Schriftstellerinnen entdecken - gouvernement · 2021. 2. 26. · Schriftstellerinnen entdecken....

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SCHRIFTSTELLERINNEN ENTDECKEN UNTERRICHTSMAPPE FÜR LEHRERINNEN UND LEHRER DER GRUNDSCHULE Reihe: Kinder entdecken Künstlerinnen | Band 3 NUMÉRO SP É C I AL DU CO U R R I E R D E L É D U CATI O N N A TI O N A L E

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SCHRIFTSTELLERINNENENTDECKENUNTERRICHTSMAPPEFÜR LEHRERINNEN UND LEHRER DER GRUNDSCHULE

Reihe:

Kinder entdecken Künstlerinnen | Band 3

NUMÉRO SPÉCIAL DU COURRIER DE L’ÉDUCATION NATIONALE

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Lindsay, Eckana, Rafael, Alex, Alex,Dat ass de Fudibär

(Unterrichtseinheit Anise Koltz, Câdichon, S. 109f.)

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Kinder entdecken Künstlerinnen

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Schriftstellerinnen entdeckenUnterrichtsmappe für Lehrerinnen und Lehrerder Grundschule

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Schriftstellerinnen entdecken

Unterrichtsmappefür Lehrerinnen und Lehrer der Grundschule

Reihe: Kinder entdecken Künstlerinnen, Band 3

In der gleichen Reihe erschienen:Danielle Roster und Daniela Höhn (Cid-femmes):Komponistinnen entdeckenUnterrichtsmappe für Lehrerinnen und Lehrer der Vor- und PrimärschuleReihe: Kinder entdecken Künstlerinnen (KeK), Band 1, Luxemburg 2006, ISBN: 2-87995-684-6

Jakobine Wierz, Danielle Roster und Kathrin Eckhart (Cid-femmes):Künstlerinnen entdeckenUnterrichtsmappe für Lehrerinnen und Lehrer der Vor- und PrimärschuleReihe: Kinder entdecken Künstlerinnen (KeK), Band 2, Luxemburg 2008, ISBN: 978-2-87995-973-3

Für die freundliche Unterstützung möchte das Cid-femmes sich bedanken beim:

Ministère de la Culture, LuxemburgMinistère de l'Éducation nationale et de la Formation professionnelle, LuxemburgMinistère de l'Égalité des Chances, LuxemburgFonds culturel national soutenu par la Loterie Nationale, Luxemburg

Für die pädagogische Beratung möchten wir uns bedanken:

Die KeK-Unterrichtsmappen entstehen in Team-Arbeit. Für KeK-Band 3 möchten wir daher herzlich allen Mitgliedern des pädagogischen KeK-Teams sowie allen MusikerInnen, die die KeK-Lieder zur Uraufführung brachten, herzlichst danken (siehe: KeK-Team und KeK-MusikerInnen, S. 128).

Herausgegeben von:Centre d'Information et de la documentation des femmes Thers Bodé (Cid-femmes), Luxemburgund Ministère de l'Éducation nationale et de la Formation professionnelle, Luxemburg

Grafische Konzeption: Working Point Marie Kappweiler, WienIllustrationen: Marie Kappweiler, WienKeK-Logo: Nikola Koch, one4vision GmbH, Saarbrücken

Druck: 2013CD-Master: KMS, Elsdorf

© Centre d'Information et de documentation des femmes Thers Bodé (Cid-femmes), Luxemburg

ISBN: 978-2-87995-091-4

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Schriftstellerinnen entdecken

Unterrichtsmappefür Lehrerinnen und Lehrer der Grundschule

Reihe: Kinder entdecken Künstlerinnen (KeK), Band 3Idee, Konzept, Lektorat und Redaktion: Danielle Roster (Cid-femmes)

Autorin: Kathrin Eckhart

Herausgegeben von:Centre d'Information et de documentation des femmes Thers Bodé (Cid-femmes), Luxemburg

und Ministère de l'Éducation nationale et de la Formation professionnelle, Luxemburg

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Unterrichtsvorschläge, nach Klassen eingestuft S. 7

Vorwort der Unterrichtsministerin S. 11

Vorwort des Cid-femmes: Über Sinn und Zweck der KeK-Unterrichtsbände S. 12

Einleitung: Überall ist die Stimme der Frauen zu hören S. 14

SCHRIFTSTELLERINNEN IM 17. UND 18. JAHRHUNDERT S. 15

1. Schriftstellerinnen im 17. und 18. Jahrhundert S. 16 2. Madame D'Aulnoy (1650/51-1705) S. 20

SCHRIFTSTELLERINNEN IM 19. UND 20. JAHRHUNDERT S. 35

3. Schriftstellerinnen im 19. und 20. Jahrhundert S. 36 4. Virginia Woolf (1882-1941) S. 38 5. Agatha Christie (1890-1976) S. 47

SCHRIFTSTELLERINNEN IM 20. UND 21. JAHRHUNDERT S. 61

6. Schriftstellerinnen im 20. und 21. Jahrhundert S. 62 7. Astrid Lindgren (1907-2002) S. 65 8. Toni Morrison (*1931) S. 82

SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG S. 93

9. Schriftstellerinnen in Luxemburg S. 94 10. Anise Koltz (*1928)) S. 100 11. Nicole Paulus (*1955) S. 113

ANHANG S. 121

12. Literaturempfehlungen S. 122 13. Bildnachweis S. 127 14. Die Autorinnen S. 128 15. CD-ROM – Inhaltsverzeichnis S. 129

SCHRIFTSTELLERINNEN ENTDECKEN

INHALTSVERZEICHNIS 6

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MADAME D'AULNOY (1650/51-1750)

Madame Marie-Catherine d'Aulnoy stellt sich vor .......................................................................................... 1. - 4. Zyklus S. 24 Die Reiseberichterstatterin – Reisende Frauen im Barock ............................................................................. 1. - 4. Zyklus S. 25 Das Schreibwerkzeug der Madame D'Aulnoy .................................................................................................. 1. - 4. Zyklus S. 25 Märchenstunde ..................................................................................................................................................................... 1. - 4. Zyklus S. 26 L'oranger et l'abeille .......................................................................................................................................................... 1. - 4. Zyklus S. 27 Märchen und Pantomime ............................................................................................................................................... 1. - 3. Zyklus S. 27 Broderie .................................................................................................................................................................................... 1. - 4. Zyklus S. 28 Mit Gedichten, Liedern und Rollenspielen ausschmücken ........................................................................... 2. - 4. Zyklus S. 28 Die Rahmenhandlung oder die russische Matrjoschkapuppe ................................................................... 2. - 3. Zyklus S. 28 Aimées Höhlenlied ............................................................................................................................................................. 4. Zyklus S. 29 Die „Märchenfiguren” und typische Ereignisse im Märchen ..................................................................... 1. - 4. Zyklus S. 31 Neue Märchen erfinden I – freies Erzählen ........................................................................................................ 1. - 4. Zyklus S. 31 Neue Märchen erfinden II – Ideen-Begriffe ......................................................................................................... 1. - 4. Zyklus S. 31 Faltmärchen schreiben ...................................................................................................................................................... 2. - 4. Zyklus S. 32 Ein eigenes Märchenbuch malen .............................................................................................................................. 1. - 3. Zyklus S. 32 Das Feenspiel ........................................................................................................................................................................ 1. - 3. Zyklus S. 33 Ein selbstgebasteltes Feenspiel .................................................................................................................................... 1. - 3. Zyklus S. 33 Märchen übertragen – Aus Fee wird Spiderwoman ..................................................................................... 3. - 4. Zyklus S. 33 Literarischer Salon – barockes Fest ........................................................................................................................... 1. - 3. Zyklus S. 33 Märchenheldinnen und -helden gestern und heute ......................................................................................... 2. - 4. Zyklus S. 34

VIRGINIA WOOLF (1882-1941)

Virginia Woolf stellt sich vor ......................................................................................................................................... 1. - 4. Zyklus S. 42 Kinderjournalistinnen und -journalisten .................................................................................................................... 1. - 4. Zyklus S. 42 Geschichten mit Geschichte ......................................................................................................................................... 2. - 4. Zyklus S. 43 Zeitskulptur und Bewusstseinsstrom ........................................................................................................................... 1. - 4. Zyklus S. 43 Das Wellenlied ..................................................................................................................................................................... 3. - 4. Zyklus S. 44 Virginia Woolfs Wasserbilder ..................................................................................................................................... 3. - 4. Zyklus S. 46 Zackarina und der Sandwolf ....................................................................................................................................... 1. - 3. Zyklus S. 46

AGATHA CHRISTIE (1890-1976)

Agatha Christie stellt sich vor ....................................................................................................................................... 2. - 4. Zyklus S. 53 Wo Agatha Christie schreibt ........................................................................................................................................ 2. - 4. Zyklus S. 53 Den Knoten lösen ................................................................................................................................................................ 2. - 4. Zyklus S. 54 Das Krimirätsel ...................................................................................................................................................................... 2. - 4. Zyklus S. 54 Archäologie und Kriminalistik ....................................................................................................................................... 3. - 4. Zyklus S. 55 Lied: Oh, Miss Marple .................................................................................................................................................... 3. - 4. Zyklus S. 56 Agatha Christie lesen und sehen: 16 Uhr 50 ab Paddington ................................................................. 4. Zyklus S. 58 Gesine Schulz lesen: Fernando ist futsch .............................................................................................................. 2. - 3. Zyklus S. 59 Figuren entwickeln wie Agatha Christie ................................................................................................................ 3. - 4. Zyklus S. 59 Wenn ich DetektivIn wäre … ....................................................................................................................................... 3. - 4. Zyklus S. 60 Wer war's? – Who's done it? – Die Kunst, falsche Fährten zu legen ................................................. 3. - 4. Zyklus S. 60 Die Kinderdetektivbande ermittelt – Schreiben einer Krimiszene ............................................................ 3. - 4. Zyklus S. 60

SCHRIFTSTELLERINNEN ENTDECKEN

UNTERRICHTSVORSCHLÄGE, NACH KLASSEN EINGESTUFT 7

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ASTRID LINDGREN (1907-2002)

Astrid Lindgren stellt sich vor ......................................................................................................................................... 1. - 4. Zyklus S. 70 Geburt einer Schriftstellerin und einer Kinderbuchheldin ............................................................................. 1. - 4. Zyklus S. 70 So will ich wohnen! ........................................................................................................................................................... 1. - 3. Zyklus S. 71 Spiel „Komm raus aus Deinem Haus!” ................................................................................................................... 1. - 3. Zyklus S. 72 Lotta ist wütend ..................................................................................................................................................................... 2. - 4. Zyklus S. 72 Kuck wat ech kann ............................................................................................................................................................. 1. - 3. Zyklus S. 74 „Ich bau mir die Welt, wiede, wiede wie sie mir gefällt.” ........................................................................ 1. - 3. Zyklus S. 75 Sachensuche .......................................................................................................................................................................... 1. - 3. Zyklus S. 76 Die Prügelei ............................................................................................................................................................................ 1. - 3. Zyklus S. 76 Spunk-Wörter erfinden ..................................................................................................................................................... 1. - 4. Zyklus S. 77 Klangmaschine ..................................................................................................................................................................... 2. - 4. Zyklus S. 77 Interview – Was bedeutet mein Spunk-Wort? .................................................................................................... 2. - 3. Zyklus S. 77 Unsinnsgedichte erfinden ............................................................................................................................................... 2. - 3. Zyklus S. 78 Krummelus ................................................................................................................................................................................ 2. - 3. Zyklus S. 78 Internetreise in Astrid Lindgrens und in Pippis Welt ......................................................................................... 2. - 4. Zyklus S. 78 Wem gehört der Wald? Ronja und die Natur .................................................................................................. 3. - 4. Zyklus S. 79 Ronja und Birk – eine Freundschaft .......................................................................................................................... 3. - 4. Zyklus S. 80 Das Höllenschlund-Theater ............................................................................................................................................. 3. - 4. Zyklus S. 80 Niemals Gewalt .................................................................................................................................................................. 2. - 4. Zyklus S. 81

TONI MORRISON (*1931)

Toni Morrison stellt sich vor ........................................................................................................................................... 1. - 4. Zyklus S. 86 Die Welt mit anderen Augen sehen ......................................................................................................................... 1. - 4. Zyklus S. 87 Das habe ich – das haben wir erlebt ..................................................................................................................... 1. - 3. Zyklus S. 87 Geschichten von zu Hause ........................................................................................................................................... 1. - 4. Zyklus S. 87 Ein Buch über mich! ........................................................................................................................................................... 1. - 4. Zyklus S. 88 Was wäre wenn …? ........................................................................................................................................................ 1. - 4. Zyklus S. 88 Lieber Kinderbuchverlag! Liebe Bibliothekarin/Lieber Bibliothekar! ..................................................... 3. - 4. Zyklus S. 89 Die Fabel verstehen ........................................................................................................................................................... 1. - 4. Zyklus S. 89 „Stark” und „schwach“ – Macht und Ohnmacht .............................................................................................. 1. - 4. Zyklus S. 90 Die Fabel neu erzählen ................................................................................................................................................... 1. - 4. Zyklus S. 90 Das Gangsterlied ................................................................................................................................................................ 3. - 4. Zyklus S. 90 Remember – Erinnere Dich! ........................................................................................................................................... 3. - 4. Zyklus S. 92

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UNTERRICHTSVORSCHLÄGE, NACH KLASSEN EINGESTUFT 8

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ANISE KOLTZ (*1928)

Anise Koltz stellt sich vor ................................................................................................................................................. 1. - 4. Zyklus S. 104 Aline Mayrisch – Anise Koltz – Germaine Goetzinger ................................................................................ 2. - 4. Zyklus S. 104 Förderinnen der Luxemburger Literatur Et gi Wierder ......................................................................................................................................................................... 4. Zyklus S. 105 Singvögel und Greifvögel – Musikalische Improvisation zum Gedicht ............................................... 1. - 3. Zyklus S. 105 Wörter wie Sonnenstrahlen und Brennnesseln .................................................................................................. 2. - 4. Zyklus S. 106 Wir verfassen ein Gedicht ............................................................................................................................................ 1. - 4. Zyklus S. 106 Unser eigener Gedichtband – Gedicht und Illustration ................................................................................ 1. - 4. Zyklus S. 107 Il existe des mots .................................................................................................................................................................. 4. Zyklus S. 107 Der Clown und seine vielen Gesichter ................................................................................................................... 1. - 3. Zyklus S. 109 Der Clown, Câdichon und seine Freunde ........................................................................................................... 1. - 4. Zyklus S. 109 Wenn der Clown im Zirkus ist … Geschichten erzählen ............................................................................ 1. - 4. Zyklus S. 109 Mit Collagen illustrieren wie Anise Koltz .............................................................................................................. 1. - 4. Zyklus S. 110 Ech giff gär Clown ginn ................................................................................................................................................. 2. - 4. Zyklus S. 110 Anise Koltz – Ausgewählte Gedichte ...................................................................................................................... 4. Zyklus S. 112 21. JAHRHUNDERTS

NICOLE PAULUS (*1955)

Nicole Paulus stellt sich vor ........................................................................................................................................... 1. - 4. Zyklus S. 115 Zolox – die universelle Tiersprache .......................................................................................................................... 1. - 3. Zyklus S. 115 Annihex trifft Linda, Linda trifft Außerirdischen, Außerirdischer trifft … ................................................ 1. - 2. Zyklus S. 116 Lied: Annihex ......................................................................................................................................................................... 1. - 3. Zyklus S. 116 Salto am Aquarium – Selbstbehauptung ............................................................................................................... 1. - 3. Zyklus S. 118 Lied: Der Kater muss raus ............................................................................................................................................... 1. - 4. Zyklus S. 118

1. Zyklus

2. Zyklus

3. Zyklus

4. Zyklus

1. -4. Zyklus

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Die vorliegende Unterrichtsmappe Schriftstellerinnen entdecken ist der dritte Band der Reihe KeK-Kinder entdecken Künstlerinnen, die vom Cid-femmes (Centre d’information et de documen tation des femmes ‚Thers Bodé’) erarbeitet und in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Erziehung und Berufsausbildung herausgegeben wird.

Wie bereits anlässlich der beiden ersten Bände hervorgehoben, ist es unumstritten, dass Mädchen und Jungen positive geschlechtsspezifische Vorbilder brauchen. Deshalb freue ich mich, dass den Mädchen mit diesen Veröffentlichungen die Möglichkeit gegeben wird, die Werke von Künstlerinnen zu entdecken, die oft zu kurz kommen.

In der Welt der Bücher geraten Frauen weniger als in anderen Bereichen in Vergessenheit. Zu allen Zeiten gab es Schriftstellerinnen von Bedeutung, wenn auch oft in sogenannten frauenspezifischen Bereichen. So erwarb schon im frühen Mittelalter Marie de France unsterblichen Ruhm im Französischen, meiner Lieblingssprache. Sie lebte im 12. Jahrhundert in Frankreich und England und beeinflusste mit den „Les lais de Marie de France“, alle späteren Liebesgedichte der Troubadours und Minnesänger.Simone de Beauvoir prägte das 20. Jahrhundert. Ihr Werk „Le deuxième Sexe“ machte sie weltbekannt. Sie brachte weibliche Sichtweisen in wissenschaftliche und politische Diskussionen ein und verwahrte sich dagegen, dass Diskriminierungen biologisch zu rechtfertigen seien: „Man ist nicht als Frau geboren, man wird es.“ Ihr Großvater stammte übrigens aus Luxemburg, wo auch sonst stets Frauen in der literarischen Welt gut vertreten waren und sind. Ich freue mich, dass einige von Ihnen im vorliegenden Band zu Ehren kommen.

Die Gleichstellung der Schriftstellerinnen und Schriftsteller ist jedoch nicht gegeben. Hundert Mal wurde der Nobelpreis verliehen, davon zwölf Mal an eine Frau. Es gab gänzlich frauenfreie Jahrzehnte, die Fünfziger – Camus und Sartre wurden geehrt, Simone de Beauvoir nicht – und die sonst so fortschrittlichen Siebziger und Achtziger. Auch wenn es sicherlich erfreulich ist, dass 2012 ein chinesischer Autor geehrt wurde, bleibt es bei nur vier Frauen, die seit 2000 den Nobelpreis für Literatur erhielten.

In Luxemburg sieht es mit den offiziellen Ehrungen nicht besser aus. Zwanzig Laureaten erhielten bis jetzt den Servais-Preis für eines ihrer Werke, darunter nur vier Frauen. Der Batty-Weber-Preis wird für ein Gesamtwerk vergeben und bis dato an acht Männer und eine Frau.

Wie in anderen Bereichen unserer Gesellschaft werden die Tätigkeiten der Frauen als weniger würdigungswert angesehen, Schriftstellerinnen nicht unter die ernstzuneh-menden Literaten aufgenommen. Astrid Lindgren hat mit Pippi Langstrumpf mehr als jede andere für das Selbstbewusstsein heranwachsender Mädchen geleistet. Die gebürtige Schwedin hatte keine Chance bei ihren Landsleuten, die

den Nobelpreis vergeben. Sie erhielt allerdings 1978 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und traf in ihrer berühmten Dankesrede einer jener Aussagen, die so wohl nur von einer Frau getroffen werden kann und die auch heute Leitmotiv bleibt, der „Mahnung für uns und für die Kinder: NIEMALS GEWALT!“

Ich bedanke mich herzlich bei allen Mitarbeiterinnen dieses Projektes und wünsche mir besonders, dass der Umgang mit den Texten berühmter Schriftstellerinnen sowohl den Lese- als auch den sozialen und kulturellen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler nachhaltig zugutekommt.

Mady Delvaux-StehresMinisterin für Erziehung und Berufsausbildung

VORWORT DER UNTERRICHTSMINISTERIN

SCHRIFTSTELLERINNEN IM PORTRÄT 11

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Das Cid-femmes (Centre d’information et de documen-tation des femmes ‚Thers Bodé’) hat, finanziell vom Unter richtsministerium unterstützt, seit 2006 eine neue Unterrichtsreihe für den Grundschulunterricht entwickelt: KeK – Kinder entdecken Künstlerinnen. Diese Reihe verfolgt das pädagogische Ziel, Kindern vor Augen zu führen, dass Frauen als Komponistinnen, Künstlerinnen und Schriftstellerinnen ebenso kreativ waren und sind wie ihre männlichen Kollegen und dass sie heute selbstverständlich in allen Kunstsparten vertreten sind.

KeK stützt sich auf die pädagogische Erkenntnis, dass geschlechtsspezifische Vorbilder für die freie Entfaltung der kindlichen Kreativität sehr wichtig sind. Das Wissen um Traditionen und um die Geschichte weiblichen Kulturschaffens stärkt das Selbstbewusstsein von Mädchen und ermutigt sie, selbst schöpferisch aktiv zu werden. Gleichzeitig profitieren Jungen von der Erkenntnis, dass Kultur von Männern UND Frauen geschaffen wird, sie erweitern ihren kulturellen Horizont durch das Einnehmen neuer Perspektiven. Alle Kinder können durch dieses Projekt den Spaß am kreativen Ausdruck entdecken.

Den Stimmen von Schriftstellerinnen Gehör verschaffen

Komponistinnen entdecken (Band 1) wurde 2006 veröffent-licht, Künstlerinnen entdecken (Band 2) folgte 2008. Der vorliegende Band erschließt das Thema der Literatur und stellt erfolgreiche Schriftstellerinnen aus Vergangenheit und Gegenwart mit dem Ziel vor: •die vielfältigen und lange nicht gewürdigten Traditionen

weiblichen Schreibens in dem Bewusstsein von Kindern zu verankern,

•ihnen zu zeigen, wie die Stimmen von Frauen die Literaturgeschichte geprägt haben

• sie dafür zu sensibilisieren, wie – bis in die Gegenwart – gesellschaftliche Verhältnisse die Entstehung von Literatur beeinflussen (s. Einleitung)

•und sichtbar zu machen, welche Männer- und Frauen bilder die jeweiligen Epochen hervorgebracht haben.

Mit diesem Band können Kinder Formen kollektiver Textentstehung entdecken (siehe z. B. Madame d’Aulnoy und die französischen Salons). Sie erfahren, wie Sprache individuelle Perspektiven vermittelt (Virginia Woolf und Toni Morrison). Die Unterrichtseinheiten geben Kindern einen Spielraum, die eigene Beobachtungsgabe zu schulen (Agatha Christie) und zu erkennen, wie sie sich mit Worten behaupten können (Astrid Lindgren und Nicole Paulus). Mit dem 3. KeK-Band erhalten Kinder außerdem einen Einblick in den kulturellen Apparat, der die Produktion von Literatur

u.a. mittels Verlag, Lektorat oder Buchkritik ermöglicht. Nicht zuletzt lernen sie über die Sprache selbst nachzudenken (u. a. Anise Koltz).

Um die Vielfalt literarischen Schaffens von Frauen zu zeigen, haben wir bewusst darauf verzichtet, die Unterrichtseinheiten auf Kinderliteratur zu beschränken: So stellt der Band eine Vielfalt an literarischen Gattungen vor: Märchen, Fabel, (Kriminal-)Roman, Kurzgeschichte und Lyrik sind vertreten.

Aufbau der Mappe

Im ersten, internationalen Teil werden exemplarisch Schrift-stellerinnen aus verschiedenen Epochen und Ländern vorgestellt. Der zweite Teil konzentriert sich auf Luxemburg. Als Einleitung zu den biografischen Kapiteln werden die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen skizziert, die den Werdegang der Schriftstellerinnen mitbestimmten (rechtliche und soziale Stellung der Frau, Zugang der Mädchen zur Bildung, Zugang der Frauen zu literarischen Berufen usw.). Außerdem werden die Merkmale der betreffenden Literaturrichtungen präsentiert.

Die Unterrichtsvorschläge sind nach den Zyklen der Grundschule eingestuft. Sie führen altersgerecht und auf spielerische Art und Weise in die Werke der besprochenen Schriftstellerinnen ein und wecken Verständnis für die Literatur der jeweiligen Epoche. Sie regen die Kinder zum Erzählen, Dichten, Schreiben und anderen kreativen Techniken an, auch Filmanalysen und Interviews werden erprobt.

Auf der CD-ROM, die dieser Mappe beigefügt ist, sind Lesetexte, Rätsel, Bildmaterial sowie die Lieder (s.u.), die zu den einzelnen Unterrichtsideen passen, versammelt. Während sich die Texte zum kulturellen Hintergrund und zu den Biografien der einzelnen Schriftstellerinnen eher an das Lehrpersonal richten, finden sich auf der CD Originaltexte der Schriftstellerinnen sowie fiktive Briefe, in denen sich die Autorinnen direkt an die Kinder wenden und aus ihrem Leben erzählen.

Mit Worten spielen – die Welt begreifen – Sprachkompetenzen entwickeln

KEK 3 ist den Unterrichtszielen verpflichtet, wie sie in Bildungsstandards Sprachen: Leitfaden für den kompetenz-orientierten Sprachunterricht an Luxemburger Schulen (Peter Kühn, MENPF, 2008) formuliert sind:

Vor dem Hintergrund der Mehrsprachigkeit bieten die Erzähls piele vielfältige Sprachanlässe. Dabei werden Alltagssituationen, Fachthemen und freie kreative Themen

Über Sinn und Zweck der KeK-Unterrichtsbände

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VORWORT DES CID-FEMMES

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berücksichtigt. Durch Nacherzählen, Weiterspinnen und Neuerfinden von Geschichten wird neben der deutschen und französischen Sprache das Luxemburgische als Inte -grationssprache gefördert. Mit Gestik, Mimik und gezielter Intonation erweitern Schülerinnen und Schüler ihre kommunikativen Kompetenzen. Die spielerischen Erzähl-situationen ermöglichen das Eingehen auf mehrsprachige Formulierungen: Durch Nachfragen, Ergänzen und die gemeinsame Suche nach treffenden Worten erhalten die Kinder eine direkte Rückmeldung auf ihr Sprachhandeln, sie erweitern ihren Wortschatz und damit einhergehend auch ihr Welt-, Selbst- und Fremdverständnis.

Authentische (Vor-)Lesetexte fördern das Hör- und Leseverstehen, Schreibspiele den schriftlichen Ausdruck. Die Kindern lernen unterschiedliche literarische Gattungen kennen, sie üben sich im Erstellen von Schaubildern oder Mindmaps, sie führen Interviews und verfassen eigene Texte: u.a. Zeitungsartikel, Berichte, Rezensionen und freie Geschichten und Gedichte.

Die Unterrichtseinheiten regen zur selbstständigen Informations-suche an (Textanalyse, Gebrauch von Nachschlagwerken und dem Internet).

Der interdisziplinäre Ansatz ermöglicht Synergieeffekte: Künstlerischer, musikalischer und sprachlicher Ausdruck ergänzen sich, der jeweilige fachspezifische Wortschatz wird erweitert.

Die Methodik (Erzählspiele, Gruppenarbeit, …) die Themen-wahl („Was ist stark, was schwach?, Ausdruck von Gefühlen und kreative Selbstbehauptung, …) sowie die Ausrichtung an Vorbildern helfen den Kindern ihre psychosozialen Kompetenzen zu entwickeln.

Das Bausteinprinzip

Die Unterrichtsmappen sind nach dem Bausteinprinzip strukturiert. Die Lehrerinnen und Lehrer können eigene Schwerpunkte setzen, einzelne Bausteine auswählen und frei miteinander kombinieren. Es werden keine Unterrichtsstunden vorgestellt, sondern thematische und methodische Schwer-punkte. Die ausgewählten Einheiten können nach eigenem Ermessen entweder intensiver behandelt, gekürzt oder variiert werden. Aufgrund des Bausteinprinzips ist es auch möglich, mit den Kindern quer durch die KeK-Mappen eine bestimmte Epoche oder ein bestimmtes Thema zu erkunden (im Fach Musik – Band 1, im Kunstunterricht – Band 2, in den Sprachen – Band 3).

Sprache und Musik verbinden: das Liederprojekt

KEK 3 legt einen Schwerpunkt auf die enge Verbindung, die zwischen Text und Musik besteht, und konzentriert sich dabei auf das Kinderlied. Texte zu singen, statt zu lesen, fördert das

Textverständnis auf ganz eigene Art, da sich zu den Begriffen passende Klangwelten mit ihren jeweiligen Stimmungen und Atmosphären gesellen. Dies kann Kinder, die musikbegeistert sind, aber, z.B. durch die Sprachsituation zu Hause, dem Lesen nicht so zugeneigt sind, an Texte heranführen. Singen ist auch Sprechunterricht, schult die Deklamation und erweitert den Wortschatz.

Jedes Kapitel in KeK-Band 3 hat sein dazu passendes und speziell für den Band neu komponiertes Kinderlied. Neben den Aufträgen an renommierte Komponistinnen und Musikerinnen wie Netty Glesener, Sascha Ley, Claudine Muno, Elisabeth Naske und Albena Petrovic-Vratchanska wurden bewusst auch musiktalentierte Kinder und Jugendliche ermutigt, den „Großen“ nachzueifern und eigene Lieder zu schreiben. Géraldine, Julie, Lea und Olga waren von der Idee begeistert, das Komponieren machte ihnen großen Spaß und die Resultate können sich sehen lassen! Während Claudine Muno, Lea und Olga ihre Lieder auf eigene Texte komponierten, textete Kathrin Eckhart für die anderen Komponistinnen. Der Kinder- und Jugendchor des Konservatoriums Luxemburg hat unter der Leitung der Dirigentin Sylvie Serra-Jacobs die neun Kinderlieder mit viel Schwung aufgenommen (Audio-Files wie Noten befinden sich auf der beiliegenden CD-ROM). Insbesondere die jungen Komponistinnen können Grundschulkinder ermuntern, mit eigenen Texten, Tönen, Melodien und Klängen kreativ zu „basteln“.

Das KeK-Projekt

Das KeK-Workshop-Projekt beruht auf einer Idee des Cid-femmes und wurde in einer Kooperation zwischen luxemburgischen Lehrerinnen und Lehrern, Künstlerinnen und Fachkräften aus dem Kulturbereich entwickelt. Mehr Informationen: www.kek.lu

Zur Autorin von Band 3, dem pädagogisch-wissenschaftlichen Begleit-Team, zum KeK-Workshop-Projekt, zu den Musiker-Innen des Liedprojektes, siehe S. 128 und zur pädagogischen Literatur in der Bibliothek Cid-femmes: siehe S. 122-126.

Viel Spaß beim Lesen und Unterrichten, Erzählen, Schreiben, Dichten und Singen wünschen Ihnen

Danielle RosterMusik- und KunstwissenschaftlerinKulturbeauftragte Cid-femmes

Kathrin EckhartBibliothekarin Cid-femmesund Autorin des vorliegenden Bandes

VORWORT DES CID-FEMMES

SCHRIFTSTELLERINNEN ENTDECKEN 13

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Sich mitteilen, mit Worten spielen, mit Worten die Welt begreifen, verändern und überliefern, dichten und bezeugen, verzaubern und wachrütteln – all das wird alltäglich praktiziert, von Männern, Frauen und Kindern. Doch wie Menschen sich mitteilen, welche Sprache ihnen zur Verfügung steht, ob sie lesen und schreiben können, ob sie erzählen, Papier verwenden oder einen Computer, ob sie Bücher haben, um sich zu bilden und ein Publikum, um sich auf die Probe zu stellen, ob sie Zeit und Raum haben, sich in einen Gedanken zu vertiefen und ob sie das Geld haben, um auf Reisen Erfahrungen zu sammeln, all das hat Auswirkungen darauf, was Menschen erzählen und was davon auch noch späteren Generationen in Erinnerung bleibt.

Weil das Leben von Frauen und Mädchen über Jahrhunderte sehr unterschiedlich verlief zu dem von Männern und Jungen, unterscheiden sich auch ihre Erzählungen und was von diesen bis in die heutigen Tage erhalten ist. Obwohl weniger historisches Schriftgut von Frauen überliefert ist, können wir doch davon ausgehen, dass das Bedürfnis und die Leidenschaft zu schreiben und zu erzählen, von klein auf in den Mädchen genauso verankert war und ist wie in den Jungen. Und wenn wir genau hinhören, können wir die früheren Erzählungen der Frauen noch heute deutlich vernehmen: In den überlieferten literarischen Texten, aber auch im Abzählreim und Märchen, in den Liedern und Balladen, in Volkssagen, Familiengeschichten und –traditionen und natürlich auch in der Literatur von Männern: Überall ist die Stimme der Frauen zu hören!

Schreiben setzt Lesen voraus

Der soziale Status der Frauen, der sie in vielen Regionen der Welt über Epochen in enge Moralvorstellungen zwängte, sie an Haus oder Hof fesselte, sie von Bildung und der Teilnahme am öffentlichen Leben weitgehend ausschloss, der ihnen keine freie Verfügung über Geld und Gut zubilligte und oftmals auch kein eigenes Zimmer, hat ihre Literaturproduktion beeinträchtigt, er hat sie jedoch nicht unterbinden können. Niemand hat das bisher treffender dargelegt als Virginia Woolf in ihrem Essay Ein eigenes Zimmer (1929), in dem sie sich auf Spurensuche nach den schreibenden Frauen macht: Heute wissen wir, dass es gebildete und schreibende Frauen schon in der Antike gab: Die griechische Lyrikerin Sappho (ca. 630-612 bis ca. 570 v. Chr.) wurde noch zu Lebzeiten berühmt und das Vorbild vieler späterer Dichterinnen und Dichter. Im Mittelalter erhielten Frauen in einigen Klöstern Bildung, manche von ihnen wurden selbst kreativ, wie die heilkundige Äbtissin Hildegard von Bingen (1098-1179, s. KeK 1, Komponistinnen, S. 23-29), die, neben der Leitung des Klosters, komponierte, malte und schrieb. Vereinzelt gab es auch in Adels- und Bürgerfamilien gelehrte Mädchen:

Christine de Pizan (1365 - ca. 1430) wuchs als Tochter des Hofarztes von Karl V. in Paris auf. Sie heiratete früh und bekam drei Kinder. Bald schon starben ihr Vater und auch ihr Ehemann. Um die Familie zu ernähren, griff Christine de Pizan zur Feder und gilt heute als die erste französische Autorin, die von ihrer Arbeit leben konnte: Sie verdingte sich zunächst als Schreiberin, verfasste bald lyrische Texte, später auch Erziehungsbücher und wissenschaftliche Werke. In Streitschriften kritisierte sie die bittere Lebenswirklichkeit von Frauen und forderte gleiche Bildung für Mädchen und Jungen. Um das Selbstbewusstsein von Frauen zu fördern, versammelte sie in Das Buch von der Stadt der Frauen (1405) berühmte reelle und literarische Frauen und schilderte eine Gesellschaft, in der Frauen die gleichen Rechte wie Männer genießen.

Tatsächlich wurden die intellektuellen und literarischen Fähig-keiten des weiblichen Geschlechts über viele Jahr hunderte von Theologen, Philosophen und Schriftstellern in Frage gestellt. Und das Recht auf gleiche Bildung konnte in Mitteleuropa erst im Laufe des 20. Jahrhunderts erstritten werden.

Grenzen überwinden

Also mussten schreibende Frauen gegen harte Vorurteile ankämpfen: Sie mussten ihre Familien, ihre Partner und Ver -leger überzeugen. Sie mussten, zumindest während des Schreibens, die Literatur wichtiger nehmen, als alles andere, was von ihnen als (Ehe-)Frauen, Töchter oder Mütter verlangt wurde. Manche schrieben nachts, wenn alle anderen schliefen, andere warteten bis ins hohe Alter mit der Erfüllung ihrer literarischen Neigung. Um den Ruf der Familie zu schützen, wählten viele einen Künstlernamen. Deshalb wurden viele bedeutende Werke von Frauen zu ihrer Zeit gar nicht wahrgenommen und gelangten erst in späteren Jahrhunderten zu Berühmtheit.

Heute lassen wir uns von den Werken der historischen und zeitgenössischen Schriftstellerinnen eine Tür öffnen: Wenn wir sie durchschreiten, werden wir mehr erfahren von der Zeit, in der sie gelebt haben. Wir werden begreifen, warum sie eine bestimmte literarische Form gewählt haben, die uns noch heute träumen, lachen und nachdenken lässt. Wir werden die Welten entdecken, die sie in Worte fassten, und wir werden vielleicht auch Freundschaften schließen mit den literarischen Gestalten, die sie für uns geschaffen haben. Eine Tür, die sich zu öffnen lohnt!

Überall ist die Stimme der Frauen zu hören

EINLEITUNG

SCHRIFTSTELLERINNEN ENTDECKEN 14

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SCHRIFTSTELLERINNEN IM 17. UND 18. JAHRHUNDERT

Nadine,De Menschfréisser Tona

(Unterrichtseinheit Madame d’Aulnoy, Der Orangenbaum und die Biene, S. 26f.)

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1. SCHRIFTSTELLERINNEN IM 17. UND 18. JAHRHUNDERT 17SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

1. SCHRIFTSTELLERINNEN IM 17. UND 18. JAHRHUNDERT16SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

Endlich Frieden! – Ein Bücherboom

Bildung – eine Frage von Geld und Geschlecht

Angemessene Bildung – angemessene Heirat

Am Anfang des 17. Jahrhunderts verwüstete ein dreißig Jahre währender Krieg Mitteleuropa. Erst 1648 herrschte endlich Frieden, und der Wiederaufbau einer zivilen Gesellschaft konnte beginnen.

Während des Krieges, der sich vor allem um die Vorherrschaft von Katholizismus oder Protestantismus gedreht hatte, stand in vielen Lebensbereichen die Religion im Vordergrund. Die Menschen aus gehobenem Bürgertum und Adel, die des Lesens mächtig waren, hatten vor allem religiöse Bücher gelesen. Daneben war aber ein neuer Literaturzweig entstanden, die belles lettres, die „schöne Literatur” – mit Memoiren, Romanen und Gedichten. Nach dem Ende des Krieges blühte diese Literaturrichtung auf. Der Büchermarkt vergrößerte sich rasant, die großen Fortschritte der Buchdruckkunst trugen dazu bei, dass nun statt Waffen Literatur die Grenzen überquerte.

Wer aber konnte die Bücher lesen – wer sie schreiben? Schulbildung war für die meisten Kinder im 17. Jahrhundert keine Selbstverständlichkeit, eine Schulpflicht existierte noch nicht. In ländlichen Familien und den ärmeren städtischen erwarb bloß ein Teil der Kinder Grundkenntnisse in Lesen und Schreiben, meist in kirchlichen Einrichtungen. Die übrigen Kinder arbeiteten schon von klein auf zu Hause mit. Jungen erlernten meist den Beruf ihrer Väter, oder sie gingen bei einem Verwandten in die Lehre. Da etliche Ausbildungen Lehr- und Wanderjahre vorsahen, konnten sie erste Erfahrungen außerhalb ihres Elternhauses machen und lernten manchmal sogar in fremden Städten. Die Söhne reicher Bürgerfamilien und des Adels wurden zum Studieren an europäische Universitäten geschickt.

Mädchen, obwohl natürlich nicht weniger begabt, mussten in der Regel ohne schulische Bildung bleiben. Von Kindesbeinen an arbeiteten sie zu Hause mit und wurden von den Müttern auf ihre spätere Rolle als Hausfrau und Mutter vorbereitet. Die Hausarbeit war damals mühseliger als heute. Das Wäschewaschen dauerte einen ganzen Tag. Kleidung wurde in der Regel selbst genäht, ein Großteil der Nahrung selbst hergestellt – und all das ohne fließendes Wasser oder Elektrizität. Die schlechten hygienischen Bedingungen beförderten ernsthafte Erkrankungen, die besonders die Schwächeren, Älteren und Kinder, trafen und damit auch die Frauen, die diese betreuten.

Arme Mädchen mussten oft schon in jungen Jahren ihre Familie verlassen. Als Mägde in bäuerlichen Familien oder als Dienstmädchen in reicheren städtischen Haushalten arbeiteten sie von morgens bis abends, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Sie versorgten unter der strengen Aufsicht der Hausfrau den gesamten Haushalt, die Familienmitglieder und die Bediensteten.

Ein etwas eigenständigeres Leben führten einige Mädchen und junge Frauen aus adeligen Familien und dem gehobenen Bürgertum. Waren die Eltern aufgeschlossen, wurden die Mädchen von Hauslehrern unterrichtet. Als Jugendliche verbrachten sie oft einige Jahre in einem Kloster, wo sie neben Lesen, Schreiben, Sprachen, Malen und Musizieren auch Haushaltsführung lernten und Religionsunterricht erhielten. Die Kunst der Konversation, das heißt die Kunst, ein lebendiges und amüsantes Gespräch zu führen, wurde damals hoch geschätzt.

Letztlich zielte dieses Minimum an Bildung aber vor allem darauf, den jungen Frauen eine gute Partie zu ermöglichen. Mit anderen Worten, sie sollten einen adeligen,

1.1 Frauenleben im 17. und 18. Jahrhundert

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1. SCHRIFTSTELLERINNEN IM 17. UND 18. JAHRHUNDERT 17SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

Lichtblicke

Die Frau als kulturellesund sittliches Vorbild

Femmes de lettres

Zeit zum Schreiben

oder gut situierten, gebildeten und reichen Ehemann finden. Die angemessene Heirat galt zu dieser Zeit als das entscheidende Ereignis im Leben einer jungen Frau, denn die Möglichkeit, einen eigenen Beruf zu ergreifen und selbst Geld zu verdienen, war für adelige Frauen nicht vorgesehen. Auch wenn schon damals die jungen Menschen von Liebe träumten, so war doch die Heirat vor allem ein Geschäft, das den Familien materiellen Gewinn und Ruhm einbringen sollte.

Doch es gab Ausnahmen, von denen am ehesten die Töchter und Ehefrauen des Bürgertums profitierten. Waren keine älteren Söhne im Haushalt, erhielten sie Einblick in die Arbeit der Väter oder Ehemänner, übten Hilfstätigkeiten aus und vertraten die Männer, wenn diese auf Geschäftsreisen waren.

So erlernte Elisabeth Sophie Chéron (1648–1711), die später die Schriftstellerin Marie-Cathérine d’Aulnoy porträtieren sollte (s. Abb. S. 21), im Atelier ihres Vaters die Malerei. Als Tochter aus dem gehobenen Bürgertum verbrachte sie einige Bildungsjahre im Kloster. Später verdiente sie ihren Lebensunterhalt mit der Kunst. 1672 wurde Elisabeth Sophie Chéron in die Académie royale de peinture et de sculpture aufgenommen, eine Ehre, die sie nur mit fünfzehn weiteren Frauen im Verlauf der nächsten hundert Jahre teilen sollte. Nach 1789 wurden keine Frauen mehr in der Akademie zugelassen.

Chérons Kreativität floss nicht nur in die darstellende Kunst. Sie komponierte und verfasste Gedichte. Während ihre Kompositionen wie die meisten ihrer Bilder ver-schollen sind, haben einige ihrer Texte überlebt, so z. B. Les sept psaumes de David, die von der Komponistin Antonia Bembo (ca.1640–ca.1722) vertont wurden.

1.2 Femmes de lettres – die literarischen Frauen des Barock

Für adelige und reiche bürgerliche Mädchen gab es also ein Minimum an Bildung. Die Universitäten blieben ihnen verschlossen. Und dennoch waren im 17. Jahrhundert die Bedingungen für gebildete Frauen so gut wie selten zuvor: Der lange Krieg, der mit einer gesellschaftlichen Verrohung einher gegangen war, beförderte die Sehnsucht nach kulturellem Leben und nach Verfeinerung der Sitten.

Da Frauen im Barock als Sinnbilder von Kultur und Sittlichkeit galten, führte die gesellschaftliche Aufwertung des Kulturellen auch zu einer Aufwertung des so genannten „Weiblichen”: Der Zugewinn an öffentlichem Ansehen ließ die Zahl der Femmes de lettres enorm in die Höhe steigen. Der Begriff bezeichnet sowohl gebildete Frauen, als auch Frauen, die eigenständig Texte produzierten. Die von Schriftstellerinnen am häufigsten gewählten Literaturformen waren Briefe und Briefromane, Essays, Erzählungen, Märchen, Gedichte und Porträts.

Auch wirtschaftliche Gründe begünstigten die wachsende Zahl schreibender Frauen: Die wohlhabenderen städtischen Damen erledigten zwar nicht selbst die alltäglichen Hausarbeiten, sie waren jedoch für deren Aufsicht und die gesamte Haushaltsführung zuständig. Weil im Laufe des 17. Jahrhunderts immer mehr Artikel des täglichen Bedarfs von Manufakturen hergestellt wurden, mussten Arbeiten wie Nähen, Spinnen, Weben, Brotbacken, Einkochen, Kerzenziehen und Seifemachen nun nicht mehr im Haus durchgeführt und beaufsichtigt werden. Die Frauen gewannen kostbare Zeit, die sie dafür nutzen konnten, sich zu bilden, zu schreiben, zu malen, zu lesen und zu musizieren.

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1. SCHRIFTSTELLERINNEN IM 17. UND 18. JAHRHUNDERT18SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

1. SCHRIFTSTELLERINNEN IM 17. UND 18. JAHRHUNDERT 19SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

Das verstärkte Auftreten der Femmes de lettres bedeutete aber noch nicht, dass den Forderungen nach Gleichberechtigung und nach allgemeinem Zugang von Frauen zu Bildung und Wissenschaft nun Genüge getan wurde. Die auf das Mittelalter zurückgehende Querelle des femmes, die Diskussion um die (Un-)gleichheit der Geschlechter, brodelte im 17. Jahrhundert noch immer. Und immer noch konnte es als unschicklich gelten, wenn Frauen öffentlich das Wort ergriffen, publizierten, Bilder ausstellten oder komponierten. Die Femme savante, die gebildete Frau, wurde häufig verspottet.

Einen Raum der Anerkennung boten die literarischen Salons, die im 17. Jahrhundert vor allem in Paris blühten. In ihrem Mittelpunkt standen in der Regel adelige Damen, die Kultur- und Kunstbegeisterte aller Genres zusammenbrachten. Für die Gäste waren die Salons weit mehr als eine Möglichkeit des geselligen Beisammenseins: Da die offiziellen Akademien in der Regel Männern vorbehalten waren, dienten die gemischtgeschlechtlichen Salons den Frauen als Bildungsinstitution. Es wurde Konversation gepflegt und auf die Verfeinerung der französischen Sprache Wert gelegt. Die Lesekultur wurde entwickelt und neue Werke entstanden und wurden präsentiert. Vor allem aber wurden literarische und politische Debatten geführt und emanzipatorische Forderungen, wie das Recht der Frauen auf Bildung, auf freie Verfügung über den eigenen Körper und auf freie Partnerwahl, formuliert.

Wie sehr die Feenmärchen der Madame d’Aulnoy (1650-1705) von der literarischen Atmosphäre des Salons profitierten, wird im Folgenden noch dargelegt werden.

Catherine de Vivonne (1588-1665) empfing ab 1620 in dem Pariser Stadtpalast Hôtel de Rambouillet in ihrem Salon Chambre bleue, einem Raum, dessen Wände mit blauem Samt überzogen waren. Die Musik spielte eine wichtige Rolle. So zählte die Sängerin und Lautenspielerin Angélique Paulet (1592-1651) zu den ständigen Gästen. Catherine de Vivonne unterschied sich mit ihrem Salon bewusst vom ge-sellschaftlichen Treiben am königlichen Hof, dessen Gebaren ihr zu unkultiviert war. Ihr anspruchsvoller und exklusiver Salon zielte unter anderem darauf, die ver roht aus dem Krieg zurückgekehrten jungen Adeligen zu resozialisieren und sie mit einer verfeinerten Lebens- und Ausdrucksweise vertraut zu machen. Diese Kultiviertheit wurde aber bald von einigen Außenstehenden als „preziös“ verspottet und z. B. von Molière in seinem Stück Les Précieuses ridicules (1661) aufs Korn genommen.

Madeleine de Scudéry (1607-1701) veranstaltete die Samedis - Samstags-empfänge. Sie war die erste französische Autorin, die auch im Ausland viel gelesen wurde. Bekannt ist vor allem ihr zehnbändiger Roman Clélie, histoire romaine (1654-1660), in dem sie ausführlich das Salonleben und die Lebensgewohnheiten der französischen Gesellschaft schildert. Der Roman enthält auch die berühmte Phantasiekarte Pays de Tendre (Land des zartfühlenden Umgangs). Obwohl an die Umrisse Frankreichs erinnernd, diente die Karte zur Erkundung der Seele, und an Stelle von Straßen und Städten waren auf ihr die verschiedenen Gefühle verzeichnet. Bei den Samedis diskutierten die gelehrten Frauen, unter ihnen auch Madame de La Fayette (1634-1693) und Madame de Sévigné (1626-1696), über die aktuellen Wissenschaften. Die Vertraute und Mitorganisatorin der Salons, die Komponistin Mademoiselle Bocquet (ca. 1600 - ca. 1670), spielte auf der Laute, und Catherine-Marie-Jeanne Dupré (1705-1767) hielt Vorträge über Philosophie.

Die Marquise de Sévigné leitete den Corps de veuves, die Witwengemeinschaft, eine Freundinnengemeinschaft mit hohem intellektuellem und moralischem Anspruch. Die Marquise war eine große Briefschreiberin. Nachdem sie zunächst nur mit ihrer in der Provence verheirateten Tochter korrespondiert hatte, schrieb sie

Die literarischen Salons

Beispiele berühmter Salonièren

Madeleine de Scudery, Kupferstich, koloriert, von Louis Felix Butavand nach einer Zeichnung von Charles Abraham Chasselat. (Aus: Le Plutarque français, Bd.4, Paris Langlois et Leclercq 1845, S.9)

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1. SCHRIFTSTELLERINNEN IM 17. UND 18. JAHRHUNDERT18SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

1. SCHRIFTSTELLERINNEN IM 17. UND 18. JAHRHUNDERT 19SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

später vielen bedeutenden Persönlichkeiten. Dabei entwickelte sie die Briefkultur und legte besonderen Wert auf einen abwechslungsreichen, interessanten Stil. Schon bald wurden ihre Briefe öffentlich in den Salons verlesen, diskutiert und manchmal auch abgeschrieben. Die Mehrzahl ging jedoch leider verloren. Auch wenn die Marquise sich selbst nie um eine Veröffentlichung bemühte, gelten ihre Briefe heute als Klassiker, vor allem weil sie die Gesellschaft des 17. Jahrhunderts so lebendig widerspiegeln. Zu den Gästen gehörte auch Madame de La Fayette, die berühmte Autorin des moralischen Liebesromans: Princesse de Clèves (1678), der als Meisterwerk des französischen Romans gilt.

Madame de Lambert (1647-1733), die selbst Literatin war, schuf in ihrem Salon Raum für freiheitliches, gegen gesellschaftliche und konfessionelle Zwänge gerichtetes Denken. In Madame de Lamberts Salon drehten sich die Gespräche neben der Literatur zentral um Fragen der Philosophie und Wissenschaften und um die Rolle der Frau in der Gesellschaft. 1727 verfasste sie die Réfléxions nouvelles sur les femmes, in denen sie klare emanzipatorische Forderungen (z. B. nach Bildung für Frauen) aufstellte. Es verwundert kaum, dass auch Madame d’Aulnoy regelmäßig zu Gast im Lambertschen Salon war.

Auch die berühmte Barockkomponistin und Cembalistin Elisabeth Jacquet de la Guerre (1665-1729) unterhielt in Paris einen Salon.

Madame de Sévigné Öl auf Leinwand

Madeleine de Scudery, Carte du tendre (Land des zartfühlenden Umgangs) – kolorierter Kupferstich. Illustration zur Erstausgabe von Clélie, einem Roman in 10 Bänden (1654-1660).

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2. MADAME D'AULNOY (1650/51-1705)20SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

2. MADAME D'AULNOY (1650/51-1705) 21SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

2.1 Ein Märchen entsteht

Mysteriös, aber berühmt!

Die Kindheit

Es ist spät am Abend. Gerade verlassen die letzten Gäste das Haus. Die schnellen Schritte der fort eilenden Madame de Murat hallen auf dem Pflaster wider und eine Kutsche fährt vor. Im Salon rücken die Hausangestellten Stühle und räumen die Gläser ab. Madame d’Aulnoy lässt sich nicht aufhalten. Sie eilt zu ihrem Schreibtisch, holt Papier, Tintenfass und Feder hervor und beginnt hastig zu schreiben – so bewegt ist sie von den Geschichten und Einfällen des heutigen Abends.

Soeben hat sie zum ersten Mal das Märchen vom Orangenbaum und der Biene vorgetragen: Eine Prinzessin, Aimée, überlebt als Baby in ihrer Wiege einen Schiffsuntergang, um kurz darauf von einer weichherzigen Menschenfresserin am Strand gefunden zu werden. Diese Menschenfresserin, genannt Tourmentine, spart sich die Prinzessin vom Munde ab und nimmt sie mit in die Familienhöhle. Aimée soll – wenn sie erwachsen ist – die Braut ihres Sohnes werden …

Es wurde viel gelacht, und die Ideen der Gäste waren vortrefflich. Madame de Lheritier kam darauf, dass der junge Prinz, der ebenfalls an diese unwirtliche Küste geschwemmt wird und im Verlaufe des Märchens mehrfach von Aimée gerettet wird, ebenfalls Aimé heißen könnte. Und Mme de Murat schlug vor, die Prinzessin mit ihrem Geliebten auf einem Kamel statt auf einem gewöhnlichen Pferd fliehen zu lassen. Das war noch nicht alles, doch die Nacht ist noch lang, und die Ersatzkerzen stehen bereit.

Und morgen – morgen, darauf freute sie sich schon, würde die bekannte Malerin Sophie Chéron zu ihr kommen, um weiter an ihrem Porträt zu arbeiten.

2.2 Das Leben der Madame d’Aulnoy

Viel ist über das Leben der Madame d’Aulnoy leider nicht bekannt, einiges wurde aus romantischen, vielleicht auch für den Absatz ihrer Werke förderlichen Interessen verschleiert, manches wurde nicht für schicklich erachtet, und einiges wurde gar nicht erst überliefert, wie es leider für viele Frauenbiografien der Zeit üblich war. Soviel aber ist sicher, sie war eine sehr gebildete und gesellige Frau. Mit Witz und strategischem Denken begabt, führte sie ein an Abenteuern reiches Leben, beteiligte sich rege am gesellschaftlichen Treiben ihrer Zeit und wurde zur Schöpferin einer neuen literarischen Mode. Durch ihre eigenen Werke wie durch ihren literarischen Salon hat sie die Literatur in der Zeit des Übergangs vom 17. zum 18. Jahrhundert gefördert.

Um 1650 erblickt Marie-Catherine Le Jumel de Barneville als Tochter einer adeligen Familie in der Normandie das Licht der Welt. Sie hat das Glück, in einem Umfeld aufzuwachsen, das die Bildung, auch die der Töchter, hoch schätzt. Ihre Großtante war die berühmte Marie Bruneau des Loges (1585-1641), in deren Pariser Salon sich Anfang des 17. Jahrhunderts viele geistige Größen treffen. Deshalb erwirbt Marie-Catherine Kenntnisse in mehreren Fremdsprachen, sie musiziert und malt, und gilt ihren Zeitgenossen als eine intelligente, beredte und amüsante Gesprächspartnerin. Da sie zudem noch Verwandte bei Hofe hat, ist es ziemlich sicher, dass sie eine gute Partie machen wird, das heißt, einen ebenso adeligen wie gebildeten und reichen Ehemann finden wird.

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2. MADAME D'AULNOY (1650/51-1705)20SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

2. MADAME D'AULNOY (1650/51-1705) 21SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

Zwar ist François de La Motte, Baron von Aulnoy, mit dem Marie-Catherine Le Jumel de Barneville, kaum dass sie 16 Jahre alt ist, verheiratet wird, sehr reich, doch ist er auch dreimal so alt wie sie und untreu. Die Ehe verläuft unglücklich, und Scheidungen sind im Barock unter dem Druck der Kirche verboten. Die unerträgliche Situation einfach zu erdulden, widerspricht dem Charakter der mit Fantasie begabten Marie-Catherine d’Aulnoy. Sie ist erst achtzehn Jahre alt und schon zum vierten Male schwanger, als sie zusammen mit ihrer Mutter versucht, den ungeliebten Ehemann durch eine Intrige – sie beschuldigen ihn der Majestätsbeleidigung – loszuwerden. Die Intrige scheitert. Daraufhin werden nun die beiden Frauen verfolgt. Sie fliehen 1669 zunächst über Flandern nach England und dann nach Spanien, wo sie fünfzehn Jahre lang leben. Die Spuren der Sehnsucht nach einer frei gewählten Liebe und der Wut über die Ungerechtigkeit der arrangierten Ehe finden sich in vielen ihrer Märchen wieder, zum Beispiel in L'oranger et l'abeille oder in L’oiseau bleu.

Obwohl das Reisen damals wesentlich umständlicher und gefährlicher ist als heute, profitiert Madame d'Aulnoy erheblich von ihren Erfahrungen. Ihre Reiseerlebnisse und die Aufenthalte an den königlichen Höfen Englands und Spaniens finden

Frühe Ehe und Flucht

Reisejournalistin

Baronin d'Aulnoy. Radierung im Ätzverfahren von Pierre-François Basan nach einem Gemälde von Élisabeth Sophie Chéron

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2. MADAME D'AULNOY (1650/51-1705)22SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

Anerkennung als Schriftstellerin

Ein neuer Stil entsteht

Broderie – das Publikum erzählt mit

Die Stilistin

Niederschlag in den Werken der Autorin, die sie ab 1690 als Vierzigjährige veröffentlicht. Darin schildert sie – ähnlich wie eine Reisejournalistin und Korrespondentin heute – die gesellschaftlichen Sitten und Gepflogenheiten und die politischen Netzwerke ihrer Zeit. Auch die Heldinnen der später verfassten Feenmärchen werden von der Autorin in die weite Welt geschickt.

Während sie noch im Ausland weilt, wird Marie-Catherine d’Aulnoy 1681 Witwe. Ab 1685 lebt sie wieder in Frankreich. Es wird vermutet, dass sie wegen ihrer diplomatischen Dienste für den französischen Hof zurückkehren darf. Bis zu ihrem Tod (1705) lebt sie in der Rue St-Benoît in Paris, wo sie bald einen Salon eröffnet und historische Romane und religiöse Abhandlungen schreibt. Als ihr Hauptwerk aber gelten die Contes de Fées, die Feenmärchen.

Im 17. und 18. Jahrhundert sind d'Aulnoys Reiseliteratur, Novellen und Märchen sehr beliebt und erleben mehrere Neuauflagen. Vergleichbar mit einer berühmten Krimiautorin heute, werden ihre Bücher oft umgehend ins Englische, Deutsche, Spanische, Niederländische und Italienische übersetzt. Die internationale An-erkennung spiegelt sich auch darin, dass sie als siebte Frau in die Accademia dei Ricovrati von Padua aufgenommen wird. Dort erhält sie den Beinamen „l’éloquente“, die Beredsame, und „Clio“, die Muse der Geschichte.

2.3 Erfinderin der Feenmode

Marie-Catherine d’Aulnoy gilt als die Erfinderin der Feenmode. Schon der 1690 erschienene Roman Histoire d'Hippolyte hatte das Feenmärchen L’Isle de la félicité enthalten. Erst 1696 folgte – fast gleichzeitig mit Charles Perraults Contes de ma mère l’Oye – die Veröffentlichung der Märchensammelbände mit insgesamt vierundzwanzig Märchen in acht Bänden. Etliche weitere Schriftstellerinnen treten in ihre Fußstapfen, darunter Marie-Jeanne L'Héritier de Villandon (1664-1734), Marguerite de Lubert (1702-1779), und die für ihr Märchen Die Schöne und das Tier noch heute bekannte Jeanne-Marie Leprince de Beaumont (1711-1780).

Die Feenmärchen sind eine Gattung der Barockzeit. So wie die Salons sich oft als Gegenentwurf zum höfischen Leben verstanden, so schufen die Feenmärchen, die fest in den Salongesellschaften verankert waren, eine bessere, höfische Wunschwelt und verspotteten mit ironischen Anspielungen den real existierenden Hof. Aber auch heute noch faszinieren die vor Ideenreichtum und Humor sprudelnden Geschichten.

Ehe Madame d’Aulnoy die Märchen niederschreibt, erzählt sie sie den Gästen ihres Salons. Dabei beteiligen sich die – zumeist weiblichen – Zuhörer, indem sie Einwürfe machen und bei literarischen Spielen die Texte ausschmücken und variieren (siehe 2.1 Ein Märchen entsteht, S. 20). Diese Erzählweise heißt Broderie. So entsteht aus den Stoffen der Volksmärchen durch die Verbindung mit Motiven der galanten Salonwelt das Feenmärchen, eine Literatur, die sich vor allem an ein erwachsenes, gebildetes Lesepublikum richtet.

Marie-Catherine d’Aulnoy ist nicht nur eine phantasievolle Erzählerin, sie verfügt auch über die passenden stilistischen Mittel, um ihr Publikum zu begeistern. So sind die Handlungen oft kunstvoll ineinander verschachtelt. Wie in einer russischen Matrjoschkapuppe verstecken sich Geschichten in Geschichten. Dazwischen tauchen die in den Salons häufig als literarische Spiele geübten Kleinformen wie Impromptu, Rondeau, Rätsel, Frage- und Antwortspiele oder Gedichte auf. Auch

La biche au bois, Contes des Fées

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2. MADAME D'AULNOY (1650/51-1705) 23SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

eine gedichtete Moral – häufig mit Augenzwinkern – am Ende des Märchens gehört zum Standardrepertoire der Autorin.

Die sprechenden Namen der Hauptpersonen erzählen oft schon einen Teil ihrer Rolle: Aimée, die Vielgeliebte, der Ritter Fortuné mit dem guten Schicksal, die böse Hexe Sussio, deren Name „schmutzig“ und „gemein“ bedeutet. Die vielen Übertreibungen und Ausschmückungen, die detailreichen Beschreibungen der weiblichen Mode und der luxuriösen Interieurs, beweisen nicht nur ihre modischen Interessen und ihre Fabulierkunst. Oft setzt Madame d’Aulnoy sie als parodistische Stilmittel ein, um im Spektrum von ironisch-witzig bis ernsthaft auf das Hofleben und das Abhängigkeitsverhältnis zwischen König und Höflingen anzuspielen.

Die Heldinnen und Helden der Märchen sind mit einem reichen Gefühlsleben ausgestattet und führen lebendige Dialoge, mal ganz galant, mal umgangs-sprachlich. Die häufigen Verwandlungen – meistens in Tiere – erlauben ihnen, sich weiter zu entwickeln, andere Charakterzüge auszuprobieren und neue Verhaltensweisen zu lernen. Als das höchste Gut gilt die Liebe. Aber auch Tugendhaftigkeit ist gefragt, dazu Aufrichtigkeit, Mut und die Bereitschaft, tatsächlich für die Liebe zu kämpfen. Das gilt auch für die Heldinnen, die – anders als in vielen klassischen Märchen – selbst ins Abenteuer ziehen dürfen: So die gute Tochter Belle Belle, die als Ritter Fortuné für die Ehre der Familie, das Wohlergehen des Heimatlandes und natürlich für die Liebe streitet.

Einen besonderen Status nehmen die guten Feen ein. Anders als bei dem Zeitgenossen Perrault, der den Feen oft nur mittelmäßige Wunder und „Hausfrauentätigkeiten“ zubilligt, verkörpern d’Aulnoys Feen die Träume der gebildeten Damen von Geist, Macht, Schönheit und Einfluss. Obwohl sie die Fäden der Handlung fest in ihren Händen halten, bleiben sie distanziert und weise. Erst wenn die Heldinnen und Helden vernünftige Entscheidungen fällen, stehen die Feen ihnen mit ihren Zaubern – sozusagen als Belohnung – bei.

Die Leitmotive Madame d'Aulnoys sind das Ergreifen des Wortes durch die weiblichen Hauptfiguren und das Spiel mit der Sprache. Während vieler Jahrhunderte hatte die christliche Kirche die Hauptrolle im kulturellen Leben Zentraleuropas gespielt. Mit dem nach Paulus zitierten Satz „Mulier taceat in ecclesia“ (1. Kor. 14,34), auf deutsch „Die Frau schweige in der Kirche“, wurde Frauen nicht nur in der Kirche lange das Wort und dazu die Bildung verboten. In d'Aulnoys Texten aber macht Redegewandtheit beide Geschlechter erst wirklich attraktiv. Mehr noch finden sich in ihren Texten viele Passagen, in denen die männlichen Helden in Sprachlosigkeit erstarren, die weiblichen sich jedoch durch die Sprache retten. Ein besonders schönes Beispiel dafür ist das Märchen L’oranger et l’abeille (siehe S. 26ff).

Aufgrund dieser Haltung lässt sich Madame d'Aulnoy in die Tradition der Schriftstellerinnen des 17. Jahrhunderts einreihen. Wie schon Madeleine de Scudéry und Marie-Madeleine de La Fayette verhalf sie neben der offiziellen „männlichen“ Geschichtsschreibung der weiblichen Perspektive zu einer Sprache.

Auch in ihrem eigenen Leben, während der Reisen und später in den Salons spielt das Wortergreifen (prendre la parole) durch Frauen immer eine zentrale Rolle. In ihrem Salon schuf d’Aulnoy eine Atmosphäre der gegenseitigen Bezugnahme und Anerkennung der ebenfalls Märchen schreibenden Frauen Jeanne-Marie Leprince de Beaumont, Charlotte-Rose Caumont de La Force (1654–1724), Marie-Jeanne L'Héritier de Villandon und Henriette Julie de Castelnau Murat (1670-1716). Indem sie sich gegenseitig ihre Texte vorstellen, einander zitieren und für einander werben, werden sie einander zu Vorbildern, Mitstreiterinnen und Förderinnen.

Feen – Prinzessinnen – Ritterinnen

Vom weiblichen Sprechen und Handeln

Frauensolidarität

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2. MADAME D'AULNOY (1650/51-1705) 25SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

2.4 Märchen erfinden wie Madame d'Aulnoy

 Madame d'Aulnoy – Die Erfinderin der Feenmärchen

Einleitung: Eine Barockschriftstellerin stellt sich vor (siehe Das Leben der Madame d'Aulnoy S. 20ff.)

Lernziel: historisch-biografische Spuren suche als Einführung in das Thema, Kennen lernen des Frauen lebens im Barock

Madame Marie-Catherine d'Aulnoy stellt sich vor

Einleitung, Lernziel: siehe Madame d'Aulnoy – die Erfinderin der Feen märchen

Textbeispiel: ergänzend ab 2. Zyklus: -1 Marie-Catherine d'Aulnoy stellt sich vor

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Benötigt wird: großformatiger Karton, Kleber, farbiges Papier

Beschreibung: In die Mitte des Kartons wird das Porträtbild von Madame d'Aulnoy geklebt. Anschließend erzählt

La belle Printanière, Bildseite aus den Contes des fées

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2. MADAME D'AULNOY (1650/51-1705) 25SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

die Lehrerin/der Lehrer aus dem Leben der Märchenerzählerin. Kinder ab dem 3. Zyklus lesen ergänzend den Lesetext Marie-Catherine D'Aulnoy stellt sich vor. Für jeden neuen Aspekt wird, mit einem Verbindungsstrich zum Porträt, ein farbiger Zettel neben das Porträt geklebt. Dieser ist entweder beschriftet oder bei den jüngeren Kindern bemalt. Wichtige Aspekte, die – je nach Alter der Kinder – angesprochen werden können: Kindheit, Bildung und unglückliche Ehe (siehe S. 20f.); 15 Jahre Flucht und Reise; erste Werke: Reiseberichte (siehe S. 21f.); Erfinderin der Feenmode, die Salonière; literarische Spiele … (siehe S. 22f.). Die älteren Kinder suchen im Internet passende Bilder aus dem Barock. Gemeinsam wird ein Plakat erstellt.

Die Reiseberichterstatterin – Reisende Frauen im Barock

Einleitung, Lernziel: siehe Madame d'Aulnoy – die Erfinderin der Feenmärchen

Textbeispiel: -2 Die Reiseberichterstatterin – reisende Frauen im Barock

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Benötigt wird: nach Belieben Kakao, heiße Schokolade und ein Koffer

Beschreibung: Die Lehrerin/der Lehrer erzählt anhand des Lesetextes von den reisenden Frauen im Barock. Während die Kinder heiße Schokolade trinken, lesen sie den Text über Madame d'Aulnoy und ihren Bericht über das neue Modegetränk. Es folgt der Unterrichtsvorschlag zur Barockmalerin und Naturforscherin Maria Sibylla Merian Ich packe meinen Koffer und reise in den Dschungel (siehe KeK 2, Künstlerinnen, S. 34)

Das Schreibwerkzeug der Madame d'Aulnoy

Einleitung, Lernziel: siehe Madame d'Aulnoy – die Erfinderin der Feenmärchen

Bildbeispiel: Streusanddose, Tintenfass, Kerzenhalter

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Benötigt wird: Schreibfeder, Tinte, Kerzen

Beschreibung: Die Unterrichtseinheit wird bei Kerzenlicht durch-geführt. Wenn ein neues Stichwort auf dem Plakat ergänzt wird, dürfen die Kinder reihum die Schreibfeder ausprobieren. Sie erfahren, dass im Barock vor allem mit dem Federkiel geschrieben wurde. Am besten geeignet waren die Federn von Gans, Rabe, Schwan oder Pfau. Je nach Schreibstil – professionelle Schreiberlinge verbrauchten fünf Federn am Tag – musste die Feder mit einem Federmesser ständig neu angespitzt werden. Wenn die Tinte, die vorwiegend aus in Wasser gelöstem Ruß bestand, verlief, wurde sie mit Sand, der stets in einem kleinen Behältnis bereit stand, gelöscht.

Tntenfass mit Federkiel

Streusanddose

Kandelaber aus dem 17. Jahrhundert

Vorschulkinder aus Berdorf erstellen ein Schaubild

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 Der Orangenbaum und die Biene

Einleitung: Das Märchen Der Orangenbaum und die Biene ist spannungsreich und humorvoll. Mit Prinzessin Aimée hat Madame d'Aulnoy eine mutige und schlaue Barockheldin geschaffen.

Textbeispiel: -3 Der Orangenbaum und die Biene

Märchenstunde

Einleitung, Textbeispiel: siehe Der Orangenbaum und die Biene

Lernziel: Die Kinder üben aufmerksames Zuhören und Verstehen sowie das Nacherzählen mit eigenen Worten.

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Benötigt wird: bei jüngeren Kindern Gegenstände oder Fotos, die in der Geschichte vorkommen

Beschreibung: Die Kinder sitzen im Kreis. Als Einstieg ins Thema liest die Lehrerin/der Lehrer das Märchen vor oder erzählt die Geschichte in eigenen Worten. Der Text kann auch in Etappen vorgelesen oder erzählt werden (s. Markierungen im Textbeispiel). Die reine Vorlesedauer beträgt ca. 20 Minuten. Für jüngere Kinder ist es hilfreich, beim Vorlesen Gegenstände oder Fotos zu zeigen, die zur Geschichte passen: ein Schiff, eine Höhle (Stein), eine Orange … Später erzählen die jüngeren Kinder gemeinsam (mit Unterstützung der Fotos und Gegenstände) die Geschichte noch einmal in eigenen Worten. Alternativ können die jüngeren Kinder nach jeder Erzähletappe ein Bild malen, das dann als Gedankenstütze beim Weitererzählen hilft.

Yan, Prinz und Prinzessin

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L'oranger et l'abeille

Einleitung: siehe Der Orangenbaum und die Biene

Textbeispiel: -4 L'oranger et l'abeille, -5 Kreuzworträtsel: Der Orangenbaum und die Biene, -6 Lösung: Der Orangenbaum und die Biene

Lernziel: Arbeiten mit Originaltexten, Kennenlernen einiger typischer Märchenformulierungen auf Französisch

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Beschreibung: Um den Kindern einen Eindruck des Original textes von Madame d'Aulnoy zu vermitteln, werden nach dem ersten Erzählen/Vorlesen – je nach Kenntnisstand der Kinder – einzelne Passagen auf französisch vorgelesen. Die Kinder erlernen märchentypische Vokabeln: „Il était une fois …“, „fée“, „roi et reine“, „la baguette magique“, „charmer“, „ogre“, „prince et princesse“… Mit dem Kreuzworträtsel können die Kinder ihr Märchenvokabular vertiefen.

Märchen und Pantomime

Einleitung und Textbeispiel: siehe Der Orangenbaum und die Biene

Lernziel: Aktives Zuhören, pantomimisches Umsetzen des Gehörten; die Kinder werden selber Teil des Märchens und gestalten die Geschichte mit ihren Körpern, so können sie sich leichter in die Figuren hinein versetzen.

Einstufung: 1.-3. Zyklus

Beschreibung: Während die Lehrerin/der Lehrer unter Einsatz von Stimme und Mimik erzählt, spielen die Kinder, die im Kreis sitzen, pantomimisch mit. Damit es nicht zu schnell geht und die Vorstellungskraft in Gang kommen kann, wird der Erzählfluss immer wieder kurz unterbrochen.

Ältere Kinder können in Gruppen verschiedene Rollen übernehmen, etwa eine Gruppe „Prinzessinnen Aimée“, eine Gruppe „Menschenfresserinnen und Menschenfresser“, und so fort. Für die Kinder der Vorschule ist es einfacher, den Bewegungsimpulsen der Lehrerin zu folgen und sich auf eine der Märchenfiguren zu konzentrieren.

 Märchen ausschmückenEinleitung: In den Salons waren Sprachspiele sehr beliebt. Meist gab die Salonière, hier Madame d'Aulnoy, oder ein Gast einen Geschichtenanfang vor, die Anwesenden schmückten diese Geschichte aus, erzählten, wie die Kleidung, die Möbel, die Landschaften aussahen, bauten Varianten oder sogar neue Figuren ein (Broderie). Gerne wurden auch ein kurzes Rollenspiel, ein Gedicht, ein Lied oder eine neue Rahmenhandlung eingefügt (siehe Ein Märchen entsteht, S. 20, und Feenmode S. 22f.)

Textbeispiel: -3 Der Orangenbaum und die Biene

Lernziel: Förderung der Ausdrucksfähigkeit. Das Miterzählen regt die Fabulierkunst der Kinder an; Kennenlernen der Technik Broderie, Kennenlernen verschiedener Literaturgenres (Gedicht, Theater, Lied) und des Begriffs Rahmenhandlung

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Broderie

Einleitung, Textbeispiel, Lernziel: siehe Märchen ausschmücken

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Beschreibung: Zunächst erzählt die Lehrerin/der Lehrer von der literarischen Technik der Broderie, des Aus-schmückens. Die Kinder sitzen im Kreis, helfen beim Erzählen mit und wenden selbst die Technik an: Noch schöner, noch kostbarer, noch verzweifelter, aber auch noch detailreicher heißt hier die Devise. Auch Kleinigkeiten, die die Handlungen nicht direkt vorantreiben, haben hier ihren Platz. Die Lehrerin/der Lehrer unterbricht das Märchen immer wieder, um die Kinder weiter fantasieren zu lassen und gibt Gesprächsimpulse wie: „Und was ist wohl dann passiert?“; „Wie genau sah die Höhle aus?“ Je nach Fantasie der Kinder kann so ein ganz neues Märchen entstehen. Die Lehrerin/der Lehrer entscheiden, ob zum Originalmärchen zurückgekehrt oder den Varianten der Kinder gefolgt wird.

Mit Gedichten, Liedern und Rollenspielen ausschmücken

Einleitung, Textbeispiel, Lernziel: siehe Märchen ausschmücken

Einstufung: 2.-4. Zyklus

Beschreibung: Zunächst erzählt die Lehrerin/der Lehrer, dass schon in den Volksmärchen einfache Reime in die Handlung eingebaut wurden. Die Kinder wählen in Kleingruppen jeweils eine kurze Szene des Märchens und machen daraus ein kleines Gedicht, ein kurzes Lied oder eine kleine Theaterszene: z. B. von der Geschichte mit der Bohne und dem Teig, oder davon, wie Linda sich anzieht, um endlich ihre Orangenblüten zu kriegen, oder von der kleinen Biene Aimée, die die Menschenfresserin mit ihren Stichen zur Verzweiflung treibt …

 Die Rahmenhandlung oder die russische Matrjoschkapuppe

Einleitung, Textbeispiel, Lernziel: siehe Märchen ausschmücken

Bildbeispiel: Matrjoschkapuppe

Einstufung: 2.-3. Zyklus

Benötigt wird: eine Matrjoschkapuppe oder eine Dose, in der jeweils eine kleinere Dose steckt

Beschreibung: Die Lehrerin/der Lehrer erklärt den Kindern, dass viele Märchen der Madame d'Aulnoy eine Rahmenhandlung haben, die die Erzählsituation beschreibt, z. B. treffen sich drei Damen bei einem Spaziergang, um sich dann verschiedene Feenmärchen zu erzählen, in denen wiederum kleine Geschichten versteckt sind. Die Kinder malen sich eine mögliche Rahmenhandlung für das Märchen vom Orangenbaum aus: Eine Schulklasse besucht einen alten Garten, in dem ein Orangenbaum wächst, usw. Im Anschluss überlegen die Kinder weitere Geschichten, die noch in dem Märchen erzählt werden könnten, z. B. eine Geschichte über die schöne Prinzessin Linda. Dabei können die Kinder eine Matrjoschkapuppe oder die Dosen kreisen lassen, bis sie bei der kleinsten Einheit angelangt sind.

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2. MADAME D'AULNOY (1650/51-1705) 29SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

Aimées Höhlenlied

Einleitung: Géraldine Bosa und Julie Meisch haben – inspiriert vom Märchen Die Biene und der Orangenbaum – Aimées Höhlenlied für Kinder- oder Jugendchor und Klavier komponiert. Zur Zeit der Entstehung dieser Komposition sind die zwei Freundinnen 14 Jahre alt und studieren Klavier in der Klasse von Marco Kraus am Konservatorium in Luxemburg. Das Komponieren ist für Géraldine und Julie „een Deel vu eiser Fräiheet.“ Immer wenn die Freundinnen sich treffen, gehen sie direkt ans Klavier, und oft spielen sie sich gegenseitig ihre neuen Kompositionen vor und arbeiten dann gemeinsam an ihnen weiter. Manche Melodien entstehen aus dem Spielen heraus. Meist aber haben die Schülerinnen zuerst eine Idee im Kopf, die sie dann am Klavier ausarbeiten. Beide sind sich einig: „Dat ass sou flott, da kann ee maachen, wat ee wëll“.

Julie Meisch: „Das Komponieren hilft mir beim Nachdenken und manchmal auch dabei, Entscheidungen zu treffen oder einen Streit beizulegen“, und Géraldine ergänzt: „Ja, wenn wir uns streiten, und das kommt öfter vor, gehen wir ans Klavier. Die Musik ist uns immer wichtiger … und der Streit ist dann vorbei.“ Und das sei auch bei schlechter Laune so: „Et kann een net rosen um Piano sinn.“ Früher haben die beiden ihre Stücke immer auswendig gespielt. Mittlerweile aber schreiben sie sie auf. So vergessen sie keine ihrer Kompositionen, und auch andere können sie nachspielen.

Mit Aimées Höhlenlied greifen Julie und Géraldine die Stimmung der Märchenwelt auf: „Wir konnten uns die Ideen aus dem Text, die Bilder, z. B. Aimée und die Höhle, gut vorstellen. Das Lied ist sehr friedlich. Wir haben zum Teil Passagen einzeln bearbeitet und unsere Ideen dann zusammengefügt.“ Genau diese Arbeitsweise entspricht dem Vorgehen von Madame d'Aulnoy, die sich beim Schreiben ihrer Werke von den Ideen ihrer Freundinnen inspirieren ließ und mit ihnen ihre Märchen weiter entwickelte.

Lied- und Hörbeispiel: Aimées Höhlenlied (Seite 30), -8 Liedtext, -9 Melodiestimme, -10 Originalfassung mit Instrumenten, -11 Aufnahme Kinder/Jugendchor Konservatorium Luxemburg (Ltg.: Sylvie Serra-Jacobs)

Lernziel: Singen als eine Form von Beschäftigung mit Text, Textdeklamation und -deutung, Stimmschulung und Sprecherziehung, Förderung der Kreativität und der musikalischen Ausdrucksfähigkeit, Kennenlernen von Komponistinnen, Informationen, wie eine Komposition entstehen kann

Einstufung: 4. Zyklus

Benötigt wird: Lied und Hörbeispiel, Instrumente, Pappmaché, Muscheln, Perlen, Wasserfarbe, Rolle Kraftpapier, Goldpapier, Pfeifenputzer

Beschreibung: Die Lehrerin/der Lehrer stellt den Kindern die Komponistinnen von Aimées Höhlenlied vor und erklärt, wie das Lied entstanden ist. Die Kinder lesen den Liedtext, hören die Aufnahme und singen nun selbst das Lied. Sie diskutieren: Haben sie schon einmal mit Freundinnen und Freunden gemeinsam ein Lied erfunden, etwas zusammen gebaut oder ein Bild gemalt? Können sie sich die Höhle vorstellen und die Stimmung des Märchens in der Melodie wiederfinden? Inwiefern beschreibt die Musik die Gestaltung der Höhle? Welche Instrumente, Klänge, Geräusche passen für sie außerdem zu Märchen? Die Kinder können auf passenden Instrumenten und mit passenden Geräuschen eine kurze atmosphärische Improvisation zum Thema „Aimées Höhle“ spielen. Im Bastelunterricht können die Kinder „Aimées Höhle“ malen oder mit Pappmaché bauen: Muscheln, Perlen etc. dienen als Dekoration. Bilder von Menschenfressern entstehen, wenn mit Wasserfarben in die Mitte eines Blattes ein Fleck gemalt wird. Nachdem das noch nasse Kraftpapier gefaltet wird, können mit dem Filzstift Menschenfresserkonturen gemalt werden. Mit Pfeifenputzern, Perlen und Goldpapier basteln die Kinder Aimées Schmuck.

Géraldine Bosa und Julie Meisch

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2. MADAME D'AULNOY (1650/51-1705) 31SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

Komplette Version auf CD: traCK 8, 9, 10, 11

Kinder- und Jugend-chor Konservatorium Luxemburg

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2. MADAME D'AULNOY (1650/51-1705) 31SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

 Märchenwerkstatt – eigene Märchen erfindenEinleitung: Die Kinder erfinden nun ihre eigenen Märchen. Sie lernen typische Elemente eines Märchens kennen, probieren verschiedene Kreativitätstechniken und lassen ihrer Fantasie freien Lauf.

Lernziel: Erweiterung des aktiven Wortschatzes; Märchen als eine Gattung mit typischen Stilmitteln und Charakteren begreifen; bei späteren Spielen selber dieses Wissen anwenden können; assoziatives und freies Erzählen, Förderung der mündlichen und schriftlichen Ausdrucksfähigkeit, gegenseitige Bezugnahme

Die „Märchenfiguren“ und typische Ereignisse im Märchen

Einleitung, Lernziel: siehe Die Märchenwerkstatt

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Benötigt wird: drei große Papierbögen und farbige Stifte; bei jüngeren Kindern: Spielzeug, Abbildungen, Stofftiere, Kasperlepuppen, etc., die die Märchenbegriffe darstellen

Beschreibung: Anhand der erzählten Geschichte sammeln die Kinder die typischen Märchenfiguren (Prinzessinnen, Prinzen, Königinnen und Könige, Hofdamen, Feen, Zauberer, Monster, sprechende Tiere, usw.), die typischen Märchengegenstände (Kessel, Zauberstab, Krone, Schwert, Zauberkugel, …) und die typischen Märchenelemente (vom „Es war einmal …“ über Prophezeiungen, Prüfungen, Verwandlungen, usw. bis zum „… und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute“ oder der klassischen gedichteten Moral). Die Kinder sollten dabei die Märchen einbeziehen, die sie schon kennen. Die gefundenen Begriffe werden auf Papierbögen geschrieben und können dann während des Projektes im Klassenzimmer aufgehängt werden. Die jüngeren Kinder legen passende Gegenstände auf die Papierbögen.

Neue Märchen erfinden I – freies Erzählen

Einleitung, Lernziel: siehe Märchenwerkstatt

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Beschreibung: Im Erzählkreis erfinden die Kinder ein neues Märchen. Wenn sie noch nicht vor eigenen Geschichten platzen, fängt die Lehrerin/der Lehrer an. Verschiedene Varianten sind möglich: Jede/Jeder erzählt zwei bis drei Sätze; stockt die Geschichte häufig, können kurze Märchen entstehen, oder die Lehrerin/der Lehrer gibt einen neuen Impuls, oder ein Kind mit einer neuen Idee klatscht in die Hände, und löst so die Vorgängerin/den Vorgänger ab. Beim Erzählen können die Kinder ein Stofftier, das die Hauptfigur darstellt, an das erzählende Kind weiterreichen oder in Anspielung auf die häuslichen Arbeiten, die oft beim Märchenerzählen erledigt wurden, ein Wollknäuel, das nach und nach ab- bzw. aufgewickelt wird.

Neue Märchen erfinden II – Ideen-Begriffe

Einleitung, Lernziel: siehe Die Märchenwerkstatt

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Benötigt wird: Schreib- und Malzeug, Papierstreifen

Beschreibung: Fällt es den Kindern schwer, frei zu erzählen, können vor dem Spiel Wörter und Namen gesammelt werden, die in der Geschichte auftauchen sollen. Diese werden auf große Papierstreifen geschrieben (bei den

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Jüngeren gemalt) und dann in die Mitte des Erzählkreises gelegt. Die Kinder bauen die Ideen-Begriffe beim Erzählen in ihre Märchen ein. Für mehr Spannung werden die Begriffe/Bilder/Symbole individuell gesammelt und verdeckt in den Kreis gelegt. Dann wird beim Erzählen aus dem Pool gezogen.

Faltmärchen schreiben

Einleitung, Lernziel: siehe Die Märchenwerkstatt

Einstufung: 2.-4. Zyklus

Benötigt wird: DIN A3-Papierbögen, Schreibzeug

Beschreibung: Jedes Kind fängt auf einem Blatt ein eigenes Märchen an. Die Kinder schreiben zwei bis drei Sätze, dann wird der Text so gefaltet, dass die Nachfolgenden jeweils nur die letzte Zeile lesen können. Sie fügen die nächsten zwei bis drei Sätze an usw., bis das Blatt voll ist. Am Ende werden die Geschichten feierlich entfaltet, jedes Kind darf eine Geschichte vorlesen.

Ein eigenes Märchenbuch malen

Einleitung, Lernziel: siehe Die Märchenwerkstatt

Einstufung: 1.-3. Zyklus

Beschreibung: Die Kinder malen einzelne Szenen, entweder zu einer selbst ausgedachten Geschichte oder zum Märchen Der Orangenbaum und die Biene. Dabei können sie entscheiden oder auslosen, wer welche Szene malt. Die Bilder können am Ende aneinander gereiht werden. Schön ist es z. B., wenn ein Weg auf dem Seitenrand des einen Bildes am Rand des nächsten weitergeht. Alle können ihre Bilder ausschmücken und erzählen, bzw. aufschreiben, was gerade in der Geschichte passiert.

D'Mäerche vun der Prinzessin Aimée am Bësch. Geschrieben und gezeichnet von: Désirée, Tiffany, Jasmin, Madison, Stephanie, Darcey-Lene, Robert, Kevin, Malcom, Thierry, Eriana, Mayte, Thomas, Jusuf, Johny, Kateline, Luka, Viviane, Marguy

Et war emol eng Kinniginan ee Kinnek, déi waren esou

frou mateneen, datt si seche Kand gewënscht hunn.

An enges Daags krut d'Kinniginee klengt Meedchen.

Si hunn et Aimée genannt.

D'Prinzessin Aimée wollt onbedéngt gesinn, wéi et

an der Welt géing ausgesinn! Si war doheem bei hirer Mamm.

D'Mamm sot: „Du däerfs net eraus!”D'Prinzessin ass einfach rausgaang.

Si huet fonnt, si wär scho grouss.

Si ass laang zu Fouss gaang; du koum si bei e Schlass, an deem e Prënz gewunnt huet. Si hat Honger an Duuscht an si war midd; du ass si an d'Schlass eragaang. Do gesäit si de Prënz. Si seet: „Komm, mir danzen!” An si hu gedanzt op schéi Musek, déi op enger Gitar gespillt gouf.

D'Prinzessin seet zum Prënz:„Ech sinn hongereg; ech wëll eppes z'iessen!”„Ech sinn och duuschtereg a midd.” Dann iessen se an si drénken.

Du konnt si am Bett vum Prënz schlofen. De Prënz hat eng schéin déck a laang Matrass a gutt schnuckleg Këssen an sengem schéine gëllene Bett, wou si zesumme geschlof hunn. D'Prinzessin Aimée wënscht sech ee Bëbee.

Moies seet d'Prinzessin, datt si wëllt d'Welt gesinn. Si ginn eraus a reiden um Prënz sengem séiere Päerd ganz wäit an de Bësch eran.

(…)

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Das Feenspiel

Einleitung, Lernziel: siehe Die Märchenwerkstatt

Einstufung: 1.-3. Zyklus

Benötigt wird: -7 Das Feenspiel, Blanko-Karteikarten

Beschreibung: Die Ereigniskarten werden ausgeschnitten. „Anfang“ und „Ende“ liegen aufgedeckt im Erzählkreis, die anderen Kärtchen verdeckt in der Mitte. (Die Karten können durch eigene Ideen ergänzt werden.) Die Kinder ziehen reihum die Ereigniskarten des Feenspiels und bauen die „Aufträge“ in das Märchen ein. Die Kinder sollen sich untereinander helfen. Um Hemmungen zu senken, kann das Spiel auch in Zweier- oder Dreier-Gruppen gespielt werden. Am Ende wird gemeinsam eine Moral gedichtet.

Extras: Beim Kärtchen „Tanz“ führt das Kind, das die Karte gezogen hat, mit den drei folgenden Kindern einen kleinen Tanz zu der Musik der Barockkomponistin Barbara Strozzi (1619-1664) vor (s. CD KEK 1 Komponistinnen, Track 6). Außerdem empfehlenswert sind die Tänze aus der Oper Céphale et Procris von Elisabeth Jacquet de la Guerre (1665-1729), einer Zeitgenossin von Madame d’Aulnoy.

Ein selbstgebasteltes Feenspiel

Einleitung, Lernziel: siehe Die Märchenwerkstatt

Einstufung: 1.-3. Zyklus

Benötigt wird: Karteikarten und Schreibzeug, alternativ: Stofftiere, diverse Gegenstände

Beschreibung: Die Kinder gestalten eigene Ereigniskärtchen, oder sie verwenden statt der Karten Gegenstände, die sie in der Schule finden oder von zu Hause mitbringen. Die Gegenstände kommen in einen großen Sack und werden reihum herausgezogen. Danach spielen sie das Feenspiel wie in der Ursprungsfassung.

Märchen übertragen – Aus Fee wird Spiderwoman

Einleitung, Lernziel: siehe Die Märchenwerkstatt

Einstufung: 3.-4. Zyklus

Benötigt wird: Blanko-Karteikarten

Beschreibung: Die Kinder übersetzen die Märchengestalten: z. B. wird die Königin zur Bürgermeisterin, die Fee zu Spiderwoman, die Prinzessin ist ein Punk, eine Internet-Piratin oder eine Kommissarin, der Prinz wird zum Skater oder Krankenpfleger … Eventuell gestalten die Kinder dafür neue Kärtchen. Danach spielen sie das Feenspiel wie in der Ursprungsfassung.

 Literarischer Salon – barockes Fest

Einleitung: Die Kinder veranstalten einen literarischen Salon

Lesetext: -2 Die Reiseberichterstatterin – reisende Frauen im Barock

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2. MADAME D'AULNOY (1650/51-1705)34SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

Lernziel: Veranschaulichung des Themas „Salon“; gegenseitige Anerkennung der künstlerischen Leistungen, Förderung der Kreativität, Identifikationsmöglichkeit mit Vorbildern

Einstufung: 1.-3. Zyklus

Benötigt wird: Verkleidungen, Instrumente, Abspielgerät, Speisen und Getränke (evtl. Kakao) für ein Picknick, eigene oder fremde Werke, bei Jüngeren Lieblings(bilder)bücher, -musik

Beschreibung: Für diesen Vorschlag sollten mehrere Stunden eingeplant werden, z. B. an den Tagen vor den Ferien. Der Lehrer/die Lehrerin erzählt den Kindern zunächst, was bei einem literarischen Salon alles passierte (siehe S. 18f.; möglich ist es hier auch, den Einstimmungstext aus KeK 1 Komponistinnen zur Barockkomponistin Barbara Strozzi (1619-1664) vorzulesen, S. 35, denn die Akademien weisen viele Parallelen zu den von Frauen geführten Salons auf.) Vorbereitungen: Die Kinder suchen sich einen kreativen Beruf aus oder eine reale Person, die sie beim Fest darstellen wollen (Auswahl: KeK Bände 1, 2 und 3). Sie verkleiden sich und reden sich mit Künstlernamen oder barocken oder märchenhaften Namen an (Madame, Mademoiselle, Monsieur, Gräfin von XY, …). Sie bringen zum Fest ein kleines Picknick mit. Der Raum wird feierlich gestaltet. Es wird auf eine Atmosphäre gegenseitiger Anerkennung geachtet. Durchführung: Ein Junge und ein Mädchen oder die Lehrerin/der Lehrer spielen die Rolle der einladenden Salonière/des einladenden Saloniers. Sie empfangen ihre Gäste offiziell und stellen sie einander vor. Im Verlauf des Salons präsentieren die Kinder ihre mitgebrachten Werke (Gedichte, Geschichten, Bilder, Musikstücke). Jüngere Kinder können ein Bilderbuch zeigen. Auch Kleingruppen können sich gemeinsam auf den Salon vorbereiten und zusammen vortragen. Die Kinder spielen das Märchenspiel. Sie lernen die Künstlerin, Schriftstellerin und Komponistin Elisabeth Sophie Chéron (siehe S. 17) kennen. Mit dem Unterrichtsvorschlag So will ich es nicht! (KeK 1 Komponistinnen, S. 37, Track 6) entdecken sie die Barockmusik von d’Aulnoys Zeitgenossin Barbara Strozzi. Die Sängerin, die die Launenhaftigkeit ihres Schicksals besingt, könnte auch Aimée aus dem Märchen mit dem Orangenbaum sein, die ihre Verliebtheit in den Prinzen und die drohende Hochzeit mit dem Menschenfresserkind musikalisch darstellt. Auch die Unterrichtsvorschläge Das Schreibwerkzeug der Madame d'Aulnoy (S. 25) und Die Reiseberichterstatterin – Reisende Frauen im Barock (S. 21f.) können in das Fest integriert werden.

 Märchenheldinnen und -helden gestern und heute

Einleitung: Die mutigen Märchenheldinnen der Madame d'Aulnoy sind nicht der Standard. Zwar gibt es in vielen klassischen Märchen kluge Töchter, häufiger jedoch werden passive Prinzessinnen an aktive Prinzen verheiratet, die zuvor schwere Aufgaben lösen. Oder sie werden entführt oder verzaubert, um dann von mutigen Prinzen befreit zu werden. Zahlreich sind die Märchen, in denen Mädchen durch extreme Bescheidenheit, Sparsamkeit und Fleiß glücklich werden. Heute gibt es zum Glück eine Vielzahl von mutigen Prinzessinnen und häuslichen Prinzen.

Textbeispiel: -3 Der Orangenbaum und die Biene, Prinzessin Pfiffigunde = La princesse Finemouche (Babette Cole), Prinzessin Isabella, Der Ritter Namenlos und Igraine Ohnefurcht (Cornelia Funke), Lieschen Radieschen und der Lämmergeier = Sophie Petiradis et le grand gypaète barbu (Martin Auer, Axel Scheffler), klassische Märchen, z. B. Rapunzel, Dornröschen, Aschenputtel, Rotkäppchen, …

Lernziel: Geschlechterrollen erkennen, Vergleich Märchen gestern – heute, Arbeiten mit Textvergleich und Textanalyse

Einstufung: 2.-4. Zyklus

Beschreibung: Gemeinsam betrachten die Kinder einzelne der (Bilder-)Bücher. Im Anschluss vergleichen sie die Geschlechterrollen mit dem Märchen Der Orangenbaum und die Biene und mit weiteren Märchen, die sie kennen.

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2. MADAME D'AULNOY (1650/51-1705)34SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

SCHRIFTSTELLERINNEN IM 19. UND 20. JAHRHUNDERT

(Unterrichtseinheit Anise Koltz, Câdichon, S. 109f.)

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3. SCHRIFTSTELLERINNEN IM 19. UND 20. JAHRHUNDERT 37SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

3.1 Vom Viktorianischen Zeitalter zur Moderne – Ein großer Sprung

3. SCHRIFTSTELLERINNEN IM 19. UND 20. JAHRHUNDERT36SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

Schweres Mobiliar, Gardinen aus dickem Damast, die Böden mit Teppichen bedeckt und auch die Wände, Licht und Geräusch schluckend, mit Stoffen bezogen, dazu ein Alltag, der sich in großen Teilen im Hause abspielt … In dieser recht düsteren und gedämpften Atmosphäre wachsen Virginia Woolf, Agatha Christie und viele junge Mädchen des Bürgertums in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf. Die Epoche, die in England Viktorianismus genannt wird (nach Königin Viktoria, die Großbritannien von 1837 bis 1901 regierte), ist wenig revolutionär. Einerseits gelingt es Britannien, wie anderen europäischen Staaten, seine Macht durch Kolonien international auszudehnen. Auch entwickelt sich die Wirtschaft rasant, durch Handel und den wachsenden Einsatz von Maschinen (Industrielle Revolution). An den gesellschaftlichen Ungleichheiten, arm-reich, gebildet-ungebildet, wird jedoch wie an den traditionellen Geschlechterrollen, eisern festgehalten, wahrscheinlich gerade weil sich erste Veränderungen ankündigen.

In den oberen Gesellschaftsschichten dreht sich das familiäre Leben vor allem um die Arbeit und das Wohlergehen der Väter. In Vorbereitung auf ihre spätere Rolle werden die Jungen auf Schulen und Universitäten geschickt. Ganz anders sieht der Werdegang der Mädchen aus. Die Töchter erhalten häufig nur eine Grundausbildung; die meisten gehen nicht in öffentliche Schulen, sondern werden zu Hause von Privatlehrern und -lehrerinnen in Rechnen, Schreiben, Musizieren, Zeichnen und zuweilen auch in Sprachen unterrichtet. Einen Beruf erlernen und finanziell selbständig werden, ist für sie nicht vorgesehen, sie sollen „gut“, das heißt standesgemäß, heiraten und so das Ansehen der Familie festigen. Virginia Woolf bezeichnet den damals gefragten bürgerlichen Frauentypus (nach einem damals beliebten Gedichtzyklus) als der Engel im Haus: Frauen sollen zwar charmant und gesellig sein, ihre Hauptaufgabe aber ist es, ihren Mann bis zur Selbstverleugnung zu unterstützen und die gemeinsamen Kinder groß zuziehen. Die Mädchenlektüre der Zeit nährt romantische Liebesträume, die mit der Realität oft wenig übereinstimmen.

Dennoch beginnen einzelne Frauen, sich schon im zähen 19. Jahrhundert gegen die alten Normen zu stemmen, und nehmen, trotz öffentlicher Missbilligung, mit ihrem Leben und Werk die späteren Entwicklungen vorweg: Während neue Erfindungen die Arbeitswelt radikal verändern und immer mehr Menschen in Fabriken arbeiten, kommt es bald zu Protesten gegen die harten Arbeitsbedingungen. Arbeiterinnen sind von Anfang an dabei! Auch die bürgerlichen Frauen gehen auf die Straße und fordern Bildung für Frauen und das Stimmrecht.

Diese Aufbruchstimmung schlägt sich in den Werken von Schriftstellerinnen, Künstlerinnen und Komponistinnen nieder. Die deutsche Schriftstellerin Fanny Lewald (1811-1898) beleuchtet in ihren Romanen soziale Fragen und kritisiert 1848 die erbärmliche Lage weiblicher Dienstboten. Die französische Schriftstellerin George Sand (1804-1876) veröffentlicht neben ihren Romanen zahlreiche sozialkritische Schriften, die unter anderem die Emanzipation der Frau fordern. Über gesellschaftliche Normen setzt sie sich rabiat hinweg, trägt bisweilen Männerkleidung und besucht großstädtische Lokale. In ihrem Landhaus versammelt sie die kulturellen Größen ihrer Zeit.

Ein nie da gewesener öffentlicher Auftritt gelingt 1889 der französischen Komponistin Augusta Holmès (1847-1903): Zur 100-Jahr-Feier der Französischen

Leben im 19. Jahrhundert

Frauen – Engel im Hausund ihr Aufbegehren

Eugène Delacroix: George Sand, (Fragment eines Doppelbildnisses George Sand und Frederic Chopin). Öl auf Leinwand

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Kinder entdecken Künstlerinnen

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3. SCHRIFTSTELLERINNEN IM 19. UND 20. JAHRHUNDERT 37SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

Revolution, während derer zum ersten Mal die Menschenrechte eingefordert wurden, erhält sie von der Stadt Paris einen Kompositionsauftrag in Höhe von 300.000 Francs. Für die drei Aufführungen der Triumphalen Ode (L’ode triomphale) wird der Palast der Industrie in einen Opernsaal für 22 000 Zuschauer umgewandelt. 1.200 Musiker und Musikerinnen führen das gigantische Werk für Orchester und Chor auf. Und der Komponist Camille Saint-Saëns äußert sich begeistert darüber, wie es der Holmès gelang, diese großartigen „Chor-Massen“ zu disziplinieren und dieses „Orchester-Meer“ zu bändigen.

3.2 Die Jahrhundertwende

Der große Sprung ins 20. Jahrhundert schlägt sich in allen gesellschaftlichen Bereichen nieder. Sehr deutlich kann er auch an Virginia Woolfs Wohnsituation abgelesen werden: Als die Autorin 1904 mit ihren Geschwistern Thoby, Vanessa und Adrian nach dem Tod der Eltern umzieht, hat das neue Haus schon elektrisches Licht, und durch die Straßen fahren neben den Kutschen die ersten Automobile. Die Geschwister lassen die alten dunklen Möbel hell beziehen, die Wände werden weiß gestrichen. Etwas Neues kann beginnen! Auf diese Weise entstehen anfangs des 20. Jahrhunderts viele Wohnprojekte: Menschen ziehen jenseits von familiären Bindungen zusammen, weil sie neue Lebensformen ausprobieren wollen.

In diese Periode gehört die Neue Frau – ein Begriff, der den veränderten Mode- und Lebensstil bezeichnet. Die Neuen Frauen – die zunächst vor allem aus dem finanzkräftigen Bürgertum stammen, denen bald aber die vielen jungen Angestellten nachfolgen – nehmen ihr Leben selbständig und selbstbewusst in die Hand. Einige wenige schaffen es – trotz der strengen Aufnahmekriterien – an die Universitäten. Diese bieten jedoch meist wenig akzeptable Studienbedingungen für junge Studentinnen. Häufig brauchen sie Sondergenehmigungen für die Teilnahme an Vorlesungen, und immer wieder müssen sie sich von Kommilitonen und Professoren die Fähigkeit zum wissenschaftlichen Denken absprechen lassen.

Dennoch, es zieht junge Frauen heraus aus der Enge des viktorianischen Hauses. In der Öffentlichkeit der großen Städte bewegen sie sich viel freier als je zuvor. Man sieht sie in Cafés, Kinos und in den Theatern. Sie üben Sportarten aus und entwickeln ein neues Gefühl für ihren Körper. Statt Reifrock oder Korsett tragen sie leichte bequeme Kleidung, knielange Röcke und die ersten sogar schon Hosen. In Zeitungsartikeln ist nun immer öfter von Frauen zu lesen,•die als Pilotinnen wie die amerikanische Flugpionierin und Frauenrechtlerin Amelia

Mary Earhart (1897-1937) die Lüfte erobern, •die wie Berta Benz (1849-1944) Rennen in den ersten Automobilen fahren, •die wie Rosa Luxemburg (1871-1919) in politischen Debatten das Wort

ergreifen, •die wie Agatha Christie (1890-1976) die entlegensten Winkel der Erde bereisen•und die als Wissenschaftlerinnen wie Marie Curie (1876-1934) die Welt mit

ihren Forschungsergebnissen verändern.

Auch wenn sie härter als ihre männlichen Kollegen um eine literarische Karriere kämpfen müssen, sind Schriftstellerinnen aus der experimentierfreudigen Kunstszene Anfang des 20. Jahrhunderts nicht mehr wegzudenken. In der literarischen Moderne, der auch Virginia Woolf zuzurechnen ist, jagt eine Stilrichtung die nächste.

Der Umbruch

Die neue Frau

Schriftstellerinnen der literarischen Moderne

Die Chemikerin Marie Curie in ihrem Laboratorium, (Nobelpreis 1911). Foto, um 1900

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4. VIRGINIA WOOLF (1882-1941)38SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

4. VIRGINIA WOOLF (1882-1941) 39SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

4.1 Virginia Woolf (1882-1941)

Da sitzt sie, eine schöne, schmale Frau mit langen Haaren, die zu einem Knoten geschlungen sind. Sie ist ganz Konzentration und Energie, kein Laut dringt an ihr Ohr. Auf ihrem Schreibtisch türmen sich Papiere: Seitenweise eng beschriebene Manuskripte. Vor ihr liegt das dicke Tagebuch. Schnell eilt die Feder über die Seiten. „Ich werde mir nur eine Woche nehmen, um das hinzufetzen“, so hatte sie noch vor zwei Wochen geschrieben, und nun: „[…] ich habe seit 2 Wochen nichts, gar nichts, überhaupt nichts anderes getan; und habe mich, eher heim lich, aber mit um so größerer Leidenschaft in Orlando: A Biography hinein gestürzt. Es soll ein kleines Buch werden und fertig bis Weihnachten.“ Eigentlich sollte Virginia statt an ihrem neuen Roman Orlando an einer Auftragsarbeit schreiben:“ […] aber wenn der Geist sich einmal heißgelaufen hat, kann er nicht aufhören; ich gehe spazieren und denke mir Sätze aus; ich sitze da und erfinde Szenen; kurzum, ich bin inmitten der größten Wonnen, die ich kenne; die ich mir seit letztem Februar nicht mehr erlaubt habe, oder noch länger. Da heißt es, man plane ein Buch oder man warte auf einen Einfall! Dieses kam in einem Schub […]“. So entsteht ein Buch – und alles andere muss warten!

4.2 Kindheit im Viktorianismus

Am 25. Januar 1882 erblickt Virginia Stephen als zweitjüngstes Kind von insgesamt acht Geschwistern – vier Brüdern und drei Schwestern – in London das Licht der Welt. Der Vater Leslie ist Schriftsteller und Gelehrter (Literatur, Philosophie und Geschichte). Er unterrichtet – wenn seine eigenen Arbeiten es zulassen – mit seiner Frau Julia, später mit Freunden und Privatlehrern, die Töchter im Haus. Die vier Brüder dürfen, von Virginia beneidet, öffentliche Schulen und später die Universität besuchen. Sie selbst muss sich den größten Teil ihrer umfassenden Bildung allein in der Bibliothek des Vaters erlesen.

Vieles passt in der Familie Stephen zum viktorianischen Zeitalter. Die düstere Atmosphäre in dem Londoner Stadthaus, die beherrschende Rolle des daheim arbeitenden Vaters, der den Lebensrhythmus der Familie bestimmt, und die aufopfernde Haltung der Mutter. Diese versorgt nicht nur ihren Mann und die Kinder, sondern auch Pflegefälle in der Verwandtschaft. Dazu engagiert sie sich noch für bessere Lebensbedingungen in den Armenvierteln Londons.

Dennoch gibt es auch Freiheiten im Hause Stephen. Geistigen Tätigkeiten wird großer Respekt gezollt und diskutierfreudige Gäste sind immer willkommen. Nicht nur der Vater schreibt, auch die Mutter verfasst ein Buch über Krankenpflege. So werden Virginias erste kreative Versuche positiv aufgenommen. Seit der Kindheit ist es den beiden jüngsten und einander eng verbundenen Schwestern klar, dass Virginia Schriftstellerin und Vanessa Malerin werden wird.

Mit ihren beiden älteren Geschwistern Vanessa und Thoby gibt Virginia ab ihrem 9. Lebensjahr die Hyde Park Gate News heraus. Die wöchentlich erscheinende Zeitung, benannt nach der Hausadresse, berichtet – den Stil großer Tageszeitungen nachahmend – mit viel Humor von familiären Ereignissen. Sie enthält Porträts von Gästen und Kommentare zu aktuellen Ereignissen. Wenn die Mutter Virginia für ihre Artikel lobt, fühlt diese sich „[…] wie eine Geige, auf der man spielt“.

London, 22. Oktober 1927 – Ein Buch entsteht:

Die Kinderjournalistin

Hyde Park Gate News

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Als die Mutter 1895 stirbt, ist Virginia erst dreizehn Jahre alt. Sie wird vor Kummer sehr krank. Immer wieder durchlebt sie in ihrer Jugend und im Erwachsenenalter seelische Krisen. Zwei Jahre nach der Mutter stirbt die ältere Halbschwester und, als Virginia 21 Jahre alt ist, der Vater. Während ihrer Zusammenbrüche wird sie von Geschwistern und Freunden unterstützt. Und auch das Schreiben hilft ihr, die Krisen zu bewältigen.

Ende der Kindheit

Virginia Woolf, undatiert

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4. VIRGINIA WOOLF (1882-1941) 41SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

4.3 Die Bloomsbury-Gruppe – Alles musste neu sein!

„Wir waren intensiv mit Experimenten und Reformen beschäftigt. Wir waren entschlossen, ohne Damastservietten auszukommen, stattdessen aber große Vorräte von Toilettenpapier zu haben; wir waren entschlossen zu malen, zu schreiben, nach dem Abendessen Kaffee statt um neun Uhr Tee zu trinken. Alles musste neu, alles musste anders sein. Alles wurde ausprobiert.“ Virginia Woolf

1904 sind die angehende Schriftstellerin Virginia und ihre Schwester Vanessa, die nun tatsächlich Malerin ist, Mitbegründerinnen der Bloomsbury-Gruppe (Bloomsbury heißt der Londoner Stadtteil ihres Wohnprojektes). Hier trifft sich der gebildete Freundeskreis zu wöchentlichen Diskussionsrunden über Literatur, Kunst, Philosophie und Politik.

Für die Bloomsbury-Frauen hat der intensive Austausch eine ähnliche Bedeutung wie die Salons für die Frauen des Barock: Er ersetzt den Mangel an öffentlichen Bildungserfahrungen in Schulen und Universitäten. Die Mitglieder fördern sich gegenseitig: Sie gehen ins Theater, in Museen, veranstalten Ausstellungen und besuchen sie. Sie reisen, lesen, kritisieren gegenseitig ihre Werke und schaffen mit Rezensionen (Buch- und Werkbesprechungen) die nötige Öffentlichkeit. Auch die 23-jährige Virginia schreibt ab 1905 gegen Honorar Rezensionen zu neu erschienenen Büchern aus den unterschiedlichsten Bereichen. Zusätzlich ist Virginia Woolf als Lehrerin tätig, sie unterrichtet an einer Abendschule Berufstätige in Geschichte und Literatur.

1912 heiraten Virginia Stephen und Leonard Woolf. Leonard Woolf (1880-1969) ist ausgebildeter Sprachwissenschaftler und war für mehrere Jahre als Kolonialbeamter in Ceylon, dem heutigen Sri Lanka tätig. Auch er schreibt Romane, später verfasst er politische Schriften und Sachbücher. Gemeinsam betreiben sie, zunächst als Hobby, später mit Gewinn und eigenen Angestellten, eine Druckerpresse. Den Verlag nennen sie nach ihrem Londoner Haus Hogarth Press. Virginia betätigt sich als Lektorin und Setzerin. Ihr Mann druckt die Bücher und führt die Geschäfte. Gemeinsam verlegen sie Werke der literarischen Avantgarde – von Katherine Mansfield bis zu Sigmund Freud. Für viele neue Veröffentlichungen liefert die Schwester Vanessa Bell Illustrationen und Buchumschläge. Der Verlag erlangt binnen kurzem hohe Anerkennung und trägt zum finanziellen Auskommen der Woolfs bei.

4.4 Die Schriftstellerin und Aktivistin der Frauenbewegung

Virginia Woolfs schriftstellerische Arbeiten weisen eine große Vielfalt auf: Neben den Buchkritiken verfasst sie zahlreiche literarische, politische und biografische Essays, darunter mehrere über Schriftstellerinnen, zum Beispiel Mary Wollstone-craft (1797-1851) Jane Austen und George Eliot (1819-1880). Sie schreibt neun Romane, zahlreiche Kurzgeschichten, zwei Biografien, Tausende von Brie-fen und fünf Bände Tagebücher. Aufgeschlossen für die Moderne probiert sie in ihren Werken neue literarische Methoden aus und entwickelt sie weiter (siehe UE

Die vielen Berufe der Virginia Woolf:

Rezensentin, Lehrerin, Verlegerin

Vielfalt und Experimentierfreudigkeit

Vanessa Bell (1879-1961)

Virginia Woolf gemalt von ihrer Schwester Vanessa Bell, Öl auf Holz, 1912

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4. VIRGINIA WOOLF (1882-1941)40SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

4. VIRGINIA WOOLF (1882-1941) 41SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

Virginia Woolf und die Frauenbewegung

„Fünfhundert (Pfund) im Jahr und ein eigenes Zimmer“

Zeit skulptur und Bewusstseinsstrom – stream of conciousness, S. 44). Inhaltlich schildert Virginia Woolf vor allem Menschen, denen die gesellschaftlichen Rollen zu eng werden, und die deshalb versuchen, ihre Spielräume zu erweitern. So erlebt die Hauptfigur ihres Erfolgsromans Orlando (1928) nicht nur mehrere Jahr-hunderte, sie übt auch verschiedene Berufe aus und verwandelt sich von einem Mann zu einer Frau.

Neugierig und weltoffen mischt Virginia Woolf in den gesellschaftskritischen Bewegungen ihrer Zeit mit. Besonders nachhaltig ist ihr Kontakt zur Frauen-bewegung, der um 1913 beginnt. Anders als ihre Mutter, die sich zwar für ärmere Frauen engagierte, aber die weibliche Beteiligung an Wahlen noch ablehnte, fordert Virginia mit ihren Schwestern aus der Suffragetten-Bewegung (suffrage = Wahl) das aktive und passive Stimmrecht für Frauen. Sie engagiert sich in der Women’s Co-Operative Guild, einer Organisation, die Forderungen der Frauenbewegung mit sozialistischen Ideen verbindet. Ab den dreißiger Jahren ist sie eng mit der Komponistin Ethel Smyth, einer der herausragendsten Protagonistinnen der Suffragettenbewegung befreundet. Ihre Freundschaft ist in zahlreichen Briefen dokumentiert. (Siehe KeK 1 Komponistinnen, S. 45ff.)

Virginia Woolf gilt als hervorragende Rednerin und hält zahlreiche Vorträge – viele zu Frauenthemen. Unübertroffen ist ihr scharfsinniger, bitterer wie humorvoller Essay Ein eigenes Zimmer von 1929. Er zählt zu den meist zitierten Texten der Frauenbewegung. In dem Essay skizziert Woolf die schwierigen Bedingungen, unter denen Frauen in der Vergangenheit Literatur schrieben. „Fünfhundert (Pfund) im Jahr und ein eigenes Zimmer“, soviel müsste einer Schriftstellerin zur Verfügung stehen, damit sie sich unbesorgt und ungestört an die Arbeit machen könne. Anhand von Beispielen aus der Literaturgeschichte zeigt sie, dass Frauen in der Regel weit von diesem Ideal entfernt waren. Neben den schon mehrmals angeführten Pflichten für den Haushalt, der Tatsache, dass sie in der Regel kein eigenes Geld besitzen durften, selbst wenn sie es mit ihrer Literatur verdienten, neben der mangelhaften Ausbildung in Schulen und Universitäten, den fehlenden Erfahrungen einer Berufstätigkeit oder des Reisens, führt sie die Jahrhunderte langen Entmutigungen der Frauen an.

In der Geschichte sucht Virginia Woolf Frauen, die trotz widriger Bedingungen schrieben: Sie findet neben vielen anderen Charlotte Brontë (1816-1855), deren Wut über die ungerechten Verhältnisse aus ihren Texten springt, und sie staunt über Jane Austen (1775-1817), die heimlich schrieb, ihre Manuskripte unter den Handarbeiten versteckte und die ihre Werke nur anonym unter „by a lady“ veröffentlichte und ohne den literarischen Austausch mit anderen doch ihren ganz eigenen brillianten Ton fand.

Virginia Woolf macht eine weitere Hürde für Schriftstellerinnen aus: „Aber welche Folgen diese Entmutigung und Kritik auch für ihr Schreiben hatten – und ich glaube, dass sie sehr schwerwiegende Folgen hatten – , sie waren unbedeutend verglichen mit der anderen Schwierigkeit, der sie sich gegenüber sahen […] , wenn sie ihre Gedanken auf das Papier bringen wollten, dass sie nämlich keine Tradition hinter sich hatten, oder eine so kurze und einseitige, dass sie ihnen wenig half. Denn als Frauen denken wir zurück durch unsere Mütter.“ Mit Ein eigenes Zimmer liefert Virginia Woolf den nachfolgenden Schriftstellerinnen genau das, eine literarische Tradition, auf die sie aufbauen können. Erst 1978 ist der Essay ins Deutsche übersetzt worden. Lesenswert ist er noch immer.

Am 28. März 1941 setzt Virginia Woolf – zermürbt von den Schrecken des Zweiten Weltkrieges und in Furcht vor einer Verschlimmerung ihrer seelischen Krankheit – ihrem Leben ein Ende.

Jane Austen, Zeichnung,1810

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4. VIRGINIA WOOLF (1882-1941)42SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

4. VIRGINIA WOOLF (1882-1941) 43SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

4.5 Virginia Woolf – eine Schriftstellerin am Anfang des 20. Jahrhunderts

 Virginia Woolf stellt sich vor

Einleitung: Eine Schriftstellerin zwischen Viktorianismus und Moderne stellt sich vor (siehe Biografie S. 38-41)

Lernziel: historisch-biografische Spurensuche als Einführung ins Thema, Kennenlernen des Frauenlebens zur Jahrhundertwende

Bildbeispiel: Porträt Virginia Woolf (Seite 39)

Textbeispiel: -12 Virginia Woolf stellt sich vor

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Benötigt wird: großformatiger Karton, Kleber, farbiges Papier

Beschreibung: In die Mitte des Kartons wird das Porträtbild von Virginia Woolf geklebt. Anschließend erzählt die Lehrerin/der Lehrer aus dem Leben der britischen Schriftstellerin. Kinder ab dem 3. Zyklus lesen ergänzend den Lesetext Virginia Woolf stellt sich vor. Für jeden neuen Aspekt wird, mit einem Verbindungsstrich zum Porträt, ein farbiger Zettel neben das Porträt geklebt. Dieser ist entweder beschriftet oder bei den jüngeren Kindern bemalt. Wichtige Aspekte, die – je nach Alter der Kinder – angesprochen werden können: Kindheit, Bildung und Kinderjournalistin; Druckerin, Rezensentin, Verlegerin; Schriftstellerin; Frauenrechtlerin (Orlando und Ein Zimmer). Dazu lohnt es sich auch die Unterrichtseinheit Der Marsch der Frauen von Ethel Smyth (KeK 1 Komponistinnen, S. 45-48 ) heranzuziehen. Ab den dreißiger Jahren waren die Komponistin Ethel Smyth und Virginia Woolf befreundet und setzten sich für die Rechte der Frauen ein.

 Kinderjournalistinnen und -journalisten

Einleitung: Wie bei der Hyde Park Gate News, die Virginia mit ihren Geschwistern verfasste (siehe S. 38 ), werden die Kinder selbst zu Journalistinnen und Journalisten und drucken und verlegen ihre eigene Zeitung.

Lernziel: Kennenlernen journalistischer Arbeit, Verfassen und Illustrieren kleiner Artikel, Malen von Bildergeschichten, Vervielfältigung und Verteilung der eigenen Zeitung; für die Älteren, Entdecken der verschiedenen Textgattungen einer Zeitung

Bildbeispiel: Hyde Park Gate News (Seite 38)

Textbeispiel: -13 Das Mädchen Virginia Woolf als Journalistin (für 3.-4. Zyklus)

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Benötigt wird: Bastel- und Schreibmaterialien, Bilderbücher, Kopien der Buchdeckel

Beschreibung: Die Jüngeren malen Bilder zu Erlebnissen in der Familie oder in der Schule; sie begutachten Bilderbücher, die sie vorgelesen bekommen (z. B. mit Smileys, die sie auf die kopierten Buchtitel malen). Sie kleben

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ihre Werke zusammen, geben der Zeitung einen Namen und vervielfältigen sie. Jedes Kind erhält ein Exemplar. Die älteren Kinder (3.-4. Zyklus) lesen Auszüge aus der Hyde Park Gate News (-13). Sie entscheiden sich für eine der Zeitungsrubriken und verfassen eigene Texte (Berichte von Schul-, Stadtereignissen, erfundene Meldungen, kurze Rezensionen, Wettervorhersagen, Comics und Veranstaltungsankündigungen …). Mutige veröffentlichen eigene (Fortsetzungs-)Geschichten, einen Krimi, ein Gedicht. Die Kinder geben ihrer Zeitung einen Namen und sich selbst ein journalistisches Kürzel oder ein Pseudonym. Gemeinsam oder in Teams entwerfen sie das Layout, vervielfältigen ihre Zeitung und entwickeln eine Verkaufsstrategie an der Schule.

 Geschichten mit GeschichteEinleitung: Virginia Woolf hat auch Texte über das Schreiben selbst verfasst (s. Abschnitt „Fünfhundert (Pfund) im Jahr und ein eigenes Zimmer“ S.41). Darin argumentiert sie, dass Papier und Stifte allein nicht reichen, sondern viele andere Faktoren einen Einfluss darauf haben, ob und was ein Mensch schreibt: Sie sagte, damit Frauen „große Literatur“ produzieren könnten, bräuchten sie genug Geld zum Leben, Platz und Zeit, sich zurückzuziehen, Vorbilder, Ermutigung und öffentliche Anerkennung für ihr Werk. Sie zeigte außerdem, dass das, was Menschen erleben und fühlen, direkt in ihre Werke einfließt. Alle Geschichten, die wir heute lesen, tragen Spuren ihrer Entstehung – diese sind die Geschichten der Geschichten. Die Schriftstellerin und Komponistin Johanna Kinkel (1810-1858) zum Beispiel, die den Haushalt mit vier Kindern versorgte, Musikstunden gab, um die Familie zu ernähren, für Zeitungen schrieb und sich politisch engagierte, fand irgendwann gar keine Zeit mehr zum literarischen Schreiben und Komponieren. Virginia Woolf wiederum schrieb in der Regel jeden Vormittag. Sie brauchte unbedingte Ruhe zum Arbeiten. Am liebsten zog sie sich in ihr kleines Gartenhäuschen zurück, um ganz ungestört zu sein.

Lernziel: Den Zusammenhang von Literatur mit der konkreten Lebenssituation der Schreibenden verständlich machen; eigene Gefühle und Bedürfnisse wahrnehmen lernen, um sie später im kreativen Prozess umzusetzen.

Einstufung: 2.-4. Zyklus

Beschreibung: In verschiedenen Erzählrunden assoziieren die Kinder zu folgenden Fragen (eine auswählen): „Was schreibe ich für Bücher, wenn …“, „was erzähle ich für Geschichten, wenn …“ oder: „was male ich für Bilder, wenn …“ 1. auf Gefühle bezogen: … wenn ich traurig bin, wenn ich mich freue, wenn ich mich mit meiner Schwester

gestritten habe, … 2. auf äußere Situationen bezogen: … wenn ich viel Zeit habe, gar keine Zeit habe, wenn ich in einem Zug

fahre, alleine in meinem Zimmer sitze oder am Familienesstisch schreibe, … 3. auf Anlässe bezogen: … wenn ich einen Plan aushecke, wenn niemand sehen darf, dass ich schreibe, …

wenn ich meine Freundin/meinen Freund mit einer Geschichte überraschen will, … 4. auf das Schreibmaterial bezogen: … wenn ich auf einem Fetzen alten Papiers schreibe, wenn ich am

Computer schreibe, … Voller Anregungen überlegen die Kinder, welche Sorte von Geschichten sie gerade am liebsten, an welchem Ort und in welcher Stimmung erzählen würden.

 Zeitskulptur und Bewusstseinsstrom

Einleitung: Virginia Woolf hat eine literarische Form gefunden, um darzustellen, dass Zeit in der Wahrnehmung von Menschen nicht kontinuierlich abläuft, sondern je nach Situation als „voll“ oder „leer“, in Windeseile verfliegend oder zäh vertropfend empfunden wird. Dazu schildert sie die Gedankenströme (stream of conciousness) ihrer Figuren in „Ich“-Form und baut parallel „äußere“ Ereignisse in die Geschichten ein, die die verschiedenen Ströme verbinden, das Schlagen der Turmuhr oder der Gesang eines Vogels.

Lernziel: Thematisierung von Zeit und ihrer Bearbeitung in der Literatur; Thematisierung unterschiedlicher Erlebniswelten

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4. VIRGINIA WOOLF (1882-1941)44SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Benötigt werden: Naturmaterialien, Gegenstände, die sich die Kinder in der Schule zusammensuchen können

Beschreibung: Die Kinder werfen sich im Sitzkreis das Pfand zu und assoziieren auf die Frage: Was ist heute morgen alles passiert? Alle fünf Sinne werden einbezogen. Aus den Eindrücken und Ereignissen malen sie einzeln oder als Gruppe eine Collage/Skulptur der Zeit (z. B. eine Blume der Zeit/des Morgens, einen Fluss der Zeit/des Morgens). Alternativ nutzen ältere Kinder statt der gemalten Bilder Worte, die sie zu einer Wortcollage zusammenfügen, oder sie sammeln je drei Gegenstände, die dafür stehen, was an diesem Morgen für sie wichtig war und setzen diese zu einer Skulptur/Collage zusammen. Ergänzt werden kann die Einheit durch einen Ausflug in den Park, auf den Markt, auf einen Platz: Ausgerüstet mit Mal- und/oder Schreibzeug setzen sich die Kinder ¼ Stunde ruhig hin, beobachten ihre Umgebung (Natur, Menschen, …) und malen/schreiben bunt durcheinander auf, was ihnen in den Kopf kommt: Beobachtungen, Gefühle, Höreindrücke, etc.

 Das WellenliedEinleitung: Das Wellenlied ist eine Komposition von Elisabeth Naske (*1963). Die in Luxemburg lebende Österreicherin hat sich mit ihrem Kindermusiktheater international einen Namen gemacht. Ihre Kinderopern, z. B. Die feuerrote Friederike, Die Omama im Apfelbaum oder Die Rote Zora werden, ebenso wie ihre musikalischen Bühnenwerke, z. B. Das kleine Ich bin Ich, Ouroboros oder Die Glücksfee mit viel Erfolg in großen Opernhäusern aufgeführt. Mit dem Komponieren hat Elisabeth Naske begonnen, als sie merkte, dass sie auf ihrem Cello nicht immer nur die Noten anderer spielen wollte: „Komponieren ist das, was ich wirklich tun will!“ Sucht Elisabeth Naske neue Kinderbücher, die ihren Kompositionen als Vorlage dienen können, achtet sie darauf, dass diese in ihrem Kopf „gleich zu klingen anfangen“, denn sie will Kinder nicht nur „sehend“, sondern auch „hörend“ ansprechen: „Musik ist ein hervorragendes Mittel, um Emotionen zu transportieren! In Die Glücksfee [Ein musikalisches Märchen nach dem Buch von Cornelia Funke 2005,CD 2009] versuche ich darüber hinaus, die Sinne – Hören, Tasten, Schmecken, Sehen, Fühlen – auf eine musikalische Ebene zu übertragen. Die Musik macht dazu Welten auf und schafft eine weitere Dimension der Wahrnehmung“. Auch Das Wellenlied ist voller sinnlicher Erfahrungen. Wie in Virginia Woolfs Roman Die Wellen (s.u.) stehen hier die verschiedenen Erscheinungsformen des Wassers für die vielfältigen Verwandlungsprozesse der Menschen. Das Lied ermutigt, Veränderungen wahrzunehmen und willkommen zu heißen.

Lied- und Hörbeispiel: -16 Liedtext Das Wellenlied, -17 Melodiestimme, -18 Originalfassung mit Instrumenten, -19 Aufnahme Kinder/Jugendchor Konservatorium Luxemburg (Ltg.: Sylvie Serra-Jacobs)

Lernziel: Singen als eine Form von Beschäftigung mit Text, Textdeklamation und -deutung, Stimmschulung und Sprecherziehung, Förderung der Kreativität und der musikalischen Ausdrucksfähigkeit, Kennenlernen von Komponistinnen, Informationen, wie eine Komposition entstehen kann, Thematisierung der fünf Sinne

Einstufung: 3.-4. Zyklus

Beschreibung: Die Lehrerin/der Lehrer stellt den Kindern die Komponistin Elisabeth Naske vor. Die Kinder lesen den Liedtext, hören die Aufnahme und singen nun selbst das Lied. Sie erforschen das Lied: Welche Passagen sprechen als Text, welche mittels der Melodie die fünf Sinne an? Welche verschiedenen Erscheinungsformen kann Wasser annehmen (Eis, Dampf, …)? Wie haben sie an sich selbst Veränderungen entdeckt? Welche anderen Bilder können sie für Veränderungen finden (Jahreszeiten, …)? Die Kinder lernen den Begriff „lautmalerisch“ kennen, suchen Beispiele im Liedtext (gluckern, spritzen, …) und ergänzen mit eigenen Wortschöpfungen. Gemeinsam entdecken sie andere Wassergeräusche (Wasserflaschen schütteln, Wasser tropfen lassen und umschütten, einen Rainmaker spielen). Sie hören weitere Beispiele von „Wassermusiken“ (Händel, Chopin – Regentropfenpräludium).

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4. VIRGINIA WOOLF (1882-1941)44SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

4. VIRGINIA WOOLF (1882-1941) 45SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

Diese Unterrichtseinheit lässt sich gut mit Ethel Smyth – Die Strandräuber (KeK 1 Komponistinnen, S. 50-51) kombinieren. Ethel Smyth schöpfte für ihre Oper Die Strandräuber (The Wreckers) wie Woolf aus der Erfahrung einer Cornwallreise. Auch Berthe Morisot malt Wasser, Regen und Wind (KeK 2 Künstlerinnen, S. 48) ist eine gute Ergänzung.

Komplette Version auf CD: traCK 16, 17, 18, 19

Schülerinnen des Konversatoriums Luxemburg bei der Aufnahme der Lieder, rechts im Bild die Dirigentin Sylvie Serra-Jacobs mit Kontrabass

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5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976) 47SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

4. VIRGINIA WOOLF (1882-1941)46SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

 Wellen – Wasser – Wandel

Einleitung: In Virginia Woolfs Roman Die Wellen (1931) dienen die unterschiedlichen Stimmungen am Meer im Tagesverlauf als Sinnbild für die Veränderung der sechs Romanfiguren beim Erwachsenwerden. Wasser spielt eine Hauptrolle bei vielen natürlichen Verwandlungsprozessen, und auch wir Menschen bestehen zu ungefähr 70 % aus Wasser. Ähnlich wie die unterschiedlichen Erscheinungsformen von Wasser werden wir uns im Laufe eines Tages wie eines Lebens immer wieder unterschiedlich fühlen, unterschiedlich wirken und handeln. Die folgenden Unterrichtseinheiten vertiefen das Thema der Verwandlung in der Natur und bei Menschen. Lernziel: Auseinandersetzung mit literarischen Naturmetaphern, Nachdenken über eigene Veränderungs- und Entwicklungsprozesse, Umsetzung in Sprache oder Bild

Virginia Woolfs Wasserbilder

Einleitung, Lernziel: siehe Wellen – Wasser – Veränderungen

Textbeispiel: -14 Wasserzitate von Virginia Woolf Einstufung: 3.-4. Zyklus

Benötigt wird: Wasserfarben, Papier für Collagen

Beschreibung: Nach der Lektüre ausgewählter Wasserzitate assoziieren die Kinder, (eventuell in Kleingruppen – jede Gruppe bearbeitet ein Zitat): Welche Bilder rufen die Zitate bei ihnen hervor? Können sie der Textstelle eine Tages-, Jahreszeit zuordnen? Entdecken sie Veränderungen? Die Kinder malen ihre Eindrücke in Wasserfarben. Zu ihrem Bild schreiben sie eigene kurze Wassertexte. Wenn möglich sollten die Kinder für diese Einheit einen Ausflug an einen Fluss, Teich oder Springbrunnen unternehmen und vor Ort ihre Wahrnehmungen notieren.

Zackarina und der Sandwolf

Einleitung: Die schwedische Journalistin und Schriftstellerin Asa Lind (*1958) teilt mit Virginia Woolf die Begeisterung für das Meer. Lind hat eine wunderbare Kinderbuchheldin geschaffen, ein Mädchen, das Zackarina heißt und mit seinen Eltern am Meer lebt. So oft Zackarina kann, geht sie an den Strand. Denn dort lebt der Sandwolf, ihr außerordentlich kluger Freund, der von Sonnen- und Mondschein lebt und auf fast alle Fragen eine Antwort hat. Auch die hier vorgestellte Geschichte behandelt das Thema der Veränderung und Verwandlung.

Lernziel: siehe Wellen – Wasser - Veränderungen

Textbeispiel: -15 Das Fahrradurlaubsfoto

Einstufung: 1.-3. Zyklus

Beschreibung: Die Lehrerin/der Lehrer liest die Geschichte vor und bespricht mit den Kindern den Text. Die Kinder fantasieren darüber, was sie gerne gewesen wären, bevor sie wurden, was sie sind. Sie erfinden eigene Geschichten dazu, schreiben sie auf und illustrieren sie. Die Jüngeren erfinden gemeinsam eine Geschichte. Zusatzvorschlag: Die Kinder suchen nach Geräuschen und Gesten, die zu ihnen passen. Sie machen dabei „ihre“ Geräusche und Gesten, so dass ein gemeinsames Klangbild entsteht. Sie experimentieren zuerst mit langsamen zarten Bewegungen und gehen dann zu schnelleren, wilderen über. Alternativ können die Kinder nacheinander gemeinsam die Geräusche und Gesten eines Kindes aufgreifen und darstellen.

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5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976) 47SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

4. VIRGINIA WOOLF (1882-1941)46SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

Agatha Christie zu Hause im Winterbrook House, Wallingford, England, 1950

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5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976)48SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976) 49SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

5.1 Beit-Agatha = Agathas Haus (Nimrud, Irak 2. April 1950)

Wie wird wohl die weltberühmte englische Schriftstellerin ihre Krimis schreiben? Vielleicht so: In einem schweren Bürostuhl sitzend, an einem riesigen dunkel lackierten Schreibtisch, neben sich einen Stapel Bücher, ein Tablett mit Tee und Gebäck, vor sich die Schreibmaschine mit sauberem Papier? Tatsächlich hat Agatha Christie lange Jahre überhaupt keinen besonderen Platz zum Arbeiten. Sie schreibt immer dort, wo es sich ergibt, Hauptsache ihre Reiseschreibmaschine und ein stabiler Tisch sind dabei.

So ist es schon Luxus, dass während der Ausgrabungen in Nimrud an das Lehm haus,welches das Team beherbergt, extra ein weiterer Raum angebaut wird. Er ist zirka drei Quadratmeter groß und öffnet sich zu den schnee-bedeckten Bergen Kurdistans. Agatha Christie schreibt: „An der Außenseite der Tür ist ein Kärtchen befestigt, auf dem in Keilschrift BEIT AGATHA (Agathas Haus) zu lesen steht. […] Das also ist ‚mein Haus‘, indem ich die Möglichkeit haben soll, völlig ungestört zu arbeiten und mich ernsthaft dem Geschäft des Schreibens zu widmen.“

Ein „Geschäft“, das sie jedoch unterbricht, sobald sie bei den Ausgrabungs-arbeiten gebraucht wird. Und auch sonst gibt es reichlich Ablenkungen: „Auf dem Dach über mir springen arabische Arbeiter herum; sie sind guter Dinge, unterhalten sich lautstark und verändern emsig den Standort schwankender Leitern. Hunde bellen, Truthähne schlingen schmatzend ihr Futter herunter. Das Pferd des Polizeibeamten rasselt an seiner Kette, Fenster und Tür wollen nicht zubleiben und springen abwechselnd auf. Ich sitze an einem relativ festen Holztisch, auf dem eine fantasievoll bemalte Blechdose steht, wie sie Arabern als Reisetasche dient …“

5. 2 Agatha Christie und die Kriminalliteratur

Die Schriftstellerin Agatha Christie, geborene Agatha Miller, ist nur acht Jahre jünger als ihre Kollegin Virginia Woolf. Auch ihre Kindheit und Jugend sind geprägt von den strengen, viktorianischen Lebensvorstellungen des ausgehenden 19. Jahrhunderts, doch erlebt sie die Zeit fröhlicher und freizügiger als Virginia Woolf. Woran mag das liegen? Zum einen sind die Millers recht wohlhabend. Der Vater, ein amerikanischer Geschäftsmann, hat reich geerbt, und die Familie lebt ein geselliges und auch luxuriöses Leben. Wann immer möglich, verlassen sie England und stecken ihre junge Tochter schon früh mit dem Reisefieber an. Soziale Fragen und politisches Engagement stehen für sie – im Vergleich zu Virginia Woolfs Familie – im Hintergrund. Die familiäre Stimmung ist von Humor, Lebenslust und der Kunst, aus jeder noch so widrigen Situation das Beste zu machen, geprägt.

Das ist die Basis für Agatha Christies aufregendes Leben und ihren großartigen schriftstellerischen Erfolg. Ihr Werk ist – nach der Bibel und nach Shakespeares Büchern – das meist gelesene weltweit. Im Verlauf von sechs Jahrzehnten schreibt sie über sechzig Kriminalromane, unzählige Kurzgeschichten, Theaterstücke,

Die Krimiautorin der Rekorde

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5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976)48SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976) 49SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

Non-Detective-Romane, Gedichte und ihre Autobiographie. Bisher wurden ihre Bücher mehr als zwei Milliarden mal verkauft und weltweit in über 40 Sprachen übersetzt. Viele wurden für das Kino und das Fernsehen bearbeitet, und das bis heute tagtäglich in London aufgeführte Theaterstück Die Mausefalle kam als das meistgespielte Kriminalstück ins Guinness-Buch der Rekorde.

Agatha kommt 1890 als drittes und jüngstes Kind der englisch-amerikanischen Familie Miller auf die Welt. Während die älteren Geschwister, Bruder Monty und Schwester Madge, Internate besuchen, soll Agatha Miller daheim bleiben und gemäß dem Bildungsideal der Mutter erst mit acht Jahren mit dem Lernen beginnen. Doch bei Märchenstunden mit ihrer Kinderfrau, die das Mädchen mit ins Buch schauen lässt, fängt die Fünfjährige wie von allein mit dem Lesen an. Nun unterrichten die Eltern sie doch schon früher als geplant. Das Schreiben macht ihr aufgrund der strengen Regeln wenig Freude, dafür rechnet sie umso lieber. Wie für Mädchen im 19. Jahrhundert üblich lernt Agatha Miller ansonsten nur ein Minimum, dazu zählen Tanz, Gesang und mit großer Leidenschaft das Klavierspielen. Hungrig nach Büchern – wie Virginia Woolf – durchstöbert sie bald schon selbständig die elterliche Bibliothek.

Ohne weitere Kinder im Haus und ohne Schule ist die kleine Agatha Miller viel sich selbst überlassen und manchmal auch einsam. In dieser Zeit entwickelt sie eine Gabe, die ihr später beim Schreiben sehr hilfreich werden soll: Sie erfindet Fantasiespielgefährten. Zunächst sind es „die Kätzchen“, später menschliche Spielkameraden und -kameradinnen. Mit ihnen spricht und spielt sie, als wären sie lebendig. Sie wachsen mit ihr, entwickeln sich und werden später in ihren Kriminalromanen verewigt. Angeregt wird ihr Erfindungsgeist durch die Märchen der Nanny, die witzigen und blutrünstigen Geschichten, die die Schwester für sie auf den seltenen Besuchen erfindet, und durch die Mutter, die selber viel liest und sich immer neue Geschichten ausdenkt.

Agatha Miller ist erst elf Jahre alt, als ihr Vater 1901 an einem Herzleiden stirbt. Die Familie muss nun sparsam leben, und Mutter und Tochter reisen häufig ins günstigere Ausland, mit Vorliebe nach Frankreich. Mit 15 Jahren besucht Agatha in Paris ein französisches Mädchenpensionat, das ihr den Schliff für die Gesellschaft geben soll. Leidenschaftlich für Musik begeistert, erwägt sie zunächst eine Karriere als Konzertpianistin und Sängerin. Doch sie hat schreckliches Lampenfieber und muss ihren Traumberuf aufgeben. Auch später – zu großem Ruhm gekommen – meidet sie nach Möglichkeit die Öffentlichkeit.

Die Mutter bringt sie auf eine neue Idee, und die junge Frau beginnt zu schreiben. Verse, kurze Geschichten und ein erster Roman entstehen. Anfangs betreibt sie die neue Betätigung jedoch nur halbherzig, eher als einen für junge Frauen schicklichen Zeitvertreib: „Es nahm die Stelle von, sagen wir mal, Kissensticken oder Porzellanmalerei ein.“, schreibt sie in ihrer Autobiographie. Gleichzeitig beschäftigt sie die Wahl des richtigen Lebenspartners: Agatha Miller ist nach der Pensionatszeit ein umschwärmter Teenager. Viele junge Männer werben um sie, so auch der Fliegeroberst Captain Archiebald Christie, an den sie schließlich ihr Herz verliert. Als 1914 der erste Weltkrieg ausbricht, heiratet das Paar überstürzt. Zwei Tage später schon zieht der frischgebackene Ehemann in den Krieg.

Wie viele junge Frauen der Zeit, die keinen ordentlichen Beruf erlernen können, die aber entschlossen sind, nicht daheim sitzen zu bleiben, will sich auch Agatha Christie in den Kriegszeiten nützlich machen. Sie meldet sich als freiwillige Krankenpflegerin im örtlichen Lazarett. Nach einer kurzen Lehrzeit hilft sie, Verwundete zu pflegen. Bald schon wechselt sie in die Krankenhausapotheke, wo sie zwei Jahre lang arbeitet und alles Wichtige über die Wirkung von Giften und die Herstellung von Pulvern und Pillen lernt.

Kindheit

Erfinderisch

Ein umschwärmter Teenager mit vielen Begabungen

Vorsicht, Gift!

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5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976)50SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976) 51SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

In dieser Atmosphäre kann beginnen, was schon lange in der Luft liegt. Agatha Christie und ihre Schwester Madge lesen leidenschaftlich gerne Kriminalromane. Als Agatha in einem Gespräch gesteht, dass sie sich gerne an einer Detektivgeschichte versuchen würde, neckt die Schwester sie und fordert sie mit einem „Wetten, du schaffst es nicht.“ heraus. „Auf den Regalen rund um mich standen Gifte,“ wird sie später erzählen „und so war es vielleicht nur natürlich, dass ich einen Giftmord ins Auge fasste …“. Das fehlende Glied in der Kette erscheint 1920, noch in einem sehr kleinen Verlag und ohne für die Autorin viel Geld abzuwerfen. Jedoch der Anfang ist gemacht! Agatha Christies erster Kriminalroman enthält schon die wesentlichen Zutaten ihrer späteren Werke. Mit dem Erstling erfindet sie zudem den weltberühmten Monsieur Poirot. Dieser belgische Kriegsflüchtling, ein Gourmet mit einer Leidenschaft für Zahlen, Symmetrie und Ordnung (Agatha Christie liebt die Mathematik) ist ein pensionierter Kriminalkommissar, der sich nun in England als Detektiv betätigt.

Agatha und Archibald Christie werden kurz nach Kriegsende stolze Eltern, Rosalind kommt 1919 auf die Welt. Es folgt eine glückliche Zeit, mit relativem Wohlstand und sogar einer Weltreise. Mit Alibi (The Murder of Roger Akroyd), einem raffinierten Krimi mit vielen falschen Fährten und einem überraschenden Ende, gelingt Agatha Christie auch finanziell der Durchbruch als Schriftstellerin. Die junge Familie leistet sich das erste Auto.

1928 trennen sich die Christies, und Agatha geht zum ersten Mal allein auf Reisen. Sie fährt jedoch nicht in eine der europäischen Großstädte, wie es sich für eine – dazu alleinstehende – Frau ziemen würde, sondern gleich viel weiter in den Osten, bis in den heutigen Irak. Dort besucht sie Bagdad und Ur und vor allem die dortigen Ausgrabungen, die die Entstehung einer der frühsten menschlichen Hochkulturen untersuchen. Die Reise begründet eine Leidenschaft, die Agatha Christie ihr Leben lang begleiten wird. Sie fährt begeistert mit der legendären Eisenbahnlinie, dem Orient-Express, und beginnt, sich für frühe historische Kulturen und ihre Hinterlassenschaften zu begeistern. Schon im folgenden Jahr reist sie erneut in den Orient und lernt dort den jungen Archäologen Max Mallowen kennen und lieben. 1930 heiraten die beiden.

Von nun an ist die Archäologie neben dem Schreiben Agatha Christies zweites Arbeitsfeld. Dabei beschränkt sich die Schriftstellerin nicht auf die Rolle der mitreisenden Ehefrau. Sie ist Teil des Ausgrabungsteams, fotografiert die Funde und Fundstellen, entwickelt die Fotos und hilft beim Beschriften, Reinigen und Restaurieren der geborgenen Objekte (Gefäße, Werkzeuge, …). Als Ende der Dreißiger Jahre Farbfilm auch für den privaten Gebrauch auf den Markt kommt, filmt sie die Grabungen und das Alltagsleben in ihrem Umfeld.

Außerdem unterstützt sie mit ihrem Einkommen als Schriftstellerin die Ausgrabungen finanziell. Sie recherchiert für ihre Romane und lernt viel über Geschichte, Geografie und das Zusammenleben verschiedener Kulturen. Züge, Schiffe, Hotels sowie typische Reisesituationen spielen eine bedeutende Rolle in vielen ihrer Krimis.

So auch in den Krimis, in denen Agatha Christie Miss Marple ermitteln lässt. Mit dem Roman Mord im Pfarrhaus (The Murder at the Vicarage) taucht 1930 diese neue Detektiv-Figur auf, eine ältere unverheiratete Dame, die im verträumten und an Verbrechen reichen britischen Dorf St. Mary Mead lebt. Neben Hercule Poirot wird sie zur berühmtesten von Agatha Christies Figuren. Miss Marple ist eine furchtlose und energische Frau mit tadellosem Lebenslauf. Sie verfügt über eine erstaunliche Beobachtungsgabe, die sie bei der Gartenarbeit oder bei Teeparties mit ihren Freundinnen trainiert. Was manche abfällig als Klatsch und Tratsch bezeichnen, für Miss Marple sind es Informationen, und während manche von

Agatha Christie und der Orient

Miss Marple

Tod auf dem Nil.Filmszene mit (v.l.n.r.) David Niven, Peter Ustinov als Hercule Poirot und Bette Davis (1977).

Agatha Christie mit ihrer Tochter Rosalind, 1929

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5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976)50SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976) 51SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

Bespitzeln und Neugier reden, weiß Miss Marple, dass sie ihren feinen Spürsinn nutzt und in den Dienst der Allgemeinheit stellt. Die Verbrechen, in die sie meist zufällig verwickelt wird, löst sie mit Lebenserfahrung und Logik vor den staunenden Augen der Dorfgemeinschaft und der häufig dumm dastehenden Polizei. Dabei ist ihr argloses Aussehen den Ermittlungen sehr nützlich. Ganz anders als die spätere kräftige Filmfigur von Miss Marple, dargestellt von Margaret Rutherford, ist die Romanfigur von zierlicher Statur. Das weiße Haar, die blauen Augen täuschen die Täter und verführen sie zum Ausplaudern ihrer Geheimnisse. Und auch wenn es handgreiflich wird, weiß Miss Marple sich zu helfen, denn sie verfügt, wie jeder ordentliche Gentleman-Detective, über Kenntnisse in Fechten, Reiten und Schießen.

5.3 Kriminalromane – der weibliche Faden

Agatha Christie kann mit ihren Werken und Figuren an eine lange – und auch weibliche – Tradition anknüpfen. In der Literaturgeschichte spielen Verbrechen schon immer eine wichtige Rolle. Im 18. Jahrhundert werden Gerichtsgeschichten, Schauer- und Mysterienromane beliebt, dann um die Mitte des 19. Jahrhunderts entsteht der klassische Detektiv- und Kriminalroman.

Frauen haben das Krimigenre von Anfang an mitgeprägt, haben sich mit dem Thema der Gewalt auseinandergesetzt und naturwissenschaftliches und juristisches Wissen erworben. Zwei Beispiele: Die amerikanische Bestsellerautorin Anna Katherine Green (1846-1935) gewinnt als Tochter eines Strafverteidigers Einblick in die Kriminalistik. In ihren vierzig Krimis finden sich grundlegende Elemente des Genres, ein fester Kreis von Verdächtigen, ein würdevoller Butler, verdächtige Testamentseröffnungen, usw. Mit der Figur der Miss Amalia Butterworth, einer älteren Dame aus der Oberschicht, die der Polizei bei einigen Ermittlungen hilft, hat Green eine Vorfahrin von Miss Marple geschaffen. Dorothy Sayers (1893-1957) ist eine Zeitgenossin von Agatha Christie. Die auch als Essayistin und Übersetzerin berühmt gewordene britische Krimiautorin hat mit Lord Peter Wimsey den Prototyp des aristokratischen Detektivs geschaffen, der in einigen seiner Fälle von der emanzipierten Krimischriftstellerin Harriet Vane unterstützt wird.

In Agatha Christies Nachfolge wird weltweit Spannung aus Frauenhand verfasst. Nicht selten sind heute die Lebensbedingungen von Frauen (ihre besonderen Gewalterfahrungen) und die unterschiedlichen Geschlechterrollen ein wichtiger Inhalt, der kriminalistisch bearbeitet wird. Für fachlichen Austausch und das gebührende Gewicht in der Öffentlichkeit vernetzen die Sisters in Crime Krimischriftstellerinnen in den USA, Kanada und Australien, in Deutschland heißt die Vereinigung Mörderische Schwestern.

Auch Agatha Christie ist Mitbegründerin eines Zusammenschlusses von Krimischreibenden, dem Detection Club (1928), und außerdem dessen langjährige Vorsitzende (1957 bis 1976). Mit den 1920er Jahren bricht das Golden Age, die Blütezeit der Kriminalliteratur, an. Im Mittelpunkt der Fälle steht die Frage „Wer war‘s?“ (verkürzt engl. „Whodunit“ ). Das „Warum“ der Tat wird erst später in den psychologischen Krimis, z. B. der berühmten Amerikanerin Patricia Highsmith (1921-1995), zum Hauptthema werden. Um den hohen Anspruch an die Kriminalliteratur zu wahren, stellt der Detection Club 1929 Zehn Regeln für einen fairen Kriminalroman auf (verfasst von Ronald Knox). Die wichtigste ist Regel Nr. 8:

Sisters in Crime – Mörderische Schwestern

Whodunit – Wer war‘s?

Dorothy Sayers, um 1935

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5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976)52SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976) 53SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

„Alle Spuren, auf die der Detektiv stößt, müssen dem Leser unverzüglich vor Augen geführt werden.“ Damit soll gewährleistet werden, dass die Lesenden in der Lage sind, parallel mitzutüfteln und genauso wie die Detektive den Fall aufzulösen. Als unfair gelten dagegen alle unnatürlichen Figuren (Gespenster, Mumien, …), zu unrealistische Konstruktionen (mehr als eine Geheimkammer, Doppelgänger oder sehr exotische Gifte) und ein Übermaß an Zufall.

Diese Regeln befolgt Agatha Christie mit großen Freiräumen. Ebenso wichtig wie die Fairness ist es ihr, die Lesenden zu überraschen und auf falsche Fährten zu locken. Stilistisch konzentriert sie sich auf das Wesentliche, sie vermeidet psychologische Hintergründe und detaillierte Charakterdarstellungen, um nicht von der Krimihandlung abzulenken. Lebendig werden die Texte durch die zahlreichen Dialoge, die Unmittelbarkeit herstellen.

Neben dem Spaß am Schreiben, der Begeisterung, wenn ihre Fantasiefiguren lebendig werden, freut sich die Autorin über den finanziellen Erfolg ihrer Arbeit. So erzählt sie: „Wenn ich mich entschloss, eine Erzählung zu schreiben, wusste ich, sie würde mir 60 Pfund einbringen […]: Wenn ich den Wunsch hatte, z. B. den Wintergarten in eine Loggia umbauen zu lassen, ließ ich mir einen Kostenvoranschlag machen, ging zur Schreibmaschine und in einer Woche hatte ich die Handlung im Kopf. Dann schrieb ich sie nieder und hatte meine Loggia.“

Der Schreibleidenschaft kommt Agatha Christie bis ins hohe Alter nach, sie wird 86 Jahre alt. Patricia Highsmith, 1977.

1952 läuft das Theaterstück Die Mausefalle an, das bis zum heutigen Tag ununterbrochen gespielt wird.

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5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976)52SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976) 53SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

5.4 Schreiben wie Agatha Christie

 Wir entdecken die Schriftstellerin Agatha Christie

Einleitung: Wer ist Agatha Christie? Wie lebt und wie arbeitet sie? Wie wurde sie zur Schriftstellerin? (siehe S. 47-52)

Lernziel: Historisch-biografische Spurensuche als Einführung ins Thema, Auseinandersetzung mit dem Thema Kriminalliteratur

Textbeispiel: -20 Agatha Christie stellt sich vor

Agatha Christie stellt sich vor

Einleitung, Lernziel, Textbeispiel: siehe Wir entdecken die Schriftstellerin Agatha Christie

Bildbeispiel: Porträt Agatha Christie (Seite 47)

Einstufung: 2.-4. Zyklus

Benötigt wird: großformatiger Karton, Klebstoff, farbiges Papier; Sitzkreis

Beschreibung: In die Mitte des Kartons wird das Porträtbild von Agatha Christie geklebt. Anschließend erzählt die Lehrerin/der Lehrer aus dem Leben der Schriftstellerin (Kindheit, Schriftstellerei, Apothekerin, Reisen, …). Kinder ab dem 3. Zyklus lesen ergänzend Agatha Christie stellt sich vor. Für jeden neuen Aspekt wird, mit einem Verbindungsstrich, ein farbiger Zettel neben das Porträt geklebt: Dieser ist entweder beschriftet oder bei jüngeren Kindern bemalt.

Wo Agatha Christie schreibt

Einleitung, Lernziel, Textbeispiel: siehe Wir entdecken die Schriftstellerin Agatha Christie

Einstufung: 2.-4. Zyklus

Benötigt wird: Malutensilien, respektive Zeitschriften und Klebstoff zur Erstellung von Collagen

Beschreibung: Ausgehend von der Biografie und dem einleitenden Input (5.1. Agathas Haus, S. 48) fantasieren die Kinder zunächst darüber, unter welchen Bedingungen und an welchen Orten Agatha Christie geschrieben hat. Gibt es Orte, die die Fantasie besonders anregen, die besonders gruselig oder für ein Verbrechen geeignet sind? Die Kinder malen ihre Ideen.

Agatha Christie, 1920

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5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976)54SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976) 55SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

 Auf Spurensuche mit Agatha Christie – Was ist ein Krimi?

Einleitung: Kriminalliteratur weist typische Merkmale und Begrifflichkeiten auf, und auch die Ermittlungen in einem Fall folgen bestimmten Mustern. Die folgenden drei Unterrichtsideen führen spielerisch ins Thema ein. Lernziel: Die Kinder entdecken die Stilmittel und Vokabeln, die für das Krimigenre typisch sind, um diese später selber anzuwenden.

Den Knoten lösen

Einleitung, Lernziel: siehe Auf Spurensuche mit Agatha Christie

Einstufung: 2.-4. Zykus

Beschreibung: Das bekannte Gruppenspiel Der gordische Knoten zeigt, worum es beim Lösen eines Falles geht: Die Mitspielenden stellen sich vor, ein Beweisstück oder eine wichtige Figur in einem Krimi zu sein. Sie bilden einen Kreis und strecken ihre Hände in die Mitte. Dann greift jede/jeder nach zwei Händen, jedoch nicht nach denen der unmittelbaren Nachbarn und nicht mit beiden Händen nur die Hände eines einzigen Kindes. (Mutige können dabei die Augen schließen). Wenn jede Hand eine andere gefunden hat, besteht die Aufgabe der Gruppe darin, den entstandenen Knoten zu entwirren, ohne die Hände dabei wieder los zulassen, bis zum Schluss alle einen Kreis bilden. Beim Entwirren sollten alle achtsam miteinander umgehen, damit die Beweisstücke nicht durcheinander gebracht werden. Am Ende ist, wie bei einem gelösten Fall, sichtbar, wie alle Details des Krimis zusammenhängen. Alternativ kann ein Kind Detektivin/Detektiv sein, und der Gruppe Anweisungen beim Entwirren geben.

Das Krimirätsel

Einleitung, Lernziel: siehe Auf Spurensuche mit Agatha Christie

Einstufung: 2.-4. Zyklus

Textbeispiel: -21 Rätsel: Auf Spurensuche mit Agatha Christie, -22 Lösung: Auf Spurensuche mit Agatha Christie

Beschreibung: Mit dem Kreuzworträtsel vertiefen die Kinder ihr Krimivokabular.

Agatha Christie mit ihrem berühmten Klappregenschirm auf der Akropolis am 31. August 1958

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5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976)54SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976) 55SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

Archäologie und Kriminalistik

Einleitung, Lernziel: siehe Auf Spurensuche mit Agatha Christie

Bildbeispiel: Archäologische Ausgrabungsfotos (unten)

Einstufung: 3.-4. Zyklus

Beschreibung: Die Kinder betrachten die Fotos und sammeln ihr Wissen über Ausgrabungen, die Tätigkeiten von Archäologen/Archäologinnen, das Bergen von Fundstücken, Arbeitsweisen wie Graben, Arbeiten mit feinen Werkzeugen, Pinseln, Zeichnung, Fotografie, das Verpacken und die Präsentation der Schätze in Ausstellungen, das Nachstellen (Rekonstruktion) von Vergangenheit (eventuell Besuch eines historischen Museums). Dann vergleichen sie die Ausgrabungsarbeiten mit den Arbeiten an einem Krimitatort. Die Kinder erstellen eine Tabelle oder eine Grafik mit den Vergleichen (eine Seite Archäologie/die andere Kriminologie). Wahrscheinlich können sie sich jetzt vorstellen, warum Agatha Christie so sehr von der Archäologie begeistert war.

Agatha Christie mit ihrem Mann Max Mallowan bei einer Ausgrabung in Nimrud, Irak 1956

Agatha Christie fotografiert die keramischen Funde in Nimrud, Irak

Max Mallowan und Agatha Christie brechen am 16. Januar 1933 von ihrem Zuhause in London auf, zur Ausgrabung in Irak

Ausgrabung von Max Mallowan in Nimrud, Irak 5. Juli 1957

Keramik, ausgegraben 1935

Expeditionshaus in Uruk 1933/34

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5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976)56SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976) 57SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

 Lied: Oh, Miss Marple

Einleitung: Die Komponistin von Oh Miss Marple heißt Sascha Ley (1967). Sie lebt in Luxemburg und arbeitet als Jazzsängerin und Schauspielerin. Was das Komponieren, mit dem sie Anfang 1990 begonnen hat, ihr bedeutet, erklärt sie selbst: „Durch das Komponieren kann ich meine kleinen Erzählungen, Gedanken und Gefühle ohne Worte und doch unmittelbar festhalten und an andere weitergeben.“ In ihren Arbeiten, z. B. den Alben Travelling Light (2007) und Kalima (2009), vereint sie Jazz, freie Improvisation, imaginäre Folklore, Chanson und zeitgenössische Musik. Sascha Leys Instrumente sind das Klavier, das sie vor allem beim Üben und beim Komponieren nutzt, und die eigene Stimme: „Das Klavier ist wunderbar vielseitig und gibt mir die Möglichkeit, meine Ideen umzusetzen und mich – wenn ich schreibe oder übe – zu begleiten. An der Stimme gefällt mir besonders, dass ich sie immer bei mir habe und sie neben ihrem Einsatz als Musikinstrument auch sprachlich verwenden kann, ein mehrdimensionales Instrument also, noch dazu immer sehr persönlich und schön pflegeleicht.“ Die britische Kommissarin ist für Sascha Ley eine vertraute Figur: „Mit Miss Marple hatte ich sofort die englischen Krimis vor Augen, die sehr populär waren, als ich Kind war. Um die Spannung und den Humor des Textes sowie das Bild der gelassenen Miss Marple umzusetzen, habe ich versucht, verschiedene musikalische Stilrichtungen dieser Zeit – etwa von englischem Beatles-artigem Pop bis zum coolen Jazz – einfließen zu lassen. […] Aufgeschrieben habe ich es für Gesang und Klavier mit einer Basslinie, die die Tempi und verschiedenen Stimmungen vorgibt und grundsätzlich auch schon von einem typischen Pop/Jazzquartett (Gesang, Bass, Schlagzeug, Klavier oder/und Gitarre) interpretiert werden kann.“

Lied- und Hörbeispiel: -26 Liedtext: Oh, Miss Marple, -27 Melodiestimme, -28 Originalfassung mit Instrumenten, -29 Aufnahme Kinder/Jugendchor Konservatorium Luxemburg (Ltg.: Sylvie Serra-Jacobs)

Lernziel: Singen als eine Form von Beschäftigung mit Text, Textdeklamation und -deutung, Stimmschulung und Sprecherziehung, Begleitung durch Bewegung, Förderung der Kreativität und der musikalischen Ausdrucksfähigkeit, Kennenlernen von Komponistinnen, Informationen, wie eine Komposition entstehen kann.

Einstufung: 3.- 4. Zyklus

Beschreibung: Die Lehrerin/der Lehrer stellt den Kindern die Komponistin Sascha Ley vor und erklärt, wie das Lied entstanden ist. Die Kinder lesen den Liedtext, hören die Aufnahme und singen nun selber das Lied. Sie diskutieren: Passt die Melodie zu einem Krimi? Wo finden sie Spannung, wo Humor in der Komposition? Die Kinder können sich von den szenischen Anregungen im Text zu eigenen Interpretationen anstiften lassen: Singen mit verteilten Rollen, pantomimische Begleitung des Liedes …

Sascha Ley

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5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976)56SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976) 57SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

Komplette Version auf CD: traCK 26, 27, 28, 29

Kinder- und Jugenchor Konservatorium Luxemburg

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5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976)58SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976) 59SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

Einleitung: Der Lektüretext stellt einen Miss Marple-Klassiker vor, verfasst 1957. Die Lektüre des Textes wird ergänzt durch einen Vergleich mit dem Spielfilm von 1961 (in der Leihbibliothek des Cid-femmes erhältlich). Dieser weicht in der Handlung und Darstellung der Hauptpersonen erheblich von der Romanvorlage ab. Die Auszüge sind so gewählt, dass ein Vergleich leicht möglich ist. (Für Schulklassen, die lieber einen Krimi ohne Mord lesen wollen, ist der Krimiauszug von Gesine Schulz vorgesehen, s. u.)

Lernziel: Lektüre von Originaltexten; Vergleich von Romanvorlage und Filmversion

Textbeispiel: -23 16 Uhr 50 ab Paddington (Auszüge)

Bildbeispiel: Joan Hickson und Margaret Rutherford als Miss Marple

Einstufung: 4. Zyklus

Beschreibung: Die Kinder lesen und diskutieren die Textauszüge: Wie beschreibt Agatha Christie ihre Figuren? Wie baut sie Spannung auf? Welche kriminalistischen Methoden verwenden Miss Marple und ihre Gehilfin Lucy Eyelesborrow? Anschließend sehen die Kinder gemeinsam den Film und erfahren dabei auch die Lösung des Krimis. Sie vergleichen die Filmfassung mit der Romanvorlage. (Übrigens: Obwohl das Publikum die schrullige und humorvolle Darstellung von Miss Marple durch Margaret Rutherford liebt, bevorzugte Agatha Christie Darstellerinnen, die ihrer Roman-Miss Marple ähnlicher waren, wie z. B. die hagere und dezente Joan Hickson.)

16 Uhr 50 PaddingtonDie schrullige Miss Marple gespielt von Margaret Rutherford. Ihr Ehemann Stringer Davis übernahm die Rolle des Bibliothekars Mr. Stringer, eine Figur, die in Agatha Christies Büchern nicht vorkommt.

Joan Hickson als Miss Marple in späteren BBC-Verfilmungen

 Agatha Christie lesen und sehen: 16 Uhr 50 ab Paddington

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5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976)58SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976) 59SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

 Gesine Schulz lesen: Fernando ist futsch

Einleitung: Die gelernte Bibliothekarin Gesine Schulz hat schon viele Berufe ausgeübt, darunter Früh stücksköchin in einem Hotel und Schmuckverkäuferin. Mit Agatha Christie teilt sie nicht nur die Reiseleidenschaft, sie ist wie diese begeisterte Krimiautorin. Seit 2003 lässt Gesine Schulz in ihren Büchern die junge Privatdetektivin Billie Pinkernell ermitteln – mittlerweile schon in sieben Erzählbänden. Auch eine erwachsene Ermittlerin entstammt ihrer Feder, die Privatdetektivin und Putzfrau Karo Rutkowsky. Die vorliegenden Auszüge aus dem ersten Band mit Billie Pinkernell bieten eine gewaltfreie und kindgerecht geschriebene Alternative zu Agatha Christies Text.

Textbeispiel: -24 Fernando ist futsch (von Gesine Schulz, Auszüge)

Einstufung: 2.-3. Zyklus

Benötigt wird: Malutensilien, Pappe

Beschreibung: Die Kinder lesen und diskutieren den Text in Abschnitten. Erster Abschnitt: Die Kinder malen sich ihre eigenen Detektivbüros aus … Was brauchen sie? Ist es ein Dachboden, Keller, eine Waldhütte …? Sie entwerfen eine Anzeige oder ein Schild, mit dem sie für ihr Büro werben. Zweiter Abschnitt: Welche Fakten hat Billie ermitteln können? Hat sie alle wichtigen Fragen gestellt? Die Kinder überlegen, was in einen Detektivkoffer gehört. Dritter Abschnitt: Die Kinder reden darüber, was Zeugen sind. Waren sie selbst schon einmal Zeuge? Es gibt Augen- und Ohrenzeugen, welche weiteren Zeugen fallen ihnen ein?

 Eine Krimiszene schreiben wie Agatha Christie

Einleitung: Ein Krimi braucht einen guten Aufbau und glaubwürdige Charaktere. Mit den ersten drei Unterrichtsideen üben die Kinder Figuren zu entwickeln, falsche Spuren zu legen und einen Plot zu entwickeln. Dabei lassen sie sich von der kreativen Arbeitsweise Agatha Christies anregen. Schließlich schreiben sie eine eigene Krimiszene.

Lernziel: Kennenlernen und Anwendung literarischer Techniken wie Personenbeschreibung und Spannungsaufbau.

Einstufung: 3.-4. Zyklus

Figuren entwickeln wie Agatha Christie

Einleitung, Lernziel, Einstufung: siehe Eine Krimiszene schreiben wie Agatha Christie

Textbeispiel: -25 Auskünfte der Kriminalautorin über ihr Schreiben

Beschreibung: Gemeinsam lesen die Kinder die Textbeispiele. Dann werden sie gebeten, wie Agatha Christie, einen Tag lang aufmerksam ihre Umgebung zu beobachten und eine Person auszuwählen, die ihnen aufgefallen

Gesine Schulz mit ihrer irischen Katze Orla

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5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976)60SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

ist (Busfahrgast, VerkäuferIn, BriefträgerIn, Passanten von der Straße, eine Person, die im Café sitzt …). Für diese Person schreiben sie zehn Merkmale auf (z. B. Aussehen, Gangart, Gesten …) und überlegen, was sie im Alltag beschäftigt. Im Unterricht stellen die Kinder gegenseitig ihre Figuren vor und überlegen, welche Krimirolle für sie passen würde (Nebenfigur, Hauptfigur, Täter/in, Ermittler/in, Opfer).

Wenn ich DetektivIn wäre …

Einleitung, Lernziel, Einstufung: siehe Eine Krimiszene schreiben wie Agatha Christie

Beschreibung: Im Sitzkreis spielen die Kinder reihum oder durch Zuwerfen eines Pfandes. Das erste Kind beginnt: „Wenn ich DetektivIn wäre, hieße ich …“. Danach beschreibt es kurz seine Detektivperson (Alter, Aussehen, etc.). Das nächste Kind ergänzt nun, zur ersten Aussage passend: „Mein Detektivbüro wäre ein … (Baumhaus, Wohnwagen, …)“, dann „Mein Fall dreht sich um … (Diebstahl, Betrug, Sachbeschädigung, Spionage …), „Die Opfer sind …“, „Die Spuren/Fundstücke sind …“, „Die Täter sind …“, „Die Belohnung ist …“. Die Kinder probieren möglichst viele Varianten aus. Je nach Stimmung können daraus kleine Geschichten entstehen.

Wer war‘s? – Who‘s done it? – Die Kunst, falsche Fährten zu legen

Einleitung, Lernziel, Einstufung: siehe Eine Krimiszene schreiben wie Agatha Christie

Beschreibung: In ihrer Autobiografie schreibt Christie: „Der ganze Witz eines guten Kriminalromans besteht darin, dass einer offensichtlich der Mörder sein muss, es aber ebenso offensichtlich aus irgendeinem Grund nicht sein kann.“ In einem guten Krimi stoßen die Lesenden also auf viele mögliche Fährten und können mehrere Personen der Tat verdächtigen. Im Sitzkreis beschreibt das erste Kind einen Fall (z. B. der Briefkasten ist aufgebrochen worden, die einzelnen Briefsendungen liegen verstreut am Boden und werden vom Wind fortgeblasen). Die anderen Kinder legen Spuren: Sie beschreiben verschiedene Tatverdächtige und Tatmotive. Dann geht es von vorne los. (Als Anregung können zu Krimis passende Gegenstände in die Kreismitte gelegt werden.)

Die Kinderdetektivbande ermittelt – Schreiben einer Krimiszene

Einleitung, Lernziel, Einstufung: siehe Eine Krimiszene schreiben wie Agatha Christie

Beschreibung: In Kleingruppen entscheiden die Kinder zunächst, welche Art von Krimiszene (Diebstahl, Betrug, Sachbeschädigung, Spionage …) sie schreiben möchten. Sie geben ihren DetektivInnen einen Namen und bestimmen die Antworten auf die W-Fragen (Wer, was, wann, wo, womit und weshalb?). Um die Szene lebendig zu gestalten, sollten sie versuchen, auf ihre Figuren aus der Unterrichtseinheit „Figuren entwickeln“ zurückzugreifen und auch falsche Spuren zu legen. Dann schreiben sie gemeinsam eine Szene: z. B. „Die Tat wird entdeckt“, „Aufregende Spurensuche“, „Das Alibi“. (Falls die Fantasie einen Anschub braucht, können Schauplätze in Anlehnung an Agatha Christie vorgegeben werden: ein Ausgrabungsort, ein Zug, ein Schiff, ein Hotel, der Nachbargarten, die Bibliothek, …)

Weitere Anregungen: Die Kinder entwickeln eigene Geheimschriften. Tipps gibt es z. B. im Internet: www.blinde-kuh.de/geheim/

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5. AGATHA CHRISTIE (1890-1976)60SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

SCHRIFTSTELLERINNEN IM 20. UND 21. JAHRHUNDERT

Lara,Pippi hebt ihr Pferd

(Unterrichtseinheit Astrid Lindgren, S. 74ff.)

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6. SCHRIFTSTELLERINNEN IM 20. UND 21. JAHRHUNDERT62SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

6. SCHRIFTSTELLERINNEN IM 20. UND 21. JAHRHUNDERT 63SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

Anfang des 20. Jahrhunderts waren die Geschlechterrollen in Bewegung geraten: Die erste Frauenbewegung hatte in vielen europäischen Ländern erfolgreich das Wahlrecht für Frauen erkämpft, und ihre Forderung nach gleichen Bildungschancen für Mädchen und Jungen zeigte erste Früchte. Die Zahl der weiterführenden Mädchenschulen stieg an, und nach und nach öffneten die Universitäten ihre Tore auch für weibliche Studentinnen.

Im Zweiten Weltkrieg hatten Frauen – wie schon im Ersten Weltkrieg – viele Tätigkeitsbereiche von Männern, die nun Soldaten waren, übernommen: Sie bewirtschafteten Bauernhöfe, gingen als Arbeiterinnen oder Unternehmerinnen in die Industrie und verdienten ihr Geld im Kulturbetrieb, z. B. als Journalistinnen oder Verlegerinnen. In einigen Ländern, wie in den USA, den UdSSR und in Großbritannien, wurden Frauen Soldatinnen. Viele arbeiteten in den Militärverwaltungen, andere beteiligten sich am Widerstand gegen den Nationalsozialismus im Untergrund.

Die Nachkriegszeit wird von vielen als gesellschaftlicher Rückschritt erlebt. Weder werden die erneuernden Ideen der Vorkriegszeit aufgenommen, noch kommt es zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den Kriegszeiten, alles soll nach Frieden aussehen. Dafür zahlen Frauen einen hohen Preis. Nach dem Krieg fordern Soldaten „ihre“ Arbeitsplätze zurück. Plötzlich soll die gerade noch von Frauen geleistete Arbeit wieder Männerarbeit sein. Hausfrauen und Mütter werden zum Weiblichkeitsideal stilisiert und in den Medien sieht man sie vor Freude strahlen – über Perlonstrumpfhosen, Staubsauger und Waschmaschine.

Dennoch steigt die Berufstätigkeit von Frauen an. Die meisten jedoch landen in schlecht bezahlten und gesellschaftlich wenig anerkannten Arbeitsbereichen. Sie werden Arbeiterinnen in den Fabriken und Kantinen, Krankenschwestern, Erzieherinnen, Sekretärinnen und Reinigungskräfte. Die große Zahl der Allein erziehenden (viele Männer waren im Krieg gefallen), die nun für das Familieneinkommen aufkommen müssen, hat es besonders schwer. Junge Frauen werden kaum ermutigt, einen qualifizierten Beruf zu erlernen oder studieren zu gehen. Sie sollen heiraten. Die Chance, Erwerbs- und Erziehungsarbeit gerecht unter Männern und Frauen aufzuteilen, scheint zunächst für viele Jahre verpasst. Astrid Lindgren, die selbst mehrere Jahre als schlecht bezahlte Sekretärin arbeitete, karikiert die gutbürgerliche Hausfrau in mehreren ihrer Bücher, besonders witzig aber in Pippi Langstrumpf.

Dass es auch anders geht, zeigen die Entwicklungen in osteuropäischen Ländern. Dort wird nach dem Krieg die Berufstätigkeit und auch das Studium von Frauen gezielt gefördert. Für Kinder gibt es bald schon ein breites Netz an Kinderbetreuung, so dass Eltern ihre Arbeit nicht aufgeben müssen. Am „Feierabend“ sind es jedoch auch hier, wie viele Schriftstellerinnen berichten, die Frauen, die die Hausarbeit und Erziehung erledigen und die oft noch spät am Abend nicht zur Ruhe kommen.

Bald machen Frauen in der Öffentlichkeit für ihre Anliegen Politik. Dafür nutzen sie die Protestformen, mit denen schon in den 1950er Jahren die afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung für ihre Rechte demonstriert hatte (s. Kapitel Toni Morrison, S. 82-92), und die dann von der Studentenbewegung in den Sechzigerjahren aufgegriffen wurden. Bald schon gibt es weltweit Frauenbewegungen. Zentral ist der Kampf um die rechtliche und soziale Gleichstellung, dazu gehören die freie Berufswahl, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, das Recht, sich selbst vor Gericht zu vertreten, das gemeinsame Sorgerecht, eine eigenständige Sozialversicherung und die freie Familienplanung. Frauen fordern Kinderbetreuungseinrichtungen,

Aufbruch

Heim an den Herd! Hausfrauen und Mütter

Nicht überall

Vom Herd auf die Straße – Protest!

6.1 Frauenleben im 20. Jahrhundert

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6. SCHRIFTSTELLERINNEN IM 20. UND 21. JAHRHUNDERT62SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

6. SCHRIFTSTELLERINNEN IM 20. UND 21. JAHRHUNDERT 63SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

kritisieren die unterschiedlichen Rollen für Mädchen und Jungen, Frauen und Männer, wie sie in vielen Familien, in der Schule und den Medien vermittelt werden, und sie bringen das Thema Gewalt gegen Frauen an die Öffentlichkeit. In der Folge werden viele Gesetze neu geschrieben und korrigiert, so dass man in Luxemburg seit 1978 von einer rechtlichen Gleichstellung reden kann. Soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten bestehen bis heute: Noch immer ist die Erziehungsarbeit nicht gerecht verteilt und noch immer verdienen Frauen im Schnitt schlechter als ihre männlichen Kollegen. Für gleiche Aufstiegschancen und eine Erweiterung des Berufswahlspektrums beider Geschlechter engagieren sich Kampagnen wie der Girls' Day – Boys' Day (www.girlsandboy-day.lu).

6.2 Schriftstellerinnen in der Nachkriegszeit

Noch im Zweiten Weltkrieg wird derselbe zum vorherrschenden Thema der Literatur in Europa und, durch die weltweiten Fluchtbewegungen, auch in vielen anderen Ländern. Viele Frauen verfassen bedeutende Werke über den Krieg: Irène Némirovsky (1903-1942), eine in Frankreich lebende Jüdin, schildert in dem Roman Suite Française die Besatzungszeit. Das Buch, das heute als Meisterwerk gilt, kann von der Autorin jedoch nicht fertiggestellt werden. Némirovsky stirbt im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Noch im Krieg entsteht auch Das siebte Kreuz (1942) der damals im mexikanischen Exil lebenden deutschen Autorin Anna Seghers (1900-1983). Für Schriftstellerinnen wie die Österreicherinnen Ingeborg Bachmann (1926-1973) oder Ilse Aichinger (*1921) wird die Auseinandersetzung mit Krieg und Gewalt zu einem Hauptthema ihres Schaffens. Beide werden schon früh Mitglieder der Gruppe 47, einem fortschrittlichen Zusammenschluss kritischer Literatinnen und Literaten der Nachkriegszeit.

1949 veröffentlicht die französische Schriftstellerin und Philosophin Simone de Beauvoir (1908-1986) Das andere Geschlecht. Auf mehr als 1000 Seiten stellt die Autorin die geschichtliche und gesellschaftliche Situation von Frauen dar. Erst seit 1944 haben Frauen in Frankreich das Wahlrecht und noch bei Erscheinen des Buches dürfen sie ohne Zustimmung des Ehemannes kein eigenes Bankkonto eröffnen. Beauvoirs Schilderungen der einengenden Frauenrolle ruft heiße Diskussionen hervor. Der Vatikan verbietet das Buch sogar. Für die Frauenbewegung jedoch wird es zu einem Meilenstein.

„Warum kann ich nicht verschiedene Leben anprobieren wie Kleider, um zu sehen, was mir am besten steht und zu mir passt?“ schreibt die Amerikanerin Sylvia Plath (1932-1963) in ihr Tagebuch. In dem Roman Die Glasglocke (1963) schildert sie eine junge Frau, die diese Wahl nicht hat, und daran scheitert, sich in das konservative Weiblichkeitsideal der 1950er Jahre zu fügen. Fast zeitgleich verfasst die britische Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin Doris Lessing (*1919) Das Goldene Notizbuch (1962). Darin zeigt sie zwei ungebundene, politisch engagierte Freundinnen, die sich mit der Welt, vor allem aber mit ihrer eigenen Rolle als Frauen auseinandersetzen. Diese Bücher zeigen beispielhaft die Entwicklung, die sich seit den 1960er Jahren in der Frauenliteratur abzeichnet. Parallel zum Wirken der Frauenbewegung wächst die Zahl der Werke rasant, die die Rolle von Frauen in der Gesellschaft reflektieren. Einzelne Verlage richten Frauenreihen ein, so der Fischer Verlag, der 1975 mit Alice Schwarzers viel diskutiertem Werk Der kleine Unterschied, einem Grundlagenwerk der neuen Frauenbewegung,

Der Zweite Weltkrieg

Die Rolle der Frau beschreiben und neuschreiben

Anna Seghers während ihrer Präsidentschaft des 8. Schriftsteller-kongresses der DDR 1973

Simone de Beauvoir schrieb gerne auf dem Balkon ihrer Wohnung in Paris, 1945. Foto: Denise Bellon

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6. SCHRIFTSTELLERINNEN IM 20. UND 21. JAHRHUNDERT64SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

seine neue Reihe Die Frau in der Gesellschaft eröffnet. Und auch bei Rowohlt erscheinen ab 1977 Romane unter dem Label rororo neue frau.

Ab den 1970er Jahren entwerfen Schriftstellerinnen nicht nur neue Frauenbilder, sie nehmen die Sprache selbst unter die Lupe. Mit neuen Sprachformen versuchen sie weibliche Lebensrealitäten in ihren Werken treffender darzustellen, so z. B. die Französin Hélène Cixous (*1937) und die Schweizerin Verena Stefan (*1947).

In Kassandra (1983) oder Medea. Stimmen (1996) erzählt die deutsche Schrift-stellerin Christa Wolf (*1929-2011) Tragödien der griechischen Mythologie neu und aus weiblicher Perspektive. In ihren Erzählungen wird aus der grausamen Medea eine kluge Frau, die aber wegen ihres Aufbegehrens verraten und schließlich als Fremde verfolgt und als Mörderin verleumdet wird. Aus Kassandra, der Königstochter, die im Trojamythos eine Nebenfigur darstellt, wird eine starke Frau, die sich aus ihrer privilegierten Rolle löst, und die als Seherin Kriegswahn und Heldenmythos entlarvt. Wolf stellt damit die bisherige Überlieferung in Frage und verschafft der Vielstimmigkeit Gehör, die die Romane von Schriftstellerinnen des 20. und 21. Jahrhunderts auszeichnet: So wie Virginia Woolf mit der Technik des stream of consciousness den unterschiedlichen Eindrücken verschiedener Personen bei dem Erleben derselben Situation eine Stimme verleiht, befreit Christa Wolf mit ihrer Neuerzählung die historischen Geschlechterbilder von ihrer alten Eindeutigkeit. Was zuvor als Schwäche ausgelegt wurde, kann jetzt als Stärke gelesen werden. Dabei ist bemerkenswert, dass die Autorin nicht nur die Frauenfiguren neu schreibt, sie entwirft auch „neue” Männer, wie den weisen, humorvollen und verletzlichen Anchises.

Ein ähnliches Anliegen verfolgt die US-amerikanische Autorin Toni Morrison, wenn sie in ihren Romanen die Geschichten von Schwarzen, ehemaligen Sklavinnen und Sklaven, in all ihren Schattierungen von Macht und Ohnmacht erzählt und damit den rassistischen Klischees eine andere, vielstimmigere Geschichte entgegensetzt. Und auch Morrison gelingt es, nicht nur Frauen-, sondern auch Männerfiguren zu entwerfen, die sich aus ihren Rollen heraus entwickeln.

Wer von der Literatur leben will, braucht nicht nur einen guten Schreibstil, Ideen und Zeit, auch Geschäftstüchtigkeit gehört dazu. Schriftstellerinnen müssen – wie ihre männlichen Kollegen – über Honorare, Urheberrechte, Auflagenhöhe, Nachdrucke und Übersetzungen verhandeln. Auch die Literaturkritikerinnen und –kritiker müssen sie überzeugen, denn wenn ein Buch nicht in Zeitungen, im Radio, Fernsehen oder Internet vorgestellt wird, erreicht es wenige Leserinnen und Leser. Dass im 20. Jahrhundert immer mehr Frauen in entscheidende Positionen im Literaturbetrieb

einziehen, verändert die Ausgangssituation der Literaturproduktion und -rezeption von Frauen. Von 106 Per-sonen, die seit 1901 mit dem Nobelpreis für Literatur ausge-zeichnet wurden, waren (bis 2010) zwölf Frauen, sechs davon erhielten diese Auszeichnung in den letzten 20 Jahren.

Ein neues Licht auf die Geschichte werfen

Frauen im Literaturbetrieb

Christa Wolf, 1963

Doris Lessing erhielt 2007 den Nobelpreis für Literatur

Selma Lagerlöf, 1907 in ihrem Arbeitszimmer, erhielt als erste Frau den Nobelpreis für Literatur 1909

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6. SCHRIFTSTELLERINNEN IM 20. UND 21. JAHRHUNDERT64SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

7. ASTRID LINDGREN (1907-2002) 65SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

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Astrid Lindrgren, 1949

Schon frühmorgens, wenn die Kinder noch schlafen, steht Astrid Lindgren leise auf, diese Stunden gehören ihr. Sie macht sich Tee und schmiert zwei Brote. Dann geht es los! Sie schreibt – noch im Bett. Dafür braucht sie viele Blöcke Papier und weiche Bleistifte, denn es kommt vor, dass sie einen Satz zehnmal schreibt. Sie feilt solange daran, bis er genau so klingt, wie sie ihn hören möchte. Denn Astrid ist nicht nur die Erfinderin ihrer Geschichten, sie ist auch ihre erste Zuhörerin. Wenn jedes Wort sitzt, ist die eigentliche Arbeit getan, dann kann sie aufstehen, die Kinder wecken, in den Verlag gehen.

„Schreiben: Das ist harte Arbeit, aber das Herrlichste, was es gibt. Ich schreibe morgens, und abends denke ich: Ach, wenn es doch schon wieder Morgen wäre, und ich weiter schreiben könnte.“

7.1 „Ach, wenn es doch schon wieder Morgen wäre, und ich weiter schreiben könnte.“

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7. ASTRID LINDGREN (1907-2002)66SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

7. ASTRID LINDGREN (1907-2002) 67SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

7.2 Das Leben der Astrid Lindgren

Astrid Lindgren ist die bekannteste Kinderbuchautorin der Welt. Ihr erstes Erfolgsbuch, Pippi Langstrumpf, wurde in mehr als achtzig Sprachen übersetzt. Heute hat das stärkste Mädchen der Welt, und mit ihm seine Erfinderin, rund um den Globus ein Zuhause in den Köpfen und Herzen der Kinder. Astrid Lindgrens Begeisterung fürs Schreiben blieb bis ins hohe Alter lebendig. Noch mit 74 Jahren schrieb sie Ronja Räubertochter.

Ihr wacher Blick auf Kinder, die starken, selbstbewussten Mädchen und Jungen in ihren Geschichten, das Vermögen, spannend und lustig zu schreiben und mit ihren Texten Stellung gegen Ungerechtigkeit zu beziehen, Trost zu vermitteln und Kinder zu ermutigen, all das macht ihre Bücher einzigartig.

Am 14. November 1907 kommt Astrid Anna Emilia Ericsson in Näs bei Vimmerby in Schweden auf die Welt. Sie ist das zweite Kind der Gutshofpächter Hannah und August Ericsson: Zusammen sind sie vier, Gunnar, der älteste Bruder, und Stina und Ingegerd, die jüngeren Schwestern.

Während Astrid Lindgrens Kindheit arbeitet noch mehr als die Hälfte der Bevölkerung Schwedens in der Landwirtschaft. So ist das bäuerliche Umfeld der Stoff vieler ihrer Bücher geworden: Die vier Geschwister machen von klein auf bei den alltäglichen Arbeiten mit. Sie helfen beim Rübenziehen und bei der Kirschernte,sie machen Holz, füttern die Hühner und passen auf die kleineren Geschwister auf. Doch auch zum Spielen bleibt Zeit. Die Kinder stöbern durch die umliegenden Wälder und Wiesen, verstecken sich in der Scheune oder auf dem Dachboden und tauchen in ihre Fantasiewelten ab. Vieles davon finden wir in Die Kinder von Bullerbü, Michel aus Lönneberga, in Pippi und auch in Rasmus der Landstreicher wieder.

Als Astrid Lindgren auf die Welt kommt, gibt es noch kein Radio und erst recht kein Fernseher. Die wohlhabenderen Leute lesen Zeitung. Neben der Bibel gibt es nur wenige Bücher in den bäuerlichen Haushalten. Was tatsächlich den Alltag während und nach der Arbeit bestimmt und besonders „die langen dunklen Winterabende“ begleitet, wie es so schön bei Michel heißt, ist das Erzählen: Mägde, Knechte und die Familienmitglieder der verschiedenen Generationen erzählen lustige und traurige Familiengeschichten, Märchen und Gruselgeschichten.

In der Küche liest Edit, die Tochter des Stallknechts, der fünfjährigen Astrid das erste Märchen vor. Es ist die Geschichte vom Riesen Bim-Bam und der Fee Viribunda. In diesem Moment erwacht Astrids Liebe fürs Lesen. Mit sieben Jahren darf sie selbst in die Schule gehen, was jeden Morgen und Mittag einen langen Fußmarsch bedeutet. Auch wenn es für Astrid als Kind vom Land zunächst schwer ist, so lange stillzusitzen, macht ihr das Lernen viel Spaß. Außerdem entdeckt sie die Schulbibliothek und damit die große Welt der Abenteuergeschichten.

Zum Glück lassen Astrids Eltern die Tochter drei Jahre später auf die weiterführende Schule gehen, obwohl dies Geld kostet, weshalb fast nur reichere Bürgerkinder die Schule besuchen. Bald schon wird in Astrids Aufsätzen ihr außergewöhnliches Talent fürs Schreiben sichtbar.

Mit 16 Jahren endet Astrids Schulzeit. Sie wäre gerne wie ihre Freundin Madicken weiter aufs Gymnasium gegangen, aber ihre Eltern wählen den traditionelleren Weg: Die Jugendliche soll zunächst daheim Kochen und Haushaltsführung lernen. Doch Astrid ist ein selbstbewusstes Mädchen der bewegten 1920er Jahre. Im Radio hört sie die neue Jazzmusik und das Kino eröffnet ihr die Bilderwelt Hollywoods

Bekannt und einzigartig in der ganzen Welt

Ein Bauernkind

Erzählen

Lesen und Lernen

Die verwegene Astrid

Um 1911

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und der europäischen Großstädte, wo sich die Frauen selbstbewusster in der Öffentlichkeit bewegen und einen freieren Kleidungsstil entdecken. Astrid lässt sich die Haare kurz schneiden. Ein kleiner Skandal für Vimmerby.

Sie ist außerdem eine begeisterte Theatergängerin und schreibt erste Be-sprechungen für die Lokalzeitung. Noch 16-jährig, beginnt sie offiziell als Volontärin zu arbeiten – bis dahin ein Männerberuf. Als Anfängerin muss sie sich um Anzeigen kümmern, kleinere landwirtschaftliche Nachrichten verfassen und über Hochzeiten, Geburtstage und Beerdigungen berichten. Sie hat aber auch ein paar spannendere Aufträge: So ist sie dabei – und zwar als einzige Frau unter den von überall angereisten Reportern – als die neue Eisenbahnstrecke durch Vimmerby eingeweiht wird. Von einer mehrtägigen Wanderung mit vier Freundinnen schreibt sie eine Reportage in Reisebriefen.

Im Frühjahr 1926 verlässt Astrid Lindgren Vimmerby. Sie erwartet ein Kind, will aber den zukünftigen Vater nicht heiraten. Unverheiratet ein Kind zu erziehen, gilt damals jedoch als Skandal. Um die Familie vor Gerede zu schützen und um Abstand zu gewinnen, zieht die junge Frau nach Stockholm, in die Hauptstadt Schwedens. Dort macht sie eine Ausbildung zur Sekretärin und arbeitet schließlich als solche. Nur wenige Berufe stehen Frauen damals in den Städten offen: Neben Verkäuferinnen, Krankenschwestern und Erzieherinnen gibt es viele Sekretärinnen. Ihr Sohn Lars wird 1926 geboren und lebt die ersten Jahre bei einer Pflegefamilie. So oft Astrid Lindgren etwas Geld gespart hat, fährt sie ihn besuchen. Später schildert sie häufig Kinder, die nicht in idyllischen Familien aufwachsen, so zum Beispiel in Rasmus und der Landstreicher, Pippi, Mio mein Mio und Die Brüder Löwenherz.

Die Arbeit einer Sekretärin ist schlecht bezahlt. Astrid Lindgren teilt ihre Wohnung mit einer Freundin. Manchmal haben die beiden wenig zu essen und im Winter kein Geld zum Heizen. In dieser Zeit verschlingt Astrid viele Bücher, die sie in der Stadtbibliothek leiht, mit Vorliebe solche, die sich mit Armut und anderen sozialen Fragen befassen.

Als Lars drei Jahre ist, holt Astrid Lindgren ihn zu sich nach Stockholm. So groß die Freude ist, ihn endlich bei sich zu haben, so schwer ist der Alltag als alleinerziehende, berufstätige Mutter. Bald überwindet Astrid ihre Angst vor dem Gerede auf dem Land und bringt Lars, wenn er krank ist oder sie zu viel arbeiten muss, zu ihren Eltern.

Bei ihrer Arbeit beim schwedischen Automobilclub lernt sie Sture Lindgren kennen, der als Bürovorsteher einen guten Posten hat. Sie heiraten im April 1931. Nun kann sie ihren Sohn endlich ganz zu sich holen. Drei Jahre später kommt die Tochter Karin auf die Welt. Jetzt ist Astrid Lindgren vor allem Mutter, und wie ihr Sohn später erzählt, eine Mutter, die selber gerne spielt und tobt, die sich gegen Ungerechtigkeiten, z. B. in der Schule, wehrt und die es liebt Geschichten zu erzählen. Einige von ihnen schreibt sie sogar auf und veröffentlicht sie in der Zeitung.

Richtig geht es aber mit dem Schreiben erst los, als Karin mit sieben Jahren eine schlimme Lungenentzündung hat. Astrid Lindgren sitzt viele Stunden am Bett ihrer Tochter. Irgendwann geht ihr der Erzählstoff aus und so fragt sie: „Was soll ich Dir denn noch erzählen?“ Karin antwortet: „Erzähl mir von Pippi Langstrumpf!“ Die Geschichten um das starke, rothaarige und freche Mädchen begeistern bald auch die Freundinnen von Karin. Drei Jahre später muss Astrid Lindgren mit verstauchtem Fuß das Bett hüten. Sie beginnt Pippi ins Reine zu schreiben, um sie Karin zu ihrem 10. Geburtstag zu schenken. (s. UE: S. 70).

In die Großstadt

Die berufstätige Astrid Lindgren

Mit der Geburt von „Pippi Langstrumpf”beginnt die Karriere

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So hat Astrid Lindgren die Schriftstellerei für sich entdeckt. Auf die erste Pippi-Version, die Ur-Pippi, folgt Britt Marie erleichtert ihr Herz, das prompt gedruckt wird. Kurz vor Weihnachten 1945 ist es dann soweit: Pippi Langstrumpf, die gegenüber der Ur-Pippi ein wenig „gezähmt“ wurde, liegt auf den Verkaufstischen. Bald schon sind die ersten zwanzigtausend Exemplare vergriffen. Es folgt der Jugendkrimi Meisterdetektiv Blomquist, mit dem sie den ersten Preis bei einem Krimipreisausschreiben gewinnt. Das Fachwissen dazu hatte sie sich 1937 als Stenographin bei einem Kriminalistikprofessor angeeignet.

Weil ihr Verlag Rabén & Sjögren ihre Bücher so schätzt, wird Astrid Lindgren gebeten, nicht nur als Autorin sondern auch als Lektorin für sie zu arbeiten. Zwanzig Jahre lang sorgt sie nun für das Erscheinen von guten Kinderbüchern. Ab 1970 widmet sie sich nur noch ihren Werken.

7.3 Astrid Lindgrens Bücher

Auf die Frage, warum sie schreibe, antwortet Astrid Lindgren: „Ich schreibe, um das Kind in mir selbst zu unterhalten und kann dabei nur hoffen, dass auch andere Kinder daran ein wenig Spaß haben“, und darauf, ob sie von Kindern oder Enkeln inspiriert werde, „… es gibt kein anderes Kind, das mich inspirieren kann, als das Kind, das ich selbst einmal gewesen bin. Es ist überhaupt nicht nötig, eigene Kinder zu haben, um Kinderbücher schreiben zu können. Man muss nur selbst einmal Kind gewesen sein – und sich daran erinnern, wie das war.“

Dass Astrid Lindgren nicht nach irgendeinem Rezept schreibt, sondern die Geschichten und Figuren aus sich selbst schöpft, sieht man an ihren Büchern. Ein Reichtum an ausgefallenen Ideen zeichnet ihr Werk aus: Komisches und Trauriges stehen dicht beieinander, lyrische Naturbeschreibungen und detailreiche Portraits neben lebendigen Dialogen, Verweise auf die Weltliteratur neben verrückten Nonsensversen und vergnügten Wortspielen.

Einige zentrale Figuren und Handlungsstränge tauchen dabei in mehreren ihrer Werke auf. Es sind Kinder, die, trotz der Warnung von Erwachsenen, ihrem eigenen Willen folgen und letztlich darin Recht bekommen, so wie die Räubertochter Ronja oder das Waisenkind Rasmus. Es sind Kinder der verkehrten Verhältnisse, denen die Eltern „verloren“ gehen (Michel auf dem Jahrmarkt), die sich selber Eltern suchen (Rasmus und der Landstreicher) oder die gar den eigenen Vater befreien (Pippi und die Seeräuber). Neugier, Ideenreichtum und Rebellion werden bei Astrid Lindgren nicht bestraft. Die Kinder erfahren zwar Gemeinheit, Gefahr, Angst und Einsamkeit, doch sie lernen sie überwinden.

Diese Haltung bringt Lindgrens Werk auch kritische Debatten von Eltern, PädagogInnen und sogar PolitkerInnen ein: Pippi sei nicht realistisch genug und gefährde die guten Sitten, und Die Brüder Löwenherz konfrontiere Kinder zu offen mit dem Thema Tod. Vor allem die positiven Zuschriften ihrer wichtigsten Leserschaft, nämlich der Kinder, belegen, wie falsch die Kritik mit diesen Ängsten liegt.

Schon 1948 kommt Pippi erstmals als Theaterstück auf die Bühne. In den 1950er Jahren werden Astrid Lindgrens Bücher, meist von ihr selbst gelesen, im Radio gesendet. Als in den 1960er Jahren das Fernsehen zum Massenmedium wird, gehört die Familiengeschichte Ferien auf Saltkrokan (1964) zu den ersten Serien.

Neugier, Ideenreichtum und Rebellion

Theater, Radio, Fernsehen und Film

Astrid Lindgren mit Inger Nilsson (Pippi Langstrumpf), 1669

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1969 erscheint die bekannteste und der literarischen Vorlage treueste Filmversion von Pippi Langstrumpf mit Inger Nilsson als Hauptdarstellerin. Es folgen die großen Publikumserfolge Michel aus Lönneberga (1971), Die Brüder Löwenherz (1977) und schließlich Ronja Räubertochter (1984). Bei den Verfilmungen beteiligt sich Astrid Lindgren aktiv. Sie schreibt fast alle Drehbücher, hilft, die Darstellerinnen und Darsteller auszusuchen und nimmt Einfluss auf die Dreharbeiten.

„Es gibt Sachen, die muss man tun, sonst ist man kein Mensch, sondern nur ein Häuflein Dreck!“ Das stellt Krümel Löwenherz fest, um sich Mut zu machen, und das könnte auch Astrid Lindgrens Motto sein. Dass Pippi so selbstbewusst geraten ist und für Schwächere eintritt, liegt nicht zuletzt daran, dass sie noch während des Zweiten Weltkriegs entstanden ist. Zwar ist Schweden nicht unmittelbar am Kriegsgeschehen beteiligt, die Schrecken des Krieges aber bekommen mit den vielen Flüchtlingen nach und nach ein Gesicht. Astrid Lindgren ist überzeugte Pazifistin und Menschenrechtlerin.

Diese Haltung spiegelt sich in ihren Werken wider: Die Rechte von Kindern und auch ihre Macht sind ein zentrales Thema ihrer Bücher: „Wenn ich jemals beabsichtigt hätte, die Figur der Pippi zu etwas anderem als zu der Unterhaltung meiner jungen Leser dienen zu lassen, so wäre es dieses: ihnen zu zeigen, dass man Macht haben kann, ohne sie zu missbrauchen.“

Als „Anwältin der Rechte der Kinder“ erhält sie den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. In ihrer Rede zur Preisverleihung 1978 stellt sie einen klaren Zusammenhang her zwischen der friedfertigen, respektvollen Erziehung von Kindern und der Chance von Frieden in der Welt (siehe -11 Niemals Gewalt).

Auch wenn sie nicht gerne im öffentlichen Rampenlicht steht und ihre Zeit lieber mit Schreiben verbringt, nutzt Lindgren ihre Bekanntheit: Sie engagiert sich gegen die ungerechte Steuerpolitik und schreibt mehrere Artikel zu den Gefahren der Atomenergie. Als sie 1986 mit dem Selma-Lagerlöf-Literaturpreis ausgezeichnet wird, gründet sie mit dem Preisgeld die Stiftung Solkatten (Sonnenkatzen) für behinderte Kinder. Sie setzt sich für ein verbessertes Tierschutzgesetz ein und erwirkt 1988 die Lex Lindgren, ein Gesetz gegen Käfighaltung und Massenställe.

Dass sie bei ihrem Engagement trotz allen Ernstes in der Sache nicht den Humor verliert, beweisen die witzigen Titel, die sie ihren Artikeln gibt. Gegen die Steuerungerechtigkeit schreibt sie das Märchen Pomperipossa in Monismanien, gegen die grausame Tierhaltung den Artikel: Meine Kuh will auch Spaß haben.

Ob verrückt, spannend, traurig, mutig oder gemütlich: insgesamt hat Astrid Lindgren, die 2002 im Alter von vierundneunzig Jahren stirbt, zirka 80 Bilder-, Kinder- und Jugendbücher verfasst. Bis 2007 wurden ihre Werke in 90 Sprachen übersetzt, und es gibt sie in mehr als 3500 verschiedenen Auflagen.

Sich einmischen!

Astrid Lindgren liest 1979 Kindern in Los Angeles vor.

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7.4 Mit Astrid Lindgren die Welt entdecken

Astrid Lindgren hat als eine von wenigen Autorinnen ihren festen Platz in der Schule gefunden. Eine Auswahl von Unterrichtsmaterialien finden Sie im Literaturverzeichnis.

 Die berühmteste Kinderbuchschriftstellerin der Welt

Einleitung: Wer war Astrid Lindgren? Wie lebte und wie arbeitete sie? Wie wurde sie zur Schriftstellerin (siehe 7.2 Das Leben der Astrid Lindgren, S. 65-69)

Lernziel: Historisch-biografische Spurensuche als Einführung ins Thema, Kennenlernen des Frauenlebens im 20. Jahrhundert

Textbeispiel: -30 Astrid Lindgren stellt sich vor

Astrid Lindgren stellt sich vor

Einleitung, Lernziel, Textbeispiel: siehe Die berühmteste Kinderbuchschriftstellerin der Welt

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Benötigt wird: großformatiger Karton, Kleb-stoff, farbiges Papier; Sitzkreis

Beschreibung: In die Mitte des Kartons wird das Porträtbild von Astrid Lindgren geklebt. Anschließend erzählt die Lehrerin/der Lehrer aus dem Leben der Kinderbuchschriftstellerin. Zur Anregung können Bildbände, Bilderbücher und CDs herangezogen werden. (s. Literatur-verzeichnis S. 122-127). Kinder ab dem 3. Zyklus Lesen: Astrid Lindgren stellt sich vor. Für jeden neuen Aspekt wird, mit einem Verbindungsstrich, ein farbiger Zettel neben das Porträt geklebt: Dieser ist entweder beschriftet, oder bei jüngeren Kindern bemalt.

Geburt einer Schriftstellerin und einer Kinderbuchheldin

Einleitung, Lernziel: siehe Die berühmteste Kinderbuchschriftstellerin der Welt

Textbeispiel: -31 Geburt einer Schriftstellerin und einer Kinderbuchheldin

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Vorschulkinder aus Berdorf erstellten ein Schaubild

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Beschreibung: „Frau Lindgren, wie haben Sie eigentlich zu schreiben begonnen?“, diese Frage wurde Astrid Lindgren häufig gestellt. Die Lehrerin/der Lehrer lesen den Text über die Entstehung von Pippi vor und besprechen ihn mit den Kindern.

 Lotta zieht um

Einleitung: Die vierjährige Lotta aus Die Kinder aus der Krachmacherstraße (1958) hat als jüngste von drei Geschwistern keinen einfachen Stand in der Familie. Ob es ums Radfahren geht oder darum, in die Schule zu dürfen, immer wieder rebelliert Lotta gegen die Grenzen ihres Alters. Besonders beeindruckend erzählt das die Geschichte Lotta zieht um. Auch für kleinere Kinder sehr gut nachvollziehbar wird hier ein Konflikt mit den Eltern gezeigt. Wut und Auflehnung werden anschaulich geschildert und nicht verurteilt. Eine Versöhnung ohne Gewinner und Verlierer schließt die Geschichte ab. Die Unterrichtsvorschläge thematisieren zum einen das Bedürfnis, das eigene Leben zu gestalten, zum anderen den Umgang mit eigener und fremder Wut.

Textbeispiel: -32 Lotta zieht um

So will ich wohnen!

Einleitung, Textbeispiel: siehe Lotta ist wütend

Lernziel: Eigene Wunsch- oder Zukunfts-welten zu entwickeln, stärkt das Selbst-bewusstsein der Kinder; kreativer Umgang mit verschiedenen Materialien; Förderung der sprachlichen und künstlerischen Aus-drucks fähigkeit

Einstufung: 1.-3. Zyklus

Benötigt wird: Malzeug, Naturmaterialien

Beschreibung: Nach dem Vorlesen der Geschichte tauschen sich die Kinder in einem Erzählkreis aus. Sie fantasieren von ihren Traumhäusern bzw. von einem gemeinsamen Traumhaus. Dabei können sie sich gegenseitig ein Pfand zuwerfen: Wer „dran“ ist, fügt dem Traumhaus ein neues Detail zu. Nun entwerfen oder bauen die Kinder allein oder in Gruppen kleine Wohnungen, so wie sie sie sich erträumen. Dafür sind verschiedene Methoden möglich:•Die Kinder können die Wohnungen/Häuser malen – bei wenig Zeit nur ihr Traumschlafzimmer.•Sie bauen gemeinsam mit dem Mobiliar der Einrichtungen Bett, Tisch, Kommode, …•Kleine Modelle entstehen aus Lego, Draht oder Pappe (als Grundelement eignet sich ein Schuhkarton, mehrere

Einheiten können später aufeinander gestapelt werden).•Sie bauen in der Natur, in einem Wald, einer Hecke oder einem Gebüsch nahe der Schule aus Stöcken, Gras,

Steinen und Moos kleine Welten.•Ergänzend können die Kinder von zu Hause Gegenstände mitbringen, die sie in ihre Landschaften einbauen.

Vorschulkinder aus Berdorf bauen gemeinsam ihre Traumwelt

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Spiel „Komm raus aus Deinem Haus!“

Einleitung, Textbeispiel: siehe Lotta ist wütend

Lernziel: Auseinandersetzung mit dem Thema Wut, eigene Gefühle wahrnehmen

Einstufung: 1.-3. Zyklus

Benötigt wird: eine Schnur, etwas Platz

Beschreibung: Zunächst reden die Kinder über Lottas Wut. Was hat Lotta gemacht, als sie wütend war? War sie lange wütend? Dann sammeln die Kinder Situationen, in denen sie selbst schon wütend waren. Jetzt legt die Lehrerin/der Lehrer mit einer Schnur einen Kreis von zirka zwei Metern Durchmesser, in den sich die Kinder nacheinander stellen. Das Kind im Kreis überlegt sich eine Situation, in der es wütend war und erzählt kurz davon, bzw. spielt die Situation pantomimisch vor. Die Kinder „draußen“ überlegen zusammen, wie sie das Kind aus dem Kreis heraus locken können, was ihm/ihr in der Situation gut getan hätte. Sie machen entsprechende Angebote, bis das Kind herauskommen möchte. Wenn kein Angebot überzeugt, sagt das Kind im Kreis nach vier Versuchen, was es selber gerne hätte. Das Spiel kann durch eine „Waschstraße“ ergänzt werden. Auch hier sind die Kinder Experten und Expertinnen ihrer Gefühle: Wenn das Kind aus dem Kreis kommt, darf es in die „Waschstraße“. Die übrigen Kinder bilden knieend einen Kanal. Bevor das „Kreiskind“ gemütlich durch den Kanal krabbelt, darf es bestellen, wie es dabei am Rücken gewaschen werden will: Rubbeln, Kitzeln, zart Klopfen, reibend Einseifen, so können neben der Wut auch andere Gefühle auftauchen. (Vertiefen z. B. mit Lindgrens Na klar, Lotta kann Radfahren und Lotta – ein Weihnachtsbaum muss her oder mit Prinzessin Isabella von Cornelia Funke.)

 Lotta ist wütend

Einleitung: Die Komponistin von Lottas Wutlied heißt Netty Glesener (*1970). Als Schlagzeuglehrerin am Musikkonservatorium Luxemburg schreibt sie – weil das passende Unterrichtsmaterial oft fehlt – vor allem Studien und Duette für ihre Schülerinnen und Schüler. Seitdem sie Pianistin bei der Gruppe Makadammen ist, komponiert Netty Glesener die Musik der Kabarettprogramme. 2003 hat sie die Freedefeiermusék für Symphonieorchester und Chor geschrieben, das Werk wurde beim großen Feuerwerk anlässlich der Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag uraufgeführt. Hinzu kommen Arrangements für verschiedene Besetzungen: Schlagzeugensemble, Big Band, Symphonieorchester, Harmonieorchester und Chor. Ihre Vorliebe für Schlaginstrumente beruht auf deren Vielfältigkeit: sie werden in allen Musikstilen eingesetzt – Klassik, Jazz, Rock/Pop, Weltmusik und zeitgenössische Musik – und die Palette des Instrumentariums selbst ist groß. Das Klavier, das Netty Glesener hauptsächlich als Begleitinstrument nutzt, ist eine ideale Ergänzung zu den Schlaginstrumenten. Schlaginstrumente passen sowohl gut zu Lottas Wut wie zu der rhythmischen Melodie des Liedes. Und – mit Klatschen und Stampfen kann der Körper selbst zum Schlaginstrument werden.

Lied- und Hörbeispiel: -33 Liedtext: Lottas Wutlied, -34 Melodiestimme, -35 Originalfassung mit Instrumenten, -36 Aufnahme Kinder/Jugendchor Konservatorium Luxemburg (Ltg.: Sylvie Serra-Jacobs)

Netty Glesener

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Komplette Version auf CD: traCK 33, 34, 35, 36

Kinder- und Jugendchor Konservatorium Luxemburg

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Lernziel: Singen als eine Form von Beschäftigung mit Text, Textdeklamation und -deutung, Stimmschulung und Sprecherziehung. Förderung der Kreativität und der musikalischen Ausdrucksfähigkeit, Kennenlernen von Komponistinnen, Informationen, wie eine Komposition entstehen kann

Einstufung: 2.- 4. Zyklus

Beschreibung: Die Lehrerin/der Lehrer stellen den Kindern die Komponistin Netty Glesener und die Entstehung von Lottas Wutlied vor. Die Kinder lesen den Liedtext, hören die Aufnahme und singen nun selber das Lied. Sie reden über das Lied und über den Ausdruck von Gefühlen wie Wut durch Schlaginstrumente. Welche anderen Instrumente schlagen die Kinder vor, um „ihre“ Wut auszudrücken? Mögliche Erweiterung: Gibt es Instrumente, die Gefühle besonders gut ausdrücken? Diese Unterrichtseinheit lässt sich mit De rosene Piano kombinieren (KeK 1 Komponistinnen, S. 76 – 77, ebenfalls Thema Wut und Musik).

Kuck wat ech kann

Einleitung: Pippi ist das stärkste Mädchen der Welt. Ihr Selbstbewusstsein ist ansteckend.

Textbeispiele: Wie stark Pippi ist, erfahren wir gleich am Anfang vom Buch: „Das Allermerkwürdigste an ihr war, dass sie so stark war. Sie war so furchtbar stark, dass es in der ganzen Welt keinen Schutzmann gab, der so stark war wie sie. Sie konnte ein ganzes Pferd hochheben, wenn sie das wollte. Und das wollte sie.“ Bei einem Ausflug will eine Kuh Pippi, Annika und Tommi einfach nicht den Weg freimachen: „Um der Sache ein Ende zu machen, stellte Pippi ihren Korb auf die Erde, ging hin und hob die Kuh weg, die verlegen zwischen den Haselbüschen davontrabte“. Und später besiegt Pippi auf einem Jahrmarkt den „stärksten Mann der Welt“. Und dabei kann Pippi noch viel mehr…

Liedbeispiel: -37 Liedtext und Melodiestimme: Kuck wat ech kann

printVersion auf CD: traCK 37

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Lernziel: Förderung des Selbstbewusstseins, kreativer Ausdruck

Einstufung: 1.-3. Zyklus

Benötigt wird: Fotoapparat, große Stofftiere; für das Pappmaché-Gewicht: zwei Luftballons, ein dünnes Papprohr oder ein Stock oder ein Besenstiel, Zeitung, Kleister, schwarze Farbe

Beschreibung: Die Kinder lassen sich von Pippi Langstrumpfs Selbstbewusstsein anstecken. Sie zählen auf und/oder spielen pantomimisch, was Pippi kann, dann, was sie selber können. Sie singen das Lied Kuck wat ech kann und ergänzen reihum ihre Fähigkeiten. Dann dürfen sie alle einmal stärkstes Kind der Welt sein und sich so fotografieren lassen. Dafür heben sie entweder wie Pippi ihr Pferd, ein möglichst großes Stofftier, über sich in die Luft, oder sie bauen zusammen ein Pappmaché-Gewicht und lassen sich damit fotografieren: Zwei aufgeblasene Luftballons werden mit Kreppband an einem Stiel befestigt. Die Ballons werden mit Papier und Kleister beklebt und schwarz angemalt.

 „Ich bau mir die Welt, wiede, wiede wie sie mir gefällt.“

Einleitung: Pippi und die Villa Kunterbunt gehören einfach zusammen. Die Kinder bauen ihre eigenen Traumhäuser

Bildbeispiel: -38 Pippi Langstrumpf: Villa Kunterbunt, -39 Pippi Langstrumpf: Villa Kunterbunt (Hausaufteilung)

Lernziel: Eigene Wunsch- oder Zukunftswelten zu entwickeln, stärkt das Selbstbewusstsein der Kinder; kreativer Umgang mit verschiedenen Materialien auch mit Naturmaterialien, Sprachübung

Einstufung: 1.-3. Zyklus

Benötigt wird: Farben, Bastelmaterialien

Beschreibung: Es gibt gleich zu Anfang des ersten Pippi Bandes zwei schöne Bilder, anhand derer sich die Kinder die Villa vorstellen können. Sie werden in die Mitte des Erzählkreises gelegt. Das erste zeigt die Villa Kunterbunt von vorne, das zweite von oben mit abgehobenen Dach, so dass die einzelnen Zimmer und ihre Einrichtung sichtbar sind. Nun erfinden, beschreiben, bauen oder malen die Kinder ihre eigenen Wunschhäuser oder auch Traumgärten. (Vorgehen: siehe Lotta zieht um – So will ich wohnen, Seite 71). Alternativ können ein gemeinsames Traumhaus, ein gemeinsamer Wunschgarten oder ein Klassentraumdorf gestaltet werden. Wenn an einer Schule mehrere Astrid Lindgren Projekte stattfinden, kann eine Ausstellung aus den Traumhäusern, angeregt von Pippi und Lotta sowie der Höhle von Ronja und Birk, entstehen. Die Kinder denken sich Namen für ihre Traumhäuser aus.

Mein Traumhaus

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 Sachensuchen

Einleitung: Pippi sagt: „Die ganze Welt ist voll von Sachen, und es ist wirklich nötig, dass jemand sie findet.“ Angeregt durch die Lektüre werden die Kinder selber Sachensucherinnen und Sachensucher und entwickeln eigene kreative Ideen für ihre Funde.

Textbeispiel: -40 Pippi Langstrumpf: Pippi wird Sachensucher und gerät in eine Prügelei (Teil 1)

Lernziel: Erforschung des Lebensumfeldes und Förderung der Kreativität; die Kinder entdecken, dass sie aus „nix“ etwas Neues machen können

Einstufung: 1.-3. Zyklus

Benötigt wird: Ort zum Sachensuchen, Bastelmaterialien

Beschreibung: Das Kapitel sollte zunächst als Ganzes gelesen werden. Dann suchen die Kinder bei einem Spaziergang, zu Hause oder auf dem Schulgelände „Sachen“. Sie bringen ihre Schätze mit, erzählen Geschichten über ihre Funde und wofür sie sie brauchen können. Dabei wird frei fantasiert. Abschließend bauen die Kinder eine gemeinsame Skulptur aus den mitgebrachten Funden und geben ihr einen Namen. „Sachensuchen” lässt sich mit der Unterrichtseinheit zur surrealistischen Künstlerin Meret Oppenheim kombinieren (siehe KeK 2 Künstlerinnen, Sinnvolle Dinge werden sinnlos und Unsere Maske mit „Bäh-Zunge”, S. 89-90).

 Die Prügelei

Einleitung: In vielen Astrid Lindgren Büchern geht es darum, Kindern in schwierigen Situationen Hoffnung zu geben, Ungerechtigkeiten sichtbar zu machen, einzugreifen, eine andere Meinung zu haben und anders zu handeln als Eltern und Erwachsene. Mal erzählt Lindgren sehr ernst davon, wie in Die Brüder Löwenherz, mal eher witzig, wie in der Szene Die Prügelei.

Textbeispiel: -40 Pippi Langstrumpf: Pippi wird Sachensucher (Teil 1) und gerät in eine Prügelei (Teil 2) sowie ein Interviewzitat von Astrid Lindgren zum Thema Kinder und Macht (Teil 3)

Lernziel: angeregt durch den Text den Umgang mit Konflikten proben; Auseinandersetzung mit dem Thema „Was ist Macht?“; Texterschließung durch Rollenspiel

Einstufung: 1.-3. Zyklus

Beschreibung: In der Klasse bilden sich Gruppen, die gemeinsam die Geschichte von Pippi und Willi nachspielen. Als Bäume können die Schulbänke dienen. Die Kinder überlegen, wie die Geschichte alternativ hätte ausgehen können und sie diskutieren darüber, was sie gemein oder ungerecht finden. Daraus kann ein neues Rollenspiel entstehen.

Vorschulkinder aus Pétange sind fündig geworden

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7. ASTRID LINDGREN (1907-2002)76SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

7. ASTRID LINDGREN (1907-2002) 77SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

 Spunk – wir erfinden Wörter

Einleitung: Astrid Lindgren hatte viel Spaß an „Unsinnsgedichten“ und am Erfinden neuer Wörter

Textbeispiel: -41 Pippi Langstrumpf: Pippi findet einen Spunk

Lernziel: Kreativer Umgang mit Sprache, Verbindung von Sprache, Rhythmus und Bewegung; Ausprobieren der Technik Interview

Spunk-Wörter erfinden

Einleitung, Textbeispiel, Lernziel: siehe Spunk – wir erfinden Wörter

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Beschreibung: Nach der Lektüre erfinden die Kinder selber Wörter wie Spunk, Surkus oder Plutimikation. Wenn jedes Kind ein eigenes Wort gefunden hat, kann es den anderen erzählen, was es bedeutet.

Klangmaschine

Einleitung, Textbeispiel, Lernziel: siehe Spunk – wir erfinden Wörter

Einstufung: 2.-4. Zyklus

Beschreibung: Gemeinsam bauen die Kinder eine Klangmaschine: Sie stehen im Kreis. Das Kind, das anfangen will, denkt sich für sein Spunk-Wort einen Rhythmus und Klang aus und entscheidet, wie es ausgesprochen werden soll. Nun geht es in die Mitte des Kreises, sagt das Wort und erfindet eine dazu passende Bewegung, die es nun laufend wiederholt. Weitere Kinder kommen hinzu und bauen sich nacheinander mit ihren Wörtern, Klängen und Bewegungen an die Maschine an. Sind drei bis fünf Kinder in der Mitte, werden sie kurz lauter und intensiver und frieren dann in ihrer Bewegung ein. Die zuschauenden Kinder applaudieren, erfinden einen neuen Namen für die Maschine und überlegen, was sie herstellt. Nun kann die nächste Maschine gebaut werden.

Interview - Was bedeutet mein Spunk-Wort?

Einleitung, Textbeispiel, Methode, Lernziel: siehe Spunk – wir erfinden Wörter

Einstufung: 2.-3. Zyklus

Benötigt wird: Schreibblock oder Tonaufnahmegeräte oder Videokamera

Beschreibung: In kleinen Gruppen starten die Kinder eine Umfrage auf dem Schulhof, zu Hause, auf dem Wochenmarkt, … Sie fragen die Passanten, was ihr Wort bedeutet, wie es aussieht, und ob es irgendwo gefunden werden kann.

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7. ASTRID LINDGREN (1907-2002)78SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

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Unsinnsgedichte erfinden

Einleitung, Textbeispiel, Lernziel: siehe Spunk – wir erfinden Wörter

Einstufung: 2.-3. Zyklus

Benötigt wird: Schreibzeug

Beschreibung: In vielen Lindgren-Büchern gibt es nicht nur lustige Worte, sondern auch kurze „Unsinnsgedichte“. In Pippi zum Beispiel

Ich tu das, was mir gefällt,und wenn ich geh', dann schwappt es,und wenn ich lauf', dann klappt es.

Und mein Schuh sagt immerzu: schwipp und schwapp und schwu. Das Kleid, das ist nass,der Stier, der macht Spaß,und Reisbrei ist mein Leibgericht

An dem schönen Sommertagmacht es immer schwipp und schwapp

Die Kinder bauen ihre erfundenen Worte in kleine Reime ein. Diese Unterrichtseinheit lässt sich mit Vorschlägen zur Dada-Künstlerin Hannah Höch kombinieren (KeK 2 Künstlerinnen Dada-Gedicht – Klassencollage, S. 82-83).

 Krummelus

Einleitung: Pippi, Annika und Tommi schlucken eine Krummeluspille, damit sie nie groß und erwachsen werden. Was bedeutet „Großwerden“?

Textbeispiel: -42 Pippi Langstrumgp: Krummelus

Einstufung: 2.-3. Zyklus

Lernziel: Textverständnis, Zukunftsentwürfe entwickeln, Diskussion, Philosophieren über „groß und klein“

Beschreibung: Die Kinder lesen den Text. Fragen dazu: Würdet Ihr die Pille schlucken? Wie wäre es nie groß zu werden? Wann wollt Ihr groß, wann klein sein? Was ist der Unterschied zwischen Kindern und Erwachsenen? Ergänzung: Entspannungsübung „Vom Samen zum Baum“

 Internetreise in Astrid Lindgrens und in Pippis Welt

Einleitung: Astrid Lindgren nutzte mit Leidenschaft die Medien Theater, Hörspiel und Film zum Erzählen ihrer Geschichten. Heute ist sie biografisch und mit ihren Werken im Internet präsent.

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7. ASTRID LINDGREN (1907-2002)78SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

7. ASTRID LINDGREN (1907-2002) 79SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

Textbeispiel: www.efraimstochter.de und www.astrid-lindgren.de (bitte zuvor auf Aktualität testen)

Lernziel: kreativer Umgang mit dem Internet

Einstufung: 2.-4. Zyklus

Benötigt wird: Zugang zum Internet

Beschreibung: Auf den angegebenen Internetseiten entdecken die Kinder die berühmtesten Pippi-Songs, sie erkunden, wie Pippi in Portugal, in Südafrika, in Frankreich, in Vietnam, … heißt, sie entdecken Spiele, Geschichten und Fotos von den Pippi-Dreharbeiten, … Die Kinder denken sich luxemburgische Namen für die Villa Kunterbunt, für den Kleinen Onkel und für die zwei Räuber aus und sie übertragen das Pippi-Lied ins Luxemburgische. Die Kinder können sich gegenseitig ein Quiz erstellen. In Kleingruppen bekommen sie eine der beiden Homepages zugeteilt, dann suchen sie zirka fünf Fragen, die die anderen Gruppen beantworten müssen.

 Ronja Räubertochter – Texterschließung

Einleitung: Mit dem Buch Ronja Räubertochter bietet Astrid Lindgren eine Grundlage zur Behandlung vieler Themen. Hier werden exemplarisch die Freundschaft zwischen Ronja und Birk und die Naturdarstellung herausgegriffen. (Tipp: Wenn nicht genügend Zeit ist, Ronja als Ganzschrift zu lesen, können das Buch, der Film und das Hörbuch einander ergänzend in Ausschnitten gelesen, gezeigt oder gehört werden.) Es bietet sich an, bei dieser Einheit möglichst häufig mit den Kindern in die Natur zu gehen.

Textbeispiel: -43 Ronja Räubertochter: Scher dich zum Donnerdrummel, -44 Ronja Räubertochter: Hüte Dich …,

Lernziel: Auseinandersetzung mit den Themen Natur, Naturdarstellung und -wahrnehmung, Freundschaft zwischen Jungen und Mädchen, Texterschließung mit verschiedenen kreativen Methoden

Wem gehört der Wald? Ronja und die Natur

Einleitung, Lernziel, Textbeispiel: siehe Ronja Räubertochter – Texterschließung.

Einstufung: 3.-4. Zyklus

Benötigt wird: Erzählkreis mit Pfand, Din-A3-Plakate, Zettel, Stifte

Beschreibung: Im Erzählkreis behandeln die Kinder das Thema Natur bei Ronja RäubertochterDie Kinder stimmen sich mit dem Textbeispiel -44 Ronja Räubertochter: Hüte Dich …, ein. Der Dialog eignet sich zum szenischen Lesen. Aus diesem witzigen Gespräch kann auch ein Lied oder ein Rap mit Wechselgesang entstehen.•Lektüre des Textbeispiels: -43 Ronja Räubertochter: Scher Dich zum Donner drummel! Die Kinder sammeln die

verschiedenen Waldtiere und Naturwesen der Szene und verzeichnen sie auf dem Plakat. Ronja sagt, der Wald gehöre ihr. Wem gehört er tatsächlich? Was meinen die Kinder, wie hätte Astrid Lindgren geantwortet?

•Sie beschreiben eigene Naturerlebnisse und erzählen, ob sie schon einmal allein im Wald waren, ob sie wild lebende Tiere kennen gelernt haben, und welche Spiele sie im Wald gespielt haben.

•Sie diskutieren, mit welchen Mitteln Astrid Lindgren in der Szene Spannung aufbaut.

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7. ASTRID LINDGREN (1907-2002)80SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

•Sie probieren bei einem „Ronja und Birk-Spaziergang“ durch einen nahe gelegenen Wald den Frühlingsschrei und bauen gemeinsam mit Stöcken und anderen Waldmaterialien ihre Bärenhöhle (eventuell kombiniert mit einem Räuber-Picknick).

Ronja und Birk – eine Freundschaft

Einleitung, Textbeispiel, Lernziel: siehe Ronja Räubertochter – Texterschließung.

Einstufung: 3.-4. Zyklus

Benötigt wird: Din A3 Papier, Schreibzeug, Tesafilm, Zettel

Beschreibung: Die Kinder lesen das Textbeispiel -43 Ronja Räubertochter: Scher Dich zum Donner drummel!

Im Erzählkreis diskutieren sie die Freundschaft von Ronja und Birk: •Was trennt, was verbindet die beiden? •Sind Ronja und Birk eher Bruder und Schwester

oder Freundin und Freund?•Könnt Ihr Euch vorstellen, wie es ist, Freunde zu

haben, die den Eltern nicht gefallen?•Wie erlebt Ihr Freundschaften von Jungen und

Mädchen?

Die Kinder gehen in Kleingruppen (eventuell zunächst in gleichgeschlechtliche). Sie schreiben kurze Ergänzungen zu den folgenden Satzanfängen auf Zettel, die sie später auf Plakate kleben: •Mädchenfreundschaften sind …•Wenn Mädchen zusammen sind, dann …•Jungenfreundschaften sind …•Wenn Jungen zusammen sind, dann …•Gemischte Freundschaften sind …•Wenn Jungen und Mädchen zusammen sind,

dann …•Manchmal wäre es schön, wenn …

Im Schlusskreis diskutieren die Kinder ihre Ergebnisse.

 Das Höllenschlund-Theater

Einleitung: Bei dieser Einheit geht es darum, den Kindern ein Gespür für die lange Fehde zwischen den Mattis- und den Borkaräubern zu vermitteln. Es werden Vorurteile und das Funktionieren von Gruppen thematisiert. Was heißt es, sich der „eigenen“ Gruppe oder den Eltern zu widersetzen? Wie ist es, wenn ein Vorurteil sich nicht bestätigt? Was gibt es zu gewinnen und zu verlieren? Die Kinder versetzen sich in die einzelnen Charaktere und probieren alternative Handlungsweisen aus.

Textbeispiel, Beschreibung: -45 Ronja Räubertochter: Am Höllenschlund

Sie fürchten sich nicht vor dem Höllenschlund: Ronja Räubertochter (Olga Nasfeter) und Birk (Michael Stange).

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Lernziel: Kompetenz in Gruppen- und Eltern-Kind-Konflikten, Förderung der mimischen und musikalischen Ausdrucksfähigkeit

Einstufung: 3.-4. Zyklus

 Niemals Gewalt

Einleitung: Astrid Lindgren stellt in ihrer Rede zur Entgegennahme des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, 1978, einen Zusammenhang zwischen Gewalt und Machtmissbrauch in der Welt einerseits und den Gewalterfahrungen von Kindern in ihren Familien andererseits her.

Lesetext: -46 „Niemals Gewalt!”

Lernziel: Auseinandersetzung mit den Themen Gewalt, Frieden und Erziehung

Einstufung: 2.-4. Zyklus

Benötigt wird: Din A3-Plakate, Zettel, Stifte

Beschreibung: Im Textbeispiel sind drei für die Klassenlektüre geeignete Passagen gelb markiert. Besonders die Passage auf der dritten Seite eignet sich zur vertiefenden Diskussion mit den Kindern. Wie wünschen sie sich das Verhältnis zwischen Kindern und Erwachsenen? Wie sieht für die Kinder eine gute Erziehung aus? Was heißt für die Kinder das Wort Respekt? Wie möchten sie selber später mit ihren Kindern umgehen? Gibt es in ihrem Alltag Möglichkeiten, auf Gewalt (auch Lästern, Ärgern, Hänseln, …) zu ver zichten? Die Kinder ge stalten in Gruppen Plakate zu den angegebenen Fragen.

Weitere Ideen:Fantasiemärchen: Ronja trifft Aimée (Kapitel Madame d'Aulnoy, S. 20) auf einer Insel, was unternehmen die beiden?

Aufführung von Ronja Räubertochter (Unter-stufentheater-AG des Elly-Heuss-Knapp-Gymna-sium, Stuttgart Bad-Cannstatt unter der Leitung von Claudia Haas und Dorothee Winkler, Juni 2010

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8. TONI MORRISON (*1931) 82SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

8. TONI MORRISON (*1931) 83SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

8.1 Toni Morrison – die erste afroamerikanische Literaturnobelpreisträgerin

„Hätte ich das Leben gelebt, das der Staat für mich vorgesehen hatte […], dann hätte ich in irgendjemandes Küche gelebt und wäre dort gestorben […] und hätte niemals ein Wort geschrieben. Dieses Wissen sitzt knochentief in mir und begleitet alles, was ich tue.“(1986, auf einem Literaturkongress in New York)

8.2 Das Leben von Toni Morrison

Die in den USA lebende Toni Morrison ist eine der bedeutendsten Schriftstellerinnen der Welt. Für ihr Werk Beloved (Menschenkind, 1987) hat sie 1988 den wichtigsten US-amerikanischen Literaturpreis, den Pulitzer-Preis erhalten. 1993 ist sie als erste Afroamerikanerin für ihr Gesamtwerk mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet worden.

Am 18. Februar 1931 kommt Toni Morrison in Lorain, einer Stadt in Ohio (USA), auf die Welt. Als Mädchen heißt sie noch Chloe Anthony Wafford. Sie ist das zweitälteste Kind und hat zwei Brüder und eine Schwester. Ihre Eltern arbeiten schwer, um die Familie zu versorgen. Ihr Vater, George Wafford, arbeitet als Schweißer, Gießer und Bauarbeiter, und hat manchmal drei Arbeitsstellen gleichzeitig. Die Mutter Ella Ramah, die die Oberschule besucht hat, erledigt neben dem eigenen, den Haushalt anderer Familien. Und auch die Kinder steuern mit Aushilfsjobs zur Familienkasse bei. Als 13-jährige Schülerin geht Toni Morrison putzen und sammelt abends – mit ihren Geschwistern – entlang der Bahngleise Kohlereste, mit denen zu Hause geheizt wird. In ihrem ersten Roman Blue Eyes (Blaue Augen) wird sie beschreiben, wie die Schwestern Claudia und Frieda MacTeer genau diese Arbeit verrichten.

Obwohl es nicht einfach ist, die Familie über Wasser zu halten, vermitteln die Eltern ihren Kindern Selbstbewusstsein und Stolz und fördern sie, so gut sie nur können. Aus der Geschichte ihrer Familien wissen sie, wie wichtig es ist, für die eigenen Rechte einzutreten. Die Waffords sind Nachkommen der im 18. Jahrhundert als Sklaven nach Amerika verschleppten Afrikaner. Toni Morrisons Großeltern wurden noch in die Sklaverei hineingeboren. Sie lebten im Süden der USA, wo die Sklavenarbeit auf den Plantagen besonders ausbeuterisch und menschenverachtend war. Sklaven galten als Besitz eines Farmers, mussten ohne Entgelt schwer für ihn arbeiten und durften ohne seine Erlaubnis nirgendwo hingehen. Schläge und andere körperliche Strafen waren an der Tagesordnung. Auch nach dem Verbot der Sklaverei 1863 waren die Lebensbedingungen für Schwarze noch lange sehr hart: Sie wurden schlechter bezahlt, durften viele öffentliche Einrichtungen (Schulen, Universitäten, Theater, etc.) nicht nutzen, durften nicht wählen und waren insgesamt ärmer und gesundheitlich schlecht versorgt.

Das, was die Eltern und Großeltern erlebt haben und immer wieder erzählen, wird zum Stoff und Anlass für Toni Morrisons Schreiben. Das Geschichtenerzählen – Storytelling – ist neben der allgegenwärtigen Arbeit eine der wesentlichen

Die Kindheit

Schweres Erbe Sklaverei

Storytelling –Geschichten erzählen

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8. TONI MORRISON (*1931) 82SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

8. TONI MORRISON (*1931) 83SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

Erfahrungen ihrer Kindheit. Sie badet von klein auf in Sprache und in Musik: Die Mutter liest den Kindern Geschichten vor und erfindet eigene. Sie rezitiert Gedichte und singt – manchmal stundenlang – Opernarien, traditionelle und populäre Lieder, Jazz und Blues. Bei den häufigen Zusammenkünften erzählen Eltern, Verwandte und Freunde von ihrem eigenem Leben und dem ihrer Vorfahren, sie erzählen Märchen, Geistergeschichten und auch spirituelle religiöse Geschichten. Und später wiederholen die Kinder das Gehörte auf ihre Weise.

Über das Geschichtenerzählen wächst Tonis Begeisterung fürs Lesen. Mit Leidenschaft vertieft sie sich in die Werke von Shakespeare, Jane Austen und Leo Tolstoi, die sie in der Schul- und Stadtbibliothek ausleiht. Später wird sie dazu

Toni Morrison Toni Morrison

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8. TONI MORRISON (*1931) 84SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

8. TONI MORRISON (*1931) 85SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

sagen: „Diese Bücher waren nicht für ein kleines schwarzes Mädchen in Lorain, Ohio geschrieben, aber sie waren so großartig, dass ich sie trotzdem las und sie sprachen direkt zu mir – aus ihrer eigenen Besonderheit heraus.“ Toni Morrison ist eine sehr gute und zum Glück selbstbewusste Schülerin. In der überwiegend von weißen Kindern besuchten Schule erlebt sie alltäglich Rassismus. Sie wird als „nigger“ bezeichnet, darf das Haus ihrer weißen Freundin nicht betreten, und in ihren Schulbüchern kommen nur weiße Menschen und deren Geschichten vor. Ihr eigenes Leben und die Geschichte ihrer Eltern und Vorfahren haben hier keinen Platz.

1949 beginnt sie mit achtzehn Jahren ihr Studium, zunächst mit dem Ziel, Lehrerin zu werden. Sie studiert Anglistik an der Howard University in Washington (D.C.), einer afroamerikanischen Universität, denn noch sind die meisten Bildungsstätten nach „schwarz“ und „weiß“ getrennt. Das gilt auch für andere Lebensbereiche: Toni Morrison muss in ihrer Studentinnenzeit als Afroamerikanerin hinten im Bus sitzen. Wollte sie in einem weißen Restaurant essen, würde sie nicht bedient werden. Und auch die Trinkbrunnen der Weißen darf sie nicht benutzen. Als Mitglied einer Theatergruppe ihrer Universität erlebt sie bei Auftritten im Süden des Landes die dort noch härteren Lebensbedingungen für Menschen afroamerikanischer Herkunft. Dennoch lässt sie sich nicht einschüchtern und geht selbstbewusst ihren Weg. In der Universitätszeit ändert sie ihren Rufnamen von Chloe (den viele nicht aussprechen können) zu Toni (nach ihrem zweiten Vornamen Anthony). 1955 schließt sie ihre Studien ab und wird Dozentin für Englische Literatur, zuerst in Texas, dann in Washington.

1958 heiratet sie den jamaikanischen Architekten Howard Morrison, mit dem sie zwei Söhne bekommt. Wie es damals von verheirateten Frauen erwartet wird, lässt sie ihre Berufstätigkeit zunächst ruhen, doch schon 1964 lässt sich das Paar scheiden. Toni Morrison zieht mit den Kindern, die sie von nun an allein erzieht, nach New York und beginnt wieder zu arbeiten.

Wie die Schriftstellerinnen Madame d'Aulnoy, Virginia Woolf und Astrid Lindgren engagiert sich Toni Morrison für das Schreiben anderer. Neben der Lehrtätigkeit arbeitet sie sechzehn Jahre lang für den berühmten amerikanischen Random Verlag. So wie Frauen über Jahrhunderte der Zugang zur Literatur versperrt wurde, haben auch Schriftsteller und Schriftstellerinnen afroamerikanischer Herkunft kaum eine Chance, sich literarisch zu bilden und erst recht nicht ihre Werke zu publizieren. Zudem fehlen ihnen Vorbilder. Ihre durch die besonderen Erfahrungen geprägten Geschichten finden keinen Eingang in die Literatur und auch nicht in die öffentliche Wahrnehmung. Angeregt durch die antirassistische Bürgerrechtsbewegung der 1950er und 1960er Jahre wie durch ihre eigenen Erfahrungen engagiert sich Toni Morrison im Verlag energisch für die Etablierung der afroamerikanischen Literatur. Sie arbeitet an Lernmaterialen zur Geschichte und Literatur von Schwarzen für Schulen. Sie baut Kontakte auf und bringt unter anderem Bücher der Afroamerikanerinnen Toni Cade Bambara (1939 -1995) und Gayl Jones (*1949) heraus.

1989 erhält sie – an der berühmten Princeton University – als erste afroamerikanische Professorin einen eigenen Lehrstuhl, den sie bis 2006 besetzt. Auch hier engagiert sie sich: In Workshops bringt sie Menschen unterschiedlicher Generationen und unterschiedlicher Herkunft zusammen, um an neuen Literaturformen und -projekten zu arbeiten. Als Literaturwissenschaftlerin erforscht sie, welchen Einfluss die einengenden Vorstellungen von Geschlecht und Hautfarbe, von Sexismus und Rassismus auf die Literatur und auf die Gesellschaft haben.

In die Welt …

Förderin der Literatur – Toni Morrison als Verlagslektorin

und Professorin

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8. TONI MORRISON (*1931) 84SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

8. TONI MORRISON (*1931) 85SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

8.3 Die Schriftstellerin

Toni Morrison hat in einem Workshop – eher nebenbei – mit dem Schreiben begonnen. Während der Verlagstätigkeit wachsen die Geschichten in ihrem Kopf und nehmen bald auch auf Papier Gestalt an: 1970 erscheint The Bluest Eyes (Sehr blaue Augen), ihr erster Roman, der von einem afroamerikanischen Mädchen handelt, das sich blaue Augen wünscht, weil es hofft, dann geliebt zu werden. Dieser Erstling und der Folgeroman Sula, der 1974 veröffentlicht wird, werden von der Kritik gut aufgenommen, aber erst Song of Solomon (Solomons Lied, 1977), das tief in die Thematik der afroamerikanischen Geschichte eindringt, bringt den Durchbruch in der Öffentlichkeit. Nach Teerbaby erscheint Beloved (Menschenkind, 1987), für das sie 1988 mit dem wichtigsten US-amerikanischen Literaturpreis, dem Pulitzer Preis, ausgezeichnet wird. Für dieses Meisterwerk, das auf der wahren Geschichte einer entflohenen Sklavin beruht, arbeitet sie vier Jahre lang: Zeit für aufwendige Recherchen, für eine Auseinandersetzung mit der 300 Jahre andauernden Sklaverei und für die schwierige Aufgabe, eine Sprache für das leidvolle Thema zu finden.

Toni Morrison schreibt weiter: international beachtete Romane, literatur wissen-schaftliche Werke, die sich mit Rassismus auseinandersetzen, und sogar das Libretto für Margret Garner, einer Oper von Richard Danielpour, die auf der Geschichte von Beloved beruht. Mit ihrem Sohn Slade Morrison, der Künstler geworden ist, verfasst sie Bilderbücher (The Big Box, Die Kinderkiste, 1999 und The Book of Mean People, Das Buch der Bösen, 2002) und eine mehrteilige Neuerzählung von Äsops Fabeln im Comicstil. In dem Photobuch Remember (Erinnere Dich, 2004) erzählt die Schriftstellerin Kindern von den schweren Kämpfen um die Aufhebung der Rassentrennung in der Schule und in der Gesellschaft.

1993 erhält Toni Morrison als erste Afroamerikanerin, den Literaturnobelpreis.

Mit ihren Büchern rekonstruiert die Autorin die afroamerikanische Geschichte, die bisher nur bruchstückhaft überliefert ist. Sie schreibt ihre Romane so, dass die Brüche und Lücken sichtbar werden und eine vollständige Geschichte erst dann entsteht, wenn auch die Leserinnen und Leser ihre eigenen Erfahrungen einbringen. Diese Schreibmethode ähnelt der "Vielstimmigkeit", die durch Improvisation im Jazz entsteht. Wenn beim Jazz die einzelnen Instrumente sich in ein Stück einbringen, erzählen sie doch die Geschichte – das Thema – jeweils auf ihre spezifische Weise. Beim Schreiben greift Morrison immer wieder auf Elemente der Geschichten ihrer Kindheit, auf Erzählungen aus der Sklavenzeit, Geistergeschichten und auch biblische Geschichten zurück. Sie hat das Storytelling und die Musik in ihre Literatur eingebracht.

Schreiben in der Vielstimmigkeit

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8.4 Schreiben wie Toni Morrison

 Toni Morrison stellt sich vor

Einleitung: Wer ist Toni Morrison? Wie lebt und wie arbeitet sie? Wie wurde sie zur Schriftstellerin? (siehe S. 82-85)

Lernziel: Historisch-bio gra fi sche Spuren suche als Einführung ins Thema, Aus einandersetzung mit dem Thema Rassismus

Textbeispiel: -47 Toni Morrison stellt sich vor

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Benötigt wird: groß forma tiger Karton, Klebstoff, far biges Papier; Sitzkreis

Beschreibung: In die Mitte des Kartons wird das Porträtbild von Toni Morrison geklebt. Anschließend erzählt die Lehrerin/der Lehrer aus dem Leben der Schriftstellerin. (Kindheit in einer armen afroamerikanischen Familie, Aufstieg durch Bildung, Sklaverei und Rassismus, Lektorin, Schriftstellerin und Professorin, …). Kinder ab dem 3. Zyklus lesen ergänzend: Toni Morrison stellt sich vor. Für jeden neuen Aspekt wird, mit einem Verbindungsstrich, ein farbiger Zettel neben das Porträt geklebt: Dieser ist entweder beschriftet, oder bei jüngeren Kindern bemalt.

 Storytelling – Geschichten erzählen

Einleitung: Das Storytelling nimmt eine zentrale Rolle in Toni Morrisons Literatur ein. Die folgenden Unterrichtsideen thematisieren das Geschichtenerzählen in seinen verschiedenen Facetten: Erzählen ist nicht nur ein schöner Zeitvertreib. Mit Erzählen werden Traditionen überliefert, wird Gemeinschaft hergestellt und wird Wissen weitergegeben. Besonderes Augenmerk richtet Morrison in ihren Werken dabei auf die Vielstimmigkeit, das heißt sie versucht, den vielfältigen Perspektiven der Beteiligten eine Stimme zu verleihen.

Lernziel: Die Kinder üben Techniken des Erzählen, sie erleben wie wichtig es ist, z. B. in Konfliktsituationen, sich der eigenen Perspektive und der der anderen bewusst zu sein.

Toni Morrison im Amerikahaus in Frankfurt 1983

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8. TONI MORRISON (*1931) 86SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

8. TONI MORRISON (*1931) 87SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

Die Welt mit anderen Augen sehen

Einleitung, Lernziel: siehe Storytelling – Geschichten erzählen

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Beschreibung: Anhand der Unterrichtseinheit Simone Decker schärft den Blick durch Veränderung (KeK2- Künstlerinnen, S. 120-121) beschäftigen sich die Kinder mit dem Thema der Perspektive und erleben, wie entweder kleine Veränderungen, die im Raum vorgenommen werden, oder Änderungen ihrer eigenen Position im Raum, das Wahrgenommene in einem neuen Licht erscheinen lassen. Die Kinder diskutieren darüber, dass sie zwar alle zum selben Zeitpunkt im gleichen Klassenraum sind, die einzelnen jedoch jeweils etwas anders erleben, sehen oder hören. Nun können sie über Sprichwörter diskutieren, die diese Idee widerspiegeln: „Urteile nicht über einen anderen Menschen, bevor du nicht einen halben Mond in seinen Mokassins gegangen bist“ (Indianisches Sprichwort), oder „In den Schuhen eines anderen gehen“ oder „Die Welt mit anderen Augen sehen“.

Das habe ich – das haben wir erlebt

Einleitung, Lernziel: siehe Storytelling – Geschichten erzählen

Einstufung: 1.-3. Zyklus

Beschreibung: Die Kinder sitzen im Stuhlkreis: Sie erzählen reihum von einem gemeinsamen Ereignis aus der jüngsten Zeit (einem Schulausflug, ein Kind hat in der Klasse Geburtstag gefeiert, …). Jedes Kind erzählt immer nur eine kleine Erinnerung. Danach wird gefragt: „Wer hat das auch so in Erinnerung?“ Die Kinder, die das bejahen, stehen auf und tauschen die Plätze, während die anderen sitzenbleiben. Wichtig ist, dass die Kinder auch sehr persönliche Erinnerungen erzählen können, (z. B. dass sie hungrig waren, oder welche Kleidung sie trugen, …), damit am Ende das gemeinsame Erlebnis aus geteilter und individueller Erfahrung in all seinen verschiedenen Facetten dasteht.

Geschichten von zu Hause

Einleitung, Lernziel: siehe Storytelling – Geschichten erzählen

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Beschreibung: Im Sitzkreis sammeln die Kinder die verschiedenen Formen von Geschichten, die sie von zu Hause kennen: Familiengeschichten, Gute-Nacht-Geschichten, Mutmachgeschichten, Geschichten über Essen, Geschichten, bei denen es um Regeln geht, … Für jeden Geschichtentyp wird ein Symbol oder ein Zettel in die Mitte des Sitzkreises gelegt. Die Kinder reden darüber, ob und warum einige Geschichten immer wieder erzählt werden. Gibt es Erzählvarianten der einzelnen Familienmitglieder? Anschließend werden die Kinder aufgefordert für die nächste Unterrichtsstunde eine kurze Geschichte von zu Hause mitzubringen, die sie dann der Klasse, von einem besonderen „Erzählplatz“ aus, vortragen: Die jüngeren Kinder lassen sich z. B. eine Geschichte aus ihrer Babyzeit erzählen, die Älteren wählen das Thema selbständig.

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8. TONI MORRISON (*1931) 88SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

8. TONI MORRISON (*1931) 89SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

 Das Buch schreiben, das ich selber lesen will

Einleitung: „Wenn es ein Buch gibt, das Du wirklich lesen willst, und es ist noch nicht geschrieben worden, dann musst Du es selber schreiben.“ Diese Überzeugung äußert Toni Morrison in einer Rede. Sie selbst hat als Kind erlebt, wie Romane und Lehrbücher nur die Erfahrungen von weißen Kindern und ihrem familiären und gesellschaftlichen Umfeld spiegelten. Geschichten ihrer afroamerikanischen Eltern und Vorfahren kamen nicht vor. Ähnlich war die Erkenntnis der feministischen Schriftstellerinnen, die die fehlende Präsenz der weiblichen Perspektive in der Literatur feststellten und kritisierten. Aus dieser Erfahrung entwickelte sich eine neue Literatur, die diese Leerstellen zu füllen suchte. So erzählt Morrison in Menschenkind die Geschichte der Sklaverei aus afroamerikanischer, aus weiblicher und aus männlicher Perspektive. Ein zweiter Aspekt ist wichtig. Über ihr Schreiben befragt äußert die Autorin mehrfach: „Ich wollte sehen was passiert, wenn …“, das heißt sie experimentiert beim Schreiben und lässt literarische Figuren einander begegnen, Widerstand leisten oder Frieden schließen, die im realen Alltag wahrscheinlich nicht miteinander geredet hätten. Durch das Schreiben macht sie diese Situation vorstellbar und das gegenwärtige Unrecht benennbar und kritisierbar.

Lernziel: Die Kinder setzen sich mit literarischer Themenfindung auseinander und sammeln eigene Ideen. Sie erforschen, ob ihre Lebenswelt in Büchern/Filmen präsent ist. Sie experimentieren mit literarischen Situationen.

Ein Buch über mich!

Einleitung, Lernziel: siehe Das Buch schreiben, das ich selber lesen will

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Beschreibung: Als Einstieg werden die Kinder selbst zu ihren Erfahrungen mit Büchern befragt. Im Erzählkreis beschreiben sie kurze Szenen aus Büchern, die ihre Gefühle oder Erfahrungen widerspiegeln. Finden sich solche Szenen nur in realitätsnaher oder auch in fantastischer Literatur? Identifizieren sie sich gerne mit den Figuren ihrer Bücher? Lesen sie am liebsten Bücher, die sie in fremde Welten entführen? Die Unterrichtseinheit kann ausgeweitet werden, indem die Kinder anhand obiger Fragestellung Bücher in der Klasse vorstellen.

Was wäre, wenn …?

Einleitung, Lernziel: siehe Das Buch schreiben, das ich selber lesen will

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Benötigt wird: Malzeug, Zeitschriften für Collagen

Beschreibung: In Kleingruppen oder in Einzelarbeit überlegen die Kinder, was sie einmal als Geschichte oder Bilderbuch lesen/sehen wollen, dabei kann entweder der Fantasie freien Lauf gelassen werden oder die Kinder schreiben/malen (Bilder-) Geschichten über Situationen, die sie als ungerecht empfinden. In ihren Geschichten können sie – eine wichtige Funktion von Literatur – die sonst Unterlegenen gewinnen lassen.

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8. TONI MORRISON (*1931) 88SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

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Lieber Kinderbuchverlag! Liebe Bibliothekarin/Lieber Bibliothekar!

Einleitung, Lernziel: siehe Das Buch schreiben, das ich selber lesen will

Einstufung: 3.-4. Zyklus

Beschreibung: Die Kinder schreiben Briefe an die Lektorinnen/Lektoren von Kinderbuchverlagen und/oder an die Bibliothekarin/den Bibliothekar ihrer Schule. Sie machen deutlich, welche Geschichten sie gerne lesen würden.

 Löwe und Maus – Fabeln über „stark“ und „schwach“

Einleitung: Toni Morrison greift in ihren Werken häufig auf traditionelle Erzählformen zurück: Kinderlieder, europäische und afrikanische Volks-märchen und spirituelle Mythen. Mit ihrem Sohn Slade Morrison hat sie einzelne von Äsops Fabeln neu erzählt und weiter gesponnen. Äsop (ca. 600 v. Chr.) war ein gelehrter Sklave. Weil er nicht frei reden durfte, kleidete er seine Lebensweisheiten und moralischen Vorstellungen in kurze Tiergeschichten, die Fabeln. In ihnen handeln Tiere wie Menschen und stellen deren Eigenschaften dar. Fabeln sind eine wunderbare Grundlage zur Thematisierung von gesellschaftlichen Beziehungen: List, Macht, Schwäche, Neugier, Freundschaft und Verrat werden in der Verkörperung durch Tiere konkret und diskutierbar. Auch die berühmte luxemburgische Fabel: Reenert oder de Fuuss am Frack an a Maansgréisst von Michel Rodange (1872) benutzt die Tiergeschichte, um Gesellschaftskritik zu üben und wurde deshalb von den Behörden zensiert.

Lernziel: Thematisierung der Literaturgattung Fabel, Vergleich historischer und moderner Fabeln, kreative Arbeit mit der Literaturvorlage: Pantomime, Nach- und Weitererzählen, Auseinandersetzung mit Macht und Ohnmacht.

Textbeispiel: -48 Fabeltexte: Der Löwe und die Maus (nach Äsop), und Androklus und der Löwe (nach Gellius), -49 Slade und Toni Morrison: Der Löwe und die Maus

Die Fabel verstehen

Einleitung, Lernziel, Textbeispiel: siehe Löwe und Maus – Fabeln über „stark“ und „schwach“

Einstufung: 1.-2./3.-4. Zyklus

Beschreibung: 1. -2. Zyklus: Die Lehrerin/der Lehrer liest Toni Morrisons Fabel – mit erklärenden Unterbrechungen – vor. Beim zweiten Lesen spielen die Kinder pantomimisch mit. Sie können die Rolle der Maus oder des Löwen wählen.

De Reenert auf dem Knuedler

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8. TONI MORRISON (*1931) 90SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

8. TONI MORRISON (*1931) 91SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

3.-4. Zyklus: Die Lehrerin/der Lehrer erzählen/lesen nacheinander zuerst die Fabel Äsops, dann die Fabel von Gellius und schließlich die neue Bearbeitung des Stoffes durch Slade und Toni Morrison. Die Kinder vergleichen die Versionen.

Variante: 1.-4. Zyklus: a) Die Kinder spielen die Fabel in einem Rollenspiel nach. b) Die Kinder übernehmen einzelne Szenen der Geschichte und illustrieren sie.

„Stark“ und „schwach“ - Macht und Ohnmacht

Einleitung, Lernziel, Textbeispiel: siehe Löwe und Maus – Fabeln über „stark“ und „schwach“

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Beschreibung: Die Kinder sammeln Beispiele, in denen „stark“ „schwach“ ist und „schwach“ „stark“ (eventuell erweitern durch weitere Gegensatzpaare klein/groß, dick/dünn, krank/gesund, schnell/langsam, reich/arm…). Sie sammeln Beispiele aus ihrem Alltag. Die älteren Kinder knüpfen daran eine Diskussion über das Thema Macht/Ohnmacht, wer darf wann entscheiden? Wann und warum verändern sich Machtstrukturen? (Beispiele: Eltern-Kind Beziehung, Klassenking, Außenseiterin/Außenseiter, …)

Die Fabel neu erzählen

Einleitung, Lernziel, Textbeispiel: siehe Löwe und Maus – Fabeln über „stark“ und „schwach“

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Beschreibung: So wie Slade und Toni Morrison Äsops Fabel neu erzählt haben, schaffen jetzt die Kinder eine neue Version. Sie können: a) Die Geschichte mit anderen Tieren erzählen. b) Die Geschichte aus der Perspektive der Beteiligten erzählen (Maus oder Löwe oder der anderen Tiere). c) Die Fabel weitererzählen: Was wird nun aus der Maus oder dem Löwen? d) Die Fabel in eine Kurzgeschichte übertragen, die eventuell Alltagserfahrungen der Kinder aufgreift (z. B. der Löwe ist der Klassenking/die Klassenqueen/eine Clique, die Maus ist eine Außenseiterin/ein Außenseiter …). Die Geschichten können gemeinsam im Erzählkreis oder in Kleingruppenarbeit entstehen. Die Kinder können ihre Geschichten illustrieren.

 Das Gangsterlied

Einleitung: Im Auftrag des Cid-femmes hat die in Luxemburg lebende österreichische Komponistin Elisabeth Naske (*1963, Biografie siehe Das Wellenlied S. 44-45) Das Gangsterlied komponiert. Mit ihren Kompositionen gelingt es Elisabeth Naske, Kinder musikalisch in Fantasiewelten zu entführen, in denen sie spannende Abenteuer erleben und nebenbei auch ihr Selbstwertgefühl stärken. Auch im Gangsterlied sind Selbstbewusstsein und das Zusammenspiel von Macht und Ohnmacht das zentrale Thema. Mit der perkussiven Rhythmik des Liedes bringt die Komponistin mit musikalischen Mitteln Selbstbehauptung zum Ausdruck.

Lied- und Hörbeispiel: -50 Liedtext: Das Gangsterlied, -51 Melodiestimme, -52 Originalfassung mit Instrumenten, -53 Aufnahme Kinder/Jugendchor Konservatorium Luxemburg (Ltg.: Sylvie Serra-Jacobs)

Lernziel: Singen als eine Form von Beschäftigung mit Text, Textdeklamation und -deutung, Stimmschulung und

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8. TONI MORRISON (*1931) 90SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

8. TONI MORRISON (*1931) 91SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

Sprech erziehung. Förderung der Kreativität und der musikalischen Ausdrucksfähigkeit, Kennenlernen von Komponistinnen

Einstufung: 3.- 4. Zyklus

Beschreibung: Die Lehrerin/der Lehrer stellen den Kindern die Komponistin Elisabeth Naske vor. Die Kinder lesen den Liedtext, hören die Aufnahme und singen nun selber das Lied. Finden sie in der Melodie die Auseinandersetzung zwischen „stark“ und „schwach“ wieder? Das Lied hat die Form eines Aufrufs („Hört her!“) und vermittelt eine Botschaft. Kennen die Kinder Lieder, die ähnlich funktionieren (Rap, HipHop, Protestsongs, …)? Vergleichbar der Unterrichtseinheit zu Hildegard von Bingen – Die Seele zwischen Gottes Kräften und dem Teufel (KeK 1 Komponistinnen, S. 28) teilen sich die Kinder für eine musikalische Improvisation in zwei Gruppen („stark“, „schwach“) auf. Sie nutzen Schlaginstrumente oder Alltagsgegenstände. Die Gruppen spielen nacheinander und wechseln sich auf ein Zeichen der Lehrerin/des Lehrers ab. Wenn den Kindern in ihren Gruppen gute Textzeilen zu „stark“ und „schwach“ einfallen, können sie diese in ihre Improvisationen einbauen. Elisabeth Naske

Komplette Version auf CD: traCK 50, 51, 52, 53

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8. TONI MORRISON (*1931) 92SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

 Remember – Erinnere Dich!

Einleitung: Nach der Abschaffung der Sklaverei Mitte des 19. Jahrhunderts waren schwarze und weiße Bürgerinnen und Bürger in den USA noch lange nicht gleichgestellt. Es herrschte bis Mitte des letzten Jahrhunderts das Prinzip

„seperate but equal“/„getrennt, aber gleichwertig“. Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, öffentliche Verkehrsmittel und Gebäude, Cafés und Restaurants, Theater, Kinos, Schwimmbäder und Parks waren nach der Hautfarbe getrennt. In der Regel waren die afroamerikanischen Einrichtungen aber nicht gleichwertig, sondern schlechter ausgestattet. In den 1950er Jahren fingen Eltern an, gegen die Trennung in den Schulen zu protestieren. 1954 hatten ihre Klagen endlich Erfolg und getrennte Schulen wurden verboten. Es sollte noch bis 1964 dauern, bis die Bürgerrechtsbewegung sich durchsetzte und alle öffentlichen Einrichtungen allen – unabhängig von der Hautfarbe – zustanden. Mit dem Buch Remember versucht Toni Morrison, Kindern zu vermitteln, was damals passierte, wie es sich anfühlte, ungleich behandelt zu werden und wieviel Mut es brauchte, um die Veränderungen herbeizuführen. Indem Morrison Fotografien wählte, die für Kinder aussagekräftig sind, und indem sie den Fotografierten durch ihre erdachten Äußerungen eine Stimme gibt, erleichtert sie die Diskussion über das abgebildete Geschehen.

Lernziel: Einführung ins Thema Rassismus, Bürgerrechts-bewegung, Zivilcourage; Beschreibung und Interpretation von Fotografien

Einstufung: 3.-4. Zyklus

Text-, Bildbeispiel: -54 Auszug aus dem Buch Remember mit Kommentaren und Fragestellungen für den Unterricht

Benötigt wird: Bild-Projektor

Beschreibung: Die Klasse betrachtet gemeinsam die Bilder und diskutiert entlang der Vorschläge und Kommentare. In der Klasse können darüber hinaus folgende Themen vertieft werden: Wie wird man zur Außenseiterin/zum Außenseiter?

Was hilft einem, mutig zu sein? Wart ihr schon einmal in einer Situation, in der ihr euch gegen die Meinung der Mehrzahl entscheiden musstet? Wie war das? Was war die Folge dieser Entscheidung? Kennt ihr mutige Menschen? Im 4. Zyklus können die Kinder aufgefordert werden, mutige Menschen vorzustellen: passend zum Thema z. B. Rosa Parks, Martin Luther King, Nelson Mandela, Anne Frank, Sophie Scholl.

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8. TONI MORRISON (*1931) 92SCHRIFTSTELLERINNEN IN GESCHICHTE UND GEGENWART

SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG

Nadine,De Ritti

(Unterrichtseinheit Anise Koltz, Câdichon, S. 109f.)

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9. SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG94SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

9. SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG 95SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

9. 1 Die Startbedingungen

Zwei wichtige Faktoren prägen die Entwicklung der Literatur in Luxemburg. Als Grenzland zwischen dem deutschsprachigen und dem französischsprachigen Raum verfügt Luxemburg über mindestens drei Literaturen: die luxemburgische, französische und deutschsprachige. Immer häufiger werden in Luxemburg auch Werke in den Sprachen der EinwanderInnen – allen voran im Portugiesischen – veröffentlicht.

Zum anderen ist die Literaturgeschichte Luxemburgs noch recht jung. Erst ab dem 19. Jahrhundert widmeten sich Männer und allmählich auch Frauen verstärkt der Schriftstellerei. Denn Luxemburg war ein armes, von der Landwirtschaft geprägtes Land, durch das keine bedeutende Handelsroute verlief. An Bildung gab es für die Bauernkinder immer nur das Notwendigste. Standen landwirtschaftliche Arbeiten an, musste das Lernen warten. Bis ein reiches Bürgertum und eine Volkswirtschaft entstehen konnten, die auf die Bildung der Nachkommen angewiesen waren, dauerte es bis ins 19. Jahrhundert. Solange konnte auch nur eine Minderheit der Bevölkerung lesen und schreiben.

9. 2 Bedeutende Kulturförderinnen

Wenn in Luxemburg die Kultur Fortschritte macht, das Schulwesen ausgebaut und die Künste gefördert werden, sind daran zentral Frauen beteiligt. Yolanda, die Freundinnen Margareta Wiltheim-Busbach und Anna-Maria von Mansfeld, Aline Mayrisch-de Saint Hubert, Anise Koltz und Germaine Goetzinger werden hier exemplarisch als Türöffnerinnen in neue kulturelle Räume vorgestellt.

Das erste bedeutende literarische Werk im Raum Luxemburg entstand Ende des 13. Jahrhunderts. Es ist das Yolanda–Epos. In fast 6000 Versen setzte Hermann von Veldenz der Leiterin des Klosters Marienthal ein literarisches Denkmal. Yolanda gilt heute als bedeutende Kulturförderin Luxemburgs. Mit zwölf Jahren hatte sie sich erfolgreich gegen ihre Verheiratung gewehrt. Sie trat siebzehnjährig dem Orden bei und baute das Kloster in den folgenden Jahren aus: Marienthal erhielt eine eigene Bibliothek und Klosterkirche und wurde damit zu einer kulturellen Insel, in der zumindest einige Frauen Zugang zu den Künsten, zu Literatur und Musik erhielten.

Während das Jesuitenkolleg in Luxemburg-Stadt ab 1609 Jungen auf ein Universitätsstudium vorbereitete, gab es für Mädchen keine weiterführende Bildungseinrichtung. 1628 gründeten die Freundinnen Margareta Wiltheim-Busbach und Anna-Maria von Mansfeld einen Ableger der Congrégation Notre Dame, um Mädchen aus armen Verhältnissen eine Grundausbildung in Lesen und Schreiben zu vermitteln. Später ging daraus das Institut des Sœurs Sainte-Sophie hervor, in dem ab Mitte des 19. Jahrhunderts auch Primärschullehrerinnen ausgebildet wurden.

Dank des Engagements der zwei wohlhabenden Damen war in Luxemburg der Grundstein für die Mädchenbildung gelegt. Dennoch sollte es noch fast drei Jahrhunderte dauern, bis man von annähernd gleichen Bildungschancen für Mädchen und Jungen sprechen konnte.

Yolanda von Vianden (1231-1283) und das Kloster Marienthal

Margareta Wiltheim-Busbach (1579-1651) und Anna-Maria von

Mansfeld, (ca. 1585-1657)

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9. SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG94SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

9. SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG 95SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

Aline Mayrisch und der Kampf um Bildung

Das 20. Jahrhundert – Endlich ein Lyzeum für Mädchen

Wermutstropfen

Deshalb waren für die ersten Frauenrechtlerinnen in Luxemburg gleiche Bildungs- und Berufschancen die wichtigsten Ziele. 1906 gründeten bürgerliche Frauen den Verein für die Interessen der Frau. Die treibende Kraft des Vereins war Aline Mayrisch-de Saint-Hubert (1874-1947). Vielseitig interessiert engagierte sie sich schon als junge Frau für avantgardistische Kunst und Literatur. Ab 1906 stand ihr Engagement für Frauenrechte im Vordergrund. Sie und ihre Mitstreiterinnen organisierten Vor träge und Konferenzen, stellten Kontakte zur internationalen Frauenbewegung her, organisierten berufliche und juristische Beratung für mittellose Frauen und untersuchten die schlechte Wohnsituation der ärmeren Bevölkerung Luxemburgs.

Da sie selbst nicht in den Genuss eines Studiums gekommen war, engagierte sich Aline Mayrisch für eine Mädchenbildung, die das beschränkte Angebot der konfessionellen Schulen überschreiten sollte. Mit gleicher Bildung sollte es den Mädchen gelingen, Universitätsstudien zu absolvieren und sich den Zugang zu den freien Berufen (Medizin, Recht, Kunst, …) zu sichern. Um die staatliche Erlaubnis zur Gründung eines Mädchenlyzeums zu erhalten, stellte die wohlhabende Aline Mayrisch zum einen die finanziellen Mittel zur Verfügung, zum anderen überzeugte sie renommierte Persönlichkeiten, das Projekt zu unterstützten. Besonders hart umkämpft war der Lehrplan der neuen Schule, der genau dem der Jungengymnasien entsprechen sollte. In den Parlamentsdiskussionen wurde be-zweifelt, ob Mädchen überhaupt dieses „schwere Programm“ bewältigen könnten.

Weitere kontroverse Debatten wurden in der Gründungsphase des Mädchen-lyzeums ausgefochten: Die Kirche fürchtete die Konkurrenz – auch die finanzielle – für ihre Sainte-Sophie-Schule und warnte die Öffentlichkeit vor einer nicht-konfessionellen Schule. Manche Lehrer unterstützten das Vorhaben, auch wenn sie die zukünftige Konkurrenz für Jungen angesichts der wenigen Beamtenstellen beklagten. Dennoch, so argumentierten sie paternalistisch, sei es vorteilhaft für die späteren Ehemänner, eine aufgeklärte Frau und intelligente Erzieherin zur Partnerin zu haben. Manche Direktoren der Jungengymnasien wiederum wandten sich direkt gegen das Mädchengymnasium und beschworen die traditionelle Rollenteilung „Männer im Beruf und Frauen im Haushalt“.

Schließlich aber überwogen die Stimmen, die sich auf die fortschrittlichen Beispiele des benachbarten Auslands beriefen, und die meinten, zur industriellen Entwicklung Luxemburgs gehörten auch gebildete Frauen. 1911, nach knapp zwei Jahren Probezeit, wurde das Lycée de Jeunes Filles, ebenso wie das kurz darauf gegründete Escher Mädchenlyzeum, staatlich anerkannt. Damit war Mädchen endlich ein direkter Weg zum Universitätsstudium geöffnet. Was für ein Erfolg für Aline Mayrisch und ihre Mitstreiterinnen!

Dennoch mussten die Mädchen Einschränkungen hinnehmen: eine geringere Stundenzahl in wichtigen Hauptfächern wie Mathematik, einen späteren Beginn des Latein-Zweiges, die Einführung von Hauswirtschaftslehre, Handarbeiten und Kinderpflege und einige diskriminierende Benimmregeln. Unter diesen Auflagen litt auch das weibliche Lehrpersonal.

Aline Mayrisch war es gelungen, die beiden ersten Luxemburgerinnen, die im Ausland einen Doktortitel, und zwar in Literatur, erworben hatten, für das neue Lyzeum zu gewinnen: Marie Speyer (1880-1914) wurde von 1911-1914 stell-vertretende Schulleiterin, nachdem sie zuvor ein Gymnasium für junge Mädchen in Fribourg in der Schweiz geleitet hatte, während Anne Beffort (1880-1966) als erste Luxemburger Gymnasiallehrerin Französisch, Deutsch, Mathematik und Geografie unterrichtete. Außerdem musste sie als Anstandsdame die Stunden ihrer männlichen Kollegen beaufsichtigen und die Mädchen „sicher“ durch die Stadt und zur Tram begleiten. In Anerkennung ihrer Pionierarbeiten für die Mädchenbildung,

Briefmarke zum 125. Geburtstag von Aline Mayrisch de Saint-Hubert

Briefmarke Anne Beffort, 2010

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9. SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG96SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

9. SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG 97SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

vergibt die Stadt Luxemburg seit 2003 den Prix Anne Beffort für Aktivitäten zur Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen.

Die Debatte um Frauenbildung und -berufstätigkeit war mit der Gründung der ersten Mädchenlyzeen keinesfalls erledigt. Die kabarettistischen Theaterstücke von Alice Geschwind (1899-1971) aus den 1930er Jahren zeigen, dass die Diskussion um Frauenbildung über Jahre aktuell blieb. Erst 1968 wurde in Luxemburg die Koedukation eingeführt.

Auch Aline Mayrischs politisches, soziales und kulturelles Engagement ging weiter. Mit ihrem Ehemann, dem Ingenieur und Schmelzdirektor Emile Mayrisch, förderte sie z. B. nach Ende des Ersten Weltkrieges, den kulturellen Austausch zwischen den Nachbarländern: Zu ihren Rencontres in Colpach lud sie Intellektuelle, Politiker, Philosophen und Autoren aus Deutschland und Frankreich, mit denen sie auch Briefwechsel führte, so mit dem französischen Schriftsteller André Gide oder der Griechenlandspezialistin Marie Delcourt. Schließlich machte sie sich durch Rezensionen und literarische Übersetzungen einen Namen.

Die Lyrikerin Anise Koltz (*1928) ist Aline Mayrischs Vorbild gefolgt und gründete mit ihrem Ehemann und den Autorenkollegen Horst Bingel und Nic Weber 1962 die Mondorfer Literaturtage. Ihr ist ein eigenes Kapitel gewidmet: S. 100ff.

Der Durchsetzung der Mädchenbildung folgte 1919 das aktive und passive Wahlrecht für Frauen. Die Erwerbstätigkeit der verheirateten Frauen, die Berufswahl und das Recht, über das eigene Geld zu bestimmen blieben aber weiterhin eingeschränkt. Auch die Löhne waren deutlich geringer als die der Männer. Erst 1972/1974, mit einer zweiten Welle der Frauenbewegung, erhielten verheiratete Frauen die gleichen bürgerlichen Rechte wie ihre Ehemänner.

Germaine Goetzinger, Literaturwissenschaftlerin, Historikerin und Honorardirektorin des Centre national de littérature, arbeitet auf verschiedenen Gebieten für die Luxemburger Kultur und Literatur. Zum einen ist sie Autorin und Herausgeberin zahlreicher literaturwissenschaftlicher und historischer Veröffentlichungen. In Bezug auf Luxemburg hat sie z. B. 1997 mit Renée Wagener und Antoinette Lorang das Frauengeschichtswerk Wenn nun wir Frauen auch das Wort ergreifen …: Frauen in Luxemburg 1880-1950 und 2007 mit Kolleginnen und Kollegen das Luxemburger Autorenlexikon herausgegeben. Sie forscht zum Leben und Werk Aline Mayrischs und fördert immer neue Dokumente und Schriften von und über Luxemburger Schriftstellerinnen und Schriftsteller zu Tage, so auch zu Marie Henriette Steil (1898-1930) (s. Seite 97).

Von 1995-2012 war Germaine Goetzinger die Leiterin des Centre national de littérature (CNL) in Mersch, dessen Auf- und Ausbauarbeiten sie maßgeblich vorantrieb. Nicht nur die Räumlichkeiten sind enorm gewachsen, 2012 war Goetzinger Chefin von 17 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Gemeinsam kümmern sie sich um alles, was einen Bezug zur Luxemburger Literatur hat. In einem großen Archiv verwahren sie mehr als 40.000 Bücher und 289 Nachlässe von Autorinnen und Autoren: Tagebücher, Buchmanuskripte, Fotos und Briefe, Zeitungsausschnitte sowie persönliche Gegenstände, die den Schriftstellerinnen und Schriftstellern gehörten. Weil die Erforschung der Luxemburger Literatur ein weiteres Ziel des CNL ist, wird der Archivbestand der Öffentlichkeit in einem Lesesaal und im Internet zugänglich gemacht. Die Resultate der Forschungsarbeit werden regelmäßig publiziert. Außerdem finden im CNL Lesungen, Konferenzen, Ausstellungen und die Verleihung von Buchpreisen statt.

Für Kinder und Jugendliche hat das CNL viel zu bieten. Jedes Jahr besucht eine Autorin oder ein Autor von Kinder- und Jugendbüchern auf Einladung des CNL, des

Das Recht zu wählen und einen Beruf auszuüben

Germaine Goetzinger (*1947) Forscherin und Förderin

der Luxemburger Literatur

Germaine Goetzinger

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9. SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG96SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

9. SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG 97SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

Marie-Henriette Steil (1898-1930)

Schreiben als Beruf

Kulturministeriums und der Gemeinde die Stadt Echternach, um dort einen Monat lang in Schulen und Bibliotheken aus den eigenen Büchern vorzulesen und sich ins vielsprachige Echternacher Alltagsleben zu mischen. Struwwelpippi kommt zur Springprozession heißt das Projekt, an dessen Ende die Gäste eine Geschichte oder ein anderes literarisches Werk zu ihrem Besuch verfassen. Im Januar kommt die KIBUM (die Oldenburger Kinder- und Jugendbuchmesse) nach Mersch mit vielen neuerschienenen Büchern. Auch der Bilderbuchwettbewerb Raconte-moi, der Bücher für die Allerkleinsten ab sechs Monaten prämiert, wird mit Hilfe des CNL ausgetragen.

9. 3 Schriftstellerinnen in der Luxemburger Geschichte

Ein Beispiel: Dank der Forschungsarbeiten von Germaine Goetzinger und Cornel Meder wissen wir heute mehr von der Schriftstellerin Marie-Henriette Steil. Die junge Frau tritt in den 1920er Jahren auf die literarische Bühne. Von ihrem kurzen Leben sind neben den literarischen Texten leider nur ein paar Dokumente und einige Briefe erhalten, die Germaine Goetzinger zusammengetragen und analysiert hat. Daraus entsteht das Bild einer selbstbewussten, engagierten und humorvollen Frau.

Marie Henriette-Steil kommt kurz vor der Jahrhundertwende auf dem Limpertsberg in der Stadt Luxemburg zur Welt. Väterlicherseits stamme sie von Oeslinger Bauern ab, mütterlicherseits von Remicher Weinbauern, schreibt sie in einer kurzen autobiographischen Skizze und ergänzt in Klammern: „Und entre nous: Ich habe auch Kesselflickerblut in den Adern, Tatsache!“

Die junge Autorin schreibt in dichter, klarer Sprache Kurzgeschichten und Charakterskizzen von Menschen und von Tieren. Ihre Werke ähneln stilistisch denen der jungen Schriftstellerinnen der Weimarer Republik, sie haben eine Nähe zur sogenannten „Neuen Sachlichkeit“ und zeigen oft eine sozialkritische Perspektive.

1924 will Marie Henriette-Steil ihre Texte bei der Luxemburger Zeitung unterbringen. Sie schickt eine Auswahl an den renommierten Journalisten und Feuilletonredakteur Batty Weber. Halb ironisch, halb unsicher bezeichnet sie ihr Schreiben dabei selbst als „Kritzeln“. Prompt erliegt der Journalist, obwohl er mit der Frauenrechtlerin Emma Weber-Brugmann verheiratet war, den gängigen Vorurteilen seiner Zeit gegenüber schreibenden Frauen und schickt die Texte zunächst ungelesen mit dem Hinweis zurück, er wolle in den Urlaub, und sechs Wochen später könne sie die Texte, wenn es ihr ernst sei, erneut einreichen. Und das macht Marie Henriette Steil, die zum Glück eine gute Portion Selbstbewusstsein mitbringt. Wie es weiterging, hat Batty Weber in seiner berühmten Kolumne „Abreißkalender“ (16.1.1927) beschrieben: „Sechs Wochen später, auf den Tag, gingen beim Herrn Feuilletonredakteur dieselben Manuskripte wieder ein. Er prüfte sie mit einem Seitenblick links neben den Schreibtisch, wo der Papierkorb steht.“ Als er die erste Geschichte gelesen hatte, schämte er sich des Seitenblicks und schrieb: „Eigentlich könnten nun sämtliche Luxemburgerinnen von uns verlangen, dass wir ihnen Abbitte leisten, weil wir durch unsern Verdacht bewiesen hätten, dass wir ihnen in literarischen Dingen nichts zutrauen.“ Und dann lobt er den Stil der jungen Frau: „die grade Linie, das Fertige, Klare“, und, nun muss er doch nochmal betonen, dass sie eine Frau ist, auch das „Unbackfischmäßige an ihren Texten“.

Briefmarke Marie-Henriette Steil, 2005 – nach einer Zeichnung von Piere Blanc

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9. SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG 99SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

Also beginnt Marie-Henriette Steil für die Luxemburger Zeitung zu schreiben, später auch für das Escher Tageblatt und die Kulturzeitschriften Les Cahiers luxembourgeois und Jonghémecht. Immer wieder muss sie Selbstbewusstsein zeigen, und das zuvor vereinbarte Honorar einfordern. „(…) hier Arbeit, da Kopeken“, schreibt sie in einem Brief und besteht darauf, dass Literatur eine Ware und deshalb zu bezahlen sei, wie „Backsteinkäs' und Bismarkheringe“. Schließlich wird sie Mitglied im Schutzverband deutscher Autoren (gegr. 1909), der, ähnlich einer Gewerkschaft, die finanziellen und urheberrechtlichen Interessen seiner Mitglieder vertritt.

Nachdem ihre Kurzgeschichten auch in einigen deutschsprachigen Zeitungen erscheinen, gelingt es der jungen Schriftstellerin 1926, die Sammlung Tier und Mensch im Leipziger Xenien-Verlag zu veröffentlichen. Das 114seitige Werk mit dem ironischen Untertitel Harmlose Geschichten wird von dem Luxemburger Künstler Auguste Trémont aufwändig illustriert. Ein großer Erfolg! Leipzig war damals die deutsche Buch- und Verlagsstadt. Jenseits von Luxemburg zu veröffentlichen, war auch für ihre männlichen Kollegen nicht einfach, doch die junge Schriftstellerin schaffte es, trotz der oben geschilderten Vorurteile gegen Schriftstellerinnen. In der Sammlung des Literaturwissenschaftlers Albert Hoefler Dichter unseres Landes 1900-1945 findet sich unter 19 Porträts als einzige Frau Marie-Henriette Steil. Wäre sie nicht schon 32-jährig am 18. Dezember 1930 an einem Blutsturz gestorben, was hätte alles aus ihr werden können? (siehe Liß. Aus: Tier und Mensch, 1926, -55)

Auch viele Schriftstellerinnen der Nachkriegszeit zeichnen sich durch großes Engagement aus. Zu ihnen zählt Rosemarie Kieffer (1932-1994), die im Lycée des jeunes filles in Luxemburg Französisch, Latein und Philosophie unterrichtete und sich an den Protesten der Luxemburger Frauenbewegung beteiligte. Rosemarie Kieffer war vielfältig kulturell interessiert und unterhielt zahlreiche internationale Kontakte; sie schrieb Kurzgeschichten und Reiseberichte und verfasste Literatur- und Kunstkritiken. Ihr sind auch mehrere wichtige Sammelbände zu verdanken, darunter einer zur französischsprachigen Literatur sowie einer zu den französischsprachigen Schriftstellerinnen in Luxemburg (Pays clément dans la fureur des vagues, 1993). Kieffers Arbeitskollegin und Freundin José Ensch (*1942-2008) fand mit ihren Gedichten im In-und Ausland große Anerkennung. Für Dans les cages du vent erhielt sie 1998 den Servais Preis. Sie war ebenfalls als Literaturkritikerin aktiv. Malerei und Musik, für die sie sich gleichermaßen interessierte, flossen in ihre Gedichte ein. Gerne veranstaltete sie Lesungen mit Musik, und sie illustrierte die oben genannte Anthologie Pays clément dans la fureur des vagues mit eigenen Collagen.

Luxemburg ist Heimatland, Exilland, Durchgangsland. Viele in Luxemburg schreibende Schriftstellerinnen haben einen Teil ihres Lebens in anderen Ländern verbracht und legen in ihren Werken Zeugnis ihrer Erfahrung ab. Teresa Pimentel (1959) wurde im damals noch portugiesischen Angola geboren. Als dieses 1975 unabhängig wurde, zog die Familie nach Portugal und von dort 1981 nach Luxemburg. Ihre Erfahrung verarbeitet sie sowohl in Arbeiten zur Migration in Luxemburg als auch in Lyrik und Prosa. Die heute in der Schweiz lebende Jeannine Grisius (*1946) lebte als Kind in Ruanda und kam mit sechs Jahren nach Luxemburg. In Dein Bild im Herzen/Le visage oublié erzählt sie ihre Lebensgeschichte, unter anderem die Suche nach der abwesenden Mutter. Die Literaturwissenschaftlerin und Lyrikerin Liliane Welch (*1937-2010) wanderte als junge Frau in die USA und später nach Kanada aus. Zeit ihres Lebens hielt sie enge Verbindungen nach Luxemburg. Ihre zahlreichen Gedichtbände veröffentlicht sie in englischer Sprache. Margret Steckel (*1934), die in der ehemaligen DDR geboren wurde, aber seit 1983 in Luxemburg lebt und schreibt, beschäftigt sich in ihren Romanen und Erzählungen mit historischen und autobiografischen Themen

Hier Arbeit, da Kopeken

Über die Grenze – Tier und Mensch

Mitte des 20. Jahrhunderts

Über die Grenzen schreiben

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9. SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG98SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

9. SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG 99SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

Die Gesellschaft und die Frauen im Blick

Vielfalt

Für Kinder schreiben

Seit den 1980er Jahren greifen mehr und mehr Schriftstellerinnen gesellschaftliche Themen, insbesondere Geschlechterfragen auf. 1980 erscheint G(B)efangen –G(B)efreit. Frauenlyrik in Luxemburg, eine Anthologie mit Emanzipationsgedichten, herausgegeben von Barbara Höhfeld (*1934). Im selben Jahr gründen Aktivistinnen des MLF (Mouvement de Libération des Femmes au Luxembourg), darunter Barbara Höhfeld, das Frauentheater, für das sie bestehende Stücke adaptieren oder neue schreiben.

Mit Lyrik und Kurzgeschichten spürt Colette Mart (*1955) weiblichen Lebens-erfahrungen über mehrere Generationen nach. In Als Anna weinte (1994), geschrieben in Versform, porträtiert sie ihre Großmutter. Auch als Journalistin nimmt sie regelmäßig zu Frauenthemen Stellung. Erinnerungen von und über Frauen sind ein zentrales Thema in Maryse Kriers (*1953) Kurzgeschichten, Gedichten und Erzählungen, z. B. Herzschlag, 2004 von Leon Weis verfilmt. In den Literatur- und Feuilletonbeiträgen der heute in Wien lebenden Michèle Thoma (*1951) geht es oft um den Blick von Frauen auf die Gesellschaft, so in der Erzählung Der Ernst des Lebens, in der sie mit viel Ironie und Bitterkeit die Einschulung eines Kindes aus der Perspektive der Mutter schildert. Josiane Kartheiser (*1950) ist Schriftstellerin, Journalistin, Kabarettistin und Lehrerin. Sie verarbeitet gesellschaftliche Ungleichheit von Frauen und weibliche Beziehungsmuster in Kurzgeschichten, Hörspielen, Gedichten, Glossen und Kabaretttexten. Für ihr engagiertes Schreiben wurde sie 1987 mit dem Journalistenpreis Menschliches Europa des Europarates und 2010 mit dem Prix Anne Beffort der Stadt Luxemburg ausgezeichnet. Um gesellschaftliche Themen drehen sich auch die Gedichte der Lehrerin Danielle Hoffelt (*1963), die daneben Literaturkritiken verfasst und pädagogische Theaterateliers mit Jugendlichen organisiert. Im Feuilleton und als Autorin literaturwissenschaftlicher Artikel ist schließlich Anne Schmitt (*1953) unterwegs, die außerdem Regie in Theaterproduktionen führt und Kurzgeschichten verfasst.

Gleich in mehreren Medien zu Hause sind die jungen Autorinnen Claudine Muno (*1979, s. S. 110) und Carine Krecké (*1965). Die Wirtschaftswissenschaftlerin und Künstlerin Carine Krecké fotografiert und verfasst Kurzgeschichten, Theaterstücke und Erzählungen. Claudine Muno schreibt in Englisch, Luxemburgisch, Französisch und Deutsch Romane, Theaterstücke und Kindergeschichten, verfasst Feuilletonartikel, zeichnet schräge Comics und komponiert und textet für ihre Band Luna Boots. Eine sehr junge Schriftstellerin hat 2006 mit einer Abenteuergeschichte die literarische Bühne betreten: Jasmine Braun (*1988) war beim Erscheinen von Wolfsspur (2006) erst achtzehn Jahre alt. Schon zwei Jahre später wurde ihr Jugendroman Zerrissen veröffentlicht.

Céline Clemen (1896-1942) und Melanie Georges schreiben Anfang der 1920er Jahre Kindertheaterstücke, die auf Märchen beruhen. Diese gelten als die ersten eigenständigen Werke von Autorinnen in luxemburgischer Sprache. Auch Anise Koltz, Rosemarie Kieffer und Josiane Kartheiser haben Literatur für Kinder verfasst. Heute gibt es zahlreiche Kinderbücher aus der Feder Luxemburger Autorinnen: Neben Nicole Paulus (*1955, s. S. 113-120) sind das z. B. Marguy Krier (*1955), die vor allem Reime für Kinder schreibt, Chantal Schenten-Keller (*1959), Mireille Weiten-de-Waha (*1967) und Renée Weber (*1969), deren Bilderbücher sich vorwiegend an die Jüngsten richten, und Christiane Ehlinger (*1947), die mit Romanen und Tatsachenberichten, einem Aufklärungsbuch und Liedern auch Teenager anspricht.

Diese kurze Einleitung kann nicht die Vielzahl von luxemburgischen Schriftstellerinnen abbilden, noch ihr Wirken in der Literaturszene gebührend würdigen. Sie macht aber deutlich, dass Frauen schon vor mehr als einhundert Jahren ihrer Weltsicht und ihren Ideen mit Literatur eine Stimme verliehen haben.

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10.1 Eine Lyrikerin über die Grenzen

Anise Koltz spielt eine bedeutende Rolle in der Luxemburger Literatur, sie baut Brücken: Ihre Gedichte bahnen einen Weg vom eigenen Empfinden und Denken zu einem Publikum auch weit über Luxemburg hinaus. Und ihre Aufgeschlossenheit für die Welt sowie ihr Engagement, unter anderem als Organisatorin der Mondorfer Dichtertage, ist eine Brücke, über die viele Autorinnen und Autoren im In- und Ausland einen Weg gefunden haben, sich auszutauschen, einander kennen zu lernen und gemeinsam neue Projekte zu entwickeln.

10.2 Anise Koltz – eine Luxemburger Dichterin

Am 12. Juni 1928 kommt Anise Koltz in Luxemburg-Eich als Luise Anna Blanpain zur Welt. Ihre Mutter, Alix Mayrisch ist Luxemburgerin, der Vater Raymond Blanpain Belgier. Die Familie gehört dem Großbürgertum an, der Vater arbeitet als leitender Funktionär beim Stahlkonzern Arbed.

Die Stimmung im Elternhaus ist streng konservativ. Obwohl Anise Blanpain einen Bruder und eine Schwester hat, fühlt sie sich als Außenseiterin und oft langweilt sie sich. Zwar wird darauf geachtet, dass die Kinder ordentlich gekleidet sind, jedoch: „Il n'y avait ni livre, ni musique. C'était le désert culturellement. J'adorais la lecture“. So erinnert sich Anise Koltz heute. Sobald sie ein wenig Taschengeld hat, kauft sie Bücher und erobert sich so ihre eigene Welt, die Welt der Schrift. Bevor sie zwölf wird, beginnt sie ihren ersten Roman, für den sie ein Findelkind zur Hauptperson wählt.

Die Schulzeit wird überschattet vom Zweiten Weltkrieg. 1940 als die deutschen Truppen quer durch Luxemburg marschieren um Frankreich anzugreifen, flieht die Familie Blanpain, wie viele andere auch, nach Frankreich. Nachdem Luxemburg kapituliert und unter deutsche Militärverwaltung gestellt wird, kehren sie zurück. Das Elternhaus jedoch ist in ihrer Abwesenheit von Offizieren der Wehrmacht als Casino genutzt worden und muss erst wieder hergerichtet werden.

In der Kriegs- und Nachkriegszeit, zwischen 1940 und 1947, besucht Anise Blanpain das Lycée de jeunes filles (s. S. 95) in der Stadt Luxemburg. Zu den zahlreichen Zwangsmaßnahmen der Nationalsozialisten gehört es, dass die französische Sprache verboten wird. In den Schulen wird fortan nur noch auf Deutsch unterrichtet. Auch die jugendliche Schriftstellerin schreibt jetzt in deutscher Sprache. Damit folgt sie nicht allein dem Zwang der Besatzer. Sie grenzt sich durch den Gebrauch des Deutschen auch von ihren Eltern ab, die luxemburgisch und französisch orientiert sind: „Deutsch sprach niemand. In gewisser Weise gehörte diese Sprache mir“.

Im Juni 1947 heiratet die neunzehnjährige Anise Blanpain ihre große Liebe, den Arzt und Junglinster Bürgermeister René Koltz, den sie schon in der Schulzeit kennengelernt hatte. Es folgen glückliche Jahre, in denen die Kinder Jean Luc, Françoise und Isabelle auf die Welt kommen. Während René Koltz bald zum Direktor des Staatsbades Bad Mondorf und zum medizinischen Direktor des Gesundheitsdepartements avanciert, schreibt Anise Koltz unentwegt weiter, und ihre ersten Werke werden veröffentlicht.

Kindheit: „J'éprouvais le besoin de lire et d'écrire.“

Im Krieg

Als junge Schriftstellerin

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Gleichzeitig wird für die junge Schriftstellerin der intellektuelle und interkulturelle Austausch immer wichtiger. Sie besucht literarische Treffen im Ausland und gründet 1962 gemeinsam mit ihrem Ehemann, und unterstützt von den Schriftstellern Nic Weber, Horst Bingel und Edmond Dune, die Mondorfer Dichtertage (Journées Littéraires de Mondorf/Munnerefer Dichterdeeg). Hier kommen im zweijährigen Rhythmus (bis 1974) deutsch- und französischsprachige, ausländische und luxemburgische Autoren und Autorinnen zusammen, um über Literatur und die Rolle der Schriftsteller in der Gesellschaft zu diskutieren. Anise Koltz ist die zentrale Figur der Dichtertage; sie plant, organisiert und vertieft zwischen den Treffen die neu gewonnenen Kontakte. Als Vorbild für die Mondorfer Dichtertage nennt die Großnichte von Emile Mayrisch die Treffen oder „Rencontres“ von Colpach, die Emile und Aline Mayrisch de Saint-Hubert (1874-1947) ab 1918 in ihrem Schloss organisierten, und bei denen sich Intellektuelle, Politiker, Philosophen und Autoren aus Deutschland und Frankreich trafen. Dazu Anise Koltz: „[…] l'exemple de ces Rencontres […] m'a été donné par ma famille, les Mayrisch de Saint-Hubert. Leur

Engagement für Literatur

Anise Koltz

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but, comme le nôtre: être un laboratoire, si modeste soit-il, de la construction d'une société multiculturelle“ (Preisrede Prix Batty Weber).

1971 stirbt der Ehemann René Koltz nach mehrjähriger Krankheit an den Spätfolgen der Misshandlungen durch die Nazis. Er war während des Zweiten Weltkrieges im Widerstand aktiv und später im Konzentrationslager interniert. Sein früher Tod hinterlässt Spuren im literarischen Schaffen von Anise Koltz, die von nun an in französischer Sprache schreibt. Die Distanz zum Deutschen, der Sprache derer, die zum frühen Tod ihres Mannes beigetragen hatten, ist zu groß geworden.

Der Wechsel zu einer neuen Sprache – häufig bedingt durch Flucht und Exil – ist für viele Autorinnen und Autoren ein tiefer Einschnitt. Bei Anise Koltz hat die Verbindung der verschiedenen sprachlichen Gesetzmäßigkeiten jedoch zu dem besonderen Stil ihrer Gedichte beigetragen. Heute bezeichnet es die Schriftstellerin als Glück, dass Luxemburg zwischen den Kulturen Deutschlands und Frankreichs liegt, weshalb man in zwei bis drei Sprachen aufwachsen und auch Originaltexte lesen könne. Einerseits, stellt sie fest, bleiben wir „[…] Touristen in den angelernten Sprachen“ (Interview, 2003), andererseits aber ermögliche die Distanz zu den Nicht-Muttersprachen einen freieren Umgang mit der Sprache: „… dann kracht die Sprache, sie gerät fast aus den Fugen.“ Ein Gedankengang, der auch von ihrer Kollegin Nicole Paulus geteilt wird.

Um für den Familienunterhalt zu sorgen, arbeitet Anise Koltz nach dem Tod ihres Mannes bis 1975 als Bibliothekarin in der Thomas-Mann-Bibliothek, der Luxemburger Filiale des Goethe-Instituts, und ermöglicht dort vielen jungen Menschen einen Einstieg in die Literatur. Parallel dazu arbeitet sie schriftstellerisch, übersetzt literarische Werke, so die Gedichte Bis an die Tore der Nacht des senegalesischen Schriftstellers Léopold Sédar Senghor, und engagiert sich weiterhin für die Literatur. Als 1995 Luxemburg zum ersten Mal Kulturhauptstadt wird, setzt sich Anise Koltz erfolgreich dafür ein, die Literaturtage wieder zu beleben.

10.3 Die Schriftstellerin Anise Koltz

Die ersten Werke von Anise Koltz erscheinen in den 1950er Jahren. Es sind Märchen, die geprägt sind von der Nachkriegszeit, keine fröhlichen, sondern eher nachdenkliche Geschichten, in denen sich die Unsicherheit und auch die allgemeine Verzweiflung über die Gräueltaten des Krieges und die Sehnsucht nach einem menschlicheren Leben spiegeln. Die Märchenbände heißen Die Blumenwiese (1953), Märchen (1957) und Der Wolkenschimmel (1960).

Das Bilderbuch D’Kreschtkënnche kënnt (1964) hat sie gemeinsam mit ihrem Sohn illustriert. Bei De Clown (1975) stammen Bilder und Text von der Autorin selbst.

Die ersten Gedichtbände erscheinen, neben Einzelveröffentlichungen in ver-schiedenen Anthologien und Zeitschriften, Ende der 1950er, Anfang der 1960er Jahre. Schon bald wird Anise Koltz auch über die Grenzen bekannt. Steine und Vögel (1964) ist der erste in Deutschland, Le jour inventé (1975) der erste in Frankreich veröffentlichte Gedichtband. Bis heute ist die Zahl ihrer Veröffentlichungen auf mehr als 30 Werke angestiegen.

Die Gedichte von Anise Koltz haben einen sehr eigenen klaren Stil: Sie sind tatsächlich – wie die zweite Silbe, das „dicht“ in diesem Wort es ausdrückt – kurz und präzise. Häufig verwendet die Autorin Naturbilder, um mit ihnen Gefühle

Die Sprachen

Weiterschreiben – Weiterarbeiten – Weitervernetzen

Märchen und Bilderbücher

Die Gedichte

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und Gedanken zu beschreiben und ihnen einen bildhaften Ausdruck zu geben: Trauer oder Einsamkeit können durch die Nacht dargestellt werden, Sehnsucht durch Sterne, Liebe durch Feuer, Aggression durch ein jagendes Tier. Anise Koltz thematisiert grundlegende Fragen der Menschen zu Leben und Tod. Sie beschäftigt sich intensiv mit den Beziehungen zwischen Menschen (Mutter und Kind, Liebende). Das eigene Schreiben und die Sprache in all ihren Formen sind ebenfalls Thema ihrer Gedichte.

Die Gedichte von Anise Koltz haben immer wieder Komponistinnen und Komponisten zu eigenen Stücken angeregt, so auch Lou Koster (1889-1973) und Albena Petrovic-Vratchanska (*1965) (siehe KeK-Band 1, S. 53-78). Mehrere Gedichtbände der Lyrikerin sind künstlerisch gestaltet. Zu den Bänden La terre se tait und Mur du son hat Anise Koltz selbst Fotografien beigetragen. Für den Bildband Enfants du monde (1998) hat sie auf ihren zahlreichen Reisen Fotografien von Kindern gemacht.

Für ihr literarisches Werk hat Anise Koltz zahlreiche Preise und Auszeichnungen im In- und Ausland erhalten. Ihre Werke sind in mehr als fünfzehn Sprachen übersetzt. In Luxemburg empfing sie – schon 1961 – den Prix du Gouvernement luxembourgeois und 1996 den nationalen Literaturpreis Batty Weber, der ihr Lebenswerk würdigt. In Frankreich wurde sie 1998 als erste Frau mit dem renommierten Prix Apollinaire und 2009 mit dem Prix Jean Arp geehrt. Als jüngsten luxemburgischen Preis hat sie im Sommer 2008 den Prix Servais für ihr Werk L'Ailleurs des Mots empfangen.

Lyrik und Musik, Kunst und Fotografie

Preise und internationales Renommee

Bild von Céline (Unterrichtseinheit Anise Koltz, Câdichon, S. 109f.)

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10.4 Mit Anise Koltz Lyrik entdecken

 Anise Koltz – Eine Dichterin aus Luxemburg

Einleitung: Vorstellung der bedeutenden luxemburgischen Lyrikerin und Literaturförderin (siehe Biografie, S. 100-102)

Lernziel: historisch-biografische Spurensuche als Einführung ins Thema, Kennenlernen einer luxemburgischen Literatin, Kennenlernen von bedeutenden Förderinnen der luxemburgischen Literatur

Textbeispiel: -56 Mit Worten bauen – die Dichterin Anise Koltz

Anise Koltz stellt sich vor

Einleitung, Lernziel, Textbeispiel: siehe Anise Koltz – Eine Dichterin aus Luxemburg

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Benötigt wird: großformatiger Karton, Kleber, farbiges Papier

Beschreibung: In die Mitte des Kartons wird das Porträtbild von Anise Koltz geklebt. Anschließend erzählt die Lehrerin/der Lehrer aus dem Leben von Anise Koltz. Kinder ab dem 3. Zyklus lesen ergänzend Mit Worten bauen – die Dichterin Anise Koltz. Dann erstellen sie gemeinsam das Schaubild. Für jeden neuen Aspekt wird, mit einem Verbindungsstrich, ein farbiger Zettel neben das Porträt geklebt. Dieser ist entweder beschriftet oder bei den jüngeren Kindern bemalt.

Aline Mayrisch – Anise Koltz – Germaine Goetzinger Förderinnen der Luxemburger Literatur

Einleitung, Lernziel: siehe Anise Koltz – Eine Dichterin aus Luxemburg und Förderinnen der luxemburgischen Literatur (siehe S. 94-99)

Einstufung: 2.-4. Zyklus

Benötigt wird: großformatiger Karton, Kleber, farbiges Papier; Erzählkreis

Beschreibung: An den Beispielen von Aline Mayrisch, Anise Koltz und Germaine Goetzinger diskutieren die Kinder, warum es wichtig ist, nicht nur Literatur zu schreiben, sondern die Literatur auch zu fördern. Eignen sich Schriftstellerinnen/Schriftsteller besonders gut für diese Aufgabe? Was passiert, wenn Autorinnen und Autoren sich untereinander austauschen? Braucht Literatur Werbung? (siehe auch Die Literarischen Salons, S. 18f.)

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 Et gi Wierder … Einleitung: Bei dem folgenden Gedicht stehen nicht Form, Vers oder Reim im Vordergrund, sondern das lyrische Bild. Das folgende Gedicht von Anise Koltz beschäftigt sich mit der Sprache selbst: Wohin führt das Schreiben, was bewirken Worte?

Textbeispiel: Il existe des mots rapides et agressifs comme des busards

Au lieu de s’élever dans le ciel ils foncent dans l’herbe pour déchiqueter leur proie. Anise Koltz (Aus: Le mur du son)

Lernziel: Auseinandersetzung mit der Gattung Lyrik, Textverständnis, spielerischer Umgang mit Sprache, Erweiterung der Sprachkompetenz, Verfassen eigener Gedichte

Einstufung: 4. Zyklus (französischsprachiger Unterricht),1.-3. Zyklus (Arbeit anhand der freien Übersetzung, s. u.)

Beschreibung: Jüngere Kinder arbeiten mit einer freien Übersetzung des Gedichts, zum Beispiel:

Et gi Wierder séier a bësseg wéi e Bussar

Si fléien net an den Himmel, si stierze sech an d’Gras fir hiert Affer ze friessen

(Ab dem 4. Zyklus kann das Gedicht von den Kindern selbst übersetzt werden.) Was für ein Bild zeichnet die Lyrikerin mit dem Gedicht? Über das Verständnis des Bildes erkennen die Kinder, dass Wörter trösten, glücklich und fröhlich machen, aber auch verletzen können. Diese Bilder sind keine Naturbeschreibungen, Anise Koltz sagt damit nicht, dass Greifvögel aggressiver sind als Singvögel. Auch ein Singvogel frisst Würmer und auch ein Greifvogel füttert fürsorglich seine Jungen. Der Akt des Jagens jedoch kann als Bild für ein strategisches, wenn auch manchmal notwendiges aggressives Verhalten stehen (genauso sprechen Menschen eine aggressivere Sprache, wenn sie sich wehren). Die Kinder sammeln gemeinsam Worte, die zum Bild des Jagens (Greifvögel) und zum Bild des freien Schwebens/Aufsteigens (Singvögel) passen. Abschließend diskutieren sie darüber, welche weiteren Gegenstände, Tiere oder Pflanzen geeignet sind, Gefühle auszudrücken.

Singvögel und Greifvögel – Musikalische Improvisation zum Gedicht

Einleitung: Menschen verbinden schon immer Sprache mit Musik. Kinder erfinden und singen über dem Spielen häufig eigene Lieder. Erwachsene tun es gelegentlich auch, wenn sie gut gelaunt und entspannt sind. Bestimmte Worte wecken beim Menschen musikalische Assoziationen.

Textbeispiel: siehe Et gi Wierder …

Lernziel: durch Improvisation und Pantomime Text und Musik verbinden, kreatives Gestalten

Schulkinder aus Berdorf

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Einstufung: 1.-3. Zyklus

Benötigt wird: Flöten, Perkussionsinstrumente oder auch Alltagsgegenstände, die Geräusche machen (knisterndes Plastik, zerreißendes Papier, …), der eigene Körper (Klatschen, auf Gegenständen Trommeln, Pfeifen, …)

Beschreibung: Die Kinder werden in vier Gruppen aufgeteilt: zwei pantomimische Gruppen, Singvögel und Greifvögel (Flattern, Kreisen, Segeln, …) und zwei Musikgruppen, Singvögelgeräusche und Greifvögelgeräusche (Singen, Pfeifen, Kreischen,…). Phase 1: Die Kinder haben Zeit, sich in ihre Rollen hinein zu versetzen. Sie probieren unter Anleitung des Lehrers, der Lehrerin, die Instrumente aus und versuchen, Geräusche und Bewegungen wie Sing- und Greifvögel zu machen. Phase 2: Dann folgt auf ein Anfangssignal die erste Aufführung, zunächst treten die beiden Singvogelgruppen, dann nach einem zweiten Signal die Greifvogelgruppen auf. Es kann getauscht werden, so dass alle Kinder die verschiedenen Rollen ausprobieren können.

Wörter wie Sonnenstrahlen und Brennnesseln

Einleitung, Textbeispiel, Lernziel: Et gi Wierder …

Einstufung: 2.-4. Zyklus

Benötigt wird: Sitzkreis; ein weicher Gegenstand, den sich die Kinder weiterreichen können

Beschreibung: Ein Kind beginnt. Es sagt die Anfangszeile des Gedichts: „Et gi Wierder…“ und fügt dann eine Beschreibung hinzu: z. B. „Es gibt Wörter, die sind wie Sonnenstrahlen“. Danach reicht es dem Nachbarkind das Pfand weiter, dieses ergänzt dann Beispielwörter, z. B. „warm“, „glitzernd“, „hell“, „fröhlich“, „tröstend“… Das Pfand wird immer weiter gereicht. Wenn genügend Wörter gefunden sind, darf das nächste Kind eine neue Beschreibung (z. B. Brennnesseln) wählen. Das Spiel beginnt von neuem.

 Wir verfassen ein Gedicht

Einleitung, Textbeispiel, Lernziel: siehe Et gi Wierder …

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Beschreibung: In kleinen Gruppen suchen die Kinder Tiere oder Gegenstände, die darstellen können, wie Worte manchmal sind. Diese nutzen sie, um eigene kleine Sechszeiler zu dichten. Sie beginnen mit der Anfangszeile „Et gi Wierder …“, daran fügen sie reihum eigene Zeilen. Ältere Kinder schreiben die Gedichte auf.

M Ä I G E D I C H T

Et gi Wierderwéi Wolléken

si si wäiss

a si si mëlla si fléien um Himmel

an heiansdo reent et draus

Nadine, Kyra

M Ä I G E D I C H T

Et gi Wierderwéi e Krokodil

si si gréng, si bäissen

si hu Krallen a Pickenan am Waasser

kënnen si en Déier zerrappen

Lara, Laura, Christopher, Kyra, Logan, Mara, Rafael

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 Unser eigener Gedichtband – Gedicht und Illustration

Einleitung: Gedichte können Bilder, Bilder können Gedichte illustrieren. Mehrere Gedichtbände von Anise Koltz sind von Künstlerinnen und Künstlern illustriert worden. Zu einigen Gedichtbänden hat die Dichterin selbst Fotografien beigetragen.

Textbeispiel: siehe Et gi Wierder …

Lernziel: Verbindung von Text und Bild, kreatives Gestalten

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Benötigt wird: Bastelmaterial, eventuell Fotoapparat, Digitalkamera, Drucker oder Kopiermaschine

Beschreibung: In Kleingruppen oder einzeln illustrieren die Kinder ihre eigenen Gedichte (sie malen, zeichnen, erstellen Collagen oder illustrieren mit eigenen Fotos). Aus den illustrierten Gedichten kann ein kleines Buch gebunden werden.

 Il existe des mots

Einleitung: Im Auftrag des Cid-femmes hat Albena Petrovic-Vratchanska (*1965) das Gedicht Il existe des mots vertont. Die Gedichte von Anise Koltz inspirieren die Komponistin besonders. Neben Il existe des mots gibt es Vertonungen von Le Paradis brûle (2005) und Chants de refus (1997). Die Komponistin stammt aus Bulgarien. Musik begleitete ihr Leben von Anfang an, denn auch ihr Vater war Musiker. Schon als Kind komponierte Albena kleine Musikstücke. Mit zehn Jahren stand für sie fest, dass sie Musikerin werden wollte. Ihr Vater ermutigte sie, auf eine Förderschule für Musik zu gehen. Sie studierte Klavier und Komposition. Als Erwachsene zog sie nach Luxemburg, wo sie heute als freischaffende Komponistin, Klavierlehrerin und Chordirigentin lebt. Für sie ist das Komponieren, das Erfinden und Erforschen von Musik, eine Art innerer Drang. Albena arbeitet sehr gerne mit Kindern. Mit der von ihr gegründeten Organisation Artistes en herbe widmet sie sich der Förderung musikalisch und künstlerisch talentierter Kinder. Im Rahmen des KeK-Workshops-Projektes bietet Albena für die Grundschule einen Workshop an, in dem sie Kinder zum Komponieren und Improvisieren anleitet (mehr Informationen: www.kek.lu). Sie komponiert auch sehr gerne für Kinder: So hat sie zum Beispiel die kurzen und frechen Klavierstücke für das musikalische Kinderbuch Wann de Piano rose gëtt (Ed. Phi und Cid-femmes, 2001) komponiert.

Lied- und Hörbeispiel: -57 Liedtext: Il existe des mots, -58 Melodiestimme (siehe S. 108), -59 Originalfassung mit Instrumenten, -60 Aufnahme Kinder/Jugendchor Konservatorium Luxemburg (Ltg.: Sylvie Serra-Jacobs)

Lernziel: Singen als eine Form von Beschäftigung mit Text, Textdeklamation und -deutung, Stimmschulung und Sprecherziehung. Förderung der Kreativität und der musikalischen Ausdrucksfähigkeit, Kennenlernen von Komponistinnen, Informationen, wie eine Komposition entsteht.

Albena Petrovic-Vratchanska

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Einstufung: 4. Zyklus

Beschreibung: Die Kinder lesen den Liedtext, hören die Aufnahme und singen nun selber das Lied. Die Lehrerin/der Lehrer stellen den Kindern die Komponistin vor.)

 De Clown

Einleitung: Das Bilderbuch De Clown hat Anise Koltz 1975 geschrieben und auch selber illustriert. Es besteht aus acht kleinen Geschichten mit jeweils einer Illustration. Mit De Clown hat Anise Koltz eine Figur entworfen, die den Kindern auf zurückhaltende Weise eine ganze Gefühlswelt zeigt: Angst, Verlorenheit, Freude und Glück, Gleichgültigkeit, Mut und Liebe. Der Clown-Metapher entsprechend gelingt es ihr, die gleichzeitige Präsenz widersprüchlicher Gefühle sichtbar zu machen. Diese Unterrichtseinheit lässt sich mit Vorschlägen zur britischen Komponistin Ethel Smyth (siehe KeK 1 Komponistinnen, „Ein Lied illustrieren, eine Geschichte weiterspinnen …“, S. 52, Hörbeispiel -10) und zur Künstlerin Cindy Sherman (KeK 2 Künstlerinnen, Cindy Sherman und ihre „Clowns“-Serie, S. 102) kombinieren.

Textbeispiel: -61 De Clown

Komplette Version auf CD: traCK 57, 58, 59 60

Kinder- und Jugendchor des Konservatoriums Luxemburg bei den Aufnahmen der Lieder

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Der Clown und seine vielen Gesichter

Einleitung, Textbeispiel: siehe De Clown

Lernziel: Aktives Zuhören, Textverständnis, Gefühle erkennen, über Gefühle sprechen

Einstufung: 1.-3. Zyklus

Beschreibung: Der Text wird in Auszügen oder komplett vorgelesen. Dabei schauen sich die im Kreis sitzenden Kinder auch die Bilder an. Nach jeder inhaltlichen Passage wird das Vorlesen unterbrochen und die Kinder stellen mimisch die Stimmung dar. Später nähern sich die Kinder dem Thema lachender-weinender Clown: Wie ist es, gleichzeitig zwei verschiedene Gefühle zu haben, z. B. Angst und Neugier, Trauer und Wut? Gibt es Gefühle, die gar nicht zueinander passen? Habt Ihr schon mal nach außen einen Gesichtsausdruck gezeigt, der Eurem Gefühl nicht entsprach?

 Der Clown, Câdichon und seine Freunde

Einleitung, Textbeispiel: siehe De Clown (insbesondere Textpassage Seiten 7 bis 8)

Lernziel: Förderung der Fantasie und Ausdrucksfähigkeit, eigene Ideen mündlich, schriftlich und malerisch umsetzen

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Beschreibung: Câdichon ist ein erstaunliches Tier: „Hallef Krokodil, hallef Vull, mat engem Auder wéi eng Kou, a mat engem Leiweschwanz“. Die Kinder erfinden in Kleingruppen noch mehr Freunde für den Clown und Câdichon. Sie erfinden ihr Aussehen, geben ihnen Namen, malen sie und, ab dem 2. Zyklus, dichten sie ihnen ein eigenes kleines Gedicht. Im Sitzkreis stellen sie sich ihre Schöpfungen gegenseitig vor und überlegen, was sie selbst oder der Clown zusammen mit den neuen Fantasietieren machen könnten.

 Wenn der Clown im Zirkus ist … Geschichten erzählen

Einleitung: Viele Kinderbücher weisen Merkmale des Surrealismus auf: Tiere können sprechen, die Gegenstände haben ein Eigenleben, die Logik tritt hinter Spielerischem und Assoziativem zurück. Auch De Clown wird von einer surrealen Stimmung getragen, mehrere Bilder sind Traumwelten entlehnt.

Textbeispiel: siehe De Clown (insbesondere Textpassage Seiten 7 bis 12)

De Foo, Collage von Lukas, Lynn, Galo, Amina, Mergita aus Pétange

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Lernziel: Förderung der Fantasie und Ausdrucksfähigkeit, eigene Ideen mündlich, schriftlich und malerisch umsetzen, Vorstellung der Kunst- und Literaturrichtung Surrealismus

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Benötigt wird: Schreib- oder Malzeug, mitgebrachte bzw. in der Schule gefundene Gegenstände

Beschreibung: Die Bassgeige tanzt mit den Tauben, was machen die anderen Gegenstände im Wagen des Clowns: die Kaffeekanne, das Besteck, das Kopfkissen, …? Die Kinder basteln ein eigenes Erzählspiel: Zuerst schreiben sie zusammen möglichst viele Gegenstände auf, die sich im Wagen des Clowns befinden könnten, die jüngeren Kinder malen die Gegenstände. Danach erzählen die Kinder im Sitzkreis reihum oder durch Zuwerfen eines Pfandes, was ihre Sachen „machen“, während der Clown im Zirkus ist. Die Kinder ergänzen gegenseitig ihre Geschichten und spinnen sie weiter. Diese Unterrichtsidee kann mit einer Einheit zur surrealistischen Künstlerin Meret Oppenheim erweitert werden (s. KeK 2 Künstlerinnen, S. 88–93). Die Kinder überlegen, ob Meret Oppenheims Werke, z. B. die Pelztasse oder der eingefilzte Löffel, in den Wagen des Clowns passen. Wie hätte diese Künstlerin den Clownswagen gestaltet?

Mit Collagen illustrieren wie Anise Koltz

Einleitung, Text- und Bildbeispiel, Lernziel: siehe Wenn der Clown im Zirkus ist …

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Benötigt wird: Wasserfarben, Stifte, farbiges Papier und Karton, Scheren, Klebstoff, Druckmaterialien: Schwämme, Blätter, zerknülltes Papier.

Beschreibung: Angeregt durch die vorangehenden Unterrichtseinheiten schaffen die Kinder in Collagetechnik eigene surrealistische Bilder.

 Ech giff gär Clown ginn

Einleitung: Melodie und Liedtext von Ech giff gär Clown ginn stammen aus der Feder der Luxemburger Liedermacherin, Songwriterin und Autorin Claudine Muno (*1979). Die Komponistin Albena Petrovic-Vratchanska hat das Lied arrangiert. Claudine Muno „schwimmt“ von klein auf in Sprache und Musik. Als sie mit sechs Jahren ein Keyboard bekommt, langweilt es sie, komponierte Stücke nachzuspielen. Deshalb fängt sie an, selber zu schreiben: „Es ist eigentlich immer faszinierend etwas zu erschaffen, was es bis dahin noch nicht gab und dann zu sehen, wie es ein Eigenleben entwickelt.“ Das stimmt für ihre Bücher, ihre Kinderbücher (z. b. Hexen a Kamellen, 1998) wie auch für die Lieder, die sie vor allem für und mit ihrer Band The Luna boots schreibt und auch als Alben veröffentlicht. (Mehr Informationen zu Claudine Muno, Fotos und Musik: www.thelunaboots.com.) Das Geigespielen, mit dem sie anfängt, gibt sie bald wieder auf und lernt darauf in Eigenregie Gitarre, Bass und Klavier, alles Instrumente, mit denen sie sich ideal beim Singen begleiten kann. „Daneben interessiere ich mich für fast alle Instrumente und versuche immer aus allem irgendeinen Ton herauszubringen“.

Warum sie Ech giff gär Clown ginn geschrieben hat, erzählt sie am besten selbst: „Wie Viele, besonders in Luxemburg, bin ich mit der Claudine Muno

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10. ANISE KOLTZ (*1928)110SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

10. ANISE KOLTZ (*1928) 111SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

Komplette Version auf CD: traCK 62, 63, 64 65

Aus: De Clown von Anise Koltz Bei den Aufnahmen der KeK-Kinderlieder

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10. ANISE KOLTZ (*1928)112SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

Warnung aufgewachsen, unbedingt etwas 'Ordentliches' zu lernen und die Kunst nur nebenbei als Hobby zu betreiben, da mit Musik ohnehin ein Lebensunterhalt nicht zu bestreiten sei. Und nun lebe ich doch dank meiner Musik und nicht dank meiner 'ordentlichen' Studien. […] Der Text soll Kinder dazu ermutigen, das Sicherheitsdenken abzulegen und lieber nach Glücklichsein zu streben.“

Lied- und Hörbeispiel: -62 Liedtext: Ech giff gär Clown ginn, -63 Melodiestimme (siehe S. 111), -64 Originalfassung mit Instrumenten, -65 Aufnahme Kinder/Jugendchor Konser-vatorium Luxemburg (Ltg.: Sylvie Serra-Jacobs)

Lernziel: Singen als eine Form von Beschäftigung mit Text, Textdeklamation und -deutung, Stimmschulung und Sprech-erziehung. Förderung der Kreativität und der musikalischen Ausdrucksfähigkeit, Kennenlernen von Komponistinnen, Infor-mationen, wie eine Komposition entsteht

Einstufung: 2.- 4. Zyklus

Beschreibung: Die Kinder lesen den Liedtext, hören die Aufnahme und singen nun selber das Lied. Sie reden über ihre Traumberufe. Die Lehrerin/der Lehrer stellt den Kindern Claudine Muno vor und diskutiert mit ihnen über ihre Vorstellungen vom Glücklichsein. Ergänzend: Die Kinder erfinden und singen neue Strophen mit ihren Traumberufen.

 Anise Koltz – Ausgewählte Gedichte

Textbeispiel: Le soleil est un vieil animal domestique le matin il traîne ses membres engourdis à travers la cour et grimpe péniblement dans l'acacia. Il y est assis des heures et se chauffe au plumage des oiseaux

(Le Cirque du soleil, 1966)

Chaque jour l’océan lit la plage comme un journal

(Aus: Béni soit le serpent, 2004 )

Lernziel: Auseinandersetzung mit der Gattung Lyrik; Textverständnis

Einstufung: 4. Zyklus

Beschreibung: Jeweils eine Gruppe stellt eines der untenstehenden Gedichte vor: lyrischer Vortrag, Interpretation, künstlerische Bearbeitung mit Photo, Collage, Bild, Installation.

Aus De Clown

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10. ANISE KOLTZ (*1928)112SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

11. NICOLE PAULUS (*1955) 113SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

11. Die Luxemburger Kinderbuch-schriftstellerin Nicole Paulus (*1955)

„Also ass d'Liesen bliwwen, d'Liesen an d'Schreiwen, meng trei Frënn um laange Marsch duerch d'Jorzéngten. Besser Frënn fënnt ee soss néirens: Si verloossen dech ni, ob jiddwer Fall nimools definitiv, si huelen dech wéi s du bass – wat bleift hinne jo soss och iwwreg? - si stimuléieren dech, si tréischten dech, si bilden dech, si verhënneren, datt aus dir e spiissege Schlappentourist gëtt, a wann s du se richteg sat hues, s'erwiergs, s'ersäifs, se verbrenns, da sti se kuerz drop rëm frësch a monter an optimistesch virun dir an exigéiere mat hirer vertrauter Stëmm: „An elo fuere mir rëm virun, gelldu“!

Für den Band Virum wäisse Blat. Lëtzebuerger Auteure schreiwen iwwert d'Schreiwen, Luxemburg 2003, S. 70-77, erzählt Nicole Paulus auf humorvolle Weise davon, wie und warum sie schreibt. Sie ist eine Sprachliebhaberin. Französisch ist für sie melodisch, wunderschön, Deutsch tief vertraut. Beim Schreiben jedoch ist sie fest mit dem Luxemburgischen, ihrer „Mammesprooch“, verbunden: „… bei Erzielungen mat Emotiounen, Onbewosstem a Fantasie liwwert d'Mammesprooch de Kick, d'Wellen, den Aroma, d'Donnerwieder an d'Energie.“ Und mit einem Augenzwinkern fährt sie fort: „An der Mammesprooch sinn d'Wierder doheem. A wéi dat sou ass mat Heemechten, gär erweidert ee se, gär kritiséiert ee se, gär verléisst ee se, mä nimools léisst ee se hannert sech, mol net um Mound.“ Und Lëtzebuergesch ist für sie eine wunderbare Sprache zum Fabulieren. Gerade, weil die Sprache für manches keine eigenen Wörter hat, fordert sie die eigene Kreativität heraus: „Léinen, klauen, verdréinen, ëmschreiwen

Schreiben als Leidenschaft, spannend, fantasievoll

Lëtzebuergesch schreiwen

Nicole Paulus, Illustration Anne Weyer

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11. NICOLE PAULUS (*1955)114SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

11. NICOLE PAULUS (*1955) 115SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

an erfannen, nennt mer eng aner Sprooch, déi ee sou fräi an ongenéiert däerf manipuléieren!“

„A well meng Füllfieder oder mäi Clavier léiwer fir Kanner schreift, däerf ech an der Fantasie wänzele wéi e Fierkel am Bulli“. Wenn jemand so gerne mit der Sprache spielt wie Nicole Paulus, ist es wenig verwunderlich, dass beim Schreiben auch Kinderliteratur herauskommt. Ist die Fantasie erstmals im freien Lauf, kann sie sich – mit der Sprache verbündet – austoben.

Zum Spaß am Erfinden kommt, dass sich in den Fantasiefiguren ganz eigene Geschichten verstecken lassen. Als Autorin wehrt sie sich vehement dagegen, pädagogische „Belehrungen“ in ihre Geschichten einzubauen, von denen es ohnehin schon „Honnertdausenden“ gebe, “… an ech wäert mat strenger Autozensur schaffe, fir nimools! ni! keng eenzeg! nach derbäi ze knätschen“. Die Charaktere, die sie entwirft, vermitteln ein großes Maß an Menschenkenntnis. Sie verkörpern den Humor ihrer Erfinderin, aber auch den Mut, Trauriges und Schlimmes zu erzählen.

Das Bekenntnis von Astrid Lindgren, die sagte, dass sie vor allem schreibe, um das „Kind in sich zu unterhalten“, ergänzt Nicole Paulus mit der Aussage: „Well, egal wat een erfënnt a senger Erzielung – e Wollef um Mound, e Kalamar am Aquarium – et schreift een ëmmer nëmmen iwwert sech selwer.“

Das erste Buch, das Nicole Paulus 1982 veröffentlicht, ist ein Reisebericht Drei Wochen im Lande Ho Chi Minhs (mit Jean Laurent Redondo). Dann folgen 1993 und 1995 die Kinderbücher: Schnéi am Kapp und Dem Dracula säin Torschong, eine Hexengeschichte.

2001 arbeitet Nicole Paulus bei einem Künstlerinnenprojekt des Cid-femmes mit, das Musik, Kunst und Sprache miteinander verbindet. Gemeinsam mit der Komponistin Albena Petrovic-Vratchanska und der Illustratorin Catrin Raber entwerfen die Künstlerinnen das musikalische Kinderbuch Wann de Piano rose gëtt. Von Musik und Klang durchströmt ist auch Ech an de Jules zu Kalanaxo (2002). Hier werden die Leserinnen und Leser von den Kindern Lisa und Jules in die Unterwasserwelt entführt, wo der Kalamar Kalamaestrosech ein wunderbares Meeresorchester leitet. 2008 erscheint die Fischgeschichte Salto am Aquarium und bislang unveröffentlicht ist De grénge Pelz, die Abenteuergeschichte um ein Wolfsmädchen.

Für Kinder schreiben

Bisherige Veröffentlichungen

Mammihex aus Dem Dracula säin Torschong, Illustration: Muriel Moritz

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11. NICOLE PAULUS (*1955)114SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

11. NICOLE PAULUS (*1955) 115SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

Auf „Lëtzebuergesch” fabulieren wie Nicole Paulus

 Nicole Paulus stellt sich vorEinleitung: Wer ist Nicole Paulus? Wie lebt und wie arbeitet sie? Wie wurde sie zur Schriftstellerin (siehe S. 113-114)

Lernziel: Historisch-biografische Spurensuche als Einführung ins Thema

Textbeispiel: -66 Nicole Paulus stellt sich vor

Einstufung: 1.-4. Zyklus

Benötigt wird: großformatiger Karton, Klebstoff, farbiges Papier; Sitzkreis

Beschreibung: In die Mitte des Kartons wird das Porträtbild von Nicole Paulus geklebt. Anschließend erzählt die Lehrerin/der Lehrer aus dem Leben der Schriftstellerin. Für jeden neuen Aspekt wird, mit einem Verbindungsstrich, ein farbiger Zettel neben das Porträt geklebt: Dieser ist entweder beschriftet, oder bei jüngeren Kindern bemalt.Kinder ab dem 3. Zyklus lesen ergänzend: Nicole Paulus stellt sich vor.

 Zolox – die universelle Tiersprache

Einleitung: Nicole Paulus erweitert nicht nur die luxemburgische Sprache. Für De grénge Pelz erfindet sie eine ganz neue Sprache: Zolox, eine universelle Tiersprache mit vielfältigen Dialekten und Ausdrucksformen.

Lernziel: Kreatives Spielen mit der Sprache; Förderung der Ausdrucksweise; Improvisation in der Gruppe; Auseinandersetzung mit den Fragen: Was sind verschiedene Sprachen und Dialekte? Wie unterscheiden sie sich in Klang und Rhythmus? Wozu brauchen wir Sprache? Was ist Körpersprache?

Textbeispiel: -67 Auszug De grénge Pelz

Einstufung: 1.-3. Zyklus

Benötigt wird: Ein Stück Klassenzimmer, von dem mit einer Schnur oder einem Tuch eine Bühne abgetrennt wird; eventuell verschiedenfarbige Tücher, die die Kinder als Tierverkleidung nutzen können

Beschreibung: Im Sitzkreis wird die Geschichte von Olivia kurz vorgestellt und der Auszug des Originaltextes gelesen. Danach stellen sich die Kinder vor, wie es wäre, wenn es tatsächlich eine Tiersprache wie Zolox gäbe. 1. und 2. Zyklus: Die jüngeren Kinder bleiben im Sitzkreis. Nacheinander dürfen sie Tiere vorschlagen, die sie kennen, überlegen, worüber sich diese Tiere am häufigsten unterhalten (Fliegen z. B. über die lästigen Fenster, über Fliegenklatschen oder Marmelade). Können die Kinder sich das Tier gut vorstellen, probieren sie typische Bewegungen und überlegen, wie sich die Sprache des Tieres anhört: hoch, tief, schnell, spitz, weich … Sie formulieren eigene Sätze. Danach gehen immer zwei Kinder auf die Bühne und spielen (ev. mit Tüchern verkleidet) eine kurze Unterhaltung der Tiere (drei – vier Sätze). 3. Zyklus: Die Kinder schließen sich in kleinen Gruppen zusammen. Jede Gruppe sucht sich eine Tierart aus, entwickelt deren Zolox – die Lieblingsthemen sowie den Sprachklang. Im Anschluss hat jede Gruppe einen kleinen Auftritt. Auf der Bühne stellen sie den anderen Gruppen ihre Tiere vor. In einer zweiten Runde versuchen die Vertreterinnen und Vertreter der verschiedenen Tiergruppen sich in Zolox zu verständigen. Zum Beispiel zunächst ein Löwe mit einer Fliege, dann eine Fliege mit einem Frosch usw. Abschließend diskutieren die Kinder über die Fragen: Wozu braucht man Sprache? Wann funktioniert sie, wann nicht? Was ist Körpersprache? Die Antworten werden in einer Mindmap festgehalten.

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11. NICOLE PAULUS (*1955)116SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

11. NICOLE PAULUS (*1955) 117SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

 Annihex trifft Linda, Linda trifft Außerirdischen, Außerirdischer trifft …

Einleitung: Außergewöhnliche Begegnungen wecken die Lust am Fantasieren.

Lernziel: Üben von Textverständnis und Personenbeschreibung, Übertragung auf eigene kreative Ideen

Einstufung: 1.-2. Zyklus

Textbeispiel: -68 Auszug aus Dem Dracula säin Torschong. Eng Hexegeschicht fir Kanner.

Beschreibung: Nach der Textlektüre erzählen die Kinder gemeinsam den Text noch einmal in eigenen Worten. Sie tragen die Merkmale von Linda und Annihex zusammen und malen gemeinsam oder einzeln ein Bild der beiden. Alles was nicht im Text beschrieben wird, können die Kinder weiter erfinden und ins Bild integrieren. In einer Erzählrunde spielen zwei Kinder Annihex und Linda: Sie stellen sich ihr Gegenüber vor und beschreiben - immer abwechselnd - Augen, Nasen, Haare, … Wenn das klappt, wird gewechselt. Nun kommt es zu einer neuen Begegnung: z. B. Linda trifft Außerirdischen, und so fort. Die älteren Kinder können kleine Dialoge zu ihrer liebsten Begegnung schreiben und bebildern. (eventuell: Nachdenken über die Vielfalt der Geschmäcker …)

 Lied: Annihex

Einleitung: Die jüngste Komponistin des Bandes heißt Olga Roster (*11. Mai 2002 in Luxemburg). Zu dem Zeitpunkt, als sie das Lied Annihex komponiert, ist sie sechs Jahre alt. Warum sie mit dem Komponieren angefangen hat, erzählt sie am besten selber: „Weil ich die kleine Hexe aus dem Buch Dem Dracula sein Torschong von Nicole Paulus so liebe. Und weil ich Musik liebe! Meine Mutter hatte die Idee, ich könnte doch, wenn ich Lust dazu habe, ein Annihex-Lied komponieren. Das fand ich gar keine schlechte Idee, und ich hab' gleich damit angefangen! Ich hab mir den Text und die Melodie gleichzeitig ausgedacht und meiner Mutter stückchenweise vorgesungen, meine Mutter hat das Lied dann für mich auf Notenpapier aufgeschrieben.“ Und so ist eine neue Komposition entstanden. Warum sie gerade diesen Text so schön findet, erklärt Olga auch: „In dem Text geht es ums Fliegen und ich möchte auch sooo gerne eine Hexe sein, die fliegen kann.“ Und wenn sie gerade Lust hat, komponiert sie weiter: So sind u.a. das Jahreszeitenlied und Regen tropft, soll es nicht bald Sommer werden entstanden. Außerdem hat Olga sich entschieden, selber ein Instrument zu lernen. Die Wahl ist auf die Geige gefallen, „… weil sie so schön klingt! “ Nun wird sie ihre eigenen Kompositionen auch bald nicht nur singen, sondern auch spielen können. Die Komponistin Albena Petrovic-Vratchanska hat für das Lied, zu dem Olga Melodie und Text geliefert hat, die Klavierbegleitung komponiert.

Lied- und Hörbeispiel: Annihex (Melodiestimme, Seite 117), -69 Liedtext: Annihex, -70 Melodiestimme, -71 Originalfassung mit Instrumenten, -72 Aufnahme Kinder/Jugendchor Konservatorium Luxemburg (Ltg.: Sylvie Serra-Jacobs)

Lernziel: Singen als eine Form von Beschäftigung mit Text, Textdeklamation und -deutung, Stimmschulung und Sprecherziehung. Förderung der Kreativität und der musikalischen Ausdrucksfähigkeit, Kennenlernen von Komponistinnen, Informationen, wie eine Komposition entsteht.

Olga Roster

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11. NICOLE PAULUS (*1955)116SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

11. NICOLE PAULUS (*1955) 117SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

Komplette Version auf CD: traCK 69, 70, 71 72

Kinder- und Jugendchor des Konservatoriums Luxemburg bei den Aufnahmen der Lieder

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11. NICOLE PAULUS (*1955)118SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

11. NICOLE PAULUS (*1955) 119SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

Einstufung: 1.- 3. Zyklus

Beschreibung: Die Kinder lesen den Texte des Liedes und lernen das Lied singen. Sie reden über das Lied. Die Lehrerin/der Lehrer stellen den Kindern die Komponistin Olga Roster vor. Gemeinsam überlegen sie, ob es für sie auch Situationen gibt, wo sie etwas so schön (besonders, traurig, aufregend …) finden, dass sie gerne ein Lied dazu erfinden würden. In welchen Situationen kommt ihnen Musik in den Sinn? Die Kinder versuchen selbst, kleine Lieder zu komponieren.

 Salto am Aquarium - Selbstbehauptung

Einleitung: Mit Humor erzählt Nicole Paulus, wie die Fische sich mit Klugheit gegen den Kater wehren. Ein guter Anlass, um die Themen „stark und schwach“, „List und Selbstverteidigung” im Unterricht zu besprechen.

Lernziel: Üben von Textverständnis, Auseinandersetzung mit dem Thema Selbstbehauptung, Übertragung auf eigene kreative Ideen

Einstufung: 1.-3. Zyklus

Textbeispiel: -73 Auszug aus Salto im Aquarium

Beschreibung: Nach der Textlektüre diskutieren die Kinder: Was ist geschehen? Was ist eine List, eine Verschwörung? Wer ist am Anfang der Geschichte stark und gefährlich, wer am Ende? Im Erzählkreis beschreiben die Kinder Situationen, in denen sie sich schon einmal gegen „Stärkere“ oder „Ältere“ wehren mussten. Was/wer hat ihnen geholfen? Ausgehend von ihren Selbstbehauptungsgeschichten formulieren die Kinder einen einfachen Reim/Satz pro Geschichte und geben diesem einen Rhythmus. Sie sprechen den Reim und klatschen dazu. (z. B. „Jetzt bin ich mal 'dran, die Nächsten stelln' sich hinten an!“) Diese Unterrichtseinheit lässt sich mit der Unterrichtseinheit zu Toni Morrison "Löwe und Maus, S. 89ff. kombinieren.

 Lied: Der Kater muss rausEinleitung: Das Lied Der Kater muss raus ist eine Gemeinschafts-komposition von Lea Eckhart (*22.8.1995), Kathrin Eckhart (*24.8.1967), und Albena Petrovic-Vratchanska: Liedtext und Rhythmus nehmen die Stimmung – das Verschwörerische und die Komik – der Geschichte von Nicole Paulus auf. Lea: „Wir saßen am Küchentisch und probierten verschiedene Sätze aus. Mit einem Mal war die passende erste Zeile mit dem richtigen Rhythmus da, der Rest kam von alleine.“ Später hat die Komponistin Albena Petrovic-Vratchanska die Ideen aufgegriffen und musikalisch weitergeführt. Seit Lea acht Jahre alt ist, spielt sie mit viel Begeisterung Geige: allein, im Saarbrücker Ensemble Kunterbunt und im Schulorchester. „Durchs Geigenspiel lerne ich auch klassische Musik kennen. Zur Zeit höre ich aber am liebsten Hip Hop und R&B. Musik gehört einfach zu meinem Leben“. Mehr als das Komponieren stehen für Lea das Schreiben und der spielerische Umgang mit Sprache und Rhythmus, wie zum Beispiel in Gedichten oder Balladen, im Vordergrund.

Lea Eckhart

Kathrin Eckhart

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11. NICOLE PAULUS (*1955)118SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

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Komplette Version auf CD: traCK 74, 75, 76 77

Kinder- und Jugendchor Konservatorium Luxemburg

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11. NICOLE PAULUS (*1955)120SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

11. NICOLE PAULUS (*1955) 121SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

Lied- und Hörbeispiel: Der Kater muss raus, -74 Liedtext: Der Kater muss raus, -75 Melo die stimme (siehe S. 119), -76 Originalfassung mit Instrumenten, -77 Aufnahme Kinder/Jugendchor Konservatorium Luxemburg (Ltg.: Sylvie Serra-Jacobs)

Lernziel: Singen als eine Form von Beschäftigung mit Text, Textdeklamation und -deutung, Stimmschulung und Sprecherziehung. Förderung der Kreativität und der musikalischen Ausdrucksfähigkeit, Kennenlernen von Komponistinnen, Informationen, wie eine Komposition entsteht

Einstufung: 1.- 4. Zyklus

Beschreibung: Die Kinder lesen den Text des Liedes und lernen das Lied singen. Sie reden über das Lied und über den Ausdruck. Die Lehrerin/der Lehrer stellt den Kindern die Komponistin Lea Eckhart vor und erzählt vom Entstehen einer Komposition. Ausgehend von der Idee, dass Lieder aus einem Sprachrhythmus entstehen können, probieren sie selber kurze Reime mit einem Rhythmus zu klatschen und kleine Melodien dazu zu erfinden. Diese Unterrichtseinheit lässt sich mit Salto am Aquarium (siehe S. 18) und mit De rosene Piano kombinieren (KeK 1 Komponistinnen, S. 76-77), einer Unterrichtseinheit, die ausgehend von einem anderen Text von Nicole Paulus, dem musikalischen Kinderbuch Wann de Piano rose gëtt, das Thema Wut ebenfalls aufgreift.

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11. NICOLE PAULUS (*1955)120SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

11. NICOLE PAULUS (*1955) 121SCHRIFTSTELLERINNEN IN LUXEMBURG – GESTERN UND HEUTE

ANHANG

JessicaDe Yoga

(Unterrichtseinheit Anise Koltz, Câdichon, S. 109f.)

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12. LITERATUREMPFEHLUNGEN122ANHANG

12. LITERATUREMPFEHLUNGEN 123ANHANG

12.1 Weiterführende Literatur und wo sie zu finden ist

Eine reichhaltige Auswahl an Unterrichtsmaterial und Literatur rund um die Themen Frauen und Literatur, Frauengeschichte und geschlechtersensible Pädagogik finden Sie in der Bibliothek des Cid-femmes (14, rue Beck in Luxemburg). Die Frauen- und Genderbibliothek ist für alle Interessierten zugänglich. Sie umfasst zurzeit etwa 25 000 Bücher, CDs, Musikpartituren und 50 aktuelle Zeitschriften. Rund 600 Bücher befassen sich allein mit pädagogischen Themen. Außerdem befindet sich in der Bibliothek des Cid-femmes eine große Anzahl von Titeln zur Frauengeschichte: Nachschlagewerke, Biografien, historische Studien und auch Bücher, die sich gezielt an Kinder und Jugendliche richten.

Die Bücher, die als weiterführende Literatur zu den in diesem Band angesprochenen Themen besonders empfehlenswert sind, können Sie in der Bibliothek des Cid-femmes ausleihen. Der Buchbestand der Bibliothek ist online unter www.bibnet.lu einzusehen, Partituren und CDs finden sie auf www.cid-femmes.lu. Viel Spaß beim Stöbern!

12.2. Frauenliteraturgeschichte - epochenübergreifend

Die literaturwissenschaftliche Abteilung des Cid-femmes besteht aus rund 800 Titeln: Literaturgeschichten, Werkana lysen, Biografien und Briefe von Schriftstellerinnen. Hinzu kommen 3000 französisch-, deutsch- und englischsprachige belletristische Werke und ca. 400 aus Luxemburg. Die Ab teilung mit gendersensibler Kinderliteratur umfasst 2000 Bücher. Die Literaturliste enthält Empfehlungen (hervorgehoben), Quellenangaben zur Primärliteratur und Referenzliteratur.

Empfehlungen Sekundärliteratur•Hiltrud Gnüg, Renate Möhrmann, Hg.: Frauen, Literatur,

Geschichte. Schreibende Frauen vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Frankfurt/M.: Suhrkamp, 1989 (562 Seiten).

•Ute Hechtfischer, Renate Hof, Inge Stephan, Flora Veit-Wild, Hg.: Autorinnen Lexikon. Frankfurt/M.: Suhrkamp, 2002 (617 Seiten).

Referenzliteratur:•Barbara Becker-Cantarino: Schriftstellerinnen der Romantik. Epoche –

Werke – Wirkung. München: Beck, 2000 (320 Seiten).

•Gisela Brinker-Gabler: Deutsche Literatur von Frauen. Erster Band: Vom Mittelalter bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Zweiter Band: 19. und 20. Jahrhundert. München: Beck, 1988 (563 und 591 Seiten).

• Lena Lindhoff: Einführung in die feministische Literaturtheorie. Stuttgart: Metzler, 2003 (181 Seiten).

•Barbara Sichtermann: Schriftstellerinnen: Von Madame de La Fayette bis Ingeborg Bachmann (Reihe: 50 Klassiker). Hildesheim: Gerstenberg, 2009, (271 Seiten).

• Inge Stephan, Sigrid Weigel: Die verborgene Frau. Sechs Beiträge zu einer feministischen Literaturwissenschaft. Hamburg: Argument, 1985 (175 Seiten).

•Dies.: Feministische Literaturwissenschaft. Dokumentation der Tagung in Hamburg vom Mai 1983. Hamburg: Argument, 1984 (173 Seiten).

12.4 Ausgewählte Literatur zur Frauengeschichte LuxemburgsEmpfehlungen Sekundärliteratur•Germaine Goetzinger, Antoinette Lorang, Renée Wagener

(Hg.): „Wenn nun wir Frauen auch das Wort ergreifen …“ 1880-1950. Frauen in Luxemburg. Luxemburg: Publications Nationales, Ministère de la Culture, 1997 (344 Seiten).

•Viviane Goffinet: Über das Leben der Frauen: Beiträge zur Geschichte von der Steinzeit bis ins 18. Jahrhundert (für Menschen ab 11). Luxemburg: FGIL, 2006 (94 Seiten).

•Renée Wagener: Bye bye, Siegfried. Der lange Abschied

der Luxemburger Frauen vom Patriarchat. In: Danielle Roster, Renée Wagener (Hg.): Not the girl you're looking for – Melusina rediscovered: Objekt + Subjekt Frau in der Kultur Luxemburgs. Luxemburg: Schortgen, 2010. (Seiten 212-237).

•www.fraendag.lu: Homepage, die einen historischen Rückblick auf die Errungenschaften und Forderungen der Frauenbewegungen in Luxemburg ab Anfang des 20. Jahrhunderts bietet.

12.3 Überblickswerke zur Frauenliteraturgeschichte

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12. LITERATUREMPFEHLUNGEN122ANHANG

12. LITERATUREMPFEHLUNGEN 123ANHANG

Referenzliteratur:•Simone Beck: Une photo et son histoire. Anne Beffort et Marie Speyer.

Ons Stad. Luxembourg: No. 92, Dezember 2009 (Seiten 56-57).•Germaine Goetzinger: „Nie wöllt ech an dem Lycée sinn. Dur gi'

féi Médercher net hin“. In: Ville de Luxembourg (Hg.): Ons Stad. Sondernummer zu Luxemburger Frauen in Geschichte und Gegenwart. Luxembourg: No. 77, Dezember 2004 (Seiten 19-23).

•Martine Richard: Virun 100 Joer, de Meedercherslycée. In: Lycée

Robert-Schumann Luxembourg (Hg.): 1909-2009: Lycée de Jeunes Filles (1909-1972), Lycée Robert-Schumann (depuis 1972). Le livre du Centenaire. Luxembourg, 2010 (S. 17-35).

•Renée Wagener: „Sie brauchen keine verständige Kenntniß von den Wissenschaften“. Der weite Weg der Luxemburger Frauen zur Universität. In: Ons Stad. Luxembourg: No. 92, Dezember 2009 (Seiten 54-55).

12.6 Literatur zu im Buch besprochenen Schriftstellerinnen

12.5 Ausgewählte Werke zur Luxemburger Literaturgeschichte und AnthologienEmpfehlungen Sekundärliteratur:•Ulrike Bail: Von Sirenengesang, freien Samstagen und

einem Schrei: Schriftstellerinnen aus Luxemburg als intertextuelle Gefährtinnen Melusinas. In: Danielle Roster, Renée Wagener (Hg.): Not the girl you're looking for – Melusina rediscovered: Objekt + Subjekt Frau in der Kultur Luxemburgs. Luxemburg: Schortgen, 2010 (Seiten 161-179).

•Germaine Goetzinger, Claude D. Conter, et al. (Hg.): Luxemburger Autorenlexikon. Mersch: Centre national de littérature, 2007 (687 Seiten). Online unter www.autorenlexikon.lu

•Rosemarie Kieffer, Danièle Medernach-Merens: Pays clément dans la fureur des vagues. Luxembourg: Ministère des Affaires Culturelles, 1993 (436 Seiten).

Referenzliteratur:•Heike Bucher: „Unsere Arbeit wird leicht unterschätzt“. Neues Gebäude

für das nationale Literaturarchiv. Tageblatt 22.10.2009. •Germaine Goetzinger, Claude D. Conter, (Hg.):

Identitäts(de)konstruktionen. Neue Studien zur Luxemburgistik. Esch/Alzette, 2008. (160 Seiten).

•Germaine Goetzinger, Gast Mannes, Frank Wilhelm (Hg.): Hôtes de Colpach [exposition au Centre national de littérature, Mersch: 12 novembre 1997-20 février 1998] Mersch: Centre national de littérature, 1997 (128 Seiten)

•Germaine Goetzinger, Gast Mannes (Hg.): Zwischenland! Ausguckland! Literarische Kurzprosa aus Luxemburg. St. Ingbert: Röhrig Universitätsverlag, 2009 (376 Seiten).

•Georges Hausemer (Hg.): Virum wäisse Blat: Lëtzebuerger Auteure schreiwen iwwert d'Schreiwen. (Walfer Bicherdeeg). Luxembourg: Ed. Guy Binsfeld, 2003 (153 Seiten); [e.a. contributions de: José Ensch, Linda Graf, Josiane Kartheiser, Isabelle Kronz, Claudine Muno, Nicole Paulus, Margret Steckel, …].

• Jean Rhein: Servais sert la littérature. Germaine Goetzinger dirige le Centre national de littérature depuis sa création, en 1995. Le Quotidien 31.3.2008

Marie-Catherine d'Aulnoy Auswahl Primärliteratur•Der Orangenbaum und die Biene. (Übers. v. Friedrich

Justin Bertuch) Berlin: Rütten & Loening 1984 (478 Seiten; enthält auch das schöne Märchen Schönchen oder der Ritter Fortunat, 327-365), das zum Vorlesen und Erzählen sehr gut geeignet ist).

•Die Schöne und das Tier. Französische Feenmärchen des 17. und 18. Jahrhunderts von Marie-Catherine d’Aulnoy und Jeanne-M. Leprince de Beaumont. Artemis & Winkler, 1998 (223 Seiten).

•Friedmar Apel, Norbert Miller (Hg.): Feenmärchen. Mannheim: Patmos, 2005 (735 Seiten; Sammelband mit diversen AutorInnen)

•In der Bibliothek des Cid-femmes gibt es darüber hinaus zahlreiche Bilderbücher mit Feenmärchen in französischer Sprache.

•Auf www.youtube.com gibt es musikalische Bearbeitungen der Märchen von Maurice Ravel: Ma Mère l'Oye; Stücke für Klavier zu vier Händen nach Fabeln von Perrault und Madame d'Aulnoy (1908-10); Sätze: Pavane de la belle au bois dormant; Petit poucet; Laideronnette, impératrice des pagodes; Les entretiens de la belle et de la bête; Le jardin féerique.

Empfehlungen Sekundärliteratur:•Roswitha Böhm: Wunderbares Erzählen. Die Feenmärchen

der Marie-Catherine d'Aulnoy. Göttingen: Wallstein, 2003 (294 Seiten).

•Anne Defrance: Les Contes de fées et les nouvelles de Madame d'Aulnoy (1690-1698). L'imaginaire féminin à rebours de la tradition. Genève: Droz, 1998 (361 Seiten).

•Clémentine Beauvais: La plume de Marie. [Saint-Mandé]: Talents Hauts: Collection livres et égaux, 2011 (119 Seiten, ein Kinderroman über ein schreibendes Mädchen im Barock).

Referenzliteratur:•Verena von der Heyden-Rynsch: Europäische Salons. Höhepunkte einer

versunkenen weiblichen Kultur. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1995 (244 Seiten).

• Jasmin Nadine: Naissance du conte féminin. Mots et merveilles. Les contes de fées de Madame d'Aulnoy. Paris: Honoré Champion, 2002 (791 Seiten).

•Milbry Polk, Mary Tiegreen: Frauen erkunden die Welt. München: Frederking und Thaler, 2001 (255 Seiten).

•Margarete Zimmermann, Roswitha Böhm (Hg.): Französische Frauen der Frühen Neuzeit. Dichterinnen, Malerinnen, Mäzeninnen. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1999 (288 Seiten).

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12. LITERATUREMPFEHLUNGEN124ANHANG

12. LITERATUREMPFEHLUNGEN 125ANHANG

Virginia WoolfAuswahl Primärliteratur•Blau & grün. Erzählungen. Frankfurt/M.: Fischer, 1991 (149

Seiten). •Die Wellen. Frankfurt/M.: Fischer, 1998 (orig. 1931, 237

Seiten).•Ein eigenes Zimmer/Drei Guineen. Zwei Essays.

Frankfurt/M.: Fischer, 2001 (orig. 1929 u. 1938, 371 Seiten).

•Ein verwunschenes Haus. Erzählungen. Frankfurt/M.: Fischer, 1990 (151 Seiten).

•Gesammelte Werke. Tagebücher 3 (1925-1930). Frankfurt/M.: Fischer, 1999 (551 Seiten).

•Hyde Park Gate News. The Stephen Family Newspaper. Virginia Woolf, Vanessa Bell with Thoby Stephen. Hg.: Gill Lowe. London: Hesperus Press, 2005, (240 Seiten)

•Orlando – eine Biographie. Frankfurt/M.: Fischer, 1992 (orig. 1928, 259 Seiten).

Referenzliteratur•Hermione Lee: Virginia Woolf: Ein Leben. Frankfurt/M.: Fischer, 1999

(1152 Seiten).•Waldmann, Werner: Virginia Woolf. Reinbek bei Hamburg: rororo

Bildmonographien, 1992 (153 Seiten).•Renate Wiggershaus: Virginia Woolf. München: dtv, 2006 (181

Seiten).•Zusätzlicher Quellentext: Asa Lind: Alles von Zackarina und dem

Sandwolf. Weinheim; Basel: Beltz und Gelberg, 2008 (358 Seiten).

Agatha ChristieAuswahl Primärliteratur•Erinnerung an glückliche Tage. Bern: Scherz, 2005 (orig.

1946, 224 Seiten). •16 Uhr 50 ab Paddington. Frankfurt/M.: Fischer, 2005

(orig. 1957, 255 Seiten).•Meine gute alte Zeit. Die Autobiographie einer Lady.

Frankfurt/M: Fischer, 2004 (orig. 1977, 538 Seiten).

Referenzliteratur•Monika Gripenberg: Agatha Christie. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt,

2005 (158 Seiten).•Anne Hart: Agatha Christie's Miss Marple. Ihr Leben und ihre Abenteuer.

Frankfurt: Scherz, 2004 (195 Seiten).•Dawn B. Sova: Das große Agatha Christie Buch. Ihr Leben und ihre

Romane von A-Z. Bern: Scherz, 2006 (207 Seiten).•Charlotte Trümpler: Agatha Christie und der Orient. Kriminalistik und

Archäologie. Bern: Scherz, 1999 (474 Seiten).•Zusätzlicher Quellentext: Gesine Schulz: Privatdetektivin Billie

Pinkernell. Fernando ist futsch. Hamburg: Carlsen, 2006 (157 Seiten). In der Bibliothek Cid-femmes gibt es sechs weitere Krimis mit der Privatdetektivin Billie Pinkernell.

Astrid LindgrenAuswahl Primärliteratur•Lotta zieht um. Aus: Astrid Lindgren erzählt. Hamburg:

Oetinger, 1976 (Seiten 78-105).•Pippi Langstrumpf. Hamburg: Oetinger, 1986 (207 Seiten).•Ronja Räubertochter. Hamburg: Oetinger, 1982 (240

Seiten).•Steine auf dem Küchenbord. Gedanken, Erinnerungen,

Einfälle. Hamburg: Oetinger, 2002 (88 Seiten).•Niemals Gewalt! Rede anlässlich der Verleihung des

Friedenspreises des Deutschen Buchhandels am 22. Oktober 1978 in der Frankfurter Paulskirche. In Paul Berf, Astrid Surmatz (Hrsg.): Astrid Lindgren – Zum Donnerdrummel! Ein Werkporträt. Hamburg: Oetinger, 2002 (Seiten 610-616).

•Im Cid-femmes sind außerdem eine Sammlung mit Kindertheaterstücken, Hörbücher, ein Computerspiel und Filmversionen erhältlich.

Empfehlungen Sekundärliteratur:•Paul Berf, Astrid Surmatz (Hg.): Astrid Lindgren – Zum

Donnerdrummel! Ein Werkporträt. Hamburg: Oetinger, 2002 (908 Seiten; großartige Mischung aus Biographie, Briefen Interviews, Aufsätzen, Werkanalyse und Originaltexten).

•Manuela Bialek, Karsten Weyershausen: Astrid Lindgren. Alles über die beliebteste Kinderbuchautorin der Welt. Berlin: Schwarzkopf & Schwarzkopf, 2004 (543 Seiten; Nachschlagewerk).

•Christina Björk: Von Kletterbäumen, Sachensuchern und kitzligen Pferden. Astrid Lindgrens Kindheit. Hamburg: Oetinger, 2007 (96 Seiten; anschauliches Kinderbuch; zeigt, wie die Autorin ihre Kindheit in ihrem Werk verarbeitet hat).

•Jacob Forsell, Johan Erséus, Margareta Strömstedt: Astrid Lindgren. Bilder ihres Lebens. Hamburg: Oetinger, 2007 (271 Seiten, großformatige, sehr anschauliche Biografie in Bildern).

•Maren Gottschalk: Jenseits von Bullerbü. Die Lebensge-schichte der Astrid Lindgren. Weinheim: Beltz, 2006 (216 Seiten; auch als CD: 2 Stunden und 22 Min; Biographie für Erwachsene, zum Lesen oder Hören).

•Regina Leßner: Das große Astrid Lindgren Hörbuch, ein Porträt aus Geschichten und Gesprächen. Berlin: Der Audio Verlag, 2002. (Sehr schön zur Einstimmung, leider vergriffen, aber im Cid-femmes vorrätig).

•Törnqvist, Lena: Astrid aus Vimmerby. Hamburg: Oetinger 1998 (68 Seiten; wunderschönes Bilderbuch für Kinder - Leben und Werk).

Empfehlungen Unterrichtsmaterialien•Claudia Fischer: Literaturprojekt Pippi Langstrumpf. Kempen:

BVK, 2005 (60 Seiten; mit Bewegungsspielen auch für den Sportunterricht).

•Michaela Greisbach: einfach lesen! Leseprojekte. Niveau 1 – Ronja Räubertochter. Ein Leseprojekt nach dem gleichnamigen Roman von Astrid Lindgren. Arbeitsbuch. Mit Lösungen. Berlin: Cornelsen Verlag, 2002 (96 Seiten; gekürzte Lesefassung, die dem Original hinterherhinkt, aber für kürzere Einheiten herangezogen werden kann, m. Lückentexten, etc.).

•Sonja Müller-Schamell: Astrid Lindgren, Ronja Räubertochter München: Oldenbourg, 2006 (68 Seiten, für den 4. Zyklus).

•Hanne Pries: Das Astrid Lindgren-Projekt. Verlag an der Ruhr, 2003 (74 Seiten; Biografisches, Leseproben, Schwerpunkt Michel und Pippi).

•Barbara Schubert-Felmy, Hg.: EinFach Deutsch – Unterrichtsmodelle. Astrid Lindgren: Ronja Räubertochter. Paderborn: Schöningh, 1999 (84 Seiten; sehr empfehlenswertes Unterrichtsmodell; behandelt den Roman auf verschiedenen Ebenen: Sprache, literarischer Aufbau, graphische Gestaltung durch Ilon Wikland, Film – Regie Tage Danielsson, Drehbuch Astrid Lindgren; geht auf spannende inhaltliche Aspekte ein: das Leben auf der Burg und im Wald, das Räuberwesen und die besondere Freundschaft von Birk und Ronja; viele ergänzende Zusatzmaterialien, Vergleiche zu Romeo und Julia, Trickeffekte beim Film, Textbeispiele von Schülerinnen und Schülern, Liedvorschläge, etc.).

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12. LITERATUREMPFEHLUNGEN124ANHANG

12. LITERATUREMPFEHLUNGEN 125ANHANG

Toni MorrisonAuswahl Primärliteratur•Toni Morrison mit Slade Morrison: The Lion and the Mouse.

Aus: Who's got game? The Ant or the Grasshopper? The Lion or the Mouse? Poppy or the Snake? New York: Scribner 2007 (112 Seiten).

•Remember: The journey to school integration. Boston: Houghton Mifflin Co., 2004 (78 Seiten).

Empfehlungen Sekundärliteratur:•Barbara von Bechtolsheim: „Wer sich der Luft hingibt,

vermag auf ihr zu reiten“. Toni Morrison (*1931), Nobelpreis für Literatur 1993. In: Charlotte Kerner: Madame Curie und ihre Schwestern. Frauen, die den Nobelpreis bekamen. Weinheim: Beltz & Gelberg, 2001 (S. 356- 385).

•Nimrod: Rosa Parks. Non à la discrimination raciale. Arles: Actes Sud, 2008 (93 Seiten).

•Heidi Thomann Tewarson: Toni Morrison. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2005 (155 Seiten).

Referenzliteratur•Sylvia Mayer: The Name of the Sound. Das Motiv des Klanges in den

Romanen Toni Morrisons. Heidelberg: Mattes Verlag, 1996 (169 Seiten).

•Danille Taylor-Guthrie: Conversations with Toni Morrison. Jackson: University Press of Mississippi, 1994 (293 Seiten).

Marie-Henriette SteilAuswahl Primärliteratur•Tier und Mensch: Harmlose Geschichten (m. Zeichnungen

von A. Trémont). Leipzig: Xenien, 1926 (113 Seiten).

Empfehlung Sekundärliteratur:•Germaine Goetzinger: „Aber so ist's! Literatur ist Ware wie

Backsteinkäs' und Bismarksheringe!“ Marie-Henriette Steil und das literarische Leben Luxemburgs in den zwanziger Jahren. In: Lëtzebuerger Almanach vum Joerhonnert: 1900- 1999. Luxembourg: G. Binsfeld, 1999 (Seiten 169-175).

Referenzliteratur•Albert Hoefler: Dichter unseres Landes: 1900-1945. Luxemburg: Verl.

der „Hêmecht", 1945, (175 Seiten).•Cornel Meder: Dossier Marie Henriette Steil (1898-1930). Dans:

Galerie: revue culturelle et pédagogique. Differdange: Jg 16, Nr 1 1998 (Seiten 43-72).

Anise KoltzAuswahl Primärliteratur•D'Krëschtkënnchen kënnt (Text vum Anise Koltz; Biller vum

Jean an Anise Koltz). Lëtzebuerg: Sankt-Paulus, 1964 (o. S.).•Steine und Vögel. Gedichte. Esslingen: Bechtle, 1964 (45

Seiten).•Le cirque du soleil. Poèmes inédits. Paris: Seghers, 1966

(75 Seiten).•De Clown. Lëtzeburger Kannerbuch geschriwwen a gemoolt

vum Anise Koltz. Esch-sur-Alzette: Kremer-Müller, 1975 (o.S.)•Le mur du son. Poèmes. Echternach: Phi, 1997 (125 Seiten).•Béni soit le serpent. Poèmes. Esch/Alzette: Phi, 2004 (127

Seiten). •L'ailleurs des mots. Paris: Arfuyen, 2007 (105 Seiten; Prix

Servais 2008).•La Lune noircie. Paris: Arfuyen, 2009. (98 Seiten, Prix de

Littérature Jean Arp 2009).

Empfehlung Sekundärliteratur: •Anise Koltz im Gespräch: Über das Glück, zwischen

den Kulturen zu leben. In: Irmgard Honnef-Becker, Peter Kühn (Hg.): ÜBER GRENZEN Literaturen in Luxemburg. Echternach: Éditions Phi & Centre national de littérature, 2004 (Seiten 56-64)

Referenzliteratur:•Ministère de la culture: Anise Koltz – Prix Batty Weber. Prix national de

littérature 1996. Luxembourg: 1996 (o. S.)•Bruno Müller: «J'avais vraiment très peur». Du Luxembourg à la Belgique

en passant par un exode dans le sud de la France, l'écrivain Anise Koltz évoque son enfance déjà marquée par la passion de l'écriture. (Série: Souvenirs d'enfance; Le Quotidien 22.1.09)

• Jean Portante: Derrière la porte de la solitude: Anise Koltz, la 'grande dame' de la poésie luxembourgeoise. In: Le Jeudi. n° 9. 04.03.2004 (p. 13).

•Alain Weins: Kann Poesie die Welt verändern? Die Geschichte der Mondorfer Dichtertage. Echternach: Éditions Phi & Centre national de littérature, 1998 (139 Seiten)

Nicole PaulusAuswahl Primärliteratur•Dem Dracula säin Torschong. Eng Hexegeschicht fir Kanner.

Echternach: éditions Phi, 1995 (133 Seiten)/bzw, 2. oplo: Differdange: Phi, 2009 (134 Seiten).

•Salto am Aquarium. Esch-sur-Alzette: Schortgen, 2009 (72 Seiten).

•De grénge Pelz. Luxemburg (2005, noch nicht veröffentlicht)•Aroma. In: Georges Hausemer: Virum wäisse Blat:

Lëtzebuerger Auteure schreiwen iwwert d'Schreiwen. Luxembourg: Binsfeld, 2003 (Seiten 70-78).

12.7 Weitere LiteraturtippsThema Literatur allgemein:•Cornelia Beckstein, Marion Schäfer: Der geflügelte

Bleistift. Jede Menge Aktionen und Spielideen rund um Schreiben, Lesen und Literatur. Münster: Ökotopia, 2000 (123 Seiten; sehr kreative Anregungen, die alle Bereiche der Literaturproduktion und -rezeption berücksichtigen, Schreibspiele, Rollenspiele, Literaturmuseum, Literaturforscherin/Literaturforscher …).

Biografien für Kinder zum Thema SchriftstellerinnenIm Cid-femmes gibt es eine große Zahl an Kinderbiografien zu Schriftstellerinnen, geeignet ab dem 3./4. Zyklus, zum Beispiel: •Hildegunde Latsch: Cornelia Funke. Spionin der Kinder.

Hamburg: Dressler, 2008 (158 Seiten).

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13. BILDNACHWEIS 127ANHANG

12. LITERATUREMPFEHLUNGEN126ANHANG

•Das Luxemburgische Gleichstellungsministerium hat in einer Reihe Partageons l’égalité – Gläichheet delen – Gleichheit teilen mehrere Broschüren und Studien zu Geschlechterrollen und -stereotypen in der Erziehung herausgegeben, die in der Bibliothek Cid-femmes entleihbar sind.

Unter anderem: •Einen guten Einstieg zur Thematisierung von

Geschlechterrollen bietet das Schatten- und Puppentheater in vier Sprachen vom Sonnentheater: D'Lüsterprinzessin an de Ritter Schuddereg (2001) (Textbuch, Video, pädagogisches Material).

•Praxisberichte und -beispiele bietet Geschlechtssensible Pädagogik im Kindergarten. Praxisberichte aus Österreich (2001), ein Projekt mit belgischer, österreichischer und luxemburgischer Beteiligung.

•Theoretische Reflexion bietet die Tagungsdokumentation Kinder werden zu Mädchen und Jungen mit der Referentin Prof. Dr. Hannelore Faulstich-Wieland (Erziehungswissenschaftlerin Universität Hamburg, herausgegeben von Ingrid Flebus, Elisabeth Hirnschrodt, Maddy Mulheims, Silvia Oberauer, u.a. 2001)

Schwerpunkte: Bedeutung der Geschlechterrollen in Erziehung und Ausbildung, Entwicklung von Geschlechtsidentitäten während der Lebensphasen Kindheit, Jugend, Erwachsenenalter, Lebensabend, der Beitrag von Bildungsinstitutionen zur Entwicklung von Geschlechtsidentitäten

•Die Arbeitsmappe Muttertag – Vatertag – Elterntag (2001, herausgegeben von Margot Botzem-Muller, Myriam Cecchetti, Gwendoline Decker, Mariette Diederich et al.) beleuchtet den Einfluss von Traditionen auf die Entwicklung von Geschlechterrollen.

•Die Dossiers Geschlechtergerechte Pädagogik – Anregungen für den Unterricht mit dem Bücherkoffer (zusammengestellt von Isabelle Wagner, Bearb.: Christa Brömmel, Sabine Clüsserath, Kathrin Eckhart, Luxemburg: Cid-femmes, 2005, je 28 Seiten) richten sich an alle, die am Bücherkoffer-Projekt Starke Mädchen – Starke Jungen des Cid-femmes teilnehmen. Sie können aber auch unabhängig davon eingesetzt werden. Sie enthalten altersgerecht auf die Vorschule, den Unter-, Mittel- und Obergrad abgestimmte Hintergrundinformationen, Unterrichtsvorschläge und Literaturhinweise.

12.8 Ausgewählte pädagogische Literatur aus Luxemburg

Der Verlag Beltz und Gelberg (Weinheim/Basel) gibt sehr empfehlenswerte Einzelbiografien und Anthologien zu berühmten Frauen heraus, unter anderem: •Irmela Brender: Vor allem die Freiheit. Die Lebensgeschichte

der George Sand. 1992 (105 Seiten).•Charlotte Kerner: Alle Schönheit des Himmels. Die

Lebensgeschichte der Hildegard von Bingen. 1993 (188 Seiten).

•Maren Gottschalk: Der geschärfte Blick Sieben. Journalistinnen und ihre Lebensgeschichte. 2001 (352 Seiten).

•Ingeborg Gleichauf: Ich habe einen Traum. Sieben Dichterinnen und ihre Lebensgeschichte. 2003 (275 Seiten).

Kinderbücher zum Thema FrauengeschichteAuch zum Thema Frauen-, Geschlechtergeschichte gibt es mittler-weile mehrere Publikationen, die schon für Kinder geeignet sind, zum Beispiel:

•Violaine Cuchet, Anne-Françoise Khanine, Michelle Perrot: Il était une fois … l'histoire des femmes. Évreux: Lunes, 2001 (109 Seiten)

•Petra Gerster, Andrea Stoll: Ihrer Zeit voraus. Frauen verändern die Welt. München: cbj, 2011 (288 Seiten)

•Philippe Godard: Des femmes dans l'histoire. Du IXe siècle à nos jours. Paris : Autrement, 2001 (62 Seiten)

•Dorothea Göbel, Wiebke von Thadden: Eine Tochter ist kein Sohn. Wiebke von Thadden erzählt die Geschichte der Mädchen. Weinheim, Basel: Beltz und Gelberg, 2000 (196 Seiten).

•Florence Vielcanet: Votre histoire à vous les filles. Paris: La Martinière, 2002 (103 Seiten)

•Marie-Claire Roux: Citoyenneté des femmes. Mouans-Sartoux : PEMF, 2000 (64 Seiten)

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13. BILDNACHWEIS 127ANHANG

12. LITERATUREMPFEHLUNGEN126ANHANG

Bildverzeichnis Buch

Vorschulklassen von Marguy Krier, Renée Glodt-Fretz, Sandra Thoma, Villa Mirabella, Wiltz: 1, 75, 106, 109 u.Vorschulklasse von Myriam Cecchetti, Petingen: 76Vorschulklasse von Michèle Ernzer, Ecole fondamentale, Berdorf: 15, 25 o., 26, 27, 29 u., 32, 61, 67, 70, 71, 93, 105, 109 o., 121Schulklassen von Marie-Jeanne Hoffmann-Jung, Flo Weimerskirch: Brouch/Esch-Alzette: 35, 103

akg-images: 18, 19 u., 21, 36, 37, 41, 50 o., 51, 63 o., 64 o. + 64 u. li.akg-images/Denise Bellon: 63 u. akg-images/János Kalmár: 52 o., akg-images/Nordic Photos: 64 u. re., 65, 66, 69

APA/Interfoto/Friedrich: 55 li. o.

Koen Bauters: 110

Bettmann/Corbis: 53, 55 li Mitte + li. u. + re. o.

Geraldine Bosa/Julie Meisch: 29 o.

British Museum: 55 re. Mitte

Deutsches Archäologisches Institut (DAI): 55 u.

ddp images/AP: 54, 84

Kathrin Eckhart: 52 u., 118 o.

Netty Glesener: 72

Ronald Grant Archive/Mary Evans Picture Library: 58 u.

Elly Heuss-Knapp Gymnasium, Stuttgart Bad-Connstatt: 81

IAM/akg-images: 39

Marie Kappweiler: 25 Mitte li, 78

Norbert Ketter/Fotosammlung Centre national de littérature, Mersch: 104

Anise Koltz: 111 li. 112

Paolo Leoni/Fotosammlung Centre national de littérature, Mersch: 101

Ministerium für Erziehung und Berufsausbildung: 11

Muriel Moritz: 114, 116 o.

Elisabeth Naske: 91

Nicole Paulus/Anne Weyers: 113

Postes et Télécommunications, Luxembourg: 95, 97

RMN-Grand Palais (Château de Versailles)/ Franck Raux: 19 o.RMN-Grand Palais (Château de Versailles)/ Daniel Arnaudet: 25 u. re.RMN-Grand Palais (Sèvres, Cité de la céramique)/Martine Beck-Coppola: 25 u. li.

Danielle Roster: 116

Marlene Soares: 56

Wolf-Dieter Scheid: 118 u.

Daniel Schroeder: 89

Gesine Schulz/Fotostudio Alpha: 59

Sotheby's/akg-images: 40 o.

Theater Augsburg/A.T. Schaefer: 80

Ullstein Bild/D. M. Marcovicz: 86 o.Ullstein Bild/CARO/Tanja Schnitzler: 86 u.Ullstein Bild/United Archives: 58 o li. + o. reUllstein Bild/Lebrecht Music & Arts Photo Library: 47, 50 u.Ullstein/dpa: 68Ullstein Bild/The Granger Collection: 40 u.Ullstein Bild/Heritage Images/The British Library: 38Ullstein Bild/Roger Viollet: 22, 24

Christof Weber/Cid-femmes: 30, 45, 57, 73, 107, 108, 111 re., 117, 119Christof Weber/Fotosammlung Centre national de littérature, Mersch: 96

Wikipedia/Fanghong/Gnomz007: 28

Katy Winn/Corbis: 83

Bildverzeichnis CD-Rom: siehe CD-Rom

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15. CD-ROM – INHALTSVERZEICHNIS 129ANHANG

hat an der Philipps Universität Marburg Politikwissenschaften, Soziologie und Philo-sophie studiert. Von 1997 bis 2002 arbeitete sie als Bibliothekarin und wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Frauenbibliothek Saar. In diesem Rahmen entwickelte sie spezielle Angebote für Mädchen, leitete Workshops und verfasste die pädagogische Handreichung: Mädchenarbeit. Eine kommentierte Literaturliste (Saarbrücken 2002).

Seit 2002 arbeitet Kathrin Eckhart als Bibliothekarin im Cid-femmes. Auch hier betreut sie Kinder- und Jugendgruppen bei ihren Besuchen in der Bibliothek und begleitet pädagogische Projekte wie die Erarbeitung von Unterrichtsvorschlägen für den Geschlechtergerechten Bücherkoffer. Für den Vorgängerband KeK-Band 2 – Kinder entdecken Künstlerinnen hat sie die einleitenden Kapitel zu den gesellschaftlichen, historischen und kunstgeschichtlichen Rahmenbedingungen verfasst.

Die KeK-Unterrichtsreihe entsteht in Teamarbeit. Für Idee, Konzept, Lektorat und Redaktion zeichnet Danielle Roster, Musikwissen schaftlerin und Kulturbeauftragte des Cid-femmes, verantwortlich. Für die Korrektur arbeiten danken wir Colette Kutten und Dany Heintz. An jedem Band arbeiten neben den Autorinnen sowie der Redaktion – dem Thema entsprechend – Kunst-, Musik- oder Literaturwissenschaftlerinnen sowie Lehrerinnen und Lehrer mit. Band 3 wurde maßgeblich durch die Literaturwissenschaftlerin und Leiterin des Centre national de littérature (bis 2012) Germaine Goetzinger unterstützt. Colette Kutten, Ulrike Bail und Claudia Feischen arbeiteten im Redaktionsteam mit, während Nadine Bredimus, Myriam Cecchetti, Michèle Ernzer-Peters, Renée Glodt-Fretz, Viviane Goffinet, Marie-Jeanne Hoffmann-Jung, Marguy Krier, Martine Origer, Sandra Thoma, Carole Wedde und Florence Weimerskirch mit ihren Klassen im Vorfeld die Unterrichtsideen testeten und für die pädagogische Beratung zuständig waren.

Die KeK-Lieder wurden im Auftrag des Cid-femmes speziell für die Unterrichtsmappe Schriftstellerinnen entdecken von Géraldine Bosa, Lea Eckhart, Netty Glesener, Sascha Ley, Julie Meisch, Claudine Muno, Elisabeth Naske, Albena Petrovic-Vratchanska und Olga Roster komponiert, und zwar auf Texte von Kathrin und Lea Eckhart, Claudine Muno sowie Olga Roster. Der Kinder- und Jugendchor des Musikkonservatoriums Luxemburg hat die Lieder unter der Leitung von Sylvie Serra-Jacobs im April und Juni 2010 im Musikkonservatorium Luxemburg aufgenommen (Aufnahme: Jean-Claude Ruppert und Pierre Kremer). Die Soli wurden gesungen von Charline Hansen, Anna-Lena Mischel, Stéphanie Schlink, Elisa Storani, Michel Turpel, Michelle Vandewalle und Jil Weber. In den instrumentalen Begleitensembles spielten Géraldine Bosa, Véronique Coos, Danielle Diederichs, Dorel Dorneanu, Ruben Dorneanu, Paul Hoffmann, Gonzalo Jiménez, Michel Lopes, Marc Mollitor, Pol Serra, Laura Storani, Michelle Vandewalle, Conny Zacharias sowie Schüler und Schülerinnen der Klasse von Netty Glesener.

Die Lieder wurden nach Schwierigkeitsgraden von dem Musikpädagogen Claude Weber eingestuft.

Die KeK-Workshops werden von Künstlerinnen aus Luxemburg aus den unter-schiedlichsten Bereichen (Kunst, Musik, Theater, Tanz, Literatur, Design) in der Grundschule geleitet. Ihnen allen macht es Spaß, etwas von ihrer Kunstbegeisterung an die Kinder weiterzugeben. Wir laden alle Lehrerinnen und Lehrer herzlich dazu ein, einen KeK-Workshop beim Cid-femmes zu buchen. Weitere Informationen zu den Workshops, den Workshop-Resultaten, den pädagogischen Zielen und Methoden sowie den Künstlerinnen finden Sie unter www.kek.lu

Das Cid-femmes (Centre d’information et de documentation des femmes ‚Thers Bodé’) setzt sich zum Ziel, die Leistungen von Frauen sichtbar zu machen sowie Wege in eine chancengleiche Gesellschaft zu zeigen und arbeitet schwerpunktmäßig in zwei Bereichen: Die öffentlich zugängliche Bibliothek für Erwachsene und Kinder stellt mit mehr als 23.000 Büchern, Partituren, audiovisuellen Medien und Fachzeitschriften Frauen- und genderwissen aus allen künstlerischen und gesellschaftlichen Bereichen zur Verfügung. Das Cid-femmes betreibt Sensibilisierungsarbeit und aktive Frauenförderung durch die Projektarbeit in den Bereichen Pädagogik, Kultur und Politik. Mehr Informationen zum Cid-femmes und seinen Projekten finden Sie im Internet unter www.cid-femmes.lu und www.kek.lu

Kathrin Eckhart

Team KeK

Team KeK-Lieder

Zusatzangebot KeK-Workshops

Das Cid-femmes

14. DIE AUTORINNEN128ANHANG

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15. CD-ROM – INHALTSVERZEICHNIS 129ANHANG

Madame d'Aulnoy (1650/51-1705) 1 Madame Marie-Catherine d'Aulnoy stellt sich vor 2 Die Reiseberichterstatterin –

reisende Frauen im Barock 3 Der Orangenbaum und die Biene 4 L'oranger et l'abeille

(gekürzte deutsche Fassung mit kurzen französischen Originalzitaten)

5 Kreuzworträtsel: Der Orangenbaum und die Biene 6 Lösung: Der Orangenbaum und die Biene 7 Das Feenspiel 8 Liedtext: Aimées Höhlenlied 9 Melodiestimme: Aimées Höhlenlied 10 Originalfassung mit Instrumenten:

Aimées Höhlenlied 11 Aufnahme: Aimées Höhlenlied Musik: Géraldine Bosa und Julie Meisch;

Text: Kathrin Eckhart; Jugendchor des Musikkonservatoriums Luxemburg; Solo: Michelle Vandewalle; Klavier: Géraldine Bosa; Leitung: Sylvie Serra-Jacobs

Virginia Woolf (1882-1941) 12 Virginia Woolf stellt sich vor 13 Das Mädchen Virginia Woolf als Journalistin

(Lesetexte zur Auswahl) 14 Wasserzitate von Virginia Woolf (zur Auswahl) 15 Das Fahrradurlaubsfoto (von Asa Lind) 16 Liedtext: Wellenlied 17 Melodiestimme: Wellenlied 18 Originalfassung mit Instrumenten: Wellenlied 19 Aufnahme: Wellenlied Musik: Elisabeth Naske; Text: Kathrin Eckhart;

Kinderchor des Musikkonservatoriums Luxemburg; Solo: Charline Hansen; Violoncello: Pol Serra; Kontrabass: Gonzalo Jiménez; Percussion: Paul Hoffmann; Leitung: Sylvie Serra-Jacobs

Agatha Christie (1890-1976) 20 Agatha Christie stellt sich vor 21 Rätsel: Auf Spurensuche mit Agatha Christie 22 Lösung: Auf Spurensuche mit Agatha Christie 23 16 Uhr 50 ab Paddington (Auszüge) 24 Fernando ist futsch (von Gesine Schulz, Auszüge) 25 Auskünfte der Kriminalautorin über ihr Schreiben 26 Liedtext: Oh Miss Marple! 27 Melodiestimme: Oh Miss Marple! 28 Originalfassung mit Instrumenten:

Oh Miss Marple! 29 Aufnahme: Oh Miss Marple! Musik: Sascha Ley; Text: Kathrin Eckhart; Solo:

Michelle Vandewalle; Klavier: Michel Lopes

Astrid Lindgren (1907-2002) 30 Astrid Lindgren stellt sich vor 31 Geburt einer Schriftstellerin und einer

Kinderbuchheldin (Auszüge) 32 Lotta zieht um (Auszug) 33 Liedtext: Lottas Wutlied 34 Melodiestimme: Lottas Wutlied 35 Originalfassung mit Instrumenten: Lottas Wutlied 36 Aufnahme: Lottas Wutlied Musik: Netty Glesener; Text: Kathrin Eckhart;

Kinderchor des Musikkonservatoriums Luxemburg; Orchester: Schüler und Schülerinnen der Klasse von Netty Glesener; Leitung: Sylvie Serra-Jacobs

37 Liedtext und Melodiestimme: Kuck wat ech kann 38 Pippi Langstrumpf: Villa Kunterbunt 39 Pippi Langstrumpf: Villa Kunterbunt

(Hausaufteilung) 40 Pippi Langstrumpf: Pippi wird Sachensucher (Teil

1) und gerät in eine Prügelei (Teil 2) sowie ein Interviewzitat von Astrid Lindgren zum Thema Kinder und Macht (Teil 3)

41 Pippi Langstrumpf: Pippi findet einen Spunk (Auszug)

42 Pippi Langstrumpf: Krummelus (Auszug) 43 Ronja Räubertochter: Scher dich zum

Donnerdrummel (Auszug) 44 Ronja Räubertochter: Hüte dich …

(Auszug) 45 Ronja Räubertochter: Am Höllenschlund

(Unterrichtseinheit mit Lesetext) 46 „Niemals Gewalt”

(Rede Friedenspreis, 1978 Frankfurt)

Toni Morrison (*1931) 47 Toni Morrison stellt sich vor 48 Fabeltexte: Der Löwe und die Maus, Androkulos

und der Löwe 49 Slade und Toni Morrison: Der Löwe und die Maus

(Auszug) 50 Liedtext: Gangsterlied 51 Melodiestimme: Gangsterlied 52 Originalfassung mit Instrumenten: Gangsterlied 53 Aufnahme: Gangsterlied Musik: Elisabeth Naske; Text: Kathrin Eckhart;

Kinder- und Jugendchor des Musikkonservatoriums Luxemburg; Violine: Ruben Dorneanu; Violoncello: Pol Serra; Kontrabass: Gonzalo Jiménez; Querflöte: Laura Storani, Conny Zacharias, Danielle Diederichs; Percussion: Paul Hoffmann; Leitung: Sylvie Serra-Jacobs

54 Remember – Erinnere Dich (Vorstellung des Buches mit Bildbeispielen, Kommentaren und Fragestellungen für den Unterricht)

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15. CD-ROM – INHALTSVERZEICHNIS130ANHANG

Schriftstellerinnen in Luxemburg 55 Marie-Henriette Steil: Liß

(Auszug aus: Tier und Mensch)

Anise Koltz (*1928) 56 Mit Worten bauen – die Dichterin Anise Koltz 57 Liedtext: Il existe des mots 58 Melodiestimme: Il existe des mots 59 Originalfassung mit Instrumenten: Il existe des mots 60 Aufnahme: Il existe des mots Musik: Albena Petrovic-Vratchanska;

Text: Anise Koltz; Sopran: Stéphanie Schlink; Alt: Michelle Vandewalle; Altsaxophon: Véronique Cloos; Klavier: Michel Lopes, Leitung: Sylvie Serra-Jacobs.

61 De Clown 62 Liedtext: Ech giff gär Clown ginn 63 Melodiestimme: Ech giff gär Clown ginn 64 Originalfassung mit Instrumenten:

Ech giff gär Clown ginn 65 Aufnahme: Ech giff gär Clown ginn Musik und Text: Claudine Muno; Arrangement

für Ensemble: Albena Petrovic-Vratchanska; Soli: Elisa Storani, Michel Turpel; Klarinette: Michelle Vandewalle, Tuba: Marc Mollitor; Klavier: Dorel Dorneanu; Leitung: Sylvie Serra-Jacobs

Nicole Paulus (*1955) 66 Nicole Paulus stellt sich vor 67 De grénge Pelz (Auszug) 68 Dem Dracula säin Torschong. Eng Hexegeschicht

fir Kanner. (Auszug) 69 Liedtext: Annihex 70 Melodiestimme: Annihex 71 Originalfassung mit Instrumenten: Annihex 72 Aufnahme: Annihex Musik: Olga Roster; Text: Nicole Paulus;

Arrangement für Ensemble: Albena Petrovic-Vratchanska; Solo: Anna-Lena Mischel; Violine: Ruben Dorneanu; Violoncello; Pol Serra; Leitung: Sylvie Serra-Jacobs

73 Salto am Aquarium (Auszug) 74 Liedtext: Der Kater muss raus 75 Melodiestimme: Der Kater muss raus 76 Originalfassung mit Instrumenten:

Der Kater muss raus 77 Aufnahme: Der Kater muss raus Musik: Lea Eckhart; Text: Kathrin und Lea Eckhart;

Arrangement für Ensemble: Albena Petrovic-Vratchanska; Kinderchor des Musikkonservatoriums Luxemburg; Solo: Jil Weber; Altsaxophon: Véronique Coos; Klavier: Dorel Dorneanu; Leitung: Sylvie Serra-Jacobs

Cid-femmes 14, rue BeckL-2018 LuxemburgTel. +352 24 10 95-1Mail: [email protected] Informationen zum Cid-femmes und seinen Projekten finden Sie im Internet unter www.cid-femmes.lu und www.kek.lu

Öffnungszeiten der Bibliothek:Dienstag: 14.00-18.00 UhrMittwoch, Donnerstag, Freitag: 10.00-18.00 UhrSamstag: 10.00-12.30 UhrCe

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Nach Komponistinnen entdecken (Band 1, 2006) und Künstlerinnen entdecken (Band 2, 2008) stellt der vorliegende 3. Band erfolgreiche Schriftstellerinnen aus Vergangenheit und Gegenwart vor. Die Unterrichtseinheiten geben Kindern einen Spielraum, die eigene Beobachtungsgabe zu schulen und zu erkennen, wie sie sich mit Worten behaupten können. Sie erfahren, wie Sprache individuelle Perspektiven vermittelt und entdecken Formen kollektiver Textentstehung. Insgesamt lernen sie über die Sprache selbst nachzudenken und erhalten einen Einblick in den kulturellen Apparat, der die Produktion von Literatur mittels Verlag, Lektorat und Buchkritik ermöglicht.

Wichtigstes pädagogisches Ziel dieser Unterrichtsreihe ist es, Kindern vor Augen zu führen, dass Frauen ebenso kreativ sind wie Männer und heute auch selbstverständlich in allen Kunst- und Kultursparten vertreten sind. Mit den Mappen liefern wir Mädchen und Jungen positive Vorbilder. Kinder entdecken mit unserem Projekt den Spaß am schriftstellerischen, künstlerischen und musikalischen Ausdruck.

Die Unterrichtsmappe KeK 3 enthält 100 Unterrichtsvorschläge mit Altersempfehlungen. Sie ist nach dem Bausteinprinzip strukturiert und eignet sich vorzüglich für den Fächer verbindenden Unterricht. Die einzelnen Kapitel enthalten jeweils dazu passende Kinderlieder, die speziell für den Band von renommierten Komponistinnen und neuen Talenten, musikbegeisterten Mädchen und jungen Frauen, komponiert und mit viel Schwung vom Kinder- und Jugendchor des Konservatoriums Luxemburg aufgenommen wurden.

Mit 50 Arbeitsblättern, 18 Notendateien und 9 Audio-Files auf CD-ROM.

Schriftstellerinnen entdecken

ISBN

978

-2-8

7995

-091

-4

© 2

013

Centre d’informationet de documentation des femmes Thers Bodé (Cid-femmes), Luxemburg

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