinbarungsgemäss nachträglich für eine in der Vergangenheit erbrachte

Diensthandlung gewährt wird30. Voraussetzung ist jedoch die Vereinbarung

des Unrechts vor der Tat.

Die Strafbarkeit der Bestechlichkeit und Bestechung entfällt nicht durch die

Genehmigung seitens einer vorgesetzten Dienststelle.

Zur Erfüllung des subjektiven Tatbestandes bedarf es des Vorsatzes

hinsichtlich aller Tatbestandsmerkmale des objektiven Tatbestandes31.

aab) Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung

Als Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung iSd. §§ 331, 333 StGB ist

strafbar, wenn ein Amtsträger für die Dienstausübung einen Vorteil fordert,

sich versprechen lässt oder annimmt. Umgekehrt macht sich derjenige

strafbar, der dem Amtsträger für die Dienstausübung einen Vorteil anbietet,

verspricht oder gewährt.

Der wesentliche Unterschied zu den Straftatbeständen der Bestechung und

Bestechlichkeit ist, dass bei den §§331 und 333 StGB durch den

Zuwendenden keine konkrete Diensthandlung beabsichtigt wird. Der Vorteil

muss für die Dienstausübung allgemein gefordert, versprochen oder

angenommen werden. Es bedarf keiner konkreten Diensthandlung. Zwischen

29 Fischer in Tröndle/ Fischer, StGB, §332, Rd.4. 30 Vergl. Cramer in Schönke/ Schröder, StGB, §331, Rd.12a. 31 Rudolphi/ Stein, SK StGB §331, Rd.30.

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Vorteil und Dienstausübung muss danach ein Äquivalenzverhältnis

bestehen32.Dadurch sind auch Schmiergeschenke erfasst, die mit dem Ziel

gewährt werden, allgemeines Wohlwollen herbeizuführen33. Die Zuwendung

muss in dem Bewusstsein vorgenommen werden, dass der Amtsträger

hierfür irgendeine dienstliche Handlung vorgenommen hat oder vornehmen

wird. Die Verknüpfung zwischen Vorteil und Dienstausübung liegt im Wesen

der Zuwendung als „Gegenleistung“ und in der wenigstens stillschweigenden

Übereinkunft der Beteiligten hierüber34.

Die Strafbarkeit entfällt, wenn die Tathandlung von der zuständigen Behörde

vorher genehmigt wurde oder der Täter unverzüglich bei ihr Anzeige erstattet

und sich diese genehmigen lässt.

Im Übrigen gilt das zur Bestechung und Bestechlichkeit Gesagte.

ab) Internationaler Rechtsverkehr

Die Bestechung von Amtsträgern im internationalen Geschäftsverkehr ist

nach deutschem Recht strafbar35.

Bevor aber eine inländische Strafnorm auf Sachverhalte angewandt wird, die

teilweise oder ganz im Ausland stattfanden, wird geprüft, ob diese Tat in den

Schutzbereich der deutschen Norm fällt. Soweit keine grenzüberschreitende

Tat nach §3 StGB vorliegt, ist gemäß §7 StGB die Strafbarkeit nach

ausländischem Recht und die deutsche Staatsangehörigkeit des Täters zu

ermitteln, bei deren Vorliegen deutsches Rechts Anwendung findet. Wenn es

sich um eine grenzüberschreitende Tat handelt, also zumindest ein

Tatbeitrag in Deutschland geleistet wurde, findet ebenfalls deutsches Recht

32 Blessing, in Müller-Gugenberger/ Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, §53, Rd.18. 33 Cramer in Schönke/ Schröder, StGB, §331, Rd.18. 34 dazu Rudolphi/ Stein, SK StGB §331, Rd.27. 35 Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr, BGBl.II, 1998, 21.9.1998, S.2329.

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Anwendung. Ein solcher Tatbeitrag ist nach §9 StGB schon bei Mittäterschaft

oder Beihilfe einer Person in Deutschland zu bejahen36.

Deutschland hat die OECD Convention on Combating Bribery in International

Business Transactions ratifiziert und durch das Gesetz zur Bestechung

ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr (IntBestG) in

deutsches Recht umgesetzt. Durch dieses Umsetzungsgesetz, welches am

15. 2. 1999 in Kraft trat, werden ausländische Amtsträger, Richter und

Soldaten inländischen Amtsträgern iSd. §§ 332, 334–336, 338 f. StGB

gleichgestellt37. Unerheblich für die Strafbarkeit nach deutschem Recht ist,

ob die Bestechung im ausländischen Staat sozialadäquat ist oder nicht38.

Nach dem IntBestG ist strafbar, einem ausländischen Amtsträger, Richter

oder Soldaten für das Vornehmen einer konkreten pflichtwidrigen

Diensthandlung Schmiergeld anzubieten, zu versprechen oder zu gewähren.

Straffrei ist die Vorteilsgewährung, also das Anbieten, Versprechen oder

Gewähren von Vorteilen im Rahmen der Dienstausübung. Das IntBestG geht

über die nationale Regelung, die sich auf den Stimmenkauf beschränkt,

hinaus und stellt auch die Bestechung von ausländischen Abgeordneten

unter Strafe, soweit es sich bei der Tathandlung um die unbillige

Bevorzugung des Bestechenden bei internationalen Geschäften handelt39.

Die internationale Bestechung von ausländischen Abgeordneten,

Amsträgern, Richtern und Soldaten ist dann strafbar, soweit sie im

geschäftlichen Verkehr erfolgt. Darunter ist ein grenzüberschreitender

Sachverhalt zu verstehen, zu dem auch der Geschäftsverkehr mit

internationalen Organisationen gehört, die ihren Sitz im Inland haben40. Die

amtliche Begründung führt dazu aus: „Der Begriff ,geschäftlicher Verkehr‘

wird dabei weit im Sinne der Verwendung dieses Begriffs im Gesetz gegen

36 vergl. BMF-Schreiben vom 10.10.2002, DStR 2002, S.1990 (1992). 37 Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr, BGBl.II, 1998, 21.9.1998, S.2329. 38 Krause/ Vogel, Bestechungsbekämpfung im internationalen Rechtsverkehr , RiW 1999, S.488. 39 Bannenberg, Korruption in Deutschland und ihre strafrechtliche Kontrolle, S.37. 40 Zieschang, Das EU-Bestechungsgesetz und das Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung, NJW 1999, S.105 (107).

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den unlauteren Wettbewerb zu verstehen sein. ,International‘ setzt einen

grenzüberschreitenden oder auslandsbezogenen Sachverhalt voraus, wozu

allerdings auch der Geschäftsverkehr mit internationalen Organisationen

gehört, die ihren Sitz im Inland haben41.“ Nach dem Gesetz gegen den

unlauteren Wettbewerb ist bei einer Tätigkeit dann von geschäftlichem

Verkehr auszugehen, wenn sie der Förderung eines beliebigen

Geschäftszwecks dient, also jede selbstständige, wirtschaftliche Zwecke

verfolgende Tätigkeit, in der eine Teilnahme am Erwerbsleben zum Ausdruck

kommt42.

Beachtlich ist, dass es in den Erläuterungen des Übereinkommens heißt,

dass kleinere Zahlungen zur Erleichterung des Geschäftsabschlusses keine

Zuwendungen seien, die gezahlt würden, um einen Auftrag oder sonstigen

unbilligen Vorteil iSd. Übereinkommens zu erlangen, und deshalb straffrei

seien43. „Speed-Money“, also heimliche Zuwendungen an Vertreter zur

Beschleunigung von Prozessen, wird von dem Übereinkommen also

ausdrücklich ausgeklammert44.

Durch die Umsetzung des EU-Übereinkommens über den Schutz der

finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (EUBestG) in

deutsches Recht wurden die §§ 332, 334–336, 338 StGB auch auf

Amtsträger der EU-Mitgliedstaaten, Gemeinschaftsbeamte der Europäischen

Gemeinschaften und die Mitglieder anderer EU-Organe für anwendbar

erklärt45. Insoweit gilt das oben Gesagte. Auch nach diesem Gesetz ist die

Vorteilsgewährung an den vorgenannten Adressatenkreis straffrei.

Darüber hinausgehend sind internationale Bestechungsdelikte im

Zusammenhang mit Amtsträgern nicht strafbar, da sie nicht dem

41 BT-Dr. 13/10428, S.6. 42 BGHZ 26,53 (58) 43 Vergl. dazu Zieschang, Das EU-Bestechungsgesetz und das Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung, NJW 1999, S.107. 44 Vergl. Krause/ Vogel, Besetchungsbekämpfung im internationalen Geschäftsverkehr, RiW 1999, S.488 (491). 45 BGBl.II 1998, S.2340; Randt, BB 2000, Schmiergeldzahlungen bei Auslandssachverhalten, S.1006 (1007).

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Weltrechtsprinzip des § 6 StGB unterliegen und keine dort aufgeführte

Katalogtat sind46.

b) Bestechung und Bestechlichkeit von Vertretern

ba) Nationaler Rechtsverkehr

Unter bestimmten Voraussetzungen ist auch die Bestechung und

Bestechlichkeit von Vertretern, die keine Amtsträger sind, strafbar. Gemäß §

299 StGB ist es strafbar, wenn ein Angestellter oder Beauftragter eines

geschäftlichen Betriebes im geschäftlichen Verkehr einen Vorteil fordert, sich

versprechen lässt oder annimmt, damit er den Bestechenden als

Gegenleistung in der Zukunft im Wettbewerb unlauter bei dem Bezug von

Waren und gewerblichen Leistungen bevorzugt47. Strafbar ist auch das

spiegelbildliche Anbieten, Versprechen oder Gewähren eines solchen

Vorteils als Gegenleistung einer Bevorzugung.

Angestellter ist, wer in einem Dienstverhältnis zu dem Inhaber eines

Geschäftsbetriebes steht und weisungsgebunden oder befugt für einen

Geschäftsherrn tätig wird48. Klassische Beispiele sind Arbeitnehmer oder

Vorstände einer AG49.

Beauftragter ist die Person, die befugtermaßen für einen Betrieb tätig wird,

ohne Angestellter oder Geschäftsinhaber zu sein50. Typische Fälle sind

Aufsichtsratsmitglieder, Handelsvertreter, Unternehmensberater und

Architekten51.

46 Dazu eingehend, Randt, Schmiergeldzahlungen bei Auslandssachverhalten, BB 2000, S.1006 (1008). 47 §§ 299, 300 StGB haben den § 12 UWG, der schon früher die Bestechung und Bestechlichkeit im Wettbewerb unter Strafe stellte, vollständig ersetzt. 48 Bauer in Reinhard/ Grüber, Anwaltshandbuch Wettbewerbspraxis, S.1045 (1051). 49 Bürger, Bestechungsgelder im privaten Wirtschaftsverkehr – doch noch steuerlich abzugsfähig?, DStR 2003, S.1421 (1423). 50 BayObLG NJW 1996, S.268 (270). 51 Mit weiteren Beispielen, Bürger, Bestechungsgelder im privaten Wirtschaftsverkehr – doch noch steuerlich abzugsfähig?, DStR 2003, S.1421 (1423).

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Geschäftsinhaber ist derjenige, der autonom die Entscheidung über den

Waren- und Leistungsaustausch für seinen Geschäftsbetrieb fällt52.

Da die bestochene Person iSd. § 299 StGB nur ein Angestellter oder

Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes sein kann, sind von dem

Tatbestand die Betriebsinhaber selbst ausgenommen53. Folglich ist es

straffrei, z. B. einen selbstständigen Arzt oder Einzelunternehmer zu

bestechen, soweit diese als Geschäftsinhaber autonom über ihren

Leistungsaustausch entscheiden.

Da z. B. Geschäftsführer einer GmbH den Weisungen der

Gesellschafterversammlung unterliegen, gelten sie nach überwiegender

Auffassung als taugliche Täter iSd. §299 StGB54. Diese Ungleichbehandlung

von Organen einer Kapitalgesellschaft und selbstständigen

Geschäftsinhabern wird kritisiert, da auch Geschäftsführer in der Praxis

regelmässig autonom entscheiden55, bzw. bei Ein-Mann-Gesellschaften mbH

einem Betriebsinhaber gleichzustellen seien56. Die Strafbarkeit wäre damit

rechtsformabhängig57.

Die Tathandlung der Bestechung muss im geschäftlichen Verkehr erfolgen.

Unter geschäftlichem Verkehr ist jede wirtschaftliche Zwecke verfolgende

Tätigkeit zu sehen, in der eine Teilnahme am Wettbewerb zum Ausdruck

kommt58. Folglich sind die private Bestechung und die Bestechung von

Amtsträgern von § 299 StGB nicht erfasst. Im Gegensatz zur Bestechung

von Amtsträgern, die den §§ 332, 334 StGB unterfällt, fällt die Bestechung

und Bestechlichkeit von Privatpersonen im Privatverkehr aus dem

Tatbestand des § 299 StGB und ist straffrei59.

52 Schubert in Wabnitz/ Janovsky, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, S.731, Rd.76. 53 Joecks, Abzugsverbot für Bestechungs- und Schmiergelder, DStR 1997, S.1025 (1027). 54 Streitig, mwN, Bürger, Bestechungsgelder im privaten Wirtschaftsverkehr – doch noch steuerlich abzugsfähig?, DStR 2003, S.1421 (1423). 55 Vergl. Joecks, Abzugsverbot für Bestechungs- und Schmiergelder, DStR 1997, S.1025 (1027); Stapf, Steuerliche Folgen der Zuwendung korrumpierender Vorteile ab 1999, DB 2000, S.1092 (1096). 56 Vergl. BMF-Schreiben vom 10.10.2002, DStR 2002, S.1990. 57 Bürger, §299 – Eine Straftat gegen den Wettbewerb? Wistra 2003, S.130 (132). 58 Heine in Schönke/ Schröder StGB, §299, Rd.9. 59 Bauer in Reinhard/ Grüber, Anwaltshandbuch Wettberwerbspraxis, S.1045 (1052).

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Tatbestandsmerkmal des §299 StGB ist, dass die Bevorzugung entweder bei

dem Bezug von Waren, also wirtschaftlichen Gütern, oder bei gewerblichen

Leistungen, also allen Leistungen des gewerblichen Verkehrs, erstrebt wird.

Der Gesetzgeber hat insoweit nichtgewerbliche Leistungen, z. B.

freiberuflicher Ärzte oder Rechtsanwälte vom Tatbestand ausgeschlossen,

obwohl diese im geschäftlichen Verkehr tätig werden60. Kritisiert wird auch,

dass die Bestechung bei der Vergabe von Leistungen nicht von §§ 299 StGB

erfasst wird und damit straffrei ist61.

Da die Bevorzugung zum Zeitpunkt der Vereinbarung in der Zukunft liegen

muss, ist das nachträgliche Vereinbaren einer Belohnung straffrei62. Kritisiert

wird, dass sich die Form der Belohnung in der Praxis leicht gestalten lässt

und Schmiergeldvereinbarungen damit u. U. ungeahndet bleiben63.

Eine Einschränkung erfährt der Tatbestand darüber hinaus dadurch, dass die

Bevorzugung im Wettbewerb erfolgen muss. Zum Zeitpunkt der Bestechung

muss also eine Konkurrenzsituation bestehen64. Die Bevorzugung in dieser

Konkurrenzsituation müsste unlauter sein. Unlauter ist die Bevorzugung,

wenn der Bestechende mit dem angebotenen Vorteil versucht, den lauteren

Wettbewerb auszuschalten65. Bei dem Tatbestandsmerkmal der Unlauterkeit

handelt es sich deshalb um eine Ausprägung der Unrechtsvereinbarung. Die

Bevorzugung ist also unlauter, wenn für die Vertreterentscheidung

hinsichtlich der gewerblichen Leistung oder den Bezug von Waren z. B. nicht

die Qualität, der Preis oder ein anderes sachliches Kriterium

ausschlaggebend ist, sondern das Schmiergeld66.

60 So Fischer in Tröndle/ Fischer, StGB, §299, Rd.13; a.A. Stapf, Steuerliche Folgen der Zuwendung korrumpierender Vorteile ab 1999, DB S.1092 (1096); allgemein dazu, Bürger, §299 – eine Straftat gegen den Wettbewerb, wistra 2003, S.130 (131). 61 Schubert, Wabnitz, Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 10. Kap. S.732, Rd.77. 62 BGH NJW 68, S.1572 (1573); OLG Düsseldorf NJW 1974, S.417. 63 So Park, Die Ausweitung des Abzugsverbots für Bestechungs- und Schmiergelder durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/ 2000/ 2002, DStR 1999, S.1097 (1098). 64 BGHSt 10, S.368. 65 vergl. Bauer in Walter/ Grüber, Anwaltshandbuch Wettbewerbspraxis, S.1045 (1050). 66 Dazu Heine in Schönke/ Schröder, StGB, §299, Rd.19.

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Da Ziel der Bestechung eine Bevorzugung bei dem Bezug von Waren und

gewerblichen Leistungen sein muss, ist die Zahlung von „speed-money“ nicht

tatbestandsmäßig.

Für den subjektiven Tatbestand reicht zumindest bedingter Vorsatz aus67.

bb) Internationaler Rechtsverkehr

Seit dem 22.August 2002 ist auch die Bestechung von Angestellten im

internationalen geschäftlichen Verkehr strafbar, da die Absätze 1 und 2 des

§299 StGB nun auch bei Handlungen im Ausland Anwendung finden68. Der

Tatbestand ist auch dann erfüllt, wenn die Tat ausschliesslich den

ausländischen Wettbewerb betrifft69. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass

deutsches Strafrecht einschlägig ist.

Nach dem Gebietsgrundsatz des § 3 StGB ist deutsches Strafrecht immer

anwendbar, wenn die Tat im Inland ausgeführt wurde. Dabei soll nach § 9

Abs. 1 StGB ausreichen, wenn nur ein Einzelakt im Inland verübt wurde.

Soweit es um Teilnahmehandlungen geht, genügt sogar das Begehen eines

Einzelaktes der Haupttat oder der Teilnahmehandlung in Deutschland für die

Anwendung deutschen Rechts. Wird z. B. der Entschluss zu einer nach

deutschem Recht strafbaren Angestelltenbestechung im Inland gefällt, ist

dies ein hinreichender Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit des

Strafgesetzbuches70.

Sollten alle Einzelakte einer Bestechungshandlung im Ausland stattgefunden

haben, kann deutsches Strafrecht gemäß § 7 StGB zur Anwendung

kommen, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder am Tatort keiner

67 Heine in Schönke/ Schröder StGB §299, Rd.29. 68 BGBl. I, 2002, S.3387. 69 Demuth/ Peykan, Zur Reichweite des Abzugsverbots nach §4 Abs.5 Satz 1 Nr.10 EstG, DStR 2003, 1426 (1427). 70 Vergl. dazu Hoyer im SK StGB §9, Rd.4.

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Strafgewalt unterliegt und die Tat gegen einen Deutschen erfolgte oder der

Täter Deutscher ist71.

Ein nahe liegendes Beispiel dafür, dass die Bestechung von Angestellten im

geschäftlichen Verkehr nicht überall unter Strafe gestellt wird, ist Spanien. §

7 StGB wäre damit nicht einschlägig. Die Bestechung von Angestellten iSd. §

299 III StGB in Spanien ist nach deutschem Recht also nur dann strafbar,

wenn ein Einzelakt in Deutschland begangen worden ist.

Mit der Reform des §299 StGB und die Einbeziehung der Auslandstaten ist

der alte Streit zu der Frage, ob der Schutzbereich des §299 StGB nur

Inlandstaten oder auch Handlungen im Ausland umfasst, erledigt72.

Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, gegen welche

Gesetzesverbote eine Schmiergeldvereinbarung verstoßen und deshalb

gemäß § 134 BGB unwirksam werden kann. Eine Schmiergeldvereinbarung

kann aber nicht nur gemäß § 134 BGB iVm. einem Verbotsgesetz nichtig

sein, sondern auch wegen des Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß §

138 I BGB.

II. Nichtigkeit wegen des Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138

I BGB

Voraussetzung für die Anwendbarkeit des §138 I BGB ist, dass sich die

Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts nicht schon aus §134 BGB iVm. einem

Verbotsgesetz ergibt, da nach allgemeiner Ansicht §134 BGB im Verhältnis

zu §138 I BGB lex specialis ist73.

71 Dazu eingehend Stapf, Steuerliche Folgen der Zuwendung korrumpierender Vorteile ab 1999, DB 2000, S.1092 (1094). 72 Vergl. zur alten Streitigkeit Randt, Schmiergeldzahlung bei Auslandssachverhalten, §1006 (1008); Wichterich/ Glockemann, Steuer- und strafrechtliche Aspekte von Schmiergeldzahlungen an Mitarbeiter von Staatsunternehmen, Teil I, INF 2000, S.1 (4); OLG Düsseldorf NJW 1974, S.417. 73 MwN. Hefermehl, in Soergel BGB §138 Rd. 63; Krüger-Nieland/ Zöller, RGRK, §138, Rd.9.

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1. Die Schmiergeldvereinbarung im nationalen Rechtsverkehr

Eine Schmiergeldvereinbarung im nationalen Rechtsverkehr ist nach

deutschem Recht stets, soweit nicht schon nach §134 BGB iVm. einem

Verbotsgesetz, gemäß § 138 I BGB nichtig, da sie als Vereinbarung, die

Angestellte, Bevollmächtigte oder sonstige Vertreter einer Partei mit dem

Vertragsgegner „hinter dem Rücken“ des Geschäftsherren treffen, gegen die

guten Sitten verstößt74. Diese rechtliche Beurteilung ist in Literatur und

Rechtsprechung unumstritten75.

Der sittliche Unwert ergibt sich aus den Grundsätzen der

Umstandssittenwidrigkeit. Ein Rechtsgeschäft ist danach

umstandssittenwidrig, wenn sich die Sittenwidrigkeit seines Inhalts nicht

unmittelbar aus seinem Inhalt, sondern erst aus den besonderen Umständen

ergibt, die den Gesamtcharakter des Rechtsgeschäfts prägen76. Diese

Formel ist sehr weit gefasst, weshalb die Rechtsprechung dazu

übergegangen ist, zu ihrer Konkretisierung Fallgruppen zu bilden. Die

Schmiergeldvereinbarung fällt unter eine dieser entwickelten Fallgruppen,

der Fallgruppe einer sog. „missbilligten Kommerzialisierung“77. Unter dieser

Fallgruppe werden die Rechtsgeschäfte der Kommerzialisierung eines

Verhaltens gefasst, das gerade unabhängig von fremden Zahlungen sein

sollte und mit dessen Kommerzialisierung fremde Interessen geschädigt

werden78. Der sittliche Unwert einer Schmiergeldvereinbarung liegt demnach

darin begründet, dass ein Vertreter seine Treuepflichten gegenüber dem

74 OLG Hamm ZIP 1993, S. 468. 75 Hefermehl in Soergel §138 Rd.180; Mayer-Maly in MüKo §138 Rd.110; Hefermehl in Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, §12 Rd.25; Krüger-Nieland/ Zöller in RGRK §138 Rd.177; Brox in Erman BGB, §138 Rd.68; Damm in AK BGB, §138 Rd.176; Heinrichs in Palandt §138 Rd.63; RGZ 132, 131; BGH NJW 1962, S.1099; BGH NJW 1968, S.1572; BGH NJW 1973 S.363; BGH NJW-RR 1987, S.42. 76 Vergl. Hefermehl in Soergel, §138 Rd.29. 77 Vergl. BGH NJW-RR 1988, S.144; Zur Fallgruppe selbst Mayer-Maly in MüKo, BGB, §138 Rd.32/ 33. Zur Subsumtion der Schmiergeldvereinbarung unter diese Fallgruppe, Mayer-Maly in MüKo, BGB, §138 I BGB, Rd.110. 78 Krüger-Nieland/ Zöller, in RGRK, §138 Rd.163/ 177 f.; Heinrichs in Palandt, §138 Rd.56.

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Geschäftsherrn durch die heimliche Annahme des Schmiergelds verletzt, um

sich persönlich zu bereichern79.

Der Prinzipal ist während einer Vertretung der dauernden Gefahr ausgesetzt,

durch seinen Vertreter gegenüber Dritten berechtigt und verpflichtet zu

werden80. Insoweit ist er in seinem Anspruch auf die Pflicht zur Treue und

Loyalität des Vertreters81 besonders schutzbedürftig, da im deutschen

Kulturkreis Schmiergeldvereinbarungen nicht typischer Teil der

Geschäftskultur sind und er so nicht mit der Bestechung seines Vertreters

rechnen muss82.

Den Bruch des besonderen Vertrauens eines Geschäftsherrn lässt sich der

Vertreter durch das Schmiergeld honorieren, obwohl die Treuepflicht

gegenüber dem Geschäftsherrn gerade unabhängig von fremden Zahlungen

bleiben sollte83. Wegen der missbilligten Kommerzialisierung des

Treuebruchs ist die Schmiergeldvereinbarung im nationalen Rechtsverkehr

sittenwidrig.

Für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit einer Schmiergeldvereinbarung

kommt es nicht darauf an, ob die daran Beteiligten den Geschäftsherrn

benachteiligen wollen. Auch kommt es nicht darauf an, ob solche Nachteile

eingetreten sind84. Missbilligt werden allein schon die Verquickung von

eigennützigen Interessen des Vertreters mit dem Interesse des Vertretenen

an dem versprochenen Vorteil, der darin liegende Missbrauch des dem

Vertreter gewährten Vertrauens und die hiervon ausgehenden Gefahren85.

Der Vorwurf der Rechtsprechung lautet also, dass der Vertreter durch den

wirtschaftlichen Vorteil der Schmiergeldvereinbarung seine originäre Aufgabe

als Vertreter nicht mehr erfüllen kann, nämlich für den Geschäftsherrn

79 Vergl. BGH NJW-RR 1987, S.42; OLG Hamm ZiP 1993, S.468; Streissler, Zum Zusammenhang zwischen Korruption und Wirtschaftsverfassung, in Brünner (Hrsg.), Korruption und Kontrolle, S.299 (300); Sack in Staudinger, §138, Rd. 469-473. 80 Müller-Freienfels, Die Vertretung beim Rechtsgeschäft, S.104. 81 Tillmann, Konkurrierende Ansprüche auf das Schmiergeld, Diss., S.5. 82 Vergl. BGH NJW 1968, S.1572 (1574). 83 BGH WM 1976, S.1306 (1307). 84 RGZ 161, 229 (231). 85 BGH NJW 1973, S.363.

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unvoreingenommen tätig zu werden86. Diese Vermengung eigenen

Interesses an der Schmiergeldvereinbarung mit dem Interesse des

Geschäftsherrn am uneigennützigen, loyalen Handeln des Vertreters prägt

den Gesamtcharakter der Schmiergeldvereinbarung als Auslöser des

Treuebruchs und macht sie sittenwidrig87. Die Schmiergeldvereinbarung ist

also wegen der „missbilligten Kommerzialisierung“ des Treuebruchs

umstandssittenwidrig88.

Der BGH verlangt begrifflich für den Tatbestand der

Schmiergeldvereinbarung, dass dies für einen zukünftigen Vorteil gezahlt

werde89. Soweit erst nachträglich eine Belohnung iSe. nicht vereinbarten

Erfolgsprovision gezahlt werde, sei dies begrifflich kein Schmiergeld.

Gleichwohl werden aber auch Vereinbarungen dieser Art als sittenwidrig

angesehen, da der Vertreter sich treuwidrig gegen den von ihm Vertretenen

verhält und der Vertragspartner daran mitwirkt. Eine solche

Provisionszahlung sei sittenwidrig, soweit sie keinen „kaufmännischen

Anlass“ habe und lediglich der persönlichen Bereicherung diene90. Dies ist

bei heimlichen Belohnungen regelmäßig der Fall. Die Rechtsfolge, die

Nichtigkeit einer solchen Vereinbarung und Rechtsgrundlosigkeit der

Zahlung, ist also dieselbe. Es handelt sich bei dieser Abgrenzung nur um

eine begriffliche Einschränkung ohne Rechtswirkung.

Fraglich ist, ob die Bewertung der Schmiergeldvereinbarung gemäß § 138 I

BGB im internationalen Rechtsverkehr anders ausfällt, wenn

Schmiergeldvereinbarung in dem betreffenden Staat die Regel sind.

2. Die Schmiergeldvereinbarung im internationalen Rechtsverkehr

86 Vergl. Siegburg in EwiR, 1991, S.871 (872). 87 Vergl. BGH NJW-RR 1987, S.42; OLG Köln NJW-RR 1988, S.144. 88 So OLG Hamm ZiP 1993, S.468; Mayer-Maly in MüKo, BGB, S.138, Rd.110. 89 BGH NJW 1989, S.26. 90 Zum Begriff des „kaufmännischen Anlass“, OLG Köln NJW-RR 1992, S.623 (624).

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Im internationalen Rechtsverkehr spielen Schmiergeldvereinbarungen eine

große Rolle91. Da Schmiergeldgeschäfte in manchen Ländern Bestandteil

der Geschäftskultur sind, fällt die Beurteilung ihres sittlichen Wertes

besonders schwer92.

Die Rechtsprechung unterscheidet zwischen der Bestechung ausländischer

Amtsträger und den Schmiergeldvereinbarungen zwischen Privatleuten.

Schmiergeldvereinbarungen mit ausländischen Amtsträgern waren nach

bisheriger Auffassung des BGH gemäß § 138I BGB sittenwidrig93.

Voraussetzung dafür war, dass sie in dem betreffenden Land verboten

waren, die Schmiergeldvereinbarungen also gegen ein ausländisches

Verbotsgesetz verstießen, welches mittelbar auch deutsche Interessen

schützen sollte oder dessen Umgehung allgemein zu achtenden Interessen

aller Völker zuwiderlief94.

Der BGH hatte schon in den bisher entschiedenen Fällen eine

Schmiergeldvereinbarung mit einem ausländischen Amtsträger gemäß § 138

I BGB für sittenwidrig befunden95, da die Verletzung ausländischer

Rechtsnormen, die auch nach den in Deutschland herrschenden rechtlichen

und sittlichen Anschauungen anzuerkennen seien, gleichzeitig eine

Verletzung allgemein gültiger sittlicher Grundsätze bedeute96. Eine derartige

Schmiergeldvereinbarung war deswegen nichtig97.

Seit dem 15. 2. 1999 gilt das OSZE-Übereinkommen über die Bekämpfung

der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen

91 Siehe den jährlich veröffentlichten Transparency International Corruption Perceptions Index (CPI). 92 Eine rechtsvergleichende Übersicht zur Gesetzeslage in dreizehn verschiedenen Rechtsordnungen findet sich bei Hepkema/ Booysen, Bribery of public Officials, International Business Lawyer, 1997, S.415. 93 BGHZ 59, 82, (83). 94 So auch Heinrichs in Palandt, §134 Rd.2. 95 BGH IPRaX 1987, S.110; Dazu Fikentscher/ Waibl, Ersatz im Ausland gezahlter Bestechungsgelder, IPRaX 1987, S.86; Vergl. Auch OLG HH NJW 1992, S.635. 96 BGH IPRax 1987, S.110 (111). 97 Vergl. Kühn, Kickbacks to civil servants will invalidate agency agreements, International Business Lawyer, 1985, S.385.

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Geschäftsverkehr98 und seit dem 10.9.1998 das Übereinkommen zum

Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften als

deutsches Recht. Da aufgrund dieser Übereinkommen der Abschluss von

Schmiergeldvereinbarungen mit ausländischen Amtsträgern auch nach

deutschem Recht strafbar ist, sind Schmiergeldvereinbarungen mit diesen

Personen nunmehr, wie oben beschrieben, gemäß § 134 I BGB wegen des

Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz nichtig.

Die bisherige Begründung der Rechtsprechung des BGH, der allein auf § 138

I BGB abstellte, ist also überholt. Am Ergebnis, der Nichtigkeit der

Schmiergeldvereinbarung, hat sich jedoch nichts geändert.

Ganz etwas anderes gilt, nach Ansicht des BGH, für

Schmiergeldvereinbarungen zwischen Privatleuten, soweit diese Verträge

nicht nach deutschem oder ausländischem Recht verboten sind. Regelmäßig

sind solche Vereinbarungen gemäß §134 iVm. §299 III StGB nichtig, soweit

der Straftatbestand erfüllt ist99. Dies ist z.B. nicht der Fall bei der Bestechung

von Betriebsinhabern oder der Zahlung von „speed-money“. Findet

deutsches Recht Anwendung auf eine solche internationale

Schmiergeldvereinbarung, soll es nach Ansicht der Rechtsprechung bei der

Bestimmung der guten Sitten gemäß § 138 I BGB auch auf die auf dem

ausländischen Markt herrschende Auffassung ankommen100. Bleibt

ungeklärt, ob es sich bei der Vereinbarung um ein Schmiergeldvereinbarung

handelt, solle im Regelfall die Wirksamkeit der Vereinbarung anzunehmen

sein101.

Der BGH argumentiert in dem entschiedenen Fall, dass die Bekämpfung der

Schmiergeldkorruption in Deutschland unmittelbar auch dem allgemeinen

Interesse daran diene, zu verhindern, dass durch Schmiergeld schlechtere

Ware den Vorzug erhält und der Preis verteuert wird102. Wenn auf dem

98 BGBl. 1998, Teil II, 21.September 1998, S.2329. 99 Dazu Randt, Abermals Neues zur Korruptionsbekämpfung: Die Ausdehnung der Angestelltenebstechung des §299 StGB auf den Weltmarkt, BB 2002, S.2252. 100 BGH NJW 1968, S.1572 (1573); So auch Hefermehl, in Soergel, BGB §138, Rd.181. 101 OLG Düsseldorf NJW 1974, S. 417. 102 BGH NJW 1968, S.1572 (1574).

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ausländischen Markt die Schmiergeldvereinbarung aber nur im Hinblick auf

die Abwerbung von Angestellten oder des Ausspähens von Geheimnissen

verpönt sei, erscheine es nicht geboten, die strengen deutschen Maßstäbe

anzuwenden, wenn die Auswirkungen der Vorteilsgewährungen sich im

Einzellfall nur auf dem ausländischen Markt zeigen103.

Der BGH meint also, bei der Anwendung deutscher Sittenmaßstäbe sei

immer zu prüfen, ob die deutschen guten Sitten und die entsprechenden

ausländischen Gesetzesmaßstäbe tatsächlich auch dasselbe Schutzobjekt

hätten. Wenn die deutsche Generalklausel des § 138 I BGB also bezüglich

der Schmiergeldvereinbarungen ein anderes Schutzgut hätte als die

entsprechende ausländische Norm und so ein nach ausländischer

Auffassung nicht schutzbedürftiges Rechtsgut aufgrund der Anwendung des

§ 138 I BGB zur Nichtigkeitserklärung des Rechtsgeschäfts herangezogen

würde, wäre dies unzulässig, so der BGH.

Die konsequente Anwendung dieser Rechtsprechung könnte also dazu

führen, dass ein deutsches Gericht einer internationalen

Schmiergeldvereinbarung gerichtlich Geltung verschaffen müsste104.

Im Sinne der Argumentation des BGH gibt auch Hopt zu bedenken, dass es

nicht dessen Aufgabe sein könne, Standards der Geschäftsmoral via

exterritorialer Wirkung von Rechtsnormen in alle Welt zu exportieren und zu

oktroyieren105.

Auch Esser und Weyers wenden ein, es könne nicht Sache deutscher

Gerichte sein, deutsche Maßstäbe an „Geschäftspraktiken etwa im Orient“

anzulegen.106 Fikentscher und Waibl schränken diese Berücksichtigung

fremder Kulturen dahingehend ein, dass es auch verwerfliche Bestechung im

103 Vergl. BGH NJW 1968, S.1572 (1574). 104 So wohl auch Schneider in Scholz, GmbH-Gesetz, §43, Rz.68; Mertens, AktG, §93, Rz.37. 105 Hopt, Recht und Geschäftsmoral multinationaler Unternehmen, in Tradition und Fortschritt, Festschrift gewidmet der Tübinger Juristenfakultät zu ihrem 500 jährigen Bestehen, S.279 (323); So auch, aber unangemessen polemisch, Knapp, Sittenwidrige Vermittlung von Regierungsaufträgen durch Bestechungsgelder, RiW 1986, S.999 (1000). 106 Esser/ Weyers, Schuldrecht BT, §35 III, 2.

Page 22: Schmiergeldvereinbarungen und deutsches Zivilrecht · 26 BGH StV 1999, S.366. 27 BGH NJW 2001, S.3062. 28 Dazu und zum Spezialitätsverhältnis von §331 und §332 StGB, Rudolphi

Rechtsanwalt Dr. Harald Schlüter, MLE, Fachanwalt für Steuerrecht Detmolderstr.43, 33604 Bielefeld, Tel. 0521/ 96641-0, Fax –90, [email protected]

Ausland geben kann, so z. B. wenn mittelbar auch deutsche Interessen

betroffen sind107, was bei dem Verstoßen gegen ausländische

Verbotsgesetze als Umgehung allgemein zu achtender Interessen aller

Völker der Fall sein soll.

Da bei der Bewertung von Schmiergeldvereinbarungen durch den BGH auch

auf die auf dem ausländischen Markt herrschende Auffassung Rücksicht

genommen wird, es also nach seiner Auffassung auch rechtswirksame

Schmiergeldvereinbarungen geben kann, gleichen sich die Ansichten von

Rechtsprechung und Literatur in diesem Punkt.

Abschließend ist zur Frage der Nichtigkeit von Schmiergeldvereinbarungen

noch folgendes festzuhalten: Gleichwertig neben der Nichtigkeit des

Hauptvertrages nach §134 BGB und §138 I BGB steht das Anfechtungsrecht

des Geschäftsherrn aus wichtigem Grund gemäß §242 BGB108. Auch

nichtige Rechtsgeschäfte können nach allgemeiner Auffassung angefochten

werden, da mehrere Nichtigkeitsgründe nebeneinander geltend gemacht

werden dürfen109. Ein auf Schmiergeld beruhender Hauptvertrag kann also

nicht nur wegen des Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz iSd. §134 BGB

oder der Sittenwidrigkeit iSd. §138 I BGB nichtig sein, sondern auch durch

den Geschäftsherrn angefochten werden.

107 Fikentscher/ Waibl, Ersatz im Ausland gezahlter Schmiergelder, IPRaX 1987, S.89. 108 BGH ZiP 1999, S.1099 (1101). 109 Zur Doppelwirkung, vergl. Lehmann, BGB AT, §27, S.160.