SCHULE und BERATUNG - Bayerisches Staatsministerium für ......wasserqualität vom Mai 2017 weist...

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SCHULE und BERATUNG Fachinformationen aus der Landwirtschaftsverwaltung in Bayern Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Erfolgsmodell „Kooperation im Gewässerschutz“ Landwirte und Gastwirte – Gemeinsam sind sie Lebenswirte! Strohstall mit Tierwohlfaktor Fünf Jahre LandSchafftEnergie 1-2/2018

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SCHULE und BERATUNG

Fachinformationen aus der

Landwirt schafts verwaltung

in Bayern

Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten

→ Erfolgsmodell „Kooperation im Gewässerschutz“→ Landwirte und Gastwirte – Gemeinsam sind sie Lebenswirte!→ Strohstall mit Tierwohlfaktor→ Fünf Jahre LandSchafftEnergie

1-2/2018

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INHALT

GEWÄSSERSCHUTZ

BILDUNG

ÖFFENTLICHKEITSARBEIT

AGRARPOLITIK

DIVERSIFIZIERUNG

BERATUNG

ERNÄHRUNG

ENERGIE

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INHALT

5 Erwartungen an „Schule und Beratung“ zur Diskussion gestellt – Editorial

6 Erfolgsmodell „Kooperation im Gewässerschutz“ – Landwirte und kommunale Wasserversorger arbeiten bei der Verringerung der Nitratbelastung des Trinkwassers eng zusammen

8 Bayerische Ökoschultage – Studierende schätzten breites Angebot der sechsten Ökoschultage 13 Von Web bis App – Einsatz internetbasierter Medien im Unterricht 14 Kurzinfo: Save-saver-safety: Kongress und Aktionstag an der Technikerschule Kaufbeuren 15 Förderung für die Besten – Stipendium für staatlich geprüfte Technikerinnen 17 Richtig reinigen in Gesundheitseinrichtungen

19 Streit ohne Ende 24 Unser Amt – eine starke Marke – Plädoyer für ein einheitliches Erscheinungsbild im Geschäftsbereich 27 Familienpakt Bayern – Das AELF Kitzingen als Vorbild 30 Erfolg durch die Stimme – Wie die Stimme die Kommunikation beeinflusst 33 Den Hopfenanbau der Öffentlichkeit näher bringen

35 Masterplan BAYERN DIGITAL II – Umsetzung im Geschäftsbereich des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 39 Blickpunkt Europa – Bulgarien an der Spitze des EU-Rates

42 Wertschöpfungspartnerschaften regional – Ein Gewinn für den ländlichen Tourismus 45 Landwirte und Gastwirte – Gemeinsam sind sie Lebenswirte! 48 Kurzinfo: BMEL-Studie: Urlaub auf dem Bauernhof – Ist-Situation und Marktpotenzial im Agrotourismus 49 Landwirtschaftsnahe Dienstleistungen – Ein naheliegendes, interessantes Einkommensstandbein

54 Strohstall mit Tierwohlfaktor – Konzept „Schlotthamer Strohsau“ von der Planung bis zur Umsetzung 58 Mehr Übersicht in Hauswirtschaftlichen Dienstleistungen mit DIN SPEC 77003

60 Ernährungshandwerk erleben – Modellprojekt Ernährung macht Schule auf ganz Bayern ausgeweitet 63 Leuchttürme der Betriebsgastronomie – Coaching Betriebsgastronomie 2017 endete mit Fachkongress

66 Fünf Jahre LandSchafftEnergie – Bayernweite kostenlose Beratung zu allen Themen der Energiewende 70 Hackschnitzel aus dem Kurzumtrieb – Brennstoffqualität und Verbrennungsverhalten 74 Energieberatung für landwirtschaftliche Betriebe 78 Land- und forstwirtschaftliche Belange beim Bau von Gleichstromtrassen 82 Kurzinfo: Nachwachsende Rohstoffe – Von der Pflanze zur Nutzung

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(Foto: Johann Maier, FüAk)

Das Bessere ist des Guten Feind. Voltaire (1694 – 1778)

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EDITORIAL

Erwartungen an „Schule und Beratung“ zur Diskussion gestellt

Nichts ist so gut, dass es nicht noch besser werden könnte. Unsere „Schule und Bera-tung“ („SuB“) hat sich höchste Anerkennung und Respekt erarbeitet. Das verpflichtet aber auch: Die Leserinnen und Leser erwarten zu Recht ein hohes Niveau der Infor-mationen und präzise Fachlichkeit. Wie gelingt es, unsere Zeitschrift noch interessan-ter, vielfältiger und damit lesenswerter zu gestalten? Die Redaktion hat in der letzten Sitzung über Erwartungen an „SuB“ gesprochen, die wir jetzt zur Diskussion stellen:

Die Aktualität von „SuB“ ist bereits heute gegeben. Arbeiten wir daran, dass sie informativ, interessant, lesenswert, vielfältig, bunt, anschaulich und offen bleibt.

„SuB“ soll Arbeitshilfe sein. Sie muss mit ihren Themen nah am Mitarbeiter liegen, seine Perspektive berücksichtigen, Neuigkeiten aus dem eigenen Arbeitsbereich ver-mitteln und somit den Bezug zur täglichen Arbeit herstellen.

„SuB“ ist auch Mitarbeiterzeitschrift und hat das Ziel, die interne Kommunikation zu Zielen, Strategien und Maßnahmen zu fördern. Kommunikation sollte frühzeitig stattfinden, um Verunsicherung und Gerüchten den Boden zu entziehen. Der Leser schätzt eine offene und glaubwürdige Berichterstattung, bei der Problemstellungen, Chancen und Risiken klar angesprochen werden.

Partizipation ist das Stichwort, um „SuB“ zu einem Sprachrohr für, mit und von Mit-arbeitern zu machen. Eine hohe Identifikation der Kolleginnen und Kollegen mit ihrer Zeitschrift ist erwünscht. Dazu gehören z. B. die Erstellung von Reportagen, Kollegen- und Teamportraits. Fotos von berichtenden oder handelnden Kolleginnen und Kol-legen wirken besser als Sachfotos, weil sie Menschen stärker ansprechen. Sie fördern die Bindung der Leser an „SuB“ und damit indirekt auch an unsere Verwaltungen.

Identifikation ist für alle modernen Unternehmen ein wichtiges Ziel. Durch die Diskussion unseres Selbstbildes, der sogenannten Corporate Identity, ist es möglich ein gemeinsames Wir-Gefühl zu schaffen.

Kontroverse Diskussionsbeiträge mit Pro und Contra zu Fach- oder Personal-themen erhöhen die Attraktivität. Nachdem „SuB“ auch externe Leser bedient, ist hier nicht der Ort, interne Probleme offenzulegen, darüber zu streiten und damit negative Publicity zu riskieren. Aber Anstöße, Hinweise oder Verfahrensempfehlun-gen sind durchaus erwünscht und hilfreich.

Bewertungen, Kommentare, Standpunkte dienen dem gleichen Ziel und machen Artikel oder Themenberichte lesenswert. Dabei soll es selbstverständlich sein, dass auch kritische Äußerungen folgenlos bleiben müssen und in „SuB“ so etwas wie eine geschützte Zone besteht.

Als Forum für verschiedene Meinungen spiegelt unsere Zeitschrift die Meinungs-vielfalt unserer Kolleginnen und Kollegen wider und führt damit zu schnellerer Mei-nungsbildung. Perspektivwechsel z. B. zwischen Leitung, Mitarbeiter und Personal-vertretung oder Lehrer und Studierenden oder Berater und Landwirt machen Artikel anschaulich und interessant.

Die Kundensicht stärker in den Mittelpunkt zu rücken, fokussiert unsere Aufga-ben – im Interesse aller Bürger bzw. Steuerzahler – Dienstleistungen für die gesamte Gesellschaft zu erbringen. Bewertungen künftiger Entwicklungen und das Aufzeigen von Trends geben unserer Zeitschrift Esprit und sorgen für Diskussionen.

Nach dem Grundsatz, gute PR beginnt im eigenen Haus, haben wir die Chance mit diesen Vorschlägen mehr Transparenz, Identifikation, Motivation und Zielerrei-chung in Gang zu setzen. Keineswegs sind die genannten Vorschläge als Vorgaben für Autoren zu verstehen. Vielmehr soll damit eine Diskussion in Gang gebracht wer-den, um die Vielfalt und Attraktivität unserer „SuB“ zu erhöhen. Liebe Leserin, lieber Leser, jetzt sind Sie gefordert!

WOLFRAM SCHÖHL ABTEILUNG A, BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN

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Erfolgsmodell „Kooperation im Gewässerschutz“Landwirte und kommunale Wasserversorger arbeiten bei der Verringerung der Nitratbelastung des Trinkwassers eng zusammen

von STEFAN MÜCK: Die Stadt Maxhütte-Haidhof und die Stadtwerke Burglengenfeld sehen seit der Überarbeitung der Wasserschutzgebietsverordnung im Jahr 1996 Handlungsbedarf bei der Aufrechterhaltung der Grundwasserqualität. Hierzu haben beteiligte Landwirte und die Stadtwerke Burglengenfeld zusammen mit der Stadt Maxhütte-Haidhof den Arbeitskreis Land-wirtschaft und Grundwasserschutz gegründet. Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Schwandorf unterstützt diesen Arbeitskreis von Anfang an. Neben innovativen Versuchen im Bereich der Produktionstechnik sorgt die Arbeitsgemeinschaft auf Grundlage eines detaillierten Anreizsystems erfolgreich für die Beibehaltung der Trinkwasserqualität.

Wir alle wissen von der Aktualität und Bedeutung des Grund-wasserschutzes, und so ist uns dieses Thema zum ständigen Begleiter der täglichen Arbeit geworden. 2017 und 2018 ist es das Schwerpunktthema in der Landwirtschaftsverwaltung.

Dass auch den bayerischen Landwirten dieses Thema seit Jahren bewusst ist und am Herzen liegt, davon überzeugte sich vor Ort der Kreisberatungsausschuss Cham zusammen mit Vertretern der Kommunen aus dem Dienstgebiet des AELF Cham. Wie erfolgreicher Wasserschutz durch die Zu-sammenarbeit aller beteiligten Akteure aussehen kann, da-von konnten sich die Teilnehmer der Lehrfahrt am Beispiel der „Arbeitsgemeinschaft der Landwirte in den Trinkwas-serschutzgebieten Maxhütte-Haidhof und Burglengenfeld“ eindrucksvoll ein Bild machen.

Handlungsbedarf bei der TrinkwasserqualitätDie Trinkwasserversorgung stellt eine Leistung der Daseins-vorsorge dar und gehört somit nach Art. 57 der Bayerischen Gemeindeordnung zu den Pflichtaufgaben der jeweiligen Kommune. So auch bei den Stadtwerken Burglengenfeld. Als 1996 die Wasserversorger im Landkreis Schwandorf in der Oberpfalz mit der Überarbeitung der Wasserschutzgebiets-verordnung konfrontiert wurden, begann unter der fachli-chen Begleitung des AELF Schwandorf eine spannende Ko-operation zwischen Kommunen und Landwirten. Sie brachte ein zukunftsweisendes Beispiel in Sachen Gewässerschutz hervor. Im Einzugsgebiet der Stadt Maxhütte-Haidhof und der Stadtwerke Burglengenfeld bedurfte es, bedingt durch die lokale Bodenproblematik, besonderer Maßnahmen. Alle Flächen in den Wasserschutzgebieten der Städte Maxhüt-te-Haidhof und Burglengenfeld liegen im Jurakarst, welcher aufgrund der hohen Wasserdurchlässigkeit die Auswaschung von Nitrat und Pflanzenschutzmitteln und somit den Eintrag von Schadstoffen ins Grundwasser begünstigt.

Zusammenarbeit im WasserschutzgebietUnbestritten hat die Landwirtschaft einen wesentlichen Ein-fluss auf die Qualität des Grundwassers, aus dem das Trink-wasser gewonnen wird. Die Landwirte in der Umgebung der Städte Maxhütte-Haidhof und Burglengenfeld sind sich jedoch ihrer Verantwortung gegenüber Natur und Gesellschaft be-wusst, und so wurde die Arbeitsgemeinschaft der Landwirte im Wasserschutzgebiet gegründet. Von Beginn an begleitete das AELF Schwandorf die fachliche Konzeption des Projektes.

Die Arbeitsgemeinschaft verfolgt folgende Ziele:→ Minimierung des Nährstoffeintrags in das Grund-

wasser,→ sparsamer und schonender Umgang mit Wasser,→ innovative Ideen und Techniken zur grundwasser-

schonenden Landbewirtschaftung,→ Erhaltung der Selbstreinigungskraft der Böden.

Beratung und BonuszahlungenUm diese Ziele zu erreichen rief der Arbeitskreis eine aus-geklügelte Zusammenarbeit zwischen den Wasserversor-gern und den Landwirten ins Leben. Der Wasserversor-ger steht den Landwirten mit kompetenten Beratern und einem auf Bonuszahlungen basierenden Prämiensystem zur Seite. Ein spezialisiertes Ingenieurbüro unterstützt mit fachlichen Konzepten. Die örtlichen Landwirte setzen ihr fachliches Können ein und legen eine hohe Innovations-bereitschaft an den Tag. Jeder Bewirtschafter erbringt fol-gende Leistungen:

→ Er hält die Trinkwasserschutzgebietsverordnung in der jeweils gültigen Fassung ein.

→ Wenn keine Winterung angesät wird bzw. bei nachfol-gender Flächenstilllegung werden die Ackerflächen nach der Ernte gezielt begrünt. Eine Beimischung von Leguminosen in die Begrünung ist gestattet, wenn der

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Pflanzenbestand nicht vor dem 1. März umgebrochen wird. Folgt auf eine Flächenstilllegung eine Somme-rung, ist keine Winterfurche zulässig. Ausgenommen von der Bestimmung zur Begrünung der Ackerflächen nach der Ernte sind Flächen, auf denen die Ernte der Hauptfrucht nach dem 31. August erfolgt.

→ Vor dem 15. Februar wird kein stickstoffhaltiger Dünger ausgebracht.

→ Die Bewirtschafter zeichnen einzelflächenbezogen alle Düngungs- und Pflanzenschutzmaßnahmen auf (Schlagkartei oder schlagkarteiähnliche Auf-zeichnungen) als Grundlage für die Beratung sowie als Nachweis der grundwasserschonenden Landbe-wirtschaftung. Die Unterlagen sind dem Wasserver-sorger oder seinen Beauftragten bis zum 31. De-zember eines Jahres vorzulegen.

→ Die Bewirtschafter erstellen jährlich eine betriebli-che Nährstoffbilanz für Stickstoff und gewähren den Stadtwerken Burglengenfeld bzw. dessen Beauftrag-ten Einsichtnahme. Es wird empfohlen, einen Hof-tor-Nährstoffvergleich mit Unterstützung des zustän-digen Landwirtschaftsamtes erarbeiten zu lassen.

Jeder Landwirt, der sich an die obigen Vereinbarungen ver-traglich bindet, hat Anspruch auf eine Basisvergütung, wel-che sich je nach Flächennutzung auf 20 bis 80 Euro pro Hek-tar beläuft. Darüber hinaus gibt es eine an den Nitratwert im Spätherbst gekoppelte Ausgleichszahlung (siehe Tabelle 1). Das sorgt für eine zielorientierte Bodenbewirtschaftung und einen interaktiven Informationsaustausch zwischen den Landwirten über Anbauverfahren und Produktionstechnik.

Es wird unterschieden zwischen Maisanbauflächen und übrigen Flächen. Für beide Summen an Flächen wird je-weils ein eigenes bestes Sechstel bis schlechtestes Drittel der Werte bestimmt.

Des Weiteren werden die Kosten der Stickstoff-Boden-untersuchung im Frühjahr (nach der DSN-Methode) zur Bestimmung des N-Düngebedarfes vom Wasserversorger übernommen sowie weitere schlagspezifische Maßnahmen honoriert (Tabelle 2).

Über die Zahlungen hinaus führen die Landwirte aber auch innovative Versuche durch. So werden zum Beispiel die Auswirkungen einer reduzierten Düngung oder des zu-kunftsweisenden Strip-Till-Verfahrens auf Ernteertrag, Prak-tikabilität und Wasserqualität in Praxisversuchen erprobt. Jährlich veranstalten der Fachberater Martin Prey und das Ingenieurbüro Dr. Eiblmeier eine Besprechung zu den Unter-suchungsergebnissen. Zusammen diskutieren die Teilneh-mer die resultierenden Erkenntnisse und Möglichkeiten der Verbesserung. Dabei unterstützt das AELF Schwandorf die Arbeitsgemeinschaft durch fachliche Hilfestellungen, wel-che die neuesten Erkenntnisse zum Gewässerschutz und deren praktische Anwendung beinhaltet.

Erfolge lassen sich messenDass das System der Arbeitsgemeinschaft den gewünsch-ten, aber auch notwendigen Erfolg mit sich bringt, lässt sich messen und anhand von Zahlen darstellen. Der Grenz-wert liegt nach der Trinkwasserverordnung bei 50 mg Nitrat je Liter Trinkwasser. Eine aktuelle Probe der Trink-wasserqualität vom Mai 2017 weist für Maxhütte-Haidhof einen Nitratgehalt von 28,5 Milligramm auf. Für Burglen-genfeld lautete der Wert circa 20 Milligramm, und die Ar-beitsgemeinschaft ist dabei ein wesentlicher Faktor, der dazu beiträgt, diese guten Werte nachhaltig erreichen zu können. Für den erhöhten Bewirtschaftungsaufwand und die verminderten Erträge erhalten die Landwirte von den Wasserversorgern jährlich Ausgleichs- und Prämienzahlun-gen von rund 50 000 Euro.

STEFAN MÜCKAMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN [email protected]

→ Tabelle 1: An den Nitrat-Stickstoffgehalt des Bodens im Herbst

gekoppelte Prämien

Gruppierung Vergütung

Schlechteres Drittel der Werte 0 Euro/ha

Viertbestes Sechstel der Werte 15 Euro/ha

Drittbestes Sechstel der Werte 30 Euro/ha

Zweitbestes Sechstel der Werte 45 Euro/ha

Erstbestes Sechstel der Werte 70 Euro/ha

→ Tabelle 2: Zusätzliche Leistungen

Zusätzliche Leistung ([Z1] bis [Z7])Vergütung pro Hektar

[Z1] Zwischenfrucht bis (1.) (15.) November 40 Euro

[Z2] Zwischenfrucht bis 1. Dezember 60 Euro

[Z3] Zwischenfrucht bis 1. März 90 Euro

[Z4] Ansaat einer winterharten Brachebe- grünung (Gräsergemenge) im Sommer für Flächenstilllegung im Folgejahr

90 Euro

[Z5] Winterharte Zwischenfrucht bis 1. März 10 Euro

[Z6] Winterharte Zwischenfrucht bis 1. April 150 Euro

[Z7] Verzicht auf Winterfurche (gilt nicht für die Fruchtfolge Mais nach Mais)

50 Euro

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Bayerische ÖkoschultageStudierende schätzten breites Angebot der sechsten Ökoschultage

von ANIKA WIRSIG, FRANZ HÖGG und MICHAEL NOWAK: Im Juli 2017 nahmen 68 Studie-rende an den achttägigen Bayerischen Ökoschultagen teil. Die Organisation übernahm je-weils die Landwirtschaftsschule, Abteilung Landwirtschaft (LWS) am AELF Weilheim i.OB und die fachliche Gestaltung der Schultage erfolgte durch die Fachzentren L3.3 Ökolandbau der Ämter Ebersberg und Kaufbeuren. Die Nachfrage war außergewöhnlich stark.

Die Bayerischen Ökoschultage nahmen mit LMS vom 21. Dezember 2011, Nr. A4-7142-1/31 ihren Anfang. Damals wurde den Landwirtschaftsschulen in Bayern mitgeteilt, dass die Landwirt-schaftsschule Weilheim i.OB im kom-menden Sommersemester Schultage zur Produktionstechnik im ökologi-schen Landbau anbietet. Das war der Beginn einer Erfolgsgeschichte, die 2017 zum sechsten Mal fortgeschrie-ben wurde. Waren es zu Beginn acht Tage, so wurden seit 2015 vier Tage im Block angeboten. Die Autoren planten dieses Sommersemester-Projekt ge-meinsam und setzten diese Tage auch gemeinsam erfolgreich um. Es waren insgesamt acht Tage, die sich außerge-wöhnlich starker Nachfrage erfreuten.

Organisation und BegleitungDas Angebot umfasste Betriebsbesich-tigungen und praktische Übungen auf ökologisch wirtschaftenden Betrieben, um gute Einblicke in verschiedene be-triebliche Schwerpunkte zu ermögli-chen und gewonnene Eindrücke zu diskutieren. Zusammen mit dem Lehr-, Versuchs- und Fachzentrum (LVFZ) für Milchvieh- und Rinderhaltung in Achselschwang konnte auch ein Übernachtungsangebot unterbreitet werden. Plakate war-ben an den Landwirtschaftsschulen mit dem Programm (siehe Infobox).

Hohe Nachfrage sorgte für einen Kurs mehrBereits vor Anmeldeschluss zeichnete sich die überragende Nachfrage zu diesem Angebot ab: 68 Studierende aus den Landwirtschaftsschulen in Bayern wollten in den Kurs vom 3. bis 6. Juli 2017. Diese Nachfrage nach 272 Teilnehmer-

tagen sprengte den geplanten Rahmen komplett, so dass das Organisationsteam daher beschloss das Lehrgangsan-gebot auf zwei Kurse aufzuteilen. Nach Rücksprache mit der Unterkunft und den Partnerbetrieben konnten zwei Kurse mit jeweils vier Tagen angeboten werden.

Die Studierenden der Landwirtschaftsschulen Fürs-tenfeldbruck, Holzkirchen, Pfarrkirchen und Schweinfurt passten zum Übernachtungskontingent und waren bereit den Kurs 1 zu besuchen. Kurs 2 setzte sich aus den Teilneh-merinnen und Teilnehmern der Landwirtschaftsschulen

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Themen InhalteWeidesysteme Kurzrasenweide, Umtriebsweide, Portionsweide,

verschiedene Intensitätsstufen Parasitenbekämpfung

Grünlandbeurteilung Bestimmungsübungen, Bestandsbeurteilung Problembereiche: Gemeine Rispe, Ampfer, Kreuzkraut

Grünlanderneuerung Grünlandverbesserung, Nachsaat, Saatgut

Kleegras Anbaustrategie, Bestandsbeurteilung, Bodenleben, Bodenstruktur, Fruchtfolgegestaltung

Milchviehställe Neubau und Umbaulösungen, AMS Ausläufe, Hörner im Laufstall Heutrocknungssysteme

Kälberhaltung Haltungsformen, Tränkesysteme, JV-Aufzucht

Mutterkuhhaltung Fleischrinderrassen, Ochsenmast, Vermarktung

Legehennen Legehennen als Zusatzeinkommen, Mobilstall

Mastschweinehaltung Haltungsformen und Vermarktung

Fachliche Leitung und DurchführungFachzentrum Ökologischer Landbau Ebersberg: Anika WirsigFachzentrum Ökologischer Landbau Kaufbeuren: Franz Högg

Infobox: Programm Bayerische Ökoschultage vom 3. bis 6. Juli 2017

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→ Abbildung 2: Herkunft der Teilnehmer

Ansbach, Augsburg, Bayreuth, Coburg, Kaufbeuren, Kemp-ten, Landshut, Mindelheim, Münchberg, Nabburg, Pfaffen-hofen, Uffenheim, Wertingen und Weiden zusammen. Die Bayernkarten (siehe Abbildung 2) zeigen die Heimatland-kreise der Studierenden auf. In Kurs 1 wirkten Lehrkräfte der LWSen Holzkirchen (zwei Tage) und Fürstenfeldbruck (ein Tag) bei Programmgestaltung und Umsetzung mit.

Lernzielkontrollen am EndeDen obligatorischen Abschluss der Kurstage bildeten jeweils die Lernzielkontrollen, die ja auch den Teilnahmenachweis darstellen. Das Endergebnis wurde von der LWS Weilheim an die entsendenden Schulstandorte übermittelt. An tatsäch-lich 247 Teilnehmertagen konnte bei bestem Lehrgangswet-ter das nachstehend dargestellte und von den Fachzentren Ökolandbau und den besuchten Betrieben gestaltete Fach-programm durchgeführt werden.

www-Link Bilder Impressionen auf:http://www.aelf-wm.bayern.de/bildung/landwirt-

schaft/149479/index.php

Inhalt und Umsetzung der beiden KurseDer erste Tag startete traditionell am Lehr-, Versuchs- und Fachzentrum für Milchvieh- und Rinderhaltung Achsel-

schwang mit der Begrüßung der Studierenden und der Klärung organisatorischer Fragen, wie z. B. Verpflegung und Übernachtung in Achsel-schwang. Das Agrarzentrum in der Nähe des Am-mersees liegt – wie auch die beiden weiteren an diesem Tag besuchten Betriebe – im Landkreis Landsberg. Anschließend stellte Georg Hammerl, Leiter des Agrarzentrums, das konventionell be-wirtschaftete Versuchsgut vor und führte die Teil-nehmer durch den Milchvieh- und Kälberstall. Es werden insgesamt 420 ha Landwirtschaftsfläche bewirtschaftet mit je zur Hälfte Grünland und Ackerflächen. Dazu kommen noch 80 ha Wald.

Fleck- und Braunvieh gemischtDie Herde setzt sich aus 50  Prozent Fleckvieh, 30 Prozent Braunvieh, 10 Prozent Red Holstein und weiteren Rassen zusammen und erbringt eine durchschnittliche Leistung von 10  500  kg Milch. Es erfolgt eine TMR-Fütterung mit drei Leis-tungsgruppen. Georg Hammerl informierte die Studierenden über die in Achselschwang durch-geführten Fütterungsversuche, wie z. B. den Ver-such mit Shredlage, einer Langschnittvariante von Silomais.

Nachfragen von StudentenDie 190 Milchkühe werden in einem großzügig

dimensionierten Offenfrontstall mit einem vier Meter brei-ten nicht-überdachten Laufgang am Futtertisch gehalten. Ein Studierender fragte, ob unter bestehenden Umstän-den eine Umstellung auf biologische Produktion möglich wäre. Im Bereich der laktierenden Kühe stehen aktuell eine überdachte Stallfläche von 9,8 m2/Tier und eine nicht-über-dachte Fläche von 4,3 m2/Tier zur Verfügung. Damit werden die Ökobedingungen von 10,5 m2 zugänglicher Fläche, von denen mindestens 1,125 m2 pro Kuh nicht-überdacht sein müssen, leicht erreicht. Auch in Punkto Liege- und Fress-platzverhältnis wären die Ökoanforderungen erfüllt.

Milchviehbetrieb FuchshofNach dem gemeinsamen Mittagessen in der Kantine des Agrarzentrums fuhr die Gruppe zum Fuchshof in Finning. Die Studierenden erhielten einen Eindruck von einem low-input-Betrieb mit 220 Milchkühen unterschiedlichster Rassen in einem Fress-Liegeboxen-Stall. Der Betriebsleiter, Johannes Brenner, setzt auf ausschließliche Weidefütterung im Umtrieb auf knapp 20 zwei bis drei ha großen Koppeln. Im Sommer erfolgt keine Ergänzung durch Grund- oder Kraftfutter. Dabei nimmt er eine Milchleistung von unter 5 000 kg in Kauf. Das gute Betriebsergebnis des Pachtbetrie-bes wird über die hohe Kuhzahl in Verbindung mit geringem

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Produktionsaufwand erreicht. Die Jungviehaufzucht ist in einen naheliegenden Betrieb ausgelagert. Ebenso werden auch viele Feldarbeiten vergeben, so dass der Betrieb mit ei-nem sehr niedrigen Besatz an eigenen Maschinen fährt, was bei vielen Studierenden zu Verwunderung führte.

Legehennenbetrieb mit AußenbereichZum Abschluss des ersten Tages gab Familie Dietmaier in Ramsach Einblicke in die ökologische Legehennenhaltung. Der im Nebenerwerb geführte Biobetrieb hat 2013 einen Stall für 3  000  Legehennen im Außenbereich gebaut. Es kristallisierte sich eine Gruppe ganz besonders an der Hüh-nerhaltung interessierter heraus, die die Erläuterungen zu Produktionstechnik und Markt quasi aufsogen, um sie evtl. einmal im eigenen Betrieb umzusetzen. Die Baukosten be-trugen 103 Euro pro Platz. Bei den variablen Kosten sind das Kraftfutter (52 Euro/dt) und die Junghennen (10 Euro pro Tier) die größten Posten. Die Herde wird ca. alle 12 bis 13 Monate durch neue Junghennen ersetzt. Die Kosten für die bei jedem Herdenwechsel fällige Stallreinigung betra-gen ca. 4 000 Euro.

Die Eier werden zweimal pro Woche zu einem Preis von ca. 18,5 Cent pro Ei von einer Packstelle abgeholt. Pro Jahr vermarktet der Betrieb Dietmaier ca. 900 000 Eier und erzielt dabei einen Gewinn von ca. 2 Cent pro Ei.

Grünland-Milchviehbetrieb und GruppenarbeitAm zweiten Tag wechselten wir in den Landkreis Ostall-gäu auf einen reinen Grünland-Milchviehbetrieb in Stötten am Auerberg. Markus Endraß hält 52 Milchkühe mit Nach-zucht auf 62 ha Grünland, wovon 40 ha weidefähig sind. Der 920 m hoch gelegene Biobetrieb mit einer Milchleistung von 7 200 kg betreibt eine modifizierte Kurzrasenweide, bei der Heu zugefüttert wird. Beeindruckend war der artenreiche Pflanzenbestand mit einer insgesamt hohen Futterwertzahl. Diese ist auch mitverantwortlich für die hohe Grundfutterleis-tung, die bei 5 000 kg Milch liegt. Wegen des Weidegangs auf den arrondierten Flächen ist keine Klauenpflege erforderlich.

Weidelgras-Versuche der LfLDirekt angrenzend führt die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) Bayern auf den Flächen des Betriebes Endraß Weidelgras-Ausdauerversuche durch. Dr.  Stefan Hartmann von der LfL, der für die Durchführung und Aus-wertung der Versuche verantwortlich ist, stellte die beiden in den Jahren 2016 bzw. 2015 angelegten Versuche vor. In jeweils vier Wiederholungen werden hier 38 bzw. 27 Sorten des Deutschen Weidelgrases auf ihre Ausdauer hin getestet. Die Versuche werden viermal pro Jahr geschnitten, aber es erfolgen keine Ertrags- oder Qualitätsermittlungen der ein-zelnen Parzellen, sondern nur Bonituren über einen Zeitraum von vier Jahren. Wegen seiner Lage auf knapp 1 000 m über

NN zeichnen dort die verschiedenen Weidelgras-Sorten sehr stark bezüglich Ausdauer und Winterhärte. Die Ergebnisse gehen dann in die Empfehlungen für die Bayerischen Quali-tätssaatgutmischungen ein, in der die Sorten für besonders auswinterungsgefährdete Lagen gekennzeichnet sind.

Versuch und GruppenarbeitNun sollten die Studierenden in Gruppenarbeit die bezüg-lich der Ausdauer besonders guten bzw. schlechten Sorten in den beiden Versuchen heraussuchen und kennzeichnen. Dabei wurde den Studierenden klar, welche großen Unter-schiede bei der Ausdauer zwischen den Sorten von Deut-schem Weidelgras bestehen. Der Versuchsleiter wies darauf hin, dass die Ausdauer negativ mit dem Ertrag korreliert. Die Energie, die für die Ausdauer eingespeichert wird, geht zwar vom Ertrag ab, aber eine abgestorbene ertragreiche Sorte bringt überhaupt keinen Ertrag. An diesen Versuch werden sich sicher viele Studierende erinnern, wenn sie künftig Saatgut für Grünlandnachsaaten oder -neuansaa-ten auswählen.

Jetzt ging es wieder herunter vom Auerberg zum Bio- Regiobetrieb Schreyer in Stötten. Die 40 Milchkühe werden auf Kurzrasenweide gehalten. Stefan Schreyer, dessen Be-trieb seit 1959 biologisch bewirtschaftet wird, probiert im-mer wieder Neues aus. So konnten sich die Studierenden über seine Erfahrungen mit einem Doppelmessermähwerk, der Bekämpfung des Ampfers mit Heißwasser aus dem Hochdruckreiniger und dem Einsatz von Holzkohle und Kompost auf seinen Grünlandflächen informieren. Die saiso-nal abgekalbten Kälber werden mit Joghurttränke versorgt.

Das Programm der zweiten Blockwoche, die wegen der hohen Anmeldezahlen erforderlich war, war bis auf einen Betrieb identisch mit der ersten Woche. Hier stand statt des Betriebes Schreyer der Betrieb Lang, Bidingen im Landskreis Ostallgäu, auf dem Programm. Stefan Lang setzt in seinem reinen Grünland-Milchviehbetrieb ebenfalls auf Kurzrasen-weide. Beeindruckt waren die Studierenden v. a. von seiner neu gebauten Heubergehalle mit Kondensationstrocknung. Der Betrieb erzeugt Bio-Heumilch und zeigte sich trotz der hohen Investitionskosten mit seiner Entscheidung für diese Produktionsrichtung sehr zufrieden.

Mastschweinhaltung und GemüseanbauAm dritten Tag standen Betriebe mit ackerbaulichem Schwerpunkt und die ökologische Mastschweinehaltung im Fokus. Der Betrieb Burghardt wurde stellvertretend für ökologische Gemüsebaubetriebe besucht. Auf 40  ha Landfläche bauen Corinna und Markus Burghart unter an-derem Kürbisse, Tomaten und Zucchini nach Bioland-Richt-linien an und verkaufen sie zum einen über „Unser Land“ und teilweise im eigenen Hofladen. Das Betriebsleiterpaar führte die Studierenden engagiert über ihren Betrieb und

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erläuterte anschaulich die Produktionstechnik der unbe-kannten Kulturen. Besonders gefallen hat den Studierenden die Besichtigung der zwei großen Gewächshäuser, in denen Tomaten gezogen werden. Dort durften sie selbst ein paar Früchte pflücken und verkosten. Das verführte den einen oder anderen zum Einkauf im Hofladen. Nach diesem kurzen Einblick in den Gemüse-Anbau ging es ein paar Kilometer weiter nach Esting.

Kartoffelsortier- und AbpackanlageIm Hof von Andreas und Dorothea Hatzl zogen zunächst die Kartoffelroder die Studierenden an. Schnell bildete sich eine kleine Traube Sachverständiger um die Geräte und es wurde über den Maschinenpark diskutiert. Der Betriebsleiter nahm das Interesse gelassen und nutzte die Aufmerksamkeit für einen kurzen Überblick über seinen Betrieb. Zusammen mit seiner Frau Dorothea bewirtschaftet er einen 240 ha großen Betrieb mit dem Schwerpunkt Kartoffelbau. Seit 1999 erfolgt die Bewirtschaftung nach Bioland-Richtlinien. Neben Kartof-feln werden noch Roggen, Triticale, Ackerbohnen und Dinkel angebaut. Die Führung startete bei der Kartoffelsortier- und Abpackanlage. Dort werden die Kartoffeln verlesen, vorsor-tiert und je nach Verwendung gleich gewaschen, getrock-net und abgepackt oder zunächst ins Kühllager gebracht. Die Anlage sorgte bei den Studierenden für Staunen und Nachfragen. Diese Mechanisierung hatten nur wenige bei einem Bio-Betrieb erwartet. Nachdem die Kartoffelverwer-tung von der Ernte bis zur Kühlung hinreichend diskutiert wurde, zeigte Andreas Hatzl den Studierenden einen seiner Dinkel- und Kartoffelschläge. Anhand des Dinkels wurde der Anbau von ökologischem Getreide besprochen und von den Studierenden bewertet. Im Anschluss wurde der Weg zum Mittagessen angetreten. Mit der Wahl von Schnitzel und Pommes zum Mittag wurde bereits der Bogen zum letzten Betrieb des Tages geschlagen.

Mehrklimabereiche für MastschweineAm Nachmittag besuchten die Studierenden den Betrieb von Peter Thoma. Seit 25 Jahren bewirtschaftet er den 81 ha großen Betrieb nach Bioland-Richtlinien. Um die Hygiene zu wahren, müssen alle Besucher einen Schutzanzug tragen, der bei 36 C und praller Sonne keine Begeisterung bei den Studierenden hervorrief. Aber da machen die Vorschriften auch bei Bio-Betrieben keine Ausnahme. Zunächst erläu-terte Thoma, wie sich sein Betrieb entwickelt hat und gab Einblicke in die Betriebsführung. Seinen Mastschweinestall mit 880 Mastplätzen hat er vor sieben Jahren nach den Vor-gaben des ökologischen Landbaus gebaut. Kennzeichnend sind die Abteile mit Mehrklimabereich. Dort können sich die Schweine nach Belieben im warmen Stall, dem Fressbereich oder dem Außenbereich aufhalten. Das tut ihrer Gesundheit

und der Fleischqualität gut, erläuterte Thoma. Er arbeitet seit jeher mit einem Ferkelerzeugerbetrieb zusammen und legt besonders Wert auf gesunde Ferkel, denn nur so kann er gesunde Schweine erzeugen. Abnehmer ist seit langem Feneberg Kempten. Nachdem der Stall umfangreich besich-tigt wurde und alle Fragen geklärt waren, musste noch der obligatorische Wissenstest am Ende des Tages geschrieben werden. Nach erfolgreicher Abgabe traten die jungen Land-wirte und die Lehrkräfte die Heimreise an.

Soziale Landwirtschaft und RinderhaltungZum Ausklang der Woche stand das Thema „Soziale Land-wirtschaft“ und ökologische Rinderhaltung im Fokus. Den Anfang machte die Regens Wagner Stiftung in Holzhau-sen. Josef Beyrle, Leiter der Landwirtschaft in der Einrich-tung, übernahm die Führung. Die Regens Wagner Stiftung bietet Menschen mit Behinderung eine Ausbildung im u. a. landwirtschaftlichen Bereich. Die kirchliche Stiftung mit zwölf Standorten in Bayern und einem in Ungarn be-schäftigt ungefähr 7 000 Mitarbeiter mit und ohne Ein-schränkungen. Beyrle zeigte den Studierenden sowohl den Jungviehstall, als auch den neuen Milchviehstall und erläuterte das Konzept der Zusammenarbeit mit behin-derten Menschen.

Die Arbeit in der Landwirtschaft hat viele Vorteile für die Menschen,

erklärte Beyrle.

„Sie haben einen strukturierten Arbeitsalltag, können Geld verdienen und sehen einen Sinn in ihrer Arbeit.“ Zudem för-dert die Arbeit mit Tieren die Selbstständigkeit und Zufrie-denheit der Mitarbeiter.

Rundgang und Einkehr im HofladenEr verschweigt aber auch nicht den hohen Arbeitsaufwand, der hinter der Betreuung behinderter Mitarbeiter steht, und dass es oft ein hohes Maß an Geduld erfordert, bis eine Auf-gabe zufriedenstellend erledigt wird. Dies beeindruckte die Studierenden umso mehr, als dass in dem Betrieb 200 Milch-kühe betreut werden müssen. Zum Melken können die Tiere selbstständig einen Roboter mit drei Melkplätzen be-suchen. Dieser wurde gleich bei der Arbeit besichtigt. Zum Abschluss des Rundganges ließen es sich die Besucher nicht nehmen, im Hofladen der Stiftung einzukaufen. Die Ange-stellten schauten nicht schlecht, als sich eine Schlange jun-ger Landwirte vor der Kasse bildete, um den erstandenen Öko-Käse und das ein oder andere Eis zu bezahlen. Ausrei-chend gestärkt ging es weiter zum nächsten Betrieb.

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Multilactor und FruchtjoghurtDank der Wegbeschreibung von Franz Fahr fanden sich alle rechtzeitig am Betrieb in Kaltental ein. Der Landwirt führt den Betrieb seit 2001 zusammen mit seiner Frau. 1990 wurde er auf ökologischen Landbau umgestellt. Die 55 Braunvieh-Milchkühe waren zur Zeit des Besuches zwar auf der Weide, der Stall wurde aber dennoch angeschaut. Das Futter wird über ein Förderband verteilt und besteht im Sommer neben etwas Silage hauptsächlich aus Heu, das im Betrieb mit Kaltluft belüftet wird. Im Winter werden noch Cobs und Kraftfutter zugefüttert. Besonders interessant war das Melksystem. Familie Fahr hat sich einen Multilactor ein-bauen lassen und die Entscheidung nie bereut. Die Studie-renden ließen sich das Gerät ausführlich erklären. Hauptun-terschied beim Multilactor zu üblichen Melksystemen ist, dass vier einzelne Melkbecher angesetzt werden, die nicht durch ein Sammelstück verbunden sind. Außerdem rüttelt das Gerät während des Melkens am Euter und sorgt so für ein sauberes Ausmelken. Franz Fahr schätzt besonders das geringe Gewicht, was die Arbeit sehr erleichtert und auch für die Kühe angenehm ist, da es das Eutergewebe nicht so stark belastet. Nach dem Rundgang hatte das Betriebsleiterpaar noch eine Überraschung für die Studierenden. Damit sie den Weg zur Wirtschaft überstehen, gab es Fruchtjoghurt zur Stärkung. Da schlugen die jungen Landwirte gerne zu und hatten noch ein paar Minuten mehr, um Fragen zu stellen.

Landwirtschaft im KlosterDer letzte Betrieb der Woche bot nochmal ein Highlight, wie die Studierenden einstimmig feststellten. Es ging auf den einzigen nicht-ökologischen Betrieb der Öko-Schultage, die Erzabtei St. Ottilien. Der landwirtschaftliche Betrieb des Be-nediktinerklosters war trotzdem ins Programm mit aufge-nommen worden, da kirchliche Einrichtungen mit Landwirt-schaft einen wichtigen Beitrag zur sozialen Landwirtschaft leisten. Außerdem ist das Energiekonzept der Abtei ein Vor-bild für die Nutzung regenerativer Energien und schon des-halb einen Besuch wert. Pater Tassilo führte die Gruppe nach einem kleinen Überblick über die Geschichte der Abtei und die Flächenausstattung zum Melkhaus. Das beherbergt ein Melkkarussell für 26 Kühe und ist das ganze Jahr für Besu-cher geöffnet. Bei der Melkarbeit hilft neben einem Kloster-bruder immer ein Flüchtling mit.

Flüchtlinge werden integriertDie Abtei hatte damals entschieden, Barmherzigkeit nicht nur von der Kanzel zu predigen, sondern aktiv etwas zu tun. Des-halb bieten sie Asylsuchenden sowohl eine Unterkunft auf dem Klostergelände, als auch die Möglichkeit bei der Stallar-beit zu helfen. Dieses Beispiel an Integration hinterlässt bei den Besuchern im Melkkarussell immer wieder einen blei-

benden Eindruck. Als nächstes führte der Rundgang die Stu-dierenden auf das Gelände der Biogasanlage. Diese wird zur Hälfte mit der eigenen Rindergülle und dem eigenen Mist gefüttert und zur anderen Hälfte mit Mais- und Grassilage.

Energiekonzept für KlosteranlageDadurch ist es möglich eine Fläche von 66 000 m2 zu hei-zen. Hier erläuterte Pater Tassilo, warum der Betrieb nicht auf ökologische Landwirtschaft umgestellt wurde: „Der Zukauf von ökologischem Biogasmais wäre im Fall der 500 kW-An-lage zu teuer gewesen.“ Deshalb entschloss man sich gegen die Umstellung aber für ein umfassendes Energiekonzept für die gesamte Klosteranlage. Dazu gehört auch die Hack-schnitzelanlage mit 1,2 MW. Trotz umfangreicher Nutzung erneuerbarer Energien verbleibt ein Tank mit Heizöl, der im Notfall die Wärmeversorgung sicherstellt. Auch dieser Be-reich der modernen Landwirtschaft ist für Besucher frei ein-sehbar. Durch eine Scheibe kann das Innere des Heizhauses begutachtet werden und Schautafeln erklären anschaulich das Energiekonzept. Trotz der interessanten Ausführungen von Pater Tassilo mussten sich die Studierenden bald auf den Rückweg machen, denn der Wissenstest wartete.

Wunsch nach mehr Zeit auf einzelnen BetriebenDas Fazit: Trotz organisatorischer Herausforderungen konn-ten wieder interessante Öko-Schultage angeboten werden. Die Studierenden schätzten das breite Angebot an Betrie-ben und ließen sich offen auf neue Themen ein. Die Be-triebsleiter waren motiviert und scheuten sich nicht, mit den jungen Landwirten kritisch zu diskutieren. Als Verbes-serungsvorschläge nehmen die Organisatoren mit, dass die Fahrwege verkürzt werden und eventuell mehr Zeit auf ein-zelnen Betrieben eingeplant werden soll.

ANIKA WIRSIG AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN EBERSBERG [email protected] HÖGGAMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN [email protected] NOWAKAMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN WEILHEIM [email protected]

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Von Web bis AppEinsatz internetbasierter Medien im Unterricht

von GISELA HAMMERSCHMID und DR. STEFAN GABLER: Während die Studierenden bereits als „digital natives“ gelten können, nutzen Lehrkräfte aus den Bereichen Hauswirtschaft und Landwirtschaft die neuen digitalen Medien meist noch nicht so häufig im Unterricht. Deshalb besuchten die Lehrkräfte der Landwirtschaftsschulen Pfaffenhofen und Weilheim in Ober-bayern sowie der Fachschule für Ökologischen Landbau in Weilheim ein Inhouse-Seminar der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (FüAk). Ziel war, die Möglichkeiten der Digitalisierung für den Unterricht kennenzulernen und im Umgang mit den „neuen“ Medien vertrauter zu werden.

Die Digitalisierung gehört längst zum Lebens- und Ar-beitsalltag von Lehrkräften und Studierenden, das Lehren und Lernen findet zunehmend im digitalen Kontext statt: Die Studierenden tauschen sich über WhatsApp aus, ver-einbaren Termine und Treffpunkte; Studierende der Abtei-lung Hauswirtschaft drehen kurze Videos im praktischen Un-terricht, um Arbeitsabläufe besser lernen zu können; über WLAN auf dem eigenen Smartphone zu verschiedenen The-men zu recherchieren nimmt zu; eine Cloud ist eingerichtet. Diese Beispiele lassen sich beliebig fortsetzen, die Nutzung der digitalen Medien wird zukünftig noch zunehmen. Und gerade auch in der landwirtschaftlichen Praxis hält die Digi-talisierung mit großen Schritten Einzug (Stichwort Landwirt-schaft 4.0). Umso wichtiger erschien es den Teilnehmern der Schulen, in einem Seminar zu neuen Medien im Unterricht praxisnahe Tipps zum Umgang mit diesen Medien und de-ren Chancen für die Lehrstunden zu erhalten.

Inhalte und DauerAn jeweils 1,5 Tagen erfuhren die Lehrkräfte unserer Schu-len sowie der EDV-Beauftragte technische und fachbezo-gene Möglichkeiten, um das Internet und Anwendungs-programme auf Smartphones im Unterricht einzusetzen. Referent war Peter Weyman. Es ging um

→ mögliche Einsatzbereiche,→ Methodik und Didaktik des Einsatzes webbasierter

Medien im Unterricht und→ technische Rahmenbedingungen.

Einen breiten Raum nahmen die praktischen Anwendun-gen im EDV-Raum ein: z. B. Online-Befragungen, QR-Codes, Word-Clouds, Kreuzworträtsel, Learning-Apps, Videobei-träge usw.

„Digitalisierung im Unterricht: das war für mich bisher eine Wand. Durch das Seminar haben sich mir Fenster ge-

öffnet. Ich erkannte, was alles möglich ist und dass es mach-bar ist“, meinte eine Teilnehmerin. „Toll fand ich an dem Se-minar, dass Kolleginnen und Kollegen der Hauswirtschaft und Landwirtschaft eineinhalb Tage beisammen waren und sich gemeinsam einem Thema angenommen haben, das alle gleichermaßen betrifft“, sagte eine andere Lehrkraft. „Das Seminar war abwechslungsreich, es war viel Zeit zum Aus-probieren und es hat Spaß gemacht“, und „Wichtig ist nun, an der Thematik dran zu bleiben“, waren weitere positive Rückmeldungen bei der Schlussrunde des Seminars „Einsatz internetbasierter Medien im Unterricht“.

Gründe für das SeminarDie Möglichkeit, Tablets für die Schule zu bestellen, nutz-ten die Lehrkräfte gerne. Es wurde auch die Frage disku-tiert, wie diese Geräte und auch Smartphones, die die Stu-dierenden quasi ständig bei sich tragen (und sehr gerne nutzen), sinnvoll im Unterricht eingesetzt werden können. Eine Idee war die Nutzung von e-books; die Liste an Apps nimmt im Lehrerportal zu; auch eine Anleitung zum QR-Code ist dort eingestellt. Allen Lehrkräften war klar: Es gibt viele Möglichkeiten, doch wie soll das angegangen wer-den?

Dankbar nahmen die Schulen deshalb das Angebot der FüAk an, ein Seminar vor Ort durchzuführen. So hatten „nur“ der Referent und insgesamt drei externe Teilnehmer aus Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden Württemberg eine weitere Anreise und die anderen Teilnehmer konnten mit der EDV-Ausstattung lernen, die sie täglich in der Ar-beit nutzen. Die Termine mit Peter Weyman waren schnell gefunden, und von anderen Schulen an den Ämtern für Er-nährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF), die bereits das Seminar erlebt hatten, kamen positive Rückmeldungen. Ge-meinsam mit der FüAk bereiteten die EDV-Beauftragten in den ÄELF die technische Ausstattung vor.

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Was hat uns das Seminar gebracht?Die Landwirtschaftsschulen brauchen zwingend solche Seminare für die Herausforderungen, die im Zusammen-hang mit der Digitalisierung und den entsprechenden Erwartungshaltungen auf die Lehrkräfte bzw. die Unter-richtsgestaltung zukommen. Die Rückmeldungen der Kolle-ginnen/Kollegen zum Seminar waren durchwegs positiv. Bei den Teilnehmern konnten Berührungsängste abgebaut und die Motivation geweckt werden, sich mit den Möglichkeiten und Chancen der Digitalisierung im Unterricht auseinander-zusetzen. Viele gute Impulse und Beispiele für Einsatzmög-lichkeiten konnten vermittelt werden. Auch die ownCloud als zentrale Datenplattform nutzen die Lehrkräfte nun für Schüler und Lehrer im laufenden Schulwinter erstmalig.

AusblickJetzt gilt es für alle „am Ball zu bleiben“. Die im Seminar auf-gezeigten Einsatzmöglichkeiten der internetbasierten Me-dien müssen auch im Unterricht erprobt werden. Neue Ent-wicklungen bei der Digitalisierung des Unterrichts gilt es kontinuierlich aufzugreifen und umzusetzen. Dafür haben sich Kollegen an den Schulen bereit erklärt. Sie fungieren

als Ansprechpartner „Digitalisierung“ und halten in dieser Funktion das Weilheimer bzw. Pfaffenhofener Lehrerkolle-gium über neue inhaltliche und technische Entwicklungen auf dem Laufenden.

Neben dem theoretischen Input brauchen die Lehr-kräfte natürlich auch die technische Ausstattung, um die Möglichkeiten der Digitalisierung künftig im Unterricht nutzen zu können. Es wird davon ausgegangen, dass hier auch für die Schulen Mittel und Personal aus dem Mas-terplan Digitalisierung der Staatsregierung bereitgestellt werden.

GISELA HAMMERSCHMIDT AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN PFAFFENHOFEN A.D.ILM [email protected]. STEFAN GABLERAMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN WEILHEIM [email protected]

Der Sicherheitsgedanke hat im Bereich des Großhaushaltes, wie beispielsweise Kanti-nen, Seniorenheimen, Bildungsstätten und Krankenhäusern, enorm an Bedeutung gewonnen. Hierbei geht es nicht nur um den Unfallschutz im Betrieb, sondern um die Sicherheit von Mitarbeitern, Bewoh-nern und Kunden. Der diesjährige Kongress „save-saver-safety“ beleuchtet dieses wich-tige Thema von verschiedensten Seiten und findet am Freitag, den 16. März 2018 statt.

Erfolgreiche Konzepte in der Gemein-schaftsverpflegung und in der Hotellerie garantieren dem Betrieb die Wirtschaftlich-keit, die für den Fortbestand erforderlich ist. Aber es geht auch um die praktische Umsetzung, in der Wäscherei, in der Objekt-reinigung und bei den Hygienekontrollen. Die Führungskraft ist verantwortlich für das Hygienemanagement und benötigt dazu auch die Fähigkeit für ein sicheres Auftre-ten. Im Fall des Ausbruchsfalles greift der professionelle Notfallplan. Aber auch im All-tag ist es wichtig, dass die Mitarbeiter sicher

Save-saver-safety: Kongress und Aktionstag an der Technikerschule Kaufbeuren

mit der Reinigungschemie umgehen und schwierige Situationen, z. B. mit an Demenz erkrankten Bewohnern, professionell um-setzen. Mitarbeiter sind ein wichtiges Poten-zial. Sie benötigen eine gute Anleitung und ebenfalls auch Führungskräfte, die psychi-sche Belastungen frühzeitig erkennen und bearbeiten. Für diesen Kongress ist es wie-derum gelungen, hervorragende Referen-ten zu gewinnen, die mit ihren praktischen Erfahrungen, die angesprochenen Themen umfassend besprechen. Abgerundet wird diese Fortbildungsveranstaltung von Aus-stellern aus den Bereichen Hygiene und Objektreinigung und den Fachinformatio-nen der Studierenden der Technikerschule.

Bereits am Donnerstag 15. März 2018 infor-miert ein Aktionstag zukünftige Studierende und Interessierte über die Bandbreite der Weiterbildung an der Technikerschule für Ernährungs- und Versorgungsmanagement Kaufbeuren. Neben Schul- und Berufsinfor-mationen präsentieren die Studierenden der Technikerschule die Vielfalt der Hauswirt-

schaft und den Einsatz moderner Geräte. Ehemalige berichten aus ihrem Berufsalltag.

Information und Anmeldung unter www.technikerschule-kaufbeuren. bayern.de

Technikerschule Kaufbeuren

Technikerschule für Ernährungs-und

Versorgungsmanagement Kaufbeuren

kennenlerneninformieren

erleben

Donnerstag,

15. März 2018

Aktionstag

ORGANISATION

www.technikerschule-kaufbeuren.bayern.de

Staatliche Technikerschule für Agrarwirtschaft Fachrichtung Ernährungs- und

Versorgungsmanagement

Anmeldung

E-Mail: [email protected] Telefon: 08341 9002-0 Anmeldeschluss: 1. März 2018

Kosten

Kostenfrei mit Imbiss

Veranstaltungsort/Veranstalter

Staatliche Technikerschule für Ernährungs- und Versorgungsmanagement Kaufbeuren Heinzelmannstraße 1487600 Kaufbeuren

Anreise zum Veranstaltungsort

Wir empfehlen die Anreise mit der Bahn. Der Bahnhof liegt nur etwa 10 Gehminuten von der Technikerschule entfernt.

Anreise mit dem Auto: Achtung: Am Amtsgebäude gibt es KEINE Parkplätze!

Q Anreise über die A96 München-Lindau Q Ausfahrt Bad Wörishofen oder Q Jengen/Kaufbeuren, auf B12 bis Kaufbeuren

oder:

Q Anreise über die A7 bis zur Ausfahrt Q Kempten/Kaufbeuren Q auf B12 in Richtung München Q anschließend auf die B16 Richtung Kaufbeuren

Herausgeber: Staatliche Technikerschule für Agrarwirtschaft Fachrichtung Ernährungs- und Versorgungs-management Heinzelmannstraße 14 87600 Kaufbeuren

Telefon: 08341 9002-0 Telefax: 08341 9002-57 Website: www.technikerschule-kaufbeuren.bayern.de E-Mail: [email protected] Stand: November 2017 Bildnachweis: Technikerschule Kaufbeuren

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Förderung für die BestenStipendium für staatlich geprüfte Technikerinnen

von ELISABETH HIEPP: Zwei Absolventinnen der Technikerschule Kaufbeuren für Agrarwirt-schaft, Fachrichtung Ernährungs- und Versorgungsmanagement, erhalten über das Bayeri-sche Eliteförderprogramm finanzielle Unterstützung für ihr Studium. Im Interview erzählen sie von ihren Erfahrungen bei der Eliteprüfung.

Die beiden besten Absolventinnen des Jahrganges 2016/2017 der Technikerschule Kaufbeuren bekommen finanzielle Unterstützung für ihr Studium. Im Mai 2017 er-reichte die Technikerschule Kaufbeuren das Schreiben zur Eliteprüfung 2017. Zwei der Studierenden in der Abschluss-klasse erfüllten die Leistungsvoraussetzungen und waren auch mit der Vorabmeldung als mögliche Kandidaten für die Eliteprüfung aus dem Bereich der beruflichen Schulen einverstanden. Die Leistungsvoraussetzungen für die Zulas-sung zum schulischen Auswahlverfahren waren erfüllt. Wer seine Hochschulreife oder in diesem Fall die Fachhochschul-reife in Bayern mit einer Note von mindestens 1,30 erworben hat wird zugelassen.

Unterlagen für die EliteprüfungBis zum 12. Juli mussten die vorläufigen Zeugnisse der Fach-hochschulreife in Straubing bei der zuständigen Stelle für die Durchführung der Eliteprüfung 2017 sein. Zu jedem ge-meldeten Absolventen sind folgende Unterlagen beizufü-gen:

→ Die Angabe des vom Prüfling gewählten Prüfungs-faches samt Lehrplan (Amelita Schneider wählte das Fach Produktion und Organisation im Ernäh-rungsbereich, Debora Bobritz sprach sich für das Unterrichtsfach Produktion und Organisation im Hauswirtschaftsbereich aus).

→ Ein vom Prüfling erstellter Lebenslauf nebst Angabe des beabsichtigten Studiums,

→ ein Lichtbild des Prüflings,→ eine Abschrift des Notenbogens der aktuellen Jahr-

gangsstufe der besuchten Schule,→ eine Abschrift des Zeugnisses der Fachhochschul-

reife sowie die Angabe des Notendurchschnitts auf zwei Dezimalstellen genau und

→ ein Gutachten der Schule über die Gesamtpersön-lichkeit.

Die mündliche Prüfung fand am 26. Juli in Straubing statt. Geprüft wurde insgesamt 60  Minuten in den Fächern

Deutsch, Englisch, Sozialkunde und im gewählten Prüfungs-fach der Schule.

Nach wenigen Tagen kam das mit Spannung erwartete Ergebnis. Beide Studierende haben bei der Eliteprüfung un-ter 60 Bewerbern so gut abgeschlossen, dass sie in das Max- Weber-Programm aufgenommen werden.

Betreuung durch MentorenDie Stipendiaten des Max-Weber-Programms erhalten eine finanzielle Förderung in Form einer Bildungspauschale (pro Semester 1 290 Euro) und werden bei Auslandsaufenthalten zusätzlich finanziell unterstützt. Darüber hinaus steht ihnen ein vielfältiges und qualitativ hochwertiges studienbeglei-tendes Exzellenzprogramm offen. Das Max-Weber-Pro-gramm zielt auf fachliche und persönlichkeitsbildende Förderung. Mit Veranstaltungen zur fachlichen Vertiefung sowie zum interdisziplinären Austausch steht den Stipen-diatinnen neben ihrem Studium ein besonderes wissen-schaftliches Zusatzangebot zur Verfügung. Dies wird er-gänzt durch berufsbezogene Veranstaltungen. Individuelle Betreuung durch Mentorinnen und Mentoren an den bay-erischen Hochschulen ermöglicht eine frühe Einbindung in

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→ Bild: Debora Bobritz, Amelita Schneider und Daniela Hummler (von

links) wurden als Beste ausgezeichnet (Foto: Inge Habel, Techniker-

schule Kaufbeuren).

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die Forschung und den Einblick in andere Bereiche, wie z. B. Nachhaltigkeit.

Die Fachlehrerin Gertraud Dallmayr von der Techniker-schule Kaufbeuren hat beide Ehemalige auf der Meister-preisverleihung in Ansbach getroffen und interviewt:

Frau Bobritz, Frau Schneider, Sie haben bei der Eliteprüfung sehr gut abgeschnitten. Worauf führen Sie diesen Erfolg zurück?Debora Bobritz: „Nun ich denke, die meisten Punkte bei der Prüfung sind auf unsere gute schulische Ausbildung zurückzuführen. Besonders in den Fächern Deutsch und Sozialkunde konnte ich dadurch punkten. Denn das Be-schreiben und Interpretieren von Karikaturen, sowie ver-schiedene aktuelle Themen aus der Sozialkunde haben wir gut im Unterricht durchgenommen und erlernt. Auch in dem von uns selbst gewählten Prüfungsfach wurde nur der Lernstoff aus dem Unterricht gefragt. Ansonsten hat mir mein Allgemeinwissen etwas geholfen, besonders in Eng-lisch war das sehr wichtig, denn hier kam es vor allem darauf an, dass einem zu einem Thema etwas einfällt.“

Amelita Schneider: „Die einzelnen Themengebiete habe ich abgearbeitet, täglich gelernt und mich gut vorbereitet. Das Rhetorikseminar mit Frau Kloth hat mir sehr geholfen. Hier lernte ich laut und deutlich zu sprechen und an mich selbst zu glauben.“

Was hat Ihnen die Teilnahme an der Eliteprüfung persönlich gebracht?Debora Bobritz: „Sie hat einmal mehr gezeigt, dass es etwas bringt, wenn man sich anstrengt und gut ist. Ich kann damit rechtfertigen, wenn ich mal etwas mehr weiß als andere.“

Amelita Schneider: „Es war für uns beide eine tolle Erfahrung, die uns zusammengeschweißt hat. Das Vertrauen, die Unter-stützung der Lehrkräfte tat gut und letztendlich die Bestäti-gung, dass sich Fleiß lohnt und auszahlt.“

Welche Erfahrungen haben Sie bereits mit dem Elitenetzwerk gemacht?Debora Bobritz: „Ich bin angemeldet im Intranet. Im Novem-ber findet in Nürnberg ein Treffen statt, mit allen neu aufge-nommenen Stipendiaten. Des Weiteren habe ich eine Einla-dung bekommen, zu einem gemeinsamen Spieleabend in München, wo man eben auch Kontakte knüpfen kann. Einen persönlichen Mentor habe ich leider nicht gewählt, weil es da für meine Fachrichtung keinen gibt. Ebenfalls finden im-mer wieder Veranstaltungen des Elitenetzwerkes statt, wo-für immer mal wieder Einladungen kommen.“

Amelita Schneider: „Die Plattform bietet zahlreiche Informa-tionsmöglichkeiten zu Studienberichten, Seminaren und Einladungen zu Akademien und Treffen mit Stipendiaten. Einen direkten Kontakt zum Netzwerk hatte ich bisher nicht.“

Wie möchten Sie dieses Netzwerk für ihre Zukunft nutzen?Debora Bobritz: „Das kommt noch auf, da ich noch nicht ge-nau weiß, welche Angebote es gibt und auch wie diese zeit-lich mit meinem Studium zu verbinden sind. Aber ich bin offen für die Angebote des Netzwerkes und werde dann ent-scheiden, wie ich mich mit einbringen kann. Auf alle Fälle werde ich versuchen die Angebote anzunehmen, welche mich persönlich und beruflich einmal weiterbringen.“

Amelita Schneider: „Ich habe vor in meinen Semesterferien an einigen Veranstaltungen der Akademie teilzunehmen, um andere Gleichgesinnte zu treffen, Kontakte zu knüpfen und meine Fähigkeiten und Fertigkeiten zu verbessern.“

Welches Studienfach und welchen Studienort haben Sie gewählt und warum? Debora Bobritz: „Ich habe mich dazu entschlossen Lehramt berufliche Schulen für Ernährungs- und Hauswirtschafts-wissenschaften mit dem Zweitfach katholische Religion an der Technischen Universität München zu studieren. Dieses Fach habe ich gewählt, weil ich einfach gerne später mit Ju-gendlichen arbeiten möchte und ihnen auch etwas Wissen mitgeben möchte. Des Weiteren ist es wichtig, dass es in der Hauswirtschaft weiterhin viele gut ausgebildete Fachkräfte gibt und dazu möchte ich einen Teil beitragen.“

Amelita Schneider: „Betriebswirtschaft hat mich sehr ange-sprochen, denn ich möchte mich später im hauswirtschaftli-chen Bereich selbstständig machen und Hauswirtschaft und Betriebswirtschaft lässt sich gut kombinieren. Ich studiere in Kempten, hier besteht eine gute Zugverbindung zu mei-nem Wohnort.“

ELISABETH HIEPPSTAATLICHE TECHNIKERSCHULE FÜR AGRARWIRTSCHAFTFACHRICHTUNG ERNÄHRUNGS- UND VERSORGUNGSMANAGEMENT [email protected]

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Richtig reinigen in GesundheitseinrichtungenBildungstag „Objektreinigung“ an der Staatlichen Technikerschule Kaufbeuren

von ELISABETH HIEPP: Der Bildungstag „Hygiene in der Objektreinigung in Gesundheits-einrichtungen“ an der Staatlichen Technikerschule für Ernährungs- und Versorgungsmana-gement Kaufbeuren behandelte die Themen Schmutz und Keime, rechtliche Vorgaben und Reinigungssysteme. Im Praxisteil der Fortbildung konnten die 20 Teilnehmer die Handha-bung und Reinigungsleistung verschiedener Bezüge und Geräte testen.

Hygiene ist seit einigen Jahren ein Dauerbrenner in der Presse. Permanent wird über tatsächliche oder angebliche Hygieneskandale berichtet. Nicht alle Keime sind gefähr-lich. Problematisch können diese Keime allerdings wer-den, wenn sie von einem Ort zum nächsten wandern und unangenehme bis gefährliche Reaktionen auslösen. Eine sachgemäße Objektreinigung verhindert die Keimübertra-gung. Der Bildungstag „Hygiene in der Objektreinigung“ richtete sich an Hauswirtschaftsleitungen, die in Gesund-heitseinrichtungen tätig sind. Sie kamen so zahlreich, dass der Bildungstag mit 20 Teilnehmern innerhalb einer Wo-che ausgebucht war. Der Fortbildungstag hat im Juli 2017 stattgefunden und wurde aufgrund der großen Nachfrage – es standen 40 Personen auf der Warteliste – im November 2017 wiederholt.

Keime im SanitärbereichZu Beginn des Fortbildungstages ging es um das Thema Schmutz, dem Hauptverursacher für die Ausbreitung von

Krankheiten. Relevante Keime im Sanitärbereich sind die Darmbakterien wie Clostridien, außerdem Noroviren und Rotaviren, um nur ein paar Vertreter zu nennen. In Patien-tenzimmern kommt es zudem auf den infizierten Bewohner an. Die Bakterienspore Clostridium difficile bereitet in vielen Einrichtungen (vor allem der Altenpflege) große Probleme, da es für die Händedesinfektion kein wirksames Mittel gibt. Nosokomiale Infektionen sind dabei sehr häufig.

Fehler bei der Desinfektion vermeidenWeiter wurde am Schulungstag die Reinigungschemie an-gesprochen. Dazu gehören Tenside, Säuren, Alkalien, Lö-sungsmittel, Abrasivstoffe und viele sonstige in den Reini-gern vorkommende Bestandteile. Anschließend ging es in die Tiefen der Desinfektion. Welcher Desinfektionswirkstoff ist ideal und wie sieht der praktische Einsatz aus? Dabei sprach die staatlich geprüfte Desinfektorin Elisabeth Hiepp die wichtigsten Fehler bei der Desinfektion an. Treten kleb-rige Bodenbeläge auf, dann sind entweder die Dosierung

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→ Bild 1 und 2: Der praktische Einsatz verschiedener Hilfsmittel wurde getestet (alle Fotos: Inge Habel, Technikerschule Kaufbeuren).

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oder auch die Auswahl des Desinfektionsmittels zu überprü-fen. Fehlt die Abstimmung zwischen Händedesinfektions- und Flächendesinfektionsmittel so können sogar irreversible Schäden bei den Fußbodenbelägen auftreten.

Infektions- und ArbeitsschutzgesetzWeiter ging es mit den rechtlichen Vorgaben, die eben-falls einen Schwerpunkt bildeten. Neben den gesetzli-chen Vorgaben, wie z. B. Infektionsschutzgesetz und Ar-beitsschutzgesetz, müssen die Hauswirtschaftsleitungen über die technischen und berufsgenossenschaftlichen Regeln und über die Richtlinien und Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) genauestens Bescheid wissen. Für Seniorenheime ist die Empfehlung für „Infektionsprä-vention in Heimen“ mit den Ausführungen zur Flächen-reinigung und Flächendesinfektion äußerst wichtig. Im Hygieneplan, den das Infektionsschutzgesetz für jede Ge-meinschaftseinrichtung vorschreibt, sind die Maßnahmen zur Infektionsprävention und im Ausbruchsfall niederge-schrieben. Der Hygieneplan ist immer wieder zu aktuali-sieren. Als Hygienebeauftragte für soziale Einrichtungen konnte die Referentin die Fragen der Teilnehmer bestens beantworten.

Nasswischen und intelligente ReinigungBesonders interessant fanden die Teilnehmer den Praxis-bereich den Margit Fieger, Fachwirtin für Reinigungs- und Hygienemanagement, bestritt. Zunächst wurden theoreti-sche Inhalte (Bedeutung, Vor- und Nachteile, sinnvolle Ein-satzbereiche) zum staubbindenden Wischen, zum Nass-wischen und zur intelligenten Reinigung vermittelt. Das manuelle und maschinelle Ausrüsten (Vorpräparieren) von Reinigungstüchern und Wischmops begutachteten die Teil-nehmer nach der praktischen Vorführung der Referentin. Zudem wurde der Programmablauf der entsprechenden Wasch maschine vorgestellt.

Das manuelle Nasswischen ist in der Praxis körperlich an-strengend, erreicht häufig eine geringe Flächenleistung und bringt oft ein unzureichendes Ergebnis, dies ergaben die Vergleiche mit den Scheuersaugmaschinen. Diese können oft im Einsatz mit Bürsten oder Microfaserpads oder -wal-zen auf Feinsteinzeugbelägen oder sogenannten Desig-nerbelägen mit rillenartigen Vertiefungen weitaus bessere Reinigungsergebnisse erzielen – und dies häufig in wesent-lich kürzerer Zeit. Allerdings wurden auch die begrenzenden Einsatzfaktoren wie verstellte Flächen, Ecken, Kanten und Türeinbuchtungen diskutiert. Zum Einsatz als Scheuersaug-maschine kam ein I-Mop. Dieser Nassschrubbautomat punk-

tete durch seine einfache Handhabung, seine Wendigkeit und seine hervorragende Reinigungswirkung.

Erfahrungsaustausch unter KollegenIn kleinen Gruppen erprobten die Teilnehmer jeweils ver-schiedene Reinigungssysteme zum staubbindenden Wi-schen und zur Sprayreinigung. Zum manuellen Nasswi-schen kamen verschiedene vorpräparierte Wischbezüge von „Vermop“ oder „Pfennig“ zum Einsatz, auch die „Rin-go-Presse“ und der „Twixter“ durfte dabei nicht fehlen. Alle Teilnehmer probierten diese eifrig aus und berichteten ih-ren Kolleginnen und Kollegen von ihren Erfahrungen. So-mit kam auch der Erfahrungsaustausch nicht zu kurz. Ge-stärkt mit aktuellen Informationen in Theorie und Praxis fiel die Evaluierung bestens aus. Viele wünschen sich eine Fortsetzung dieses Bildungstages z. B. für den Wäschebe-reich, denn auch hier sind Fachinformationen und ein Er-fahrungsaustausch wichtig.

ELISABETH HIEPPSTAATLICHE TECHNIKERSCHULE FÜR AGRARWIRTSCHAFTFACHRICHTUNG ERNÄHRUNGS- UND VERSORGUNGSMANAGEMENT [email protected]

→ Bild 3: Teilnehmer des Bildungstages mit Elisabeth Hiepp (zweite

von links vorne) und Margit Fieger (vorletzte Reihe, Mitte).

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Streit ohne EndeWarum Waldwirtschaft immer ein Konfliktfeld bleiben wird und wie man kommunikativ damit umgeht

von DR. GÜNTER DOBLER: Multifunktionale Forstwirtschaft zeichnet sich dadurch aus, dass sie gleichzeitig mehrere, darunter auch konkurrierende Ziele verfolgt. Da es für jedes Ziel gute Gründe gibt, aber nicht alle maximal verwirklicht werden können, kann forstwirtschaft liches Handeln immer kritisiert werden. Aus diesem Grund werden auch Auseinandersetzungen um den richtigen Umgang mit Wald nie abbrechen. Selbst Autoritäten wie Wissenschaft, Ethik, Politik, Recht werden von den beteiligten Streitparteien für ihre jeweilige Sache instrumen- talisiert und verlieren daher an verbindlicher Orientierungskraft. Dies und andere Gründe machen den Streit ohne Ende zum Normalfall, auf den sich Forstwirtschaft einstellen muss.

Haben Sie nicht auch schon manchmal im Nachhinein mit Lebensentscheidungen gehadert? Hätten Sie nicht lieber einen anderen Beruf ergriffen? Wären Sie in jungen Jah-ren nicht gerne mehr gereist statt gleich zu arbeiten? Auch wenn Sie ganz zufrieden mit dem sind, was Sie gewählt ha-ben: Man könnte gute Gründe finden, vieles anders zu ma-chen. Es gibt kein klares Richtig oder Falsch, denn es geht nicht um einfache Fragen wie die, ob das Ulmer Münster oder die Münchner Frauenkirche höher sind. Um das zu klä-ren, muss man nur messen oder in einer anerkannten Quelle nachlesen: Das Ulmer Münster gilt übrigens mit 161,53 Me-ter als das höchste Kirchengebäude der Welt (EMU 2015).

Wenn man sich, wie bei den oben angedeuteten Lebensentscheidungen, zwischen der Verwirklichung zweier Ziele entscheiden muss, befindet man sich in einer Dilemma-Situation. Man kann nicht beides haben, aber für beides hat man gute Gründe es zu wollen. Der Begriff „Dilemma“ stammt aus dem Griechischen: Der Wortbestand-teil „di“ steht für „zwei“ und „lemma“ für „Annahme“. Damit bezeichnet der Ausdruck aber nur die einfachste Variante solch kniffliger Situationen. Es können ja mehr als bloß zwei Ziele miteinander konkurrieren. Berechtigterweise spricht man in solchen Fällen dann von einem „Polylemma“.

Die Krux mit Polylemmata ist nicht nur, dass man sich hin- und hergerissen fühlt und es einem oftmals Kraft abver-langt bis man sich zu etwas durchringt. Die Freude über das Erreichen eines Ziels wird noch dazu oft vom Bedauern über die dafür geopferten Möglichkeiten getrübt. Polylemmata sind nicht deshalb schwierig, weil es keine Lösung gäbe. Das Problem ist vielmehr, dass es viele davon gibt, aber keine davon sich eindeutig von den anderen abhebt.

Polylemmata in der ForstwirtschaftMultifunktionale Forstwirtschaft zeichnet sich dadurch aus, dass verschiedene Ziele gleichermaßen angestrebt werden – ein Polylemma entsteht (siehe Abbildung). Wald

soll wertvoller ökologischer Lebensraum sein und Bio-diversität bewahren, er soll aber auch den wertvollen Energie-, Werk- und Baustoff Holz liefern, Trinkwasser rei-nigen, Arbeitsplätze bereitstellen, Erholung bieten und vieles mehr. Der Bewirtschafter steht dann vor vielen Ent-scheidungen. Diese betreffen verschiedene Größenskalen vom Baum zu Waldbeständen bis hin zur grundsätzlichen

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→ Abbildung: Schwieriger Balanceakt: Für eine multifunktionale, nachhal-

tige Forstwirtschaft müssen verschiedene Ziele gegeneinander

abgewogen werden (©Zeichnung Dobler). Jede Lösung, die für das so

entstandene Polylemma gefunden wird, kann kritisiert werden. Das

Abwägungsergebnis hätte nämlich immer auch anders ausfallen können.

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Ausrichtung der Forstwirtschaft: Fällt man diesen Baum, oder überlässt man ihn natürlichen Verfallsprozessen und lässt ihn zum Lebensraum für Totholzbewohner werden? Welche waldbaulichen Maßnahmen wendet man an, wel-che Baumarten lässt man zu? Es gibt glückliche Fälle, in denen diese Ziele miteinander harmonieren, z. B. wenn Wirtschaftswege von Wanderern genutzt werden können und damit ein Wegebau der Holzernte und Erholungsnut-zung gleichermaßen dient. Oft genug konkurrieren aber wünschenswerte Ziele miteinander und man muss abwä-gen, etwas zurückstellen, um etwas anderes zu verwirkli-chen. Egal wie verantwortungsvoll man auch ist und wie schwer man es sich mit seinen Entscheidungen macht: Aufgrund der vorhandenen Zielkonflikte wird es immer Ansatzpunkte für Kritik und Streit über die richtige Lösung geben. Man hätte immer auch anders abwägen können. Das heißt, man muss mit Schelte rechnen.

Interessen vertreten versus abwägenNicht alle, die Meinungen zum richtigen Umgang mit Wald äußern, sind zum Abwägen gezwungen. Gruppierungen wie z. B. Bürgerinitiativen oder Verbände können sich zum An-walt ganz spezifischer Ziele machen. Die Abwägenden wer-den üblicherweise hinter deren Forderungen zurückbleiben und damit deren Kritik herausfordern. Je extremer die An-liegen sind, umso mehr erscheint der mittlere Standpunkt in deren Augen als mangelhaft.

Der abwägende Standpunkt hat auch kommunikative Nachteile. Nicht nur, dass die Zielvielfalt einen komplizierten Sachverhalt entstehen lässt, der relativ schwer erklärbar und für Zuhörer meist wenig attraktiv ist. Man ist zudem ständig gezwungen, sich sozusagen selbst zu widersprechen. Man sagt gleichzeitig Ja und Nein im Ja-Aber des Abwägens: Ja zum Totholz oder zur Holzernte, aber nicht im jeweiligen durch Interessensvertreter geforderten Ausmaß.

Interessensgruppen können da einfachere Botschaften formulieren und auf die Aufforderung, sich dem Abwägen bzw. den negativen Konsequenzen ihrer Zielumsetzung zu stellen mit Addition reagieren: Argumenten, wie „Flächen-stilllegung führt zu einem geringeren Holzaufkommen. Die Nachfrage wird durch höheren Bewirtschaftungsdruck auf Restflächen oder Holzimporte aus Ländern mit nicht-nach-haltiger Forstwirtschaft gedeckt werden“, begegnet man einfach, indem man Flächenstilllegung UND integrative Waldwirtschaft außerhalb dieser Flächen UND Einfuhrver-bote für nicht-nachhaltig produziertes Holz UND Reduzie-rungen des Holzverbrauchs fordert.

Instrumentalisierung von AutoritätenEs ist nicht so, dass die Beteiligten in einer sachlichen Diskus-sion Argumente austauschen und dann zu einer fundierten Meinung gelangen. Nein, die Überzeugung ist bereits da

und Argumente werden rekrutiert, um diese Einstellung zu vertreten und zu verteidigen.

SABATIER (1993, Seite 128) spricht davon, dass die in solche Auseinandersetzungen verwickelten Akteure stabile Glaubenssysteme („belief systems“) besitzen, die sich nur sehr schwer verändern lassen. Diese bestehen aus grund-legenden normativen Überzeugungen und Ansichten über die Wirklichkeit sowie fundamentalen Positionen darüber, mit welchen Steuerungsinstrumenten, wie z. B. Schaffung von Nationalparken und ordnungsrechtliche Vorschriften oder Vertrauen auf die Eigenverantwortung der Waldbesit-zer, Wertvorstellungen verwirklicht werden sollen.

Leider gibt es keine Autorität, die von allen anerkannt würde und die mit ihrem Schiedsspruch die Sache klärt und das Polylemma auflöst. Betrachtet man die aktuellen Aus-einandersetzungen um den Wald, wie z. B. das Ansinnen, in Bayern einen dritten Nationalpark einzurichten bzw. das Anliegen, in der jeweilig vorgeschlagenen Region die inte-grative Waldwirtschaft fortzusetzen, sieht man, dass all die Instanzen, die üblicherweise zur Klärung angerufen werden, von den Streitparteien instrumentalisiert werden.

→ Wissenschaft: Jede Seite hat wissenschaftliche Für-sprecher, Gutachten und Artikel vorzuweisen, die ihr Anliegen unterstützen.

→ Politik: Auch politischer Beistand findet sich für beide Lager. Selbst ein „Machtwort“ der Staatsre-gierung führt nicht zum Ende des Streits. Politische Willenserklärungen wie die Nationale oder Bay-erische Biodiversitätsstrategie sind Munition im „Kampf“.

→ Ethik: Alle berufen sich auf anerkannte Werte wie Gemeinwohl, Verantwortung für zukünftige Gene-rationen und Natur.

→ Demokratischer Mehrheitswille: Umfrageergeb-nisse zeigen Mehrheiten für und gegen einen Nationalpark; denn durch geschickte Formulie-rung der Fragen entstehen die jeweils politisch gewünschten Ergebnisse (vgl. SUDA UND DOBLER 2015).

→ Recht: Jeweils passende Gesetzesstellen werden zitiert, z. B. die Bewirtschaftungsaufforderung oder das Gebot der Vorbildlichkeit für die Staatswaldbe-wirtschaftung aus dem Waldgesetz.

→ Ökonomie: Die einen berufen sich auf Einkommen und Arbeitsplätze aus der Forstwirtschaft in der ansonsten strukturschwachen Region, die anderen postulieren einen Nationalpark als Wirtschaftsmo-tor der Regionalentwicklung.

Noch einmal: Jede Konfliktpartei ist von der Richtigkeit ih-res Standpunkts überzeugt, kann aber die Gegner nicht „zwingen“, es genauso zu sehen. Beide Seiten befinden

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sich in einer Art „Stellungskrieg“ und feuern mit Munition aufeinander, die den oben angeführten Autoritäts-Instan-zen entstammt. Da hilft auch kein Appell, der Wissenschaft oder einer anderen Autorität wieder ihre Orientierungskraft zurückzugeben. Welcher Wissenschaft? Der Ökologie, der Ökonomie oder den Sozialwissenschaften? Das Polylemma greift über Einzeldisziplinen hinaus. Das nur ökologisch, ökonomisch oder sozial Sinnvollste ließe sich ja relativ leicht bestimmen (obwohl auch darüber oft Uneinigkeit herrscht), aber wo liegt das Optimum aus den Dreien?

Und selbst wenn es gelänge, eine Abwägungsentschei-dung herbeizuführen, die von allen anerkannt würde, kann man nicht darauf bauen, dass diese für alle Zeiten gelten wird und der Streit nicht erneut aufflammt. Die Gesell-schaft und damit die Rahmenbedingungen wandeln sich und damit wird auch die alte Einigung obsolet. Sogar die Entscheidung einen Nationalpark einzurichten kann revi-diert werden. Durch das Herausnehmen von Großschutz-gebieten hat sich das Abwägungsproblem sozusagen nur verschoben. Der betreffende Wald wurde dem kontinuier-lichen Abwägungsprozess in der Forstwirtschaft zunächst zwar entzogen, aber auf übergeordneter Ebene bleibt der Konflikt zwischen den Zielen bestehen, die durch Nutzung oder Unterlassen von Nutzung erreichbar sind. Und so, wie es zu einem bestimmten Zeitpunkt geraten erscheint auf Forstwirtschaft zu verzichten, kann es wieder notwendig werden sie zu intensivieren.

Aussagen über die ZukunftDer Streit gedeiht auch deswegen so gut, weil sehr viel von Zukunft die Rede ist, von drohenden Gefahren und warten-den Verheißungen. Im Ringen um eine Deutung der Wirk-lichkeit spielen Fiktionen eine erstaunlich große Rolle. Es ist davon die Rede, dass die alten Buchenwälder verschwinden werden (GREENPEACE 2015) oder dass das Nadelholz für Dachstühle in Zukunft knapp werden könnte (DEUTSCHER FORSTVEREIN 2014). Dabei ist die Zukunft ja noch nicht „da“, also kann man auch nicht „hingehen“ und prüfen, aber das Prognostizierte wirklich eintrifft und so richtige und falsche Voraussagen unterscheiden. Man kann heute noch nicht sehen, ob der Nationalpark wirklich alles richten wird oder die Region verarmen lässt, ob die Forstwirtschaft wirklich eine Gefahr für den Wald ist oder im Gegenteil dessen Ret-tung und die der Menschen in der Region. Natürlich ver-sucht jede Seite ihre Prognose durch Indizien plausibel zu machen. Es werden andere Nationalparke (meist der Nati-onalpark Bayerischer Wald) als Beispiel herangezogen, von Befürwortern werden positive (z. B. Ausstattung mit Förder-mitteln) von Gegnern negative Aspekte (z. B. Borkenkäfer-massenvermehrung) hervorgehoben. Selbst für bestimmte Teilaspekte, wie die Einschätzung wirtschaftlicher Effekte

für die Region, kann man sich auf wissenschaftliche Autoren berufen, die entweder positive Effekte errechnen (JOB et al. 2008) oder andere, die ein differenziertes Bild zeichnen und je nach untersuchtem Nationalpark positive, negative oder keine finden (SCHMID 2006). Wie auch immer, Zukunftsaus-sagen bleiben unsicher und damit grundsätzlich bezweifel-bar und vom Gegner angreifbar.

Übertragung gesellschaftlicher Konflikte auf ForstakteureAuch innerhalb der Gruppe der Waldbesitzer und Forstleute gibt es Fraktionen mit unterschiedlichen Grundüberzeugun-gen, die bei Abwägungen entsprechend zu unterschiedli-chen Schlüssen kommen können. Die Konfliktparteien der öffentlichen Auseinandersetzungen um den Wald finden sozusagen ihr Pendant im Inneren des Personenkreises, der forstwirtschaftlich auf die Wälder zugreift. Aus diesem Grund gelingt es Kritikern, bestimmte Betriebe als angebliche Alter-native zu der Forstwirtschaft zu präsentieren, die sie angrei-fen bzw. Zeugen der Anklage aus den Reihen der Kritisier-ten zu rekrutieren. So erwähnt z. B. Greenpeace häufig den Lübecker Stadtwald als Positiv-Beispiel (z. B. ERBRICH 2012). Sind die einander widersprechenden Überzeugungs-Fraktio-nen groß genug, kann es außerdem für Vertreter des Berufs-standes oder der Waldbesitzer schwierig werden, nach außen klare inhaltliche Standpunkte zu den Streitfällen zu kommu-nizieren, denen alle, die sie repräsentieren, zustimmen.

Um professional verschiedenste Aufgaben bearbeiten zu können, muss sich eine Organisation ab einer bestimm-ten Größe ausdifferenzieren. Das heißt, es werden Unter-einheiten, Teams oder Abteilungen geschaffen, die sich bestimmten Themen besonders widmen und diese durch Spezialisten bearbeiten lassen. So gibt es in einer großen Forstorganisation vielleicht eine Abteilung für Naturschutz, für Holzlogistik, für Waldschutz etc. Die Bearbeiter entwi-ckeln unterschiedliche, spezifische Perspektiven. Außerdem stehen sie mit Experten zum gleichen Thema außerhalb der Organisation in Kontakt und orientieren sich an den Ansich-ten und Standards der Expertengemeinschaft. Für die Orga-nisation entsteht das Problem, wie sie die so entstandene Vielfalt wieder integriert und eine abteilungsübergreifende inhaltliche Sichtweise entwickelt, die Grundlage für eine ein-deutige Organisationskommunikation sein kann. Aber so-gar bei einer Einzelperson kann das Polylemma zu inneren Konflikten führen, die der Klärung bedürfen, bevor sie nach außen überzeugend für eine Sache eintreten kann.

EmpfehlungenAlso schlechte Nachrichten für alle Harmoniebedürftigen und die, die davon überzeugt sind, dass ihre Vorstellun-gen vom Umgang mit dem Wald die richtigen sind. Es wird

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immer gestritten werden (zumindest solange sich Men-schen überhaupt noch für Wald interessieren) und es wird immer Leute geben, die einfach nicht einsehen wollen, dass sie eigentlich Unrecht haben.

Interessensvertreter zusammenbringenEs wäre für die Forstakteure einfacher, wenn die Interessens-gruppen untereinander diskutieren würden und so das Po-lylemma deutlich in Erscheinung träte. Dann könnten sie als diejenigen auftreten, die in dieser vertrackten Situa-tion einen Kompromiss als Lösung anbieten. Leider findet die Auseinandersetzung oft eher bilateral zwischen Forst-seite und Vertretern eines bestimmten Interesses statt. Das schafft Konstellationen, durch die Forstwirtschaft aus ver-schiedensten Interessensperspektiven ständig problema-tisiert wird. Statt sich als Lösung präsentieren zu können, erscheint sie also als Problem. Natürlich lässt es sich nicht vermeiden, dass diejenigen, die Zugriff auf den Wald haben, sich mit den Interessengruppen auseinandersetzen müssen. Aber regionale runde Tische und Konferenzen, die mehrere Anspruchsgruppen zusammenbringen, bewegen die Forst-seite ein Stück weit aus der undankbaren Position heraus als Anwalt aller der Gegner spezifischer Interessengruppen sein zu müssen.

Zielgruppe Publikum vor Zielgruppe Interessens-vertreterMan sollte von dem Ziel Abstand nehmen, überzeugte Inte-ressensvertreter „bekehren“ zu wollen. Sie werden mit den Mitteln, die sie zur Verfügung haben und die sie für richtig halten, für ihre Anliegen kämpfen. Man kann sie in einer offenen Gesellschaft wie unserer (glücklicherweise) nicht stumm schalten. Das sollte einem klar sein, damit man sich

nicht mit überzogenen Zielen etwas abverlangt, das nicht leistbar ist.

Das eigentliche Ziel der Kommunikationsarbeit liegt woanders. Öffentliche Aussagen mögen zwar „offiziell“ an solche Interessensvertreter adressiert sein, es geht aber vielmehr um das Publikum, also diejenigen, die noch keine tiefen Überzeugungen hegen. Es geht in der Öffentlichkeits-arbeit darum im „Meer der Erzählungen“ (DOBLER 2015, Seite 50 f.), die eigenen möglichst laut zu stellen und für Zuhörer plausibel zu machen, auch um die politischen Kräfte zu stärken, die einem wohlgesonnen sind.

Man darf nicht vergessen, dass die politischen Entschei-der eine Schlüsselposition innehaben. Interessensvertre-ter nutzen den Raum öffentlicher Kommunikation, um ihr Anliegen auf die politische Agenda zu heben und den Ein-druck zu erwecken, ihre Sicht der Dinge wäre die vorherr-schende. Wenn es ihnen nicht gelingt, ausreichend mediale Aufmerksamkeit zu generieren oder die Bevölkerung zu ak-tivieren, sind Politiker nicht gezwungen in ihrem Sinne zu reagieren. Solange auch gegenläufige Interessen öffentlich wahrnehmbar bleiben und mit Argumenten und Autoritä-ten (siehe die aufgeführte Auflistung) unterfüttert werden, können Politiker darauf zurückgreifen, um diesen Stand-punkt zu unterstützen. Natürlich kann eine Veränderung po-litischer Konstellationen auch rasch ein Umschwenken be-wirken. Man denke an den Nationalpark Nordschwarzwald, der nach Regierungswechsel sehr schnell umgesetzt wurde. Es scheint vieles dafür zu sprechen, dass die Diskussion um neue Nationalparke landesweit gesehen ein Randthema ist. Im Moment wird ein Großteil der Bevölkerung weder dafür noch dagegen auf die Straßen gehen.

Selbstklärung zur eindeutigen KommunikationUm wirkungsvoll zu kommunizieren, muss man von dem überzeugt sein, was man vorbringt. Man selbst, die Orga-nisation oder der Berufsstand sollten daher klären, welche Position sie im Umgang mit dem Polylemma einnehmen. Dazu bedarf es interner Auseinandersetzung. Auch wenn es eine endgültige Einigung, der wirklich alle zustimmen, kaum geben wird (sonst wäre es ja kein Polylemma), kann man sich doch einander annähern.

Außerdem sollte es ein Ziel sein, die „Missionen“, auf denen organisatorische Untereinheiten unterwegs sind, aufeinander abzustimmen. Einigt man sich auf integrative Waldwirtschaft, widmet sich z. B. die Naturschutzabteilung der ökologischen Optimierung innerhalb dieses Paradig-mas.

Einfache KommunikationsinhalteWir haben festgestellt, dass Abwägungsentscheidungen oft die Form eines Ja-Aber haben. Man muss jedoch nicht

→ Bild: Treffpunkt „Runder Tisch“: Hier sollen sich alle Interessensvertre-

ter zusammenfinden und offen über alle Belange rund um den Wald

diskutieren. Die Forstverwaltung als „die Verantwortliche“ für den

Wald könnte sich als Mediator einbringen (Foto: K. Stangl).

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in jeder Außenkommunikation die komplette Geschichte erzählen. Man kann das Ja betonen, also das erreichte Ziel, insbesondere wenn es etwas ist, das das Publikum befür-wortet und das Aber zurückstellen. Überall dort, wo Forst-wirtschaft etwas zur Erfüllung von Ansprüchen von Interes-sensgruppen tut, entsteht etwas Berichtenswertes. Beispiele sind eingängiger und für die Presse attraktiver als trockene Aussagen zur Gesamtsituation.

Es gibt allerdings auch erreichte Ziele, deren Kommu-nikation von einem „Aber“ flankiert sein muss. Obwohl es selbstverständlich legitim ist mit Forstwirtschaft Gewinne zu erwirtschaften, sollte bei derartigen Erfolgsmeldungen immer klar gemacht werden, dass das Ziel unter Berücksich-tigung weiterer einschränkender Ziele, insbesondere von Naturschutzzielen, erfolgte.

Die Schwierigkeiten des Abwägens sind zwar für die verkürzte Berichterstattung, zu der die Presse häufig neigt, meist wenig geeignet, aber weil es schwierig ist, ist es auch die Legitimation für gut ausgebildetes Personal. Insofern kann die interne (aber auch die externe) Auseinanderset-zung zu einer positiven Botschaft gewendet werden, weil sie zeigt, dass man den verantwortungsvollen Umgang mit dem Wald und das Prinzip Nachhaltigkeit sehr ernst nimmt.

Nachhaltigkeit ist Polylemma-ManagementMan kann dem fortwährenden Konflikt auch etwas Positives abgewinnen. Letztendlich beruht das Prinzip der Nachhal-tigkeit auf dem Verschränken von Perspektiven, bei der je-weils die interne Logik der einen die andere stört: Man muss den ökonomischen, ökologischen und sozialen Blickwin-kel zusammenbringen, lokale und globale, jetzige und zu-künftige Verhältnisse miteinander verbinden, um wahrhaft nachhaltig zu handeln. Wenn man nur bestimmte Aspekte berücksichtigen würde, käme man schnell zu eindeutigen Entscheidungen. Aber durch das Einbeziehen der anderen Perspektiven kommt Sand ins Getriebe des einfachen Kal-küls. Man wird zum verantwortungsvollen Abwägen und zur Reflexion gezwungen, was auch dazu führen kann, wieder Autonomie über sein Handeln zu gewinnen und bewusst zu entscheiden.

So ein Nachhaltigkeitskonzept ist nichts anderes als die Bewusstmachung eines Polylemmas und die Aufforde-rung, verantwortungsvoll damit umzugehen. Nachhaltig-keit ist dann ein Suchraum und Prozess, in dem Entschei-dungen gefunden werden, die immer wieder kritisierbar sind: Ein Anlass für Streit ohne Ende, der das Gute möglich macht.

LiteraturDEUTSCHER FORSTVEREIN (2014): Deutscher Forstverein

sieht die Arbeit der Forstleute und Waldbesitzer be-

stätigt. http://www.forstpraxis.de/bundeswaldinven-tur-deutscher-forstverein-sieht-die-arbeit-der-forst-leute-und-waldbesitzer-bestaetigt zuletzt geprüft 22. Juli 2015

DOBLER, GÜNTER (2015): Überzeugen durch Erzählstruktu-ren. Überlegungen für eine wirksame Öffentlichkeits-arbeit. In: LWFaktuell (106), Seite 48 – 52

DOBLER, GÜNTER; SUDA, MICHAEL; SEIDL, GERHARD (2016): Wortwechsel im Blätterwald. Erzählstruktu-ren für eine wirksame Öffentlichkeitsarbeit. BOD, Nor-derstedt

EMU (Evangelische Münstergemeinde Ulm) (2015): Der Westturm. URL: http://www.ulmer-muenster.de

ERBRICH, MARISSA (2012): Nachhaltigkeit zahlt sich wirt-schaftlich aus. URL: https://www.greenpeace.de/themen/waelder/waldnutzung/nachhaltig-keit-zahlt-sich-wirtschaftlich-aus-teil-1 zuletzt ge-prüft 22. Juli 2015

GREENPEACE 2015: Stoppt die Säge. URL: https://www.greenpeace.de/kampagnen/buchenwaelder zuletzt geprüft 22. Juli 2015

JOB, HUBERT; MAYER, MARIUS; WOLTERING, MANUEL; MÜLLER, MARTIN; HARRER, BERNHARD; METZLER, DANIEL (2008): Der Nationalpark Bayerischer Wald als regionaler Wirtschaftsfaktor. Kurzfassung. Hg. v. Nati-onalparkverwaltung Bayerischer Wald (Berichte aus dem Nationalpark, 4). Online verfügbar unter http://www.waidlerherz.de/studie_job.pdf.

SABATIER, PAUL A. (1993): Advocacy-Koalitionen, Po-licy-Wandel und Policy-Lernen: Eine Alternative zur Phasenheuristik. In: Adrienne Windhoff-Héritier (Hg.): Policy-Analyse. Kritik und Neuorientierung. Opladen: Westdeutscher Verlag (24), Seite 116 – 148.

SCHMID, JULIA (2006): Regionalökonomische Wirkungen von Großschutzgebieten. Eine empirische Studie zu den Nationalparken in Deutschland. Hamburg: Ko-vač (31).

SUDA, MICHAEL; DOBLER, GÜNTER (2015): Die National-parkdiskussion in Deutschland – Wie lässt sich mit Umfragen manipulieren? In: Jahrbuch der Baum-pflege 2015, Seite 19 – 33

Erstveröffentlichung des Beitrags in der LWFaktuell Nr 107, Seite 4 ff.

DR. GÜNTER DOBLER STAATLICHE FÜHRUNGSAKADEMIE FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND [email protected]

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Unser Amt – eine starke MarkePlädoyer für ein einheitliches Erscheinungsbild im Geschäftsbereich

von ANGELIKA SPITZER: Das Internet hat es möglich gemacht: Jeder kann auf entsprechen-den Plattformen professionell Faltblätter oder Einladungskarten gestalten und für we-nige Euro perfekt drucken lassen. Beim Begriff „Kampagnen“ fallen einem sofort gute oder schlechte Beispiele ein, die im Gedächtnis geblieben sind. Auch zum Thema Markenbildung gibt es zahlreiche Beispiele, wie sich Firmen mit geschickter Strategie in der Wahrnehmung festsetzen. Angesichts dieser Professionalität stellt sich die Frage, wie eine Verwaltung es schafft, mit ihren Botschaften durchschlagend in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu wer-den. Ein starkes Markenbewusstsein der Ämter könnte dazu beitragen.

„Aus vielen eines“Ein Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ist eine vergleichsweise vielfältige Einrichtung; es fällt schwer, sie auf ein Schlagwort zu reduzieren. Der Aufgabenzuschnitt eines Fachzentrums ist da wesentlich griffiger. Auch „Land-wirtschaftsschule“ geht leichter über die Lippen. Und viel-leicht hat die häufige Änderung des Behördennamens in der Historie dazu beigetragen, dass eine rechte Markenbil-dung nicht gelingen wollte. In den Medien firmiert immer noch eher das altehrwürdige „Landwirtschaftsamt“ als das sperrige Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, von der Abkürzung AELF ganz zu schweigen. Einer Marken-bildung entgegen wirkt aber auch die gängige Praxis, statt unter der Amtsflagge lieber als Fachzentrum aufzutreten. Man muss nicht gleich den Wappenspruch der Vereinigten Staaten von Amerika „e pluribus unum“ (aus vielen eines) bemühen, um zum Ausdruck zu bringen, dass in der Einheit Stärke liegt. Nur geschlossenes und eindeutiges Auftreten in der Öffentlichkeit als „das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten“ dringt in Zeiten von medialem Dauerbeschuss durch in der öffentlichen Wahrnehmung. Wie kann man das erreichen?

Wiedererkennungseffekt nutzen Scheinbar banale und unscheinbare Maßnahmen können unterstützen: Sind wirklich alle Pressemitteilungen, Publika-tionen, Flyer, Handzettel, Unterlagen etc. eindeutig als vom AELF kommend gekennzeichnet? Oder wird das Amt unter-schlagen und nur das Fachzentrum genannt? Steht über all diesen Publikationen nur das Amt, oder wird das Auftreten mit dem Zusatz von Untereinheiten verwässert? Melden sich die Beschäftigten am Telefon zuverlässig mit „Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten“ oder doch mit z. B. „Fachzentrum für Gemeinschaftsverpflegung“? Nur mit Kon-sequenz nach innen in diesen Kleinigkeiten kann nach au-ßen eine Atomisierung – eine Zersplitterung in Arbeitsbe-reiche eines AELF – verhindert werden. Und nur wenn die

Wahrnehmung eindeutig und schlagkräftig ist, kann sich ein Markenname festsetzen. Niemals würde z. B. Siemens mit sei-nen vielen verschiedenen Produktsparten erlauben, dass der Gesundheitsbereich eigenständig ohne Nennung des Mut-terkonzerns auftritt. Wir sollten es uns auch nicht erlauben.

Ehre, wem Ehre gebührtWir sollten auch unsere Arbeit nicht verstecken, sondern selbstbewusst unsere Marke bewerben – gerade weil es in Zeiten der Zusammenarbeit mit Verbundpartnern nicht im-mer einfach ist, die Zuständigkeiten eindeutig zuzuordnen. Natürlich sollen auch die Kooperationspartner ihre Bühne bekommen. In der Regel hat aber eine Organisation den Hut auf, und das sollte bei den Publikationen ausgedrückt werden. Wir dürfen selbstbewusst unseren Anteil an der ge-meinsamen Arbeit benennen. Es gibt Möglichkeiten die Lo-gos von Kooperationspartnern bei Publikationen und Flyern so zu platzieren, dass jedem Genüge getan wird. Es gilt aber auch im Vorfeld mit den Partnern zu ringen und nicht in vorauseilendem Gehorsam das Feld zu räumen und ihnen den prominenten Platz auf dem Faltblatt oder dem Poster zu überlassen.

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→ Bild: Bayernweit einheitlich bewerben die ÄELF die Demonstrationsbe-

triebe für Gewässerschutz (Foto: FüAk).

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Das Staatswappen als GütesiegelDas Staatswappen ist ein Qualitätszeichen, das für Standards von der Qualifizierung der Lehrkräfte bis zur Neutralität in der Beratung steht. Damit würden viele nichtstaatliche Or-ganisationen gerne werben und setzen es nicht selten un-erlaubter Weise ein. Wir dürfen mit dem Staatswappen wer-ben und sollten dies auch tun. Es ist riskant Wappen und Schriftzug zugunsten einer freieren Gestaltung ohne Win-kel und Kopfzeile wegzulassen. Oft verleitet die Annahme „Uns kennt doch jeder hier im Landkreis!“ dazu. Kann man das aber wirklich noch annehmen? Besteht nicht die Ge-fahr, dass z. B. unsere Hauswirtschaftsschulen bei immer grö-ßerem Anteil von Schülerinnen ohne landwirtschaftlichem Hintergrund nicht mehr in der Landwirtschaftsverwaltung sondern im Kultus verortet werden? Oder mit Berufsfach-schulen über einen Kamm geschoren werden?

Corporate Design als MaßstabUnternehmen legen ihr Erscheinungsbild schon seit lan-gem in einem oft umfangreichen und sehr exakten Cor-porate Design, kurz CD, fest. Auch die Bereiche Landwirt-schaft, Ernährung und Forsten am AELF haben jeweils ein CD. Es definiert, wo und in welchem Abstand zum Schrift-zug das Wappen steht, welche Farbe in welchem exakten Farbmodus und welche Schrift zum Einsatz kommt. Auch

wo welche Gestaltungselemente und Bilder platziert wer-den, regelt dieses CD. Solche Festlegungen entlasten von Gestaltungsarbeit und helfen, den Fokus auf die Facharbeit zu legen. Sie sichern aber auch die eindeutige Wahrneh-mung der so auftretenden Organisation. Deshalb sollten sie auch nicht individualisiert werden, indem mal dieser Bal-ken weggelassen oder mal hier ein neues Element platziert wird. Jeder hat ein eigenes Empfinden für Schönheit und Gestaltung. Ein Corporate Design wird deshalb nie allen, die es anwenden, gefallen. Es darf aber erwartet werden, dass sich Angehörige einer Organisation den Festlegungen unterordnen und sie unverfälscht anwenden. Dazu gehört auch, diese Formate nicht in Word oder Power-Point nach-zubauen. Formatierungen und Farbvorgaben sind in diesen Programmen nicht originalgetreu einzuhalten. Es kommt immer zu einer Verfälschung und damit zu einer Verwäs-serung des Corporate Design. Ganz zu schweigen von dem Aufwand, der nötig ist für den Nachbau der Vorlagen in diesen Programmen.

Bayernweit einheitlich erscheinen Sich einem Corporate Design unterzuordnen ist keine neue Erfindung. Andere Organisationen machen es uns schon lange vor: Jede Sparkasse tritt mit demselben Format auf und ist an einem schlichten Logo und der knallroten Farbe

schnell und eindeutig zu erkennen. Dabei ist es nicht entscheidend, ob es die Sparkasse in Traun-stein oder Ansbach ist. Unser Ziel sollte auch sein, dass das CD der Landwirtschaft mit Bildleiste und Farbbalken einsickert in das Bewusstsein und ir-gendwann dazu führt, dass Besucher den Stand oder Auftritt des Amtes erkennen, bevor sie gele-sen haben, um welches Amt es sich handelt.

Einheitlich kommunizierenVon den Kommunikationsprofis in Unternehmen kann man sich auch eine Strategie für die Kom-munikation abschauen. Sind Themen aus dem breiten Spektrum des Amtes gerade in den Me-dien stark bespielt, z. B. Glyphosat, macht es Sinn in einem Briefing festzulegen, welche Positionen hier das Amt oder die Verwaltung einnimmt. Dies vermeidet diffuse und unscharfe Aussagen zu ein und demselben Sachverhalt, weil Journalisten zu verschiedenen Mitarbeitern des Amtes Kontakt haben. Gisela Goblirsch, Journalistin und Refe-rentin beim Seminar „Strategien der Öffentlich-keitsarbeit“ 2016 an der Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten empfiehlt hier sogar: „Jeder Mitarbeiter, der als Ansprech-partner für die Presse zur Verfügung steht, sollte mit einem Zettel am Telefon die Kernaussagen

→ Abbildung: Auch andere Einrichtungen haben dieselben Probleme: Die Landwirt-

schaftskammer Schleswig Holstein steht mit ihrem Logo auf dem Einladungsfalt-

blatt vorne, die Partner sind auf der Rückseite aufgelistet.

13. September 2017 10 bis 16 UhrGut Quarnbek

AnreiseDas Gut Quarnbek liegt in der Gemeinde Quarnbek, etwa 10 kmwestlich von Kiel. Von der Autobahn kommend nehmen Sie die Ausfahrt Achterwehr oder Melsdorf, von Norden (B 76) kommend, fahren Sie Richtung Ottendorf.

ImpressumLandwirtschaftskammer Schleswig-HolsteinGrüner Kamp 15 – 1724768 RendsburgTel.: 0 43 31/94 53 - 0Fax: 0 43 31/94 53 - 199www.lksh.de

Fotos: Herstellerfotos, WerksfotosLayout: www.idee-fix.de Stand: Juni 2017Auflage: 5.000 Stück

Land

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Nach einer kurzen Begrüßung stellen die Aussteller kurz die Besonderheiten der jeweiligen Maschine vor. Nach diesem Überblick können Sie dann jede einzelne Maschine beim Drillenauf insgesamt 60 ha Fläche begutachten und Ablagetiefe …. inAugenschein nehmen.

Am 13. September freuen wir uns über eine große Zahl von Besucherinnen und Besuchern. Eintritt und Parken sind frei. Für das leibliche Wohl (gegen Entgelt) wird gesorgt.

Diese Veranstaltung wird gemeinsam organisiert von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, der FachhochschuleKiel – Fachbereich Agrarwirtschaft – und der Deula Schleswig-Holstein GmbH.

Die Veranstaltung wird organisiert durch:

Kiel-Mettenhof

Ottendorf

Quarnbek

Achterwehr

A210

L194

A215

K3

Melsdorf

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immer parat haben“. Im Umkehrschluss sollte aber auch nicht jeder Mitarbeiter Ansprechpartner für die Presse sein, sondern Anfragen an die entsprechenden Kolleginnen und Kollegen weiterreichen. In renommierten Unternehmen er-halten Journalisten State ments stets nur von autorisierten Beschäftigten.

Sich mit dem Amt identifizierenGoblirsch empfiehlt auch Kernbotschaften einer Organi-sation oder Behörde zu definieren. Ihrer Meinung nach sollte jeder Mitarbeiter an einem AELF in wenigen Sätzen die Aufgaben seiner Behörde skizzieren können: „Ich ar-beite am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten … Wir sind Ansprechpartner für land- und forstwirtschaftliche Unternehmen sowie für alle Bürgerinnen und Bürger. Wir qualifizieren, informieren, beraten und fördern in Sachen Land- und Forstwirtschaft sowie gesunde Ernährung. Ich persönlich bin zuständig für …“ (Quelle: Internetauftritte der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten).

Wer sich mit seinem Amt identifiziert, dem fällt es leicht damit aufzutreten. Dazu muss aber auch bekannt sein, was das Amt ausmacht und welche Regeln es zu befolgen gibt. Das transparent zu machen, ist Führungsaufgabe, vergleich-bar mit der eines Trainers im Sport, der die Spieler aufeinan-der einstellt und zu einer Mannschaft formt. Diese Aufgabe ist umso wichtiger, je vielfältiger das Personal an einem Amt ist: Woher sollen z. B. Projektkräfte, die nicht in einer Anwär-ter- oder Referendarzeit sozialisiert worden sind, wissen, wie die Verwaltung oder das Amt „tickt“?

Noch Luft nach obenZu einer besseren Markenetablierung des Amtes können auch die Rahmenbedingungen unserer Verwaltung beitra-

gen. Dabei kommt dem Staatsministerium eine wichtige Steuerungsfunktion zu.

Derzeit gibt es drei offizielle Corporate-Design-Linien am Amt, jeweils für die Medien der Landwirtschaft, der Ernäh-rung und des Bereichs Forsten. Ein gemeinsames Erschei-nungsbild für alle Bereiche des Amtes würde nicht nur eine größere Wucht in der öffentlichen Wahrnehmung entfalten, sondern auch dazu beitragen, dass sich alle Mitarbeiter mit ihrem Amt identifizieren und nicht nur mit ihrem Arbeitsbe-reich. Das nächste Re-Design sollte diese Dreiteilung über-winden.

Mit den Ämtern hat unsere Verwaltung das Privileg an 47 Standorten für alle bayerischen Landkreise mit eigenen Behörden vertreten zu sein. Diese Präsenz in der Fläche ist ein entscheidender Vorteil für Kampagnen. Einem bayern-weit gleichzeitig bespielten Thema aus unserer Verwaltung kann man sich nicht so leicht entziehen, vor allem weil un-sere Themen unterschiedlichste Zielgruppen ansprechen: Gewässerschutz betrifft neben der Landwirtschaft auch die Umwelt, die Ernährung, den Verbraucher etc. Dazu müssten Kampagnen aber frühzeitig angekündigt und professionell vorbereitet werden. Ein verbindlicher Zeitplan, gut vorbe-reitete Konzepte für Veranstaltungen bis hin zu Messeauf-tritten und verbindliche Medien würden nicht nur den Äm-tern die Arbeit erleichtern, sondern auch das Markenprofil schärfen.

ANGELIKA SPITZERDERzEIT BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND [email protected]

Literatur, die sich mit Öffentlichkeitsar-beit von Organisationen beschäftigt, gibt es nicht zu knapp. Und doch ragt dieses Buch, das 2016 erschienen ist, heraus, nicht nur, weil es sich mit dem unter PR-Fach-leuten „hippen“ Storytelling beschäftigt. Es ist witzig und originell geschrieben und besticht durch humorvolle aber treffende Zeichnungen. Comic-Figuren führen durch das Buch und liefern wertvolle Kommen-tare zu den präsentierten Inhalten.

Der erste Teil behandelt grundlegende Aspekte der Kommunikation und Öffent-lichkeitsarbeit von Organisationen. Teil 2 zeigt sehr praxisnah, was es mit Erzähl-

Wortwechsel im Blätterwald – Erzählstrukturen für eine wirksame Öffentlichkeitsarbeit

strukturen auf sich hat und wofür sie ge-winnbringend eingesetzt werden können. Teil 3 wendet die Erkenntnisse dann in einer Kommunikationsstrategie für eine fiktive „Waldentwicklungsbehörde“ an.

Dieser ausführliche Anwendungsfall, aus dem man viel für andere Bereiche ableiten kann, sowie die vielen Beispiele mit starken Bezügen zu typischen Themen einer Ver-waltung für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten machen das Buch so lesenswert. Es ist allemal einen Versuch wert, mit Hilfe der angebotenen Methoden die Öffent-lichkeitsarbeit im Bereich Landwirtschaft zu analysieren, zu planen und so den oft

stockenden Dialog zwischen Landwirt-schaft und Gesell-schaft zu unterstützen sowie das Verständ-nis für die eigenen Anliegen zu fördern.

Günter Dobler, Michael Suda, Gerhard Seidl: Wortwechsel im Blätterwald – Erzählstrukturen für eine wirksame Öffentlichkeitsarbeit, 208 Seiten, BoD – Books on Demand, Norderstedt, ISBN 978-3741283727, 1. Auflage 2016, Preis 29,95 Euro

Angelika Spitzer, StMELF

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Familienpakt BayernDas AELF Kitzingen als Vorbild

von JESSICA SCHWITTEK, MARIA LUTZ und GERD DUELL: Ein flexibles Arbeitsumfeld er-möglicht es den Mitarbeitern am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Kitzingen, Kinderbetreuung und die Pflege von Angehörigen trotz Beruf in ihren Alltag zu integrieren. Um das Amt als öffentlichen Arbeitgeber attraktiv zu machen, kommt die famili-enfreundliche Darstellung nach außen jedoch zu kurz. Das AELF Kitzingen geht daher dieses Thema aktiv mit der Mitgliedschaft beim Familienpakt Bayern an und erklärt, wie andere Behörden dies ebenfalls für sich umsetzen können.

Viele junge Menschen haben den Wunsch nach einem Le-ben mit Familie. Sowohl Männer wie Frauen wollen Kinder erziehen oder sich persönlich um Angehörige kümmern und erfolgreich im Beruf sein. Das nach den eigenen Vorstellun-gen auch umsetzen zu können, ist nicht immer leicht. Für immer mehr Beschäftigte wird dies zum Wunsch und zur He-rausforderung zugleich. Beinahe alle bayerischen Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bieten ver schiedene Möglichkeiten Beruf und Familie gut miteinander zu verei-nen, so Gerd Düll, Behördenleiter in Kitzingen. Mit diesen Voraussetzungen verliert auch das AELF kein Fachwissen durch wechselnde Mitarbeiter und behält ein stabiles und motiviertes Team.

Wertschätzung der familiären VerantwortungBayern hat es sich zum Ziel gesetzt, dass Wirtschaft und Staatsregierung wichtige Zukunftsfragen im Konsens an-gehen müssen. Familiäre Verantwortung soll honoriert und unterstützt werden. Auch müssen neue Impulse in Gesell-schaft und Unternehmenswelt gesetzt werden. Deshalb ha-ben im Juli 2014 die Bayerische Staatsregierung, die Vereini-

gung der Bayerischen Wirtschaft e. V. (vbw), der Bayerische Industrie- und Handelskammertag e. V. (BIHK) und der Bay-erische Handwerkstag e. V. (BHT) den Familienpakt Bayern geschlossen.

Vorteile einer familienbewussten PersonalpolitikEine Statistik des Forschungsinstituts „Familienbewusste Personalpolitik“ von 2015 zeigt, dass sich 90 Prozent der jungen Arbeitnehmer einen familienfreundlichen Arbeit-geber wünschen und zwei Drittel daher den Arbeitgeber sogar wechseln würden. Umgekehrt finden Arbeitgeber mit einer familienbewussten Personalpolitik schneller gut qualifiziertes Personal. Mitarbeiter sind hier nicht nur selte-ner krank, sondern auch motivierter und produktiver (siehe Abbildung 1). Durch den geringeren Wechsel im Personal werden Kunden länger gebunden. An den ÄELF ist das be-sonders für die Beratung wichtig, da ein stabiles Vertrau-ensverhältnis zwischen Betrieb und Berater aufgebaut und erhalten werden kann.

Rahmenbedingungen und Anmeldung Jedes AELF erfüllt in der Regel die Kriterien, um sich als familienfreundliches Unternehmen zer-tifizieren zu lassen. Daher empfiehlt sich die Re-gistrierung als Mitglied beim Familienpakt Bay-ern. Auf der Startseite www.familienpakt-bayern.de wählt man den Bereich „Mitglieder & Partner“ und anschließend „Registrieren für Mitglieder“ aus. Über das Online-Formular werden die Ad-ressdaten, ein Ansprechpartner sowie die vorhan-denen und geplanten Kriterien (siehe Abbildung 2) hinzugefügt. Eine Kurzbeschreibung des AELFs und eine Bilddatei mit dem Logo des Amtes soll-ten zum Hochladen parat liegen. Mit der Regist-rierungsbestätigung werden eine Urkunde und Login-Daten für das Familienpakt-Netzwerk per E-Mail zugesandt.

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→ Abbildung 1: Eine familienbewusste Personalpolitik bringt auch für den Arbeit-

geber Vorteile mit sich (Bildquelle: Familienpakt Bayern)

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Mitmachen und Vorzeiger sein!Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird am Beispiel des AELF Kitzingen deutlich. Knapp die Hälfte der Belegschaft arbeitet in Teilzeit. Etwa zehn Prozent können einen Telear-beitsplatz nutzen. Die Abbildung 3 zeigt, welche Kriterien das AELF Kitzingen erfüllt. Nicht alle Maßnahmen sind für eine Zertifizierung durch den Familienpakt Bayern erforder-lich. Wichtig ist, mit der Zeit zu gehen, seine Maßnahmen weiterzuentwickeln und nach außen darzustellen. Letzteres können Sie auf der Homepage www.aelf-kt.bayern.de sehen (siehe Infobox).

Netzwerke wichtig für WeiterentwicklungNeben dem Familienpakt Bayern ist das AELF Kitzingen zudem noch Mitglied im „Lokalen Bündnis für Familie“. In Deutschland gibt es über 600 Bündnisse, die sich für die Belange von Familien stark machen. Im Kitzinger Landkreis wurde 2008 ein lokales Bündnis für Familien gegründet und umfasst mittlerweile 60 Partner aus Politik, Verwaltung, Re-gional- und Sozialverbänden, Kirchen und Wirtschaft. Deren Ziel ist es, mit neuen Ideen, Projekten und Konzepten die Zukunftsfähigkeit des Standortes für Familien und Unter-nehmen stets hochzuhalten (lokalesbuendnis.kitzingen.de).

→ Abbildung 3: Der Familienpakt gliedert familienbewusste Personalpolitik in acht Maßnahmenfelder. Das AELF Kitzingen hat in sieben Feldern

Maßnahmen umgesetzt (gelbe Markierung) (Bildquelle: Familienpakt Bayern)

→ Abbildung 2: Wichtige Angaben im Online-Formular sind die

Beschäftigungsstruktur und die umgesetzten Maßnahmen am Amt

(Bildquelle: Familienpakt Bayern)

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Die Koordinationsstelle hat das AELF Kitzingen auf den Familienpakt aufmerksam gemacht. Nur durch solch gute Netzwerke kann sich eine Be-hörde stets weiterentwickeln und ein attraktiver Arbeitgeber bleiben.

JESSICA SCHWITTEKMARIA LUTZGERD DÜLLAMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRT-SCHAFT UND FORSTEN [email protected]@[email protected]

Die ausführlichen Maßnahmen und Ziele der Netzwerkpartner finden sie auf folgenden Internet-Adressen:

AELF Kitzingen www.aelf-kt.bayern.de

Familienpakt Bayern Lokales Bündnis für Familie www.familienpakt-bayern.de lokalesbuendnis.kitzingen.de

Infobox: Internet-Adressen

Am Anfang steht der Wald! Er gestaltet die Landschaft und prägt unsere Kultur bis heute. Das Schicksal der Menschen war und ist eng mit dem Wald verbunden: Die meisten Wälder sind nicht Wildnis, son-dern kulturelles Erbe unserer Vorfahren; sie stecken voller Geschichte und Heimat.

Das Buch bietet erstmals einen Überblick über die forstliche Geschichte in Bayern. Dabei erklärt es, welche Auswirkungen politische Ereignisse, wie die Säkularisa-tion, auf den Wald hatten, wie sehr ihn die bäuerliche Wirtschaft und später die Industrialisierung geformt haben. Es setzt

Wald. Mensch. Heimat. Eine Forstgeschichte Bayerns – Neuerscheinung

keine Vorkenntnisse voraus und richtet sich an alle Waldliebhaber, aber auch an Studierende, Forstleute und Waldbesit-zer. Auf wissenschaftlicher Basis und in leicht verständlicher Sprache führt es in die allgemeine Geschichte der Wälder ein, stellt aber auch das regional Beson-dere der fränkischen, schwäbischen und altbayrischen Regierungsbezirke heraus.

Das Buch ist reich bebildert und lädt zum Querlesen ein. Die sieben Hauptkapitel entsprechen den Regierungsbezirken und wollen regionale Identität vermit-teln. So entsteht ein mosaikartiges Bild, das die Vielfalt zur Einheit verbindet und den Wald als wesentliches Element ge-samtbayerischen Heimatgefühls zeigt.

Die AutorenJoachim HambergerDr. Joachim Hamberger, Jg. 1963, leitet den Bereich Forsten am AELF Landau an der Isar. An der TU München und der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf lehrt er Forst- und Umweltgeschichte. Für das Forstzentrum Weihenstephan gibt er die Forstlichen Forschungsberichte

München heraus. Er hat viele Schrif-ten zur Nachhaltigkeit veröffentlicht.

Otto BauerDr. Otto Bauer, Jg. 1931, war viele Jahre in der forstlichen Praxis an mehreren Forstämtern aktiv, u. a. in Rothenbuch. Von 1976 – 1993 leitete er die Bayerische Staatsforstverwaltung. In seiner Dis-sertation hat er den Übergang von der ungeregelten Waldnutzung zur nach-haltigen Forstwirtschaft an der Schwelle zum 19. Jahrhundert untersucht.

Wald. Mensch. Heimat. Eine Forstgeschichte Bayerns, 2017 Laubsängerverlag Freising, 235 Seiten, ISBN 978-3-945630-08-2Format: 24 cm x 24 cm, mit strapazier-fähigem festen EinbandPreis: 24,95 Euro

Das Buch ist zu beziehen beim Verlag [email protected] oder www.laubsaenger-verlag.deüber den Online-Shop des Deutschen Forst-vereins https://shop.idwald.de/

Dr. Joachim Hamberger, AELF Landau

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Erfolg durch die StimmeWie die Stimme die Kommunikation beeinflusst

von VERONIKA MEND: Fulminant war der Auftritt der Referentin Ulrike Buchs-Quante bei der Arbeitsbesprechung der Schulleiterinnen der Landwirtschaftsschulen, Abteilung Haus-wirtschaft. Schon nach der Begrüßung, die dreimal mit gleichem Inhalt in unterschiedli-chen Stimmlagen auf die Zuhörer wirkte, war klar: zurücklehnen und wegdösen geht nicht! Im Vortrag und bei individuellen Stimmanalysen wurden Möglichkeiten aufgezeigt, die Stimme als Ausdruck der Persönlichkeit bewusst einzusetzen. Einfache Mitmach-Übungen zum Entspannen der Sprechmuskulatur brachten hörbare Effekte und viel Abwechslung in die Runde.

Was die Stilberatung für das Auge ist, das ist „VoicePower® für das Ohr: Umsetzbare Tipps zur Abstimmung der eigenen Stimme und Persönlichkeit, um auf das Gegenüber ehrlich und vertrauenswürdig zu wirken. Viele verschiedene Ein-flussfaktoren bestimmen den Eindruck, den man von ei-ner Person gewinnt. Wenn diese Faktoren alle harmonisch aufeinander abgestimmt sind, wirkt diese Person sympa-thisch, echt, authentisch, kongruent. In kurzer Zeit waren alle Teilnehmer von den Möglichkeiten überzeugt, die ei-gene Stimme als Aktivposten besser zu nutzen. Die einfa-chen Übungen, die fast überall durchzuführen sind, wurden begeistert ausprobiert.

Bestandteile der nonverbalen KommunikationUnsere Stimme hat eine nicht zu unterschätzende Wirkung auf ein Gespräch: Einer Studie aus British Journal of Psycho-logy [1] zufolge gehen 38 bis 40 Pro-zent der Aufmerksamkeit eines anwe-senden Gesprächspartners an Stimme und Tonfall, ca. 55 Prozent entfallen auf Mimik und Gestik, aber nur sieben Pro-zent auf den Inhalt. Denn die nonver-bale Ebene ist, wegen ihrer sehr viel älteren unbewussten Verankerung, weit wirkungsvoller als die verbale Ebene. Wer bewusst und gezielt seine Stimme einsetzt, der optimiert das „Gehört-Werden“ seiner Inhalte um 38 Prozent. Die Stimme bietet sich zu-dem als stimmungsaufhellendes Mit-tel für den Sprechenden an. Denn wir hören uns selbst ja auch zu! So haben wir die Möglichkeit, mit Tonbildungen, Klängen und Resonanzanregungen körperliche und psychische Verstim-mungen bei uns selbst zu lösen, wie

auch ganz gezielt im Gespräch oder beim Vortrag nonver-bal „Stimmung zum machen“. Auf allen der an der Stimmbil-dung beteiligten Ebenen ist ein Einstieg zur Verbesserung des Eindrucks der Gesamtpersönlichkeit möglich (siehe Abbildung 1). Beispielhaft sind hier die „High Heels“, wenn man sie nicht zu tragen gewohnt ist: Sie machen die Atmung flacher und erschweren damit das Sprechen.

Übungen zum entspannten, wirkungsvollen Sprechen Neben dem Kehlkopf spielen Kiefergelenk und Kiefermus-kulatur eine entscheidende Rolle dabei, wie die Stimme wirkt. Spannungen in diesem Bereich beeinträchtigen die Atmung, dadurch die Klangbildung, die Fähigkeit und Ausdauer beim Zuhören und nicht zuletzt die Mimik. „Um das „Pfund Fleisch“, das die Kiefergelenke als Muskulatur umgibt, zu entspannen, gibt es einige einfache Übungen,

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→ Abbildung 1: Interaktion der an Stimmbildung beteiligte Ebenen

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die aber leider nicht in der Öffentlichkeit durchgeführt werden können. Denn:

Vieles, was heute als sozial in der Öffentlich-keit nicht vertretbar gilt, tut dem Kiefer und der Stimme gut.

Ulrike Buchs-Quante

Was damit gemeint ist, kann sofort geübt werden: Breitbei-nig auf dem Stuhl sitzend stützt man sich mit den Unterar-men auf die Oberschenkel und lässt den Oberkörper und den Kopf hängen. „Wie im kleinsten Raum des Hauses“ erschlaffen im Sitzen die Muskeln im Nacken-, Kiefer und Beckenbereich. Die Atmung geht tiefer in den Bauchraum, die Stimme erhält einen weicheren und tieferen Klang. Ebenso wirkt das Gäh-nen weitend und entspannend auf den Stimmbildungsbe-reich. Vor allem „unterdrücktes Gähnen“ ermöglicht die Ohr-

ventilation und verbessert gleichzeitig das Zuhören und die Stimmbildung! Auch Kaugummi-Kauen kann helfen, wenn bestimmte Muskeln im Kieferbereich verspannt sind.

Atemübungen gegen stimmschädlichen Stress und hörhemmende Hektik Pausen zu setzen ist wichtig. Ob beim verständlichen Dik-tieren der Ziffernfolge einer Mobil-Nummer, beim Bergwan-dern zum Gipfelziel oder dem wirkungsvollen Vermitteln von Inhalten über die Sprache. Pausen im Gesprächsfluss er-lauben es dem Zuhörer „mit zu kommen“, ohne beim kurzen Abschweifen verloren zu gehen oder auch „nach zu kom-men“, wenn der Sprechende mit seinen Gedanken schon ein Stück weiter ist. Weil es erforderlich scheint, möglichst viel Information in kurzen Zeiteinheiten zu vermitteln, wer-den Pausen im Gespräch oder im Vortrag oft für entbehrlich gehalten. Das schadet dem Zuhörer, der einfach abschaltet, aber auch dem Sprechenden, dem am Ende die Überzeu-gungskraft und die Aufmerksamkeit des Zuhörers abhan-dengekommen sind. Einfache Atemübungen wirken stress-abbauend und erleichtern es, an die notwendigen Pausen zu denken. Eine einfache Übung ist, im Sitzen dreimal ein- und auszuatmen, das erste Mal in den Schulterbereich (geht am einfachsten beim Heben der Schultern und hörbarem Ein- und Ausatmen, dem Seufzen), das zweite Mal in den Brustbereich, das dritte Mal in den Bauch. Dabei sollte man sein Körpergewicht bewusst auf der Sitzfläche des Stuhles ablegen. Danach kann man wieder wesentlich entspannter und damit wirkungsvoller sprechen.

Stimmbereiche – unbewusster Erziehungserfolg oder bewusstes TrainingDer „Stimmprofi“ nutzt die gesamte Klangbreite seiner Stimme je nach eigener Stimmung oder der beabsichtigten Wirkung auf seine Zuhörer. So folgt er seiner ursprünglichen und gene-tisch geprägten Lautgebung, welche nicht nur alle Klangberei-che, sondern auch alle Artikulationslaute enthält (so verwendet „nach dem Phoniater Arnold-Luchsinger“ auch das europäi-sche Baby die Schnalz- und Klicklaute afrikanischer Sprachen), → Abbildung 2: Stimme als Stimmungsinstrument

Stille

u-Klangtief, dunkelweich, leiseKörperlich existenziell

Oberer Kopfbereich

Über dem Kopf/transpersonaler Bereich/

Kehlbereich

Herzbereich

i-KlanghellDurchsetzungskraftBrillianzKlarheit

ä-Klang tief, hell, rauh vordergründig emotional

o-Klangtief, dunkelkräftigvolltönendgenussvollmachtvoll

a-Klangweit,herzlichNabelbereich

Beckenbereich/ Beine

• „Sie (Anmerkung die Referentin) hat genau meinen schwachen Punkt erkannt.“• „Vorteilhaft war, dass nach der persönlichen Stimmanalyse nur ein einziger, dafür aber sofort umsetzbarer Übungsvor-

schlag gegeben wurde. Das ist gut realisierbar.”• „Eine mitreißende Referentin mit faszinierender Persönlichkeit und großer Präsenz. Interessant war die schnelle und

zutreffende Analyse meiner eigenen Charaktereigenschaften und meiner augenblicklichen Stimmung nur anhand einer kurzen Gesprächsprobe.”

• „An eine gemeinsame Übung während des Vortrags denke ich immer noch in bestimmten Situationen. Mein mir persön-lich mitgegebenes `Trainingsprogramm´ hilft tatsächlich – sowohl beim Sprechen als auch beim Singen im Chor.“

Infobox 1: Stimmen von Teilnehmern des Vortrags und der Stimmanalyse

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welche er aber im Laufe der regionalen Stimmprägung verliert. Der „Normalsprecher“ wird im Laufe seines Lebens, vor allem in den ersten prägenden Phasen der Kindheit und Jugend, durch Vorbild und Nachahmung auf ein Stimmprofil festgelegt. Diese Festlegung zu erkennen, zu durchbrechen und damit wieder „mehr Stimmung mit seiner Stimme“ zu machen, ist ein bewuss-ter Prozess. Dazu dient die Übung der „Emotionstastatur“ (siehe Abbildung 2). Verschiedene Lautbereiche werden unterschied-lichen Vokalen und Körperzonen zugeordnet. „Automatisch“ wird die Stimme bei innerer Anspannung des Sprechers hel-ler und „schriller“ (sogenannte i-Klang im oberen Kopfbereich). Diese Anspannung überträgt sich auf die Zuhörer. Die signalset-zende Übertragung von Anspannung wirkt aber nur kurze Zeit aufmerksamkeitsfördernd. Dann wird es den Zuhörern zu viel und sie „schalten ab“. Gelingt es dem Sprechenden durch be-wussten Einsatz seines Sprachapparates und der Atmung seine Stimmlage zu verändern, verändert sich auch die Wirkung auf den Zuhörer. Die in der Beschreibung verwendeten Vokale sym-bolisieren zwar die Stimmbereiche, haben aber ansonsten keine Bedeutung für die praktische Anwendung. Wichtiger ist der Kör-perbereich, aus dem die Atmung und der Klang kommen. Tiefe, entspannte Bauchatmung bewirkt andere „Stimmungen“ wie kurzes, hechelndes Atmen.

Stimmtraining als Beitrag zur GesundheitsförderungDie Stimmleistung ist Ausdruck dessen, wie es uns geht, psy-chisch und auch physisch. Viele, die im Beruf auf die Stimme angewiesen sind, haben bei starker Belastung schon erfah-ren, was es heißt, wenn die Stimme einfach weg ist. Der ab-schließende Tipp, den Stimmapparat als Teil des gesamten individuellen Leistungssystems genauso zu pflegen und zu trainieren wie Körper und Seele, wurde hochmotiviert auf-genommen. Einen Einstieg bot das individuelle Stimm- und Präsentationsprofil, das auf Wunsch von jedem Teilnehmer in kurzen Einzelbesprechungen erstellt wurde. Verbunden mit der Analyse war ein Trainingsvorschlag zur Optimierung der jeweiligen Stimmsituation. Die abgestimmten Hand-lungsempfehlungen fielen bei den Teilnehmern auf sehr fruchtbaren Boden – die Vorbereitungsarbeit im Vortrag hat jeden überzeugt.

VERONIKA MEND FORTBILDUNGSzENTRUM FÜR LANDWIRTSCHAFT UND HAUSWIRTSCHAFT [email protected]

Zehn Mal im Jahr nehmen sich die Mit-arbeiter der Staatlichen Führungsaka-demie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (FüAk) zehn Minuten Zeit für ein digitales Thema. Die Bildungs-aktion „10 x 10“ hilft ein Basiswissen aufzubauen, um effektiver zu arbeiten.

Der kompetente Umgang mit digitalen Me-dien ist für moderne Behörden die Basis für effektives Arbeiten. Die Kompetenzen der Mitarbeiter sind jedoch unterschiedlich. Gleichzeitig ist es erforderlich, dass alle Kol-leginnen und Kollegen über definierte Fä-higkeiten verfügen, damit die unterschied-lichen Medien durchgängig nutzbar sind.

Basiswissen wird erworbenPräsidentin Ingeborg Bauer hat an der FüAk die Aktion „10 x 10“ initiiert. Zehn mal Zehn bedeutet, dass sich alle Mit-arbeiter der FüAk zehn Mal im Jahr für zehn Minuten mit einem einheitli-chen digitalen Thema beschäftigen. Die Leadfunktion Digitalisierung erarbeitet einen Ablauf- und Handlungsplan. Ein

Digitale Kompetenz in zehn Minuten – Weiterbildung am Arbeitsplatz mit der Aktion „10 x 10“

in „10 x 10“ behandeltes Thema wird dann zum „Basiswissen“. Das bedeutet, es wird davon ausgegangen, dass jeder Mitarbeiter der FüAk sich die Kompe-tenz erworben hat, jeder kann sich in der Zusammenarbeit darauf verlassen und die Prozesse darauf abstimmen.

Outlook 10 x 10Wie läuft so eine Aktion ab? Die Mitar-beiterinnen und Mitarbeiter werden über Outlook zu „10 x 10“ eingeladen. Vor dem Termin wird im Intranet der FüAk, dem Mitarbeiterportal (MAP), die Handlungsanweisung eingestellt. Diese ist selbsterklärend, für Rückfragen sind Ansprechpartner benannt. Interessierte können weitere Informationen gerne beim Ansprechpartner anfordern.

Welche Themen werden behandelt?Die Festlegung der ersten Themen erfolgte durch die Leadfunktion Digitalisierung. Weitere Wunschthemen erfasste eine Mitarbeiterbefragung, daraus er-gab sich eine Prioritätenliste.

Themen aus dem Jahr 2017• Bedienung eines Forums

im Mitarbeiterportal• Windows-Remoteunterstützung• Browser• Bearbeitungsmöglichkei-

ten von PDF für jedermann• Suchen• Dateinamen richtig benennen und

versenden von Links statt Dateien• Scannen• Drucken• Outlook• Barrierefreie Wordvorlagen

AnsprechpartnerDr. Horst Neuhauser Telefon: 0871 9522-304 E-Mail: [email protected]

Link für die Mitarbeiter des StMELF und den nachgeordneten Behörden: https://map.stmelf.bybn.de/cocoon/portal/portallink?doctype=Navknoten&id=13054

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Den Hopfenanbau der Öffentlichkeit näher bringenJunge Hopfenbauern auf der kleinen Landesgartenschau in Pfaffenhofen a.d.Ilm

von PETER LIEBHARDT: Acht Studierende der Dr.-Hans-Eisenmann-Landwirtschaftsschule Pfaffenhofen nutzten die kleine Landesgartenschau in Pfaffenhofen an zwei Tagen im Au-gust 2017, um den Hopfenanbau vorzustellen. Im Rahmen der „Tage des Hopfens“ informier-ten sie über den Hopfenanbau, zeigten die deutschen und weltweiten Hopfenanbaugebiete auf und stellten sich und ihre persönlichen Gründe vor, warum sie auf ihren Betrieben diese Dauerkultur anbauen. Das führte zu interessanten Gesprächen.

Die Stadt Pfaffenhofen a.d.Ilm richtete 2017 die kleine Lan-desgartenschau aus und setzte sich mit ihrem Konzept „Na-tur in der Stadt“ in der Bewerbungsphase gegen die Mitbe-werberstädte Mühldorf a. Inn und Freystadt durch. Bereits im Herbst 2011 begannen die Vorbereitungen für die Landes-gartenschau mit verschiedenen Planungen für Umbaumaß-nahmen in der Pfaffenhofener Innenstadt. Die Organisatoren der Gartenschau traten auch an die Landwirtschaftsschule (LWS) Pfaffenhofen heran und fragten um Unterstützung für die Thementage „Tage des Hopfens“ an. Die Studierenden der LWS nutzten diese einmalige Chance und organisierten mit den Lehrkräften Alois Ilmberger, der den Hopfenbau unter-richtet, und Peter Liebhardt, Referendar in Pfaffenhofen, einen Stand am 5. und 6. August im Forum des Bürgerparks.

Nicht nur fachliche Informationen bietenFür die acht Studierenden begannen die Vorbereitungen Ende Juni 2017. Die leidenschaftlichen Hopfenbauern leg-ten mehrere Themenschwerpunkte fest:

→ Hopfenanbau im Jahreskreis,

→ Erosions- und Pflanzenschutz,→ Selbstportraits der Studierenden mit den Gründen,

warum sie Hopfen anbauen, und→ Hopfenanbaugebiete in Deutschland und in der Welt.

Ziel war es, über die wichtigsten Arbeitsschritte des Hop-fenanbaus und die Erntetechnik auf Plakaten zu informie-ren und die deutschen und weltweiten Anbaugebiete vor-zustellen. Erosions- und Pflanzenschutz wurde nicht außen vorgelassen, weil es bei der Bewirtschaftung des Hopfens zu starkem Bodenabtrag kommen kann. Poster zeigten daher Maßnahmen zur Vermeidung von Erosion und den integrier-ten Pflanzenschutz im Hopfenanbau. Darüber hinaus stell-ten sich die Studierenden auf Plakaten vor und nannten ihre Beweggründe, warum sie gerne diese Dauerkultur auf ihren Betrieben anbauen. Neben den Plakaten stellten die Studie-renden auch wichtige Gegenstände aus dem Hopfenbau auf der Ausstellung aus: einen gefüllten Hopfensack, Körbe mit verschiedenen Hopfensorten, Hopfenreben, Hopfenfechser sowie diverse typische Arbeitsgeräte.

ÖFFENTLICHKEITSARBEIT

→ Bild 2: Reger Besuch am Stand der Studierenden im Bürgerpark auf

der Landesgartenschau Pfaffenhofen.

→ Bild 1: Alois Ilmberger erklärt den Anbau der Hopfenjungpflanzen

(alle Fotos: Peter Liebhardt).

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Das Konzept hat sich bewährt Das sonnige Wetter war perfekt für einen Besuch der „Tage des Hopfens“ auf der Landesgartenschau. Immer vier Nach-wuchshopfenbauern betreuten den Stand, um die interes-sierten Besucher aufzuklären und mit ihnen zu diskutieren. Die Besucher durften das grüne Gold außerdem mit allen Sin-nen erforschen. Vor allem die verschiedenen Hopfensorten in den Körben regten dazu an. Die Besucher interessierten sich besonders für den Anbau sowie die Anbaugebiete weltweit. Dabei hinterfragten sie kritisch den Pflanzen- und Erosions-schutz im Hopfenanbau. Auch erfahrene Hopfenpflanzer be-suchten den Stand und informierten sich über den neuesten Stand der Technik bei den jungen Hopfenbauern. Dabei fand ein reger Austausch statt.

Profit für die Studierenden – Es hat sich gelohnt!Die Studierenden lernten bei dieser Aktion, wie ein Stand zu planen, zu erstellen und zu organisieren ist. Und sie haben auch den Praxistest in der Öffentlichkeit bestanden: Ihr per-sönlicher Bezug zum Hopfenbau steigerte ihren Ehrgeiz, sich gut zu präsentieren und machte den Auftritt sehr authentisch.

Das Feedback der Besucher über die Öffentlichkeitsar-beit der Studierenden zeigte, dass der Ausstellungsstand ein voller Erfolg war, sowohl fachlich als auch persönlich. Das Spektrum der Besucher reichte von Bürgern, welche bis dato noch wenig bzw. keine Berührungspunkte mit dem Hopfenanbau hatten, bis hin zu Hopfenprofis, die seit jeher diese Kultur hegen und pflegen. So konnten die Studieren-den eine Vielzahl an Eindrücken und Erkenntnissen (siehe Infobox) sammeln.

Wenn dich der Hopfen einmal kratzt, lässt er dich nimmer los.

Hallertauer Sprichwort

PETER LIEBHARDTAMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN PFAFFENHOFEN [email protected]

Im Nachgang haben die Studierenden über nachfolgende Fragen ihre Erfahrungen mit der Aktion auf der Gartenschau geäußert:• Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Ausstellungsstand auf der Landesgartenschau gemacht?• Wie empfanden Sie das Interesse der Besucher am Hopfen?

Michael Preitsameter„Es gab viele Diskussionen über den Hopfenanbau. Dadurch konnte ich sehen, wie die Bevölkerung über den Anbau des Hopfens denkt. Sowohl positive als auch negative Resonanz ist uns von den Besuchern gezeigt worden. Das Interesse der Besucher galt vor allem dem Anbau, da die nicht regionalen Besucher den Hopfen oft-mals noch nie kennen gelernt haben.“

Katharina Maier„Mir hat die Zusammenarbeit mit allen Beteiligten, den Klassenkameraden und Lehrern, auch in der Vorbe-reitungszeit gefallen. Es war eine schöne Erfahrung den Hopfenbau den Verbrauchern näher zu bringen. Wir befinden uns schließlich im Herzen der Hallertau, und da sollte jeder etwas über den Hopfenbau wissen bzw. die Möglichkeit haben Informationen zu bekommen.Viele Besucher auf der Landesgartenschau sind noch etwas mit dem Hopfen verbunden, weil z. B. die Eltern noch einen Hop-fenbaubetrieb bewirtschaften. Sie erinnern sich gerne an die frühere Hopfentechnik zurück. Es gab großes Interesse an den verschiedenen Hopfensorten, vor allem an den Flavour-Hopfensorten. Die gab es ja auch „zum Anfassen“, da wir Körbe mit ver-schiedenen Hopfensorten ausgestellt haben. Viele Besucher interessierten sich auch dafür, wie viel Hopfen in einem Liter Bier steckt. Zudem wollten sie erfahren, wie viel ein gefüllter Hopfensack wiegt und auch kostet. Ich fand es schade, dass der Stand etwas abgelegen am Rand des Bürgerparks lag.“

Markus Wittmann„Es war eine gute Idee, den Stand aufzubauen, da es in der Bevölkerung große Wissenslücken zum Hopfen gibt. Im Großen und Ganzen waren die Leute sehr erfreut über uns junge, engagierte angehende Meister, die den Hopfenanbau mit Herzblut vorstellten. Das Interesse der Besucher war sehr groß. Vor allem die Produktions-abläufe mussten wir den Leuten oft genauer erklären, da sie wenig Kenntnisse über den Hopfenanbau hatten.“

Infobox: Auswertung der Aktion mit den Studierenden

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Masterplan BAYERN DIGITAL IIUmsetzung im Geschäftsbereich des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten

von ANTON DIPPOLD und DR. JOHANN GRÖBMAIER: Der bayerische Ministerrat hat im Mai 2017 den Masterplan BAYERN DIGITAL II beschlossen und die Ressorts gebeten, die vor-gelegten Maßnahmen zeitnah umzusetzen. Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) treibt die für seinen Zuständigkeitsbereich benann-ten Projekte seitdem zügig voran. Sie reichen von Forschung und Wissenstransfer über eine Bildungsoffensive, entsprechende Anschubfinanzierungen durch gezielte Förderung bis zur Fortentwicklung von eGovernment mit modernen Online-Dienstleistungen der Verwaltun-gen. Dieser Beitrag baut auf der Ministerratsvorlage auf, in der das StMELF im November 2017 über die für 2018 geplanten Umsetzungsschritte berichtete.

Die im Masterplan BAYERN DIGITAL II enthaltenen Maßnah-men und Initiativen ermöglichen es, die Chancen der Digita-lisierung für die bayerische Land- und Forstwirtschaft sowie die Ländliche Entwicklung kraftvoll zu nutzen. Der hierfür angemeldete und grundsätzlich gebilligte Ressourcenbe-darf im Geschäftsbereich des StMELF beträgt rund 100 Mio. Euro und 85 Stellen im Zeitraum 2018 bis 2022. Die Digitali-sierungsstrategie umfasst folgende Maßnahmen:

Digitalisierungszentrum mit Future FarmDie digitalen Entwicklungssprünge werden auch im Agrar- und Forstsektor immer größer, schneller und tiefgreifen-der. Zentrales Anliegen ist es, die relativ kleinstrukturierte bayerische Land- und Forstwirtschaft an den rasanten Ent-wicklungen der Digitalisierung teilhaben zu lassen, damit sie wettbewerbsfähig und zukunftsfähig bleiben kann. Moderne digitale Technologien, sinnvoll genutzt und gut erklärt, tragen zu einer verbesserten Ressourcen effizienz, mehr Tierwohl und einer höheren Akzeptanz der Land- und Forstwirtschaft in der Bevölkerung bei. Dazu sind For-schung und Entwicklung in enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaft zu intensivieren sowie der Wissens transfer in die Praxis zu beschleunigen. In diesem Sinne sollen For-schungsvorhaben und Pilotprojekte an den Landesanstal-ten zu modernen digitalen Technologien durchgeführt und Landwirten und Waldbesitzern, Winzern und Gärt-nern neutrale Informationen als Entscheidungsgrundlage für die Nutzung solcher Technologien bereitgestellt wer-den. In Ruhstorf an der Rott ist der Aufbau eines Digitali-sierungszentrums für Landwirtschaft innerhalb der Baye-rischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) ein zentraler Baustein dieser Strategie. In einem ersten Umsetzungs-schritt wurde im Juni 2017 ein Expertenteam für Digitali-sierung in der Landwirtschaft an der LfL eingerichtet. Da der Markt für digitale Technologien und Anwendungen in

der Landwirtschaft sehr schnell wächst und v. a. für die Landwirte unübersichtlich ist, sollen in Ruhstorf in einer „Future Farm“ (Bauernhof der Zukunft) die angebotenen digitalen Lösungen für die bayerische Landwirtschaft ana-lysiert, neutral bewertet und auf ihre Praxistauglichkeit für die bayerischen Agrarstrukturen erprobt werden. Im Fokus stehen dabei herstellerübergreifende Lösungen, einfache Handhabung der Maschinen und Geräte, die Robustheit im Einsatz, und die Wirtschaftlichkeit in bäuerlichen Fami-lienbetrieben. Automatisierung, Robotik und Sensorik so-wie Daten- und Wissensmanagement (Big Data Analytics, IT-Labor, eGovernment-Applikationen) einschließlich Wis-sens- und Technologietransfer in die Praxis werden Schwer-punkte der dortigen Arbeiten sein.

Zur Darstellung und Bewertung von Agrarökosystemen werden Kompetenzen im Bereich der Geodatenanalyse er-weitert und ein Geoinformationssystem (digitales Landmo-dell) aufgebaut. Durch die räumlich-zeitliche Verknüpfung von Geo- und Landnutzungsdaten können Handlungsbe-darfe frühzeitig identifiziert und analysiert sowie entspre-chende Maßnahmen entwickelt und bewertet werden.

Zudem soll in Ruhstorf ein offenes Technologielabor mit Coworking Spaces (zeitlich begrenzte Arbeitsmög-lichkeiten für Dritte unter Nutzung von bereitgestellter In-frastruktur) für eine intensivere Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und Start-up-Unternehmen eingerichtet wer-den, um etwaige Angebotslücken gezielt schließen und in Teilbereichen einzelne Produktentwicklungen selbst vor-nehmen zu können.

Am LfL-Standort für Tierhaltung in Grub wird zur Nutzung von Synergien und zur Erprobung digitaler Anwendungen in enger Anbindung an Ruhstorf ein Digital Livestock Lab (digi-tales Erprobungslabor für die Nutztierhaltung) eingerichtet. Zudem sollen die Belange der Tiergesundheit und des Tier-wohls mithilfe automatisiert erfasster Indikatoren und deren

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Verknüpfung noch stärker berücksichtigt werden. Zur Eta-blierung und Erprobung innovativer vernetzter Systeme werden ausgewählte Modell- und Demonstrationsbetriebe unterstützt.

Themenplattform „Landmanagement“Über eine Themenplattform (TP) „Landmanagement“ sollen am Zentrum Digitalisierung.Bayern (ZD.B) in Garching wich-tige Player und Start-ups im Bereich Verarbeitung, Speiche-rung und Durchgängigkeit von Daten vernetzt werden. Das soll notwendige Entwicklungen hin zu einer umfänglichen Digitalisierung anstoßen. Der Strategierat des ZD.B hat An-fang November 2017 der Einrichtung der neuen TP „Land-management“ zugestimmt. Schnittstellen und Synergien mit anderen Themenplattformen am ZD.B, wie z. B. mit der TP „Vernetze Mobilität“ oder der TP „Cybersecurity“ werden genutzt und die Arbeit entsprechend abgestimmt. Der Fo-kus der TP „Landmanagement“ liegt auf der Mobilisierung und Initiierung von Forschungs- und Entwicklungsprojek-ten im Bereich der digitalen Landwirtschaft, die z. B. über Ideenwettbewerbe akquiriert werden.

InnovationsgutscheineEine neue Innovationsförderung („Innovationsgutscheine“) für Projekte zur Entwicklung von neuen oder verbesserten Produkten, Verfahren oder Dienstleistungen soll die Koope-ration zwischen Wissenschaft und Wirtschaft intensivieren und die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Land- und Forstwirtschaft stärken. Dieses neue Instrument soll insbe-sondere über die Aktivitäten der TP „Landmanagement“ an-geboten werden.

Bildungsoffensive DigitalisierungDigitalisierung im Bereich der land- und hauswirtschaftlichen Fachschulen des StMELF hat bereits seit Jahren eine hohe Be-deutung. Schwerpunkte waren bisher die Nutzung digitaler Plattformen für land- und hauswirtschaftliche Fachschulen, die technische Beratung der Sachaufwandsträger sowie die Stärkung digitaler Kenntnisse und Fertigkeiten der Lehrkräfte.

Künftig werden digitale Kompetenzen eine Schlüssel-anforderung im Berufsleben sein. Ziel einer digitalen Bil-dungsoffensive ist es, die Kompetenzen im Bereich der Di-gitalisierung bei den Lehrkräften, beim Berufsnachwuchs und bei den sog. „digitalen Nachzüglern“ weiter auf- und auszubauen. Dazu werden in den land- und hauswirtschaft-lichen Fachschulen v. a. folgende Maßnahmen umgesetzt:

→ Video-Kommunikation in Echtzeit von jedem PC aus (ohne aufwendige Installation von Videokonferenz-anlagen) mit zeitgleicher und gemeinsamer Bear-beitung von Dokumenten;

→ Erweiterung der Mediathek von „mebis – Landes-medienzentrum Bayern“ des Staatsministeriums für

Bildung und Wissenschaft um fachliche Inhalte der land- und hauswirtschaftlichen Fachschulen;

→ Webbasierte Schulverwaltung: Digitales Klassen-buch, Online-Stundenpläne;

→ Entwicklung von schulübergreifenden Webinaren und E-Learning-Angeboten für land- und hauswirt-schaftliche Unterrichtsfächer.

Vor dem Hintergrund der rasanten Entwicklungen in der Di-gitalisierung gewinnt das lebenslange Lernen immer weiter an Bedeutung. Für die Landwirte und Waldbesitzer mit län-gerer Berufserfahrung soll ein Angebot zur Vermittlung di-gitaler Kompetenzen („Kompetenzgutscheine“) geschaffen und dazu eine entsprechende Fortbildungsrichtlinie auf den Weg gebracht werden.

Förderanreize und AnschubfinanzierungenMit gezielten Förderanreizen und Anschubfinanzierungen im Rahmen eines speziell zu entwickelnden Bayerischen Sonder-programms für die Digitalisierung der Landwirtschaft (BaySL Digital) soll es gelingen, Innovationen schneller in die Praxis zu bringen. Zu Beginn stehen hier Smart-Farming-Techno-logien im Bereich des noch zielgenaueren und effizienteren Einsatzes von Pflanzenschutz- und Düngemitteln im Fokus.

Ausgehend vom Digitalbonus des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie sollen auch landwirtschaftliche Betriebe unterstützt werden, die in spezifische Softwareprogramme investieren, z. B. in den Bereichen Farmmanagement, Vermarktung und IT-Sicher-heit. Vor dem Hintergrund der neuen Düngeverordnung soll der Einsatz modernster NIRS-Technologie (Nährstoffbestim-mung direkt im Fass und automatische Durchflussregelung) bei der Gülleausbringtechnik gefördert werden, um so einen wichtigen Beitrag für einen besseren Schutz von Oberflä-chen- und Grundwasser zu leisten.

Ein 1 000-Feldroboter-Programm soll in den nächsten fünf Jahren den immer stärker in der öffentlichen Diskus-sion stehenden Einsatz von Pflanzenschutzmitteln weiter deutlich reduzieren und neuen innovativen Lösungen mehr Raum in der Praxis geben.

Durchgängige Verwaltungsdigitalisierung im RessortMit dem bayerischen eGovernment-Gesetz hat der Freistaat wichtige Rahmenbedingungen für eGovernment in Bayern geschaffen. Der Geschäftsbereich des StMELF bietet bereits heute nutzerorientiert konzipierte und daher gut angenom-mene Online-Verwaltungsleistungen. So unterstützt etwa das integrierte Bayerische Landwirtschaftliche Informa-tions-System (iBALIS) die landwirtschaftlichen Betriebe elek-tronisch bei der Flächenverwaltung und ermöglicht ihnen, den jährlichen Mehrfachantrag mit GIS-Unterstützung ab 2018 zu 100 Prozent elektronisch zu stellen. Weitere Dienste

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wie die digitale Erfassung und Bearbeitung von Fällen im Rahmen des Grundstücksverkehrsgesetzes sind in Vorbe-reitung.

Neue Angebote zur sicheren Internet-Kommunikation zwischen Bürger und Behörde bei Verwaltungsleistungen sowie zusätzliche Online-Informationsangebote werden suk-zessive aufgebaut. Dabei sollen auch mobile Anwendungen stärker implementiert werden. Verwaltungsintern werden Geschäftsabläufe digitalisiert und so eine medienbruchfreie Weiterbearbeitung zur Steigerung der Verwaltungseffizienz sichergestellt. Auf der Basis einer umfassenden Bestands- und Bedarfsanalyse wird hierzu eine spezifische eGovern-ment-Architektur für die kommenden Jahre entworfen und dabei werden alle relevanten Zielgruppen eingebunden.

Digitalisierung im Bereich Wald und ForstwirtschaftDie Digitalisierung ist auch im Bereich von Wald und Forst-wirtschaft von zentraler Bedeutung. Schwerpunkte waren bisher die Unterstützung von

→ Arbeits-, Produktions- und Logistikprozessen (Stich-wort „Wald und Holz 4.0“),

→ Inventuren und Monitoring im Wald,→ Forschung und Fernerkundung,→ Bildung, Waldpädagogik und Öffentlichkeitsarbeit.

Zahlreiche weitere waldrelevante Informationen und The-men werden bislang in verschiedenen Informationssystemen erfasst und bearbeitet. Diese werden v. a. durch den schritt-weisen Aufbau eines umfassenden Bayerischen Wald-Infor-mationssystems (BayWIS) und des Wildtierinformationssys-tems durch die Bayerische Forstverwaltung für eine breite Nutzerschicht zentral vorgehalten. Daten, die unter das Baye-risches Geodateninfrastrukturgesetz BayGDIG fallen, und an-dere geeignete Geodaten werden zusätzlich über die IT-Ba-siskomponenten BayernAtlas und Geoportal bereitgestellt.

An der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirt-schaft (LWF) wird die zentrale Kompetenzstelle für forstliche Informationssysteme unter der strategischen „Dachmarke BayWIS“ weiter ausgebaut. Dahinter steht die Zielsetzung,

→ die digitale Kommunikation mit allen „Kunden“ zu intensivieren,

→ neue Ziel- und Nutzergruppen (z. B. über Apps, so-cial media oder story telling maps) zu erschließen,

→ den klimawandelbedingt notwendigen Waldumbau mit digitalen Hilfsmitteln zu unterstützen,

→ digitale Werkzeuge zur Bewältigung von Naturka-tastrophen und Borkenkäferkalamitäten zu schaf-fen; ein erster Einsatz ist bereits in den Landkreisen Freyung-Grafenau und Passau erfolgt,

→ Waldbesitzern und interessierter Öffentlichkeit hochwertige Fachinformationen über ein zeitgemä-ßes Waldbesitzer- und Bürgerportal und den weite-

ren Ausbau der Öffentlichkeitskomponente BayWIS bereitzustellen,

→ ein umfassendes eGovernment, insbesondere im Bereich der Führung von Wald- und Schutzwald-verzeichnissen, der Abwicklung waldrechtlicher Verfahren und der forstlichen Förderung sowie des Schutzwald-Managements anzubieten,

→ effiziente und attraktive E-Learning-Angebote im Be-reich Bildung und Fortbildung weiter auszubauen,

→ die waldpädagogischen Angebote mit digitalem Walderleben zu verbinden,

→ die Möglichkeiten von citizen science („Bürger schaffen Wissen“) als Chance für den Dialog mit der Gesellschaft zielgerichtet zu nutzen sowie

→ terrestrische Inventuren und Monitoringsysteme durch erprobte Methoden der Fernerkundung zu unterstützen.

Digitale Planungstools für Kommunen und Länd-liche EntwicklungEin datenbankgestütztes Programmsystem für ein flächen-deckendes und fortlaufendes Monitoring der Agrarland-schaft wird entwickelt. Mit einem digitalen Werkzeugkas-ten können umfassende und tiefgreifende Analysen der Agrarlandschaft durchgeführt werden. Die damit ermög-lichte Untersuchung z. B. von landwirtschaftlichen Fahr- und Transportwegen liefert u. a. den Gemeinden und deren Partnern eine objektive Entscheidungsgrundlage zur Priori-sierung und zum stufenweisen Um- und Ausbau eines leis-tungsfähigen, multifunktionalen gemeindeübergreifenden ländlichen Kernwegenetzes. Zudem können mit dem Sys-tem das Abflussverhalten des Oberflächenwassers und das Wasserrückhaltevermögen der Agrarlandschaft analysiert werden. Damit kann das System auch den effizienten Bo-den- und Gewässerschutz unterstützen.

Mit neuen digitalen Instrumentarien (Dorferneuerung.Di-gital) sollen die Bürgermitwirkung als wesentlicher Bestand-teil der Dorferneuerung ausgebaut und Planungen in 3-D erlebbar werden. Durch den Aufbau von Online-Austausch-plattformen können die Bürgerinnen und Bürger an den Dorf- und Gemeindeentwicklungen orts- und zeitunabhän-gig partizipieren. Die Einrichtung von 3-D-Projekträumen zur Diskussion von Planungsvarianten ermöglicht es, interaktive 3-D-Ansichten auf Planungsobjekte zu erhalten. Mit virtueller oder erweiterter Realität wird zudem die Vor-Ort-Realisierung baulicher Planungsvorhaben unmittelbar draußen ermög-licht. Damit wird die Bürgermitwirkung in der Dorferneue-rung noch attraktiver und effektiver.

Neue Vermessungsgeräte und Feldrechnersysteme er-möglichen die vollständige digitale Datenerfassung und Dokumentation bei Katastervermessungen im Innen- und Außendienst im Rahmen von Verfahren nach dem

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Flurbereinigungsgesetz. Diese tragen damit zur Steigerung der Bearbeitungseffizienz bei.

Ernährungskommunikation 4.0Die Verbraucher sind heute einer Vielzahl medialer Einflüsse ausgesetzt; der Anteil der Internetmedien ist dabei stei-gend. Informationen zu Ernährung und Lebensmitteln wer-den durch die technischen Möglichkeiten in diesem Umfeld häufig personalisiert angeboten und finden einen schnellen und hohen Verbreitungsgrad. Eine Überprüfung und Siche-rung der Qualität, Seriosität und Unabhängigkeit von kom-merziellen Interessen finden jedoch nur begrenzt statt, so dass falsche und fehlerhafte Informationen zur Verunsiche-rung des Verbrauchers in Ernährungsfragen beitragen.

Vor diesem Hintergrund soll ein Verbraucherportal für di-gitale Ernährungskommunikation eingerichtet werden, mit dem personalisiertes bzw. zielgruppenspezifisches Ernäh-rungswissen online vermittelt und mit Angeboten vor Ort in der eigenen Umgebung verknüpft wird. Ziel ist es, den Verbrauchern Zugriff auf staatlich organisierte und quali-tätsgesicherte Informationen zu ermöglichen und damit zu einem gesundheitsförderlicheren Ernährungsverhalten in der Bevölkerung beizutragen.

Digitalisierung als Chance für den ländlichen Raum Digitalisierung wird einen gewaltigen Technologiesprung im ländlichen Raum ermöglichen und bewirken. Vorausset-zung für eine möglichst breite Nutzung digitaler Technolo-gien ist der rasche Ausbau von hochleistungsfähigen Breit-bandzugängen sowie von 5G-Technologie im Mobilfunk auch in den peripheren ländlichen Räumen.

Die Digitalisierungsstrategie des STMELF mit den Kern-elementen Forschung und Entwicklung einschließlich Wis-senstransfer in die Praxis, Bildungsoffensive, Förderanreize sowie Fortentwicklung von eGovernment in der Land- und Forstwirtschaft sowie Ländlichen Entwicklung und Ernäh-rung verfolgt das StMELF einen breiten Ansatz, der alle von der Digitalisierung Betroffenen mitnehmen und zu Beteilig-ten und Mitgestaltern machen will.

ANTON DIPPOLD DR. JOHANN GRÖBMAIERBAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND [email protected] [email protected]

Die Studierenden der Landwirtschafts-schule Straubing besuchten gemeinsam mit ihrem Schulleiter Josef Groß und der Semesterleiterin Dr. Anita Lehner-Hilmer das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Fors-ten. Sie informierten sich dort aus erster Hand über die Absatzförderung baye-rischer Produkte in der Region und auf dem Weltmarkt. Gerade die Vermark-tung und das Erschließen neuer Märkte werden für landwirtschaftliche Unter-nehmer immer wichtiger. Deshalb wird auch an den Landwirtschaftsschulen verstärkt Agrarmarketing unterrichtet.

Dem Bayerischen Landwirtschaftsminis-terium ist die Agentur für Lebensmittel – Produkte aus Bayern, kurz alp Bayern, als eigenständige Einheit zugeordnet. Auf-gabe der alp Bayern ist es, Gemeinschafts-marketing für bayerische Agrarprodukte zu machen und die „Marke Bayern“ im Bewusstsein der Verbraucher zu verankern.

Claudia Gräber, zuständig für Export-maßnahmen bei der alp Bayern, stellte

Was hat der FC Bayern mit bayerischen Agrarprodukten zu tun?

zu Beginn ihres Vortrages die Frage „Was hat der FC Bayern mit der Ver-marktung Bayerischer Agrarprodukte zu tun?“. Wie sich zeigte, mehr als zunächst gedacht. Bayern ist nicht nur beliebt als Urlaubsland, sondern hat mit dem FC Bayern auch einen renommierten Fußballverein. Beides trägt dazu bei, dass Bayern weltweit bekannt ist und positiv wahrgenommen wird. Bayeri-sche Agrarprodukte werden in viele Länder exportiert und mit der Herkunft

Bayern beworben. Das positive Image Bayerns hilft bei der Vermarktung.

Die angehenden Landwirtschaftsmeis-ter hinterfragten durchaus kritisch, ob sich die Maßnahmen des Bayerischen Agrarmarketings bei ihnen in der Geld-börse bemerkbar machen. Einig war man sich, dass es zunehmend schwie-riger ist, Marktanteile zu halten und dafür Agrarmarketing unerlässlich ist.

Dr. Anita Lehner-Hilmer, AELF Straubing

→ Bild: Die Studierenden des 3. Semesters der Landwirtschaftsschule Straubing mit ihren

Lehrkräften im Hof des Ministeriums in München (Foto: Gräber).

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Bulgarien an der Spitze des EU-Ratesvon NORBERT KRIEGER: Bulgarien übernimmt am 1. Januar 2018 für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft. Seit dem Vertrag von Lissabon 2009 arbeiten die den Vorsitz inne-habenden Mitgliedstaaten als Dreiervorsitz eng zusammen. Die aktuelle Gruppe bilden Est-land, Bulgarien und Österreich. Auf der Grundlage eines gemeinsamen Programms stellt jedes der drei Länder sein eigenes detaillierteres Sechsmonatsprogramm auf.

Bulgarisches Sprichwort Wenn der Wagen erst mal umgefallen ist, dann sieht man, was es noch für Wege gibt.

Land und LeuteBulgarien liegt in Südosteuropa am Schwarzen Meer und kann von Norden nach Süden in vier Landschaftszonen eingeteilt werden: die Nordbulgarische Platte südlich der Donau, das Balkangebirge (höchste Erhebung 2 376 Meter), das Mittelbulgarische Becken mit dem Fluss Mariza und die Thrakische Gebirgskette mit dem Rila- und Pirin-Gebirge im Süden (höchste Erhebung 2 925 Meter). In der Donauebene liegen die Städte Plewen, Razgrad, Russe und Schumen so-wie Varna am Schwarzen Meer. In der Mariza-Ebene befin-den sich die Städte Plowdiw und Stara Sagora sowie Burgas am Schwarzen Meer. Die Hauptstadt Sofia liegt im Westen des Landes am Oberlauf eines Donauzuflusses.

Mediterrane und kontinentale Klimazonen wechseln sich ab. Die Sommer sind trocken und heiß, die Winter sind kalt und mit reichlichem Schneefall. Die Durchschnittstem-peratur liegt im Norden bei 11,5 °C, im Süden bei 15 °C. Die Niederschlagsmenge schwankt zwischen 400 – 900 mm im Flachland und 800 – 1 200 mm im Gebirge. In den fruchtba-ren Donauniederungen befinden sich circa ¾ der konven-tionellen landwirtschaftlichen Nutzflächen. Die Bergregio-

nen bedingen eine extensive Landwirtschaft. Der Süden ist bekannt für den Tabak- und Wein-Anbau sowie für die Obst- und Gemüseproduktion.

Die Landesfläche beträgt rund 111 000 Quadratkilome-ter. Bei einer Bevölkerungsdichte von 66 Personen pro Qua-dratkilometer hat das Land ca. 7,15 Mio. Einwohner. Fast 75 Prozent der Bevölkerung lebt in städtischen Ballungszentren. Laut Zensus von 2011 setzt sich die Bevölkerung zusammen aus etwa 85 Prozent Bulgaren, neun Prozent Türken, fünf Pro-zent Roma (inoffiziell rund zehn Prozent) sowie zwei Prozent Russen, Ukrainern und Mazedoniern. Die Bevölkerungszahl ist mit 0,7 Prozent pro Jahr stark rückläufig. Die beiden wesent-lichen religiösen Bekenntnisse sind bulgarisch-orthodox (ca. 4,4 Mio. Menschen) und muslimisch (rund 750 000 Menschen).

GeschichteDie früheste historisch bezeugte Bevölkerung Bulgariens war der griechische Stamm der Thraker und deren Vorfah-ren. Ausgrabungsfunde weisen auf eine Besiedlung schon vor 7 000 Jahren hin. Sie wurden später von den Römern unterworfen und bildeten römische Provinzen. Seit Mitte des 6. Jahrhunderts wanderten vermehrt Völker, vor allem Bulgaren und Slawen, ein. Als Gründungsjahr Bulgariens gilt das Jahr 681, als Khan Asparuch die Slawen unterwarf und sich gegen Byzanz behauptete. In der Folgezeit stieg

Der ѕtellvertretende Wіrtѕсhaftѕmіnіѕter Bulgariens, Latѕсhesar Bаrіѕѕow, sieht dіe dіgіtale Wіrtѕсhaft ѕіeben Mal ѕсhneller waсhѕen als dіe Realwіrtѕсhaft, wodurch sich dіe Besсhäftіgung іn den Hіgh-Teсh-Bereісhen stark erhöht. Dіe Mіnіѕterіn für den bulgarіѕсhen EU-Vorѕіtz, Liljana Pawlowa, nennt daraufhin fünf Prіorіtäten der bulgarіѕсhen Ratѕрräѕіdentѕсhaft: • Bіllіgung eіner Ѕtrategіe für dіe Cуberѕісherheіt, um den dіgіtalen Bіnnenmarkt zum Laufen zu brіngen, • Entwісklung eіneѕ konkurrenzfähіgen und gut funktіonіerenden Bіnnenmarktes, • Aufbau eіner Wіrtѕсhaft, dіe auf dem freіen Datenauѕtauѕсh baѕіert, • Ѕсhutz der рerѕönlісhen Daten und dіe • Cуberѕісherheit.Diese Ziele kommen nicht von ungefähr. Sie spiegeln die vielen vor allem privaten Aktivitäten und Initiativen in der IT-Branche dieses seit 2007 in der EU befindlichen Staates wider.

Infobox: Prіorіtäten der bulgarіѕсhen Ratѕрräѕіdentѕсhaft

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Bulgarien zeitweilig zu einer der stärksten Mächte im euro-päischen Südosten auf. Das Christentum wurde 864 ange-nommen. Die „Slawenapostel“ Kyrill und Method schufen im 9. Jahrhundert das kyrillische Alphabet.

Eine entscheidende Zäsur bildet das Jahr 1396. Bulga-rien fiel für fast 500 Jahre unter osmanische Herrschaft und konnte sich erst mit russischer Hilfe 1878 wieder befreien. Der 3. März 1878 ist als „Tag der Befreiung vom türkischen Joch“ (Friede von San Stefano) tief im nationalen Bewusstsein ver-ankert und wird als Nationalfeiertag begangen. 1879 wurde eine liberale Verfassung mit einer konstitutionellen Monar-chie und relativ breiten Vollmachten für den Zaren eingeführt. Im Ersten Weltkrieg war Bulgarien Verbündeter Deutschlands. Zwischen den beiden Weltkriegen herrschte trotz relativ freier Wahlen und einem Parlament durch die zeitweilig autoritäre Führung des Zaren große politische Gewalt.

Auch im Zweiten Weltkrieg verbündete sich Bulgarien mit Deutschland. Das Land erklärte zwar nur den Westalli-ierten den Krieg; dennoch marschierte die sowjetische Rote Armee am 9. September 1944 in Bulgarien ein. Tausende To-desurteile ohne Gerichtsverfahren markierten den Anfang der kommunistischen Zeit. 1946 wurde die Monarchie abge-schafft. Die „Volksrepublik Bulgarien“ wurde bis 1989 von der Bulgarischen Kommunistischen Partei (BKP) regiert, die das Land fest im Ostblock verankerte und an die Sowjetunion band. Nach der politischen Wende im November 1989 fan-den erstmals 1990 wieder freie Wahlen statt.

Aktuelle politische StrukturenBulgarien ist nach der Verfassung von 1991 eine parlamen-tarische Republik (Republika Balgaria) und ein moderner Rechtsstaat mit Gewaltenteilung. Präsident Rumen Radev ist seit 22. Januar 2017 in direkter Wahl auf fünf Jahre gewähltes Staatsoberhaupt. Das bulgarische Parlament, die „Volksver-sammlung“ (Ein-Kammer-System), wurde in vorgezogenen Neuwahlen am 26. März 2017 neu gewählt. Das Parlament wird für vier Jahre gewählt und umfasst 240 Sitze. Minister-präsident ist seit 4. Mai 2017 Boyko Birisov. Die Pressefrei-heit ist gesetzlich garantiert. Allerdings gibt es eine starke wirtschaftliche Konzentration unter den privaten Medien.

WirtschaftDie Arbeitslosenquote schwankte in den letzten zehn Jah-ren stark – 2013 betrug sie 13 Prozent; Ende 2017 lag die Quote bei 5,8 Prozent. Die Hauptprobleme des Landes sind:

→ Ausländische Direktinvestitionen brechen ein,→ junge und gut ausgebildete Menschen wandern aus,→ anhaltende Korruption und → stark schwankendes Bruttoinlandsprodukt (BIP).

Bulgarien erhält in der neuen EU-Förderperiode 2014 bis 2020 aus dem Programm Europäischer Landwirtschaftsfonds für

die ländliche Entwicklung (ELER) gut 2,3 Mrd. Euro. Zu den Zielen des Programms gehört die Unterstützung rückstän-diger Sektoren wie Viehzucht, Gemüse- und Obstanbau. Im Fokus stehen auch die Realisierung einer höheren Wertschöp-fung, die Schaffung neuer Arbeitsplätze, die Unterstützung kleiner landwirtschaftlicher Unternehmen, die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, die effektive Lenkung und Nutzung der natürlichen Ressourcen, der Schutz der Ökosysteme, die sozio-ökonomische Entwicklung des ländlichen Raums, die Eindämmung der Auswanderung und Bekämpfung hoher Ar-beitslosigkeit sowie die Steigerung der Lebensqualität ländli-cher Gemeinden. Eine wichtige Maßnahme des Programms betrifft Investitionen in der Landtechnik.

Auch die bessere Bewässerung von Agrarflächen ist ein großes Thema: Die Länge des Bewässerungsnetzes beträgt über 40 000 km. Es gibt Bewässerungssysteme auf 777 000 ha, aber faktisch werden nur rund 100 000 ha (13 Prozent) bewässert. Die Infrastruktur wurde früher für die großen sozialistischen Landwirtschaftskooperativen gebaut und entspricht nicht der heutigen Struktur der kleinen Land-wirtschaftsbetriebe. Die stark veralteten Anlagen führen zu Mengen- und Qualitätsverlusten. Auch die Trinkwasser- und Abwasserbeseitigungsanlagen zur Ver- und Entsor-gung sind in einem maroden Zustand und sollen durch die Förderung verbessert werden.

LandwirtschaftBulgariens Landwirtschaft ist nach außen bekannt als eines der Hauptanbauländer für Orient-Tabak und Rosenöl. Der Tabakanbau hat in Bulgarien eine lange Geschichte. Ehe-mals war das Land der weltgrößte Tabakexporteur. Dieser Wirtschaftszweig bricht allerdings seit 2010 ein. Bei Rosenöl, einem der teuersten ätherischen Öle, ist Bulgarien weltgröß-ter Erzeuger und liefert 70 Prozent der Weltproduktion. Die Rosenkultivierung begann bereits im 17. Jahrhundert im windgeschützten Rosental. Aus drei Tonnen Blüten wird un-gefähr ein Liter Rosenöl destilliert. Pro Jahr produziert Bul-garien im Mittel 900 kg Rosenöl.

Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe hat von 2005 bis 2013 von 534 000 auf 254 000 abgenommen. 2013 entfielen 85 Prozent der landwirtschaftlichen Flä-che auf nur fünf Prozent der Betriebe (8 600 Betriebe), während zwei Drittel aller Betriebe über Flächen von weniger als zwei Hektar verfügen. 9 500 Betriebe waren ohne Land. Die durchschnittliche Betriebsfläche lag bei 15 Hektar.

Das Bulgarische Agrarministerium hat im Jahr 2013 fol-gende Daten veröffentlicht: Die ohne die Sonderkulturen (z. B. Wein, Rosen, Tabak) genutzte landwirtschaftliche Flä-che betrug 3 708 330 Hektar. Davon waren:

→ Getreide 1 979 990→ Technische Kulturen 1 055 180

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AGRARPOLITIK

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OLI

TIK

→ Weideflächen 391 140→ Obstbäume 96 550→ Futterpflanzen 95 920→ Gemüse, Erdbeeren, Blumen 22 670→ Kartoffeln 12 410→ Hülsenfrüchte 6 360→ Familiengärten 5 220→ Andere 520→ Brache 42 370

Der Tierbestand setzte sich damals folgendermaßen zusam-men:

→ Rinder gesamt 574 300→ davon Milchkühe 307 100→ davon andere Kühe (Fleisch) 39 700

→ Schafe gesamt 1 350 500→ davon Mutterschafe – für Milch 1 047 900→ davon Mutterschafe – für Fleisch 88 600

→ Schweine gesamt 573 300→ davon Zuchtsauen 22 670→ davon über 50 kg 55 400

→ Geflügel gesamt 14 245 400

Nicht-landwirtschaftliche Tätigkeiten spielen eine sehr wich-tige Rolle für bulgarische Landwirtschaftsbetriebe. Viele Bauern nehmen z. B. zusätzliche Aufgaben wahr: ca. 10 000

Betriebe im Vertragsnaturschutz, bei Landschaftspflegear-beiten oder bei Transportaufträgen, ca. 14 000 Betriebe bei der Lebensmittel- und Holzverarbeitung oder bei der tradi-tionellen Erzeugung und Direktvermarktung wie Wein, Ge-müse und Obst sowie ca. 5 500 Betriebe bei vielen anderen Aktivitäten wie der Erzeugung erneuerbarer Energien, bei Aquakulturen, dem Agrartourismus oder bei verschiedenen handwerklichen Arbeiten.

Literaturhttp://www.government.bg/https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laen-

der/bulgarien-nodehttps://de.statista.com/themen/1718/bulgarien/https://de.wikipedia.org/wiki/Bulgarienhttp://www.nsi.bg/enhttp://www.kas.de/bulgarien/de/pages/2604/https://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/welcome.htmlhttp://www.alfa-agrar.de/wp-content/uploads/2015/08/

Broschuere_Traikova_A4_2015.pdf

NORBERT KRIEGER STAATLICHE FÜHRUNGSAKADEMIE FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND [email protected]

→ Tabelle: Land- und forstwirtschaftliche Strukturdaten im Vergleich (Quelle: Food and Agriculture Organization of the United Nations

[faostat.fao.org]; UNCTAD; Weltbank)

2000 2014

Landwirtschaftlich genutzte Fläche in Prozent der Landesfläche 50,5 45,8

Ackerland und Dauerkulturen in Prozent der Landesfläche 33,3

Biologische Anbaufläche in Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche nahezu 0 1,5

Waldfläche in Prozent der Landesfläche 30,5 35,1

Erwerbstätige in der Landwirtschaft in 1 000 227 92

Anteil der Landwirtschaft an der Bruttowertschöpfung in Prozent 12,6 5,3

Index der Nahrungsmittelproduktion (2004 bis 2006 = 100) 110,5 121,4

Index der landwirtschaftlichen Exporte (2004 bis 2006 = 100) 82,0 123,0

Deutschland gehört zu den wichtigsten Agrarhandelspartnern Bulgariens. Im Jahr 2015 betrug die Ausfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse nach Deutschland 209,6 Millionen Euro; die Importe betrugen 294,3 Millionen Euro. Die bulgarische Politik sieht Deutschland als strategischen Partner für ihre Lebensmittelindustrie. Bulgarien nimmt seit 1988 an der Grünen Woche teil und wird Partnerland der Messe vom 19. bis 28. Januar 2018. Diese Rolle soll als Marketingplattform genutzt werden, um die Nah-rungs- und Genussmittel aus allen Landesteilen zu präsentieren. Vorgestellt werden insbesondere Rosen- und Lavendelöl – dort ist Bulgarien Weltmarktführer – sowie Obst, Gemüse und Fleischerzeugnisse.

Infobox: Grüne Woche 2018

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Wertschöpfungspartnerschaften regionalEin Gewinn für den ländlichen Tourismus

von ELISABETH LOOCK: Gerade im ländlichen Tourismus sind echte Urlaubserlebnisse auf Bauernhöfen, lokale Spezialitäten und die Nähe zu den Menschen vor Ort wichtige Erfolgs-faktoren. Denn sie tragen zur regionalen Profilbildung bei. Tragfähige, sektorübergreifende Partnerschaften bieten hier die Chance, das vorhandene Potenzial der landwirtschaftlichen Betriebe und der Region besser zu nutzen. Die Arbeitsgruppe „Regionale Wertschöpfungs-partnerschaften im Bereich Landwirtschaft und Tourismus“ im Forum Diversifizierung hat das Thema aufgegriffen und umfangreiches Material erarbeitet.

Viele landwirtschaftliche Betriebe und insbesondere die „Ur-laub auf dem Bauernhof“-Betriebe setzen auf die Zusammen-arbeit mit anderen Tourismusanbietern und Kooperations-partnern, wie regionale Handwerker und Dienstleister, und verwenden regionaltypische Materialien und Produkte, um sich erfolgreich am Markt zu positionieren. Die Kooperation mit anderen touristischen Unternehmen, mit der Gastronomie und dem Handwerk einerseits sowie mit touristisch relevan-ten Verbänden, Politik und Verwaltung andererseits erhöht die Wertschöpfung und trägt damit zur Sicherung der Existenz der Betriebe bei. Dabei steht nicht nur im Vordergrund, den eige-nen Nutzen zu maximieren, sondern einen nachhaltigen Nut-zen für möglichst viele zu generieren, so dass in der ländlichen Region Wertschöpfung und Arbeitsplätze gehalten bzw. neu geschaffen werden. Es handelt sich um eine Win-win-Situation – auch für die Kunden bzw. Gäste, da auf sie zugeschnittene Übernachtungs- und Erlebnisangebote und eine attraktive touristische Infrastruktur geschaffen werden.

Kennzeichnend für Regionale Wertschöpfungspartner-schaften (RegWP) sind:

→ Die enge partnerschaftliche Zusammenarbeit inner-halb und zwischen wirtschaftlichen und nicht-wirt-schaftlichen Akteuren in der Region,

→ die konsequente Orientierung der Produkte und Leistungen am Kundennutzen sowie den regiona-len Kernkompetenzen und

→ das professionelle und systematische Management der Partnerschaft.

Die ökonomische Grundlage einer RegWP bilden funktionie-rende regionale Liefer- und Wertschöpfungsketten. Gleich-zeitig geht eine RegWP aber darüber hinaus: Durch die Ko-operation zwischen Unternehmern und Akteuren aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft handelt es sich um eine öffentlich-private Partnerschaft, die sich in entsprechen-

der Ausgestaltung bis zum Cluster entwickeln kann (SCHU-BERT/BÜHLER, 2008).

Informationen gebündeltIm Rahmen des Projektes Forum Diversifizierung unter Leitung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) stellte die Arbeitsgruppe „Regionale Wertschöpfungs-partnerschaften im Bereich Landwirtschaft und Tourismus“ zahlreiche Informationen zu dem Thema zusammen. Die interdisziplinär zusammengesetzte Gruppe mit Vertretern aus Wissenschaft, touristischen Organisationen, dem Be-rufsstand und Mitgliedern der Landwirtschaftsverwaltung hatte sich zum Ziel gesetzt, Kooperationen regionaler Ak-teure zu unterstützen, und nahm dazu die Zusammenarbeit zwischen den Branchen Landwirtschaft und Tourismus ge-nauer unter die Lupe. Damit sollte das Bewusstsein für die Bedeutung von Wertschöpfungspartnerschaften gefördert, der Mehrwert für alle Akteure, Kunden und den ländlichen Raum aufgezeigt und Beratungskompetenz für die Erfas-sung und Verbesserung der Wertschöpfung im landwirt-schaftlichen Betrieb vermittelt werden. Das Thema traf auf reges Interesse bei den Mitgliedern der Arbeitsgruppe (AG).

Wolfgang Wagner, BAYERN TOURISMUS Marketing GmbH, Mitglied der AG:

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→ Abbildung 1: Projekt Radwanderhütten in Unterfranken als Beispiel für

eine RegWP

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„Globalisierung und digitale Vernetzung gewinnen zunehmend an Relevanz, erzeugen aber auch eine gesellschaftliche Gegenreaktion, die sich in einer neuen Landlust äußert. Echte Urlaubserlebnisse, lokale Spezia-litäten und Nähe zu den Menschen vor Ort werden in der Folge für den Gast immer wichtiger. Das Befriedigen die-ser Bedürfnisse funktioniert aber nur im Zusammenspiel vieler Akteure – aus-gehend von den Touristikern bis hin zu den Landwirten, die nicht nur als Gast-geber fungieren, sondern vor allem mit ihren Produkten und Dienstleistungen gemeinsam mit den Tourismusakteuren wertvolle Angebote für die bayerischen Gäste entwickeln können.“

Ergebnisse der ArbeitsgruppeJe nach Thematik wurden die Inhalte entweder in der AG gemeinsam bzw. von einzelnen Teilnehmern der AG erar-beitet oder im Rahmen angegliederter Projekte erstellt. Alle Beiträge wurden der AG präsentiert, diskutiert und bei Be-darf angepasst.

→ Überblick über RegWP in Bayern Auf der Internetseite des Forums Diversifizierung sind über 50 Regionale Wertschöpfungspartner-schaften aus Bayern auf einer Karte dargestellt. Ausschlaggebend für die Auswahl war, dass land-wirtschaftliche Betriebe mit Angeboten im touris-tischen Bereich beteiligt sind und Wertschöpfung generiert wird. Zum touristischen Bereich zählen: Übernachtungsangebote, Bewirtung, Qualitätspro-dukte und Erlebnisangebote auf und um den Hof für Gäste im Tages- und Übernachtungstourismus. Die touristische Vermarktung erfolgt in der Regel über die regionalen Tourismusverbände. Die Auf-listung enthält Informationen über Zielsetzung der Projekte, Adresse und Ansprechpartner.

→ Empfehlungen für Netzwerkpartnerschaften in Landwirtschaft und Tourismus anhand der Ana-lyse ausgewählter Projekte in Bayern Was aber macht Projekte erfolgreich, so dass die Akteure über Jahre hinweg zusammenarbeiten und Wertschöpfung für die landwirtschaftlichen Betriebe und die Region generieren? Dies sollte in einem separaten Projekt betrachtet werden. Von der AG wurden acht erfolgreiche Beispiele aus der Praxis – verteilt über ganz Bayern – ausgewählt, beschrieben und die Verantwortlichen in den Pro-jekten befragt. Soweit möglich wurde die entstan-dene Wertschöpfung für den landwirtschaftlichen

Betrieb und die Region erfasst und nicht genutzte Potenziale wurden genannt. Die Beschreibung der Initiativen umfasst folgende Punkte:→ Adresse, Ansprechpartner, Organisationsform→ Gründungsimpuls, -geschichte→ Alleinstellungsmerkmale und Qualitätssiche-

rung→ Zusammenarbeit mit dem Tourismus, Netzwerk-

arbeit und Marketing→ Umsatz, Investitionsbedarf, Förderung→ Was erreicht wurde→ Was kann man aus diesem Projekt lernen?→ Ideen der Weiterentwicklung, Ausblick

Als Ergebnis sind wertvolle Handlungsempfehlungen für die verschiedenen Phasen einer RegWP (Planungsphase, Start-phase, Stabilisierungsphase) entstanden. Der Schwerpunkt der Ausführungen liegt bei der Planungsphase eines Pro-jekts. Hier werden Tipps zu Leitbild/Vision, Strategie/Ziel-setzung, Aufgaben und Zuständigkeiten, Fertigkeiten und Fortbildung, betriebswirtschaftlicher Planung, Richtlinien und Qualitätssicherung, Planung von Marketing und Öffent-lichkeitsarbeit, Vereinbarungen und Verträge gegeben.

Ergänzt wird der Text mit Zitaten der Befragten, was ei-nen hohen Praxisbezug und besondere Anschaulichkeit des Handlungsleitfadens herstellt. Der Leitfaden ist als LfL-Infor-mation erschienen und ist unter http://www.lfl.bayern.de/publikationen/informationen/153211/index.php herunter-zuladen bzw. am Institut für Betriebswirtschaft und Agrar-struktur zu bestellen.

Agrotourismus Frankenwald – Darstellung der qualitativen und quantitativen EffekteAgrotourismus zeichnet sich durch vielfältige Aktivitäten auf den Betrieben aus und lässt Gäste und Besucher am länd-lich-bäuerlichen Leben teilhaben. Er umfasst die Gesamtheit an touristisch relevanten Angeboten von landwirtschaftlichen

→ Bild: Initiative PassauerLandLeben (Foto: PassauerLandLeben).

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oder landwirtschaftsnahen Betrieben und ver-netzt diese mit weiteren Akteuren und Initiati-ven der Regionalentwicklung innerhalb eines Urlaubsgebietes.

2013 wurde in der Urlaubsregion Frankenwald modellhaft eine Projektstelle Agrotourismus ein-gerichtet. Mit einer verbesserten Wertschöpfung der beteiligten landwirtschaftlichen Betriebe in der Urlaubsregion Frankenwald sollte Struktur-problemen in der Region begegnet werden. Auf-gabe war eine Situations- und Bestandsanalyse des Bauernhofurlaubs in der Urlaubsregion Franken-wald durchzuführen, ein Netzwerk Agrotourismus aufzubauen, landwirtschaftliche Gästeanbieter zu qualifizieren und zu professionalisieren sowie vermarktungsfähige agrotouristische Angebote zu entwickeln. Projektleiter Klaus Schaumberg brachte Erfahrungen aus dem Agrotourismus Frankenwald in die Arbeitsgruppe ein. Gleichzeitig wurden Projektfortschritte diskutiert und Empfehlungen für die Umsetzung gegeben.

Sowohl die Politik als auch die Gesellschaft ist daran in-teressiert, dass eine Maßnahme die mit ihr verfolgten wirt-schaftlichen Ziele erreicht. Aus diesem Grund wurden in der empirischen Ökonomie in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Methoden entwickelt, die es erlauben, kausale Effekte politischer Maßnahmen zu identifizieren. Eine dieser Methoden ist der „Unterschied in der Differenz“-Ansatz. In einer von der Arbeitsgruppe angeregten Masterarbeit wurde ein Konzept zur Analyse der wirtschaftlichen Effekte des Pro-jektes „Agrotourismus Frankenwald“ erarbeitet. Dabei lag das Augenmerk einerseits auf den im Projekt involvierten land-wirtschaftlichen Betrieben und andererseits sollten auch die Auswirkungen auf die Region berücksichtigt werden.

Vorschläge für den PraxistransferVorschläge für den Transfer der Ergebnisse der Arbeitsgruppe RegWP in die landwirtschaftlich-hauswirtschaftliche Bildung und Beratung konnten erarbeitet werden. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe, insbesondere die Handlungsempfehlungen für Netzwerkpartnerschaften, helfen bei Aufbau und Zusam-menarbeit in RegWP. Um die Umsetzung in die Praxis zu un-terstützen hat die Arbeitsgruppe Vorschläge für den Transfer der Inhalte in die landwirtschaftlich- hauswirtschaftliche Bil-dung und Beratung aufgelistet. Ziel ist

→ die Beratungs- und Lehrkräfte, Multiplikatoren und Akteure der landwirtschaftlich-hauswirtschaftlichen Bildung und Beratung über die Inhalte und Ergeb-nisse des Projekts zu informieren,

→ für die Bedeutung erfolgreicher Wertschöpfungs-partnerschaften im Bereich Landwirtschaft und Tourismus (und auch in allen anderen Feldern der Einkommenskombination) zu sensibilisieren,

→ die Ergebnisse bei zukünftigen Bildungs- und Bera-tungsaktivitäten im Themenfeld Diversifizierung/Ein-kommenskombination zu beachten und umzusetzen.

Die Beiträge der Arbeitsgruppe RegWP sind in einer LfL-In-formation zusammengefasst unter http://www.lfl.bayern.de/mam/cms07/iba/dateien/anlage6_internet_beiträge_ag_regwp_forum_diversifizierung.pdf herunterzuladen. Weitere Informationen zu Regionalen Wertschöpfungs-partnerschaften finden sich im Internet auf der Plattform des Forums Diversifizierung http://www.lfl.bayern.de/iba/diversifizierung/132803/index.php

LiteraturHECHT, A. (2016): Quantitative Effekte des Projektes Agro-

tourismus Frankenwald auf einzelbetrieblicher und regionaler Ebene – Erarbeitung eines Konzeptes zur Expost-Analyse. Masterarbeit an der TU München – Lehrstuhl für Produktions- und Ressourcenökonomie landwirtschaftlicher Betriebe.

KAPFER, M. (2013): Landwirtschaft und Tourismus. Erfolgs-faktoren für eine touristische Diversifizierung von Betrieben in Bayern.

MATJE, A. (1996): Unternehmensleitbilder als Führungsins-trument – Komponenten einer erfolgreichen Unter-nehmensidentität. Gabler, Wiesbaden.

SCHUBERT, D.; BÜHLER, J. (2008): Leitfaden „Regionale Wert-schöpfungspartnerschaften“. Regionen Aktiv.

ELISABETH LOOCKBAYERISCHE LANDESANSTALT FÜR LAND WIRTSCHAFTINSTITUT FÜR BETRIEBSWIRTSCHAFT UND [email protected]

→ Abbildung 2: Prinzip des Difference-in-Differences-Ansatz (HECHT nach KUGLER ET. AL.)

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Landwirte und Gastwirte – Gemeinsam sind sie Lebenswirte!

von VERONIKA SIEFER und PROF. DR. RICHARD BALLING: Ein gutes Essen in angenehmer Gesellschaft – das ist bayerische Wirtshauskultur. Ausgesuchte Produkte und Zutaten aus der umliegenden Landwirtschaft werden dabei von vielen Essensgästen traditionell erwartet. Um diese enge Verknüpfung nach außen hin sichtbar zu machen, können Wirtshäuser an der Klassifizierung „Ausgezeichnete Bayerische Küche“ teilnehmen. Etwa 120 Wirtshäuser nut-zen diese bereits – darunter auch der Brauereigasthof der Familie Inselkammer in Aying, den Staatsminister Brunner 2017 besuchte.

Die Klassifizierung „Ausgezeichnete Bayerische Küche“ verleiht das Staatsministerium seit 2013 in Kooperation mit dem Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband (DE-HOGA Bayern e. V.) an Gastronomiebetriebe, die Wert auf kulinarische Traditionen und die Verwendung regionaler und saisonaler Produkte legen (siehe Infobox 1). Angela In-selkammer ist bei dem Wettbewerb in einer „Triple-Rolle“ vertreten: als Wirtin im Brauereigasthof, als Präsidentin des DEHOGA Bayern und als Sprecherin des Clusters Er-nährung. Sie weiß, worauf es ankommt und das nicht nur in der Gastronomie. Die Qualität der Produkte ist ihr und ihrem Team besonders wichtig, denn „aus nix kannst Du nix machen, so einfach ist das“. Ein enges Zusammenspiel von Gastronomie und Landwirtschaft ist unerlässlich für die Erhöhung der Wertschöpfung vor Ort, für einen akti-ven ländlichen Raum und auch für die Transparenz und Glaubwürdigkeit beim Gast bzw. Verbraucher. Dafür will sie kämpfen.

Das Dilemma der DörferÜber viele Jahrhunderte gab es im Dorf eine feste Rollen-verteilung: Landwirte produzierten die Lebensmittel, und Bäcker, Metzger, Lebensmittelläden und Gaststätten ver-arbeiteten sie weiter; es gab Handwerk, verarbeitendes Gewerbe und Kleinbetriebe. Doch Internationalisierung und Globalisierung führten in vielen Dörfern zum glei-chen Problem: Die gewachsene, ursprüngliche Infrastruk-tur wurde immer mehr durch neue Verarbeitungsformen und Warenströme verdrängt und ausgedünnt. Das Dorf mit seiner „festen Rollenverteilung“ – seinem Verbund – leidet unter diesen Schließungen. „Das darf so nicht bleiben oder sogar noch weitergehen. Hier müssen wir gemeinsam anpacken“, fordert Inselkammer. Ziel müsse es also sein, diesen oft vernachlässigten Verbund wieder zu entdecken oder da, wo es ihn noch gibt, wieder aus-zubauen. Die Herausforderungen sind groß, es gibt aber auch viele Chancen.

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→ Bild 1: Staatsminister Helmut Brunner (vorne 6. von links) und DEHOGA-Präsidentin Angelika Inselkammer (10. von links) verleihen die Urkunden

zur „Ausgezeichneten bayerischen Küche“ im Oktober 2017 an 35 Gastwirte aus ganz Bayern (Foto: StMELF).

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Je globaler unsere Welt wird, je virtueller die „Realität“, umso stärker wird das Bedürfnis der Menschen nach Bodenhaftung.

Sich mit Regionalität profilierenGerade die Speisegastronomie auf dem Land konnte sich bisher im Vergleich zu den Schankwirtschaften noch am ehesten im Wettbewerb behaupten. Hier bietet Regionalität auf der Speisekarte eine gute Möglichkeit, sich zu profilie-ren und attraktiv zu sein. Nicht umsonst nehmen viele Gäste abends und am Wochenende etliche Kilometer in Kauf, um dort einzukehren, „wo man gut kocht und es einfach immer schmeckt“, oder bis dorthin zu fahren, „wo man schon von vielen gehört hat, dass man gut essen kann“. Dazu kommt auch der Trend eines weiterhin kontinuierlich steigenden Außer-Haus-Verzehrs.

Regionale Herkunft spielt bei den Inselkammers schon lange eine wichtige Rolle: In der familieneigenen Brauerei wird seit jeher besonders darauf geachtet, dass die Rohstoffe zur Bierherstellung – Gerste, Weizen und auch der Hopfen – aus Bayern kommen und in Bayern verarbeitet werden bis sie schließlich in Aying veredelt werden. Ob es die legen-däre „Bierpipeline“ von der Brauerei zum Gasthof wirklich gibt, bleibt für die Besucher ein Rätsel. Hier hüllen sich die Inselkammers in Schweigen. Fakt ist, dass die Bierquelle im Gasthof noch niemals versiegte.

Regionalität wird in der Ayinger Gastronomie gezielt als Wettbewerbsvorteil genutzt. Wirtin Inselkammer kennt ihre Gäste: „Der Gast von heute ist kritischer. Er will wis-sen, woher die Lebensmittel kommen. Und diese Entwick-lung wird sich noch weiter verstärken.“ Doch das mache ihr keine Sorgen, denn „für uns als Wirte gibt es nichts Schöne-res als ein Produkt, dessen Geschichte ich kenne und dem Gast erzählen kann“. Deswegen will Angela Inselkammer

Was bringt die „Ausgezeichnete Bayerische Küche“?• Sie rückt all die kulinarischen Besonderheiten Bayerns in den Mittelpunkt. • Sie betont die Gastronomie als „Schaufenster der Region“. • Sie stellt den Charakter der bayerischen Genusskultur heraus, die von ganz speziellen, regionaltypischen Zutaten,

besonderen Zubereitungsarten und einzigartigen Gerichten geprägt ist. • Sie hilft als verlässlicher Qualitätskompass, dass der Gast ganz einfach garantiert echte und garantiert ausgezeichnete

bayerische Wirtshäuser findet.

Was bringt sie der Landwirtschaft?• Für die Landwirtschaft ist die Gastronomie ein wichtiger Markt vor der eigenen Haustür mit Profilierungs- und Absatz-

potenzial für bayerische Agrarprodukte.• Über die Gastronomie sind viele Verbraucher zu erreichen. Das stärkt die Wertschätzung für heimische Produkte.• Die Ausgezeichnete Bayerische Küche ermöglicht eine noch engere Zusammenarbeit zwischen Land- und Gastwirten.• Nicht nur die Betriebe profitieren, sondern die ganze Region.

Wer steht dahinter?Die „Ausgezeichnete Bayerische Küche“ ist eine gemeinsame Initiative des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA Bayern e. V.). Die Initiative baut auf dem erprobten „Wettbewerb Bayerische Küche“ auf, der zuletzt 2010 zum 14. Mal durchgeführt wurde und nur alle drei Jahre stattfindet. Die „Ausgezeichnete Bayerische Küche“ dagegen ist eine fortlaufende dreistufige Klassifizierung und noch stärker auf Regionalität ausgerichtet.

Wer und wann wird ausgezeichnet?Für die Klassifizierung können sich interessierte Gastwirte laufend bewerben. Die Gasthäuser werden von einer neutralen Kommission auf Herz und Nieren geprüft und nach strengen Kriterien bewertet.

Detaillierte Informationen unter www.bayerischekueche.de.

Infobox 1: Regional.Saisonal.Original

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auch nicht rasten: Auf den Teller der Gäste sollen auch Ge-müse und Fleisch aus der eigenen Erzeugung ihren Weg finden. Ein Projekt mit den Auszubildenden des Gasthofes zeigt vor Ort erfolgreich, dass das Lernen vom Gemüse-

samen bis zum Kochtopf mitsamt aller verbundenen Mü-hen die Wertschätzung des Produkts extrem steigert. So bauten die Auszubildenden in diesem Jahr erstmals selber Zucchini, Paprika und Tomaten und anderes Gemüse in Ge-wächshäusern an, um es später in der Wirtsküche selber direkt zu verarbeiten.

Ähnlich ambitioniert zeigt sich die Familie zum Thema Fleischerzeugung. Jüngst gestecktes Ziel ist es, auf den ei-genen landwirtschaftlichen Flächen über die extensive Wei-dehaltung von Rindern selbst erzeugtes Rindfleisch in die Wirtsküche zu bringen. Dabei sollen auch Schlachtung und Zerlegung möglichst lokal stattfinden. Diesen Trend zur Ver-marktung regional erzeugter Produkte in der Gastronomie unterstützt auch die Internetplattform „Wirt sucht Bauer“ (siehe Infobox 2).

Wirtin und DEHOGA Präsidentin Inselkammer und Staatsminister Brunner sind sich einig: „Wir wollen gemein-sam mit Herzblut vorangehen und das Bewusstsein für re-gionale Lebensmittel bei den Gastronomen vertiefen. Das liegt im Trend bei den Gästen, hilft den bäuerlichen Be-trieben und kann auch eine große Chance für die Gastro-nomen sein“. Ein Werkzeug dafür ist die „Ausgezeichnete Bayerische Küche“.

VERONIKA SIEFER PROF. DR. RICHARD BALLINGBAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND [email protected]@stmelf.bayern.de

Viele Gastwirte möchten mehr Produkte aus ihrer Region anbieten und suchen Lieferanten. Umgekehrt möchten viele Land-wirte noch mehr Produkte an die Gastronomie vermarkten. Häufig fehlt jedoch das entsprechende Netzwerk. Der Cluster Er-nährung betreut im Auftrag des StMELF eine Plattform, die den Aufbau von Kontakten zwischen Gastwirten und Erzeugern vor Ort erleichtert und zur Netzwerkbildung beiträgt. Wirte und Erzeuger können sich online präsentieren und finden so leichter einen geeigneten Geschäftspartner.Mittlerweile sind auf der Plattform 594 Erzeuger, 183 Gastronomen und 178 regionale Verarbeiter mit ihren Profilen vertreten.

Detaillierte Informationen unter www.wirt-sucht-bauer.de

Infobox 2: Wirt sucht Bauer oder Bauer sucht Wirt?!

→ Bild 2: Franz Inselkammer Senior, Staatsminister Helmut Brunner,

Angela Inselkammer, Franz Inselkammer Junior (von links) beim

Betriebsbesuch 2017 (Foto: Nicolas Armer, StMELF).

→ Bild 3: Einen Blick in die Gaststuben werfen! Hilfreich für das Suchen &

Finden der Gaststätten ist das Buch „100 ausgezeichente Gasthäuser in

Bayern“ sowie die Internetseite www.bayerischekueche.de

(Foto: Moritz Hoffmann).

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Als zusätzliche Einkommensquelle trägt der Tourismus zum Erhalt land-wirtschaftlicher Betriebe im Haupt- und Nebenerwerb bei und damit zur Sicherung gewachsener Landwirt-schafts- und Siedlungsstrukturen. Zur besseren Einschätzung der Ist-Situ-ation und des Marktpotenzials des Agrotourismus in Deutschland gab das Bundesministerium für Ernäh-rung und Landwirtschaft (BMEL) eine Studie in Auftrag. Die Durch-führung übernahm die AFC Public Services GmbH in Zusammenarbeit mit der dwif-Consulting GmbH, Mün-chen. Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft war im Rahmen des Experten-Beirats beteiligt.

Bayern liegt als Urlaubsland an der SpitzeSchwerpunkt der Studie sind die Ana-lyse der Strukturen von Angebot und Nachfrage in agrotouristischen Betrie-ben in Deutschland, die wirtschaftliche Bedeutung des Agrotourismus sowie die Agrotourismus-Förderung. Der Begriff Agrotourismus wird in der Studie relativ eng definiert, der landwirtschaftlich aktive Betrieb sowie das Angebot an Übernach-

BMEL-Studie: Urlaub auf dem Bauernhof – Ist-Situation und Marktpotenzial im Agrotourismus

tung/Beherbergung stehen dabei im Mit-telpunkt (und nicht der Tagestourismus).

In Deutschland wurden rund 10 000 Betriebe mit rund 138 000 Betten in Be-herbergungsangeboten mit signifikan-tem Bezug zur Landwirtschaft identifi-ziert. Dazu kommen noch rund 17 000 Schlafgelegenheiten im Campingbe-reich und 3 000 in Heuherbergen.

An der Spitze liegt das klassische Ag-rar- und Urlaubsland Bayern, gefolgt von den Bundesländern Baden-Würt-temberg, Schleswig-Holstein und Nie-dersachsen. Die Hochrechnung er-gab 16,1 Mio. Übernachtungen und einen Gesamtumsatz von 885,5 Mio. Euro pro Jahr im Agrotourismus.

Weniger NeueinsteigerDas Potenzial der Agrotourismus- Neueinsteiger ist in den zurückliegen-den Jahren tendenziell rückläufig. Die Gründe hierfür sind mehrdimensional; beispielsweise wirken der allgemeine Strukturwandel in der Landwirtschaft und die vielfach ungeregelte Hofnach-folge hemmend auf die Entwicklung. Wachstum ist daher eher im Bestand und nur bei einem Teil der bestehen-den Betriebe zu erwarten, von einem weiteren Fortschreiten der Marktberei-nigung ist auszugehen. Erwartet wird, dass eine qualitätsvolle und enga-

gierte Anbietergruppe bestehen bleibt, die sich bewusst für ein touristisches Standbein entschieden hat und trotz Rückgang quantitativ bedeutsam ist.

Für die Erhaltung der Attraktivität des ländlichen Raumes als Erholungs-, Freizeit- und Urlaubsregion wird der Agrotouris-mus auch in Zukunft von entscheidender Bedeutung sein. Im Bereich Förderung wird u. a. die einzelbetriebliche Förderung auf der Grundlage der „Gemeinschafts-aufgabe zur Verbesserung der Agrar-struktur und des Küstenschutzes“ (GAK) ins Visier genommen, die in ihrer bishe-rigen Ausgestaltung quantitativ – trotz ausreichender Mittelausstattung – an eine natürliche Grenze gestoßen ist.

Um auch in Zukunft eine solide Daten-grundlage zur Erfassung des Angebots zu schaffen empfehlen die Autoren ein kontinuierliches Monitoring des Bereichs.

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Hrsg.), Urlaub auf dem Bauernhof – Ist-Situ-ation und Marktpotenzial im Agro-tourismus, Bonn/München, 2017Download: http://www.bmel.de/Sha-redDocs/Downloads/Landwirtschaft/LaendlicheRaeume/StudieAgrotouris-mus.pdf?__blob=publicationFile

Elisabeth Loock, LfL

Erkenntnis

So mancher, der im Urlaub war, dem wird das eine nachher klar:

Schön ist es anderswo zu sein

doch fährt er gerne … wieder heim.

Oskar Stock (*1946)

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Landwirtschaftsnahe Dienstleistungen Ein naheliegendes, interessantes Einkommensstandbein

von ANTONIE HUBER: Vom kleinen Nebeneinkommen unter dem ausschließlichen Einsatz der eigenen Arbeitskraft und der landwirtschaftlichen Maschinen des Betriebs bis hin zu ei-nem Komplett-Dienstleister mit großem Spezial-Maschinenpark und dem Einsatz von Mitar-beiterinnen/Mitarbeitern ist vieles möglich. Vorteilhaft ist, dass ein langsamer Einstieg ohne große Investitionen – zumindest in der Einstiegsphase – gut möglich ist. Entsprechend den eigenen Neigungen und der betrieblichen und familiären Situation können die Dienstleis-tungsart(en), der (Sub-)Unternehmer- bzw. Beschäftigtenstatus und die Zielgruppe ausge-wählt werden.

Expertenrunde erarbeitet KompetenzpapierIm Rahmen des Projekts Forum Diversifizierung (2014 bis 2016, siehe „SuB“ Heft 4/2017) hat eine interdisziplinär zu-sammengesetzte Arbeitsgruppe ein Kompetenzpapier für (potenzielle) Anbieterinnen/Anbieter landwirtschaftsnaher Dienstleistungen für Nicht-Landwirtinnen/Nicht-Landwir-ten erarbeitet.

Es kann als Orientierungs- und Entscheidungshilfe die-nen beim Einstieg und den ersten Schritten zum Betreiben eines neuen Einkommensstandbeines. Die Arbeitsgruppe hat geeignete Angebotsformen ausgewählt, die Einstiegs-

voraussetzungen beschrieben und die rechtlichen Rahmen-bedingungen (z. B. Unternehmerstatus, Vertragsgestaltung, Vergaberecht, Arbeitsschutz und Haftung) aufgezeigt. Dar-über hinaus runden notwendiges Know-how für Einsteige-rinnen/Einsteiger, wie die SWOT-Analyse als Methode zur Entscheidungsfindung, ein Beispiel zur Angebotskalkula-tion, die Nutzenargumentation bei Verkaufsverhandlungen und die Merkmale eines kundenorientierten Verhaltens als Dienstleisterin/Dienstleister, die Thematik ab.

Im vorliegenden Beitrag werden die Inhalte nur auszugs-weise behandelt. Das Kompetenzpapier steht im Internet

DIVERSIFIzIERUNG

Dienstleistungsarten Beschreibung der Dienstleistungsarten

Winterdienst Schneeräumen, streuen von Salz bzw. Sand gegen Glatteis

Kehrdienst regelmäßige Kehrarbeiten auf Straßen und großflächigen Plätzen, im Herbst auch Laubkehrarbeiten

Bäume fällen akute Fällarbeiten von einzelnen Bäumen (z. B. bei Sturmschäden)

Baumkontrolle und Baumpflege Verkehrssicherungspflicht durch zertifizierte Kontrolleure mit Pflege

Waldarbeit Bewirtschaftung (kommunaler) Waldflächen mit erforderlichen Zertifikaten

Vegetations- bzw. Grünpflege Pflege bestehender Vegetation (z. B. Rasen mähen, Heckenpflege, Unkraut jäten, Gehölzschnitt, mulchen)

Landschaftspflege Pflege exponierter/geschützter Flächen (z. B. Magerrasen, Stichwort: „schwenden“), Windschutzheckenpflege

(Wander-)Wegeunterhalt Bankette mähen, grädern und walzen, Spritzasphaltierungen Kontrolle und Pflege nach den einschlägigen Richtlinien

Grabenreinigung Entfernung von Bewuchs, einschließlich ausmähen

Baggerarbeiten alle Arbeiten mit Bagger (z. B. Abbrucharbeiten, Erdarbeiten)

Infobox 1: Geeignete landwirtschaftsnahe Dienstleistungen mit Beschreibung

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unter www.forum.diversifizierung.bayern.de zum Download zur Verfügung bzw. kann als Printme-dium bestellt werden unter der E-Mail-Adresse: [email protected].

Was spricht für den Einstieg? Für einen Einstieg in landwirtschaftsnahe Dienst-leistungen als Einkommenskombination spricht, dass es sich bei dieser Form der Diversifizierung um eine der Landwirtschaft inhaltlich und res-sourcenbezogen sehr naheliegende Einkom-menskombination handelt. Das als Landwirtin/Landwirt erworbene Wissen und Können sind ebenso wie landwirt-schaftliche Maschinen und Geräte in den meisten Fällen hier unmittelbar einsetzbar. Bei einigen Angebotsformen sind je-doch Zusatzqualifikationen, Spezialgeräte und -maschinen zumindest sinnvoll bzw. notwendig.

Des Weiteren spricht für den Einstieg, dass es bei den meisten Angeboten relativ schnell ohne längere Vorlauf-zeiten und Investitionen machbar ist, Einkommen zu erzie-len. Dies kann für Betriebe, die kurzfristig in eine finanzielle Schieflage gekommen sind, aber freie Arbeitskapazitäten haben, eine Chance sein.

Geeignete Dienstleistungsfelder Die breite Dienstleistungspalette landwirtschaftsnaher Dienstleistungen ermöglicht es, den eigenen Neigungen und Fähigkeiten entsprechende Tätigkeiten anzubieten. Die Expertenrunde hat auf Grund ih-rer Erfahrungen aus der Praxis ver-schiedene Dienstleistungsarten aus-gewählt und bewertet, inwieweit sie geeignet sind, durch Landwirte/Land-wirtinnen erbracht zu werden. In der Info-Box 1 (Seite 49) sind die landwirt-schaftsnahen Dienstleistungen aufge-führt und beschrieben, die als geeig-net erachtet wurden.

Um die Eignung der einzelnen Dienstleistungen zu konkretisieren, wurde eine Portfolio-Analyse erstellt, indem die Nachfrage nach den einzel-nen Dienstleistungen in Beziehung gesetzt wird zur Attraktivität der je-weiligen Dienstleistung aus Sicht der Landwirtin/des Landwirts.

Die Arbeitsgruppe bewertete mit Hilfe einer fünfstufigen Skala (siehe Tabelle 1) die Dienstleistungen anhand der beiden Fragen:

→ Wie beurteilen Sie die Nachfrage nach den Dienst-leistungen im Einzelnen?

→ Wie attraktiv ist diese Dienstleistungserbringungaus Sicht der Landwirtin/des Landwirts?

Das Ergebnis der Portfolio-Analyse zeigt Abbildung 1. Da-nach sind bei sehr hoher bzw. hoher Nachfrage durch die Auftraggeber folgende Dienstleistungen für die Landwirtin/den Landwirt in abnehmender Reihenfolge sehr attraktiv bzw. attraktiv:

(1) Landschaftspflege(2) Vegetations-/Grünpflege(3) Winterdienst(4) Bäume fällen

Als am wenigsten geeignet für den Einstieg in eine Ein-kommenskombination wurden die Dienstleistungen:

→ Tabelle 1: Bewertungsskala zur Beurteilung der einzelnen Dienstleistungen im

Rahmen der Portfolio-Analyse

Werteskala Attraktivität für Landwirtin/Landwirt

Nachfrage durch Auftraggeber

Achsenwert auf Skala

( ++ ) sehr attraktiv sehr hoch 5

( + ) attraktiv hoch 4

( +/- ) teils/teils teils/teils 3

( - ) weniger attraktiv wenig 2

( -- ) unattraktiv keine 1

→ Abbildung 1: Portfolio-Analyse zur Bewertung der Attraktivität der einzelnen Dienstleistungen

aus Sicht der Landwirtin/des Landwirts in Beziehung gesetzt zum Nachfrageverhalten der

Auftraggeberin/des Auftraggebers (LfL-IBA)

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

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1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 5,0

Nac

hfra

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Auf

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Attraktivität aus Sicht der Landwirtin/des Landwirts

Winterdienst Kehrdienst VegetationspflegeBäume fällen Baggerarbeiten GrabenreinigungWegeunterhalt Landschaftspflege Waldbewirtschaftung

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Baggerarbeiten, Kehrdienst und Grabenreinigung bewer-tet, weil hier u. a. die Grenze zum klassischen Nebenerwerb rasch überschritten ist und für diese Arbeiten höhere Inves-titionen nötig werden.

Einstiegsvoraussetzungen In Form von Steckbriefen wurden für die jeweilige Dienst-leistungsart die Einstiegsvoraussetzungen erarbeitet, zum Beispiel an

→ die Unternehmerin/den Unternehmer als Person,→ den landwirtschaftlichen Betrieb,→ die Familie,→ die Arbeitswirtschaft,→ die Infrastruktur,→ den Investitionsbedarf,→ den Standort.

In der Praxis kann für die Dienstleistungswahl entschei-dend sein, inwieweit Maschinen und Geräte des land-wirtschaftlichen Betriebes zu nutzen sind, es sich um planbare bzw. zeitlich und witterungsmäßig gebundene Arbeiten handelt, die den landwirtschaftlichen Betriebsab-lauf und das Familienleben mehr oder weniger beeinflus-sen (Überschneidung von Arbeitsspitzen). Die einzelnen Dienstleistungsarten unterscheiden sich auch in der Not-wendigkeit, fachliche Zusatzqualifikationen zu erwerben (z.  B. Sicherheitstechnik) und sich arbeitsmedizinischen Untersuchungen zu unterziehen.

Alleinstellungsmerkmale der Landwirtin/des LandwirtsBei den landwirtschaftsnahen Dienstleistungen beziehen sich die Alleinstellungsmerkmale vorrangig auf die Persön-lichkeit und die Kompetenzen der Unternehmerin/des Un-ternehmers sowie gegebenenfalls denen der Mitarbeite-rinnen/Mitarbeiter. Denn auf diesem Feld können sie sich am ehesten unverwechselbar und uneinholbar gegenüber Mitbewerbern profilieren und damit Wettbewerbsvorteile verschaffen.

Demgegenüber sind die unternehmensbezogenen Allein-stellungsmerkmale weniger bedeutend für eine Abgrenzung gegenüber anderen gewerblichen Mitkonkurrenten. Denn in landwirtschaftlichen Betrieben ist die notwendige techni-sche Ausstattung für das Erbringen vieler landwirtschaftsna-her Dienstleistungen von vornherein gegeben. Der Standort ist mehr oder weniger festgelegt.

Vergleichsweise zu anderen gewerblichen Anbietern können sich Landwirtinnen/Landwirte durch folgende ty-pische Alleinstellungsmerkmale in ihrer Persönlichkeit und ihren Kompetenzen abheben:

→ Sie zeichnen sich aus durch ein umsichtiges, eigen-verantwortliches Handeln als Selbstständige nachdem Motto „der Chef arbeitet selber“.

→ Sie sind als Unternehmerinnen/Unternehmer mit-denkende, selbstständig arbeitende Dienstleisterin-nen/Dienstleister. Das Handeln ist serviceorientiert.

→ Eine breit gefächerte, vielseitige Fachkompetenz istgegeben.

→ Die Berufsausbildung zur Landwirtin/zum Landwirtbeinhaltet einen umfangreichen Praxisteil.

→ Sie verfügen über ein hohes Maß an praktischer Ge-schicklichkeit und Findigkeit, landwirtschaftliche/technische Geräte zu nutzen.

→ Landwirtinnen/Landwirte, die in einem landwirt-schaftlichen Betrieb aufwachsen, erwerben in ih-rem Berufsfeld von Kindheit an viel Erfahrungswis-sen.

→ Sie verfügen am Standort ihres Betriebes über vielOrtskenntnis. Sie kennen die Mentalität der Men-schen vor Ort und sind oft persönlich bekannt mitden umliegenden Grundstücksbesitzern.

→ Landwirtinnen/Landwirte zeichnen sich durchGlaubwürdigkeit aus.

Die eigenen unternehmer-, mitarbeiter- und betriebsspezifi-schen Alleinstellungsmerkmale sollte jede Landwirtin/jeder Landwirt feststellen und bei der Angebotserstellung sowie im Kundengespräch anführen.

(Sub-)Unternehmer- oder ArbeitnehmerstatusDie Landwirtin/der Landwirt kann mit der Tätigkeit im Be-reich landwirtschaftsnahe Dienstleistungen unterschiedli-che Ziele verfolgen. Entsprechend der betrieblichen und familiären Situation sowie den Neigungen und Fähigkeiten kann es von einem kleinen, flexibel gestaltbaren Zuerwerb bis hin zu einem Betriebszweig reichen, aus dem das Haupt-einkommen erwirtschaftet wird. Aber auch eine Arbeitneh-mertätigkeit ist möglich. In der Info-Box 2 werden die Vor- und Nachteile des Unternehmer-/Arbeitnehmerstatus beim Erbringen landwirtschaftsnaher Dienstleistungen miteinan-der verglichen.

Ein wichtiger Entscheidungsschritt bei der Unterneh-mertätigkeit ist, inwieweit die Landwirtin/der Landwirt aus-schließlich die Maschinen und Geräte des landwirtschaft-lichen Betriebs nutzt oder ob sie/er in den Betriebszweig durch den Zukauf von Geräten und Maschinen (z. B. höhere Leistung, Spezialmaschinen) eigens in diesen Betriebs-zweig investiert. Um im letzteren Fall eine Rentabilität die-ses Betriebszweigs zu gewährleisten, muss dann eine den

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Auftragnehmende Unternehmerin/ auftragnehmender Unternehmer

Nachunternehmerin/Nachunternehmer („Sub-Unternehmerin“/„Sub-Unternehmer“)

Arbeitnehmerin/Arbeitnehmer (= klassischer Nebenerwerb)

+ unbegrenztes Unternehmer-einkommen möglich

+ weitgehend eigenverantwortliche Zeitgestaltung (abhängig von der Dienstleistungsart)

+ festes Einkommen

+ weitgehend eigenverantwortliche Zeitgestaltung (abhängig von der Dienstleistungsart)

+ Möglichkeit zur Verwertung freier Arbeitszeit und betrieblicher Res-sourcen (-> Synergieeffekte)

+ weitgehend sicherer Arbeits-platz

+ Möglichkeit zur Verwertung freier Arbeitszeit und betrieblicher Ressourcen (-> Synergieeffekte)

+ Nutzung individueller Potenziale (z. B. Fachkompetenz, unterneh-merisches Know-how)

+ geregelte Arbeitszeit, Urlaubs-anspruch

+ Nutzung individueller Potenziale (z. B. Fachkompetenz, unterneh-merisches Know-how)

+ Berücksichtigung persönlicher Neigungen

+ soziale Absicherung mit finan-zieller Beteiligung des Arbeit-gebers

+ Berücksichtigung persönlicher Neigungen

+ weisungsunabhängig + Möglichkeit der Verwertung freier Arbeitskapazitäten

+ weisungsunabhängig + flexible Auftragsübernahme entsprechend den betrieblichen Möglichkeiten

kein Investitionsbedarf

+ unternehmerische Freiheit in den Entscheidungen (Investitionen, Umfang der Tätigkeit)

+ vgl. geringes Unternehmerrisiko

+ keine Auftragsakquise/-abwick-lung, wenig Verwaltungsaufwand

- Unternehmerrisiko - gegebenenfalls Konflikte mit Kooperationspartnern

- begrenzte Einkommenskapa-zität

- Haftungsrisiko - notwendige Übernahme der Unternehmenskultur der auf-tragsnehmenden Unternehmerin/des auftragsnehmenden Unter-nehmers

- zeitliche Unflexibilität

- Marktabhängigkeit, Konkurrenz-druck

- gegebenenfalls eingeschränktes Haftungsrisiko, wenn die auf-tragsnehmende Unternehmerin/der auftragsnehmende Unterneh-mer das Haftungs risikos über-nimmt

- weisungsgebunden

- Investitionsbedarf - eingeschränkte unternehmerische Freiheit in den Entscheidungen

- Pendelwege mit Zeitver lusten

- Gefahr der Selbstüberlastung - vgl. höhere Gefahr der Selbst-überlastung

- teilweise Doppelversicherung

- Verwaltungsaufwand durch Auf-tragsakquise und -abwicklung

- höherer Organisationsaufwand durch mehrere Betriebs zweige, gegebenenfalls Konfliktfelder bei Arbeitsspitzen

- gegebenenfalls Konflikt felder bei Arbeitsspitzen in der Land-wirtschaft

- eigenverantwortliche soziale Absicherung

Quelle: Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Betriebswirtschaft und Agrarstruktur

Infobox 2: Vorteile (+) und Nachteile (-) des Unternehmer-/Arbeitnehmerstatus beim Erbringen landwirtschaftsnaher Dienstleistungen

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Investitionen angepasste höhere Auslastung der Maschinen und Geräte gegeben sein.

Je nach Umfang des Einkommens aus landwirtschafts-nahen Dienstleistungen lassen sich folgende Anbieter-Ka-tegorien unterscheiden:

Landwirtinnen/Landwirte, die …→ ein kleines Zusatzeinkommen erzielen wollen,→ als professionelle Dienstleisterin/professioneller

Dienstleister ein relevantes Einkommen erwirt-schaften wollen,

→ als Komplett-Dienstleister mit dem Nebenbetrieb „Landwirtschaft“ tätig sind.

Wenn die Landwirtin/der Landwirt ein kleineres Zusatzein-kommen mit den landwirtschaftsnahen Dienstleistungen anstrebt, werden an Ressourcen die eigene Arbeitskraft und fast ausschließlich die in der Landwirtschaft vorhandenen Geräte und Maschinen eingebracht, größere Investitionen unterbleiben. Der Ein- und Ausstieg in den Nebenerwerb ist vergleichsweise unproblematisch zu bewerkstelligen. Nachteile sind, dass unabhängig vom Dienstleistungs-umfang das volle Haftungsrisiko getragen werden muss und die Notwendigkeit einer aufwendigen Auftragsak-quise/-abrechnung sowie dem Wissen um die rechtlichen Rahmenbedingungen bei kleinem Auftragsvolumen glei-chermaßen besteht. Bei der Tätigkeit als Nachunterneh-merin/Nachunternehmer (Sub-Unternehmerin/Sub-Unter-nehmer) kann es zum Problem der Scheinselbstständigkeit kommen.

Im Fall (2) erzielen die professionellen Dienstleisterin-nen/Dienstleister mit den landwirtschaftsnahen Dienstleis-tungen ein relevantes Einkommen. Sie haben meist hohe Investitionskosten, die sich in Relation zum Einsatzumfang rentieren müssen. Das heißt, der Zwang zum dauerhaften Erfolg ist gegeben. Unter den Sub-Unternehmerinnen/Sub-Unternehmern sind diese Landwirtinnen/Landwirte die größte Gruppe mit dem Problem, dass die Betriebszweige „Landwirtschaft“ und „landwirtschaftsnahe Dienstleistun-gen“ miteinander konkurrieren um die Ressourcen: Arbeits-zeit und Geld.

Komplett-Dienstleisterinnen/Komplett-Dienstleister mit dem Nebenbetrieb „Landwirtschaft“ kann ein brei-tes Angebots- und Kunden-Portfolio eine permanente Auslastung ermöglichen. Die Beschäftigung von Mit-arbeiterinnen/Mitarbeitern unterstützt dies noch. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die hohen Investitionen rentieren, ist vergleichbar zu den Anbietern unter Punkt (2) höher.

ZielgruppenwahlAuftraggeber von landwirtschaftsnahen Dienstleistungen können die „öffentliche Hand“, Gewerbe- und Privatkunden sein. Bei den letzteren beiden ist die Auftragsakquise meist weniger aufwendig als bei Aufträgen durch die „öffentliche Hand“. Bei den Auftraggebern der öffentlichen Hand bedarf es eines gewissen Spezialisierungs- und Professionalisie-rungsgrades als Dienstleistungsunternehmen. Die Beteili-gung an Ausschreibungsverfahren und die Einhaltung des Vergaberechts sind bürokratische Hürden, die so manche Landwirtin/mancher Landwirt scheut. Deshalb empfiehlt es sich für Landwirtinnen/Landwirte, denen die Büroarbeit weniger liegt, ihre Angebote vorrangig an Privat- und Ge-werbekunden zu richten.

AusblickDie breite Dienstleistungspalette landwirtschaftsnaher Dienstleistungen ermöglicht es, den eigenen Neigungen und Fähigkeiten entsprechende Tätigkeiten anzubieten. Ein großes Plus ist natürlich, dass das vorhandene Wissen und Können in der Landwirtschaft sofort einkommenswirksam genutzt werden kann. Umgekehrt schätzen die Auftragge-ber das breite Erfahrungswissen von Kindesbeinen an, in und mit der Natur zu arbeiten. Auch die Standortkenntnisse vor Ort können sich als Alleinstellungsmerkmal bei der Auf-tragsakquise erweisen.

Zukünftigen Anbieterinnen und Anbietern von land-wirtschaftsnahen Dienstleistungen muss jedoch immer be-wusst sein, dass sie den Weg vom Produzenten zur Dienst-leisterin/zum Dienstleister beschreiten. Kundenorientiert zu denken und zu handeln und eine ausgeprägte Dienst-leistermentalität zu entwickeln, ist somit ein Muss, um er-folgreich zu sein.

ANTONIE HUBERBAYERISCHE LANDESANSTALT FÜR LANDWIRTSCHAFTINSTITUT FÜR BETRIEBSWIRTSCHAFT UND AGRARSTRUKTUR [email protected]

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Strohstall mit Tierwohlfaktor Konzept „Schlotthamer Strohsau“ von der Planung bis zur Umsetzung

von CHRISTINA KÖSTLER und JOSEF HAIDER: Das große Thema „Tierwohl“, vor allem in der Schweinehaltung, beherrscht momentan die öffentlichen Medien. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht neue Vorwürfe an die Adresse der Schweinehalter gerichtet werden. Tierwohl in den Medien ist wohl eher ein marketingorientierter Überbegriff, mit welchem eine hohe Verbraucherakzeptanz erreicht werden soll. In Hinblick auf das Nutztier ist der Begriff auf die Sicherung einer tiergerechten Haltung und auf das Wohlbefinden der Tiere ausgerich-tet. Mit diesem komplexen Thema des Tierwohls setzte sich auch der Betrieb Weindl aus dem Landkreis Altötting in enger Abstimmung mit der örtlichen Metzgerei sehr intensiv auseinander. Nach vielen Stallbesichtigungen, Beratungen und Diskussionen entstand das Konzept der „Schlotthamer Strohsau“, welches dann 2016 im Rahmen eines Stallneubaus umgesetzt wurde.

Der Betrieb Weindl in Unterschlottham führte bisher den Betriebszweig Zuchtsauenhaltung mit ca. 90 Zuchtsauen sowie 400 Mastplätzen in konventioneller Weise auf Vollspal-tenboden. Nachdem der Sohn die Landwirtschaftsschule besuchte und auf dem elterlichen Betrieb mit einstieg, ent-schloss sich die Familie in die Schweinehaltung zu inves-tieren.

Strohstall für 720 MastschweineDie Familie einigte sich, einen Strohstall mit angrenzendem Auslauf zu errichten. Doch so einfach sollte das geplante Projekt nicht umzusetzen sein. Viele Hürden musste die Fa-milie Weindl nehmen, um letztendlich den Strohstall für 720 Mastschweine bauen und beziehen zu können (siehe Bild 1). Mit dem neuen Maststall können alle eigen erzeugten Fer-

kel selbst aufgezogen und an den Vertragspartner (örtliche Metzgerei) vermarktet werden. Die „frei werdenden“ kon-ventionellen Stallplätze für die Schweinemast werden in einem künftigen Schritt für die Ferkelaufzucht umgebaut. Auch der Bau eines neuen Zuchtsauenstalles ist für die Zu-kunft vorgesehen.

Standortwahl und BaugenehmigungDer landwirtschaftliche Betrieb befindet sich in einem klei-nen Dorf unweit einer neu errichteten Wohnsiedlung der Stadt Altötting. Ein geeigneter Standort, der einerseits die räumliche Nähe bzw. Anbindung zum Betrieb gewährleistet, andererseits die Anforderungen an den Immissionsschutz erfüllt, wurde gesucht. Die an der Hofstelle anliegende Flä-che an der Ostseite, außerhalb des Dorfes, schien den An-

forderungen gerecht zu werden. Doch nicht nur die Nähe zu den Wohnhäu-sern erschwerte die Standortwahl des geplanten Schweinestalles. Weitere Faktoren wie der angrenzende Wald, ein Bach, die Wohnhäuser des Nach-barn und ein ehemaliger Kriegsfriedhof mussten berücksichtigt werden.

Prüfung von zwei EmissionenDer Immissionsschutz spielt bei heuti-gen Bauvorhaben eine immer größere Rolle, besonders bei Vorhaben in der Schweinehaltung und bei Geflügel-ställen. Es mussten zwei Emissions-arten geprüft werden: die Belastung der Ammoniakkonzentration auf die umliegende Vegetation (Biotope und

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→ Bild 1: Strohstall für 720 Mastschweine der Familie Weindl (alle Fotos: Josef Haider, AELF Töging).

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Wälder) und die Belastung der Geruchsemission gegenüber der benachbarten Wohnbebauung.

Unterschlottham ist ein kleines, landwirt-schaftlich geprägtes Dorf südlich einer Wohn-siedlung der Stadt Altötting. Die Wohnsiedlung ist rund einen Kilometer vom geplanten Stand-ort entfernt. Aber auch im Dorf befindet sich eine Wohnbebauung, die zu beachten ist, wenn gleich auch mit landwirtschaftlichem Hintergrund, also mit einer geringeren Schutzwürdigkeit.

Lösung gegen GeruchsbelastungHinsichtlich der Geruchsbelastung gegenüber der benachbarten Wohnbebauung konnte eine Lösung gefunden werden. In dem man den Ab-luftaustritt mit mindestens sechs Meter über First-höhe mit einer Mindestaustrittsgeschwindigkeit von zehn m/s forderte, konnte die Geruchsbelastung ent-sprechend einer maximal zulässigen Geruchsstundenhäu-figkeit für eine Wohnbebauung im Außenbereich ausrei-chend reduziert werden.

Bezüglich der Stickstoffdeposition war der südlich ge-legene Wald durch den geplanten Stall in seiner geplanten Ausführung am stärksten betroffen.

Technische Lösung durch AbsaugungDie Baugenehmigungsbehörde forderte ein Immissionsgut-achten. Dieses Gutachten bestätigte eine zu hohe Belastung des Waldstückes, wobei der geplante südseitige Auslauf aus-schlaggebend war. Der Grenzwert für die Ammoniakbelas-tung wurde durch den geplanten Auslauf an der Südseite des Stalles überschritten, eine notwendige Reduzierung war nur durch Absaugung bzw. Abführung der entstehen-den Geruchsemissionen über die Abluftkamine des Stalles möglich.

Dies stellte ein besonderes Problem dar, da keine technischen Lösungen für die Ableitung der Emissionen, verursacht durch den Auslauf, vor-handen waren. Es galt die entstehenden Emissio-nen (hier: Ammoniak) durch die Auslauffläche an die Abluftkamine abzuführen. Seitens der Bera-tung wurde eine Unterflurabsaugung des Auslau-fes vorgeschlagen. Mittels eines Bypasses wird die abgesaugte Luft an die Abluftkamine mit gleich-bleibender Luftrate geführt. Die Genehmigungs-behörde willigte den Vorschlag unter Auflage der Prüfung der Wirksamkeit ein. Die Wirksamkeit wurde in einem Vor-Ort-Termin mittels Rauch-entwicklung geprüft. Die sehr aufwendige tech-nische Lösung wurde daraufhin vom Betriebslei-ter zusammen mit dem Stallausrüster umgesetzt.

Wie soll der Stall aussehen?Um sich weitgehend von den herkömmlichen Haltungs-weisen abzusetzen, wird den Tieren auf dem Betrieb Weindl im Stall ein Platzangebot von mehr als 1,2 m2/Tier angeboten. Zusätzlich erhalten die Tiere einen Auslauf ins Freie mit einem Platzangebot von 0,5 m2/Tier. Somit steht jedem Mastschwein ein Platzangebot von rund 1,7 m2 zur Verfügung, und bietet damit fast doppelt so viel Platz im Innenbereich wie bei einem konventionellen Schweine-maststall.

Liegen, Fressen, Toben – drei Bereiche für SauenDer Stall lässt sich in drei verschiedene Funktionsbereiche einteilen: Liegebereich auf Stroh (siehe Bild 2), Fressbereich auf Spaltenboden der erhöhten Ebene (siehe Bild 3), Aktivi-tät und Koten auf Spaltenboden im Auslauf. Vom Liegebe-reich aus können die Tiere über drei Stufen den Fressbereich

→ Bild 2: Liegebereich auf Stroh.

→ Bild 3: Fressbereich auf Spaltenboden der erhöhten Ebene.

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aufsuchen. Schweine nehmen eine Trennung ihrer Liege-, Fress- und Kotplätze vor, wenn ihnen die Gelegenheit dazu geboten wird. Die Buchtengliederung in unterschiedliche Funktionsbereiche ist wichtig, um den Bedürfnissen der Tiere möglichst gerecht zu werden. Das Vorhandensein ei-nes Auslaufes stellt für die Tiere einen zusätzlichen Schritt in Richtung mehr Wohlbefinden dar, da dieser eine noch klarere Trennung der Funktionsbereiche bzw. die Wahl zum Aufsuchen eines weiteren Klimabereichs ermöglicht. Die Tiere können die Türen zum Auslauf selbst öffnen. Dadurch wird verhindert, dass durch offene Türen Zugluft in das Stall-innere gelangt.

Tageslicht und Auslauf sorgen für TierwohlUm eine Zuverlässigkeit und hohe Funktionssicherheit das ganze Jahr über zu erreichen, ist es entscheidend, dass das Wasser für die Tiere nur im Spaltenbodenbereich des Stalles und im Auslauf angeboten wird. Dadurch kann die Stroh-fläche weitestgehend sauber und trocken gehalten werden und bietet dadurch kaum emittierende Oberfläche. Dies trägt zur guten Luftqualität im Innenbereich des Maststal-les bei.

Der Stall bietet den Tieren im Inneren einen hohen Luftraum und durch den breiten Lichtfirst ein großzügiges Tageslichtangebot. Des Weiteren wird der Liegebereich der Tiere mit Stroh eingestreut, welches den Tieren auch als Be-schäftigungsmaterial dient. Hier können die Tiere ihrem na-türlichen Wühl- und Erkundungsverhalten nachgehen.

Sonnensegel und MultiphasenfütterungÜber den Auslaufflächen wurden Sonnensegel angebracht, um die Tiere vor einer zu starken Sonneneinstrahlung (Son-nenbrand) zu schützen. Die Sonnensegel können je nach Witterung auch eingefahren werden, so dass die Tiere die

natürlichen Umweltreize wahrnehmen können (siehe Bild 4). Über einige Stufen gelangen die Tiere zum Fressbereich, wel-cher mit Spaltenboden ausgestattet ist. Jede einzelne Bucht kann mit einer individuellen Futterration, zusammengesetzt aus Getreide, Mais und Soja aus eigenem Anbau, bedient werden. Mit der sogenannten Multiphasenfütterung wird je-des einzelne Schwein bedarfsgerecht gefüttert. Reicht selbst angebautes Soja für die Mast- und Zuchtschweine nicht aus, kauft die Familie Weindl genfreies Soja aus europäischem Anbau zu.

Der Betriebsleiter Weindl vergleicht den Komfort in seinem Strohstall mit dem eines Vier-Sterne-Hotels.

Interessant ist ebenso die energieeffiziente Lösung des ge-samten Betriebes. Mit einem „Gas-BHKW“ (Nutzung von Strom und Wärme), gekoppelt mit PV-Anlage, und darüber hinaus einer Stromspeicheranlage, kann die erzeugte Ener-gie in Form von Wärme und Strom fast vollständig sowohl dem energieintensiven Betriebszweig der Schweinehaltung als auch der privaten Nutzung zur Verfügung gestellt wer-den. Durch diese Kombination der Energieerzeugung und der Energiespeicherung ist ein energieautarker Betrieb ent-standen.

Enge Kooperation mit dem VertragspartnerDie Vermarktung der erzeugten Masttiere wird sowohl vom Betrieb, als auch seitens des abnehmenden Metzgers ak-tiv betrieben. Im Stall ist ein jederzeit zugänglicher Besu-cherraum vorhanden, der einen Blick in den Schweinestall ermöglicht. Ein angrenzender Wanderweg bietet die Mög-

lichkeit der Tierbeobachtung im Auslaufbereich. Hinweise, den Stall zu besichtigen, machen vor-bei kommende Wanderer und Radfahrer auf den Strohstall aufmerksam. Außerdem bewirbt Be-triebsleiter Weindl durch ansprechende Werbe-schilder den Mastschweinestall (siehe Bild 5).

Besucherraum und gezieltes MarketingAuch der Metzger bewirbt die Strohschweine. So ist in jeder der insgesamt fünf Filialen des Metz-gers Werbung angebracht, welche Bilder des Strohstalles und der Haltung der Schweine des Betriebes Weindl darstellen. Auch in den monat-lich herausgebrachten Angebotsprospekten, auf der Homepage sowie in den sozialen Medien wird eindrücklich die Herkunft der verschiedenen Produkte beworben. Mit Bildern, dazugehöriger → Bild 4: Die Sonnensegel können je nach Witterung auch eingefahren werden.

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Betriebsbeschreibung und kurzen Videos wird hier dem Ver-braucher die Qualität und Herkunft der Produkte näher ge-bracht (siehe Bild 6). Des Weiteren wird in den Filialen der Hinweis gegeben, dass die Möglichkeit besteht den Betrieb Weindl zu besichtigen und sich von der Schweinehaltung vor Ort selbst ein Bild zu machen.

Um der breiten Bevölkerung Einblicke in den neu bezogenen Strohstall zu gewähren und über moderne Schweinehaltung aufzuklären, veranstaltete die Familie Weindl auf ihrem Betrieb einen Tag des offenen Hofes, welcher viele Verbraucher und auch interessierte Land-wirte anlockte.

Bisherige Erfahrungen mit dem StrohstallBernhard Weindl berichtete, dass Entmistung und Ein-streuen über den breiten Mittelgang zeitaufwendig und nur

mit einer Spezialmaschine möglich sind. Jede Bucht muss auf dem Betrieb separat gemistet werden. Andererseits kann durch diese Anordnung die Keimverschleppung in andere Buchten verhindert werden.

Durch das hohe Platzangebot für die Tiere ist mehr Wasch- und Reinigungsarbeit nötig. Diese Faktoren tragen dazu bei, dass der Arbeitsaufwand in diesem Stall erheblich über dem eines Vollspaltenstalles liegt. Die Stallplatzkosten belaufen sich bei diesem Stallsystem auf rund das Doppelte wie bei einem konventionellen Mastschweinestall. Die Ver-gütung sollte daher mind. 25 Cent/Kilogramm Schlachtge-wicht höher sein als der normale Schlachtpreis, um kosten-deckend zu arbeiten.

Der hohe Lichtanteil und Luftraum im Stall bietet so-wohl für das Tier als auch für den Mensch ein sehr gu-tes Klima. Die Außenklimareize werden von den Tieren gut angenommen, wenngleich auch jahreszeitliche Un-terschiede zu erkennen sind. Die Nutzung des Sonnen-segels begünstigt das Wohlbefinden der Tiere im Auslauf an strahlungsintensiven Sonnentagen und schützt sie vor Sonnenbrand.

Insgesamt bezeichnet der Betriebsleiter seinen Stall als imagefördernd für die Land-wirtschaft und gegenüber den Verbrauchern.

LiteraturLEIBNIZ‐INSTITUT FÜR NUTZTIERBIOLOGIE FBN; Was ist

Tierwohl? … aus Sicht der Nutztierethologie

CHRISTINA KÖSTLERJOSEF HAIDERAMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN TÖGING A.INNFACHzENTRUM FÜR SCHWEINEzUCHT UND [email protected]@aelf-to.bayern.de

→ Bild 6: Monatliche Angebotsprospekte, die Homepage und die

sozialen Medien bewerben die Herkunft der verschiedenen Produkte.

→ Bild 5: Werbung für den Mastschweinestall durch Betriebsleiter Weindl.

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Mehr Übersicht in Hauswirtschaftlichen Dienstleistungen mit DIN SPEC 77003

von VERONIKA MEND und JUDITH REGLER-KEITEL: Wie geht Otto Normalverbraucher vor, wenn er Hilfe im Haushalt benötigt? Er fragt im Bekanntenkreis, ob jemand jemanden kennt, der „ein, zwei Stunden im Haushalt hilft“. Der familiäre, kirchengemeindliche oder nachbar-schaftliche Kontakt vermittelt dann in der Regel ein informelles Arbeitsverhältnis auf dem Schwarzmarkt, und der Zufall entscheidet, ob die Vertragspartner mit diesem zufrieden sind. Haftungs- und andere Vertragsfragen bleiben meist im Dunkeln [4]. Nur ca. zwölf Prozent der deutschen Haushalte nehmen legale hauswirtschaftliche Dienstleistungen in Anspruch. Das Nachfragepotenzial unter den Privathaushalten wird aber auf rund 40 Prozent geschätzt [2]. Wie kann dieser Markt der hauswirtschaftlichen Dienstleistungen für Nachfrager und Anbie-ter besser erschlossen werden? Qualitätsstandards können den Markt transparenter machen. Die DIN SPEC 77003 ist ein Weg dazu.

„DIN SPEC“ als Abkürzung für „DIN-Spezifizierung“ ist die „Vorstufe“ einer DIN-Norm, die vor allem schnell Standards setzen soll, mit denen sich Start-ups und Newcomer einen Vorteil am Markt verschaffen können. Organisiert und fach-lich unterstützt von der DIN e. V. in Berlin erarbeitet ein tem-porär zusammengestelltes Gremium aus verschiedenen In-teressengruppen Regeln, nach denen sich Anbieter und Nachfrager richten können. So kann sich aus einem anfäng-lichen Wettbewerbsvorteil einiger weniger Anbieter ein all-gemeiner Qualitätsstandard und sogar eine DIN-Norm ent-wickeln. Für den Bereich „Personen- und haushaltsbezogene Dienstleistungen – Information, Beratung und Vermittlung“ gibt es seit April 2015 eine solche DIN SPEC mit der Nummer 77003. Die DIN SPEC 77003 ist ausschließlich im Beuth-Ver-lag, Berlin, käuflich zu erwerben. Das 16-seitige Dokument kostet im Download 50,30 Euro [3]. Über die Beweggründe, die Inhalte und die Umsetzung im konkreten Einzelfall soll im Folgenden berichtet werden.

Was beschreibt die DIN SPEC 77003?Die DIN SPEC 77003 definiert Informations-, Beratungs- und Vermittlungsstandards für personen- und haushaltsbezo-gene Dienstleistungen, die alle Anbieter anwenden können. Nützlich sind die Standards vor allem für gewerbliche oder gemeinnützige Dienstleistungsagenturen, aber auch für Kunden und die Dienstleistungserbringer. Sie können sich anhand der DIN SPEC über einheitliche Bezeichnungen der beteiligten Akteure und der unterschiedlichen Beziehungen zueinander klar werden. An die Prozesse und Vorgehenswei-sen zu Informationen über Beratung zu und Vermittlung von hauswirtschaftlichen Dienstleistungen werden Anforderun-

gen gestellt, anhand derer man die Qualität einer Dienstleis-tungsagentur messen kann. Ziel ist es, im Kontakt zwischen Kunde und Anbieter die Transparenz des Angebots zu er-höhen, Qualitätsstandards für diese Prozesse zu setzen und den Kunden in die Lage zu versetzen, aus einem dargeleg-ten Angebot eigenverantwortlich nach seinen Wünschen auszuwählen und zu entscheiden.

„Book a tiger“ – und dann?Online-Portale für hauswirtschaftliche Dienstleistungen ha-ben Wohl und Weh gebracht: Zum einen wurden hauswirt-schaftliche Dienstleistungen sehr bekannt gemacht, neue Zielgruppen wurden erschlossen. Zum anderen offenbaren verschiedene Qualitätschecks bei diesen Anbietern erschre-ckende Mängel bei Buchung und Durchführung der Dienst-leistungen und setzen so die Branche in ein schlechtes Licht [2]. Nachfrager hauswirtschaftlicher Dienstleistungen möch-ten Verlässlichkeit in den Bereichen Arbeits-, Service- und Arbeitgeberqualität (siehe Abbildung).

Die in der DIN SPEC 77003 beschriebenen Prozesse und Vorgehensmodelle decken viele der genannten Anforderun-gen ab. Zudem steht der Name „DIN“ für Verlässlichkeit und Qualität. Auch das ist ein Pfund, mit dem der Anbieter wu-chern kann, der sich auf diese Vorgehensweise einlässt. Aus-drücklich ausgenommen aber wird der Prozess der Dienst-leistungserstellung; dafür ist momentan eine neue DIN SPEC in Arbeit (siehe www.din.de).

Beispiele für die Umsetzung Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Land-wirtschaft und Forsten fördert Projekte zum Aufbau eines

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Dienstleistungszentrums für haushaltsnahe Angebote in den Marktgemeinden Erkheim und Weidenbach (hier Kofinanzierung durch die Bundesagentur für Arbeit). In einem der vielfältigen Projektziele ist festgelegt, dass ein Konzept für qualitätsgesicherte Angebote erarbeitet werden soll. Die Projektmitarbeiterinnen erstellen derzeit mit Unterstützung des Fortbildungszentrums Triesdorf ein Qualitätshandbuch. Die erarbeiteten Dokumente werden bei der laufenden Auf-tragserledigung eingesetzt und je nach Erfordernis optimiert.

In diesem Qualitätshandbuch werden die Forderungen der DIN SPEC sowohl unter dem Kapitel Strukturqualität, aber auch bei der Prozess- und Ergebnisqualität umgesetzt. Vor allem der Prozess der Information/Beratung/Vertragsge-staltung orientiert sich an der DIN SPEC, z. B. durch ein Fluss-diagramm Neukundenaufnahme, eine Kundeninformations-mappe, sowie Formblätter zur Haushaltsaufnahme. In der Informationsbroschüre für die Kunden und im Werbeflyer wird auf das qualitätsgesicherte Angebot mit der Orientie-rung an der DIN SPEC hingewiesen. Dies stellt einen Wett-bewerbsvorteil gegenüber den Angeboten auf dem doch sehr großen Schwarzmarkt für hauswirtschaftliche Dienst-leistungen dar.

Die für das Dienstleistungszentrum in Erkheim erarbeite-ten Unterlagen werden von den Projektmitarbeiterinnen in Weidenbach an die dortigen Rahmenbedingungen angepasst und eingesetzt. Diese Vorgehensweise ermöglicht Aussagen, inwieweit das Qualitätshandbuch auch auf andere Dienstleis-tungsunternehmen für haushaltsnahe Angebote, z. B. auf ei-nen Hauswirtschaftlichen Fachservice, übertragbar ist.

Die Veröffentlichung eines übertragbaren Qualitäts-handbuches für haushaltsnahe Dienstleistungsangebote ist für 2018 unter dem Dach des neuen Kompetenzzentrum für Hauswirtschaft in Triesdorf geplant.

Literatur[1] BRÖCHELER M.: Privathaushalte als Arbeitgeber – Ergeb-

nisbericht. Gießen/Düsseldorf 2014. [2] IFOK GMBH/INSTITUT DER DEUTSCHEN WIRTSCHAFT

KÖLN/IW CONSULT GMBH: Abschlussbericht: Pro-fessionalisierung haushaltsnaher Dienstleistungen durch Entwicklung und Etablierung von Qualitäts-standards. Studie im Auftrag des Bundesministeri-ums für Wirtschaft und Energie. Berlin/Köln 2014.

[3] DIN e. V. (Hrsg): DIN SPEC 77003. Berlin 2015.[4] BUNDESMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT UND ENERGIE

(HRSG.): Qualitätssicherung für haushaltsnahe Dienst-leistungen – Checkliste für Anbieter. Berlin 2015.

VERONIKA MEND (OHNE BILD)FORTBILDUNGSzENTRUM FÜR LANDWIRTSCHAFT UND HAUSWIRTSCHAFT [email protected] REGLER-KEITELFORTBILDUNGSzENTRUM HAUSWIRTSCHAFT [email protected]

→ Abbildung: Bereiche und Dimensionen der Verlässlichkeit bei hauswirtschaftlichen Dienstleistungen; Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und

Energie [4]

 

Arbeitsqualität

Vertrauenswürdigkeit

Zuverlässigkeit

Sorgfalt

Kompetenzen

Servicequalität

Beratung

Ausfallmanagement

Beschwerdemanagement

Vertragsgestaltung

Arbeitgeberqualität

Faire Löhne

Weiterbildung

Gute Arbeitsbedingungen

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Ernährungshandwerk erleben Modellprojekt Ernährung macht Schule auf ganz Bayern ausgeweitet

von ANJA GRILLENBERGER: „Ernährungshandwerk erleben – Ernährung macht Schule“ star-tet nach der erfolgreichen Modellphase in die bayernweite Umsetzung. Das Projekt fördert praxisnahes Lernen, indem es theoretische Inhalte mit außerschulischen Lernorten verbin-det. Hierfür stehen Unterrichtsmaterialien über das Ernährungshandwerk mit seinen Spe-zialitäten zur Verfügung. Darüber hinaus ermöglichen Bäcker, Brauer und Mälzer, Fleischer, Köche, Konditoren, Milchtechnologen, Müller sowie Winzer/Weintechnologen die aktive Mit-arbeit der Schülerinnen und Schüler vor Ort. Ziel ist es, die Wertschätzung für die hergestell-ten Produkte und das Ernährungshandwerk zu steigern.

Bayern ist ein Land mit lebendiger Tradition. Insbesondere in kulinarischer Hinsicht lässt sich in den unterschiedlichen bayerischen Regionen eine Vielfalt an Spezialitäten entde-cken. Doch das traditionelle Ernährungshandwerk kämpft mit Geschäftsschließungen. Die Zahl der bayerischen Er-nährungshandwerksbetriebe hat sich im Jahr 2016 im Ver-gleich zu den Vorjahren um 2,2 Prozent auf 8 597 verringert [1]. Diese Zahl verdeutlicht die Konzentrationsprozesse im Handwerk. Zu den Hauptpro blemen gehören unter ande-rem die wachsende Konkurrenz durch Discounter und Su-permärkte mit günstigeren Preisen und besserer Erreich-barkeit, der Wandel der Ernährungsgewohnheiten (z.  B. rückläufiger Fleischkonsum) sowie fehlende Fachkräfte und Nachwuchsprobleme.

Mit der Reduktion der produzierenden Fachbetriebe im Ernährungshandwerk geht auch ein Verlust der her-gestellten Spezialitäten einher. Denn fest verbunden mit regionalen Speisen und Getränken sind diejenigen, die diese Produkte herstellen: die Ernährungshandwerker. Ohne sie würden regionaltypische Spezialitäten schnell in Vergessenheit geraten. Um ein Bewusstsein für regio-nale Produkte zu schaffen und die Wertschätzung für diese zu verbessern, hat das Bayerische Staatsministerium für

Ernährung, Landwirtschaft und Forsten das Kompetenz-zentrum für Ernährung mit der Konzeption des Projektes „Ernährungshandwerk erleben – Ernährung macht Schule“ beauftragt.

Ein Projekt für alle SinneZentrale Frage des Projekts ist: „Wer stellt wie und wo welche regionalen Speisen und Getränke her?“. Das Projekt „Ernäh-rungshandwerk erleben“ trägt dazu bei, dass Schülerinnen und Schüler der 7. bis 9. Jahrgangsstufe an Mittel- und Real-schulen Lebensmittel bewusst wahrnehmen und wertschät-zen lernen (siehe Abbildung 1).

Basierend auf den Inhalten der Spezialitätendatenbank (www.spezialitaetenland-bayern.de) wurden ziel- und al-tersgruppenorientierte Unterrichtsmaterialien für Lehre-rinnen und Lehrer ausgearbeitet. Diese umfassen Inhalte zu den Ausbildungsberufen des Ernährungshandwerks mit den jeweils passenden Speisen und Getränken. Die Bearbeitung der Materialien dient als Vorbereitung auf

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→ Abbildung 1: Logo „Ernährungshandwerk erleben! – Ernährung macht

Schule“

→ Bild 1: Staatsminister Helmut Brunner überreicht die Urkunde zur

Teilnahme (alle Fotos: Wawarta, StMELF).

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den praktischen Teil des Projekts. Sie können aber auch unabhängig davon im Unterricht genutzt werden (siehe Abbildung 2).

Beim Besuch vor Ort lassen die von den Fachzentren Er-nährung/Gemeinschaftsverpflegung geschulten Ernährungs-handwerker die Schülerinnen und Schüler aktiv an der Produk-tion teilhaben. Das heißt, um nur einige Beispiele zu nennen, die Schüler kneten Teig, füllen Brät ab, kochen Würze ein oder mahlen Weizen.

Was das Projekt besonders machtDas Projekt ist unabhängig und kostenfrei. Es fördert die praktischen Fertigkeiten sowie Fähigkeiten der Schülerin-nen und Schüler und vermittelt zugleich Wissen aus er-ster Hand. Zudem unterstützt es die Umsetzung des Lehr-planPLUS für die Mittel- und die Realschulen, sowohl in Theorie als auch in der Praxis. Das Projekt wurde mit Exper-ten konzipiert und zunächst in einem Pretest sowie ab 2016 im Modellprojekt erprobt und weiterentwickelt. Es erfolgte auch die Abstimmung mit dem Kultusministerium und der Lebensmittelüberwachung.

Erfahrung als Basis: Modellprojekt Oberfranken„Ernährungshandwerk erleben“ wurde zunächst im Mo-dell in Oberfranken vom Fachzentrum Ernährung/Ge-meinschaftsverpflegung am AELF Bayreuth mit tatkräfti-ger Unterstützung des Kompetenzzentrums für Ernährung umgesetzt. Das Projekt kam an: Über 100 Ernährungshand-werker, Lehrer und Schüler nahmen teil und sind weiterhin dabei. Insgesamt fanden neun Besuche über ganz Oberfran-ken verteilt statt.

Die Stimmen sind eindeutig. Die Ernährungshandwer-ker sagen:

Alle Punkte sind praktikabel und leicht zu erfüllen! Aufgrund der Nachwuchsprobleme und der wachsenden Konkurrenz durch Discounter ist es wichtig Jugendlichen zu zeigen wie Lebensmittel hergestellt werden.

Die Meinung der Lehrer fällt ebenso positiv aus: „Das Projekt ist gut in den Lehrplan integrierbar“, „Die Schüler werden

→ Bild 2: Staatsminister Helmut Brunner mit den Schülerinnen und Schülern der Eckersdorfer Schule.

→ Abbildung 2: Ordnercover der Unterrichtsmaterialien

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sensibilisiert. Das Nahrungsmittel erhält einen anderen Stel-lenwert. Die Sicht der Schüler zum Lebensmittel verbessert sich durch das Projekt.“ Die Schüler waren während der Be-suche sehr präsent, löcherten die Ernährungshandwerker mit Fragen und fanden es toll, selbst an der Herstellung be-teiligt zu sein. Ein Schüler wollte am nächsten Tag gleich wieder kommen und eine andere Schülerin hat sich nach einem Praktikumsplatz erkundigt.

Die Idee bzw. die Inhalte zu „Ernährungshandwerk erle-ben“ wurden von zwei Drittel der Teilnehmer für sehr gut be-funden. In puncto Praktikabilität bewerteten die Lehrer das Projekt mit überwiegend sehr gut und gut und attestierten eine hohe Machbarkeit. Die Ernährungshandwerker sehen eine bedeutende Relevanz des Projekts für die Zukunft der Schülerinnen und Schüler.

Auch die Unterrichtsmaterialien wurden als wertvoll zur Vor- und Nachbereitung eingestuft und von allen genutzt. Da das Projekt die Ziele des LehrplanPLUS unterstützt, ist es für die Lehrerinnen und Lehrer gut in den Lehrplan in-tegrierbar. Dies wurde vom Kultusministerium geprüft und bestätigt.

Bayernweiter Weg geebnetAufgrund der guten Resonanz des Modellprojektes hat der Bayerische Staatsminister Helmut Brunner „Ernährungs-handwerk erleben“ Ende Oktober 2017 auf ganz Bayern aus-geweitet. Der Startschuss fiel bei Fuhrmanns Backparadies in Bayreuth, einer Bäckerei, die sich bereits im Modellpro-jekt engagierte. Helmut Brunner und Ehrengäste begleite-ten den Besuch der Eckersdorfer Schülerinnen und Schüler zu Bäckermeister Michael Rindfleisch (siehe Bild 1 und 2). Mit gewaschenen Händen und mit Schürzen ausgestattet betra-ten die Neuntklässler der Mittelschule die Backstube. Nach der Teigzubereitung und während der anschließenden Geh-zeit nutzten die Schülerinnen und Schüler die Gelegenheit

und stellten Helmut Brunner Fragen: „Welches Produkt vom Bäcker essen Sie am liebsten?“ und „Welcher Teil Ihrer Arbeit macht am meisten Spaß?“. Auch Michael Rindfleisch antwor-tete souverän auf Fragen rund ums Bäckerhandwerk. Im An-schluss stellten alle gemeinsam Gebäck her: Knopfsemmeln und Zöpfe – das Highlight des Besuchs (siehe Bild 3 und 4).

Nur was wir kennen, können wir wert schätzen.

Staatsminister Helmut Brunner

Jetzt mitmachenAb sofort können interessierte Ernährungshandwerker mit einem Meisterbrief oder einer Ausbildereignungsprüfung von den Fachzentren geschult werden. Anschließend wird deren Kontakt an teilnehmende Schulen vermittelt und der Besuch ermöglicht. Weitere Informationen gibt es unter www.kern.bayern.de/ernaehrungshandwerk.erleben.

Literatur[1] DR. VOLKER EBERT: Branchenreport Ernährungswirt-

schaft Bayern 2017. Cluster Ernährung (Hrsg.), München. Online verfügbar unter https://www.cluster-bayern-ernaehrung.de/filead-min/content/publikationen_infomaterial/bf_kern_bro_branchenreport_a4_171009_10_final.pdf

ANJA GRILLENBERGERKOMPETENzzENTRUM FÜR ERNÄHRUNG [email protected]

→ Bild 4: Ein Schüler präsentiert seine Teiglinge.→ Bild 3: Staatsminister Helmut Brunner bäckt mit Schülern.

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Leuchttürme der BetriebsgastronomieCoaching Betriebsgastronomie 2017 endete mit Fachkongress

von DR. STEPHANIE HUND: Es geht um Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbei-ter, aber auch um Wertschätzung für regionale und ökologische Lebensmittel. Jedes noch so kleine Umdenken wirkt sich gerade dort vervielfacht auf unser Umfeld aus, wo unzählige Speisen zubereitet werden. Dass dieses Umdenken machbar ist, bewiesen 37 betriebsgastro-nomische Einrichtungen aus ganz Bayern im „Coaching Betriebsgastronomie 2017“. Staats-minister Helmut Brunner ehrte die Teilnehmenden beim abschließenden Fachkongress „Wie is(s)t der Gast von morgen?“ am 4. Oktober in München mit einer Urkunde. Bayern setzt auch in Zukunft auf mehr Qualität und Tierwohl.

In den mehr als 9 100 bayerischen Betriebs- und Behördenkantinen werden jährlich rund 260 Milli-onen Mittagessen ausgegeben. Dafür verarbeitet die bayerische Betriebsgastronomie Lebensmit-tel mit einem Nettowert von etwa 800 Millionen Euro, so Staatsminister Helmut Brunner bei der Urkundenverleihung im Oktober 2017. Diese Umsätze verdeutlichen das hohe Potenzial die-ser Branche.

Gutes Essen hat einen hohen Stellenwert – auch am ArbeitsplatzEs ist Erlebnis, Auszeit, Gemeinschaft, Kraft tan-ken, Genuss! Doch der Essensgast von heute er-wartet mehr als das: Er setzt mehr denn je auf gesundes Essen, Qualität, auf regionale Herkunft und Ökologie, aber auch auf fairen Handel und Tierwohl. Erfolgreich kommuniziert, kann damit die Betriebsgastronomie als Aushängeschild des Unternehmens punkten.

Das Staatsministerium für Ernährung, Land-wirtschaft und Forsten (StMELF) hat das Ziel, dass es in der Breite gelingt, Berufstätigen einen gesunden Lebensstil zu ermöglichen. Ausgewogene und abwechslungsreiche Gerichte, frisch zubereitet aus regionalen Produkten, sol-len auch am Arbeitsplatz zur Selbstverständlichkeit wer-den. Die im März 2015 veröffentlichten Bayerischen Leit-linien Betriebsgastronomie mit den vier Leitgedanken Gesundheit, Regionalität, Ökologie und Wertschätzung sind dabei maßgebliche Orientierungshilfe.

Coaching Betriebsgastronomie 2017Im „Coaching Betriebsgastronomie“ werden den teilneh-menden Einrichtungen durch Analyse von Einkauf, Spei-senangebot und Kommunikation Optimierungspotenziale aufgezeigt, Ziele formuliert und Wege zur Umsetzung erar-beitet. Die einzelnen Module wurden von Expertinnen und Experten aus Praxis, Wirtschaft und Wissenschaft zusam-mengestellt und auf Praxistauglichkeit geprüft.

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→ Bild 1: Joachim Pott und Helmut Seiter vom Mitarbeiterkasino der 3M Deutschland

GmbH Standort Seefeld, Lkr. Starnberg, bei einer Arbeitssitzung des Coachings

Betriebsgastronomie 2017 (Foto: Bettina Knoll, Fachzentrum Ernährung/

Gemeinschaftsverpflegung, AELF Fürstenfeldbruck).

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Im vorletzten Jahr startete das Coaching Betriebsgas-tronomie mit 37 Betrieben aus ganz Bayern. 2017 nahmen weitere 37 Einrichtungen mit rund 14 000 Essensgästen am Coaching teil und verankerten die Bayerischen Leitlinien in ihren Unternehmen.

Die Einrichtungen wurden von den acht Fachzentren für Ernährung/Gemeinschaftsverpflegung an den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in drei bis fünf Einzelveranstaltungen dabei unterstützt, eine gesundheits-förderliche Speisenplanung, die Verwendung regionaler und regional-ökologischer Lebensmittel sowie die Pflege bayerischer Esskultur zu verwirklichen.

Feierliche Urkundenüberreichung als AnerkennungBeim abschließenden Fachkongress im Münchner Staats-ministerium am 4. Oktober lobte Staatsminister Brunner die Teilnehmenden für ihre Bereitschaft, neue Wege zu gehen und stellte sie als Leuchttürme für gutes, regionales Essen am Arbeitsplatz heraus: Ihr Streben nach Qualität und Ihre Verbundenheit mit der Region seien bei den Essensgästen angekommen. Er versprach weitere Unterstützung beim Ausbau bio-regionaler Lebensmittel. Als Anerkennung für die geleistete Arbeit überreichte er jeder Teilnehmerin bzw. jedem Teilnehmer eine Urkunde.

Trends in der BetriebsgastronomieIm Fokus des Fachkongresses stand aber auch der Blick in die Zukunft: „Wie is(s)t der Gast von morgen?“ – eine Frage, die die Gemeinschaftsverpflegung, Gastronomen und die Ernährungsindustrie gleichermaßen beschäftigt.

Die Gemeinschaftsverpflegung steht im Spiegelbild gesellschaftlicher Entwicklungen. Individualisierung, Ur-banisierung, Nachhaltigkeit und Digitalisierung sind die großen Trends unserer Zeit. Aber: „Wir versuchen, die Na-tur wieder zurückzuholen“, so Corinna Mühlhausen zum Tenor der Gegentrends Natur und Heimat. In vier Szena-rien beschrieb die Trend- und Zukunftsforscherin mit il-lustrativen Bildern die Zukunft der Betriebsgastronomie. Im Fadenkreuz menschlicher Grundbedürfnisse „Natur“ und „Technik“ sowie „Ich“ und „Wir“ ordnete sie die Me-gatrends für die Kantine ein: Selbstoptimierung durch gesunde Ernährung, Essen als Tor zur Welt, aber auch als kulinarische Heimat und gegen das schlechte Gewissen. Hier finden sich zum Beispiel einfache, pure und lokale Ku-linarik, die Free-from-Küche sowie Nose-to-Tail-Konzepte. Jedoch könne man nicht alle Trends bedienen, es gelte die eigenen Gäste und persönlichen Vorlieben im Auge zu behalten.

Welche Chancen haben dabei Premiumprodukte aus der Region in Bayerns Großküchen? Dr. Stefan Hartmann, Präsident des Deutschen Instituts für Gemeinschaftsgas-tronomie (DIG) und Geschäftsführer der BayernBankett Gastronomie GmbH, informierte über die Initiative DIG Strohschwein Bayern. Gemeinsam mit dem DIG ist es ihm gelungen, die gesamte Wertschöpfungskette vom Erzeu-ger bis zur Kantine zusammenzubringen. Die Kriterien sind qualitätsgesichert und überprüft, die Preise fair und aus-kömmlich gestaltet. Dieses hochwertige Produkt bayeri-scher Landwirtschaft wird auch bereits in einigen Betriebs-kantinen angeboten.

→ Bild 2: Nur strahlende Gesichter: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Coachings Betriebgastronomie 2017 mit Staatsminister Helmut Brunner

(Foto: argum/Falk Heller).

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Staatsminister Helmut Brunner regte zum Umdenken an„Wir müssen endlich von dieser Geiz-ist-geil-Mentalität wegkommen“, so der Wunsch von Staatsminister Hel-mut Brunner. Im Gegensatz zu den eu-ropäischen Nachbarn geben die Deut-schen nur einen von zehn Euro für Essen und Trinken aus. Staatsminister Helmut Brunner appellierte an die Verantwort-lichen mehr Geld für die hochwertigen Produkte der bayerischen Land- und Er-nährungswirtschaft auszugeben. Qua-lität hat ihren Preis, aber sie ist ein Ge-winn – für Mensch, Tier und Natur. Dies mehr in den Fokus zu rücken, sei Ziel sei-ner Anfang des Jahres gestarteten bay-erischen Premiumstrategie.

„Wir leben in einem Land wo man sich Qualität durchaus leisten kann. Viel und billig ist perspektivisch ein Auslauf-modell“, so Dr. Stefan Hartmann. Die Initiative DIG Stroh-schwein Bayern ist ein Weg, der im Hinblick auf Nachhal-tigkeit und Tierwohl über die gesetzlichen Anforderungen hinausgeht. Die Schweine haben Auslauf, 25 Prozent mehr Platz, Stroheinstreu und mindestens 50 Prozent planbefes-tigten Boden. In der Fütterung wird auf gentechnisch verän-derte Futtermittel verzichtet. Das mache ein Mehr an Qua-lität möglich, die man auch schmecke. Doch müsse auch die Geschichte des Produkts erzählt werden, um das DIG Strohschwein Bayern weiter zum Erfolgsmodell zu machen. Oder wie es Staatsminister Helmut Brunner ausdrückte: „Wir müssen auch geistige Nahrung anbieten“. Die Resonanz gibt ihnen Recht. Trotz Preisdruck kann der Gast überzeugt wer-den.

Nach dem Coaching ist vor dem CoachingZiel des Fachkongresses „ Wie is(s)t der Gast von morgen?“ war es, nicht nur über Entwicklungen und Trends in der Betriebsgastronomie zu informieren. Den Erfahrungsaus-tausch bayerischer Betriebsgastronomen zu ermöglichen und eine Plattform zum Netzwerken zu bieten standen ebenso im Fokus.

Angelika Reiter-Nüssle, Leiterin des Referats Ernäh-rungsstandards und Qualitätssicherung am StMELF, nutzte die Gelegenheit, interessierte Teilnehmer der Veranstal-tung für die kommende Coaching-Runde zu gewinnen.

Denn das „Coaching Betriebsgastronomie 2018“ startete mit dieser Abschlussveranstaltung wieder neu. Es richtet sich an Küchenleiter und Köche, die je nach Schwerpunkt gemeinsam mit weiteren Verpflegungsverantwortlichen (z.  B. Wirtschaftsleitung, Einkäufer, Beauftragte des Be-trieblichen Gesundheitsmanagements) aus dem gleichen Unternehmen teilnehmen können. Interessierte Betriebe und Einrichtungen können sich ab sofort bei den Ämtern bewerben. Nähere Informationen gibt der Flyer „Coaching Betriebsgastronomie – Nährwert mit Mehrwert“, der kos-tenlos unter www.bestellen.bayern.de heruntergeladen werden kann.

DR. STEPHANIE HUNDKOMPETENzzENTRUM FÜR ERNÄHRUNG [email protected]

→ Bild 3: Trend- und Zukunftsforscherin Corinna Mühlhausen (Foto: argum/Falk Heller).

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Fünf Jahre LandSchafftEnergieBayernweite kostenlose Beratung zu allen Themen der Energiewende

von STEPHANIE NEUMEIER: Seit fünf Jahren gibt es das bayernweite Beraternetzwerk Land-SchafftEnergie. Um die Energiewende in Bayern erfolgreich voranzutreiben, bieten verschie-dene Ansprechpartner in allen Regierungsbezirken vor Ort kostenlose Beratung zu Erneuer-baren Energien, Energieeffizienz und Energieeinsparung an. In fünf Jahren wurden dadurch bayernweit rund 20 000 Personen beraten. Als Schwerpunkte haben sich in den vergangenen Jahren die Themen Biogas, Photovoltaik, Effizienz und Einsparung auf landwirtschaftlichen Betrieben sowie Heizen mit Holz herauskristallisiert.

Die Umsetzung der Energiewende stellt die Gesellschaft noch viele Jahre vor große Herausforderungen. Um dieser Auf-gabe zu begegnen, initiierte Landwirtschaftsminister Hel-mut Brunner vor fünf Jahren das Projekt LandSchafftEnergie. Der Auftrag lautete, bayernweit Beratung zu allen Themen der Energiewende anzubieten – als neutraler Dienstleister. Als Hauptzielgruppen wurden die Land- und Forstwirtschaft, ländliche Kommunen, kleine und mittelständische Unterneh-men, aber auch alle interessierten Verbraucher bestimmt.

Komplexes und langfristiges Projekt„Bei der Energiewende handelt es sich um ein komplexes und langfristiges Projekt, das sich nur gemeinsam mit Wirt-schaft und Bevölkerung realisieren lässt. Um in den Zustän-digkeitsbereichen des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Energiewende voranzubringen war es wichtig, das Informations- und Be-ratungsangebot auszubauen. Hierfür wurden erst die vor-handenen Strukturen analysiert und durch LandSchafft- Energie bayernweit um weitere Ansprechpartner ergänzt“, sagt Wolfgang Schwimmer, der das Projekt von Anfang an als Koordinator begleitet. „Aufgrund der großen Komplexität des Themas war und ist hier die wichtigste Aufgabe, die alten und die neuen Strukturen zu verbinden und den ressortinternen so-wie externen Austausch zu fördern, um ein funktionales Netz-werk staatlicher Energieexperten zu schaffen“, erläutert er.

Ansprechpartner in allen Regierungsbezirken vor OrtSeit 2014 wird LandSchafftEnergie gemeinsam von den Staatsministerien für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) sowie für Wirtschaft und Medien, Ener-gie und Technologie (StMWi) getragen und finanziert. LandSchafftEnergie arbeitet mit rund 60 Experten, die an den unterschiedlichsten Institutionen in allen Regierungs-bezirken Bayerns angesiedelt sind. Beteiligt sind sowohl die Fachzentren für Diversifizierung und Strukturentwick-lung (FZD) an den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft

und Forsten (ÄELF), die Ämter für Ländliche Entwicklung (ÄLE), als auch die Bayerischen Landesanstalten für Land-wirtschaft (LfL), für Wald und Forstwirtschaft (LWF) und für Weinbau und Gartenbau (LWG) sowie C.A.R.M.E.N. e. V. und das Technologie- und Förderzentrum (TFZ) im Kompetenz-zentrum für Nachwachsende Rohstoffe (KoNaRo) in Strau-bing. Von dort aus wird das Gesamtprojekt auch koordiniert. Durch diese Verteilung steht allen Interessierten und Infor-mationssuchenden stets ein kompetenter Ansprechpartner

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→ Abbildung: Das Beraternetzwerk LandSchafftEnergie ist über alle

Regierungsbezirke Bayerns verteilt (Foto: LandSchafftEnergie/TFZ)

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→ Bild 1: Auf der Niederbayernschau 2017 verteilte die bayerische

Waldkönigin Johanna Gierl anlässlich des fünften Geburtstags

Fichtensetzlinge an die Messebesucher (Foto: Stephanie Neumeier, TFZ).

vor Ort zur Verfügung, mit dem direkt Kontakt aufgenommen werden kann. Über thematische Arbeitskreise zur internen Qualifikation und fachlichen Diskussion vernetzen sich die einzelnen Projektmitarbeiter. Hier tauschen sich LandSchafft- Energie-Kollegen unter anderem intensiv zu den Themen Energieeffizienz, Festbrennstoffe oder Wärmenetze aus.

Kostenlose Informationen und BeratungenDie LandSchafftEnergie-Mitarbeiter beraten individuell und wollen gezielt auf die Anliegen von Einzelpersonen eingehen. Deshalb wird versucht, bei jeder Anfrage eine maßgeschneiderte Lösung zu finden und bei der Umset-zung konkrete Hilfestellungen zu geben. Ein weiteres Ziel dieser initialen Beratung ist es, auch die Akzeptanz für die Energiewende und die erneuerbaren Energien zu erhöhen. Das Beraternetzwerk will außerdem das effiziente Erzeu-gen und den verantwortungsvollen Verbrauch von Strom und Wärme fördern, Projekte rund um erneuerbare Ener-gie vorantreiben und klimaschonende Mobilitätskonzepte unterstützen.

Innerhalb von fünf Jahren nutzten rund 20 000 Perso-nen das Beratungsangebot von LandSchafftEnergie. Zudem wurden von den Energiewende-Experten rund 760 Vorträge gehalten und damit rund 27 000 Personen erreicht. „Unser Beratungsangebot können Interessierte jederzeit völlig kos-tenlos nutzen“, betont Schwimmer.

Energiecheck für landwirtschaftliche BetriebeEine Beratungsleistung, die oft und gerne in Anspruch genom-men wird, ist der kostenlose Energiecheck für landwirtschaft-liche Betriebe, der von den LandSchafftEnergie-Mitarbeitern an den Fachzentren für Diversifizierung und Strukturent-wicklung durchgeführt wird: Hierfür kommt ein LandSchafft-Energie-Berater auf den Betrieb, ermittelt den Energiebedarf und vergleicht die einzelnen Verbräuche mit den passen-den Orientierungswerten. Auswertungsmöglichkeiten be-stehen für Betriebe mit Milchviehhaltung, Ferkelerzeugung, Rinder- oder Schweinemast in den Bereichen Strom-, Kraft-stoff- und Heizenergieeinsatz. So können zum einen Betriebs-vergleiche hinsichtlich der Entwicklung des Verbrauchs und

→ Bild 2: Durch den Energiecheck decken die LandSchafftEnergie-Mitar-

beiter energetische Optimierungsmöglichkeiten für landwirtschaftli-

che Betriebe auf (Foto: Stephanie Neumeier, TFZ).

Energieautarke LegehennenhaltungDurch Optimierungsmaßnahmen und Nachrüstung in der Stromversorgung kann die Legehennenhaltung auch im mobilen Außenstall für 2 000 Tiere energieautark werden: Durch Optimierung von Fütterung und Beleuchtung wurde der Strombedarf um 1 100 kWh pro Jahr gesenkt. Mit der Nachrüstung von sechs 160 Watt-Photovol-taik-Modulen auf einem mobilen Anhänger und einem Batteriespeicher mit 800 Am-perestunden gelang es den Stall ohne Netzanschluss mit Energie zu versorgen. An-stelle der 10 000 Euro für den Netzanschluss investierte der Landwirt neben der neuen Beleuchtung nur rund 2 300 Euro für die Photovoltaikanlage und den Speicher.

Infobox 1: Praxisbeispiel aus der Beratung von LandSchafftEnergie in Mittelfranken

→ Mobiler Außenstall (Foto: AELF Uffenheim)

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der Kosten über mehrere Zeitperioden und zum anderen Betriebsvergleiche hinsichtlich der Bewertung und Einschät-zung der Höhe des Stromverbrauchs im Vergleich zu ähnlichen Betrieben nach Betriebsgrößenklassen durchgeführt werden. Die erarbeiteten relevanten Kennzahlen stellen eine wichtige Grundlage für die weitere Beratung dar. Im Nachgang erhält der Landwirt die Daten noch einmal zusammengefasst und bekommt Tipps zu Einsparmaßnahmen an die Hand. „In vie-len Betrieben können durch den Energiecheck deutliche Ein-sparpotenziale in den unterschiedlichsten Bereichen erarbei-tet werden“, unterstreicht Schwimmer. In den vergangenen fünf Jahren nahmen rund 900 Landwirte diese Dienstleistung von LandSchafftEnergie in Anspruch.

Biogas, Photovoltaik und Holz als wichtige ThemenGerade im Herbst und Winter rückt das Thema Holz (ca. 750 Beratungen in den letzten fünf Jahren) als wichtigster nachwachsender Rohstoff, klimaneutraler Bau- und Werk-stoff sowie als CO2-Speicher in den Fokus der Beratung von LandSchafftEnergie. Dies war auch der Grund, weswe-gen vor zwei Jahren die Veranstaltungsreihe „Wärmewende mit Holz“ vom StMWi ins Leben gerufen wurde: Seitdem werden in der kalten Jahreszeit in allen Regierungsbezir-ken Veranstaltungen angeboten, die spezielle Aspekte zum Thema Holz näher beleuchten. So findet beispiels-weise von Anfang Oktober bis Ende März in Straubing je-den Dienstag ab 9:30 Uhr ein Vortrag zur Thematik „Wär-megewinnung aus Biomasse“ statt. Anschließend können Besucher die Dauerausstellung Biomasseheizungen besich-tigen. Insgesamt umfasst die Ausstellung mehr als 120 Ex-ponate: Scheitholzkessel, Hackschnitzel- und Pelletkessel, aber auch Kaminöfen, Scheitholzherde, elektrostatische Ab-scheider, Fernwärmeleitungen sowie weitere Komponenten. Neben Photovoltaik (ca. 1 100 Beratungen) ist der Bereich

Biogas (ca. 1 350 Beratungen) ein weiteres wichtiges Bera-tungsfeld von LandSchafftEnergie: Hier können die Berater unter anderem aufzeigen, wie sich eine bestehende Biogas-anlage vom normalen Betrieb auf eine flexible Fahrweise um-stellen lässt. Hintergrund ist, dass Biogas als speicherbarer regenerativer Energieträger die Schwankungen der fluktu-ierenden Energieträger Wind und Sonne ausgleichen kann. Darüber hinaus informieren die Mitarbeiter von LandSchafft-Energie auch zu unterschiedlichen Förderprogrammen.

Energiekonzepte für KommunenAuch für Gemeinden bietet LandSchafftEnergie Beratung an, um vor Ort die Energiewende umzusetzen: Fast 300 Kom-munen haben in den vergangenen fünf Jahren im Rahmen des Programms „100 weitgehend neutrale Kommunen“ oder der „Integrierten Ländlichen Entwicklung“ (ILE) die Beratung von LandSchafftEnergie genutzt. Dabei wurden rund 100 Energiekonzepte unter intensiver Einbeziehung der Bür-ger und unter fachlicher Begleitung von Energieagenturen, Hochschulen oder freien Büros ausgearbeitet. Zudem wer-den mehr als 20 Energiekonzepte in kommunalen Allianzen mit rund 190 Gemeinden erarbeitet.

Persönlicher Kontakt auf MessenVon Anfang an war für das Beraternetzwerk wichtig auf vie-len Messen und Veranstaltungen in allen Regierungsbezir-ken präsent zu sein, um so mit möglichst vielen Personen in Kontakt zu kommen und das Projekt bayernweit bekannt zu machen. Zu 430 eigen initiierten Veranstaltungen und Messeauftritten waren LandSchafftEnergie-Mitarbeiter in den vergangenen fünf Jahren an 420 weiteren Veranstal-tungen beteiligt. Zum einen waren das Verbrauchermessen, wie beispielsweise die Ostbayernschau in Straubing, oder die Niederbayernschau in Landshut, die Allgäuer Festwoche,

→ Bild 3: Bis Ende März öffnet die Dauerausstellung Biomasseheizungen

im Schulungs- und Ausstellungszentrum (SAZ) im KoNaRo in

Straubing jeden Dienstag ihre Tore (Foto: Ulrich Eidenschink, TFZ).

→ Bild 4: Da die Energiewende langfristig angelegt ist, sind auch Kinder

im Fokus: LandSchafftEnergie-Koordinator Wolfgang Schwimmer auf

dem Streetlife-Festival 2017 (Foto: Stephanie Neumeier, TFZ).

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aber auch das Bayerische Zentral-Landwirtschaftsfest oder das Streetlife-Festival in München. Daneben ist es auch ein Anliegen von LandSchafftEnergie auf Fachveranstaltungen vor Ort zu sein, um speziell die Zielgruppen zu erreichen.

Zielgruppengerechte Aufbereitung der InhalteZusätzlich zur persönlichen Beratung sind in den vergan-genen fünf Jahren diverse Publikationen von LandSchafft-Energie entstanden: Zum einen wurden Informationen zum Beraternetzwerk im allgemeinen Imageflyer oder der jähr-lich erscheinenden Leistungsbilanz aufbereitet. Zum ande-ren gibt es Publikationen, die einzelne Zielgruppen im Fo-kus haben: beispielsweise die Broschüre „Energieeffizienz in der Landwirtschaft“ oder auch der Flyer „Der Energiecheck für die Landwirtschaft“. Für Kinder gibt es die drei Medien: „Pflänzchen“, „Mini-Pflänzchen“ und „Bäumchen“, in denen Kindern der Natur- und Nachhaltigkeitsgedanke auf spiele-rische Art und Weise vermittelt werden soll und die sich gut für Schulklassen eignen. Darin enthalten sind auch Rätsel, Comics, Bilder zum Ausmalen und ein Poster.Zu speziellen Themen oder Veranstaltungen wurden Flyer entwickelt, die fortlaufend aktualisiert werden, zum Bei-spiel die Flyer „Wärmegewinnung aus Biomasse“ oder „Der Weg zum Wärmenetz“. Eine Übersicht aller aktuellen Pub-likationen ist unter www.landschafftenergie.bayern/ener-gie-publikationen/. Für das Informations- und Beratungsan-gebot von LandSchafftEnergie stehen ebenso das überaus umfangreiche Publikationsangebot der projektbeteilig-ten Institutionen sowie der Projektpartner zur Verfügung. Auch Exponate sollen den Zugang zu den Themen erleich-tern: LandSchafftEnergie entwickelte zum Beispiel einen Eis-wagen mit 300 Watt-Photovoltaik-Modulen auf dem Dach. So lässt sich das Eis, das auf Veranstaltungen verteilt wird, allein mit der Sonnenenergie kühlen.

Newsletter informiert über Energiewende-NewsNeben neutraler Fachberatung bietet LandSchafftEnergie mit-tels eines monatlichen Online-Newsletters aktuelle Fachinfor-mationen für die Praxis. Die „LandSchafftEnergie-Nachrichten“ beinhalten aktuelle Meldungen, Publikationen und Termine rund um die Energiewende in Bayern. Die Zahl der Abonnen-ten hat sich seit dem Versand der ersten Ausgabe im November 2012 auf mittlerweile mehr als 3 200 erhöht. Die LandSchafft-Energie-Nachrichten können jederzeit auf der LandSchafft-Energie-Homepage oder über eine E-Mail an [email protected] kostenlos abonniert werden.

Als Erfolg von LandSchafftEnergie ist die Auszeichnung „Gestalter der Energiewende“ zu betrachten, die das Bera-ternetzwerk 2014 vom StMWi erhalten hat. Damit werden engagierte Bürger, Unternehmen, Verbände, Forschungs-einrichtungen und andere Organisationen geehrt, die die Energiewende im Freistaat auf ganz unterschiedliche Weise voranbringen.

Über aktuelle Themen und die nächsten Veranstal-tungen von LandSchafftEnergie informieren Sie sich über www.LandSchafftEnergie.bayern.de bzw. über die Koordi-nationsstelle in Straubing unter Telefon 09421 300-270 oder [email protected].

Die im Beitrag genannten Zahlen sind dem Monitoring entnommen, das alle LandSchafftEnergie-Mitarbeiter mo-natlich führen und das zentral von der Koordinationsstelle in Straubing ausgewertet wird.

STEPHANIE NEUMEIERTECHNOLOGIE- UND FÖRDERzENTRUM IM KOMPETENzzENTRUM FÜR NACHWACHSENDE ROHSTOFFE [email protected]

Energiecheck im Milchviehbetrieb Durch die Umsetzung von verschiedenen ef-fizienzsteigernden Maßnahmen spart ein Milchviehbetrieb im Allgäu nun jährlich knapp 3 200 Euro an Energiekosten. Allein durch den Einbau eines Vorkühlers wurde der Energiever-brauch von 16 auf 7,5 kWh pro 1 000 Liter Milch gesenkt. Zusätzlich wurde die Frequenzsteu-erung der Vakuumpumpe nachgerüstet und eine effizientere Wärmerückgewinnung instal-liert. Eine Amortisation der Gesamtinvestitio-nen ist bereits nach zwei Jahren zu erwarten.

Infobox 2: Praxisbeispiel aus der Beratung von LandSchafftEnergie in Schwaben

→ Effizienzverbesserung durch Nachrüstung (Fotos: Eva Nowatschin, AELF Kempten)

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Hackschnitzel aus dem KurzumtriebBrennstoffqualität und Verbrennungsverhalten

von DR. DANIEL KUPTZ und DR. ELKE DIETZ: Bei der Produktion von Hackschnitzeln aus dem Kurzumtrieb kommt es je nach Baumart, Klon, Standort, Umtriebszeit, Erntetechnik und Aufbereitung zu unterschiedlichen Brennstoffqualitäten. Die Hackschnitzel variieren u. a. im Wassergehalt, Aschegehalt und ihrer chemischen Zusammensetzung. Geeignete Maßnah-men, z. B. die Trocknung, Siebung, Baumartenwahl oder die Vermeidung von Mineralboden-einträgen helfen, die Brennstoffqualität zu verbessern. Dennoch ist bei der Verbrennung von Hackschnitzel aus Kurzumtriebsplantagen (KUP) mit höheren Emissionen an CO, NOX und Staub zu rechnen, weshalb eine geeignete Feuerungstechnik ebenso zu empfehlen ist.

Kleinfeuerungsanlagen < 100 kW sind für den störungsfreien Betrieb auf eine definierte, gleichbleibende und hohe Brennstoffqualität angewiesen [1] [2]. Besonders in Hinblick auf die seit 1. Januar 2015 geltenden strengeren Emissionsgrenzwerte der Stufe 2 der ersten Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (1. BImSchV, 0,4 g/Nm3 CO und 0,02 g/Nm3 Staub, gemessen jeweils bei 13 Prozent O2) [3] wird die Verwendung qualitativ hochwertiger Brennstoffe empfohlen. In privaten Hackschnitzel-kesseln werden neben Hackschnitzeln aus Wald- und Sägerestholz auch Hack-schnitzel aus dem Kurzumtrieb (KUP) verbrannt [4]. Hierbei handelt es sich um schnellwachsende Baumarten wie Pappel und Weide, die für die Energie-holzproduktion auf Ackerflächen an-gebaut werden. Die Brennstoffqualität von KUP unterscheidet sich dabei häufig von der Qualität von Waldhackschnitzeln [5] [6]. Da KUP in Bayern sehr klein-flächig und vornehmlich für den Verbrauch in privaten Feu-erungen kleiner Leistung angebaut wird, ist eine möglicher-weise niedrigere Brennstoffqualität als besonders kritisch zu bewerten.

Um eine rasche Einschätzung der Problematik zu gewährleisten, wurde die Brennstoffqualität (physika-lisch, inhaltsstofflich) von KUP-Hackschnitzeln und ihr Emissionsverhalten in zwei über das StMELF geförder-ten Forschungsprojekten abgeschätzt. Die Bearbeitung

erfolgte durch die Abteilung „Forsttechnik, Betriebswirt-schaft, Holz“ der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) und das Sachgebiet „Biogene Festbrennstoffe“ des Technologie- und Förderzentrums im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe (TFZ).

Brennstoffqualität von KUP-HackschnitzelnDie Brennstoffqualität von KUP-Hackschnitzeln ist in vielen Punkten (z. B. Aschegehalt, Heizwert, Feinanteil) ähnlich der Qualität von Hackschnitzeln aus Waldrestholz [5] [6] (siehe Tabelle). Auffällig war neben einem typischerweise

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→ Tabelle: Mittlere Brennstoffqualität von KUP-Hackschnitzeln aus Pappel (n = 29 – 50) und Weide

(n = 22 – 27) im Vergleich zum Grenzwert nach DIN EN ISO 17225-4 (Spezifikationen B1 und B2)

sowie zu Hackschnitzeln aus Waldrestholz (n = 22) und Energierundholz (n = 12)

(wf = wasserfreie Bezugsbasis)

Parameter Einheit DIN EN ISO 17225-4 B1/

B2

Pappel Weide Wald-restholz

Energie rundholz

Wassergehalt m-% – 53,6 51,0 47,2 50,7

Aschegehalt m-%, wf 3,0 2,0 2,1 2,1 1,0

Heizwert MJ/kg, wf – 18,40 18,26 18,85 18,64

Feinanteil m-% 10,0 (15,0) 6,4 5,6 14,2 8,9

Stickstoff m-%, wf 1,00 0,33 0,48 0,33 0,16

Schwefel m-%, wf 0,10 0,03 0,04 0,03 0,02

Chlor m-%, wf 0,05 0,01 0,01 0,01 0,01

Cadmium mg/kg, wf 2,00 0,33 0,85 0,19 0,14

Zink mg/kg, wf 100,00 38 70 27 18

Summe Aero-solbildner

mg/kg, wf – 2 954 2 648 1 661 1 112

davon Kalium mg/kg, wf – 2 898 2 570 1 610 1 076

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für KUP erhöhten Wassergehalt ein hoher Gehalt an ver-brennungskritischen Inhaltsstoffen, v.  a. an Stickstoff, Cadmium, und Zink sowie an aerosolbildenden Elemen-ten (v. a. Kalium). Diese Werte lagen häufig über den typi-schen Gehalten für Waldhackschnitzel [5]. Die Grenzwerte der aktuell gültigen internationalen Norm für Holzhack-schnitzel, die DIN EN ISO 17225-4 (Spezifikation B1 und B2) [7], konnte aber i. d. R. eingehalten werden. Hackschnitzel aus KUP sind demnach als naturbelassener Brennstoff ein-zuordnen. Trotzdem lassen v. a. frisch geerntete KUP-Hack-schnitzel im Vergleich zu Waldhackschnitzeln höhere Emis-sionen an CO, NOX und Gesamtstaub bei der Verbrennung erwarten [1] [2].

Aufbereitung durch Siebung und TrocknungDie Brennstoffqualität von KUP lässt sich durch geeignete Aufbereitungsmaßnahmen, z. B. durch Trocknung und Sie-bung, verbessern. Technische Trocknungsverfahren (z.  B. durch Belüftung mittels Abwärme von Biogasanlagen) ver-ringern dabei zuverlässig den Wassergehalt [8] [9]. Die na-türliche Trocknung im ungehackten Holzpolter hat in bei-den Forschungsprojekten dagegen häufig, allerdings nicht in jedem Fall, zu dem für viele Kleinfeuerungsanlagen als Mindestmaß benötigten Wassergehalt von < 35 m-% (Mas-seprozent) geführt [8]. Vor allem bei Pappeln aus dem zehn-jährigen Umtrieb mit sehr dicken Stämmen konnte dies über die beobachtete Trocknungsdauer von fünf bis sechs Som-mermonaten (im Jahr 2016) nicht immer mit Sicherheit ge-währleistet werden. Im Fall von KUP kann somit eine techni-sche Trocknung erforderlich werden, v. a. wenn sehr niedrige Wassergehalte von < 25 m-% oder < 15 m-% für die Verwen-dung in besonders anspruchsvollen Kesseln sichergestellt werden sollen.

Durch Siebung konnte in vielen Fällen der Aschegehalt und der Feinanteil ausgewählter KUP-Proben reduziert wer-den. In der Praxis kommen dabei sowohl mobile, als auch stationäre Trommel-, Stern- und Schwingsiebe zum Einsatz [8] [9]. Auch die verbrennungskritischen Inhaltsstoffe wur-den durch die Siebung teilweise reduziert, wobei die Ge-halte an Natrium oder Chlor nur gering, der Gehalt an aero-solbildenden Elementen (v. a. Kalium) dagegen deutlicher verringert wurde. Auch der Stickstoffgehalt im Brennstoff kann durch Abtrennung der feinen Fraktion reduziert wer-

den. Offen bleibt dabei, ob die Verringerung durch die Ab-trennung von Mineralboden-Verunreinigungen oder durch die Abtrennung feiner Rindenpartikel hervorgerufen wurde.

Maßnahmen vor dem HackenNeben der Aufbereitung bieten sich für mehrere Brennstoff-parameter schon vor dem Prozessschritt „Hacken“ Maßnah-men zur Qualitätsverbesserung an, z. B. die Wahl des Stand-orts, der Baumart, der Erntemethode oder der Umtriebszeit.

Von den aerosolbildenden Elementen ist vor allem Ka-lium in KUP-Brennstoffen, gefolgt von Natrium, relevant. Beide Elemente kommen in den analysierten Proben vor-nehmlich aus dem Holz. Die Gegenüberstellung der Ka-lium- bzw. Natriumgehalte in den jeweiligen Böden der KUP-Flächen der LWF und dem darauf produzierten Brenn-stoff zeigt, dass hohe Gesamtgehalte im Boden zwar zu ho-hen Gehalten in der austauschbaren, pflanzenverfügbaren Fraktion des Bodens führen, jedoch dadurch nicht zwangs-läufig höhere Gehalte im Holz (inklusive Rinde) auftreten. Eine Differenzierung nach unterschiedlichen Standorten als Maßnahme zur Verbesserung der Brennstoffqualität macht demnach scheinbar wenig Sinn, wenn dadurch die Gehalte an Aerosolbildnern im Brennstoff verringert werden sollen. Vielmehr scheinen andere Managementaspekte, z. B. die saubere Arbeitsweise bei der Ernte (Vermeidung von Bo-deneintrag), aber auch die Siebung der Brennstoffe einen höheren Effekt zu haben.

Ein Eintrag mit Mineralboden kann zu hohen Aschege-halten führen. Auch kann durch unsauberes Arbeiten der Siliziumgehalt im Brennstoff, der für die Verschlackung eine Rolle spielt, erhöht werden. Somit sind geeignete Vorsichts-maßnahmen bei den Prozessschritten Ernte, Lagerung und Hacken zu treffen. Vollmechanisierte Ernteverfahren sollten demnach nur angewendet werden, wenn der Boden ent-weder trocken oder gefroren ist. Auch bei der motormanu-ellen Ernte ist ein Eintrag mit Mineralboden zu vermeiden, z. B. bei der Holzrückung mit Kran oder beim Hacken. Be-sonders bei zum Trocknen vorgelagerten Poltern sollte da-rauf geachtet werden, dass die unterste Schicht des Polters gegebenenfalls nicht verwendet wird. Allerdings könnte durch Niederschlag am Polter anhaftender Mineralboden z. T. abgewaschen werden, wodurch sich die inhaltsstoffli-che Brennstoffqualität durch die Lagerung möglicherweise verbessert.

Die beiden Schwermetalle Cadmium und Zink waren vor allem in der Baumart Weide, aber auch in der Pappel gegenüber Waldrestholz und Energierundholz erhöht. Die Transferfaktoren der Elemente zeigen, dass Zink im Ver-gleich zu anderen Pflanzen verstärkt durch KUP-Kulturen aufgenommen wird. Die Cadmium-Aufnahme ist dage-gen, verglichen mit anderen, vornehmlich nichtholzigen

„Hackschnitzel aus dem Kurzumtrieb – Brennstoffqualität und Verbrennungsverhalten“ bietet die detaillierte Darstel-lung aller Ergebnisse (Download: www.tfz.bayern.de)

Infobox: TFZ-Bericht Nr. 56

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Pflanzen, geringer. Zink wird somit aus dem pflanzenver-fügbaren Angebot im Boden gegenüber Cadmium bevor-zugt aufgenommen, während die Cadmium-Aufnahme vergleichsweise reduziert ist. Pappel ist gegenüber Weide bei der Aufnahme von Zink selektiver. Insgesamt liegen die Gehalte beider Schwermetalle in Korbweide > Silberweide ≥ Pappel, wobei die eigentliche Aufnahmerate der Silber-weide am niedrigsten war. Die Untersuchungen legen nahe, dass Silberweide Cadmium und Zink eher passiv aufnimmt, d. h. hohe Gesamtgehalte im Boden finden sich, trotz eines vergleichsweise geringen pflanzenverfügbaren Angebots, in der Silberweide wieder. Möglicherweise gilt dies aber nur für Karbonatstandorte, da dort Cadmium zusammen mit Cal-cium passiv aufgenommen werden könnte. Um erhöhte Ge-halte von Cadmium und Zink im Brennstoff zu vermeiden, kann Pappel (Max-Klone und Hybrid) gegenüber der Weide bevorzugt werden. Silberweide könnte auf karbonatfreien Standorten eher geeignet sein als Korbweide, dies kann aber aus den Daten nicht abschließend geklärt werden.

Ein Einfluss der Umtriebszeit auf die Brennstoffqualität hat sich in den Fallstudien auf den LWF-Flächen als nur ge-ring und nicht durchgängig über alle Klone/Standorte her-ausgestellt. Folglich kann ökonomischen Aspekten bei der Entscheidung über die Umtriebszeit mehr Gewicht einge-räumt werden als einer möglichen Verbesserung der Brenn-stoffqualität durch Wechsel von fünf- auf zehnjährigen Um-trieb. Eine Betrachtung über eine größere Probenbasis aus beiden Projekten deutet aber zumindest für den Gehalt an Stickstoff auf einen positiven Effekt einer längeren Umtriebs-zeit hin.

Verbrennung von KUP-Brennstoffen in privaten KesselnDie Feuerungsversuche am Prüfstand des TFZ wurden in beiden Projekten einheitlich mit derselben 50 kW Kipprost-feuerung (HDG compact 50) durchgeführt. Als Referenz-brennstoffe kamen Hackschnitzel aus Sägerestholz und Wald restholz (jeweils Nadelholz) zum Einsatz. Sowohl für Weide als auch für Pappel waren die Emissionen an CO, NOX und Staub im Vergleich zur Verbrennung von Hackschnit-zel aus Nadelholz deutlich erhöht. Die Kesseleinstellungen (Luftführung, etc.) waren dabei auf die Verbrennung von Waldhackschnitzeln hin optimiert. Dies könnte einer der Gründe für die höheren Emissionen sein. Vor allem bei sehr nassen Brennstoffen aus KUP stiegen die Werte für CO deut-lich an. Hohe CO Emissionen deuten dabei immer auf eine unvollständige Verbrennung hin. Ein passender Wasserge-halt und ein auf den Brennstoff eingestellter Kessel sollte hier zumindest teilweise Abhilfe schaffen [1] [2].

Die Stickoxidemissionen (NOX) stiegen linear mit den Ge-halten an Stickstoff im Brennstoff an (siehe Abbildung 1) [2]

[8] [10]. Eine Reduzierung des Stickstoffgehalts, z. B. durch Absieben des Feinanteils, ist für eine Reduzierung der NOX-Emissionen zu empfehlen. Vor allem für Feuerungen > 1 MW könnte die Einhaltung strenger NOX-Grenzwerte im Zuge der Novellierung der TA-Luft (voraussichtlich als 43. BImSchV) zur nationalen Umsetzung der europäischen „Medium Plant Combustion Directive“ (MCPD) schwierig werden. Neben Möglichkeiten der Brennstoffoptimierung wird daher aktuell auch an der Entwicklung kostengünstiger technischer Entstickungsmaßnahmen gearbeitet.

Die Emissionen an Gesamtstaub waren direkt abhängig von dem Gehalt an aerosolbildenden Elementen im Brenn-stoff (siehe Abbildung 2) [2] [8] [10]. Hier könnten ebenfalls ein Absieben des Feinanteils und eine saubere Arbeits-weise entlang der gesamten Verfahrenskette hilfreich sein. Nichtsdestotrotz waren die aerosolbildenden Elemente bei KUP generell gegenüber Waldholz deutlich erhöht. Die Emissionen an Gesamtstaub könnten aber auch durch eine

→ Abbildung 1: Stickoxid-(NOX)-Emissionen in Abhängigkeit vom

Stickstoffgehalt im Brennstoff. Referenzproben: Hackschnitzel aus

Sägerestholz und Waldrestholz (jeweils Nadelholz)

→ Abbildung 2: Partikelemissionen in Abhängigkeit vom Gehalt an

aerosolbildenden Elementen im Brennstoff. Referenzproben:

Hackschnitzel aus Sägerestholz und Waldrestholz (jeweils Nadelholz)

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erhöhte Rußbildung aufgrund des hö-heren Wassergehalts und der geringe-ren Energiedichte der Brennstoffe be-dingt sein.

Hervorzuheben ist, dass die stren-gen Emissionsgrenzwerte der Stufe 2 der 1. BImSchV [3] ohne die Ver-wendung technischer Minderungs-maßnahmen in der hier verwendeten Feuerung und unter den gewählten Kesseleinstellungen im Nennlastbe-trieb nicht eingehalten wurden. In-wieweit durch einfache Maßnahmen (Brennstofftrocknung, Optimierung der Verbrennungsführung, Teillastbe-trieb) eine Einhaltung der Anforde-rungen gewährleistet werden könnte, konnte in den beiden Projekten nicht abschließend geklärt werden. Nichts-destotrotz ist die Verwendung einer hohen Brennstoffqualität und einer an-spruchsvollen Kesseltechnik mit einem modernen Staub-abscheider zu empfehlen, wenn KUP-Hackschnitzel in pri-vaten Feuerungen eingesetzt werden sollen.

Verbrennung im Heizwerk zeigt ähnliche TendenzenZwei am 1,3 MW Heizwerk des TFZ durchgeführte Fallstu-dien zur Verbrennung von KUP zeigten ähnliche Tendenzen wie die Versuche mit der 50 kW Kleinfeuerungsanlage (siehe Bild). Dabei waren Emissionen an NOX und Gesamtstaub voraussichtlich aufgrund der chemischen Inhaltsstoffe, die Emissionen an CO vornehmlich durch hohe Wassergehalte erhöht. Auch bei Heizwerken bietet sich somit eine Brenn-stoffaufbereitung durch Trocknung oder Siebung an.

Insgesamt zeigt sich, dass KUP-Brennstoff in Kleinfeue-rungsanlagen, aber auch in mittelgroßen Heizwerken bei derzeitigem Entwicklungstand als anspruchsvoller Brenn-stoff einzuordnen ist. Die Einhaltung strenger Emissions-grenzwerte bleibt eine Herausforderung. Aktuelle und in Entwicklung befindliche primärseitige Neuerungen (z. B. Hackschnitzel-Vergaserkessel, etc.) könnten hier Abhilfe

schaffen. Die Trocknung auf den passenden Wassergehalt ist prinzipiell zu empfehlen. Ebenso sollte der Kessel speziell auf diesen Brennstoff eingestellt werden. Generell erweisen sich KUP-Brennstoffe als eher für größere Heizwerke geeig-net, weil hier die notwendigen technischen Maßnahmen zur Luftreinhaltung eher wirtschaftlich darstellbar sind. Un-abhängig von der Anlagengröße sollten KUP-Hackschnitzel schon bei der Brennstoffproduktion hinsichtlich ihrer Quali-tät optimiert und bevorzugt in technisch hochwertigen Feu-erungen verbrannt werden. Solche Feuerungen sollten über geeignete primäre oder sekundäre Maßnahmen verfügen (z. B. elektrostatische Abscheider), um ein niedriges Emissi-onsniveau gewährleisten zu können.

Literatur beim Autor.

DR. DANIEL KUPTZ TECHNOLOGIE- UND FÖRDERzENTRUM IM KOMPETENzzENTRUM FÜR NACHWACHSENDE ROHSTOFFE (TFz)[email protected]. ELKE DIETZ (OHNE BILD)BAYERISCHE LANDESANSTALT FÜR WALD UND FORSTWIRTSCHAFT (LWF)[email protected]

Förderprogramme für moderne Hackschnitzelkessel inklu-sive Staubabscheider bieten das Marktanreizprogramm (www.bafa.de). Beratung gibt es über das TFZ, die LWF und das Expertenteam „LandSchafftEnergie“. Besuchen Sie hierzu unsere Vortragsreihe und Dauerausstellung „Wärme-gewinnung aus Biomasse“ (www.tfz.bayern.de).

Infobox: Förderung und Beratung

→ Bild: KUP-Hackschnitzel am Betriebshof des TFZ (Foto: Ulrich Eidenschink, TFZ).

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Energieberatung für landwirtschaftliche BetriebePositive Zwischenbilanz des LandSchafftEnergie-Teams am AELF Kempten

von KONRAD GRUBER, EVA NOWATSCHIN, MARKUS BAUR und GEORG OHMAYER: Eine po-sitive Zwischenbilanz ziehen die Energieberater von LandSchafftEnergie am AELF Kempten. Mit großem Interesse wird der kostenfreie Energiecheck auf landwirtschaftlichen Betrieben im Allgäu und westlichen Oberbayern nachgefragt. Im letzten Jahr wurden von den Energie-beratern rund 100 Vor-Ort-Energieberatungen durchgeführt. Daraus ergaben sich für die Landwirte häufig Fördermöglichkeiten für Investitionen zur Energieeinsparung über die An-trags- und Genehmigungsstelle der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Bei Bedarf wurden die Landwirte bei der Antragsstellung von den Energieberatern unter-stützt. Gemeinsam konnten so bei der BLE Förderanträge zu Einzelmaßnahmen (u. a. Vorküh-ler, Vakuumpumpe) mit einer Gesamtinvestition von 420 175 Euro und einer Fördersumme von 126 052 Euro eingereicht werden. Die Gesamtinvestitionssumme in Heutrocknungshal-len betrug 3 460 433 Euro mit einer Förderung in Höhe von 675 309 Euro.

Durch den Energiecheck können viele Betriebe spürbar Energie und somit Kosten einsparen. Gerade im Bereich der Milchgewinnung, sprich bei Vakuumversorgung, Kühlung und Reinigung, sind teilweise enorme Einsparpotenziale zu erkennen. Als Praxisbeispiel wird der Milchviehbetrieb mit 90 Kühen mit Nachzucht von Elisabeth und Martin Ruf in Baisweil vorgestellt: Auf dem Betrieb konnte eine Einspa-rung von über 53 Prozent bei der Milchgewinnung gemes-sen werden. Zunächst wurde bei einem Rundgang über den Hof der Ist-Zustand mit den wesentlichen, energetischen Verbräuchen aufgenommen. Und obwohl die Familie bereits durchaus energiebewusst wirtschaftet, taten sich wertvolle Einsparmaßnahmen bei der Milchgewinnung auf.

Einsparpotenzial beim MelkenBisher wurde auf dem Betrieb eine Vakuumpumpe ohne Frequenzsteuerung genutzt. Eine Vakuumpumpe mit einer Frequenzsteuerung senkt den Stromverbrauch allerdings erheblich und sollte, wenn ohnehin ein Austausch der al-ten Vakuumpumpe ansteht, bevorzugt eingebaut werden. (Beim AMS ohnehin Standard). Da sie über einen Sensor das benötigte Melkvakuum ermittelt und danach die Dreh-zahl der Pumpe anpasst, können mindestens 50 Prozent an Strom einsatz eingespart werden. Neben der Energieeinspa-rung ergibt sich noch der weitere positive Effekt, dass sie we-sentlich leiser im Betrieb ist und der Lärmpegel somit deut-lich reduziert wird. Besteht keine Notwendigkeit, die alte Vakuumpumpe auszutauschen, so kann man auch lediglich auf Frequenzsteuerung nachrüsten (Bild 1). Hierbei muss da-

rauf geachtet werden, dass die Größe der Frequenzsteue-rung zur Vakuumpumpe passt. Auf unserem Beispielbetrieb ist die Vakuumpumpe täglich ca. 3,75 Stunden in Betrieb. Durch das Nachrüsten der bestehenden Vakuumpumpe auf Frequenzsteuerung können hier mindestens 3 750 kWh im Jahr eingespart werden (Tabelle 1).

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→ Bild 1: Nachrüsten der bestehenden Vakuumpumpe auf Frequenz-

steuerung (alle Fotos: Eva Nowatschin).

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Milchkühlung und ReinigungAuf dem Betrieb werden täglich ca. 2 200 Liter Milch ge-kühlt. Der Energiebedarf für die Kühlung wurde vor der Be-ratung gemessen und mit 16 kWh pro 1 000 Liter Milch als durchschnittlich eingestuft. Zum Vergleich, der Zielbedarf für eine effiziente Milchkühlung mit Vorkühlung liegt bei deutlich unter 10 kWh pro 1 000 Liter Milch. Für den ho-hen Energieverbrauch konnten zwei Gründe ausgemacht werden: Zum einen wurde ein ineffizientes Wärmerückge-winnungssystem (WRG) und zum anderen eine Direktküh-lung ohne Vorkühler genutzt. Über die ineffiziente Wärme-rückgewinnung wurden täglich maximal 800 Liter warmes Wasser mit einer Temperatur von nur 35 °C anstatt 55 °C er-zeugt. Ursachen hierfür waren Verkalkungen, ein zu kleiner Wärmetauscher und defekte Isolierungen.

Sparen mit einem Entkalkungssystem240 l/Tag warmes Wasser wurde für die Wannenreinigung genutzt (Tabelle 2). Überschüssige Wärme wurde an die Um-gebungsluft abgegeben. Da die erforderliche Spültempe-ratur der Wannenreinigung jedoch 70 °C betragen muss, wurde der Temperaturunterschied elektrisch aus nicht erneuerbaren Energiequellen nachgeheizt. Wasser über Strom aufzuheizen ist natürlich ein Energie- und Kostenfres-ser. Es wurden für die fehlenden 20 °C aus der WRG zusätzlich 2 037 kWh an elektrischer Energie pro Jahr verbraucht. Von uns als Energieberater im LandSchafftEnergie-Team wurde daraufhin empfohlen, ein effektives und energiesparenderes Wärmerückgewinnungssystem einzubauen, das das Spül-wasser bereits auf 55 °C erhitzt. Mit Steuerung, Plattentau-scher und Wärmespeicher konnte das bestehende System

erneuert werden (Bild 2). Generell ist es von Vorteil, der Wär-merückgewinnung eine Entkalkung vorzuschalten.

Vorkühler reduziert StromverbrauchWeiterhin konnte der Betrieb den hohen Stromverbrauch der Milchkühlung durch den Einsatz eines Vorkühlers redu-zieren. Vorkühler senken die Temperatur der Milch, bevor sie in den Milchtank kommt. Sie werden in der Milchlei-tung zwischen dem Milchabscheider und dem Milchtank eingebaut. Mittels Brunnen- oder Leitungswasser kann die Milchtemperatur im Gegenstromprinzip je nach Jahreszeit auf 10 – 19 °C gesenkt werden, bevor sie in den Milchtank kommt. Damit wird die Laufzeit des Kühlaggregats deutlich verkürzt. Unterschieden werden Platten- und Rohrkühler. Für welchen Betrieb sich ein Vorkühler lohnt und ob es ein Rohr-oder Plattenkühler sein soll, muss vor Ort berechnet und abgeklärt werden.

Energieberater empfahl einen PlattenkühlerAuf unserem Beispielbetrieb fallen täglich ca. 2 200 Liter Milch an. Mittels der Abwärme aus der Milchkühlung von 35 °C auf ca. 4 °C (effektive Wärmerückgewinnung ohne Vorkühler)

→ Tabelle 1: Umgesetzte Maßnahme 1 – Nachrüsten der Vakuumpumpe auf Frequenzsteuerung (Hinweis: Bei pauschalierenden Betrieben ist die

Mehrwertsteuer noch zu berücksichtigen)

Tägliche Laufzeit in h

Nennleistung in kW

Stromverbrauch ohne Frequenzsteuerung

in kWh/Jahr

Erwartete Einsparung in Prozent

Erwartete Einsparung mit

Frequenz steuerung in kWh/Jahr

3,75 5,5 7 528 50 3 764

Nettokosten Umrüstung auf Frequenz steuerung

in €

Förderung über BLE 30 Prozent auf die Netto kosten in €

Eigenanteil in €

Kosten einsparung bei 25 ct/kWh in €/Jahr

Amortisation in Jahren

ca. 3 800 ca. 1 140 ca. 2 660 941 2,8

→ Tabelle 2: Umgesetzte Maßnahme 2: Erneuerung des Wärmerückge-

winnungssystems

Spülwasser-menge mit

70 °C in l/Tag und l/Jahr

Bisherige Tempe-

ratur aus WRG in °C

Künftige Tempe-

ratur aus WRG in °C

Erwartete Ein-sparung an elektrischer

Energie in kWh

240 und 87 600 35 55 2 037

→ Bild 2: Wärmespeicher und Plattentauscher eines effizienten

Wärmerückgewinnungssystems.

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könnten hier 1 360 bis 1 540 Liter Wasser auf 55 °C erwärmt werden. Durch den Vorkühler steht weniger Abwärme für die Wärmerückgewinnung zur Verfügung und die erwärmbare Wassermenge reduziert sich damit auf 640 bis 720 Liter. Aus den 2 200 l Milchkühlung können somit noch mindestens 640 Liter für die Reinigung und Sonstiges genutzt werden. Da auf dem Betrieb täglich maximal 500 Liter warmes Wasser ge-braucht werden, wurde der Einbau eines Plattenkühlers vom Energieberater hier als sinnvoll angesehen (Bild 3). Entschei-det man sich für einen Plattenkühler, so muss darauf geach-tet werden, dass er regelmäßig gereinigt wird, da Verunreini-gungen die Kühlleistung vermindern. Vor dem Milchzulauf und auch während der Anlagenreinigung ist es daher sinnvoll, wie auf unserem Beispielbetrieb, einen Filter vorzuschalten, um Fremdkörper wie z. B. Stroh oder Sägespäne abzufangen.

Zeitschaltuhr regelt VorkühlerDer Nachlauf des Wasserstroms nach dem Melken durch den Vorkühler wird auf dem Betrieb über eine Zeitschaltuhr ge-

regelt. Hierdurch ist der Vorkühler für das nächste Abpum-pen der Milch optimal vorbereitet und schon herunterge-kühlt. Wie lange der Nachlauf sein soll, muss individuell auf dem Betrieb eingestellt werden. Hier muss das richtige Maß zwischen optimaler Vorkühlertemperatur nach dem Melken und dem Mehr an anfallendem Wasser gefunden werden. Das Gleiche gilt auch für die Durchflussmenge im Allgemei-nen. Durch den Einsatz eines Vorkühlers und das Nachrüsten einer effektiven Wärmerückgewinnung konnte ein Bedarf von 7,5 kWh pro 1 000 Liter Milch und somit eine Einsparung bei der Milchkühlung von 8,5 kWh pro 1 000 Liter Milch ge-messen werden (Tabelle 3).

Warmes Wasser aus Vorkühler nutzenDas lauwarme Wasser aus dem Vorkühler kann sinnvoll wei-terverwendet werden. Familie Ruf hat sich dazu entschie-den, das erwärmte Wasser in zwei Tanks neben dem Melk-stand zu sammeln (Bild 4). Über eine Tränke unterhalb der Tanks können die Kühe dann unmittelbar nach dem Melken

→ Tabelle 3: Umgesetzte Maßnahme 3: Einbau eines Vorkühlers (Hinweis: Bei pauschalierenden Betrieben ist die Mehrwertsteuer noch zu berücksichtigen!)

Milch- menge/

Tag

Energiebedarf Milchkühlung

1 000 l in kWh laut Messung ohne

Vorkühler

Energiebedarf Milchkühlung in

kWh/Jahr laut Messung ohne

Vorkühler

Energiebedarf Milchkühlung

1 000 l in kWh laut Messung mit

Vorkühler

Energiebedarf Milchkühlung in

kWh/Jahr laut Messung mit

Vorkühler

Einsparung in kWh/Jahr

Einsparung in Prozen

2 200 l 16 12 848 7,5 6 039 6 809 53

Nettokosten Vorkühler €

Förderung über BLE 30 Prozent auf die

Nettokosten in €

Eigenanteil in €

Kosteneinsparung bei 25 ct/kWh in €/Jahr

Amortisation in Jahren

ca. 3 500 ca. 1 050 ca. 2 450 1 702 1,4

→ Bild 3: Plattenkühler

→ Bild 4: Das erwärmte Wasser aus dem Vorkühler wird neben dem Melkstand in zwei Tanks

aufgefangen und so den Kühen unmittelbar nach dem Melken in einer Tränke bereitgestellt.

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das erwärmte Wasser trinken. Fängt man das Wasser aus dem Vorkühler in einem Tank auf, so muss eine mögliche Verkeimung im Auge behalten werden. Eine tägliche, voll-ständige Entleerung ist ratsam.

Halbierung des Energiebedarfs erreichtNach einem Jahr in Betrieb hat sich die Gesamtinvesti-tion von 8 900 Euro in eine effektive Wärmerückgewin-nung, einen Vorkühler und eine Frequenzsteuerung ener-getisch schon gelohnt (Tabelle 4). Eine erneute Messung des Milchkühlsystems ergab nur noch knapp die Hälfte an Energieeinsatz. Die Gesamteinsparung pro Jahr liegt im Betrieb Ruf bei 12 610 kWhel. und ca. 3,5 to CO2. Finanziell liegt die Einsparung bei ca. 3 153 Euro/Jahr. Die Amorti-sation der Gesamtinvestition ist bereits nach zwei Jahren zu erwarten.

„Mit dem Angebot der kostenfreien Energie-beratung für Landwirte über das LandSchafft-Energie-Team wird ein Beitrag zum Klima-schutz geleistet.“

Absolut positiv zu bewerten ist die oft deutliche Kostenein-sparung für den Landwirt. Auf so gut wie jedem Betrieb sind große oder kleine Einsparpotenziale vorhanden. Es lohnt sich also immer den eigenen Betrieb auf den Energiever-brauch zu durchleuchten.

KONRAD GRUBEREVA NOWATSCHINMARKUS BAURGEORG OHMAYERAMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN [email protected]@[email protected]@aelf-ke.bayern.de

• Bei Milchviehbetrieben geht man von einem Stromverbrauch von etwa 400 kWh/Kuh und Jahr bzw. etwa 5 kWh/100 Liter Milch aus.

• Hohe Energiekosten fallen gerade bei der Milchgewinnung an.• Unser Beispielbetrieb konnte den Energiebedarf des Milchkühlsystems nach der Beratung um über 50 Prozent reduzieren. • Der Zielbedarf bei der Milchkühlung liegt bei unter 10 kWh pro 1 000 Liter Milch. • Je nach Betriebssituation kann der Einsatz eines Vorkühlers sinnvoll sein, um den Energiebedarf der Milchkühlung um

40 – 60 Prozent zu reduzieren. • Frequenz gesteuerte Vakuumpumpen können mindestens 50 Prozent Energie und Kosten gegenüber einer ungeregelten

Vakuumpumpe einsparen.• Das Kühlaggregat sollte an einem kühlen Platz mit ausreichender Luftzirkulation aufgestellt, regelmäßig gereinigt und

gewartet werden. (Beispiel: Steigt die Umgebungstemperatur um 10 °C, steigt der Energiebedarf um 30 Prozent).• Wannenspülungen (sofern technisch möglich) sparen ca. 50 Prozent elektrischer Energie gegenüber einem klassischen

Spülautomaten. Die Einsparung wird durch die verkürzte Laufzeit der Vakuumpumpe (z. B. 10 min statt 40 min) und durch Wegfall des Nachheizens erreicht. Außerdem reduziert sich meist auch der Reinigungsmittelbedarf.

Infobox: Schneller Überblick

→ Tabelle 4: Gesamtbetrachtung der umgesetzten Maßnahme (Hinweis: Bei pauschalierenden Betrieben ist die Mehrwertsteuer noch zu berücksichtigen)

Netto-investition

Gesamtmaß-nahme in €

BLE- Förde-rung

30 Prozent der Nettoinvesti-

tion in €

Eigenanteil in €

Gesamt-energiebedarf

vor der Maßnahme

in kWh

Gesamt-energiebedarf

nach der Maßnahme

in kWh

Gesamt-einsparung

in kWh

Gesamt-einsparung

in €

Amortisation in Jahren

8 900 2 670 6 230 22 413 9 803 12 610 3 153 2,0

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Land- und forstwirtschaftliche Belange beim Bau von Gleichstromtrassen

von JANA FINZE und SVEN GRÜNERT: Für eine gleichmäßige Energieverteilung in Deutsch-land ist der Ausbau des Stromnetzes notwendig. So sind derzeit im Bundesbedarfsplan -gesetz auch zwei Leitungsvorhaben aufgeführt, die durch Bayern führen sollen: SuedLink und SuedOstLink – zwei Gleichstromleitungen, die als Erdkabel ausgeführt sein müssen. Im Verfahren gilt es nun frühzeitig land- und forstwirtschaftliche Belange intensiv einzubringen. Im Bereich Bodenschutz ist dies bereits gelungen: Die Belange der Landwirtschaft werden nun in einem „Dialog Bodenschutz“ besonders behandelt.

Die Bundesrepublik Deutschland will und muss aus der Energiegewinnung von fossilen Brennstoffen wie Kohle, Gas oder Erdöl aussteigen. Die hierdurch entstehende Versor-gungslücke soll durch den Ausbau der erneuerbaren, klima-freundlichen Energien geschlossen werden. Eine wichtige Komponente ist hierbei die Nutzung der Windkraft an Land (Onshore) und auf See (Offshore).

Laut Bundesverband WindEnergie wurde bis Ende des letzten Jahres eine Leistung von 50 018 Megawatt (MW) über 28 217 Windenergieanlagen (hiervon 27 270 Onshore) installiert. Damit werden 12,3 Prozent der deutschen Strom-produktion gedeckt. Die Bundesrepublik ist damit Spitzen-reiter in Europa und die Nummer drei in der Welt. Die Ge-samtinvestitionen belaufen sich bisher auf 9,2 Milliarden Euro und haben über 140 000 Arbeitsplätze geschaffen. In Deutschland selbst ist Niedersachsen (9 324 MW) führend,

gefolgt von Schleswig-Holstein (6 449 MW), Brandenburg (6 337 MW) und Sachsen-Anhalt (4 914 MW). Bayern als flä-chengrößtes Bundesland erzeugt derzeit 2 233 MW über Windenergie.

Energiegewinnung und GleichstromtrassenDer Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft schätzt den derzeitigen Verbrauch an Strom im Freistaat auf rund 90 Mio. MWh. Allein in den letzten zehn Jahren ist auf-grund des Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums der Verbrauch um 25 Prozent gestiegen. Die Energieerzeugung hingegen sank im Vergleichszeitraum um 30 Prozent. Maß-geblich dafür waren die Abschaltung der Kernkraftwerke sowie der Rückgang der Stromerzeugung aus Erdgas in den Jahren 2012 bis 2014.

Ein Teil der „fehlenden“ Strommenge wird künftig vor Ort durch den Ausbau der erneuerbaren Energien (z. B. Landwirte mit Biogas- oder Photovoltaikanlage) eingespeist. Jedoch ist auch ein Transfer aus anderen Regio-nen notwendig, um das Defizit zu decken und einen Ausgleich der Schwankungen in der Energieproduktion mit Wind und Sonne zu ermöglichen. Derzeit erhalten die Erzeuger von erneuerbaren Energien, wenn sie ihre Anlagen trotz z. B. günstiger Wind- oder Sonnenverhältnisse aufgrund von mangelnder Übertragungsleistung abschalten müssen, eine Entschädigung. Allein in 2016 waren dies laut Bundesnetz-agentur (BNetzA) über 314 Mio. Euro. Im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung um 281 Prozent. Für eine gleichmäßige Ener-gieversorgung in Deutschland werden

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→ Bild 1: Beispielhafter Blick auf eine Erdkabelbaustelle anhand eines 110 kV Wechselstrom-

kabels (Foto: Sven Grünert).

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daher neue Konzepte gebraucht. So sollen neue Höchstspannungsleitungen gebaut und beste-hende nachgerüstet werden. Zwei der wichtigsten Projekte in Bayern sind die Gleichstromprojekte SuedLink und SuedOstLink. Sie sollen dazu beitra-gen die steigenden Strommengen aus dem Nor-den Deutschlands in die industriellen Verbrauchs-zentren im Süden zu transportieren, aber auch den im Süden produzierten Photovoltaik- oder Wasserkraftstrom in den Norden zu befördern.

Beim SuedLink werden zwei Vorhaben pa-rallel realisiert. Eines der beiden verbindet über ca. 560 Kilometer (km) die Netzverknüpfungs-punkte Wilster (Schleswig-Holstein) und das un-terfränkische Grafenrheinfeld bei Schweinfurt. Das zweite Vorhaben verbindet die Netzverknüp-fungspunkte Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) und Großgartach (Baden-Württemberg) mit ei-ner Gesamtlänge von ca. 700 km, davon 270 km in Bayern, und verläuft damit in weiten Teilen auf der gleichen Strecke. Der SuedOstLink soll die Umspannwerke Wolmirstedt (Sachsen-Anhalt) und Isar bei Landshut verknüpfen. Die Gesamt-länge beträgt ca. 540 km, 262 km verlaufen da-von in Bayern. In Bayern sind die Regierungsbe-zirke Oberfranken, Oberpfalz und Niederbayern betroffen. Für alle bayerischen Abschnitte ist der Netzbetreiber TenneT TSO GmbH, kurz TenneT mit Sitz in Bayreuth zuständig. In anderen Bereichen Deutschlands kommen beim SuedOstLink noch die Netzbetreiber 50hertz sowie beim SuedLink TransnetBW hinzu.

Technologie von GleichstromtrassenAnders als bei den meisten bestehenden Stromleitungen handelt es sich bei den Pro-jekten um eine Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertra-gung (HGÜ). Diese ist besonders für weite Entfernungen geeignet, da sie geringere Übertragungsverluste als bei vergleichbaren Wechselstromleitungen ermöglicht. Am Anfang einer Leitung wandelt ein sogenannter Konver-ter demnach Wechsel- in Gleichstrom um und am Ende der Leitung wird durch einen zweiten Konverter wieder Wechselstrom erzeugt, der dann in das bestehende Netz eingespeist und weiter verteilt wird.

Die HGÜ werden aufgrund rechtlicher Vorgaben stan-dardmäßig als Erdkabel in offener Bauweise verlegt. Dies bedeutet, dass Gräben ausgehoben und dort die Kabel in einer Tiefe von bis zu zwei Metern verlegt werden. Soge-nannte Muffen verbinden die Enden der bis zu 1 000 Me-

ter langen Kabelabschnitte. Ein Bauwerk oder ähnliches ist hierfür nicht erforderlich. Auftretende Hindernisse, wie zum Beispiel die Donau oder der Main, können mit Mikro-tunnel oder einer Spülbohrung überwunden werden. Der Bau der Leitung beansprucht einen temporären Arbeits-streifen von 40 bis 50 Metern, welcher im Anschluss rekul-tiviert wird. Eine landwirtschaftliche Nutzung ist danach weiterhin möglich. Auf einer Breite von 15 bis 20 Metern wird allerdings ein sogenannter Schutzstreifen über der Leitung etabliert. Auf diesem dürfen keine tiefwurzelnden Pflanzen wachsen, so dass eine Nutzung mit Sonderkultu-ren (z. B. Hopfen, Wein, Obstbau) oder Wald ausgeschlos-sen ist. Weiterhin dürfen auf dem Schutzstreifen keine bau-lichen Anlagen errichtet werden.

→ Bild 2: Luftlinien geben Orientierung zur Korridorfindung (Quelle: www.onetz.de).

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Eine Ausnahme von der Erdverkabelung in Form von Freileitungen ist nur in einem eng definierten Gesetzes-rahmen möglich. Ausschließlich betroffene Gebietskörper-schaften können ein sogenanntes Freileitungsprüfverlan-gen beantragen. Damit sind u. a. Landschafts-, Bauern- oder Umweltschutzverbände, aber auch Behörden, von einer Be-antragung ausgeschlossen.

Genehmigungsverfahren für GleichstromtrassenDer Bau einer solchen HGÜ-Leitung betrifft auf der Gesamt-länge von mehreren hundert Kilometer viele tausend Grund-stücke unterschiedlichster Nutzung und berührt zahlreiche Interessen (z. B. Denkmalschutz, Trinkwasser, Naturschutz). Der Gesetzgeber hat daher den Ablauf bei der Planung und Genehmigung genau geregelt. Gesetzliche Grundlage ist das sogenannte Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NA-BEG). Die Netzbetreiber erstellen regelmäßig Prognosen zu Stromverbrauch und -erzeugung. Die BNetzA prüft und ge-nehmigt solche Prognosen. Auf dieser Grundlage wird der sogenannte Netzentwicklungsplan mit Umweltbericht er-stellt, der dann im Bundesbedarfsplan durch Bundestag und Bundesrat seine gesetzliche Verankerung findet. Ende 2015 erfolgte dies für die aktuellen Vorhaben nochmals.

Der erste Schritt der konkreten Genehmigung ist die Bundesfachplanung, durchgeführt von der Bundesnetz-agentur als zuständige Behörde. Hierbei handelt es sich um eine Art Raumordnungsverfahren mit erweiterten Kompe-tenzen bzw. Befugnissen. TenneT musste hierfür detaillierte Pläne mit möglichen Trassenkorridoren in einer Breite von 1 000 Metern erarbeiten. Dieses Netz an Korridorvorschlä-gen soll mögliche Wege einer HGÜ-Leitung zwischen den

Netzverknüpfungspunkten aufzeigen. Der Vorhabenträger wählte für diesen Schritt einen Vorschlags- und mögliche Alternativkorridore aus. Bei der Erstel-lung waren beispielsweise der Schutz von Menschen, Tieren, Pflanzen, aber auch andere Ziele der Raumordnung (z. B. Bergbau, Wasser, Windkraft, Mili-tär) oder Infrastrukturen zu berücksich-tigen.

Auf einer sogenannten Antrags-konferenz konnten Träger öffentlicher Belange, Interessenverbände oder Pri-vatpersonen Bedenken, Hinweise und Ideen zu den Trassenkorridoren ein-bringen. Die ein- oder zweitägigen An-tragskonferenzen fanden zwischen Mai und Juli 2017 statt. Im Vorfeld wurden dazu sehr umfangreiche Unterlagen

versendet. Sie zeigten auf, was TenneT in den weiteren Ver-fahrensschritten zum Vergleich der Korridore untersuchen möchte (= Untersuchungsrahmen) und legten die vorge-schlagenen Trassenkorridore offen. Sowohl die Landwirt-schaft als auch der Forst brachte diverse Anregungen vor, um im nächsten Verfahrensschritt eine Bewertung der Kor-ridore vornehmen zu können. Die Festsetzung des konkre-ten Untersuchungsrahmens obliegt letztendlich der BNetzA. Für Teile des Sued OstLink und des SuedLink wurde der Un-tersuchungsrahmen bereits veröffentlicht. Die Ergebnisse der ergänzten Untersuchungen des Netzbetreibers anhand des festgesetzten Untersuchungsrahmens einschließlich der raumordnungsähnlichen Unterlagen werden Anfang des zweiten Quartals 2018 vorliegen. Ziel der Bundesfachpla-nung ist es, einen möglichst raumverträglichen Trassenkor-ridor zu finden. Der genehmigte 1000 Meter breite Korridor-verlauf ist für das anschließende Planfeststellungsverfahren absolut verbindlich. Das bedeutet, dass Änderungen im Ver-lauf oder kleinste Abweichungen außerhalb des Korridors nicht mehr möglich sind. Der Abschluss der Bundesfachpla-nung wird voraussichtlich Ende 2018 sein.

Im folgenden Planfeststellungsverfahren schlägt TenneT in der Feintrassierung den konkreten Verlauf der HGÜ-Lei-tungen flurstücksscharf vor. Die BNetzA muss dann alle Fakten und Argumente abwägen, um einen technisch möglichen, wirtschaftlich sinnvollen sowie für Mensch und Umwelt schonenden Verlauf der Leitungen in einem Plan-feststellungsbeschluss zu erlassen. Dieser ist Voraussetzung für den Baubeginn. Gegen den Planfeststellungsbeschluss sind erstmals im Verfahren Rechtsmittel möglich. Eine Inbe-triebnahme ist für 2025 vorgesehen.

→ Bild 3: Antragskonferenz zum SuedOstLink in Weiden (Quelle: www.onetz.de).

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Beteiligung des StMELF im GenehmigungsverfahrenMit der Bestätigung des Bundesbedarfsplans Ende 2015 war klar, dass auf Bayern in naher Zukunft zwei Großprojekte zu-kommen, die massive Betroffenheit in der Landwirtschaft und im Wald hervorrufen werden. Ende Januar 2016 wurde TenneT als Vorhabenträger bestätigt. Bereits im Frühjahr 2016 fanden erste Informationsveranstaltungen entlang der Strecken durch TenneT statt, die der frühzeitigen Öffentlich-keitsbeteiligung dienten.

Zur Koordinierung des einheitlichen Vorgehens bei beiden Projekten entschied sich das Bayerische Staats-ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) für eine Zentralisierung der Ansprechpartner für Vorhabenträger und BNetzA. Michael Kaiser (StMELF) übernimmt die Federführung in München. Vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Regensburg sind Jana Finze und Sven Grünert zuständig für die landwirt-schaftlichen bzw. forstlichen Belange. Sie erarbeiten in Zusammenarbeit mit den überregionalen Sachbearbei-tern für Raumordnung und Landesplanung (SBüRL bzw. Mitarbeiter RAPs) in den Regierungsbezirken sowie den örtlich zuständigen Ämtern für Ernährung, Landwirt-schaft und Forsten notwendige Stellungnahmen zu den betroffenen Belangen.

Belange der Land- und ForstwirtschaftDas NABEG führt auf, dass der Antrag des Netzbetreibers auf Bundesfachplanung Erläuterungen zur Auswahl zwi-schen den in Frage kommenden Alternativen unter Berück-sichtigung der erkennbaren Umweltauswirkungen und der zu bewältigenden raumordnerischen Konflikte enthalten muss. Die Überprüfung der Unterlagen ergab, dass sowohl für einen Vergleich aus landwirtschaftlicher Sicht, als auch für einen waldrechtlichen Vergleich bzw. die im Verfahren folgende Bewertung der Trassenkorridore, erhebliche Infor-mationsdefizite bestehen. Die enthaltenen Aussagen zur Be-troffenheit von land- und forstwirtschaftlichen Flächen sind sehr vage oder allgemein, so dass kein Vergleich der Tras-senkorridore möglich ist. Eine spezielle Waldflächenbilanz oder etwas Vergleichbares ist nicht vorgesehen. Ebenso fehlt eine Bilanz, aus der hervorgeht, in welchem Umfang land-wirtschaftliche Flächen und vor allem welche Bodentypen betroffen sind.

Daher war eine zentrale Forderung von Seiten des StMELF, dass mit Hilfe einer sogenannten potentiellen Trassenachse eine Abschätzung der dauerhaft und tem-porär beanspruchten Flächen durchgeführt wird. Die po-tentielle Trassenachse „verengt gedanklich“ den 1 000 Meter breiten Untersuchungskorridor in Konfliktberei-chen auf die tatsächlich benötigte Breite des Kabels und hat keine bindende Wirkung für das weitere Ver-

fahren. Sie ermöglicht lediglich eine näherungsweise, quantitative Ermittlung der von dem Vorhaben voraus-sichtlich ausgehenden Umwelt auswirkungen anhand von „Querungslängen“ und ist mit Unsicherheiten und wahrscheinlichen Änderungen verbunden. Mit Hilfe dieser Trassenachse ließen sich jedoch entsprechende Rodungsflächen (getrennt nach unterschiedlichen As-pekten des BayWaldG) ermitteln, die eine Bevorzugung bzw. ein Nichtpräferieren eines Korridors ermöglichen. Aus landwirtschaftlicher Sicht werden damit zum einen die Klassifizierung von Böden (nach Bodenzahl) in den Trassenkorridoren und zum anderen die Abschätzung des voraussichtlich entstehenden naturschutzfachlichen Ausgleichs möglich.

Eine weitere wesentliche Forderung, insbesondere der Forstverwaltung, ist die verstärkte Untersuchung von Bün-delungsoptionen mit bestehenden linearen Infrastruktu-ren wie Freileitungen, Gas- oder Ölpipelines sowie Stra-ßen. Wenn für die Anlage von Schutz- oder Arbeitsstreifen der HGÜ z. B. Flächen von vorhandenen oder geplanten (und bis dahin realisierten) überirdischen Hochspan-nungsleitungen ganz oder teilweise nutzbar sind, werden keine neuen Waldflächen in Anspruch genommen. Insbe-sondere der Bau des Erdkabels in die bestockungsfreien Schutzstreifen von überirdischen Hochspannungsleitun-gen ermöglicht ein völlig waldschonendes Durchqueren der Landschaft.

Aus landwirtschaftlicher Sicht wurde diese Forderung verstärkt, da durch eine geringere Rodungsbilanz auch der Eingriff in landwirtschaftliche Flächen infolge von Ersatzauf-forstungen minimiert werden kann.

Neben den allgemeinen fachlichen Belangen sind so-wohl in der Landwirtschaft als auch im Forst Hinweise zur konkreten Betroffenheit unserer Belange in den Trassen-korridoren wichtig. Dafür wurden die örtlich betroffenen Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF) eingebunden. Die Einbringung der regionalen Kenntnisse und lokalen Besonderheiten durch die ÄELF ist für ein aus unserer Sicht erfolgreiches Verfahren essentiell. Sowohl die BNetzA, als auch der Vorhabenträger TenneT sind für dieses Spezialwissen sehr dankbar. Auch für die zukünftige Arbeit sind die örtlichen Gegebenheiten von enormer Bedeu-tung, um land- und forstwirtschaftliche Belange wirkungs-voll zu vertreten. Die Planungsschärfe wird tiefer und somit treten auch konkrete regionale Belange mehr in den Vor-dergrund. Die weitere wertvolle Unterstützung der ÄELF ist demnach wesentlich.

Infobox: Wichtige Arbeit der ÄELF

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Zusätzlich wurden zahlreiche konkrete Problembereiche in unterschiedlichsten Korridoren lokalisiert und benannt, die in den sogenannten Korridor-Steckbriefen nicht oder nur unzureichend erfasst waren. Häufig waren dies aus forstli-cher Sicht Schutzwaldproblematiken, naturschutzfachlich besonders wertvolle Waldbestände oder Schwierigkeiten mit Wäldern, die mehrfach mit besonderen Waldfunktio-nen belegt sind. Im Bereich Landwirtschaft wurden bereits jetzt konkrete Hinweise zu einer möglichen Betroffenheit von landwirtschaftlichen Betrieben in den Trassenkorrido-ren gegeben. Da die BNetzA als federführende und geneh-migende Behörde in Bonn sitzt, wurden zusätzlich Hinweise zur Auslegung des Waldgesetzes für Bayern (BayWaldG) in die Stellungnahme aufgenommen.

Darüber hinaus ist eine zentrale Forderung der Landwirt-schaftsverwaltung, Beeinträchtigungen des Schutzgutes Bo-den zu minimieren. Aus fachlicher Sicht ist ein optimaler Bo-denschutz dann gewährleistet, wenn er vor, während und nach der Baumaßnahme fachgerecht ausgeführt wird. Ge-fordert wird daher eine qualifizierte, unabhängige boden-kundliche Baubegleitung (BBB) mit Weisungsbefugnis, um die Einhaltung von Bodenschutzauflagen zu garantieren.

Erste ErgebnisseDer Erfolg einer frühzeitigen Intervention zeigt sich bereits im Bereich Bodenschutz. So wurde zu Beginn des Verfah-rens der Einsatz einer bodenkundlichen Baubegleitung noch kontrovers diskutiert. Nun sprechen sich sowohl die Bundesnetzagentur, als auch TenneT deutlich für den Einsatz

einer bodenkundlichen Baubegleitung aus. Erreicht werden konnte ebenfalls, dass TenneT und unsere Verwaltung einen sogenannten „Dialog Bodenschutz“ führen, in dem die Aus-gestaltung und die Anforderungen an die bodenkundliche Baubegleitung in Landwirtschaft und Forst diskutiert und schließlich festgelegt werden.

Bereits jetzt lässt sich sagen, dass durch die frühzeitige und koordinierte Präsenz gegenüber dem Planungs- und Vorhabenträger land- und forstwirtschaftliche Belange in-tensiv in das Verfahren eingebracht wurden und Beachtung gefunden haben. So wurde im durch die Bundesnetzagentur erstellten Untersuchungsrahmen festgelegt, dass TenneT in Rücksprache mit unserer Verwaltung eine Grobanalyse der voraussichtlich dauerhaften und temporären Inanspruch-nahme von Wald und landwirtschaftlichen Dauerkulturen vornehmen muss. Hier kann gegebenenfalls unter Zuhilfe-nahme einer potenziellen Trassenachse eine Flächenbilanz im Sinne einer quantitativen Auswirkungsabschätzung hin-zugezogen werden.

JANA FINZE SVEN GRÜNERT AMT FÜR ERNÄHRUNG , LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN [email protected]@aelf-re.bayern.de

Die Dauerausstellung „Nachwach-sende Rohstoffe – von der Pflanze zur Nutzung“ wurde gemeinsam vom TFZ, von C.A.R.M.E.N. e. V. und vom Wissen-schaftszentrum Straubing gestaltet und soll für alle Interessierten „Nachwach-sende Rohstoffe“ optisch ansprechend und „begreifbar“ präsentieren.

Nachwachsende Rohstoffe sind ein un-glaublich vielfältiges Thema. Einerseits ist da die enorme Bandbreite der pflanzlichen und tierischen Ausgangsmaterialien, die als Nachwachsende Rohstoffe bezeichnet werden. Andererseits werden diese Mate-rialien auch noch äußerst unterschiedlich genutzt. Beispielsweise um Strom, Wärme oder Kraftstoffe zu erzeugen, aber auch

Nachwachsende Rohstoffe – Von der Pflanze zur Nutzung

um Produkte herzustellen, die wir täglich verwenden.

Genau bei dieser Vielfalt setzt die Ausstel-lung „Nachwachsende Rohstoffe – von der Pflanze zur Nutzung“ des KoNaRo – Kompetenzzentrum für Nachwach-sende Rohstoffe an. Hier werden Pflanzen, Technologien und Produkte rund um die Nachwachsenden Rohstoffe anschaulich präsentiert.

Die Ausstellung in Straubing ist an jedem ersten Dienstag im Monat um 13:30 Uhr für die Bevölkerung geöffnet. Im Rahmen einer etwa einstündigen Führung erfahren die Besucher zum Beispiel, welche Vor-teile Rapsölkraftstoff für unser Trinkwasser

bietet oder warum Biokunststoffe dafür sorgen können, dass Gemüse länger frisch bleibt.

TFZ

→ Wie werden Holz-Pellets hergestellt? Pellets

entstehen unter hohem Druck und ohne

chemische Zusatzstoffe, in der Ausstellung

gibt es auch eine Pelletpresse zu sehen.

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© Nel

Klima wird komisch

Die Karikatur stammt aus der Ausstellung

„Klima wird komisch“ im Herbst 2017 im

Schaufenster NAWAREUM in Straubing.

Die Ausstellung fand in Zusammenarbeit

mit CARICATURA – Galerie für Komische Kunst

in Kassel statt.

www.nawareum.de

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IMPRESSUM

Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und ForstenISSN: 0941-360X

Internet:www.stmelf.bayern.de/SuB

Abonnentenservice:Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und ForstenPorschestraße 5 a, 84030 Landshut, Telefon +49 871 9522-371, Fax +49 871 9522-399

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Redaktionsschluss für Heft 5-6/2018: 2. Februar 2018

Titelbild: Mastschweine im Warmstall (Foto: Tobias Hase, StMELF), siehe auch Beitrag „Strohstall mit Tierwohlfaktor“ auf Seite 54