Schutz traditionellen Wissens Christian Wagner BUKO Pharma-Kampagne Biopiraterie-Seminar 20.12.2003.

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Schutz traditionellen Wissens

Christian Wagner

BUKO Pharma-Kampagne

Biopiraterie-Seminar 20.12.2003

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Um was soll es gehen?

• Was ist traditionelles Wissen?

• Warum schützen?

• Rechtliche Rahmenbedingungen

• Welche Konzepte gibt es?

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Was ist traditionelles Wissen?traditional knowledge (TK)

WIPO: TK in Abgrenzung zu „Erfindung“• TK = Resultat traditionsbasierter intellektueller

Aktivitäten (Literatur, Kunsthandwerk, Wissenschaft)

• Quelle = traditionelle und/oder indigene Gemeinschaften

• Kulturell spezifisch• Nicht auf Dinge beschränkt

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Warum TK schützen?

Wissen schützen• Erhalt des TK• Förderung der Anwendung des TK

Kultur schützen:• Achtung• Gerechtigkeit und Gleichheit (geistig und

materiell): benefit sharing, Würdigung trad. Züchterleistung usw.

• Bewahrung traditioneller Kulturen

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CBD

IT

TRIPS

Indigene Gemeinschaften

Industrieländer

Megadiversitätsländer

Nationale Gesetzgebung

FAO

UNCTAD

WHO

WIPO

WTO

ICBG

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CBD TRIPS

• Verpflichtung, Biodiversität zu erhalten und nachhaltig zu nutzen

• Zustimmung und Beteiligung der Hüter [Art. 8(j)]

• Bonn Guidelines (2002): Richtlinien zu Access bzw. PIC and Benefit Sharing

• Weltweite Standardisierung des Patentschutzes:

- 20 Jahre Patentschutz - Bedingung: Erfindung,

Entdeckung, technisch anwendbar

• Art. 27.3 (b): Ausschluss von Pflanzen und Tieren (außer Mikroorganismen)

• Pflanzensorten sollen durch Patent oder sui generis Regelungen geschützt werden

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WIPO

World Intellectual Property OrganizationSelbstverständnis als „think tank“ für Schutz

des TK• Wie können Patentprüfungsverfahren besser

TK schützen?• Wie kann TK mit klassischen IPRs

geschützt werden?• Wie können sui generis Systeme aussehen?

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Weltgesundheitsorganisation WHO

• 80% der Weltbevölkerung auf traditionelle Medizin angewiesen

• Bedeutung traditioneller Heiler• Brückenschlag zwischen traditioneller und

Schulmedizin nötig und hilfreich (Bsp. Aids)• => wissenschaftliche Evaluierung• => Qualitätssicherung• => Ausbildung

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Werkzeuge zum Schutz von TK

• Klassische IPR-Systeme regeln Eigentumsrechte

• Nicht-IPR-Systeme:schützen vor Verlust, Zerstörung, ...- Dokumentation- Registrierung- sui generis Systeme- Förderung der Anwendung von TK

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Klassische IPR-SystemeGewerbliche Schutzrechte

= ausschließliche Nutzungsrechte• Patent: bedingt durch Kriterien Neuigkeit, Erfindung, technische

Anwendbarkeit• Handelsmarke:

- Felszeichnungen der Snuneymuxw (Kanada) - Truoung Son Balsam (Vietnam)

• Schutz vor unlauterem Wettbewerb (z.B. Heilmethoden)• Geschützte Herkunftsbezeichnung

Urheberrecht:• Copyright: Kunsthandwerk (Teppiche, Tüpferwaren etc.)

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Patente

Nachteile• TK ist alt => kaum als neue Erfindung patentierbar• Wer ist Eigentümer? knowledge overlap zwischen

communities• nur nationaler Schutz• Anmeldung = teuer• Untersuchung ausländischer Patente auf Missachtung von TK

ist aufwändig und teuer• Oft in Widerspruch zu Werten indigener Gemeinschaften

=> Patente kaum geeignet für Schutz von TK=> Patentprüfungsverfahren geeignet Schutz von TK

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Jeevani (1)

• Trichopus zeylanicusTrad. Stärkungsmittel desKani-Stammes in Kerala/Südindien

• Weiterentwicklung zuAyurveda-Präparat Jeevani

• Patent bei TBGRI (staatlich)• Lizenzproduktion durch ind. Firma• 1987-1999 BS-Konzept mit Kani ausgehandelt:

50 % der Lizenzgebühr an Kani-Trust50 % des Gewinnes an Kani

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Jeevani (2)Probleme:

• soziale Struktur der Kani weitgehend zerstört • Anfangs nur 2 Personen an Verhandlungen beteiligt, inzwischen > 60% der Kani in Trust• unterschiedliche Interessen State Government Forest Dep.• Kani haben keine Rechte auf ihr Land – Forest Dept. verhindert Trichopus-Ernte• Illegale Ernte statt kultiviertem Anbau bedroht Erhalt

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Dokumentation

Indien: über 9000 traditionelle Heilpflanzen• Traditional Knowledge Digital Library

(Regierungsprojekt)• Ziel: Schutz vor Biopiraterie durch Vernetzung mit

internationalen Patentbehörden• Förderung von Forschung und Vermarktung• 36 000 Ayurvda-Texte dokumentiert in 5

internationalen Sprachen (CD, Oktober 2003)• 1274 Heilpflanzen• Siddha, Unani und Yoga in Arbeit

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People‘s biodiversity registers

(WWF Indien et al.)

dezentralisierter bottom-up-Ansatz:

• Differenzierte Erarbeitung der Regeln mit Communities

• Selbstbestimmte Verwaltung der Register

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Dokumentation von TK

Vorteile:• Schutz vor

Fremdpatentierung• Fördert

Kommerzialisierung• Fördert interne Verbreitung• Steigert Bewusstsein für

eigenen kulturellen Reichtum (geistig, materiell)

Nachteile:• Fördert

Kommerzialisierung• Gefahr der

Fremdaneignung (national und international)

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Sui generis System: Thai Traditional Medicine

Intelligence Act3 Kategorien traditioneller Arzneimittel:

• National Formula: essentiell für Gesundheitsversorgung, alle Rechte liegen beim StaatVergabe durch Gesundheitsministerium

• Private Formula: Rechte beim Eigentümergeschützt während Lebenszeit + 50 JahreVergabe durch Institute of Thai Traditional Medicine

• General Formula: allgemein bekanntes TK; frei verfügbar

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Community Intellectual RightsModellprojekt des Third World Network (1994)

• Gemeinschaftseigentum

• Local community als alleinige Verwalter (custodian) des TK ohne zeitliche Begrenzung

• freier Austausch unter den Communities

• kein Handel, Verkauf u.a. ohne Zustimmung der Community, PIC nur mit Frauenbeteiligung

• kein Patent auf Leben

• vertragliche Festlegung von Nutzungsgebühren

• mehrere Communities können gemeinsam Verwalter von TK sein

• in der Umsetzung durch Organization of African Unity

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Förderung trad. Medizin in Vietnam (1)

• 40 % endemische Pflanzen

• weltweit Platz 16 der Biodiversität

• traditionelle Medizin = Zubereitungen aus vielen verschiedenen Zutaten

• oft überlieferte Familiengeheimnisse=> Scheu vor Registrierung oder Patentierung

• Ho Chi Minh (1952): Gesundheitsversorgung auf wissenschaftlicher Grundlage als Kombination aus westlicher und trad. Medizin

• 1980 in Verfassung festgeschrieben

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Förderung trad. Medizin in Vietnam (2)

Maßnahmen:

• Bewußtsein fördern für Bedeutung der trad. Medizin

• Bewahrung von trad. Wissen

• wissenschaftliche Erforschung zur optimierten Anwendung

• Ausbildung für traditionelle Medizin

Erfolge:

• 5 Forschungsinstitute für TM, 42 Kliniken, 22 Professoren für TM, 1400 ÄrztInnen

• 1047 traditionelle Arzneimittel zugelassen

• 30 % Anteil TM an Therapie

Förderung trad. Medizin in Vietnam (2)

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Umsetzung der CBD

• Philippinen: Stärkung indigener Autonomie Executive Order No. 247=> Bioprospektion nur mit Prior informed Consent

• lokale Gemeinschaften: Gemeinde fragen• indigene Gemeinschaften:

Gewohnheitsrecht der Gemeinschaft gültig• Strafverfolgung illegaler Bioprospektion

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Fazit

• Schutz von TK durch Dokumentation• Patentprüfungsverfahren:

disclosure of origin• Prior informed consent• rechtliche Stärkung indigener Gemeinschaften• Anerkennung von Gewohnheitsrecht• Förderung der Pflege von TK• Erhalt der traditionellen Kulturen

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Weitere Infos

• Überblick zu Abkommen und Modellverträgenwww.grain.org/brl/tk-brl-en.cfm

• UNCTAD expert meetings on TKhttp://r0.unctad.org/trade_env/tk.htm

• Carlos Correa: TK and Intellectual Propertywww.geneva.quno.info/pdf/tkmono1.pdf

• WIPOhttp://www.wipo.int/tk/en/index.html

• Third World Networkwww.twnside.org.sg/access_7.htm

• WTO und TRIPS:www.wto.org/english/tratop_e/trips_e/art27_3b_e.htm