Schwarzbuch Scientology - Ursula Caberta

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Inhaltsverzeichnis

AutorinVorwortEinleitung Wie alles begann Alles Kirche, alles religiöseÜberzeugung? Vom irdischen Wesen zum Scientologen

Thetane in kleinen und großenKörpern

Im Sinne aller Dynamiken handeln

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Wir haben dich lieber tot alsunfähig

Von Krankheit, Tod und den erkanntenbösen Mächten

Reinwaschung nach HubbardDer Thetan verlässt den KörperKampf den DrogenKampf der Psychiatrie

Einflugschneise Wirtschaft

Ethik in die Geschäftswelt bringenIm Leben erfolgreich seinDas Ende eines ZuverdienstesWeiterbildung im WISE-

UnternehmenEin Wog bekommt kein Geld

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Kein Schulabschluss - macht nichts Aufwachsen in der ParallelweltScientology

»Happy Kids«?Das scientologische

BildungsangebotUmzug nach Dänemark und andere

familiäre Katastrophen Die Sea-Org

Der Drill für die EliteVon Schiffen und Platzmangel. Was

sind eigentlich Kinder?Strafe muss sein

Die Funktion von Prominenten in und für

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Scientology Der lange Weg zurück in die reale Welt Die juristische und politischeDiskussion LiteraturverzeichnisCopyright

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Buch

Öffentliche Auftritte des Schauspielersund Scientologen Tom Cruise,

Nachhilfeinstitute, hinter denen dieOrganisation steckt - Scientology ist

aktiv wie nie zuvor. Und umstritten wielange nicht mehr. Allenthalben wird

diskutiert, ob es sich um eineReligionsgemeinschaft oder eine

totalitäre Psychoorganisation handeltund ob sie verboten werden sollte -

bislang ohne Ergebnis. Ursula Caberta,Scientology-Beauftragte des HamburgerSenats und seit mehr als 20 Jahren einekritische Beobachterin der Sekte, will

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auf den Ausgang der Debatte nichtwarten und mit dem »Schwarzbuch

Scientology« die Fakten überScientology für alle zugänglich machen.

Sie informiert umfassend überEntstehungsgeschichte, Menschenbild,Rekrutierungsmethoden, Kontrollund

Strafsysteme und Ausbildung derMitglieder der Organisation. Anhandzahlreicher Beispiele zeigt sie, was

falsche Propheten anrichten können. Vorallem auf die Gefahren für Kinder und

Jugendliche macht die Scientology-Expertin aufmerksam, mit zahlreichen

Praxis-Tipps für Eltern und Pädagogen,Probleme zu erkennen und Lösungen zu

erarbeiten.

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Mit diesem Buch trifft Ursula Cabertamitten ins Herz der umstrittenen

Organisation. Scientology hatte versucht,mit Hilfe verschiedener

Unterlassungsaufforderungen an denVerlag und die Autorin die Auslieferung

des Schwarzbuchs zu stoppen - ohneErfolg.

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Autorin

Ursula Caberta, geboren 1950, Diplom-Volkswirtin, leitet die Arbeitsgruppe

Scientology bei der Behörde für Inneresin Hamburg, die als oberste

Landesjugendbehörde für Kinder undJugendliche aus neureligiösen undideologischen Gemeinschaften und

Psychogruppen fungiert.

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Vorwort

Die Scientology-Organisation ist keineReligionsgemeinschaft. Ihre Lehre istauch keine Wissenschaft, auch wenn derBegriff »science« im Namen verbrämtdurchscheinen möchte. Sie ist vielmehreine auf einem bisweilen wahnhaftenGedankenkonstrukt eines amerikanischenScience-Fiction Autors zurückgehende

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menschenverachtete Psycho-Ideologie,die eine totalitäre Gesellschaft ausgefügigen Anhängern fordert. Ihr Ziel istdie völlige Unterordnung des Einzelnen.Menschen und Grundrechte sind diesemDenken fremd, was der Scientology-Gründer Hubbard in schonungsloserOffenheit bereits 1957 in seinem -diesen Titel aber zu Unrecht tragenden -»Handbuch des Rechts« lobte. Das Zielhat sich seitdem nicht geändert, nur dieMethoden, wie man sich derÖffentlichkeit präsentiert. DieOrganisation will den Eindruck einerharmlosen Religionsgemeinschafterwecken, die sich um das Beste desEinzelnen bemüht. Verstärkt bietet manvermeintliche Lebenshilfe an, von

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schulischer Nachhilfe bis hin zuManagement-Seminaren. Und dies unterden offensichtlich wohlwollendenBlicken einzelner Hollywood-Stars -(Film-)»Helden«, die man sich dochbesser nicht zum Vorbild nehmen sollte.

Die Scientology-Organisation wird zuRecht vom Verfassungsschutzbeobachtet, da sie verfassungsfeindlicheBestrebungen verfolgt und damit gegenunsere freiheitliche demokratischeGrundordnung gerichtet ist. Sie ist abernicht nur eine Gefahr für unser ganzesGesellschaftssystem, sondern auch fürjeden Einzelnen, der in ihre Fänge zugeraten droht. Er soll durch die von derScientology-Organisation eingesetzten

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Psycho-Methoden zu einem anderenMenschen werden. Aussteiger undVerwandte von Scientologen bestätigen,dass die Methoden wirken und sich diePersönlichkeit massiv ändert.

Wer auf die Gefahren, die von derScientology-Organisation ausgehen,hinweist oder sich gar von ihr löst, gerätunweigerlich in das Visier dieserOrganisation. Kritiker werdendiffamiert, öffentlich bloßgestellt,angezeigt und verklagt, bisweilenbedroht, belästigt und zur Zermürbungauch psychisch gequält, so dieErkenntnisse des BayerischenLandesamtes für Verfassungsschutz imVerfassungsschutzbericht 2006.

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Ausdruck der Wertschätzung für eineoffene, die Rechte des Einzelnenwahrende Gesellschaft ist das nicht -auch nicht für einen toleranten Umgangmit Andersdenkenden.

Es gibt also gute Gründe, wachsam zusein und über die Scientology-Organisation aufzuklären. Die Autorin,die die Scientology-Organisation ausihrer Tätigkeit als Leiterin derArbeitsgruppe Scientology in derBehörde für Inneres der Freien undHansestadt Hamburg seit Jahren bestenskennt, ist hierzu geradezu prädestiniert.Ihr Bericht leistet einen wichtigenBeitrag zur Information derÖffentlichkeit. Ich wünsche ihm

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größtmöglichen Erfolg - undaufmerksame, nachdenkliche Leser.

Im April 2007

Dr. Günther Beckstein

Bayerischer Staatsminister des Innern, a.D.

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Einleitung

Scientology - ein Begriff, der seit über50 Jahren weltweit mal mehr, malweniger diskutiert wird. Ob in den USA,Kanada, Australien oder Europa,Scientology hat jedes Land schon einmalbeschäftigt. Medien, Parlamente,Behörden und Regierungen, dieAuseinandersetzungen waren und sind

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vielfältig. Das System Scientology hatbisher alle kritischenAuseinandersetzungen überlebt, und dashat Gründe.

Darstellungen von ehemaligenMitgliedern der Organisation weltweit,die häufig den subjektiven Blickwinkelbeleuchten und das Wirken derOrganisation intern und externbeschreiben, haben je nach Intensität desErlebten immer wieder Anstößegegeben, sich mit dem »Innenleben«dieser Organisation zu beschäftigen. Vonden Auswirkungen in Familien,Arbeitswelt und Gesellschaft und damitin die Politik sind die Berichte derEhemaligen in das von außen nicht leicht

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erkennbare Gesamtgeflecht derOrganisation einzuordnen.

Die öffentliche Diskussion ist sehrhäufig durch Schlagworte geprägt. Vonso genannter »Sekte«, destruktivem Kult,Mafiaorganisation odermenschenverachtendem System ist dieRede. Über all diese Begriffe kann mantrefflich diskutieren, aber dieInterpretation bleibt der Phantasiedes/der Lesenden überlassen. Diesesmacht es den Strategen der Scientology-Organisation leicht, Kritik abzuwehren,die Schlagworte vermeintlich zuentkräften. Scientology hat einen langenAtem, und in den internen Anweisungenist nicht vorgesehen, jemals aufzugeben.

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Die Organisation hat seit ihrem Bestehenstets auf Kritik reagiert. Eine dererfolgreichsten Gegenstrategien ist dieimmer wiederkehrende Behauptung, eshandele sich um eineReligionsgemeinschaft und - häufig imgleichen Atemzug -, um eineOrganisation, die sich um dasWohlergehen der Menschheit kümmert.

Nur der genaue Blick in die einzelnenEinheiten von Scientology, dieverschiedenen Aufträge und Funktionendieser Abteilungen und der in ihnenwirkenden Mitglieder machen dieGefahr deutlich: für Mensch undGesellschaft.

Eine Beschreibung des Systems allein

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genügt allerdings nicht. Eine der immerwiederkehrenden Fragen seit Existenzvon Scientology ist: Warum sindMenschen Scientologen, und warumbleiben sie es über Jahre und Jahrzehnte,und viele, wenn nicht sogar die meisten,ein ganzes Leben lang? Nur dasZusammenführen der Methoden, denendie Scientologen ausgesetzt sind, und dieGesamtstrategie können erklären, warumdas System Scientology mal besser, malschlechter funktioniert. Aber esfunktioniert - nach wie vor.

Scientology begegnet man in denverschiedensten Gewändern. Zuunterscheiden ist allerdings, dass einaktiver Scientologe die Organisation

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anders erlebt als die Außenwelt unddiese den aktiven Scientologen häufigwie nicht aus dieser Welt stammend -manchmal als »spinnert« einordnet. Vonaußen betrachtet stuft man dann aber dasAgieren für das System Scientology unddamit das System selbst bei nähererKenntnis relativ schnell als bedrohlichund kalt ein. Allerdings nur dann, wenndie Werbe- undVerharmlosungsstrategien durchschautwerden. Denn Scientology ist ein in sichgeschlossenes System, eine Parallelweltmit eigenen Gesetzen.

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Begegnungen mit demSystem Scientology

Eine der häufigsten Erklärungen, warumMenschen, die mit Scientology inBerührung kommen und dort bleiben,lautet: Labile oder sich in einerKrisensituation befindliche Menschensind besonders anfällig für dieAnwerbung durch Scientology. DieseErklärung greift zu kurz. Denn diesesallein kann nicht eine häufig jahre- odersogar jahrzehntelange Mitgliedschaftbegründen und schon gar nicht erklären,warum es nur einer Minderheit gelingt,sich von Scientology irgendwann zulösen. Grundlage der Erkenntnis der

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persönlichen und gesellschaftlichenGefahr durch Scientology ist:Scientology kann jeden treffen, es kommtdarauf an, wann und wie man ihrbegegnet, und auch nicht unbedeutend -durch wen.

Die nach außen sichtbarste Varianteist das Auftreten der Scientology inForm der Missionen oder Kirchen.Interessant dabei ist bereits, dassinnerhalb der Organisation dieseEinheiten - also die Kirchen - als»Orgs«, der Abkürzung für Organisation,bezeichnet werden. Der Kirchenbegriffsteht allerdings an den Gebäuden ingroßen Lettern. Die Einheiten habeneinen klar umschriebenen Auftrag: das

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»Raw Meat« von der Straße zu holen.»Raw Meat« - rohes Fleisch, so werdenintern diejenigen bezeichnet, dieangeworben werden sollen. Auf derStraße, im Kollegenkreis, in derFamilie, in Vereinen oder anderenInstitutionen. Insbesondere für dieStraßenwerbung sind die »Orgs« oderMissionen zuständig. Ziel ist, durchAnsprache von Passanten die Menschenin die Gebäude zu locken. »JeglicheIdee, dass eine Org aus irgendeinemanderen Grund existiert als dem,Materialien und Dienstleistungen an dieÖffentlichkeit zu verkaufen und zuliefern, muss verworfen werden«, soeine der verbindlichen Anweisungen desGründers L. Ron Hubbard an diese

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Abteilungen der Organisation.

Die Präsentation im öffentlichenRaum, auf Straßen, Wegen und Plätzenist zwar unterschiedlich, der Sinn undZweck aber immer gleich: durchAnsprache neugierig machen auf eineIdee, auf sich selbst oder auf dieMöglichkeit der Lösunggesellschaftlicher Probleme. Alle, diesich darauf einlassen, berichten von dengleichen Erfahrungen. Es bleibt nicht beieinem Gespräch. Um mehr zu erfahren,ist ein weiteres Einlassen notwendig.Das kann das Ansehen eines Filmes imGebäude sein, die Demonstration vonTechniken zur Bewältigung vonProblemen oder meistens, bei besonders

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eiligen Menschen, die Übergabe oderder Verkauf einer kleinen Broschüre;nicht selten wird dieses mit derEinladung zu einem »zwanglosen«Brunch in den Gebäuden derOrganisation verbunden.

Bei den »Besuchen« in den Gebäudenkommt dann häufig sozusagen einer derKlassiker der Anwerbung zum Einsatz,der Persönlichkeitstest. Bekanntgeworden als Werbemethode für dieOrganisation ist dieser Test vor allema u c h durch geschaltete Anzeigen inZeitungen und Zeitschriften. »Wir nutzennur 10% unseres geistigen Potentials«,verkündeten die Annoncen, darüber einBild von Einstein. In den letzten Jahren

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sind diese Anzeigen eher seltengeworden, den Test aber gibt esnatürlich noch immer, und er wirdangewandt. Die Überschrift ist schon,vorsichtig ausgedrückt, eineUngenauigkeit: Oxford CapacityAnalyse. Die meisten Menschen bringenbei dieser Überschrift wahrscheinlichdie renommierte Universität in Oxfordmit diesem Test in Verbindung. Es solleinen vermeintlich wissenschaftlichenHintergrund vermitteln und darüberhinaus Seriosität. Es ist aber nichtsanderes als ein Werbemittel. DieAuswertung des Tests erfolgt meistensmündlich, kurz und knapp, und endet inder Regel damit, dass festgestellt wird,dass die getestete Person ein Problem

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hat, vielleicht auch mehrere. Auf jedenFall gibt es - so die vermittelte Botschaft- eine Lösung: das Kurssystem und - wiepraktisch -, man befindet sich schon imGebäude, in dem dieses Wundervollbracht werden kann.

Hängt das »rohe Fleisch« sozusagenam Fleischerhaken, hat also durchSprache und Gesten, meistens auchdurch Hinterlassen von Namen,Anschrift und Telefonnummer oder sogardurch Besuch im Gebäude undAbsolvieren des Persönlichkeitstestesschon einmal Spuren hinterlassen, bedarfes schon einer gehörigen PortionKlarheit und Konsequenz, um die nunfolgenden weiteren

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Umwerbungsmethoden abzuwehren.Nicht selten werden bereits bei derersten Kontaktaufnahme dieser ArtKurse gebucht und meistens auch imVoraus bezahlt. Da mag es dann auchschon einmal vorgekommen sein, dassder scientologische Mitarbeiter denNeuzugang zum Geldautomaten begleitet,wahrscheinlich um zu verhindern, dasssich derjenige auf diesem Weg dasGanze noch einmal überlegt undwomöglich wieder abspringt. Spätestensdann hängt man fest. Schließlich möchteman für sein Geld auch etwas haben, undvielleicht lockt ja viele die Aussicht aufder angebotenen und so genanntenBrücke zur völligen Freiheit, endlich imBeruf Karriere zu machen, ihre

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Eheprobleme zu lösen oder auchgesundheitliche Einschränkungenbeheben zu können.

Nicht gleich bei der Straßenwerbungzu erkennen sind die Vereinigungen »IHELP« oder »The Way to Happiness«.Immerhin ist bei den verteilten kleinenBroschüren oder Heftchen, insbesonderebei dem Weg zum Glücklichsein,vermerkt, dass es sich um eineVeröffentlichung der ScientologyOrganisation handelt.

»I HELP« kommt mit den sogenannten »Ehrenamtlichen Geistlichen«daher. Bei den an die Außenweltgerichteten Veröffentlichungen nennt sichdiese Vereinigung »Hubbard

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Internationale Kirchenvereinigung vonPastoren«.

In der Organisation sind diese»Geistlichen« die »Auditoren«, alsodiejenigen, die neben der Brücke für diepersönliche geistige Befreiung dieAusbildung zur Anwendung undVerbreitung der scientologischenTechniken genossen haben.

Wenn möglich, kündigen große gelbeZelte die Werbeaktionen von »I HELP«in den Städten an. Von derinternationalen Ebene aus Los Angeleswerden diese Werbekampagnen geplantund gesteuert. »I HELP« betreut die sobezeichneten »Feldauditoren«. AlsoPersonen, die nicht zwingend

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Mitarbeiter der örtlichen Missionenoder Orgs sind. Als Feldmitarbeiterwird man natürlich geschult, was dieAnwerbung von Personen und dieVerbreitung der Scientology erheblicherleichtern dürfte. In derVeröffentlichung der Organisation mitdem Titel »Was ist Scientology« liest essich so:

Die kontinentalen Büros von IHELP wiederum halten lokaleVeranstaltungen, Tagungen undSeminare ab, bei denenMitglieder von I HELP spezielleWorkshops zur Verbesserungihrer Fähigkeiten besuchenkönnen.

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Der Auftrag an die bei »I HELP« tätigenScientologen ist sehr klar formuliert:

I HELP gibt jedem, deraußerhalb der Kirchen undMissionen Dianetik undScientology praktiziert, Rat undBeistand, damit er in seinerGemeinde wirksam underfolgreich sein kann.

Wirksam und erfolgreich in eineausschließliche Richtung: für dieExpansion der Scientology-Organisation.

Auf den Straßen werden auch andereInstitutionen der Organisation beworben.Meistens im Zusammenhang mit Anti-

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Drogen-Kampagnen wird einescientologische Drogenrehabilitationangepriesen: NARCONON. DieOrganisation rühmt sich damit, dass dieSprecherin auf internationaler Ebene fürNARCONON die US-amerikanischeFilmschauspielerin Kirstie Alley ist.Prominente im Einsatz für eine guteSache - Kirstie Alley ist bekennendesMitglied der Organisation und erfüllt mitder Sprecherrolle ihre Aufgabe. Dassollte man wissen, wenn man ihrEngagement gegen Drogen zur Kenntnisnehmen muss.

Das NARCONON-Programm fürSüchtige unterscheidet sich in keinemwesentlichen Punkt von dem Weg zur

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völligen Freiheit in einerScientology-»Kirche«. Ebenso wie dasangeworbene »Raw Meat« auf derStraße kommen Kommunikationstraining,der Kurs zur persönlichen Integrität undEthik, der Kurs über das Auf und Ab imLeben sowie der von der Scientology sobenannte Moralkode »Der Weg zumGlücklichsein« auf den im Haus vonNARCONON lebenden suchtkrankenMenschen zu. Selbstverständlich steht imMittelpunkt das Reinigungsprogramm,also wie in der »Kirche«: Laufen, hoheDosen von Vitaminen und Sauna, Sauna,Sauna. Statt Heroin Scientology, das istdas Drogenrehabilitationsprogramm.

In der Kritik stand und steht

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NARCONON immer mal wieder in denunterschiedlichsten Ländern. Schon 1978fasste der damalige Drogenbeauftragtedes Landes Berlin in einer Publikationzu NARCONON Folgendes zusammen:

In erster Linie müssen Bedenkengegen die beim Narconon e.V.angewandten Methoden erhobenwerden. Durch die Anwendungdes »Hubbard-Elektrometers«kann einerseits die beiDrogenabhängigen ohnehinvorhandene Tendenz zur Fluchtin eine unrealistischeVorstellungs- und Erlebnisweltgefördert werden, andererseitseine massive Abhängigkeit der

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Drogenabhängigen von derEinrichtung auf Dauer entstehen.Durch das Kurssystem wird eineAusblendung von Emotionenohne wirkliche Aufarbeitung derdahinterliegenden Konflikteerreicht, zugleich besteht dieGefahr einer irrationalenAnpassung an die hausinterneHierarchie sowie eines ebensoirrationalenÜberlegenheitsgefühls gegenüberden Menschen außerhalb desNarconon e.V. Das systematischeTraining einer Binnenspracheverstärkt die Abhängigkeit vonder Gruppe erheblich undbehindert eine gesellschaftliche

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Reintegration.

(Freie und HansestadtHamburg [Hrsg.]: »Mitteilung

des Senates an die Bürgerschaftder Freien und Hansestadt

Hamburg«. Drucksache 15/4059,26.9.1995)

Ein werbewirksamer Slogan findet sichauch bei der Werbung von Mensch zuMensch: Die Schaffung einer Welt ohneKriminalität. Auch hier eine Institutionder Organisation, die Hilfe schafft:CRIMINON. Der Ansatz zurVermarktung und Anwerbung für dieseInstitution ist vergleichbar mit derNARCONON-Darstellung. Auch hier isteiner der zentralen Begriffe der Kampf

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gegen Drogen. Denn laut eigenenBekundungen von Scientology hat sichdieses so genannteRehabilitationsprogramm fürStrafgefangene aus dem Angebot vonNARCONON heraus entwickelt. Drogenim scientologischen Sinne, alsoMedikamente aller Art, befördern dieKriminalität. Bekämpft man Drogen,verringert sich die Kriminalität. Soschlicht kann der Blick auf die Weltsein.

Es spielt aber noch ein anderer Ansatzbei den Beschreibungen der Zielrichtungvon CRIMINON eine Rolle, und dieserist für das Gesamtsystem eine derzentralen Definitionen: das Angebot

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scientologischer Betreuung fürStraffällige statt einer Behandlung mitPsychopharmaka. Wobei wieselbstverständlich davon ausgegangenwird, dass überall Strafgefangene mitPsychopharmaka behandelt werden.

Bei der Beschreibung derscientologischen Hilfsangebote imCRIMINON-Programm taucht dannwieder dieselbe Palette vomKommunikationskurs bis zurVerbesserung des Lernens auf. Aberauch der Kurs, wie man mit»Unterdrückung« umgeht. Und dieses hatin der Scientology eine nicht zuunterschätzende Bedeutung.

Den so genannten PTS/SP-Kurs (PTS

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= Potential-Trouble Source, potentielleSchwierigkeitsquelle; SP = SuppressivePerson, unterdrückerische Person) machtmeistens relativ früh jeder Mensch, dersich in der Organisation bewegt. Unddas dort Gelernte und Verinnerlichtevermittelt die Basis für das Erkennenvon Gegnern und Feinden. DemEinzelnen wird vermittelt, er müsse fürsich erkennen, wer ihn eventuell daranhindert, seinen Weg zur persönlichenFreiheit in Scientology zügigvoranzugehen. Vermittelt wird aberdarüber hinaus auch, dass alle, die sichkritisch mit Scientology oder demWirken von Scientologenauseinandersetzen, unterdrückerisch tätigsind. Unterdrückerisch als Begriff für

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Hindernisse der Expansion derOrganisation. Damit ist für denEinzelnen eventuell die Trennung vonseiner Familie nötig, die mit dem Weg inder Organisation nicht einverstanden ist,aber im Kursmaterial wird auch deutlichgemacht, wer scientologischeVerfolgung und Strafe zu erwarten hat.Unterdrückerische Behandlung istgleichgesetzt mit scientologischenStraftaten. Und darunter fallen lautKursmaterial zum Beispiel öffentlicheÄußerungen gegen Scientology, vorstaatlichen oder öffentlichenUntersuchungen der Scientologyfeindlich Zeugnis abzulegen, um dieScientology zu unterdrücken, im Dienst

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einer Anti-Scientology-Gruppe zu stehenund schlussendlich:

Es ist ein Schwerverbrechen,sich öffentlich von Scientologyabzukehren.

(Hubbard, L. Ron: »PTS/SP-Kurs«. Kopenhagen, 1989, S.173ff.)

Auf dieser ideologischen Grundlage hatHubbard in seinem »Handbuch desRechts« deutlich formuliert, was für eineDefinition von Recht in Scientology giltund damit die Scientologen zuverinnerlichen haben. Es geht einzig undallein darum, Menschen zu erkennen, dieder Verbreitung der Organisation im

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Wege stehen, und dafür zu sorgen, dasssie ihre Aktivitäten einstellen.

Das »Handbuch des Rechts« vonHubbard fasst den Generalanspruchzusammen:

Niemand unter uns richtet oderbestraft gerne.Trotzdem sind wirvielleicht die einzigen Leute aufder Erde mit einem Recht zubestrafen.

In Kenntnis der Definition von Straftatender Organisation ist wohl kaum davonauszugehen, dass Scientology auch nurvom Ansatz her in irgendeiner FormRehabilitation von Gefängnisinsassenleisten kann. Für die

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nichtscientologische Welt allerdingsklingt es nach Engagement imStrafvollzug, und damit ist die nächsteder Propaganda dienliche Nebelkerze inder Welt gezündet.

Mit Ausstellungen und Info-Tischenwird der angebliche Kampf wegenVerstößen gegen die Menschenrechte,insbesondere durch die Psychiatrie,angeprangert und damit gleichzeitig das»Rettungsangebot« der Organisationofferiert. Die Institution, die auftritt, istdie Kommission für Verstöße derMenschenrechte in der Psychiatrie(KVPM).

Ziel nach eigenen Angaben ist die»Demaskierung der Psychiatrie«. So

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sehen sich alle im Psychiatriebereichtätigen Menschen den verbalen Angriffendieses Teiles von Scientologyausgesetzt. Nicht nur die Menschen,sondern selbstverständlich auch diezugelassenen Medikamente, die impsychiatrischen Bereich angewandtwerden, sind Zielscheibe. Unter demStichwort »Psychiatrische Drogen«werden die Hersteller vonPsychopharmaka quasi alsDrogenhändler diffamiert. Bei derVermittlung der psychiatrischen»Verbrechen« aus Sicht derOrganisation wird tief in die»demagogische, verleumderische Kiste«gegriffen.

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Zusammenfassend kann es sobeschrieben werden: Hinter dem Bösender Welt stecken immer die Psychiatrieund ihre Gefolgsleute.

Die Erklärung für diesen massivenKampf gegen Psychiatrie und allem, wasdamit zu tun hat, liegt - wie kann esanders sein - in der von Hubbardentwickelten Ideologie. Danach sind alleMenschen, die sich gegen dieScientology stellen, psychisch krank. Soschreibt er auch in einem derStandardwerke »Die Ethik derScientology«, dass nach seinen»Forschungen« fast alle Menschen zuScientology gebracht werden können.Der restliche Anteil ist so psychisch

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krank, dass er unter Quarantäne zustellen ist und nach Durchsetzungscientologischer Gesellschaftsformen inLager zu bringen ist.

Nach außen wirken die Aktionendieser Einheit häufig - ähnlich wieNARCONON oder CRIMINON - wieeine Institution, die sich um Menschen inpsychiatrischer Behandlung sorgt. Auchviele Menschen mit prinzipiellvorhandener Skepsis gegenüberPsychopharmaka können soangesprochen werden, um ihnenvermeintliches kritisches Engagementvor zu vielen Medikamentenvorzutäuschen.

Auch der KVPM erfüllt beide Seiten

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der scientologischen Strategie:

- nach außen: Wir wollen nur dasBeste für die Menschen

- nach innen: Wir erkennen diewirklichen Übeltäter, die derExpansion der Organisation undden persönlichen Weg zu einemvollendeten Menschenverhindern.

Nicht nur die Werbung im öffentlichenRaum dient dem Expansionsdrang. Obüber den Einfluss im Wirtschaftsleben,über Prominente oder Lobbyisten oderauch über die vermeintlichenBildungsangebote der Organisation: dieExpansionsstrategie lässt so gut wiekeinen Bereich der Gesellschaft aus.

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Gibt es bei den Anwerbungen auf derStraße zumindest noch eine Chance,relativ schnell zu erkennen, wer sich daum einen bemüht, wird es bei denanderen Angeboten schon schwieriger.

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Wie alles begann

Lafayette Ron Hubbard, der Gründer derScientology Organisation. Alles,wirklich alles, was er formuliert hat,was er an Anweisungen gegeben hat, istnach wie vor die alleinige Denk- undHandlungsvorlage für die Mitglieder derOrganisation. Hubbard oder seineentwickelte Technologie für alle

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Lebenslagen zu kritisieren ist verboten.Hubbard ist seit 1986 tot. SeineOrganisation existiert weiter.

Die scientologischenGeschichtsschreiber verklären ihn alsGelehrten, Forscher, Arzt,Bestsellerautor, eine Art omnipotentenWissenschaftler. Vom Religionsführerist dagegen in den euphorischenSchriften eher wenig zu lesen. Aber voneinem sind alle überzeugt, er hat dieProbleme der Menschheit erkannt undetwas entwickelt, das die Menschheit,die Erde und last but not least dasUniversum vor Verfall, Verderbtheit -kurz vor dem Untergang retten kann.Einzige Bedingung dafür ist, dass alle,

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die sich in seiner Organisation bewegen,sich strikt an die Vorgaben halten. BeiAbweichungen gibt es Probleme, für denEinzelnen und damit für dieOrganisation. One way zurUnsterblichkeit. Bei Scientology heißtdas Motto: Überlebe!

Lafayette Ron Hubbard, geb. 13. März1911 in Tilden, Nebraska/USA,gestorben am 14. Januar 1986 inCreston, Kalifornien/USA. Über dieTodesursache sind immer wiederGerüchte und Spekulationen aufgetaucht.Von Schlaganfall bis Mord ist allesvertreten. Die Spekulationen mögen vorallem daran liegen, dass nach HubbardsTod seine Familie sehr schnell die

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Einäscherung der Leiche veranlasste.Weitere bis heute zum Teil bestehendeVerunsicherungen mögen daran liegen,dass zur Klärung der Todesursache eineAutopsie durchgeführt werden sollte,aber die Rechtsanwälte der FamilieHubbard dieses verhinderten, indem sieein Dokument vorlegten, dass Hubbardjegliche Art von anatomischen Sektionenaus religiösen Gründen ablehne und dieRechtsanwälte auf entsprechende US-amerikanische Gesetzeslagen hinwiesen.Immerhin ist wohl gesichert festgestelltworden, dass es sich bei dereingeäscherten Leiche wirklich um diedes L. Ron Hubbard handelte. Aber bisheute kommen in zeitlichen Abständenimmer mal wieder Diskussionen auf, die

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den Todeszeitpunkt und dieTodesursache bezweifeln.

Ein genaues Datum zu bestimmen,wann Hubbard Scientology gegründethat, ist etwas schwierig. Anlehnen kannman sich an das Jahr 1950, in dem dasBuch Dianetik auf dem US-amerikanischen Büchermarkt erschien.In der Scientology genießt dieses Werkals »Buch Eins« uneingeschränkteAufmerksamkeit. Das Jahr 1950 bietetsich auch aus anderen Gründen an, mitdiesem Jahr beginnt sozusagen diescientologische Zeitrechnung. 1950 istquasi das Geburtsjahr. Wie ernst diesgemeint ist, wird in Anweisungen vonHubbard deutlich. Als Datumsangabe

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kann einem zum Beispiel die Abkürzung10. Januar a. D. begegnen. DieAbkürzung a. D. steht für »afterDianetik«, das Erscheinungsjahr des»Buches Eins«. Übersetzt aus derscientologischen Zeitrechnung bedeutetdas Datum also 10.2.1960.

Für das Jahr 1950 spricht auch, dassHubbard als Gründer und Präsidenteiner Hubbard-Dianetikforschungsstiftung (HubbardDianetics Research Foundation - HDRF)auftritt. Diese Stiftung wurde im April1950 in New Jersey eingetragen. Ende1950 erscheint am 5. Dezember in einerZeitschrift namens »Look« ein Artikelmit der Überschrift »Dianetik -

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Wissenschaft oder Schwindel?« Indiesem Artikel geht es dann auch bereitskritisch los. L. Ron Hubbard wird biszum Erscheinen seines Buches Dianetikals unbekannter Schriftsteller mitpseudowissenschaftlicher,verschwommener Ausdrucksweisedargestellt. In Hubbards Buch Dianetik,so der Schreiber dieses Artikels, würdebehauptet, dass die Schaffung derDianetik ein Meilenstein für denMenschen sei, die sich mit derEntdeckung des Feuers vergleichenließe, und wichtiger sei als dieErfindung des Rades und des Bogens. Indem Artikel heißt es weiter, dassHubbards Buch »eine Vielzahl vonPsychiatern, Biochemikern,

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Psychologen, Ärzten und ganz normalenWissenschaftlern …, die dieverblüffenden Behauptungen und denwachsenden finanziellen Erfolg diesesseltsamen neuen Phänomens mit Furchtund Angst betrachten«, beeinflusst hat.Es wird geschlussfolgert, dass dieAnziehung von Hubbard darin besteht,dass seine Ersatzpsychiatrie allen zurVerfügung steht.

Nicht nur eine erste kritische Pressebegleitet die Gründungsphase derDianetik. 1951 wird in New Jerseygegen die Hubbard Stiftung HDRF voneinem Vertrauensarztausschuss einVerfahren angestrengt, weil dieOrganisation ohne Lizenz eine Schule

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betreibt und einen Teilbereich derMedizin lehrt. Über den Ausgang dieserUntersuchung ist nichts Aussagekräftigesbekannt.

Die HDRF errichtet 1951 ihrenHauptsitz in Wichita, Kansas, undübernimmt eine Art Schirmherrschaftüber die »Allied Scientists of theWorld« (Vereinigte Wissenschaftler derWelt). Der Zweck dieser Organisationwird folgendermaßen erklärt:

Der Bau und die Einrichtungeiner Bibliothek … in einematomsicheren Gebiet, in derKultur und TechnikderVereinigten Staaten in einemfür die Wissenschaft nutzbaren

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Zustand eingelagert und im Falleeines Angriffes gerettet werdensoll.

Im Jahr 1951, kurz nach dem ZweitenWeltkrieg und der Zündung der erstenAtombombe in Japan eine nichtungeschickte Herangehensweise fürPropagandazwecke. Die Angst vor derAtombombe war allgegenwärtig.Sicherlich haben sich einige dortengagiert, denn welcher Amerikanermöchte nicht die Errungenschaften derVereinigten Staaten atomsicheraufbewahrt wissen.

Hubbard war inzwischen schon sobekannt, dass auch sein Privatleben fürdie Medien von Interesse war. So

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berichtet die »Times Herald« inWashington D. C. am 24. April 1951über das Scheidungsverfahren desEhepaares Hubbard. Die Ehefrau hätte indieses Verfahren eingebracht, dassqualifizierte ärztliche Berater empfohlenhaben, ihren Ehemann L. Ron Hubbardzur psychiatrischen Beobachtung undBehandlung einer Geisteskrankheit mitder Bezeichnung »paranoideSchizophrenie« in ein privatesSanatorium einzuweisen. Frau SaraHubbard gab an, er sei »hoffnungslosgeisteskrank«. Die Begründung dieserAussage mag an den weiteren Detailsder Schilderungen liegen. Sie gab an,von ihrem Ehemann systematischgefoltert, geschlagen, stranguliert

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worden zu sein. Außerdem habe er mitihr experimentiert. ReineSchlammschlacht während einesScheidungsverfahrens? Wie auch immer,nachdem eine Scheidungsvereinbarunggeschlossen ist, geht die Sachereibungslos über die Bühne. Allerdingshatte Sara monatliche Zahlungen und dasSorgerecht für den gemeinsamen Sohnerreicht. Während des Verfahrens hattesie ihre Vorwürfe gegen den Ehemannzurückgenommen.

Fraglich ist, ob die Einlassungen derEhefrau völlig unbegründet waren,existiert doch Korrespondenz zwischenL. Ron Hubbard und derVeteranenverwaltung in Los Angeles.

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Diese Behörde war zuständig für dieFürsorge von Kriegsteilnehmern nachdem Zweiten Weltkrieg. In einem Briefvom 15. Oktober 1947 an eben dieseBehörde, der von ScientologyDeutschland als Fälschung bezeichnetwird, schreibt Hubbard:

… Dies ist ein Antrag aufBehandlung … Nachdem ichzwei Jahre lang vergeblichversucht habe, meinGleichgewicht im Zivillebenwiederzuerlangen, bin ich völligunfähig, für mich persönlich einAuskommen zu erzielen. Meinletzter Arzt informierte mich,dass es hilfreich sein könnte,

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wenn ich mich untersuchen ließeund vielleicht psychiatrisch odersogar durch einenPsychoanalytiker behandeltwürde. Gegen Ende meinerDienstzeit umging ich aus Stolzjegliche Überprüfung meinesGeisteszustandes. Dies geschahin der Hoffnung, dass die Zeitmeinen Geist ins Gleichgewichtzurückführen würde, von demich klare Anzeichen hatte, dasser ernsthaft beeinträchtigt war.Ich kann mir die langen Periodender Verdrießlichkeit undNeigungen zum Selbstmord nichterklären und mich auch nichtdarüber erheben.

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Die weitere Entwicklung derOrganisationsgründungen wird Anfangder 50er Jahre etwas unübersichtlich.Einigermaßen gesichert scheint zu sein,dass Hubbard 1952 die »HubbardAssociation of Scientologists«,sozusagen den HubbardScientologenverband in Arizona/USAgründete und in der Folge in New Jerseyein weiteres Büro eröffnete. In dieserZeit soll bereits der Sprung über dengroßen Teich nach Europa gelungen sein.Auch in London soll bereits damals derHubbard’sche Scientologenverbandpräsent gewesen sein.

Das Netz des Hubbard-Imperiumsbeginnt, sich zu entwickeln. Auch die

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Aktivitäten und die Darstellungen für dieÖffentlichkeit steigerten sich.

Festzuhalten ist, dass in derGründungszeit von Wissenschaft undTherapie die Rede ist, von Religionoder Kirchengründung keine Spur. Überdie formelle Gründung seiner erstenScientology-Church gibt es diewidersprüchlichsten Angaben. DieOrganisation selbst gibt für dieGründung der »Church of Scientology ofCalifornia« das Jahr 1954 an. Ob dieseAngabe nun stimmt oder nicht, isteigentlich unbedeutend. Das »WarumKirche?« ist schon interessanter.

Dieses Warum erschließt sichallerdings nicht durch die offizielle

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Darstellung der Organisation. Dafürmuss man sich in die Niederungen derHubbard’schen Anweisungen begeben.Die bereits 1951 sich andeutendenProbleme mit der US-amerikanischenGesundheitsbehörde setzen sich fort.Zum Beispiel wurde noch im Jahr 1963von der US-AMERIKANISCHENNahrungs- und Medikamentenbehörde,der Food and Drugs Administration, eineRazzia in der Scientology-Akademie inWashington D.C. durchgeführt. Dabeiwurden Geräte beschlagnahmt, die dieAkademie bei der Ausübung vonScientology eingesetzt hatte. Es wurdevorgebracht, diese Geräte mit derBezeichnung »Hubbard-Elektrometer«seien in Anzeigen fälschlich als wirksam

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bei der Behandlung verschiedenerKrankheiten bezeichnet worden.

Die Reaktion von staatlichenInstitutionen verwundert einen nicht. Somusste die Öffentlichkeit in derDarstellung der Scientology einiges zurKenntnis nehmen.

Zum Beispiel erscheint im Mai 1960eine Zeitschrift mit Namen »Reality«,also »Wirklichkeit«. Das Blättchennimmt für sich in Anspruch, dieoffizielle Publikation von Dianetik undScientology in Kalifornien und demWesten der USA zu sein. Die Seite dreidieser Veröffentlichung dokumentiert dieAnsprüche der Organisation:

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In den Händen der Intelligenz hatScientology durch Änderung dermenschlichen Energie alleWunderheilungen früherer Zeitenwiederholt. Es ist jedoch mehrals eine Wissenschaft vomHeilen. Durch Scientology undnur durch Scientology könnte dieQualität derer bestimmt werden,die die Menschheit regieren.Durch Scientology kann einMensch seine Mitmenschenerkennen und ihr Handelnvorhersagen. Er kann heilen unddie Zukunft seiner Kindersicherstellen. Er kann dasMorgen beurteilen und lernen, im

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Heute zu herrschen … In einigenStunden kann Scientology dieLahmen gehend und die Blindensehend machen.

1963 - zur Zeit der Durchsuchung,existierten bereits Anweisungeninnerhalb der Organisation, die die US-amerikanische Gesundheitsbehörde zumFeind erklärt. Aus den 50er/60er Jahrenstammen auch die Formulierungen, dieentlarven, warum Hubbard plötzlichvom angeblichen Wissenschaftler undHeiler zum Religionsstifter mutierte.

In der Serie der Anweisungen mit derÜberschrift »Attacken gegenScientology« wird den Anhängernverdeutlicht, welche Maßnahmen zu

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ergreifen sind, um die als Attackenbezeichnete Kritik abzuwehren. DieEmpfehlungen der zu ergreifendenMaßnahmen sind in Schritte unterteilt.Dazu gehört, Öffentlichkeit oderpolitische Institutionen über die immerals Diskriminierung der Organisationbezeichnete Kritik zu informieren, umdie »Attacken« zu stoppen bis zu demSchritt, wenn die vorhergehenden nichtzum erwünschten Erfolg geführt haben,sich dann als Kirche oder Religion zubezeichnen. Religionsgemeinschaften, soHubbard, werden vom Staat nichtangegriffen, der Begriff »Kirche« wirdim Allgemeinen mit positiven Attributenin Verbindung gebracht. Ein nicht zuunterschätzender Ansatz, der sich in den

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USA - aber nicht nur dort - als wirksameMaßnahme erwiesen hat. Die öffentlicheReaktion der Scientology-Organisationauf die Durchsuchung der Räume und derBeschlagnahmung durch dieNahrungsund Medikamentenbehördevom 5. Januar 1963 könnte auch aus derheutigen Zeit stammen, denn greift derStaat ein, wird immer so argumentiert. Inder Stellungnahme heißt es:

Die Beschlagnahme vonVermögensgegenständen undUnterlagen unserer religiösenOrganisation, der Scientology-Gründerkirche, auf Betreiben derNahrungsmittel- undMedikamentenbehörde des US-

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Ministeriums für Gesundheit,Erziehung und Soziales stellt einschockierendes Beispiel für eineRegierungsbürokratie dar, dieverrückt spielt. Sie stellt einendirekten und erschreckendenAngriff auf dieverfassungsmäßigen Rechte derReligionsfreiheit, Pressefreiheitund Redefreiheit dar.

Dieser durchaus als holperig zubeschreibende Beginn der OrganisationScientology macht deutlich, dass vonAnfang an alle Schilderungen und darausabgeleiteten Vorwürfe bis heutegeblieben sind. Dieses kann auch nichtverwundern, weil es immer noch

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dieselben Ideen und Praktiken sind.

Die Organisation kann nur existieren,wenn verschiedene Komponentenzusammentreffen.

1. Menschen anzusprechen,scientologisch auszubilden undden Weg zurück in die realeWelt so schwer wie möglich zumachen.

2. »Macht Geld, macht mehr Geld«.Dieses Hubbard-Zitat ist einesder bekanntesten. Ohne Geldkeine Macht.

3. Ein gut organisiertes Netz derAbwehr von negativenEinflüssen von innen und außen.Darin eingebunden eine PR-

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Strategie, die in der Lage ist,schnell und zielgerichtetKampagnen zu realisieren undvor allem zu desinformieren.Nicht ohne Grund wird wohl diescientologischeGeheimdienstabteilung OSAnach außen als Presse- undRechtsamt deklariert. Vomehemaligen FBI-Chef von LosAngeles kann man wohl davonausgehen, dass er weiß, wovoner spricht, wenn er 1994 indeutschen Medien mit folgenderAussage zitiert wird: »… dassdie Sekte eines derausgefeiltesten Spionagenetzehat, die man sich ausmalen

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kann.«

Gepolte Menschen, Geld undPropaganda sind das eiskalte Gemischdes Hubbard’schen Imperiums mitNamen Scientology. Es stellt sich schonlange nicht mehr die Frage, ob wirklichalles Hubbards Hirn entsprungen istoder ob andere an der Entwicklungmitgestrickt haben, bzw. ob sichHubbard nicht bei Ideengebern bedienthat. Auf einen Aspekt, dass Hubbardsich anderer Ideengeber bedient hat, istkurz einzugehen, da es einen doch wohlzentralen Punkt berührt: das WortScientology.

Bereits weit vor derBegriffsbestimmung durch Hubbard gab

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es eine Publikation mit dem Titel:»Scientologie, Wissenschaft von derBeschaffenheit und Tauglichkeit desWissens«. Das Werk erschien 1934, undder Autor, ein Deutsch-Argentinier hießDr. Anastasius Nordenholz. Scientologymit dem »Y« ist inzwischen eineingetragenes Warenzeichen. DieOrganisation hat auf die Darstellung derNordenholzen-Veröffentlichung, wennsie erwähnt wird, natürlich immer in derForm reagiert, dass dies nichts mehr mitHubbards Ideen und Werken zu tun habe.Bemerkenswert ist es trotzdem, dennnicht nur der Begriff ist identisch, es gibtauch andere Gemeinsamkeiten:

Doch endet die Gemeinsamkeit

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zwischen Nordenholz’Scientologie und HubbardsScientology keineswegs bei demHauptbegriff und seiner Deutung.Nordenholz benutzt wie Hubbard(oder Hubbard wie Nordenholz)als Ausgang seiner in »reineScientologie« und »angewandteScientologie« unterschiedenenWissenschaft »Axiome«.

(Haack, Friedrich-Wilhelm:Scientology. Magie des 20.

Jahrhunderts. München, 1991, S.66)

Die Ähnlichkeit bei derBegriffsbestimmung ist schonverblüffend, denn auch Hubbard gab

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eine Schrift mit dem Titel »Die Axiomeder Scientology« heraus. DieSchlussfolgerung, dass selbst der Nameseiner Organisation und Bausteine seiner»Wissenschaft« nicht von ihm stammen,kann wohl bei dieser Schriftenlage nichtausgeschlossen werden.

Allerdings, ob Hubbard Ideen vonanderen übernommen hat, alleine oderim Verbund mit anderen dasGesamtsystem entwickelt hat, die in derscientologischen Geschichtsschreibungnicht auftauchen, ist im Sinne derAuswirkung für Mensch undGesellschaft unerheblich. Die Ideologieund die Strategie der Umsetzung ist eineGefahr. Sie war es von Anfang an und

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wird es bleiben, wenn es nicht gelingt,dem Treiben irgendwann ein Ende durchVerbot zu bereiten.

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Alles Kirche, alles religiöseÜberzeugung?

Es war einmal ein Science-Fiction-Schriftsteller, sein Name Lafayette RonHubbard. Nach allem, was man weiß,hat er nie von sich behauptet, er sei einGott oder auch nur göttlich. Aber erbehauptet, er ist im Himmel gewesen.Die Aussagen gedeutet, wohl zweimal.

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»Die Zeit meiner ersten Ankunft«, soseine Ausführungen, »war datiert auf43.891.832.611.177 Jahre, 344 Tage, 10Stunden, 20 Minuten und 40 Sekundennach dem 9. Mai 1963 22.o2.5 UhrGreenwich-Tageszeit«. In seiner Zeit imWeltall soll er die Russen auf dem Wegzur Venus in die Flucht geschlagen habenund soll mit dem Raumfahrtprogrammder Amerikaner in den 50er Jahrenbeschäftigt gewesen sein.Recherchierbar ist dieses nicht, da sichüber die galaktischen Spritztouren vonHerrn Hubbard keine Aufzeichnungenfinden lassen, dafür aber hat er für seineAnhänger mit präzisen Details seineAusflüge beschrieben.

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So hat ihn sein zweiter Besuch imHimmel mehrere 100 Milliarden Jahrespäter so schockiert, dass er wohlfeststellen musste, dass alles imUniversum bergab gegangen war. War ernoch beim ersten Besuch beeindrucktvon der geradezu majestätischen Prachtim Himmel, so war beim zweitenBesuch alles hässlich geworden. Erschrieb: »Eine Prachtstraße mitHeiligenstandbildern führt zu ihnen hin.Die Säulen der Portale werden vonmarmornen Engeln überragt. DasGelände um die Eingänge ist sehrgepflegt …« So der erste Besuch. Dannder Schock: »Die Vegetation gibt esnicht mehr. Die Säulen sehen jämmerlich

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aus. Die Heiligen sind verschwundenund auch die Engel.« Die Erkenntnis ausdem von ihm festgestellten Chaos ist dieRettung des Universums geworden.Mittendrin Mutter Erde:

Der erste Schritt ist, denAtomkrieg und planetarischesChaos zu verhindern und dieErde als einRehabilitationszentrum zubenutzen, da hier die(scientologische, d.Verf.)Technologie schon gut eingeführtist. Ein zweiter darauf folgenderSchritt ist, den zentralenOrganisationen (der Scientology,d.Verf.) nicht unähnliche

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Arbeitseinheiten innahegelegenen Systemeneinzurichten.

(Edition Scienterra,VAP Verlag[Hrsg.], »Scientology - Mehr alsein Modetrend«, PreußischOldendorf, 1991)

Die Erde als Rehabilitationszentrum fürverwirrte intergalaktische Chaoten. Erhatte allerdings auch Bündnispartner imHimmel ausgemacht.

Mit den stellaren Mächten, diesich für diese Bereicheinteressieren, wird sich keinernstzunehmender Konfliktentwickeln, da ich für die

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beiden, die in dieser Galaxis ammeisten davon berührt werden,die Hand ins Feuer lege, nämlichEspinol United Stars, wozu dasSonnensystem entfernt gehört,und die GalaktischeKonföderation, der sich Espinolmit Maßen beugt.

(Edition Scienterra,VAP Verlag[Hrsg.], »Scientology - Mehr alsein Modetrend«, PreußischOldendorf, 1991)

Wie bringt man nun Menschen dazu,diese WeltraumOdyssee alspersönliches Ziel der Befreiunganzunehmen und der staunendenÖffentlichkeit als religiöse Überzeugung

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zu verkaufen? Ein Erich von Däniken istbisher noch nicht darauf gekommen,seine außerirdischen »Wahrheiten« mitdem Schein der Religiosität zuverbinden. Herrn von Däniken kann manwohl auch nicht unterstellen, dass erseine »Erkenntnisse« zur politischenMarschrichtung erhoben hat. Ihm genügt- im Gegensatz zu Hubbard - der Verkaufseiner Bücher.

Das desaströse Chaos im Himmelwird dem Angeworbenen in Scientologyauch nicht gleich offenbar. DieseOffenbarung der Universumsaufgabewird nach und nach vermittelt. Hierspielt natürlich die Maßgabe, dieSprache zu erlernen, eine bedeutende

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Rolle. Sätze wie: »Gehe nie über einunverstandenes Wort hinweg!«, oder:»Wahr ist für dich nur das, was du fürwahr erkennst!«, machen deutlich, dassauf dem Weg zur galaktischen Erkenntnisund die Weltraum-Wunderlichkeit nötigist, den persönlichen Freiheitsweg mitden vorgegebenen Anweisungen inEinklang zu bringen.

Bereits am Anfang dieser Reise in dasRaumzeitalter des Herrn Hubbard stehtdie Lehre zu verinnerlichen, dass dasGehirn nicht etwa ein Organ ist, sondernaufgeteilt ist in zwei Hälften: denanalytischen und den reaktiven Geist.Nach Hubbard ist der analytische Geistrational, steuert die Wahrnehmung, hat

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die Fähigkeit zu entdecken und auch zuzählen. Der reaktive Geist jedoch kanndagegen angehen. Dieser ist ein üblerGeselle und für vieles, was denMenschen quält, verantwortlich. Bereitsim Buch Dianetik sitzt der reaktive Geistauf der Anklagebank:

Er nimmt den Menschen dasmusikalische Gehör. Er bringtdie Menschen zum Stottern. Erbewirkt das, was man auf jederListe geistiger Leiden findenkann: Psychosen, Neurosen,Zwänge, Verdrängung … Waskann er tun? Er kann Arthritis,Bursitis, Asthma, Allergien,Sinusitis, Koronarerkrankungen

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und hohen Blutdruck verursachenund so weiter durch den ganzenKatalog der psychosomatischenKrankheiten.

(Hubbard, L. Ron: »Dianetik.Die moderne Wissenschaft dergeistigen Gesundheit«.Kopenhagen, 1984, S. 66)

Die Ursache für derart schädigendesVerhalten liegt laut Hubbard nun daran,dass dieses reaktive Teufelchenausschließlich negative Erfahrungenspeichert. Er hat also aus denzahlreichen vergangenen Leben Bildervon unangenehmen Erfahrungen undErlebnissen aufgenommen. Durch dieseBilder ist der positiv eingestellte

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analytische Geist gefangen, gehemmtoder einfach kurzgeschlossen -sozusagen unfrei.

Das ganze Streben durch die Kurseund Seminare zielt von Anfang andarauf, diese den analytischen Geisthemmenden Abbilder - bei Scientologyheißen sie Engramme - aus demreaktiven Geist zu löschen. Ist diesesnach in der Regel langen und teurenSitzungen - dem so genannten Auditing -gelungen, geht man bei Scientologydavon aus, dass der jeweiligeScientologe den Status »Clear« erreichthat. Bis zu diesem denkwürdigenEreignis heißen die Anwärter auf dieseStufe »Preclear«. Je nachdem, wie viel

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der einzelne Mensch an Untaten,Schmerzerfahrungen, Drogeneinnahme(Medikamente, die anscheinend imHimmel an der Tagesordnung sind)aufweist, dauert die Prozedur häufigjahrelang und kostet und kostet. Derscientologisch zu erlernende Begriff, derdie Sinnhaftigkeit der Auditing-Prozedurerklärt, ist die so genannte Zeitspur, aufder sich alles befindet, was geschehenist und die es zu erforschen gilt. Bei derAusbildung zum Auditor werden dannErkenntnisse vermittelt:

… Und nun die schlechteNachricht: Die Zeitspur ist -dank »Ron« wissen wir das -mindestens 350 000 000 000 000

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Jahre lang. (Wahrscheinlich abernoch viel länger.) NachHubbards Theorie werden alle25stel Sekunden auf der Zeitspur57Wahrnehmungen gespeichert… Man könnte nun rationalentgegenhalten: Die Erde hat sichvor 350 Billionen Jahren nochnicht gedreht, sie gab es schlichtnicht, nicht einmal dasUniversum. Aber was soll’s:Das E-Meter belehrt uns einesBesseren … Denn mit Hilfe desE-Meters - und das lernte ich nun- kann man jedes beliebigeDatum auf der Zeitspur ausfindigmachen, ohne dass der Preclearauch nur ein Wort sagt:

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beispielsweise den 1. Februar 9876533210 vor Christus! …Mein Trainer dachte sich einDatum aus und schrieb es fürmich nicht sichtbar auf ein BlattPapier. Ich glaube, es war seinGeburtsdatum (Jeder fängt malklein an!). Nun musste ichfragen: »Liegt das Datum vor1945 n. Chr.?« Gab es eineNadelreaktion (am E-Meter, d.Verf.), hieß das »ja«, gab eskeine, hieß das »nein«. Ichkreiste so das Jahr ein. Dannfolgte die Frage »Liegt dasDatum vor dem 1. Juli 19XY?«So fand ich den Tag heraus.Am

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Ende hatte ich tatsächlich dasGeburtsdatum ausspioniert, ohnedass er mir irgendetwas gesagthätte. Das E-Meter funktioniert,davon war ich felsenfestüberzeugt.

(Caberta, Ursula;Träger,Gunther: »Scientology greift an«.

Düsseldorf, 1997, S. 53)

Hindernisse auf dem Weg zum Clearsind neben den Verfehlungen auf derZeitspur selbstverständlich auch im Hierund Jetzt möglich, nämlich immer dann,wenn nach Auffassung der inScientology für den Weg zum Clearzuständigen Personen feststellen, dassder »Student« oder »Preclear«

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Schwierigkeiten erkennen lässt, sichganz dem zu erreichenden Ziel zuwidmen. Solche Schwierigkeiten könnendurchaus auch darin bestehen, dass diefinanziellen Möglichkeiten desEinzelnen den Weg behindern oder dasUmfeld, also Familie, Freunde etc.,durch kritische Begleitung dasFortkommen bremsen. Schon sehr frühwerden die Organisation und Hubbardmit Vorwürfen des finanziellen Ruinsvon Anhängern konfrontiert. Häufigwerden gerade die Kosten für dasAuditing ins Feld geführt. Berichte vonehemaligen Scientologen, denen immerwieder suggeriert wurde, derjenigebrauche mehr Auditing, da die immernoch ungelösten Probleme (welche das

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auch gewesen sein mögen) an noch nichtaufgedeckten Gemütsstörungen lägen.Um endlich die Wurzel des Übels zuerkennen und auszureißen, sei ebenweiteres Auditing nötig. Erfahren wirdman bis zu diesem scientologischenZustand auch, dass der Mensch nichteinfach ein Mensch ist, sondern sichfolgendermaßen zusammensetzt: »Dererste Teil ist das geistige Wesen, das inder Scientology Thetan genannt wird.Der zweite Teil ist der Mind. Der dritteTeil ist der Körper.« Dem Thetan, auchdas ist dann irgendwann klar, istbesondere Aufmerksamkeit zu schenken.

Eine immer wiederkehrendeErklärung von ehemaligen Mitgliedern,

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die sich nach dem Lösen von derOrganisation mit Schuldenbergenkonfrontiert sehen, ist die Verlockung,was nach »Clear« passiert. Dieses wirdihnen durch Schriften und innerhalb derOrganisation auch durch Schilderungenvon Mitgliedern, die diesen Weg bereitsgegangen sind, sehr euphorischdargestellt. Man hatte Respekt vordiesen Personen der Organisation, daman sich selbst noch auf der Brücke inunteren Regionen als »Student«abstrampelte. Das Universum desaktiven Thetan, des operierendenThetan, scientologisch kurz OT. Dienach wie vor zu erreichende Stufe imOT-Bereich ist OT VIII. Auf der Brückezur Freiheit sind höhere Stufen

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angekündigt. Alles ein Mysterium, umdie auch diejenigen weiter in Neugierdeüber zu erreichende Fähigkeiten zuhalten, die Engagement und Geld genughaben, sich immerhin bis OT VIIIhochzuauditieren. Denn auf diesenGraden ist man mit sich und seinerZeitspur und vor allem mit seinemThetan und an ihm haftendenKleinthetanen, so genanntenBodythetanen allein. Man auditiert sichselbst. Vor allem scheint eineVerlockung interessant zu sein und istVorbild dafür, dass man es Hubbardnachmachen kann, der Besuch imWeltall, die Fähigkeit, sich von seinemKörper zu lösen. Der aktive, von

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störenden Elementen befreite geistigeTeil, der Thetan erlernt - so die Lehre -,sich zu extorisieren, also den Körper zuverlassen und damit verbunden dieHerrschaft über das MEST, Materie,Zeit, Raum und Energie zu erlangen unddieses zu kontrollieren.

Der Weltraum, die letzte Grenze. Nurals aktiver, operierender Thetan gelangtman dorthin. Und nun endlich eröffnetsich die Weltraumodyssee für deneinzelnen Scientologen. Dieverschiedenen OT-Stufen sind wohlunterschiedlich spannend, denn OT IIIund auch OT V werden als Feuerwände,die es zu durchschreiten gilt, bezeichnet.Und bei OT III wird es dann auch

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endgültig intergalaktisch.Selbstverständlich sind die Materialiender OT-Stufen streng geheim. Hubbardmusste sich wohl sicher sein, dass erstdie Prozedur bis Clear den menschlichenVerstand derartig umnebelt, dass er nunauch seine Weltallkriegsschauplätzekritiklos übernimmt und verteidigt. Aberwie das so ist mit Geheimhaltung, es gibtimmer Menschen, die plaudern.Allerdings erst, wenn sie dieOrganisation verlassen haben, und auchdann haben viele in der ersten Zeitregelrecht Angst, etwas zu erklären, derVerratsgedanke hat sich eingefressen indas scientologisch trainierte Hirn.

Unbestritten kann man allerdings

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inzwischen zur Kenntnis nehmen, dassauf der Stufe OT III die intergalaktischeKriegsphantasie des Herrn Hubbardvermittelt wird.

Vor allem wird vermittelt, und das istfür ein Funktionieren des Systems aufErden nicht unwichtig, dass der Feindaus dem All wohl einen Teilsiegerrungen hat, mit dem sich dieMenschheit nun herumplagt und dessenSchaden auf Erden nun Hubbard undseine Organisation angetreten sind, zubereinigen. Der Feind aus dem All heißtXenu, dieser ist der Herrscher einergalaktischen Konföderation, die aus 21Sonnen und 76 Planeten besteht. DieserBösewicht versuche nun, alle Wesen

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seiner Einflusssphäre unter seineKontrolle zu bekommen. Rabiat vonseiner Anlage her, hat er den Thetanenmit Gewalt, Drogen, elektrischen undelektronischen Mitteln seine Befehleeingepflanzt. Dieses ist schon eine ganzeWeile her. Nach der Geschichte in OTIII rund 75 Millionen Jahre. Zu der Zeithat es Überbevölkerung gegeben. DasProblem hat Xenu gelöst, indem erMassen von Thetanen, mit den genanntenrabiaten Methoden behandelt, auf dieErde gebracht hat, diese hieß seinerzeit»Teegeack«. Als wäre die Behandlungnicht genug, hat er diese Milliarden vonThetanen in Vulkane gestopft und darinzwei Wasserstoffbomben zur Explosiongebracht. Wundersamerweise sind diese

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Thetane dann in den Himmelgeschleudert und mit Flugzeugen auf dieErde zurückgebracht worden. Damit istdie Hubbardsche Horrorgeschichte ausdem Weltraum nicht beendet. Denn er -wer sonst - hat die wahren Absichtendes Xenu erkannt, nämlich die auf derErde Wandelnden dazu zu bringen, dietechnische Zivilisation von vor 75Millionen Jahren nachzuahmen undanschließend einen planetarischenSelbstmord zu begehen. Xenu istallerdings, so geht die Geschichteweiter, aus dem Verkehr gezogen, dennimmerhin gab es in seiner Umgebunggute Thetane, die ihn festgenommen undin eine elektrisch geladene Kiste

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gebracht haben. In den Schriften findensich keine Hinweise, dass der übleGeselle diese Kiste wieder verlassenhat, aber seine ihm ergebenden Thetaneweilen nach wie vor unter uns, dieXenu-Gefahr ist also auf Erden akut. DieEntwicklung der Atombombe, Krieg,Folter, Drogen, Mord, Gehirnwäsche,Elektroschock-Therapien, alle Übeldieser Welt haben ihren Ursprung in denfinsteren Plänen des in der Kistedahinvegetierenden Xenu.

Um nun die eingepflanzten»Engramme« der Vergangenheit oderauch die Hemmnisse im Hier und Jetztfeststellen zu können und die Marter vomThetan zu nehmen, bedarf es der Hilfe

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eines Gerätes: des Hubbard-E-Meters.Ein Gerät, an dem sich Blechdosenbefinden, die mit einem Kabel an dem E-Meter befestigt sind, und das an dieSteckdose angeschlossen wird. Der»Auditor« sitzt mit dem Blick auf dieAnzeigen des Gerätes den Probandengegenüber und registriert die Ausschlägeder auf dem Gerät vorhandenen Nadel,die Reaktionen, die sich aufgrund der inden Händen liegenden Dosen ableiten.Diese Reaktionen werden durch Fragenstimuliert und scientologischinterpretiert und - nicht unwichtig -notiert.

Das Auditing ist ein Muss inScientology. Ziel ist es aber auch,

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möglichst viele Menschen zu Auditorenauszubilden, um die Verbreitung zusichern, aber auch dem einzelnenScientologen zu vermitteln, einescientologische Karriere machen zukönnen. Also gehören E-Meter auch zumVerkaufangebot des Scientology-Betriebes. In verschiedenenAusführungen werden sie angeboten.Außerdem behält sich die Organisationvor, darauf zu achten, dass die Gerätefunktionstüchtig bleiben, also müssen siezur Wartung immer mal wiedereingeschickt werden. Es kann durchauspassieren, dass jemandem nahegelegtwird, sich ein neueres Modellanzuschaffen. Denn natürlich müssen siegekauft werden. Seit einiger Zeit bietet

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die Organisation sozusagen»Beschleuniger« für das Verfahren an. Inden internen Schriften wird suggeriert,dass diese Ergänzung oder Erneuerung,wie man es auch nennen will, dieErgebnisse des Auditings präziser undschneller ermitteln lässt.Selbstverständlich werden auch dieseGeräte nicht einfach zur Verfügunggestellt, sondern müssen erworbenwerden. Der Druck auf die Einzelnen,sich dem Kauf nicht zu entziehen, istenorm, denn mit an Sicherheitgrenzender Wahrscheinlichkeit werdeninnerhalb von Scientology diejenigenbelobigt, die sich dem Verkaufsdruckbeugen.

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Die Grundlage der Entwicklung vonHubbards System ist dieWeltraumodyssee, das wird bereitsdaran deutlich, dass auf dem Dianetik-Buch ein explodierender Vulkanabgebildet ist. Die Xenu-Geschichtewird zur Grundlage für Dianetik undScientology. Weltraumhorror eineReligion? Nein, so begann es nicht. Dererste Ansatz war Heilung der Menschen,bzw. der Geistwesen in ihnen, denThetanen. Heilungsversprechen undHeilungsverfahren durchziehen diegesamte Ideologie. Die einzig wahreTherapie befindet sich in Händen derScientologen. Von Religion oderGlauben keine Spur. Die Rettung der

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Thetane durch die verschiedenenMethoden der Scientology. Erst dieersten vehementen Auseinandersetzungenmit amerikanischen Behörden lassen dieganze Angelegenheit zu einer »Kirche«mutieren.

Noch im Juni 1953 erklärt Hubbardden Begriff Scientology wie folgt:

Scientology ist die Wissenschaftdes Wissens. Sie besteht ausvielen Teilen. IhreHauptunterteilung ist Scientologyselbst sowie Para-Scientology.Unter Scientology ordnen wirdiejenigen Dinge ein, über diewir sicher sein können, undausschließlich solche Dinge,

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über die wir Gewissheit habenkönnen.Wissen selbst istSicherheit;Wissen ist nichtgleichzusetzen mit Daten. Para-Scientology ist der große Topf,der all diejenigen Dinge enthält,die mit größerer oder geringererUnsicherheit verbunden sind.Hier finden wir fragwürdigeDinge, diejenigen Dinge, überdie sich der normale Beobachtermit ein wenig Studium nichtsicher sein kann. Einige derDinge, die unter Para-Scientology fallen sind:Dianetik, die Unsterblichkeit desMenschen, die Existenz Gottes… Solche Dinge haben eine

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relative Wahrheit. Trotzdem istdie Dianetik mehr eine exakteWissenschaft als viele, die dieseBezeichnung vorher getragenhaben. Ebenfalls unter dieÜberschrift Para-Scientologywürden folgende Dingeeingeordnet werden: vergangeneLeben, mysteriöse Einflüsse,Astrologie, Mystizismus,Religion, Psychologie,Psychiatrie, Kernphysik undjegliche andere Wissenschaft,die auf Theorie basiert.

(Voltz,Tom: »Scientology und[k]ein Ende«. Düsseldorf, 1995,

S. 72f.)

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Trotz dieser zum Teil widersprüchlichenAussagen des Gründers gelingt es immerwieder, nach außen dernichtscientologischen Welt zu verkaufen,Scientology sei eineReligionsgemeinschaft. DiesesPhänomen, insbesondere vor Gerichtenoder in der Wissenschaft, ist nur für dennicht leicht nachvollziehbar, der dieMarketingstrategie der Organisationnicht kennt oder nicht durchschaut. Nachaußen wird es als Strategie genutzt, inder Annahme, mit einerReligionsgemeinschaft gehe der Staatrespektvoller um. Reine Taktik. Die zumScientologen gewandelten Menschenübernehmen irgendwann die These, siegehören einer Religion an, denn es gilt

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Xenus »Freunde« in die Schranken zuweisen, und da ist jedes Mittel recht.Tief im Inneren haben sie aber dieGewissheit, sie brauchen nicht zuglauben, denn sie wissen. Sie sind Teilder Organisation, die alles weiß, dabraucht es nicht den Glauben desEinzelnen. Bisher ist der Autorin keinehemaliges Mitglied bekannt geworden,das nach dem Lösen von derOrganisation von sich gesagt hat, ja, ichhabe mich Scientology zugewandt, weilich meine Religion gefunden habe. Nichteiner, nicht eine Person.

Solange innerhalb der Organisationdie Menschen so manipuliert werden,dass die kranke und dumme Außenwelt

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die wirkliche Wahrheit, die es nur inScientology gibt, nicht anerkennt, bleibtes bei der Außendarstellung. Alldiejenigen, die also meinen, woran einMensch glaubt (und sei es anintergalaktische Kriege und ihreAuswirkungen auf die Menschheit) seiseine Entscheidung, können dieses tun,und daran ist nichts Verwerfliches.Schließlich soll jeder nach seinerFasson selig werden, doch muss er sichklar werden, dass es wirklich nicht umGlauben geht, sondern um dieVerbreitung der Technologie des HerrnHubbard. Ein Mitglied der Organisationist nicht im System Scientologe undaußerhalb ein ganz normales Mitgliedder Gesellschaft. Ein Scientologe/eine

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Scientologin ist immer Mitglied derOrganisation und ist verpflichtet, dieerlernten scientologischen Technikenanzuwenden. Scientology wird zumLebensinhalt, zum Mittelpunkt vonDenken und Handeln mit allenKonsequenzen.

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Vom irdischen Wesen zumScientologen

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Thetane in kleinen undgroßen Körpern

»Ein Kind ist ein Mann oder eine Frau,der oder die noch nicht zur vollen Größeherangewachsen ist«, so L. Ron Hubbardin seinem Buch Kinder-Dianetik. DieAussage ist an Banalität nicht zuübertreffen. Allerdings bedeutet sie nachdem Gründer der Scientology-Organisation nicht etwa, dass denKindern nun eine Erziehung zukommensoll, die sie zu selbstbestimmtenMännern und Frauen heranwachsen lässt.Die von ihm entwickelte Theorie überMenschen trifft auch die Kleinen von

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Anfang an.

Um die Verhaltensweisen vonScientologen zu verstehen und die zumTeil aus nichtscientolgischer Sichtwidersprüchlichen, ja zum Teil absurdanmutenden Aktionen einordnen zukönnen und vor allem, um zu verstehen,warum Menschen ohne zu hinterfragenihre Kinder diesem System aussetzen, istes nötig zu erläutern, was Scientologendas tun lässt, was sie tun. LautHubbard’scher Lehre wird man nämlichzu einem Scientologen gemacht. DieseAussage ist durchaus stimmig. DasLehrgebäude erschließt sich demAngeworbenen erst Schritt für Schritt,Kursabschluss für Kursabschluss. Die so

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genannte Brücke zur Freiheit ist lang undteuer. Die Mechanismen den Menschenaußerhalb deutlich zu machen, werdendadurch erschwert, dass der Gründerzum Teil unerträgliche Wortschöpfungenerdachte, Begriffe des allgemeinenSprachgebrauchs »redefinierte« undihnen damit eine andere Bedeutung gab,und außerdem Abkürzungen einbaute,die sich nur erschließen, wenn man sichscientologisch schulen lässt. Um also andie »Erkenntnisse« der Dianetik und derScientology zu gelangen, ist es nötig,einzutauchen in die scientologischeSprach- und damit Gedankenwelt. DieseEntwicklung einer eigenen Sprache isteiner der Bausteine, die Menschen zuScientologen werden lässt. Über die

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erlernte Sprache, die nur im SystemScientology anwendbar ist, entwickeltsich eine Art »Elite-Trauma«.Man(n)/Frau gehört dazu. Zu einerGruppe, die einzig und allein berufen ist,alle Probleme zu lösen. Die Abschottungdurch die Sprache nach außen wird alsPrivileg gedeutet und als Beweis, dassdie nichtscientologische Welt dumm undkrank ist. Dieses kann durchaus daseigene Selbstbewusstsein fördern. DieKonsequenz daraus, es gibt auch keinenWeg zurück, wird nicht gezogen.Gefördert wird dieses Elitedenken durchdas Verhalten der Mitscientologen - manist sich ja einig in dem, was man spricht,denkt und tut -, was soll daran falsch

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sein?

Daraus konsequent abgeleitet gibt eseine theoretische und praktische Ebenebei Scientology. Beides geht Hand inHand. Nur, wer die theoretischen,ideologischen Inhalte über die Angeboteder Organisation erlernt undverinnerlicht, darf und soll diese auchpraktisch anwenden. Daher zeigt dieBrücke zur Freiheit auch zwei Wege auf,einen für den persönlichen Werdegangals Scientologe und auf der anderenSeite den Ausbildungsweg zurVerbreitung der Inhalte und weiterenRekrutierung von Menschen. Bei L. RonHubbard liest sich die Erwartung anseine Jünger folgendermaßen:

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… Daher ist der Weg, der vorder Scientology liegt, frei, undihr letztlicher Erfolg ists i c he r ge s te l l t , wenn dieTechnologie angewendet wird.

Die Technologie, der Begriff inScientology, der in allen Bereichen alsSchlüsselbegriff gilt. Die Technologieist zu schützen, zu verteidigen undanzuwenden. Wenn Änderungenvorgeschlagen werden, sind diese alsungeeignet abzuwehren. Hubbard dazu:

… Den tatsächlichen Unterlagenzufolge liegt dieWahrscheinlichkeit bei 100.000zu 20, dass eine Gruppe vonMenschen sich eine schlechte

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Technologie ausdenken wird, umgute Technologie zu vernichten.Da wir auch ohne Vorschlägevorwärtsgekommen sind, tun wiralso besser daran, uns zu rüsten,dies jetzt, da wir es geschaffthaben, auch weiterhin zu tun.Dieser Punkt wird natürlich als»unpopulär«, »selbstgefällig«und »undemokratisch«angegriffen werden. Das magdurchaus stimmen. Aber es istauch eine Überlebensfrage. Undich sehe nicht, dass unpopuläreMaßnahmen, Selbstverleugnungund Demokratie dem Menschenirgendetwas gebracht haben,außer ihn weiter in den Schlamm

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zu stoßen.

(Hubbard, L. Ron: »PTS/SP-Kurs«. Kopenhagen, 1989, S. I)

Um diesen Erwartungen nachzukommen,müssen die Schritte gespickt mitHubbard’schen Wahrheiten und»Befreiungskursen« absolviert werden.Befreiung bedeutet bei Scientology,bisher Erlerntes, Erlebtes nicht nur inFrage zu stellen, sondern zu ersetzen.Eben durch die »Wahrheiten« desForschers, Philosophen, WeltreisendenHubbard. Dieses bedeutet, fundamentaleErkenntnisse der Wissenschaft quasi imKopf ad acta zu legen. Was in Physik,Chemie oder Biologie wissenschaftlichbewiesen wurde - vergessen! Es wird

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vermittelt, ausschließlich Gedankenseien Quelle allen Lebens. Ob physischoder psychisch: Alles, was existiert,verdankt sich einzig und allein derTatsache, dass Vorstellungen undEinbildungen es zum Erscheinen bringen.So wird in der Lehre Scientology nichtbestritten, dass die Welt, in der wirleben, existiert. Das physikalischeUniversum ist allerdings geschaffendurch die Macht der Gedanken.Natürlich gibt es dafür eine Abkürzungim scientologischen Sprachgebilde:MEST, diese steht für Matter, Energy,Space, Time (Materie, Energie, Raumund Zeit). Das anscheinendFaszinierende, das damit vermitteltwird, heißt nichts anderes als: Ich

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kleiner Mensch kann Dinge erschaffen,kann Einfluss auf meine persönlicheUmwelt nehmen. Alle Wünsche sinderfüllbar, denn ich bin das Zentrum,erlerne die Techniken, die mich in dieLage versetzen, alles zu erschaffen undzu beherrschen.

Alfred Zeisel, ein ehemaliger Anhängerder Scientology und 13 Jahre dabei,beschreibt seine Veränderung zumScientologen wie folgt:

Anfangs war ich überrascht,viele mir bekannte Begriffeplötzlich in einer anderenBedeutung zu hören. Kritik zum

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Beispiel bedeutet etwas sehrSchlechtes; in Scientology istnämlich Kritik verpönt. SelbstBegriffe wie Denken und Sexmeinen bei Hubbard etwasSchlechtes. Außerdem sprachendie Leute unablässig inscientologischen Kunstbegriffen,wie zum Beispiel Overts,Vergehen, oder OT’s,Operierende Thetans, das sindScientologen, denenübersinnliche Fähigkeitennachgesagt werden, die ichallerdings niemals beobachtenkonnte. Scientology hat so vieleumdefinierte oder neugeschaffene Begriffe, dass es

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dafür zwei umfangreicheWörterbücher gibt. - Mit der Zeitmerkte ich dann, dass ich durchAufgabe meiner eigenen Spracheauch meine Persönlichkeitverloren hatte. Ich war inScientology quasi seelischenteignet worden. Und ichbrauchte nach meinem Ausstiegnoch Jahre, um nicht mehr in dieFalle zu treten, die michgedanklich immer wieder mitScientology verband.« … Manwird halt, wenn man 14 Stundentäglich mit Scientologenzusammen ist, permanentindoktriniert. Und es ist auch

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psychologisch so: Hat maneinmal von jemandem etwasGutes erfahren, neigt man dazu,auch andere Ideen von ihm zuübernehmen - und zwarungeprüft.« … Je länger ich beiScientology war, destoschwieriger wurde meineBeziehung zur Außenwelt. Ichhatte zum Beispiel regelrechtAngst vor den Behörden, wo -nach Ansicht fast allerScientologen - die Unterdrückersitzen.

(Kruchem,Thomas: »StaatsfeindScientology?«. München, 1999,S. 89)

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Verbunden mit der Verinnerlichung derIdeologie geht häufig eineSelbstüberschätzung der eigenenFähigkeiten bei Mitgliedern derScientology einher. Der formulierteHerrschaftsanspruch von Hubbard fürdas System Scientology überträgt sichquasi auf den einzelnen Scientologen,und häufig genug benimmt er sich dannauch so. Mit der Sprache und derAufgabe der vorscientologischenPersönlichkeit übernimmt man auch dieAufteilung des Menschen in zweiKategorien: die soziale und dieantisoziale Persönlichkeit.

Soziale Persönlichkeiten sind lautHubbard am Überleben interessiert und

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machen andere glücklich. Ein anderesihnen zugeschriebenes Merkmal: Sieschließen »Aktionszyklen« ab. Zyklenabschließen ist in Scientology auch einMaßstab. Aufgaben, Kurse, Beziehungenzu anderen Personen sind Zyklen, dieabgeschlossen sein müssen. Hat einScientologe im Sinne des SystemsErfolg, hat er ein gutes oder hohes ARK.Diese Abkürzung steht für Affinität,Realität und Kommunikation. Die vonScientology als Symbol verwendetenbeiden Dreiecke, die durch ein großes Smiteinander verschlungen sind, bedeutendas, was zum Funktionieren erwartetwird. Wird einem ein hohes ARK ineiner Situation bestätigt, hat man siescientologisch ausgedrückt

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»gehandhabt«, also auf gut deutsch imGriff. Das zweite Dreieck wird mit denBuchstaben KRC abgekürzt. K fürKnowledge (Wissen), R fürResponsibility (Verantwortung) und Cfür Control (Kontrolle). Die Bedeutungdes Symbols und der Begriffe, die mitden Dreiecken verbunden sind, undwelche Anforderungen an den Einzelnengestellt werden, wird von GuntherTräger nach seinem Ausstieg, er hatte esbis zur Stufe OT V geschafft, sobeschrieben:

Ich hab später erkannt, was damitgemeint war. Bis zur Stufe Clear(erste so genannte»Erlösungsstufe« auf der Brücke,

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d. Verf.) werden einem inScientology wie in einemTrichter die unbegrenztenMöglichkeiten offeriert. Danachdreht sich der Trichter um, unddas System wird zu einergeschlossenen Veranstaltung, dienur mit Druck undEinschüchterung, mitbedingungslosem Gehorsam undkritikloser Hingabe funktioniert.Wo war plötzlich die Freiheit,die doch am Ende der Brückestehen sollte?

Der Weg bis zum so genannten Clear-Zustand ist quasi die Vorbereitung aufdas, was durch das zweite Dreieck

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symbolisiert wird: das durchScientology vermittelte »Wissen«,Übernahme der Verantwortung jedesEinzelnen für das System Scientologyund die Akzeptanz der totalen Kontrolleüber die eigene Person und dieUmgebung.

Es ist also von Anfang an vonBedeutung, dass auch jedem klar ist, wasHubbard unter sozial und antisozialverstanden haben will. Neben derAnsage, dass Aktionszyklen von sozialenPersönlichkeiten abgeschlossen werden,wird diesen Menschen alsErkennungsmerkmal ins Stammbuchgeschrieben, dass sie konstruktiveGruppen unterstützen und sich

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gleichzeitig gegen destruktive Aktionenwehren. Im Gegensatz dazu wird denantisozialen Persönlichkeiten imSchwarz-Weiß-Schema zugeschrieben,dass diese hauptsächlich kritische oderfeindselige Bemerkungen verbreiten. Siesuchen sich selbstverständlichausschließlich das falsche Angriffszielaus und unterstützen destruktiveGruppen. Schlussfolgerung derscientologischen Indoktrination: Wennetwas nicht so funktioniert, wie es soll,befindet sich in der Nähe eineantisoziale Persönlichkeit, die es dannherauszufinden gilt. Diesem Ziel dientder Kurs »Wie man Unterdrückungkonfrontiert und zerschlägt«. Diesozialen Persönlichkeiten sind natürlich

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ausschließlich Scientologen, die»konstruktive« Gruppe ist Scientology.Dazu Hubbard sehr deutlich:

Bei einer unterdrückerischenPerson oder Gruppe handelt essich um eine Person oderGruppe, die aktiv danach strebt,die Scientology oder einenScientologen durchunterdrückerische Handlungen zuunterdrücken oder zu schädigen.

(Hubbard, L. Ron: »PTS/SP-Kurs«. Kopenhagen, 1989, S173ff.)

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Im Sinne aller Dynamikenhandeln

Parallel zur Sprachentwicklung wirdsuggestiv die Gesamtideologievermittelt, immer mit der Kombination:Du tust etwas für dich und damitgleichzeitig für deine Umgebung, für dieWelt und - auch das wird früh vermittelt- für das Universum. Nachfragen bei denErklärungen der so genannten AchtDynamiken, die bei Darstellungen als»Kenntnis über das Leben« verkauftwerden, finden nicht statt. Am Anfangder Scientology-Karriere sind alle mitsich selbst beschäftigt. Die meisten

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erwarten wohl eine Art Lebenshilfe, diesie weiterbringt, ihre Probleme löst.Davon abgesehen, dass Nachfragenziemlich schnell die internen Wächter -namens Ethikoffiziere - auf den Plan ruft.Das Gesamtkonzept wird nicht erkanntund die Übernahme der ideologischenAnsätze ebenso wenig. Das ist derTrick. Die Vermittlung der »Kenntnisüber das Leben« beinhaltet neben denErklärungen, dass die Erste Dynamik dieeinzelne Person selbst ist, die ZweiteDynamik, die Familie, Ehe undSexualverhalten. So bezeichnet eine Out2 D-Feststellung aus demscientologischen übersetzt, einenEhebruch. Nach außen wird dieseDynamik als Entwicklung von

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Kreativität bezeichnet. Die DritteDynamik, die Gruppendynamik, hat einefunktionierende Gruppe zu schaffen.Dass diese Gruppe Scientology ist (dennsie ist ja die einzige, die funktioniert undRechte hat), erschließt sich nicht in derDarstellung nach außen, dort wird alles,was man sich denken kann, als Gruppedefiniert, in der Außensprache,allerdings doch schon mit dem Hinweis,dass Gruppen danach trachten, alsGruppe zu überleben.

Ohne Kenntnis der scientologischenSprache wird dieses unverständlich, unddas soll es auch sein. Die VierteDynamik ist die Menschheit, als GattungMenschheit bezeichnet. Bei der Fünften

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Dynamik, als Lebensformen bezeichnet,finden sich Pflanze und Tier. Wer weißschon, wie viele dem Umwelt- oderTierschutz verschriebene Menschen sichdurch plakative Äußerungen wie: »DieFünfte Dynamik ist Lebensformen … Sieist das Streben jeglicher Lebensformnach Überleben, das Interesse am Lebenals solchem« haben anwerben lassen.Ab der Sechsten Dynamik kommt dannbereits die Weltallodyssee durch: dasphysikalische Universum. Hier bereitsdie für alle Scientologen im Werdegangimmer wieder zu verinnerlichendenPunkte: Materie, Energie, Zeit undRaum. Die Siebte Dynamik präsentiertden Thetan, in den Darstellungsschriftenals spirituelle Dynamik bezeichnet, als

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Lebensursprung. Und schließlich dieAchte Dynamik, bezeichnet als derDrang als Dasein als Unendlichkeit. Beider Darstellung auch ein neugierigmachender Hinweis: »Deshalb wird manlaut L. Ron Hubbard erst dann, wenn dieSiebte Dynamik in ihrer Gesamtheiterreicht ist, … die wahre AchteDynamik entdecken«. Klingt dochspannend. Der Weg ist offen zurBeherrschung der Unendlichkeit, wasauch jeder Einzelne darunter verstehenmag.

Die Lehre über Acht Dynamikenbeinhaltet praktisch in Kurzform das,was den Scientologen erwartet. Erstwenn er für sich alles geklärt hat, für

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seine Umgebung, öffnen sich dieweiteren Türen. Dass dieser Weg nurunter bedingungslosem Gehorsam undunter ständiger Kontrolle stattfindet,erschließt sich erst im Laufe der Zeit,und dann ist es zu spät.

Ein weiteres Detail, das die Thetaneim System erlernen und natürlich auchanwenden müssen, ist die so genannte»Tonskala«. Bei Scientology liest sichdie Beschreibung so:

Ein weiteres Instrument derScientology, das im täglichenLeben verwendet wird, ist dieTonskala. … Die Tonskalaerläutert präzise,wie man ambesten mit ihnen kommuniziert

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und ihnen hilft.

Mit Erlernen dieser Skala wirdverbunden, menschliche Reaktioneneinzustufen, ihnen die vorgegebenenablesbaren emotionalen »Zustände«zuzuordnen. Zum Beispiel steht für denSkalawert 0,03 der Begriff »nutzlos«. Esgibt also anscheinend nutzloseMenschen, für was nutzlos, für wen?Wer weiß das schon! Eine Person mitder Zuordnung 0,3 gilt danach als»unwürdig«. Bei der Einstufung 1,1 hatder Scientologe »versteckteFeindseligkeit« zu diagnostizieren. Diehöchste und damit für alle Scientologenerstrebenswerte Stufe für sich, seine ihmnahestehenden Menschen und seine

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Umgebung ist 40,0. Diese Skalahöhebedeutet laut Hubbard: heitereGelassenheit des Seins, das prägendeMerkmal der Person.

Mit der Einstufung von Menschen indiese Skala ist aber auch gleichnachlesbar, welche Eigenschaften die soeingeschätzten Menschen haben. Die mit»versteckter Feindseligkeit« gehörenwohl zu den aussichtslosesten Fällen,denn diesen werden in Scientology alsübel und schlecht angeseheneEigenschaften zugeordnet. So sind dieseversteckten Feindseligen laut Hubbardhäufig homosexuell. Homosexualität alsfeindseliges Merkmal gegenüber demMenschen, der das nach

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scientologischen Methoden festgestellthaben will. Diskriminierung à laHubbard.

Wer möchte nicht gerne seinGegenüber durchschauen und reagierenkönnen? Die Werbeschriften verheißen,auf schnell erlernbarem Weg Menscheneinzuschätzen, und mehr, sie versprechenfast hellseherische Fähigkeiten:

Für das Leben und seineBeziehungen ist die Tonskalavon großem Wert. L. RonHubbard hat das menschlicheVerhalten sehr gründlicherforscht, und seine Arbeit indiesem Bereich liefert eineexakte Beschreibung der

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EinstellungenundVerhaltensweisen desMenschen. Wenn man weiß, wosich jemand auf der Tonskalabefindet, kann man seineHandlungen vorhersagen.

(New Era PublicationsInternational [Hrsg.]: »Was istScientology?«. Kopenhagen,1998, S. 76)

Einer der wirklich wahren Sätze vonHubbard:

Sie beginnen ein Abenteuer.Behandeln Sie es als Abenteuer.Und mögen Sie nie wiederderselbe sein.

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(Hubbard, L. Ron: »Dianetik.Die moderne Wissenschaft dergeistigen Gesundheit«.Kopenhagen, 1984)

Der letzte Satz ist bitterernst gemeint.Wer angeworben werden soll für das ihnvollständig verändernde Abenteuer,weiß natürlich nicht, was Hubbard imHinblick auf eine der bekanntestenAnwerbemethoden, den so genanntenOxford Capacity Analysis (OCA) Testgeschrieben hat. Er hebt ab aufBedürfnisse, die in vielen schlummernund mit denen man sie ansprechen undneugierig machen kann.

Das Durchführen von Testsbewegt sich aus dem

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psychologischen Bereich hinausund in die Vorhersage derZukunft … Wir werden denAberglauben der Menschen anVoraussagen voll ausnutzen.

(Hubbard, L. Ron: »HCO PL.New Testing PromotionSection«. 28.10.1960)

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Wir haben dich lieber totals unfähig

Aus politischen Systemen, die alsundemokratisch oder auch als totalitäreingestuft werden, führt immer wiederein Element auch zu dieser Einschätzung:Schutz der Ideologie durch Kontrolle.Organisierte Kontrolle in einer Gruppebringt häufig auch Verunsicherung undAngst für die einzelnen Menschen mitsich. Funktioniert ein Kontrollsystem, istes schwer, von außen die Menscheninnerhalb auf die Unfreiheit, die sichauch aus der Kontrolle ergibt,aufmerksam zu machen und zu

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verändertem Handeln zu bewegen.Besonders schwer wird es dann, wennden betreffenden Personen in den für dieMitglieder bestimmtenVeröffentlichungen die Kontrolle alsInstrument für die angestrebte Freiheitvermittelt wird. Unter der Überschrift»Der Preis der Freiheit« wird L. RonHubbard zitiert:

Ständige Wachsamkeit, ständigeBereitschaft zurückzuschlagen,um keinen anderen Preis ist siezu haben.

(Scientology Kirche Bayern e.V.:»Ursprung. Zeitschrift derScientology Kirche Bayerne.V.«. München, 2005, S. 3)

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In der Scientology-Organisation ist daseingeführte Kontrollsystem nach innenund nach außen ein weiterer Baustein,der die Scientologen für dieOrganisation denken und handeln lässt.

Ein durchorganisiertesManagement hilft, trotzgelegentlicher Katastrophen,getragen von nicht unerheblichenfinanziellen Ressourcen, dieStruktur aufrechtzuerhalten. …Und wahrscheinlich müssen wirerst diktatorischeMilitärregierungen zumVergleich heranziehen, um demOrganisations- undGehorsamsgrad der Scientology

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gerecht zu werden.

(Voltz,Tom: »Scientology und(k)ein Ende«. Düsseldorf, 1995,S. 40)

Hineinwachsen in das Kontrollsystemkommt mit verschiedenen Mitteln daher.Eines davon ist die Maßgabe vonHubbard, dass bei richtiger Anwendungder Scientology von allen Aktivenimmer höhere »Statistiken« produziertwerden. Danach kann es nur immerbergauf gehen, Rückschläge sind einzigund allein auf die Tatsachezurückzuführen, dass irgendjemand nichtlinientreu funktioniert. Hohe Statistiken,also hoher Verbreitungsgrad auf allenEbenen, dafür arbeiten und kämpfen die

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Scientologen untereinander und stehendamit in Konkurrenz. Alljährlich werdendie Personen und Einheiten, die demobersten Management »bewiesen«haben, dass sie erfolgreich waren,ausgezeichnet. Einer der Begriffe, derdie Menschen immer weiter zumgegenseitigen Wettkampf anspornt, istdas so genannte »Geburtstagsspiel«. DerGeburtstag von L. Ron Hubbard ist derTag im Jahr, an dem die Gewinnerausgezeichnet werden. Das WortGeburtstagsspiel, ein harmlosscheinender Begriff für die interneMotivation, immer besser als dieanderen im System zu sein oder zuwerden. Die Gewinner dieses Spielessind diejenigen, die für die Expansion

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gesorgt haben. Die Berechnung dieserStatistik kann in immer mehr Menschen,die angeworben wurden, bestehen, inhohen Geldeinnahmen, zum Beispielüber Spenden an die InternationalAssociation of Scientologists (IAS), diemit Auszeichnungen wie »Patron« belobtwerden, oder in Vergabe derFreiheitsmedaille für Personen, diedurch ihren Einfluss das Ansehen derOrganisation verbessert oder gefestigthaben. Diese Auszeichnung genießensehr häufig die Prominenten in derOrganisation wie Chick Corea oder TomCruise. Das Instrument der Statistik führtaber auch dazu, dass alle gegenseitigaufeinander achten, damit niemand die

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angestrebten Gewinnchancen beimGeburtstagsspiel vergeudet. DasZauberwort für die gegenseitigeKontrolle heißt »Knowledge-Report«,a l s o »Wissensbericht«: Berichte überandere zu schreiben, dem Managementmitzuteilen, was einem aufgefallen ist.Jeder kontrolliert jeden, und mit derAufforderung, dieses auch mitzuteilen,erhöhen sich nicht nur das Misstrauenund der Druck untereinander, sie gibtdem Management auch die Möglichkeitzu erfahren, wer im Sinne des Systemsfunktioniert und wer nicht. Wie immer,wenn Personen aufgefordert werdenbzw. es zum System gehört, auf andereund ihre Funktionsfähigkeit zu achten,wird es wohl auch in Scientology den

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einen oder anderen geben, der über dasMittel der Wissensberichte sein eigenesLicht zu Lasten eines anderen hellerleuchten lassen möchte.

Jeder in Scientology istverpflichtet, unter bestimmtenBedingungen »Wissensberichte«zu verfassen.

(Voltz,Tom: »Scientology und[k]ein Ende«. Düsseldorf, 1995,S. 44)

Welche Bedeutung diesesBerichtssystem für die Organisation hat,ist von Hubbard für seine Verhältnisseauch für Außenstehendeunmissverständlich beschrieben:

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Es ist von größter Wichtigkeit,dass Wissensberichtegeschrieben werden … WennSie etwas sehen, das dieExpansion der Organisationbedroht, oder wenn Siejemanden entdecken, derversucht, den Fortschritt derScientology zu behindern, dannberichten Sie darüber Ihremlokalen Ethik-Offizier, damit dieAngelegenheit von denverantwortlichen Personenuntersucht werden kann … Es istdas Versäumnis der einzelnenGruppenmitglieder, ihreGefährten nicht zu kontrollieren,

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wodurch es für alleGruppenmitglieder schwer wird,miteinander zu leben und zuarbeiten … Und erhalten Siedafür eine wirkliche Gruppe, diegemeinsam ihre Umgebungkontrollieren kann underfolgreich ist, weil ihreeinzelnen Mitglieder helfen, sichgegenseitig zu kontrollieren.

(Voltz,Tom: »Scientology und[k]ein Ende«. Düsseldorf, 1995,S. 45)

Das interne Kontrollsystem ist also dasEthiksystem, die Ethikabteilung, die esüberall in der Welt, in allen »Kirchen«gibt. Der Ethik-Offizier oder die Ethik-

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Offizierin sind die Personen, die beifestgestelltem Fehlverhalten eingreifen.

Abweichler, Andersdenkendeund sich kritisch Äußerndegeraten sehr schnell in die»Ethik-Abteilung« derScientology. In krassen Fällenwerden sie sofort vom Rest derOrganisation, also auch ihrenMitstudierenden, abgeschottet.Im Notfall wird Hausverbot oderauch Redeverbot erteilt. Es heißtdann: »Dein einzigerAnsprechpartner ist der Ethik-Offizier.« Wer sich trotzdemnoch kritisch bei Freunden (Mit-Scientologen) äußert, riskiert,

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eine so genannte»Nichtaufwühlungs-Anordnung«zu erhalten. Ihm wird der Mundverboten, da er andere»aufwühlt«.

(Voltz,Tom: »Scientology und[k]ein Ende«. Düsseldorf, 1995,43f.)

Aber nicht nur die örtlichenOberscientologen sind über dieregionalen Fehlentwicklungen zuinformieren. Denn auch diese können jain Gefahr geraten, von den Linienabzuweichen. Es ist also sicherzustellen,dass das Internationale Managementauch erfährt, was in der Scientology-Welt so los ist. Folgerichtig findet sich

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in fast allen weltweit erscheinendenregional und überregionalunterschiedlichen Mitgliedsheften dieAufforderung, die oberste Einheit, dasso genannte Religious TechnologyCenter (RTC) in Los Angeles zuinformieren. Früher per Post, heute wirdauch der sichere Weg online angeboten.

Was ist denn nun für die obersteEbene von Interesse? Nun, genau das,was auch in den regionalen Einheiteninteressiert: Out-Tech. Die allesumfassende und an- und umzusetzendeTechnologie des L. Ron Hubbard. Nur,wenn die »Tech« drin ist, scientologischausgedrückt, ist die ungehinderteExpansion gesichert. Also dreht sich

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alles um die Hubbard-Technologie: DieVerwaltungstechnologie, dieStudiertechnologie usw. Out-Tech istsomit eine schwere Verfehlung. In dieserkleinen Abkürzung ist für alleScientologen gesagt, was nicht sein darf:Abweichen vom korrekten Anwendender Technologie. Die Aufforderung fürdie Berichte an das RTC macht deutlich,worum es geht:

Wissensberichte sind auf allenStufen der Scientology vonunschätzbarem Wert und so auchfür das Religious TechnologyCenter. Falls Sie auf Out-Tech,Squirreln (Scientology-Wortschöpfung für absichtliches

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Verändern der »Technology«, d.Verf.) unautorisierteVerwendungvon Materialien oder Markenstoßen, oder jemand Ihnen rät,keine Wissensberichte an RTCzu schreiben, oder im Falleirgendwelcher andererkirchlicher Schwerverbrechen,wie im Buch »Einführung in dieEthik der Scientology«beschrieben, oderunterdrückerischer Handlungen,sollten Sie bezüglich solcherAngelegenheiten direkt mit unskommunizieren.

(Scientology Kirche Bayerne.V.: »Ursprung. Zeitschrift der

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Scientology Kirche Bayerne.V.«. München, 2005, S. 14)

Von ganz oben bis ganz unten, dasKontrollsystem ist komplettdurchorganisiert. Out-Tech,Fehlverhalten schon im Ansatz zuerkennen ist natürlich nur möglich, wennnicht nur das entsprechende Buch gekauftund möglichst gelesen wird, sondern vorallem, wenn der entsprechende Kursabsolviert wird. Denn nur diesergarantiert, dass verinnerlicht wird, wieman »Unterdrückung« erkennt undzerschlägt. Die Unterdrücker könnennatürlich überall sitzen. In derWerbebotschaft für diesen Kurs heißt es:

Sie (die Unterdrücker, d.Verf.)

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befinden sich unentdeckt unteruns und verstecken sich hinterMasken, die sie sozialerscheinen lassen - Masken, dieüberzeugender sind als diebesten Spezialeffekte in derFilmindustrie. Es gibt jedocheine Tech, um diese Fassade zuzerschmettern und das wahreGesicht der Unterdrückung inallen Einzelheiten zu enthüllen.

(Scientology Kirche Bayern e.V.:»Ursprung. Zeitschrift derScientology Kirche Bayerne.V.«. München, 2005, DeckblattRückseite)

Interne Zeitschriften drucken - allerdings

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meistens nur mit abgekürzten Buchstaben- Jubelberichte über den Erfolg einesKurses ab. Da wird bestätigt, dass nachAbschluss des Kurses endlich dieFamilie »gehandhabt« ist, endlich in derFirma alles technologisch läuft, endlicherkannt wurde, dass man die Tech nichtrichtig angewandt hatte und doch mitUnterdrückern in Verbindung stand. Nun,nach dem Erlernen der Fähigkeit, genaudiese Bösewichte erkannt zu haben, istder Weg frei, die Brücke zügig undschnell zu erklimmen.

Der Kurs kann durchaus immerwieder gemacht werden, denn immerund immer wieder kann es ja passieren,dass aus der nichtscientologischen Welt

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Irritationen bei dem Einzelnenaufkommen oder auch intern ein Kontaktzu einem scientologischen Freund, dersich später als Unterdrücker herausstellt(zum Beispiel, weil er die Organisationverlässt) den eigenen Werdegangbehindert. Dann folgt in der Regel derPTS/SP-Kurs, als Lösung auch für inZweifel geratene Mitglieder.

Vermittelt wird damit natürlich auch,was als Vergehen, Verbrechen undSchwerverbrechen anzusehen ist. Dasscientologische Rechtssystem wirdübernommen und damit auch das, wasHubbard unter »fair game« verstandenhat: Eine unterdrückerische Person oderGruppe wird zum Freiwild. In der

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Bedeutung von Denken und Handelneines Scientologen gilt damit, dassPersonen, die sich aktiv gegenScientology betätigen, nach den»ethischen« Definitionen des Systemsrechtlos sind. Im Umkehrschlussbedeutet dieses auch, dass selbstmassivste Straftaten gegen definierteGegner nicht als »unterdrückerischeHandlung« im Sinne der Scientology-Ethik zu bewerten sind. Der Schutz derHubbard’schen Technologie und damitdes Systems hat Vorrang vor allemanderen. Wer so gepolt wurde, hat esschwer, die Unfreiheit im System zuerkennen. Angstfrei geht wohl niemand,denn einmal zum Unterdrücker erklärt,kommt die Furcht, es mit der für die

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Abwehr nach außen zuständigenAbteilung zu tun zu bekommen, demOffice of Spezial Affairs, AbkürzungOSA. Aus dem Hause derAbwehrabteilung der Organisation nachaußen stammt eine Führungsanweisungan alle Arten der Abteilungen in den sogenannten Orgs der Welt. Aus dem Jahr1989 stammend mit dem Titel PTS-Handhabungsmappe,Durchführungsprogramm.

In dieser Anweisung wird daraufhingewiesen, dass an alle »Orgs« aufdem Planeten eine Mappe zur PTS-Handhabung verschickt wurde. Der Titeldieser Mappe: »Fakten und bestätigendeUnterlagen über die Scientology-

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Kirche.« Erstellt wurde sie, so dieweitere Darstellung, im »Einklang mitder HCOPL vom 21.11.1972 PR Serie18. Wie man schwarze Propagandahandhabt«. Und dann derunmissverständliche Auftrag:

»JEDER FREUND, JEDERMEINUNGSFÜHRER, JEDERIHRER MITARBEITERSOLLTE MIT EINER DEAD-AGENTING-MAPPEVERSORGTWERDEN, DIEBEWEISE GEGEN DIEÜBLICHEN GERÜCHTEENTHÄLT (SOWIEBROSCHÜREN UND COA-CHEN, UM DAS VAKUUM ZU

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FÜLLEN)«. (Großschreibung imOriginal, d.Verf.)

(Office of Special Affairs: INTED 570, 07.02.1989)

Das Ziel dieser Informationen isteindeutig: Wenn Argumente gegenScientology vorgebracht werden, sollenalle in die Lage versetzt werden, dementgegenzutreten. Der Hinweis aufFreunde und Meinungsführer deutetziemlich unvermissverständlich daraufhin, dass diese Propagandamappen nichtnur an die internen Mitarbeiter gegebenwerden sollen, sondern auch andiejenigen, die man außerhalb desSystems für Propagandazwecke benutzenkann. Wahrscheinlich handelt es sich

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hierbei um die Personen, die bisher ausscientologischer Sicht unkritisch mit derOrganisation umgegangen sind, oder dieKritik und Berichte von Betroffeneninfrage gestellt haben und somit bewusstoder unbewusst zu Lobbyisten derOrganisation geworden sind. Nur somacht der Hinweis auf Freunde einenSinn. Jeden Meinungsführer damit zubeglücken, deutet darauf hin, dass dieseMappe als geeignet eingestuft wird, alsAbwehrargumentation bei Problemeneingeführt zu werden.

Dass diese verteilte Mappe dafürgeschaffen wurde, wird auch

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unumwunden zugegeben. Sie ist zuverwenden für innere und äußere PTS-Situationen, also als Gegenwehr fürpotentielle Schwierigkeitsquellen, die jabekanntlich überall und immer wiederauftreten können:

Die Mappe ist zur Verwendungdurch DSAs (deutscheBezeichnung der OSA,Department für SpezielleAngelegenheiten (DSA), d.Verf.), Ethik Verantwortliche,Kapläne, Abteilung 2 undAbteilung 6 Registrare undjegliche andere Mitarbeiterbestimmt, die PTS A-Mitarbeiterund Gemeindemitglieder

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handhaben, die EnthetaMitteilungen (Scientologybegrifffür kritische Berichterstattung)von ihren Freunden, Verwandtenoder anderen Personen aus derÖffentlichkeit erhalten haben.

Eine besondere Sorge gilt dabeianscheinend denjenigen, die sich von derOrganisation abgewandt haben und nunauf die Idee kommen, Gelder von derOrganisation zurückzuverlangen. Denneindeutig sollen die Linientreuengeschult werden, diese Ansprücheabzuwehren. Die Begründung dafür wirdgeliefert:

Es ist festgestellt worden, dassungehandhabte PTS-Situationen

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ein Hauptgrund fürRückerstattungs- undRückzahlungsbegehren sind, undeiner der Gründe, weshalb einePTS-Situation manchmal nicht inOrdnung gebracht wird, ist, dasses an Dead-Agenting-Unterlagenfehlt, um die falschen Berichteoder feindlichenPropagandalinien (enemy lines)zu handhaben, die der Person,die PTS ist, von einemantagonistischen Terminalvermittelt werden.

Wir hätten es nicht mit Scientology zutun, wenn nicht die Anwendung genauvorgeschrieben wäre und vor allem,

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wenn nicht darüber, wie etwas gelaufenist, Bericht zu erstatten wäre.

So heißt es unter Punkt 10 in diesem»Handhabungsprogramm«:

Nach erfolgreichem Abschlussder Handhabung der feindlichenPropagandalinie lassen Sie denEthik-Beauftragten oder anderenhandhabenden Terminal diePerson fragen, ob sie gerne ihreGewinne aus der Anwendung derTech niederschreiben möchte …Schicken Sie Kopien dieserErfolgsberichte an den DAOfficer PR OSA Int. mit einemDurchschlag an Ihren Cont A/PRAide.

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Dieses gilt nicht nur innerhalb derOrganisation für Mitglieder oder sichlösende Menschen, sondern auch für diebereits genannten Meinungsführer oderihr Umfeld, wenn von dort Gefahr droht,dass kritische Äußerungen oderHandlungen zu befürchten oder bereitseingetreten sind.

Das entsprechende ScientologyPersonal wird unter Punkt 17 dieserRichtlinie angewiesen, Folgendes zu tun:

Erstellen Sie eine Liste derMeinungsführer (OpinionLeader) oder der TargetDefense-Zielgruppen in IhremUmfeld, die falsche Berichteabgegeben oder feindliche

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Propagandalinien geäußerthaben, die bei Ihnen nicht völligin Ordnung gebrachtwurden.Wählen Sie eine Personaus, und kopieren Sie den Teilder Dokumentation, die denfalschen Bericht oder diefeindliche Propagandaliniehandhaben würde.

Das Office of Special Affairs für dieGefahrenabwehr von außen, egal wasals Gefahr gewertet wird, sei es dasBegehren eines ehemaligen Anhängersnach Feststellung, dass das Programmbei Scientology nicht den versprochenenErfolg gehabt hat, oder kritischeÄußerungen oder Presse, es gilt alles

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dieses zu unterbinden. Die Erfahrungzeigt, dass alle, die mit der Organisationin Berührung kamen, als Freunde,Verwandte, oder beruflich alsJournalisten,Weltanschauungsbeauftragte derchristlichen Kirchen, in privatenVereinen engagierte Personen, die sichmit so genannten Sekten oderPsychogruppen befassen, oder staatlichBeauftragte mit nach dieser Anweisunggeschulten Scientologen zu tunbekommen.

Ein Markenzeichen von totalitärorganisierten Systemen ist die Kontrolle.Kontrolle der eigenen im Systemlebenden Menschen, aber wenn möglich

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auch die Kontrolle über die Außenweltund die Kenntnis darüber, wann und wiees einerseits Möglichkeiten gibt, daseigene System positiv darzustellen undKritik über Desinformation abzuwehrenund andererseits auch zu erkennen, wanneine Situation da ist, um den eigenenMachtanspruch zu vergrößern.

Zusammenfassend ergibt sich ausden genannten Merkmalen:Inoffizielle Mitarbeiter warenPersonen, die mit demStaatssicherheitsdienst in derRegel eine Vereinbarunggetroffen hatten, konspirativ fürihn zu arbeiten. Zu ihrenAufgaben gehörten das Sammeln

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von Informationen, dieUnterstützung bei der»Feindbekämpfung«, dieEinflussnahme aufgesellschaftliche Entwicklungenund logistische Hilfestellungen.

(Müller-Enbergs, Helmut[Hrsg.]: »Inoffizielle Mitarbeiter

des Ministeriums fürStaatssicherheit. Richtlinien undDurchführungsbestimmungen«.

Berlin, 2001, S. 12f.)

So viel über die Informationssammlungim DDR-Staat. Die Definition derAufgaben bei der Feindbekämpfung à laHubbard liest sich im »Handbuch desRechts« nicht viel anders:

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Nachrichtendienstarbeit ist daherdie Tätigkeit, die Daten sammeltund sie summiert, damit wirunsere Freunde von unserenFeinden unterscheiden könnenund damit wir in jeder gegebenenSituation die Verursacher desÄrgers herausfiltern können.

Im Verfahren der Scientology KircheDeutschland e.V. gegen dieBundesrepublik Deutschland, Bundesamtfür Verfassungsschutz, in dem dieScientology-Organisation gegen dieBeobachtung durch das Bundesamt fürVerfassungsschutz klagt, ist dasVerwaltungsgericht Köln bei derAbweisung der Klage der Scientology in

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seiner Begründung auch auf den Umgangmit Kritik eingegangen:

So ist es fürverfassungsfeindlichePersonenzusammenschlüssebezeichnend, dass sie ihreGegner verunglimpfen undverleumden und ihnen damitimplizit die Menschenwürdeabsprechen. … Ausdruck desmenschenverachtendenWeltbildes von Scientology istes schließlich, dass»unterdrückerische Personen«bzw. »Unterdrücker«, alsoGegner von Scientology, durchZwang entfernt werden (7) bzw.

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möglichst ruiniert werden sollen(30) und als »Freiwild«bezeichnet werden, das seinesEigentums beraubt, verletzt,hereingelegt, belogen oderzerstört werden darf (31). Zwarist die sog. Freiwild-Doktrinmittlerweile aufgehoben worden,dies aber allein aus Gründen derschlechten Public Relations (32).Die Erklärungsversuche vonScientology, nach denen dieFreiwild-Doktrin allein aufRechte innerhalb Scientologybezogen gewesen sei (33, 34),sind nicht nachvollziehbar,nachdem die Freiwild-Doktrineindeutig auch auf eine

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Schädigung in der bürgerlichenSphäre abzielte (»seinesEigentums beraubt, verklagt,verletzt, belogen, zerstört), wasim Übrigen durch Text 30bestätigt wird.

(Verwaltungsgericht Köln 20K1882/03, Urteil vom II.II.2004,S. 33)

Im Urteil des Verwaltungsgerichtes Kölnim Hinblick auf das gegen dasGrundgesetz der BundesrepublikDeutschland gerichtete Denken undHandeln durch Scientology wird einPfeiler des totalitären Organisationstypsdeutlich.

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Ein wichtiges Kennzeichentotalitärer Organisationen ist einin Gut und Böse unterteiltes,simples Menschenbild, das dieeigene Gruppe radikal überhöhtund die übrigen herabwürdigt.Ein solches Menschenbildwiderspricht demGleichheitsideal demokratischerVerfassungen, und es liefert dieGrundlage einer Rechtfertigungvon Gewalt. Bei SC(Scientology, d.Verf.) findet manein Menschenbild, das ingrotesker, herablassender undverachtender Weise einegefährliche Trennung zwischen

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Gut und Böse vornimmt … DasGewaltpotential ist einbedeutsamer Faktor, der imideologischen System der SCfest verankert ist.

(Jaschke, Hans-Gerd:»Fundamentalismus inDeutschland. Gottesreiter undpolitische Extremisten bedrohendie Gesellschaft«. Hamburg,1998, S. 234ff.)

In der internen Anweisung des PTS/SP-Kurses mit der Überschrift »DieFunktionsfähigkeit der Scientologyerhalten« endet ein Abschnitt mit einemSatz, der diesen Anspruch derOrganisation ausdrückt:

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Jetzt werden wir dich zu einemfachmännischen Auditorenmachen, was auch immergeschieht.Wir haben dich liebertot als unfähig.

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Von Krankheit, Tod undden erkannten bösen

Mächten

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Reinwaschung nachHubbard

»Vor der Sauna musste ich die Pilleneinnehmen, zunächst nur wenige, späterHände voll davon … Ich erinnere michan hohe Konzentrationen von Vitamin A,B2, B6, B12, D, C und E. Aber wennmir schwindlig wurde, wenn die Hautsich rötete, woher sollte ich wissen, obdas von der Sauna gekommen ist odervon den Vitaminen?« Im Juli 1991schildert eine ehemalige Scientologin inder Zeitschrift »Vital« ihre Erfahrungenmit dem so genannten»Reinigungsprogramm« in Scientology.

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Wie es sich für eine Zeitschrift imGesundheitsbereich gehört, wird erklärt,welche Auswirkungen hoheVitamineinnahmen haben können:

Wie alle Medikamente könnenauch Vitamin-Präparate in zuhoher Dosierunggesundheitsschädlich wirken.Nach Auskunft einerpharmazeutischen Prüfstelle sindÜberdosierungen bei Vitaminendes B-Komplexes »nichtunbedenklich«. Bei Vitamin B6sind neurologische Störungenbeobachtet worden. Zu denNebenwirkungen bei Vitamin Aund D gehören Sehstörungen,

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verminderte Konzentration,Übelkeit.

Das Reinigungsprogramm derScientology-Organisation. Sehr früh aufder allein seligmachenden Brücke findetsich das Reinigungs-Run-Down. Laufen,verbunden mit stundenlangenSaunagängen und eben Einnahme vonVitaminen in immer höherer Dosierung,tagelang, manchmal über Wochen.

Abgeleitet von den Thesen Hubbards,dass alle Drogenrückstände aus demKörper entfernt werden müssen, damitder Thetan befreit werden kann. AlleMedikamente behindern den Werdegang.Die von ehemaligen Mitgliedern häufigbeschriebene Hautrötung während des

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Saunaaufenthaltes wird intern alsArgument benutzt, dass die Ziele erreichtwerden. Die Gesundung des Thetansmacht sich also körperlich sichtbardeutlich.

Das Reinigungsprogramm alsBestandteil des persönlichen Weges istGesamtbestandteil der IdeologieHubbards. Seine Versprechungen überden Erfolg dieses Programms gehen biszur Aussage, dass die Absolventen vorAtomstrahlen geschützt sind. DieWeltraumphantasie, die Atombombebefinde sich in Händen derintergalaktischen Feinde, findet also aufden ersten Stufen der persönlichenFreiheit seinen Eingang in die

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scientologisch zu trainierenden Hirne.Der Theorie entsprechend findet sich inden Kursunterlagen auch die vonHubbard beschriebene Verbindung desReinigungs-Run-Down mit demAtomkrieg. Vorausgesetzt, dieAbsolventen des Kurses halten sichkonsequent an die vorgegebenenAnweisungen, werden, so Hubbard, dieScientologen diejenigen sein, die sogareinen Atomkrieg überleben können.Wörtlich heißt es bei ihm:

Und das zeigt die interessanteMöglichkeit auf, dass inGebieten, die in einemAtomkrieg schwerenradioaktiven Niederschlägen

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ausgesetzt sind, nur Scientologenihrer Tätigkeit nachgehenwerden.

(Hubbard, L. Ron: »DieReinigungs-Run-Down-Serie«.Kopenhagen, 1986, S. 3)

Eine besondere Bedeutung misstHubbard dem NIACIN zu, das ingesteigerten Mengen während derSaunagänge einzunehmen ist. Lauteigenen Angaben hat Hubbard diephänomenalen Eigenschaften desNIACIN erforscht und damit für dieErrettung der Menschheit für gutbefunden. In der Einleitung zumReinigungsprogramm unter derÜberschrift »NIACIN: Geschichtlicher

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Hintergrund«, beschreibt er, welche Artvon Erkenntnissen er erlangt hat:

Im Jahre 1973 bekam jemandeinen Nobelpreis für das Heilenvon Geisteskrankheiten mitNIACIN, aber es war ziemlichoffensichtlich, dass er nichtwusste, was tatsächlichpassierte, denn es wurde sofortwieder fallengelassen, da Leutefeststellten, dass fortgesetzteMengen von NIACIN »sehrschlimme Nebenwirkungenverursachten«. In Wirklichkeitwerden die schlimmenWirkungen verschwinden, wennman mit der Einnahme von

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NIACIN weitermacht - und zwarimmer zusammen mit denanderen notwendigen Vitaminenin richtigen Mengen. Mit anderenWorten, meine Arbeit auf diesemGebiet wurde aufgegriffen,falsch angewendet und dannfallengelassen. Das ist dergeschichtliche Hintergrund vonNIACIN.

(Hubbard, L. Ron: »DieReinigungs-Run-Down-Serie«.Kopenhagen, 1986, S. 18)

Selbstverständlich hat es Hubbard nichtnötig, seine Thesen zu belegen.Außerdem ist davon auszugehen, dassnicht ein Mitglied der Organisation

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jemals hinterfragt hat, um welchenNobelpreisträger es sich 1973 gehandelthaben könnte. Unwichtig, die Botschaftist alles. Der Heilsversprecher überVitamine ist L. Ron Hubbard. In denSchriften wird zwar durchaus gewarntvor zu hoher Einnahme, und bestimmtePersonen haben Schwierigkeiten, dasProgramm sofort zu absolvieren, aberdie Botschaften sind eindeutig: Eswerden nicht nur hinderliche Substanzenaus dem Körper entfernt, sondern es gibtauch Heilung von schlimmenKrankheiten. Auch bei denHeilsversprechen kommt dem NIACINhohe Bedeutung zu. Nach HubbardsTheorie und damit in der täglichenAnwendung in der Scientology-

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Organisation weltweit, kann dieEinnahme von NIACIN sehrunangenehme Folgen haben. Diese gilt es- so das Versprechen - zu ignorieren,denn laut Hubbard zeichnet sich dasNIACIN durch eine entscheidendeWirkung aus: Was es auslöst, wird auchwieder verschwinden.

… IST ES EINE ERWIESENETATSACHE - WAS NIACINBETRIFFT -, DASS DAS,WASES EINSCHALTET, ES AUCHWIEDER AUSSCHALTET.(Großschreibung im Original,d.Verf.)

(Hubbard, L. Ron: »DieReinigungs-Run-Down-Serie«.

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Kopenhagen, 1986, S. 19)

So erfährt der Scientologe auf dem Wegin das Reinigungsprogramm -vorausgesetzt, er liest überhaupt vorherdas Kursmaterial -, dass NIACIN-Einnahme und daraus sich entwickelndeKrankheitsbilder keine Grenzen haben.

Ich habe gesehen, wie sich beieinem Fall ein voll entwickelterHautkrebs einstellte undausgelöscht wurde. Eine Personkann also damit (NIACIN, d.Verf.) Hautkrebs einschalten, undfalls dies passieren sollte, wird,wenn NIACIN weiterhingenommen wird, der Hautkrebsnach und nach vollständig zum

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Verschwinden gebracht.

(Hubbard, L. Ron: »DieReinigungs-Run-Down-Serie«.Kopenhagen, 1986, S. 19)

In der nach außen gerichtetenDarstellung wird selbstverständlichnicht vom Atomkrieg fabuliert undwerden keine Heilsversprechengemacht. Hier wird aufgenommen, wasin der gesellschaftlichen Diskussion ist.Unter dem Stichwort »Lösungen für einemit Schadstoffen belastete Umwelt«wird versucht zu vermitteln, dassHubbards Verfahren auch dem Kampfgegen die Umweltverschmutzung dienenkann. Wem als Ansprache das ThemaUmweltschutz nicht genügt, wird auch

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damit bedient, dass spirituelle Freiheitdurch die scientologische Reinigungerreicht werden kann. Die Zielrichtungist hier die gleiche: Menschen bei einemauch in der Öffentlichkeit diskutiertenThema anzusprechen und neugierigdarauf zu machen, was Hubbard undseine Organisation zu bieten haben.

Da das Reinigungsprogramm festerBestandteil des Weges in derOrganisation ist, ist für alleScientologen klar, dass es für jedenirgendwann zu absolvieren ist. Dannnatürlich auch für Kinder undJugendliche. Darüber, welchegesundheitlichen Gefahren den Personen,die die vorgegebenen Mengen im

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Reinigungsprogramm einnehmen, drohenund über eine besondere Gefährdung vonKindern hat bereits 1986 die chemischeLandesuntersuchungsanstalt in Karlsruheberichtet. Als Grundlage hierfür wurdendie in der Scientology zumReinigungsprogramm üblichenDosierungen untersucht. UnterBezugnahme auf Kommentare zumEuropäischen Arzneibuch zur Einnahmevon Vitamin A steht in diesem GutachtenFolgendes:

Bei akuter Überdosierung tretenals Zeichen eines erhöhtenHirndruckes Kopfschmerzen,Übelkeit und Erbrechen auf. Beilänger andauernder überhöhter

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Dosierung kommt es zuSchlafstörungen,Appetitlosigkeit, Hautschuppung,Haarausfall, blutenden Rhagadenan Haut und Schleimhäuten,ferner infolge periostalerSchwellungen zu Schmerzen anKnochen und Gelenken. Imwachsenden Körper wird infolgevorzeitigenEpiphysenverschlusses wegenverstärkter Knochenbildung dasLängenwachstum gehemmt. BeiKindern, deren Mütter währendder Schwangerschaft überhöhteDosen des Vitamins einnahmen,wurden Missbildungenbeobachtet.

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Die Gefahr für Schwangere war sogarHubbard geläufig. So empfiehlt er,Schwangere nicht mit dem Programmbeginnen zu lassen. Stellt sich die Frage,was ist mit den Frauen, die erst imdritten Monat ihre Schwangerschaftfeststellen und sich seit Tagen imProgramm befinden? Die Begründung,warum schwangere Frauen bis nach derEntbindung warten sollten, ist dann auchnicht die mögliche Gefährdung desheranwachsenden Babys durch die hohenVitamineinnahmen, nein, nach Hubbardsind die nach seiner Theorie in jedemMenschen vorhandenen Gifte, die esherauszuspülen gilt, die Gefährdung. Soseine Aussage, dass diese sich lösenden

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Giftstoffe nicht herausgespült, sondernan den Fötus weitergegeben werden.

Zu Vitamin D führt das Gutachten alsGefährdung aus:

Es kann zum Tod durchNierenversagen kommen.Begleitsymptome sindKopfschmerzen,Appetitlosigkeit,Schwächegefühl, Magen-Darm-Störungen.

Von der Ideologie abgeleitet, dassfrühere Medikamenteneinnahmenausgewaschen werden sollen, ist klar,dass während der Teilnahme amProgramm keine Medikamente

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eingenommen werden dürfen.

Was macht nun ein Mensch, der sichüber eine persönliche BekanntschaftScientology genähert hat und die erstenSchritte gegangen ist, wie z. B. imKommunikationskurs? Um ihn herumPersonen, die permanent begeistert sindund deutlich machen, dass sie ihreempfundenen Fortschritte nur durchScientology erreicht haben, die Personselbst aber wegen KrankheitMedikamente einnehmen muss. Ab wannglaubt man daran, dass zum Beispielauch Epilepsie durch die Methoden,sprich Hubbard’sche Technologie,

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heilbar ist? Das kann durchaus schnellpassieren, denn jeder kranke Mensch hatwohl die Sehnsucht, endlich dieKrankheit zu überwinden, auch diebisher nach medizinischer Forschungnicht heilbare. Dubiose Anbieter mitHeilungsversprechen gibt es viele. BeiScientology sind dieHeilungsversprechen eingebettet in eineGesamtorganisation. Umgeben vonOpfern zu überzeugten Tätern mutiertenMenschen. Diese Menschen sindeinander zugewandt, glauben an sich undan den persönlichen Erfolg, jedenfallsbehaupten sie das. Wie sollten sie auchnicht, Zweifel dürfen sie nicht äußern,erst recht nicht jemandem gegenüber, derrelativ frisch geworben ist. Springt

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dieser womöglich ab, weil ermedizinisch verordnete Medikamenteeinnehmen muss, schadet das demgesamten Team. Also besteht immer dieGefahr, dass spätestens beimReinigungsprogramm Medikamenteabgesetzt werden. Bei einer Frau, dieunter Epilepsie leidet - das wird jedemeinleuchten, außer er ist Scientologe -muss das zu Problemen führen. Wiemühsam es sein kann, ein vonScientology angeworbenes jungesMenschenkind wieder davon zuüberzeugen, dass es keinen Weg an derMedikamenteneinnahme vorbei gibt,haben Familien erfahren, dieaufmerksam waren und ihr

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Familienmitglied vor größerem Schadenbewahren konnten, weil sie sich Ratholten und Schritt für Schritt das jungeFamilienmitglied wieder zurückholten.Zurückholten aus der Scientology-Welt,zurückholten zu Ärzten, die diedrohenden Auswirkungen durch dieAbsetzung der Medikamente nochrechtzeitig abwenden konnten. DieVerantwortung bei gesundheitlichenSchäden hätte die Scientology-Organisation abgelehnt. Denn nach ihrerLehre ist der Einzelne verantwortlichund niemals die handelnden Personen inder Organisation oder gar die vermittelteIdeologie.

Wenden sich Angehörige in ihrer Not

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auch noch an die Presse oder an einFamiliengericht, um Aufmerksamkeit fürdie Zustände in der Organisation zuerreichen, müssen sie darauf gefasstsein, dass der scientologische Teil derFamilie sie auch noch beschimpft oderversucht einzuschüchtern. Denn geräteine der Praktiken in die Kritik, sind dieAuslöser dafür zuständig, dieses wiederin Ordnung zu bringen. Gelingt diesesnicht, droht ihnen die interneRechtssprechung via Ethik-Offizier.

In der bisher umfassendstenwissenschaftlichen Studie übergesundheitliche und rechtliche Risikenbei Scientology, die die BayerischeLandesregierung in Auftrag gegeben hat,

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werden Vorkommnisse dokumentiert, diesehr deutlich machen, welchen Einflussdie Weisungen und das Verhalten dereinzelnen Scientologen beikrankheitsbedingten Auffälligkeitenhaben.

Also ein nicht nur für den Geldbeutelriskanter Weg, die scientologischepersönliche »Erleuchtung« zu erlangen.

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Der Thetan verlässt denKörper

Scientologen sterben, wie alleMenschen. Einige früher, andere später.Über Todesfälle und vor allem die Artdes Todes dringt eher selten etwas in dieÖffentlichkeit. In einem langen Gesprächmit einer ausgestiegenen Scientologinberichtete diese, dass sie während ihrerZeit in der Eliteeinheit Sea-Org inClearwater/Florida die Aufgabe hatte,die Todesfälle in Scientology aufzulistenund herauszubekommen, ob von denVerwandten Schwierigkeiten zuerwarten seien oder nicht. Die

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Bestätigung eines solchen Dienstpostens,der sich Tag für Tag statistisch undmenschlich mit Todesfällen zu befassenhat, ist in den Schriften nicht belegt. Nur,warum sollte sie aus ihrer Zeit in derSea-Org darüber berichten, wenn sie esnicht getan hätte? Eigentlich könnte dieOrganisation ja auch relaxt mitTodestatsachen umgehen. Allerdingskursieren im Internet ziemlich langeListen von verstorbenen Scientologen,und die Vermutungen überschlagen sich,dass doch viele noch am Leben seinkönnten, wenn sie sich einerordentlichen medizinischen Versorgungbedient hätten. Auch relativ hohenSelbstmordraten während der aktivenZeit oder kurz nach dem Ausstieg wollen

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in der Diskussion nie richtigverstummen.

Anhaltspunkte für die Vermutung, dassbei der verinnerlichten Ideologie,Krankheit sei bei korrektem Weg in derOrganisation nicht möglich, mögen vieledaran hindern, außerscientologischemedizinische Hilfe in Anspruch zunehmen. Warum auch, sind doch dieausgebildeten Auditoren in der Lage,selbst Leukämie zu heilen, dennLeukämie wurde »erfolgreich mitDianetik behandelt.« (The Journal ofScientology, Ausgabe 15-G, ca. Mai1953). Von den so genannten TouchAssists (Berührungsbestände) über dasReinigungsprogramm bis zum Status

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»Clear«, ab dem dann körperlicheLeiden behoben und nicht mehr auftretensollen, die verinnerlichten Heilungs- undGesundheitsideen sind wohl bei allenrelativ fest verankert. Hinzu kommt dasübernommene Feindbild vonaußerscientologischenBehandlungsmethoden. Die Studie zuden Risiken bei Scientology hat anhandder wissenschaftlich zugrundegelegtenKriterien bei Risiken und Nutzen vonsozialpsychologischen Maßnahmen alsbesonders problematisch unter anderemeingestuft:

- die Abwertung vonFamilienmitgliedern undFreunden (88,9%)

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- den Aufbau eines Feindbildesaußerhalb derAnbieterorganisation (84,2%)

- das Drängen, die bisherigeLebensführung zu ändern(72,2%).

Bei der Auswertung hinsichtlichScientology (die Studie hatteVergleichsanbieter in die Bewertung miteinbezogen) kommen dieWissenschaftler zu folgendem Schluss:

Zusammenfassend kann mansagen, dass sieben der acht starkriskanten Methoden bezüglichdes sozialen Umfeldes beiScientology vorkommen.Außerdem kommen noch zwei

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weitere Methoden hinzu, die sichaber direkt auf die Person desTeilnehmers beziehen (Aufbaubzw.Verstärkung von Ängstenund die Abwertung vonÜberzeugungen undWertvorstellungen).

(Küfner, Heinrich; Nedopil,Norbert; Schöch, Heinz:»Gesundheitliche und rechtlicheRisiken bei Scientology«.Lengerich, 2002, S. 68)

Bei derartig riskanten Eingriffen in dieDenk- und Verhaltensstruktur vonMenschen überraschen dann die in derStudie beispielhaft geschilderten Fällebei auftretenden Krankheiten kaum noch.

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Fall 3 - Scientology

Der Befragte hat erlebt, dass esbei einer 50- oder 60-jährigenFrau während der Teilnahme aneiner Veranstaltung derAnbieterorganisation zu einerErkrankung kam, die von derAnbieterorganisation wie vomBefragten als »Panikattacke«bzw. »Schock« beurteilt wurde.Die Anbieterorganisation gab an,sie könne diesen Zustandbeheben. Die Frau verließdaraufhin den Kurs und fuhr aufWeisung der Organisation vonKopenhagen nach Deutschland.Die Betroffene war zu dieser

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Zeit körperlich nicht in der Lage,sich selbst andere Hilfe zuverschaffen.Auch dieAnbieterorganisation selbstsorgte nicht für medizinischeHilfe.Vielmehr wurde derBetroffenen abgeraten,medizinische Hilfe in Anspruchzu nehmen. Mit dem Hinweis, siehabe unterschrieben, nur mitGenehmigung der Organisationzum Arzt zu gehen, wurde siesogar aktiv daran gehindert.

(Küfner, Heinrich; Nedopil,Norbert; Schöch, Heinz:»Gesundheitliche und rechtlicheRisiken bei Scientology«.

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Lengerich, 2002, S. 130)

Werden Todesfälle bekannt, geschiehtdieses meistens durch dieFamilienangehörigen. Insbesonderedann, wenn der Tod relativ plötzlichauftritt. Regelmäßig taucht dann dieFrage auf, ob der Mensch noch lebenkönnte, wenn er sich rechtzeitig gelöstund in medizinische Behandlung begebenhätte.

Ende der 90er Jahre stirbt in Bayernein 43-jähriger Mann unerwartet. DieFamilie kann sich seinen plötzlichenfrühen Tod nicht erklären. Wie stark ereingebunden war in die Scientology-Welt, macht die Schilderung vonAngehörigen in einer Rundfunksendung

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deutlich:

Im Frühjahr 1997 wird im Fernseheneine Reportage über den mysteriösenTod der amerikanischen ScientologinLisa McPherson gezeigt: Offenbarwollte sie aus der Organisationaussteigen, bevor sie mit ihrem Autoeinen Auffahrunfall verursachte.Anschließend kommt sie in dasHauptquartier Scientologys inClearwater/Florida. Dort bleibt sie 17Tage, bis sie tot in ein Krankenhauseingeliefert wird. Der Obduktionsberichtergibt, dass die 36-Jährige regelrechtverdurstet ist und mehrere Tage vor

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ihrem Tod im Koma gelegen hat. Vonden Scientologen wurden ihr hochdosierte Vitaminpräparate verabreicht.K., der wenige Zeit später Verstorbene,reagiert auf diesen Film wie folgt, soberichten die Angehörigen:

Meine Mutter hat ihnangesprochen, während dieReportage lief, schau dir das malan, was da Sache ist, was da losist, und er hat sich furchtbaramüsiert, er hat gelacht, er hatnur noch gelacht und gesagt, wasdie Medien machen, ist einehimmelschreiendeUngerechtigkeit, so etwas ist niepassiert, es wird alles nur

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aufgebauscht, man will so dieScientology fertig machen unddas ist offensichtlich alles nurgespielt, das Ganze, und so einenlustigen Film habe ich schonlange nicht mehr gesehen. So hater reagiert.

(O-Ton, Sendeprotokoll: »Todeines Scientologen«, 11.3.1998)

Nur wenige Wochen später ist er auchtot. Wie er die letzten Tage seinesLebens verbringt, ist nicht aufgeklärtworden, aber er war für Scientologyunterwegs. Er hatte wohl den Auftrag,Mitglieder der Organisation zu einerDemonstration zu fahren. Er verursachteinen kleinen Unfall, ob er dabei verletzt

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wird, geht aus den Protokollen nichthervor. Der Unfall hindert ihn jedenfallsnicht daran, nach Stuttgart zu fahren. ImHotel dann wird bemerkt, dass es ihmgesundheitlich schlecht geht, und dieScientologen behaupten, man habe ihnnach Berlin zurückgebracht. Immerhinwird irgendwann ein Notararzt gerufen,dieser musste ihn beatmen und hat ihn inein Krankenhaus einliefern lassen. Kurzdarauf Koma, nach drei Wochenverstirbt er. Die Familie stimmt einerObduktion zu, da die Ärzte ratlos sind.Dort wird festgestellt, dass er sehrschlechte Organe hatte. Also einnatürlicher Tod, aber es deutet allesdarauf hin, dass K. davon überzeugt war,dass die Scientology ihn vor

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Krankheiten schützen kann. Er warselbstständig, hatte keineKrankenversicherung, warum auch,wenn man nicht mehr krank werdenkann. Kaum noch erwähnenswert, dassdie Scientology-Organisationselbstverständlich nach derBerichterstattung über den Tod ihresMitgliedes aus Berlin sofort klarstellt,dass sie nichts mit dem Todesfall zu tunhat. Wie immer.

Und es sind weitaus mehr Todesfällebekannt geworden, die zumindest Fragenaufwerfen. So wird in seiner Wohnungein Mitglied der Organisation in Kielaufgefunden, und nach allem, was dieUnterlagen hergeben, ist er an Krebs

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gestorben. Er hatte sich eine eigeneExistenz mit einer Fahrschule aufgebaut.Das Geld reichte hinten und vorne nicht.Dass er krank war, wusste er wohl.Auch welche Krankheit er hatte. DieFamilie kam schon lange nicht mehr anihn heran. Hätte ihn eine klassischeKrebsbehandlung länger leben lassen?Die Antwort darauf hätten nur Ärztegeben können, doch die hat er wohl nichtkonsultiert. Allerdings soll einausgebildeter Arzt mal bei ihm zu Hausegewesen sein, so wird berichtet. Dieserist allerdings mit Namen als langjährigerScientologe bekannt, eine Praxis wirdvon ihm anscheinend schon lange nichtmehr geführt. Der kassenärztlichenVereinigung ist er auch als Mitglied

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nicht geläufig. Stattdessen tritt er auf alsverantwortlicher Scientologe für eineder Untergliederungen und meldet fürd i e s e auch gelegentlich einmalInformationstische bei der Stadt an oderversucht es zumindest. Nicht immer mitErfolg. Aber auch diese Person kannnicht für den Tod zur Rechenschaftgezogen werden, denn niemand weiß,wie und wann er seinenScientologenfreund beraten hat. Sicherist nur eins, der Mann ist gestorben.Einer mehr, von dem keine Antwort zuerhalten ist, ob er wegen seinerübernommenen scientologischenÜberzeugung so gehandelt hat.

Im Jahr 2006, Rückkehr aus dem

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Mekka der Scientology:Clearwater/Florida. Warum sie vonHamburg aus dorthin flog, bleibtungeklärt. Aber sie war eine durchausangesehene Scientologin im NordenDeutschlands. Mit einem Mitglied derOrganisation verheiratet, Aktivitäten zurExpansion sind dokumentiert, und siewar auch schon ziemlich lange dabei.War, denn sie ist tot. Kurz nach derRückkehr aus den USA findet man sie totim Auto. Über das Warum wird es keineAuskunft mehr geben, aber ein paarFragen tun sich auf: Eine Scientologin,schon über die Stufe »clear« weithinaus, operierender Thetan, angesehenin der Organisation, bringt sich im Automit Hilfe von Medikamenten und

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Autoabgasen um? Wie verzweifelt musssie zurückgekehrt sein aus den USA, umdiesen Schritt zu gehen? Bei derObduktion werden an der Kopfhaut nichterklärbare Punkte gefunden. Über dengesamten Kopf verteilt. DieTodesursache ist damit nicht verbunden.Die Gerichtsmediziner sind sichunschlüssig, woher die Wundenstammen. Aber Schmerzen muss siegehabt haben. Für Scientology wird auchdieser Tod eine interne Erklärungfinden, die den übrigen Mitgliedernvermittelt wird. Denn schließlich stirbtman nicht in Scientology, sondern derThetan verlässt den Körper, also allesgut, die Betroffene wird sich danach

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irgendwann einen neuen Körper suchenund ihren Weg zur Rettung desUniversums fortsetzen können. Bei derTodesart wird ihr Thetan mit dem neuenKörper wohl sehr schnell in dasReinigungsprogramm müssen, dennschließlich ist der durch denkörperlichen Tod befreite Thetan durchdie Todesart mit Medikamenten undAuspuffabgasen verunreinigt. Wirwerden es nie erfahren.

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Kampf den Drogen

Das klingt erst einmal nach Parolen vonpolitischen Parteien: Kampf den Drogen,Kampf der Kriminalität. Bei demStichwort, man wolle eine Welt ohneGeisteskrankheit, wird es für dienichtscientologische Welt schonschwieriger, fortschrittlichesGedankengut zu erkennen.

Alle drei Begriffe, Drogen, Kriminalitätund die Bekämpfung vonGeisteskrankheit bedürfen von außenbetrachtet der Übersetzung aus dem

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scientologischen Gedankengebäude.Innerhalb des Systems, in den Köpfender gedrillten Mitglieder machen dieParolen einen Sinn. Also gibt es auchTeilorganisationen, die einvermeintliches soziales Engagementvorgaukeln und natürlich darüber denaktiven Scientologen des Gefühlvermitteln, die erlernten, verinnerlichtenLehren und Zielrichtungen können in dieTat umgesetzt werden.

Der Anti-Drogen-Kampf hatverschiedene Gesichter. In derWerbebotschaft »Was ist Scientology?«liest es sich so: »Die örtlichenScientology-Kirchen etablieren undbeaufsichtigen Anti-Drogen-Projekte,

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denen sich dann einzelne Scientologenanschließen.« Das klingt doch wirklichnach sozialem Engagement. Ein neueres- nach Angaben der Organisation seit1993 bestehendes Programm - mit demNamen »Lead the Way« bindet auchKinder in die Propagandamaschineriemit ein. Es werden zwischen sechs und13 Jahre alte Kinder zu »Marshals fürDrogenfreiheit« ernannt, die einenSchwur leisten müssen. Unter anderembeinhaltet dieser Schwur, dass deneigenen Familien und den Freunden zuhelfen ist, ein drogenfreies Leben zuführen.

Dazu muss man wissen, dass derBegriff »Drogen« im scientologischen

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Sprachgebrauch von der US-amerikanischen Definition »drugs«abgeleitet wird, also im weiteren SinneMedikamente. In der Außendarstellungwird auf das Verständnis von Drogen inder nichtscientologischen Weltabgezielt. Wenn die zu verteilendenWerbebroschüren sich zu Heroin,Kokain, LSD, aber auch Alkohol äußern,ist es leichter, Menschen anzusprechenund zu gewinnen. Als durchauswerbewirksam hat sich eine Kampagneerwiesen mit dem Namen: »Sag nein zuDrogen, sag ja zum Leben«. Unterdiesem Namen wurden auch inDeutschland Vereine gegründet. Wirdoffenkundig, dass hinter denvermeintlich aufklärerischen Aktivitäten

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dieser Vereine Scientology Menschen zuüberzeugen versucht, ist dieOrganisation sehr schnell dabei zuerklären, dass zwar Scientologen dieseAktion ins Leben gerufen haben und auchScientologen mitarbeiten, aber dieGesamtorganisation nichts damit zu tunhabe. Eine häufig wiederkehrendeArgumentation, wenn kritische Fragengestellt werden.

Lässt sich jemand von denWerbebotschaften beeindrucken,wahrscheinlich mit den bestenAbsichten, wird er schnell lernen, dasser nicht einfach einer Gruppe beigetretenist, die sich um Drogenmissbrauchkümmert. Der Weg führt in die

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Organisation und dort in dasKurssystem, in dem dann vermitteltwird, was unter dem Stichwortverstanden wird, eine Welt ohne Drogenzu schaffen.

Der für jeden einzelnen Scientologenzu absolvierende Weg, sich derBefreiung von jeglicher Art»belastender« chemischer Substanzen zuwidmen und die Reinwaschung à laHubbard zu absolvieren, ist ideologischeingebettet. Die Probleme vonGesellschaften und damit der Welt habeneinen entscheidenden Ursprung, so dieTheorie, den Konsum von Drogen,sprich Medikamenten. Unter derÜberschrift »Für eine drogenfreie

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Zivilisation« wird in demPropagandabuch »Was ist Scientology?«von der Kopfschmerztablette ausgehendein Schreckensszenario des Untergangsder Welt formuliert, gegen den es nureine Lösung gibt, die Erkenntnisse des L.Ron Hubbard. Angst machen vorMedikamenten, bei Scientology klingt esgerade zu martialisch:

Was kosten uns also dieKopfschmerztabletten, dieSchlaftabletten, dieSchmerzstiller, die Anti-Depressiva, die unsereMedizinschränke füllen? Waskosten uns die Amphetamine, dieunsere Schulkinder zu

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Drogenabhängigen machen? Waskosten uns die Betäubungsmittel,die konsumiert werden, um unseine schmerzfreie Existenzvorzugaukeln? Was kosten unsdie Freizeit-Drogen, die eineFlucht aus der Langeweile desÜberflusses versprechen? … Aufunserer Erde tobt einDrogenkrieg unermesslichenAusmaßes. L. Ron Hubbard hatdas Drogenproblem erkannt,lange bevor es eininternationales Anliegen wurde,und einen Weg ausgearbeitet, aufdem wir gehen können … SeineTechnologie ist die Waffe, mitder dieser Krieg gewonnen

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werden kann.

Veröffentlichungen zu Medikamentenund Drogen der Organisation sinddurchgängig von Horrorszenarien derangeblichen Auswirkungen aufMenschen begleitet. Da wird auch schonmal behauptet, dass bereits Hustensaftder Einstieg in eine Drogenkarriere seinkann. Es gibt aber vor allem eineAuffälligkeit: der hergestellteZusammenhang zwischenMedikamentenvergabe und der»geistigen Freiheit« bzw. der»Geisteskrankheit«. Da nach Hubbarddie Welt im Chaos versinkt und nicht aufdem Weg in der Scientology befindlicheMenschen »aberriert« sind, ist die

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Verabreichung von Medikamenten dieMethode der geistig umnachtetennichtscientologischen Welt, um diesenZustand aufrechtzuerhalten. Denn diesesind unfähig, die »wahren« Ursachen derZustände der Menschheit zu erkennen.Welche Bedeutung der Begriff»Aberration« hat, wird schon bei derÜbersetzung aus dem Scientologischendeutlich, denn alle, die mit diesem Titelversehen werden, sind nicht ganznormal. Also alle, die nicht zum Systemgehören.

Aberration: ein Abweichen vomvernünftigen DenkenoderVerhalten. Im Wesentlichenbedeutet es, sich zu irren, Fehler

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zu machen oder genauer,fixeIdeen zu haben, die nicht wahrsind... Aberration ist geistigerGesundheit entgegengesetzt, dieihr Gegenteil wäre.

(New Era PublicationsInternational [Hrsg.]: »Was istScientology?«. Kopenhagen,1998, S. 684)

Den scientologisch Unwissenden, dengeistig Kranken, denjenigen, die denwahren Weg nicht erkennen odererkennen wollen, ist dann - so diePropaganda - auch zuzuschreiben, wasan Gewalt und Elend passiert. EinigeMedikamente stehen im besonderenFokus der Organisation. In den

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ideologischen Kontext eingepasst,überrascht es nicht, dass es sich dabeiim Schwerpunkt um Psychopharmakahandelt. So werden die MedikamenteProzac oder auch Ritalin pauschal alsPsychodrogen deklariert. Wie üblich miteinem vermeintlich wissenschaftlichenAnspruch, werden in VeröffentlichungenUntersuchungen zitiert, die dieangeblichen Auswirkungen derMedikamente pauschal belegen sollen.Von den Formulierungen her kann sichbei dem unbedarften Leser oder derLeserin der Eindruck festsetzen, dasshier nun eine Organisation am Werke ist,die die schädlichen Auswirkungen vonbestimmten Medikamenten endlichoffenlegt. Denn immer wieder spielen in

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der Öffentlichkeit Diskussionen über zuschnelle Vergabe von Medikamentenoder nicht genügend erforschteMedikamentenvergabe eine Rolle.Außerdem ist dieses Thema gut geeignet,Ängste und Verunsicherunghervorzurufen. Darauf zielt dieÖffentlichkeitsarbeit im so genanntenKampf gegen Drogen der Scientology-Organisation ab. »Mit Ritalinmissbrauchwerden auch psychotische Episoden undGewalttätigkeit in Verbindunggebracht«, heißt es zum Beispiel in einerBroschüre der Kommission für Verstößeder Menschenrechte in der Psychiatrie(KVPM) aus dem Jahr 2000. Der Titeldes Beitrages im Heft, in dem das

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Medikament Ritalin in dieser Formbeschrieben wird, heißt, »SkrupelloseKids - Psychiatrische Drogenverursachen Gewalt«.

Die Erklärung des derartigaggressiven Umgangs mit Medikamentenund bestimmten Fachärzten, wieTherapeuten und Psychiatern, geht malwieder auf die »Forschungen« von L.Ron Hubbard zurück. Kehren einigeAussagen von ihm in denunterschiedlichsten Vorträgen oder imKursmaterial wieder, so sind seineAbhandlungen, die sich mit denUrsprüngen seiner Theorie zupsychischen Auffälligkeiten bei Menschund Gesellschaft beschäftigen, nicht

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immer im Gesamtkontext veröffentlicht.Die Schriften, die zu den im System zuverinnerlichenden Thesen führen,stammen nach allem bisher bekanntgewordenen Hintergrundmaterial ausden 50er oder 60er Jahren des vorigenJahrhunderts. Es spricht vieles dafür,dass sich Hubbard oder sein Umfeld inden Anfangsjahren auch mit demVorgehen von staatlichenGeheimdiensten und deren Praktiken, dieunter dem Stichwort Gehirnwäschediskutiert wurden, auseinandergesetztund möglicherweise für seinTheoriegebäude als nützlich erkannt hat.Anscheinend haben ihn da besonders dieden sowjetischen Institutionenzugeschriebenen Methoden

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angesprochen.

Die Broschüre trug den Titel»Gehirnwäsche« - eine Synthesedes russischen Lehrbuches überPsychopolitik, und eine Fassungwurde »als Dienst derScientology-Kirche an dieÖffentlichkeit herausgegeben«(Hubbard,wahrscheinlicherAutor,1955,Umschlagrückseite.) DieEinleitung ist angeblich eineRede des berühmten Leiters dersowjetischen Geheimpolizei,Lawrentij Berija, an»amerikanische Studenten derLenin Universität« darüber, wieman Gesellschaften unterminiert,

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indem man unter demDeckmantel der »psychischenHeilung« aufBevölkerungsgruppen»Psychopolitik« anwendet …Jedenfalls schrieb Hubbard überdie »Gehirnwäsche«-Broschürean seine Anhänger … undbehauptete, dass die Auditoren,»ohne Verständnis dergrundlegenden Philosophie desGehirnwäschers«Schwierigkeiten beim Umgangmit Klienten haben werden, dieman diesen Verfahren unterzogenhatte.

(Kent, Stephen A.:

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»Gehirnwäsche imRehabilitation Project Force[RPF]«. Hamburg, 2000, S. 15)

Der Begriff Psychopolitik findet sich inder internen Literatur immer mal wieder,und auch Scientologen, wie ein baden-württembergisches Mitglied,veröffentlichen unter genau diesemStichwort ganze Broschüren mit derBotschaft, dass die ganze Welt seit kaumbezifferbarer Zeit diesen Methoden derGehirnwäsche unterzogen ist und siedieses daran hindert, eine gesundeZivilisation zu errichten und zu gestalten.Der Kampf gilt den so verblendeten,kranken Gesellschaften überall aufdiesem Globus. Aus diesen

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»Forschungsergebnissen« des Gründerswird dann der Absolutheitsanspruch dereigenen Organisation abgeleitet sowieder Anspruch, quasi als Rechtformuliert, irgendwann den Sieg überalle Gegner zu erreichen.

Darin liegt also der totale Siegüber jede unterdrückerischeGruppe oder Gesellschaft. Nichtdarin, sie fertigzumachen - siesind schon sehr eifrigbeschäftigt, das selbst zu tun -,sondern sie nur in dem Ausmaßzu handhaben, damit siestillhalten, damit wir ihnen einesTages mit den richtigen Run-Downs beikommen können.

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(Landesamt fürVerfassungsschutz Baden-Württemberg [Hrsg.]: »DerKampf der Scientology-Organisation um dieAnerkennung derGemeinnützigkeit in den USAund seine Auswirkungen aufDeutschland«. Stuttgart, 2004, S.10)

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Kampf der Psychiatrie

Mit der Definition von geistigerGesundheit, die es in Gesellschaften zuerreichen gilt. und den Unterstellungen,gesellschaftliche Gruppen undRegierungen bedienen sich politisch derpsychischen Manipulation vonMenschen, befand und befindet sichHubbard heute mit seiner Organisationmitten in politischen Debattenunterschiedlicher Coleur. PolitischenGegnern oder Kritikern einer Ideologieklares Denken abzusprechen und damitdie Überhöhung der eigenen Ideologie zurechtfertigen, ist nicht neu. Ebensowenig die Diskussion um tatsächliche

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oder vermeintliche Missstände inpsychiatrischen Institutionen oder beiambulanter Behandlung von psychischKranken, hat vielfach zu öffentlichenDiskussionen geführt, auch mitpolitischem Anspruch.

Hinzu kommen die Skepsis und Angstder Menschen vor psychischenErkrankungen. Die Tabuisierung bisheute in vielen Bereichen von psychischbedingten Krankheiten tut ein Übriges.Es scheint leicht zu sein, sich mit dieserThematik in der Öffentlichkeit alsVerfechter von Lösungen zupositionieren.

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Es ist sicherlich kein Zufall, dassHubbard in den Jahrzehnten Anfang desletzten Jahrhunderts die Diskussion umPsychiatrie mit in sein Konzept aufnahm.Standen doch die UdSSR und dersowjetische Geheimdienst KGB immerim Verdacht, Gehirnwäsche zupraktizieren und Kritiker inpsychiatrische Anstalten zu verbringen.Dass diese Vorwürfe berechtigt waren,ist inzwischen belegt.

Die politische Psychiatrisierungin der Sowjetunion und dieRepression gegen protestierendeBürgerrechtler wurden dennoch

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jahrelang fortgesetzt. AlleMitglieder der erwähntenillegalen »Arbeitskommissionzur UntersuchungderVerwendung der Psychiatriezu politischen Zwecken« inMoskau wurden nacheinanderinhaftiert.

(Süss, Sonja: »Politischmissbraucht, Psychiatrie und

Staatssicherheit in der DDR«.Berlin, 2000, S. 24)

Die Darstellung von psychischenKrankheitsbildern Außenstehender undderen Diffamierung gehört somit seitlangem in die politischeAuseinandersetzung, insbesondere bei

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fundamentalistischen politischenSystemen und deren Anhängern.

Aber nicht nur die Diskussion überPraktiken hinter dem damaligen EisernenVorhang sorgten immer wieder fürAufmerksamkeit. In den die gesamteGesellschaft kritisch hinterfragenden60er Jahren wurde auch die politischeDiskussion um Psychiatrie undPsychiater erörtert. Die durchausdiskussionswürdigen Zustände inEinrichtungen, aber durchaus auchallgemeinen Behandlungsverfahrengingen in dieser Zeit über Ansätze derReformen der Behandlung einzelner

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Personen hinaus und wurden zurallgemeinen Gesellschaftskritik erhoben.

Die antipsychiatrischen Autorenmit der größten Popularität in derlinken StudentenbewegungWesteuropas waren die BritenRonald Laing und David Cooper,der Amerikaner Thomas S. Szaszund der Italiener FrancoBasaglia.

Laing und Cooper hatten unterBerufung vor allem auf KarlMarx und Jean Paul SartreGeisteskrankheit zu einemProdukt des krankhaftenCharakters von Familie,Gesellschaft und

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kapitalistischem Staat erklärt.Cooper, der sich selbst als»Anti-Psychiater« bezeichneteund diese Bezeichnungausdrücklich als ideologischenKampfbegriff einführte, rechnetedie klinische Psychiatrie zu denOrdnungsinstrumenten desrepressiven Staates (wie Justiz,Armee und Polizei). DieAntipsychiatrie sei ein wichtigerFaktor im Kampf gegen diekapitalistische Gesellschaft undihre krankmachendenBeziehungsstrukturen … Mit derAuflösung derUnterdrückungssysteme würdenschizophrene Psychosen von

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allein verschwinden.

(Süss, Sonja: »Politischmissbraucht, Psychiatrie undStaatssicherheit in der DDR«.Berlin, 2000, S. 33f.)

Hubbards Jünger sind bis heute imKampf auf der gesellschaftskritischenGrundlage der damaligen linkengesellschaftskritischen Bewegung. DieArgumente von damals und diePropaganda von Scientology heute gegendie Psychiatrie sind nahezu identisch.Und der genannte Thomas S. Szasz wirdin vielen Broschüren von dergegründeten Einheit von Scientology fürdiesen Bereich zitiert und gefeiert.

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Vielleicht hat es die Scientology-Organisation deshalb häufig so leicht,aus verschiedenen politischenRichtungen Personen mindestens alsLobbyisten für sich zu gewinnen. Dennneben dem gehorsamen, gedrilltenScientology-Volk bedient sich dieOrganisation auch Personen desöffentlichen und auch des nicht soöffentlichen, aber durchauseinflussreichen Lebens, wie derWissenschaft, um ihre Ziele zuerreichen. Und es scheint so, dassgerade diese Vermengung manchmal,gerade in Kultur und Politik, zuirreführenden Schlussfolgerungenhinsichtlich des Charakters der

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parallelen Welt der Scientologen führt.

Die Bedeutung, die dem unter demStichwort »Psychopolitik« und dem nachHubbard geistig minderbemittelten Teilder Menschheit und deren »Verführung«durch Psychiatrie und Psychiaterbeigemessen wird, nach innen wie nachaußen, wird schon dadurchdokumentiert, dass es einen festenBestandteil im Gesamtsystem dafür gibt,der sich einzig und allein mit dieserThematik beschäftigt. Die AbkürzungCCHR steht in den deutschsprachigenWerken für »Bürgerkommission fürMenschenrechte«. Öffentlich tritt alsVerein die »Kommission für Verstößeder Psychiatrie gegen Menschenrechte

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(KVPM)« immer wieder mit massiven»Informationsangeboten« und damitwerbestrategisch in allendeutschsprachigen Städten auf. DieBegründung, warum diese Institutionenentstanden, bezieht sich einzig und alleinauf genau die politisch motiviertenGründe zur geistigen Gesundheit, undauch das Gründungsjahr passt in dieDiskussion der 60er Jahre.

Seit der Gründung derScientology-Kirche haben sichihre Mitglieder den brutalenBehandlungen, kriminellenPraktiken undMenschenrechtsverletzungen, dieim Gebiet der geistigen

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Gesundheit alltäglich sind,unerschütterlich entgegengestellt.1969 von der Kirche ins Lebengerufen, wurde dieBürgerkommission fürMenschenrechte (CCHR) einewirksame Kraft fürVeränderungen auf diesemGebiet.

(New Era PublicationsInternational [Hrsg.]: »Was istScientology?« Kopenhagen,1998, S. 357)

Kamen die Anti-Psychiatrie-Theoretikerauch nicht aus Deutschland, war dieDiskussion, die im Zusammenhang mitden Verbrechen der Nazis gegen

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psychisch Kranke, geistig Behinderteund Zwangssterilisierte stand, einVerdienst der damaligen Diskussion derStudentenbewegung. Die BundesrepublikDeutschland der 50er und 60er Jahrewar sehr auf Verdrängung ausgerichtet,und das, was heute erwiesen ist, fanddamals keine Basis.

Ein Teil der 1940 und 1941 inden psychiatrischenTötungsanstalten »erprobten«Angestellten undVergasungsanlagen sindanschließend zum AufbauderVernichtungslager Belzec,Sobibor und Treblinka imbesetzten Polen weiterverwendet

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worden. So gab es personelle,technologische undadministrativ-organisatorischeKontinuitäten zwischen denKrankentötungen in Deutschlandund dem Völkermord an deneuropäischen Juden.

Viele Täter blieben ungestraft, esgab sogar skandalösegerichtliche Absolutionen fürerwiesene Krankenmörder undbeachtliche Karrieren vonBelasteten … Das Entsetzen überdie mörderische Vergangenheitder deutschen Psychiatrie, dieEmpörung über den ignorantenUmgang der deutschen

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Nachkriegsgesellschaft damit,die NS-Täter-Opfer-Konstellationen beispielsweisein Begutachtungssituationen nichtselten reproduzierte, und daserstmals öffentlich artikulierteMisstrauen gegen die deutschePsychiatrie als Ganzes warenFaktoren, die diePsychiatriekritik im Umfeld derwestdeutschenStudentenbewegungmitbestimmten.

(Süss, Sonja: »Politischmissbraucht, Psychiatrie und

Staatssicherheit in der DDR«.Berlin, 2000, S. 42 f.)

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Die Verbrechen Nazi-Deutschlandsdurchziehen die AntiPsychiatrie-Kampagnen der Scientology-Organisation, respektive dieVeröffentlichungen der zuständigenEinheit, der Kommission für Verstößeder Menschenrechte in der Psychiatrie.»Das Vermächtnis der Nazis« heißt eineÜberschrift in einer Broschüre. In eineranderen wird Thomas Szazs mit denWorten zitiert:

Die Psychiatrie istwahrscheinlich diejenige Kraft,die in den letzten fünfzig Jahrendie größte Zerstörung in derGesellschaft angerichtethat.Thomas Szasz, M.D. 1993.

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(KVPM: »Psychiatrie betrügtKinder und setzt sie unterDrogen«. Stuttgart, 2000, S. 24)

Der Bogen der Nazi-Verbrechen wirdgeschlagen in die heutige Zeit, undpropagandistisch wird unterstellt, dieBösen seien immer noch unter uns. Einganzes Buch, finanziert von derInternational Association ofScientologists (IAS) durch eine Spendedieser einer der höchsten Einheiten derOrganisation, wie es im Buch heißt,herausgeben von den Scientologen Dr.Thomas Röder und Volker Kubillus, mitdem Namen »Die Männer hinter Hitler«stellt die Verbindung zu den heute nochaktiven bösen Mächten her. Schon der

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Untertitel auf dem Umschlag suggeriert,dass Hitler wohl gesteuert wurde vonden Bösen, dort heißt es: »Wer diegeheimen Drahtzieher hinter Hitlerwirklich waren … und unter welchemDeckmantel sie noch immer unter unsweilen …«

Die doch sehr massiv sich mit derPsychiatrie beschäftigende Scientology-Organisation hat dafür natürlich Gründe.Denn Hubbards intergalaktische Feindehaben die Erde und die Bewohner in derGewalt, durch Elektroschocksmanipuliert und ähnlich Schrecklichesden Thetanen angetan. Von derGrundlage der scientologischenWeltraumphantasie (Xenu) hatte ich

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bereits gesprochen.

Zum Theoriegebäude gehören immerauch die Abwehr von Kritik, denn mithoher Wahrscheinlichkeit stecken hinterden »Angriffen« auf Scientology immernoch Xenus Jünger, und die möglichstpositive Selbstdarstellung (dieses Malohne Xenu), um den Expansionskursweltweit voranschreiten zu lassen und anEinfluss auf allen Ebenen zu gewinnen.Insbesondere im politischen undkulturellen Umfeld bedarf es Strategien,um die Botschaften zu vermitteln undmöglichst im gleichen Zuge die Kritikermundtot zu machen oder zumindest zuerschweren, dass sie mit ihrenAufklärungsbotschaften an

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entscheidenden Stellen durchdringen.

In den 90er Jahren ist auch derbreiteren Öffentlichkeit in Deutschlandein internes Programm der Organisationbekannt geworden. Er trägt den Titel»Snow White«-Programm. Insbesonderehochrangige ehemalige Mitglieder ausden USA, denen dieses Programmbekannt war, halfen bei derInterpretation über die Bedeutung dieserin den USA entwickeltenVorgehensweise.

Grundlage für dieHandlungsanweisungen der in diesemBereich zuständigen Scientologen warenDefinitionen über »Ruin«-Punkte, alsogesellschaftlich diskutierte

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Fehlentwicklungen oder Schwachpunktein den verschiedenen Ländern der Welt.Ziel war und ist es, damit die Stimmunggegen die politisch wirkenden Kräfteanzuheizen und vor allem mitKampagnen eventuell geplante kritischeAuseinandersetzungen mit derScientology-Organisation zu verhindernoder umzusteuern. Zuständig für dieseAktionen war der Vorläufer des heutigenOffice of Special Affairs, das GuardianOffice (GO), der Geheimdienst derOrganisation.

Für Deutschland wurde im Rahmendieses »Snow White«-Programms unterdem Stichwort »Project Coal« dieAnweisung Nr. 732 der Guardian Office

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vom 20. April 1973 bekannt. Der »Ruin-Punkt« der Deutschen ist nicht schwer zuermitteln.

Die Bundesrepublik Deutschlandist besonders empfindlich, wennes um Beschuldigungen imHinblick auf Völkermord geht,da das Verhalten der Nazisgegenüber den Juden den Impulsfür die Konventionen lieferte.Das Land strengt sich an, umseinen Ruf als Verbrecherloszuwerden. Dieses ist eineForm der Politik.

(a) Koordinieren Sie alleAktionen mit dem GO,und operieren Sie nur

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durch das GO. EinVerfahren ist bereits imGange.

(b) Benutzen SievorhandeneRechtsanwälte, findenSie heraus, welcheGesetze in Deutschlandzu beachten waren, umdieVölkermordkonventiondurchzusetzen, wer sieunterschrieb undratifizierte.

(c) Setzen Sie alles daran,durch Vorladungen inlaufenden Prozessen undanderen legalen

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Auseinandersetzungen,jegliche Akten undDossiers bezüglich Scn(Scientologen) oder ihrerFührer zu erhalten.

(d) …(e) Fertigen Sie einen

groben Entwurf einerPetition an, um inErfahrung zu bringen,welche Behörden inDeutschland in dieGesetzgebung unter b)einbezogen waren. Diesumfasst sowohl alleReferenzen undDokumente als auch den

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Bona-fide-Status vonScn. Führen Sie jedenauf, der dieKonventionen übertretenhat, Schulddokumente,die die Verletzung derKlausel belegen.

(f) Lassen Sie den Anwaltden Rest machen.

(g) …(h) Nutzen Sie jegliche

Vorteile.(i) Falls Sie nicht wirklich

Erfolg haben, stellen Siesicher, dass alleMöglichkeitenausgeschöpft werden,gehen Sie vor die UN und

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die EU-Kommission.(j) Dies wirkt wie ein

Abschreckungsmittel inBezug auf weitereAngriffe.

(Landesamt fürVerfassungsschutz BadenWürttemberg [Hrsg.]: »DerKampf der Scientology-Organisation um dieAnerkennung derGemeinnützigkeit in den USAund seine Auswirkungen aufDeutschland«. Stuttgart, 2004, S.14)

Die Kampagnenvorgabe ist formuliertund wird bis heute umgesetzt. Sobald

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sich in der Bundesrepublik Deutschlandeinzelne Personen, Behörden oderRegierungsstellen in Bund und Ländernkritisch mit dem System Scientologyauseinandersetzen, kommt dieDiskussion um möglichesNazigedankengut bei einzelnenMenschen hoch, oder die Politik wirdpraktisch in die Folge derSchreckensherrschaft der Nazis gerückt.Besonders deutlich wurde dieseStrategie weltweit, als in den 90erJahren die Organisation in US-amerikanischen Zeitungen großeAnzeigen schaltete, die die damaligebundesdeutsche Politik bezichtigten, dieMitglieder der Scientology-Organisationwürden verfolgt wie unter den Nazis die

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Juden. Auch die Formulierungen in den1973 erlassenen Anweisungen des GO,dass bei erkennbarem mäßigen Erfolgder Umsetzung der GesamtstrategieInstitutionen wie die Vereinten Nationen(UN) angerufen werden sollen, werdenweiter befolgt. Insbesondere nach derErteilung des Status derGemeinnützigkeit in den USA Anfang1993 unter der Clinton-Ära findet sichdie Bundesrepublik Deutschlandregelmäßig neben anderen kritischgegenüber der Organisation eingestellteneuropäischen Ländern wie Frankreichoder Belgien in den Berichten des US-Kongresses wegen angeblicherreligiöser Diskriminierung von

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Scientology-Mitgliedern wieder.

Die Erstellung solcher Zerrbilder zurDiffamierung von Deutschen undDeutschland durch dieGeheimdienstabteilung der Organisationdienen aber auch nach innen zurDisziplinierung und wahrscheinlich auchzum Erzeugen von Ängsten bei derAnhängerschaft. Die gewünschteVerinnerlichung, zu einer verfolgtenGruppe zu gehören, die wegen derbahnbrechenden Erkenntnisse des L. RonHubbard, die die verblendete, krankeWelt nicht erkennen will, kann zuminnerscientologischen Elitedenkendurchaus beitragen. Gezielt wird dannauch in Veröffentlichungen der obersten

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Führung darauf abgehoben, dieserAspekt immer wieder betont. So zumBeispiel in einem Sonderbericht zum15jährigen Bestehen der InternationalAssociation of Scientologists (IAS) ausdem Jahr 1999. Dort heißt es:

In Kanada und Deutschlandwurden tückische Razzien aufunsere Kirchen verübt, die an dievölkermörderischen Übergriffeauf Religionen in »wenigerinformierten« Zeiten undGesellschaften erinnerten.

Ein Geheimdienst wäre keiner, wenn ernicht regelmäßig über die Lage imFeindesland aktuelle Berichte erstellenwürde, um auf eventuell aufkommende

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Probleme reagieren zu können. Eineweitere Eigenschaft solcher Einheiten istdas Bestreben, dass diese Auswertungenund sich daraus ergebende Aktivitäteneben von den zu Feinden Erklärten nichtentschlüsselt werden können. Dieses giltauch für den scientologischenGeheimdienst:

Da von OSA-Organisationseinheiten einausgedehntes Berichtswesen,zum Beispiel die Erstellungregelmäßiger Lagebilder,verlangt wird, sollen sensibleInformationen verschlüsseltübermittelt werden. Bezüglichder Geheimhaltung von

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Informationen wurde einevorbereiteteVerpflichtungserklärung bekannt,die bei Nichteinhaltung eineStrafe von 30.000 DM vorsah.

(Landesamt fürVerfassungsschutz BadenWürttemberg [Hrsg.]: »DerKampf der Scientology-Organisation um dieAnerkennung derGemeinnützigkeit in den USAund seine Auswirkungen aufDeutschland«. Stuttgart, 2004, S.71.

Diese bekannt gewordeneDirektive zur Lagebeschreibung

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stammt im Übrigen nicht mehraus den Jahren 1950-1980,sondern vom 26. Juni 1995)

Nicht nur im Hinblick auf Diffamierungvon Personen oder politischenDesinformationskampagnen muss dieAnti-Psychiatrie-Theorie derScientology herhalten. Überall in derWelt, wenn Schreckliches passiert,haben die Scientologen dieHintermänner erkannt und benennen sie,es hat immer etwas mit den bösenPsychiatern zu tun und immer mit demAlleinvertretungsanspruch von Theorieund Praxis für die Zukunft. BeimKosovo-Konflikt hatte ein hochrangigerScientologe die Erklärung parat, dass

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die »wahren Hintergründe« erkanntwurden, nämlich die »kriminellenPsychiater«, die für den Konfliktverantwortlich seien, wären bereits1941 die »Anstifter« der BesetzungJugoslawiens durch Hitler-Deutschlandgewesen und Massenmord auf demBalkan sei »nach psychiatrischenRassetheorien« erfolgt.

Seit Hubbard wird gebetsmühlenartigdie Anti-Psychiatrie-Karte gezogen, undder jetzige Boss David Miscavigeargumentiert auf derselben Linie. Erkönnte wohl auch gar nicht anders, da erschon als Kind in die Organisationgeraten ist und somit sein Weltbild sichvon Anfang an auf das

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verschwörungstheoretischeIdeologiegebäude von Hubbardeingestellt hat. Anlässlich derTerroranschläge in den USA am 11.September 2001 war er natürlich zurStelle und verkündete, dass nur dieScientologen einen wirtschaftlichen undgesellschaftlichen Zusammenbruchverhindern können, und natürlich sindauch bei den Attentätern diescientologisch üblichen Verdächtigen amWerk gewesen:

Das wird gemacht, indem mansie (die Attentäter, d.Verf.) unterDrogen setzt, sie hypnotisiert …Das alles ist das Rüstzeug derPsychiater. Das sind keine

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Mutmaßungen. Das sind Fakten.Und wenn Sie immer nochZweifel haben, dann schauen Siesich die Tatsache an, dass dierechte Hand desHauptverdächtigen - Osama binLaden - Psychiater ist.

(Miscavige, David:»Besondere Botschaft an alle

Scientologen vom Vorsitzendendes Religious Technology

Center«. 11. September 2001)

Der Kampf um die Welt gegen irdischeund intergalaktisch programmierteWesen hat seine zu demaskierendenAkteure. Der Alleinvertretungsanspruchvon Scientology wird gerade immer

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wieder in den Einheiten mit demStempel des Kampfes umMenschenrechte, egal mit welchemZusatz, besonders deutlich. Und dieStrategie, darüber auch prominentenichtscientologische Fürsprecher zufinden, scheint immer wieder erfolgreichzu sein.

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Einflugschneise Wirtschaft

Scientology - einWirtschaftsunternehmen. DerartigeVerkürzungen in der Öffentlichkeitprägen häufig die Meinung. Abgestelltwird bei dieser Formulierung meistensauf die Kosten, die auf die Mitgliederfür Kurse, Seminare, denunvermeidlichen Hubbard-E-Meter,

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Bücher usw. zukommen. DieEinnahmequelle über die Mitglieder istsicherlich ein Hauptbestandteil derFinanzierung des Gesamtsystems. Dassdie Scientology-Einheiten mitVereinstatus auf Gewinnerzielungausgerichtet sind, hatte bereits 1995 im»Verwaltungsgerichtsverfahren«hinsichtlich des Vereins, ScientologyKirche Hamburg e.V., erst dasOberverwaltungsgericht festgestellt, unddiese Auffassung wurde vomBundesverwaltungsgericht bestätigt.Darüber kann es zumindest inDeutschland eigentlich keine Diskussionmehr geben. Dass es auch um Geld geht,ist höchstrichterlich geklärt.

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Zum System gehört aber auch einWirtschaftsarm: das World Institute ofScientology Enterprises. Jetzt kann manerst einmal die Auffassung vertreten,dass nichts dagegen einzuwenden ist,wenn Mitglieder einer Organisation auchFirmen leiten und darauf achten, dassihre Mitarbeiter/innen derselbenOrganisation angehören. GegenseitigeHilfestellung auch im Wirtschaftslebenkennt man ja aus vielen Bereichen. Beider vehement nach außen vertretenenDarstellung, man sei eineReligionsgemeinschaft, die Kosten derKurse seien Spenden, und irgendwiemüsse man sich ja finanzieren, stellt sichschon die Frage: Warum eine separate

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Abteilung im Gesamtsystem vonScientology-Unternehmen?

Wann und wie es zur Gründung dieserTeilorganisation kam und ob Hubbardselbst allein verantwortlich dafürzeichnete, ist umstritten bzw. schwerrecherchierbar. Das ehemalige Mitgliedvon Scientology und von WISE, der auchdie OT-Stufen bis zum operierendenThetan der Stufe V erreicht hat, TomVoltz, geht in seinem Buch von folgenderThese zur Etablierung von WISE aus:

WISE ist meines Wissens keineoriginäre Idee von L. RonHubbard. In einem Brief vom 1.Februar 1979 schreibt Hubbardan die offenbar kürzlich

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gegründete Vereinigung:... Ichbin äußerst erfreut über die Zieleund Absichten von WISE.

Für viele Scientologen mitFirmen oder Karrieren habe ichManagement-Beratungsdienstleistungenerbracht. Sie baten mich umdiese Dienstleistungen, ich solltesie in der unverfälschtenAnwendungmeinerVerwaltungstechnologieberaten und ihren Erfolg sichern.Diese Klienten, Scientologen,sind alle potentielle WISE-Mitglieder.

Damals ging es also nur darum, für

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Scientologen eine interne Anlaufstelleaußerhalb der »Kirche« zu schaffen,damit sie die Hubbard-Schriften für ihreFirmen benutzen undUnternehmensberatung erhalten konnten.

Dann wurde offenbar schnell erkannt,dass man durch die »Verweltlichung«der »religiösen« Hubbard-Schriften einnoch gänzlich unberührtesFinanzpotential anzapfen konnte: dieWirtschaft als Ganzes.

Die WISE-Richtlinie Nr. 1 von 1986erklärt als eines der Ziele von WISE:

DIE ADMINISTRATIVETECHNOLOGY L. RONHUBBARDS IN JEDEM

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UNTERNEHMEN DER WELTVOLL ZUM EINSATZ ZUBRINGEN.

(Voltz,Tom: »Scientology und[k]ein Ende«. Düsseldorf, 1995,S. 116f.)

Kann man wohlwollend am Anfang nochdavon ausgehen, dass die Gründung vonWISE ein Angebot an die Mitglieder inder Wirtschaft war und wahrscheinlichauch in den ersten Jahren so praktiziertwurde, ist die zitierte Richtlinie dochnun wohl so zu interpretieren, dassspätestens ab 1986 weltweit der Auftragerging, jedes Unternehmen, egal welcherGröße, mit der scientologischenTechnologie zu beglücken.

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Das Anwendungsgebiet wurde dannim Laufe der Zeit auch noch ausgeweitet.So liest sich die Stellungnahme desInternationalen Direktors von WISE inder Veröffentlichung der Mitgliederetwas anders, denn nun ist die L. RonHubbard Verwaltungstechnologie nichtnur in der Wirtschaft zu verbreiten,sondern auch in anderen Organisationenund bei Regierungen (»To get LRHadministrative technology broadly use inevery business, organisation andgovernment on the planet.« Drader, Don:»What is WISE?«, 1997, S. 6)

Innerhalb des Verbandes gibt esunterschiedliche Mitgliedschaften. Vonder Einzelmitgliedschaft, für die man

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nach allen bisherigen Erkenntnissennicht einmal ein Mitglied derGesamtorganisation Scientology seinmuss, über die Firmenmitgliedschaft bishin zur Mitgliedschaft im Führungsrat.Bei den Mitgliedern des Führungsrateskann man dann von besondererVerantwortung für die Verbreitung desHubbard’schen Gedankengutes sprechen,denn diese Mitgliedschaft ist nach denUnterlagen für diejenigen bestimmt, die»strategisch daran arbeiten, dieVerwaltungsTechnologie von L. RonHubbard in Spitzenunternehmen ihresLandes, anderen Vereinigungen,Gemeinden, Ländern und Regierungeneinzuführen«. (Voltz, Tom: »Scientologyund [k]ein Ende«. Düsseldorf, 1995, S.

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118)

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Ethik in die Geschäftsweltbringen

Mit der Maßgabe, dieVerwaltungstechnologie Hubbardseinzuführen, ob nun als Einzelmitgliedvon WISE, als Mitarbeiter einer Firmaoder als Führungsratsmitglied ingrößeren Unternehmen, bei derFormulierung des Verhaltenskodexeswird die Zielrichtung deutlich, der fürMitglieder von WISE formuliert wurde:

Der Verhaltenskodex von WISE-Mitgliedern unterscheidet sich in ihrerAussage nicht von anderen Aussagen füralle Mitglieder der Organisation. Es

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wird ein Versprechen formuliert, unddieses Versprechen soll die Mitgliedereng an die Vorgaben von L. RonHubbard zum Verhalten binden. Sosollen die WISE-Mitglieder unteranderem versprechen, durch ihreTätigkeit ein gutes Beispiel für dieHubbard’sche Verwaltungs-, Ethik- undRechtstechnologie zu sein und auchandere davon zu überzeugen. Imenglischen WISE-Directory von 1997zum Beispiel findet sich der WISE-Kodex, der im Ganzen so interpretierbarist, dass alles auf die Anwendung undVerbreitung der Ideologie ausgerichtetist. Es wird versprochen, immer präsentzu haben, welche Inhalte die L. RonHubbard-Technologie bedeutet, es wird

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versprochen, sie anzuwenden undnatürlich durch Anwendung auch anderezu überzeugen. So heißt es unter Punkt 3:»I promise to always acknowledge L.Ron Hubbard as the source or theadministrative, ethics and justicetechnologies and ensure others do aswell.« Und auch die grundsätzlichenscientologischen Aussagen zur Welt undRechten von Menschen finden sich imKodex für die im Wirtschaftslebenaktiven Scientologen: »23. I promise totake responsibility to bring about a newcivilisation in which the able canprosper and honest people have rights.«

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Das Versprechen, an einer neuenZivilisation mitzuarbeiten, in der dieFähigen erfolgreich sind und ehrlicheMenschen Rechte haben. Das ist eine derKernaussagen des GesamtsystemsScientology, und wer fähig ist, wird inder Organisation entschieden, und werehrlich ist auch. Entwicklungschancenund Rechte werden abgeleitet vomWohlverhalten im Gesamtsystem.Deutlich beschrieben werden dieseAnsprüche im Buch von Hubbard»Einführung in die Ethik derScientology«. Es ist eines derentscheidenden Bücher in derOrganisation. In diesem Buch wirddifferenziert zwischen sozialen und

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antisozialen Persönlichkeiten, insystemkonforme und andere.

Die Ethik-Offiziere, die allenScientologen in ihrem scientologischenLeben immer mal wieder begegnenkönnen, sind also auch in denscientologischen WISE-Betriebenpräsent. Folgt man der Definition desWISE-Kodexes zur Verbreitung derTechnologie, soll jedes WISE-Mitglieddafür sorgen, dass die Ethik-Interpretation und die Überwacher derEinhaltung - eben diese Ethik-Offiziere -in den Firmen, Institutionen undRegierungen durch eben dieseMitglieder eingeführt werden. Alles,was zur Verbreitung für jeden Einzelnen

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gilt, gilt demnach auch für jedescientologische Firma.

Man hätte es nicht mit Hubbard undseiner Organisation zu tun, wenn es nichtverschiedene Aussagen zurscientologischen Ethik gäbe. Denn nachaußen braucht man schon eineDefinition, die es dernichtscientologischen Weltschwermachen soll, die eigentlicheBedeutung zu erkennen und dieeventuellen Gefahren für die Menschenin einem Betrieb oder auch für dasgesamte Unternehmen zu erkennen.

Zusammenfassend zum Zweck dieseranscheinend unterschiedlichenBegriffsdefinitionen schreibt Tom Voltz:

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Diese Definitionsverwirrungenhaben nicht nur System, sondernauch einen klaren Nutzen: KeinScientologe kann kommen undvorbringen, sein ethischesEmpfinden sage ihm, dieses oderjenes innerhalb der Scientologymüsse verändertbeziehungsweise verbessert,diese oder jene Richtlinie von L.Ron Hubbard besser gestrichenwerden. So kann Scientology inder Öffentlichkeit zwar stets eineakzeptable Definition oderErklärung von Ethik vorlegen (soauch in ihrer neuesten Ausgabevon »Was ist Scientology?«), im

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hausinternen Gebrauch jedochdafür sorgen, durch die Ethik-Abteilungen so genannte»Gegenabsichten« zu entfernen.

(Voltz,Tom: »Scientology und[k]ein Ende«. Düsseldorf, 1995,S. 159)

Ethisch ist, was der Organisation nützt,unethisch, was sich ihr in den Weg stellt.Eigentlich klare Vorgehensweise, unddiese gilt dann auch in der Wirtschaft.

Im WISE-Verhaltenskodex wird dannauch Bezug genommen auf Verständnisvon »Recht« im Hubbard’schen Sinne.Dieses ist auch logisch, denn die Ethik-Definition ist mit »Recht-Definition«

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untrennbar verbunden.

Von diesen Definitionen erfahren diedurch Scientologen im WISE-Bereichangeworbenen Menschen natürlich nichtsofort, sondern erst, wenn sie darüber indie Gesamtorganisation integriert sind.Mit der Bindung über die Mitgliedschaftin WISE, sei es nun als einzelne Personoder als Firmeninhaber, wird durch denabgelegten Verhaltenskodex fürdenjenigen auch bindend, dass er nun beiStreitigkeiten kein Gericht anrufen kann,sondern dem Rechtssystem Hubbardsfolgend, das WISE Charter Komitee zurLösung der Probleme einzuschalten hat.

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Don Drader, zur damaligen Zeitinternationaler WISE-Chef, stellt es ineinem Interview so dar, dass es beiUnkenntnis der Wortdefinitionen inScientology und deren Bedeutung imSystem so klingt, als wäre es eine ganznormale Schlichtung zwischenVertragspartnern.

»Was ist ein WISE-Charter-Committee?« Drader: »Das istein Komitee aus Mitgliedern, diedarüber wachen, dass alleWISE-Angehörigen ihre aus derMitgliedschaft erwachsendenethischen Verpflichtungeneinhalten. Bricht zum Beispielzwischen zwei Mitgliedern ein

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Konflikt aus, dann liegt das inder Regel daran, dass jemand dieVerwaltungstechnologie nichtrichtig angewandt hat. EinVertreter des ›CharterCommittee‹ wird dann - unterAnwendung von HubbardsTechnologie auf ethischer,rechtlicher und kommunikativerEbene - die Kontrahenten dazubringen, sich zu einigen.«»Dürfen WISE-Mitgliedereinander vor ordentlichenGerichten verklagen?« Drader:»Nein, sie willigen ein, ihreMeinungsverschiedenheiten überdas Charter Committee zulösen.«

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(Kruchem,Thomas: »StaatsfeindScientology?«. München, 1999,S. 171)

Wie weit es eine Firma in dieAbwärtsspirale treiben kann und wie eszugeht, wenn ein Mitarbeiter nach denPrinzipien Hubbards geführtenUnternehmen nicht mit ansehen will,dass die Firma in den Ruin getriebenwird und auf die scientologische Ethiksetzt, verdeutlicht folgende Darstellung:

Paul Nager ist verzweifelt, fühltsich in einer ausweglosen Lage.Er muss mit ansehen, wie Gelderaus der Firma, in der er arbeitet,abgezogen werden und zu

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Scientology fließen. Die Firmavertuscht und verschleiert dieseso genannten Spenden inMillionenhöhe, Bilanzen werdengefälscht, Schmiergelder gezahlt.Paul Nager ist Scientologe, erarbeitet in der Firma desScientologen Marker. NagersVersuche, die Angelegenheit»Scientology-intern« zu regeln,scheitern. So sieht er nur nochd i e Möglichkeit, bei derKriminalpolizei Anzeige zuerstatten. Nager scheint nicht zuwissen, dass er allein dadurchschon ein nicht mehrgutzumachendes scientologischesSchwerverbrechen begangen

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hat.Wer außerhalb vonScientology Gerichte anruft odernichtscientologischen BehördenBeweismaterial übergibt, wirdzum Verbrecher (suppressiveperson) erklärt. Nager scheintauch nicht zu begreifen, dass diesein prinzipieller und »ethischer«Grundsatz der von ihm immernoch geschätzten Scientology-Organisation ist und nicht etwaeine Anordnung der derzeitigenFührung.

(Kemming, Sabine; Potthoff,Norbert: »ScientologySchicksale. Eine Organisationwird zum sozialen Störfall«.

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Bergisch-Gladbach, 1998, S.138)

Dokumentiert wird an diesem Schicksalvon Menschen und Firma auch dieVerzweiflung des scientologischenChefs von Nager, denn auch dieser ist jaüberzeugt, einem ehrenwerten Systemanzugehören und den besten Weg fürsich und seine Firma gewählt zu haben.Seine Verzweiflung, nicht seine Zweifel,wird in dem Bericht deutlich, den er andie Organisation schreibt. Er nenntdiesen Bericht »Dinge, die nicht seinsollten«. Er schreibt:

1989 startete ich beiScientology. Ich bin ein »PatronMeritrious« (Auszeichnung für

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eine Geldspende an die IAS von250.000 US-Dollar, d.Verf.) und»Clear«. Ich tat alles, wasmöglich war, um die Verbreitungvon Scientology auf demPlaneten mit all dem Geld, dasich besaß, und meiner Arbeitwährend meiner Zeit als Sea-Org-Mitglied zu unterstützen. Ichhabe eine Menge Fehler gemacht,aber dahinter war immer dieAbsicht zu helfen. Jetzt befindetsich meine Firma in eineraussichtslosen Lage, und mirwird gedroht, dass ich ausScientology hinausgeworfenwerde. Das ist nicht in Ordnung.

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(Kemming, Sabine; Potthoff,Norbert: »Scientology-Schicksale. Eine Organisationwird zum sozialen Störfall«.Bergisch-Gladbach, 1998, S.139f.)

Ethik- und Rechtssystem sindanwendbar. Probleme treten also auchdann auf, wenn es außer derHubbard’schen Richtlinie andereVorstellungen gibt, denn Fremd- undGegenabsichten zur Lehre sindunethisch. Es braucht nicht vielPhantasie, um sich auszumalen, wer vonden Kontrahenten vor einem Komiteedieser Art den Kürzeren zieht, wohl der,dem irgendein Abweichen von den

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Linien der Technologie nachweisbar ist.

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Im Leben erfolgreich sein

Kommunikationstrainer, Fahrlehrer,Immobilienmakler, Rechtsanwälte,Scientologen und häufig genug WISE-Mitglieder kann man auf vielen Gebietentreffen. Angebote von Motivations- oderKommunikationstrainings fürUnternehmen gibt es viele.Personalentwickler in der Wirtschaftwollen von derArbeitsplatzbeschreibung her natürlichdafür sorgen, dass die Mitarbeiter/innengut geschult werden und auchSchwierigkeiten im Miteinanderbeheben können. Ein gutes Betriebsklimahat wohl noch keinem Unternehmen

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geschadet.

Nach der Hubbard’schen These, dieso genannten »Ruin-Punkte« in einerFirma zu entdecken, ist das Angebot vonWISE-Firmen zur Verbesserung derKommunikation im Unternehmen eineideale Herangehensweise, um in einerFirma Fuß zu fassen. Die Firmennamenlassen in der Regel weder erkennen,dass das Angebot zum Training derMitarbeiter /innen auf den Grundlagenvon L. Ron Hubbard basiert, noch dasses sich bei der Angebotsfirma quasi umeinen Teil des GesamtsystemsScientology handelt. Wer würde schonin Zusammenhang mit einer Akademiefür Management und Kommunikation

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(AMK) Scientology vermuten? Beieinigen Trainingsangeboten wird imKleingedruckten immerhin L. RonHubbard gedankt, das wäre für einenaufmerksamen Personalentwickler einuntrügliches Zeichen. Aber selbst, wenndas auffallen sollte, sind dieentsprechenden Scientologen sehrschnell mit der Erklärung dabei, dassdas nichts mit der Scientology zu tun hat,sondern nur die Basis der Vermittlungvon Kommunikationstechniken ist. Alsokeine Gefahr, wird sich in vielen Fällender für Mitarbeiter /innen zuständigeSachbearbeiter in einem Unternehmendenken. Wenn die Methode funktioniert,ist es ja egal, wer sie entwickelt hat. EinIrrtum, der Folgen haben kann. Die

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Aussage des früheren Vizepräsidentender Scientology-Kirche Hamburg e.V.vor dem OberverwaltungsgerichtHamburg zur gewerblichen Tätigkeit desVereins, dass alle Menschen, die denKommunikationskurs nach L. RonHubbard besuchen, sich auf dem Wegedes ehrenamtlichen Geistlichen in derScientology-Organisation befinden,würde wohl einige doch ins Grübelnbringen, aber wer kennt schon dieseAussage?

Die Werbestrategien der WISE-Trainer unterscheiden sich nicht vonanderen Angeboten. Schriftlich könnensie ins Haus und auf den Tisch desVerantwortlichen in einem Unternehmen

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flattern oder auch Angebote von Treffenin Hotels einer Stadt, die offerieren,dass dort eine Methode vorgestellt wird,die es dem Einzelnen ermöglicht, seinesubjektiv wahrgenommenenSchwierigkeiten, die ihn bisher amFortkommen im Beruf gehindert haben,kennen zu lernen und natürlich zubeheben. Neugierig geworden aufeventuelle Möglichkeiten, ist jeder beidiesen Anwerbeveranstaltungenwillkommen. Der Personalchef ebensowie der Handwerksmeister, derBankangestellte oder Mitarbeiter imöffentlichen Dienst. Thema eines solchenHotelabends kann zum Beispiel sein:»Ursachen und Grundlagen für denberuflichen Erfolg«. Über den Ablauf

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solcher Werbeveranstaltungen variierendie Schilderungen, aber wie es einangeworbener junger Bankangestelltereinmal geschildert hat, kann als Modellfür so eine Veranstaltung gelten:

Anfang Januar wurde ich dannvon Frau P. von der Firma AMKangerufen. Sie lud mich zu einerkostenlosen Veranstaltung in einHotel an der Frankfurter Messeein … Er hielt einenzweistündigen Vortrag …Während dieses Vortragesarbeitete Herr H. im Dialog mitden Zuhörern die Bereiche»Spaß an der Arbeit« und »guteBeziehungen zu allen

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Vorgesetzten und Kollegen« alsdie wesentlichstenErfolgsgrundlagen in fast jedemBeruf heraus.

(Christ, Angelika; Goldner,Steven: »Scientology imManagement«. Düsseldorf, 1996,S. 36)

Nach solchen einleitenden Vorträgenwird das persönliche Gespräch mit denTeilnehmern gesucht und gefunden.Dieses muss nicht unbedingt derVortragende sein. Es kann auch vonanderen Teilnehmern, die man ersteinmal als nicht zum Veranstaltergehörend registriert hatte, der Kontaktgesucht werden. Die Werbestrategie

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besteht darin, möglichst schnell denAngesprochenen zur Unterschrift fürKurse zu bewegen. Die Kurse, die dannfolgen sollten, sind weitgehend identischmit denen, die in jederScientology-»Kirche« angebotenwerden:

In diesem Gespräch hat Herr K.nochmals massiv versucht, michzum Besuch der beiden Seminare»Persönliche Integrität« und»Bewältigung des Auf und Ab imLeben« zu überreden. Ich hätte indiesen Bereichen meinebesonderen Probleme und müsstedringend etwas dagegen tun.

(Christ, Angelika; Goldner,

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Steven: »Scientology imManagement«. Düsseldorf, 1996,S. 39)

Die Ausbildung von Mitarbeitern imscientologischen Sinne, die Anspracheüber erfolgreiches Management, hat auchnach dem Zusammenbruch des EisernenVorhanges in Osteuropa eine nicht zuunterschätzende Rolle beim Wirken derScientologen gespielt. Auch dort ging esdarum, über diesen Weg Scientology zuetablieren. Wie es einemosteuropäischen Geschäftsmann ergehenkann, der in die Fänge geriet, zeigt dasBeispiel der Firma Business Success,gegen dessen Schilderung Scientologyoffenbar keine Einwände vorgebracht

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hat.

Business Success wurdeursprünglich von Ing. Fritz S.,einem OT VIII-Scientologen,...und Dr. Erwin A, ebenfalls OTVIII und nach seinenFinanzkunststücken auf derFlucht vor dem Finanzamt undder Justiz, gegründet. DasUnternehmen hieß damals»Spohn und Partner« und bot inerster Linie das »UnglaublicheVerkaufsseminar« an … Dazukam dann bald ein so genanntes»Motivationsseminar fürFührungskräfte« … Das Seminarwar und ist 100 % Scientology.

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(Handl,Wilfried: »ScientologyWahn und Wirklichkeit«.Wien,2005, S. 249)

Diese Firma mit dem Stammhausinzwischen in Wien gründete Filialen inUngarn, der Slowakei und Tschechien.Waren und sind die geschäftsführendenPersonen in der Slowakei undTschechien nach allen bekanntenInformationen linientreue Scientologenund der Verantwortliche in der Slowakeiauch stolz darauf, der erste »Clear« inseinem Land geworden zu sein, hatte esder Geschäftsführer in Ungarn, der sichden Anwerbeversuchen erfolgreichwidersetzte, mit Turbulenzen zu tun.Anscheinend waren die WISE-Manager

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der Internationalen Ebene zwareinigermaßen zufrieden mit denErgebnissen dieses Unternehmens, aberes lief wohl nicht ganz nach Linie. DerUmgang mit dem »störrischen« Ungarnist typisch.

Die Ungarn unter Führung vonLaszlo A. taten weder noch,sondern sahen im Auftreten derbeiden Herren von WISE ehereine Erpressung, bei der man nurdie Polizei holen müsste, umDerartiges zu unterbinden …Alle waren auf Linie gebrachtworden, nur der »störrische«Laszlo A. nicht, der weder mitWISE noch mit Scientology

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etwas zu tun haben wollte. Alsoschickte man ihm sechs Mannvor die Tür und in demanschließenden Gesprächprophezeite man Laszlo A. eineböse Zukunft … Auf jeden Fallverlor Laszlo A. fast alle seinerund 30 Mitarbeiter, denen dieFrage gestellt wurde:»Entscheidest du dich für LaszloA. oder Scientology?« Und da esmeist Scientologen waren, wardie Antwort absehbar: Hände andie Hosennaht.

(Handl,Wilfried: »ScientologyWahn und Wirklichkeit«. Wien,2005, S. 254)

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Wer nicht systemkonform funktioniert,bekommt Probleme. Diese Erfahrungmusste nicht nur der ungarischeGeschäftsmann machen. Das WISE-Firmenprinzip kennt nur die gehorsameAnwendung. Die rheinland-pfälzischeLandesregierung hat sich zumFührungsverhalten in der Scientologywie folgt geäußert:

Management by Angst undSchrecken. Dies betrifft dasFührungsverhalten inUnternehmen, d. h. dieFührungsqualität beiScientology. Sie ist in der Regelvon starren, rigiden undautoritären Führungsmustern

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geprägt.

(Ministerium für Kultur, Jugend,Familie und Frauen, Rheinland-Pfalz: »Scientology in derWirtschaft«. Mainz, 1995, S. 14)

Einmal angeworben für Trainings ineiner WISE-Firma, wird derjenige, dersich dann der Fürsorge der um ihn herumagierenden Mitglieder von Scientologysicher sein kann (»love bombing«), nunsozusagen als Keimzelle der Ideologiein seiner Firma wirken. Je länger dabei,je verinnerlichter die Handlungsweise,dient er bewusst oder auch unbewusstder Expansion der Organisation. Vongewissem Vorteil ist dann, dass man inder Regel von den Kollegen oder

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Vorgesetzten einiges weiß. Der Eineoder die Andere spricht im Betrieb auchmal über persönliche Probleme oderüber die eventuelle Arbeitsbelastung imUnternehmen. Hier kann die Basis sein,persönliche Kontakte beschleunigen dieBereitschaft, sich etwas anzuhören, uman der persönlichen Situation etwas zuändern. Den Kollegen, die Kolleginkennt man vielleicht schon eine ganzeZeit, warum also Misstrauen zeigen? Sokann es manchmal erschreckend schnellpassieren, dass sich innerhalb einesUnternehmens die Kursabsolventen vonScientology-Seminaren häufen undSchritt für Schritt ein irdisches Wesenzum Scientologen geformt wird. Einerder einschneidensten Fälle für ein

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Unternehmen ist bekannt geworden. Esmag beispielhaft dafür stehen, wieMitglieder von Scientology - dafürbraucht es noch nicht einmal die WISE-Mitgliedschaft - ihre Ergebenheit zumSystem Scientology anwenden, zumSchaden von Kollegen und demUnternehmen. In diesem Fall war derScientologe in einem großen Konzernzum Betriebsratsmitglied geworden. Erfliegt mit seinen Werbemethoden für dieScientology auf. Im arbeitsrechtlichenVerfahren wird Folgendes festgestellt:

Missbrauch derVertrauensstellung. Kollegen, dieRat suchten, wurden nachFrankfurt/Main ins Dianetik-

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Center geschickt, um dort ihreNöte durch scientologischeMaßnahmen zu lindern. …Alkoholikern versprach derBetriebsrat Heilung durchScientology. Das Gericht sah esals besonders verwerflich an,dass diese von ihm zuScientology geschickt wurden,statt zu einerLangzeitentwöhnungskur …Störung des Betriebsfriedensdurch aktive Werbung fürScientology am Arbeitsplatz,Weitergabe von Adressen ohneWissen der Beteiligten und derMissbrauch betriebseigenerMittel …

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(Christ, Angelika; Goldner,Steven: »Scientology imManagement«. Düsseldorf, 1996,S. 151)

Die Auswirkungen auf ein Unternehmenmit scientologisch funktionierendenMitarbeitern können gravierende Folgenhaben. Dafür bedarf es nicht einesBetriebsratsmitgliedes.

Der bei Scientologysystemimmanente hoheGeldbedarf kann unterUmständen zu strafrechtlichrelevantem Verhalten führen.Realitätsfremde und damitfirmennachteilige

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Entscheidungen sind denkbar.Ein weiterer Aspekt ist diemöglich Erpressbarkeit vonMitarbeitern, z. B. in Bezug aufFirmenloyalität,Adressenweitergabe bzw. dieWeitergabe firmeninternerDaten.

(Ministerium für Kultur, Jugend,Familie und Frauen, Rheinland-Pfalz: »Scientology in derWirtschaft«. Mainz, 1995, S. 14)

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Das Ende einesZuverdienstes

Der Arbeitsplatz, sei es ein fester oderein zeitlich befristeter, birgt bei einemscientologischen Kollegen die Gefahr,hineingezogen zu werden.

Eine junge Frau, die sich zurSchauspielerin berufen fühlt, der aberder Durchbruch nicht recht gelingenwill, versucht zumindest, mit kleinenJobs zu ihrem Lebensunterhaltbeizutragen. Bei einem großenHamburger Verlag arbeitet sie für einpaar Wochen als Promoterin, willheißen, sie wird mit einem Kollegen an

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einem Stand den vorübergehendenMenschen die Zeitschriftenproduktenahebringen und sie, wenn möglich, vondem Vorteil eines Abonnementsüberzeugen. Der Kollege, mit dem siegemeinsam diesen Job erledigen soll, istein Scientologe, was sie nicht weiß undwahrscheinlich auch nicht der Verlag,der ihn beschäftigt. Die beiden verstehensich gut, der Job lässt auch Zeit, sichnäher kennen zu lernen. Die junge Frauerzählt von ihrer Situation, die sie wederberuflich noch privat als befriedigendempfindet. Da es mit derSchauspielerkarriere nicht so rechtvorangeht, sie immer noch bei ihrerMutter wohnt und auch ihreLiebesbeziehung in einer Krise steckt,

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offenbart sie dem scientologischenKollegen alle ihre »Ruin-Punkte«, beidenen er mit dem Angebot einer Lösungansetzen kann. Er erzählt auch von sich,ist freundlich, fröhlich, und die jungeFrau hat das Gefühl, da ist jemand mitihr auf gleicher Wellenlänge. Es magauch die Neigung zu esoterischenGedankenspielen und Überlegungen,was wohl nach dem Tod passiert, bei ihrden Eindruck verstärken, jemandengetroffen zu haben, der zu ihr passt.Auch seine Schilderungen derverschiedenen Jobs, die er immer malwieder angenommen hat, haben wohl dieÄhnlichkeit der Lebenssituationen fürsie verdeutlicht. Er hat schon

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Verschiedenes gemacht, so erfährt sie inden Gesprächen, Vertreter fürHundefutter und Versicherungen, undauch bei ihm war das Geld knapp. Auch,dass er verheiratet ist und zwei Kinderhat, erfährt sie, und er ist in der Lage, ihrzu vermitteln, dass es auf alles eineAntwort gibt. Er hat ein Lösungsangebot:Scientology. Er hätte da mal eine Zeitreingeguckt, das sei schon etwas her.Ganz unverbindlich könne sie sich dochauch mal anschauen, was so inS c i e nto l o gy passiert, ihm, demKollegen, habe es ganz gut gefallen. Ererklärt auch, dass man natürlich, wennes einem nicht zusage, wieder gehenkönne. Alles sei freiwillig, natürlich. ZuHause: Der Mutter erzählt sie von der

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neuen Bekanntschaft aus demKollegenkreis, Einwendungen derMutter, ob es sich um eine geschickteWerbung für Scientology handelt,wimmelt die Tochter bereits ab, »er hatdoch nur mal da reingeschaut, und dassei auch schon eine Weile her«.

Der Kollege lässt nicht locker, mansoll auch bei Scientology viel Geldverdienen können. Endlich geht die jungeFrau auf eine unverbindliche TasseKaffee mit dem Kollegen, der docheigentlich »vor langer Zeit dort nur malvorbeigeschaut hat«. Schon denkt sienicht mehr darüber nach, dass hier einWiderspruch zu erkennen ist. Sie hängtam scientologischen Haken. Die Mutter

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registriert das mit Sorge und stelltVeränderungen fest. Nicht nur, dass sichdie Bibliothek als erstes um das BuchDianetik erweitert, die Tochtervernachlässigt ihren Job. DieVorgesetzte ruft zu Hause an underkundigt sich nach dem Fernbleiben derTochter vom Job. Die Mutter isterstaunt, denn die Tochter hat wie immermorgens früh das Haus verlassen. Dochin eine andere Richtung: zumScientology-Gebäude. Später erfährt dieMutter, dass Scientology noch mehr zubieten hatte als den netten Kollegen.Beim ersten Besuch hat sie ein Mann inEmpfang genommen, der ihr sofortgefallen hat, und nicht nur das, er hat ihrauch geschildert, wie erfolgreich er ist,

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und dieses hat er einzig und allein derTatsache zu verdanken, dass erScientologe wurde. Gegen den nettenKollegen und eventuell den Mann fürsLeben ist die Mutter mit ihrenMahnungen machtlos. Auch die teurenKurse sind trotz Geldmangels keinProblem - man kann ja bei Scientologyarbeiten und damit die Kurse quasiabarbeiten. Selbstverständlich kann mansie auch unterstützen bei ihrem Wunsch,als Schauspielerin weiterzukommen,schließlich sind ja genug erfolgreicheKünstler dort.

Die Mutter versucht vergeblich, denWeg in die Organisation zu verhindern.Im Gegenteil, die Tochter beginnt, die

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Mutter davon überzeugen zu wollen,dass auch ihr Weg zur Scientologyführen kann, und die Gespräche drehensich sehr bald nur noch über Ethik,Thetan usw. Die Mutter ist nicht zu»handhaben«, der Preis dafür,Kontaktabbruch. Mühsame Versuche,immer mal wieder ins Gespräch zukommen, enden regelmäßig damit, dassdie Tochter von der Organisation mitAufgaben betraut wird, die einZusammensein mit der Mutter so gut wieunmöglich machen. Inzwischen ist siefast sieben Jahre Scientologin. AlsSchauspielerin ist sie immer nochniemandem bekannt. Der berufliche Wegsind Jobs mal direkt bei Scientology,mal bei WISE-Firmen, aber auch ein

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banaler Putzjob dient demLebensunterhalt. Ihr Nebenjob führte siein ein Leben in Scientology, verbundenmit dem Bruch zur Mutter und nach allden Jahren wohl auch mit den Träumen,irgendwann eine erfolgreicheSchauspielerin zu sein.

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Weiterbildung im WISE-Unternehmen

Nein,WISE als Organisationunterhält keine eigenenKursleiter. Ein Unternehmer kannMitarbeiter an einem »HubbardCollege« zu Kursleiternausbilden lassen oderfreiberuflich arbeitendeKursleiter engagieren. Es gibt jaConsulting-Firmen, die, krafteiner speziellen Form derMitgliedschaft, das Rechtbesitzen, WISE-Kurse zuverkaufen. Ich selbst habe für

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eine solche Firma gearbeitet undKurse für 800 bis 900 Dollarverkauft - Kurse über zumBeispiel »Management anhandvon Statistiken« oder »DieAuswertung menschlichenVerhaltens«.

Die Antwort des WISE-Chefs DonDrader auf die Frage, ob WISE Leute inScientology-Kurse schickt. Auf dieweiterführende Frage, ob ein WISE-Mitglied verpflichtet ist, die Hubbard-Technologie in seinem Unternehmenanzuwenden, kommt als Antwort:

Nein.Aber warum sollte jemand,wenn er das nicht will,WISE-Mitglied werden? Wir üben da

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keinerlei Druck aus, bieten aberjedem Mitglied, das ein Problemhat, unseren Rat an, dieTechnologie richtig anzuwendenund so sein Unternehmen zumErfolg zu führen.

(Kruchem,Thomas: »StaatsfeindScientology?«. München, 1999,

S. 170ff.)

Das klingt doch sehr freundlich, und erselbst hat ja nur gute Erfahrungen, einfunktionierender Scientologe imGespräch mit einem Journalisten. DieInnendarstellung ist in der Spracheeindeutiger als der WISE-Mann. DieVerwaltungsanordnung ED1040 gibt klarzum Ausdruck, wie die Übernahme von

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Firmen durch Mitglieder vonScientology geschehen soll:

1. Suche dir ein Geschäftaus, welches bereits sehrgut arbeitet.

2. Wende dich an denhöchsten Direktor. Bieteihm an, dafür zu sorgen,dass sein Geschäft ihmmehr Geld einbringt.

3. Lokalisiere SPs(Suppressive Person,jemand, der Scientologystört, d.Verf.) in derOrganisation und wirf siehinaus.

4. Auditiere die leitenden

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Angestellten und zeigeihnen, um was es sichhandelt, das wird dannden Zyklus in Gangsetzen: Die leitendenAngestellten werden dieJungmanager und dasandere Personal dazudrängen, Auditing zunehmen.

(Herrmann, Jörg: »Mission mitallen Mitteln. Der Scientology-Konzern auf Seelenfang«.Reinbek, 1992, S. 108)

Dieses kann als Idealvorstellung gesehenwerden. Es muss nicht immer derleitende Direktor sein, ein leitender

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Angestellter kann durchaus genügen.

Richtig an der Aussage im Drader-Interview ist daher sicherlich, warumsollte ein WISE-Mitglied seine Firmanicht nach der Hubbard-Technologieführen, denn nachbetriebswirtschaftlichen Erkenntnissengeführte Unternehmen würden mit denStatistikdefinitionen des Herrn Hubbardund die Arbeitnehmer mit denArbeitsbedingungen in einem solchenBetrieb wohl kaum in Einklang zubringen sein. Das Absolvieren vonKursen nach Hubbard ist Bedingung, sollein WISE-Betrieb funktionieren. Wie

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sollte sonst den Mitarbeiternklargemacht werden, was das Ethik- undRechtssystem bedeutet, an das sie sichzu halten haben, da der Chef einemWISE-Kodex zur Einhaltung dieserRichtlinien verpflichtet ist? Beinichtscientologischen Arbeitnehmernkann dieses durchaus als Fortbildungverkauft werden. Also rein in die Kursedes Auf und Ab im Leben, desErkennens von persönlichenHindernissen, die dem Erfolg auch derFirma im Wege stehen. Wer nichtmitmacht, kann gehen, denn dieFeststellung, dass es sich bei einerPerson um einen Unterdrücker(Suppressive Person) handelt, kann sehrschnell erfolgen, und diese sind ja laut

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Verwaltungsanordnung zu entfernen.

Auch die Arbeitsbedingungen sinddem Hubbard’schen System angepasst.Arbeiten bei einem Scientologen undWISE-Mitglied heißt in vielen Fällen:kein Arbeitsvertrag, sondern einGewerbe anmelden, quasi alsSubunternehmer für den Betrieb tätigsein. Das spart Sozialabgaben und dieVerantwortung - immer nach demscientologischen Motto, nur Tigerüberleben - für den eigenenLebensunterhalt trägt der »Mitarbeiter«.Die Weiterbildung, ob nun im HubbardCollege, wie Herr Drager empfiehlt,oder gleich in der örtlichen Scientology-Organisation wird häufig genug

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gegengerechnet. Arbeiten für dasFortkommen auf der Brücke zurpersönlichen Freiheit. Bei diesenArbeitsbedingungen wird es schwer,außerhalb nichtscientologischeBeziehungen zu pflegen, aber das ist jaauch nicht wirklich erwünscht. DasLeben wird bestimmt von derOrganisation, egal, wo man arbeitet undlebt.

Zum Bestandteil in einem solchenBetrieb gehören natürlich die sogenannten Wissensberichte und dieEthik-Offiziere, denn Kontrolle über dassystemkonforme Verhalten steht überallem. Die Strafen sind auchscientologisch: Wer Fehler macht, kann

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sich leicht in Abstellkammernwiederfinden und seine »Overts«aufschreiben oder zu niederen Arbeitenabgestellt werden. Je nach Einstufungdes »Fehlverhaltens« wie»Verwirrung«, »Feind«, »Verrat«,»Zweifel« könnenWiedergutmachungstaten auferlegtwerden:

- Dem Vorgesetzten wirddie scientologischeSchuld schriftlichdargelegt und diesererteilt - so es ihm gefällt- ebenfalls schriftlich dieAnnahme der»Wiedergutmachung«.

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Häufig werden dielinientreuen Kollegen undKolleginnen mitentscheiden, ob er odersie wieder im Teamwillkommen ist;

- Leitende Arbeitnehmerkönnen von heute aufmorgen in Abstellräumenzum Blättersortieren»verurteilt« werden;

- Zahlung von Strafgeldern;- Kaufen von Dianetik-

Büchern, die dann ananderen Stellen, z. B.zum Aufbau eines neuenDianetik-Zentrumsverschickt werden;

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- Darstellen derscientologischenVerfehlungen (»Overts«,d. Verf.), die dann vonden »ethischen«Scientologen sowie demzuständigen Ethik-Offizier schriftlich fürerledigt erklärt werdenkönnen;

- In kleinen RäumenWerbebriefe per Handfür Scientologyschreiben.

(Freie und Hansestadt Hamburg[Hrsg.]: »Bericht des Senatesder Freien und Hansestadt

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Hamburg«. Drucksache 15/4059,26.9.1995, S 14)

Wenn die Mitarbeiter respektiveSubunternehmer gut funktionieren,werden sie scientologisch belobigt, denndie Statistiken, in derScientologysprache Stat abgekürzt,müssen immer nach oben zeigen. Gelingtz.B. in einer Immobilienmaklerfirma vonWISE dieses, sieht eine derartigeBelobigung so aus:

Ihr habt wirklich den purposeder Firma toll verwirklicht,indem Ihr ausgerechtet zu RON’sGeburtstag ein highest ever fürdieses Jahr produziert habt, fürdie wichtigste Stat in der Firma,

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verkaufteWohnungen … Mitjeder Woche, die wir über20WE’s (Wohneinheiten,d.Verf.) verkaufen, kommen wirunserem Ziel, ein neues Org-Gebäude zu finanzieren, einenSchritt näher.

(Freie und Hansestadt Hamburg[Hrsg.]: »Mitteilung des Senatesan dieBürgerschaft der Freien undHansestadt Hamburg«.Drucksache 15/4059, 26.9.1995,S. 15)

Bei dieser Sachlage ist es auch nichtverwunderlich, dass die Einkünfte überImmobiliengeschäfte von scientologisch

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geführten Maklerbetrieben als eineEinkunftsquelle für Scientologybezeichnet werden. Eine diesbezüglicheÄußerung der damaligen CDU-Bürgerschaftsabgeordneten und heutigenBundestagsabgeordneten AntjeBlumenthal: »Grundstücks-, Häuser- undWohnungsdeals« gehören zu denHaupteinkunftsarten der Scientology-Sekte«, wurde in einem EinstweiligenVerfügungsverfahren vor demHanseatischen Oberlandesgericht alsrichtig bewertet, und die klagendenScientologen müssen sich seitdem dieseFinanzierungslage zurechnen lassen.

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Die Aktivitäten dieses zeitweisedurchaus lukrativen Marktes, vor allemdie Umwandlung von Miet- inEigentumswohnungen, führten und führenimmer wieder zu Auffälligkeiten. »WieScientology-Makler Hauskäufer übersOhr hauen«, titelte zum Beispiel DieWELT bereits 1995. Die Unterzeile derSchlagzeile sagt in Kürze das aus, wasimmer wieder zu Auseinandersetzungenauch vor Gerichten führte: »Mängelverschwiegen, Kunden überrumpelt«.Mieter in den umgewandeltenWohnungen berichten ebenso vonpenetrantem, ja bedrohlichem Verhaltender Mitarbeiter der Maklerfirmengegenüber den potentiellen Käufern, die

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häufig bei ihrem Traum, endlichEigentum zu besitzen, nicht selten etwaskaufen, ohne es zu sehen. Verträgeunterschreiben, am besten gleich beimNotar. Den Termin dort hat»freundlicherweise« der Maklerübernommen. Gedrängelt wird, häufigmit dem Argument, es gibt so vieleandere Interessenten, dass sich erst nachVertragsunterzeichnung herausstellt, dassvieles nicht stimmte, wasMaklermitarbeiter erzählt hatten. So sindhäufig die formalen Voraussetzungennoch nicht erfüllt, die Verkäufer undMakler drängen zum Kauf, danach wirddeutlich, dass der Verkäufer noch garnicht im Grundbuch eingetragen ist. DieWELT schildert die Vorgehensweise im

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Artikel so:

Auch das ist bezeichnend für dieArt der Scientologen, mit derUmwandlung von Immobiliendas schnelle Geld zu machen. Siezahlen nur einen Teil derKaufsumme an, vereinbareneinen langen Zahlungstermin undversuchen, sich in dieser Zeitdurch Verkauf möglichst vielerWohnungen Liquidität zuschaffen.

Der Druck, schnell zu verkaufen undMängel zu verschweigen, entsteht durchdas System, denn Belobigungen werden,wie gesehen, am Verkauf gemessen. Wasman verkauft, wie man verkauft, zählt

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nicht, die interne Statistik und dieErfolgsmeldungen an die Zentralen sindder Maßstab der Dinge. Mit den Folgenhaben sich die nichtscientologischenKäufer herumzuschlagen, und das kannteuer werden bei alten Immobilien, diesaniert oder mindestens renoviertwerden müssen. In der Zeitung liest sichdie wahrscheinliche Kostensteigerungfür die nun vielleicht schon nicht mehrso glücklichen Wohnungseigentümer so:

Wer sich auf ein derartigesAngebot einlässt, mussallerdings einen weit höherenfinanziellen Spielraum haben.Denn meist besteht einerheblicher Reparaturstau. In

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diesem Haus müssen sowohlFassaden, die Balkone und dasDach repariert werden. Fenster,Heizung und wahrscheinlich auchder Fahrstuhl werden inabsehbarer Zeit fällig. Schnelladdieren sich die Kosten vonmehreren hunderttausend Mark,die - geteilt durch zehnMitbesitzer - empfindlich wehtunkönnen.

(»Die WELT«, 30.6.1995»Wie Scientology-MaklerHauskäufer übers Ohr hauen«,von Paul Dietz)

Gelingt es Mietern, sich gegen dieDrängelei zu wehren oder wissen sie,

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dass die Kaufangebote für ihre eigeneWohnung mit all den bekannten Mängelnim Haus ein Topf ohne Boden werdenkönnen, haben sie es bei scientologischagierenden Maklern nicht leicht. Dennauch für diese gilt dann das Prinzip, dassHindernisse der Expansion, in diesemFall die Geldbeschaffung überWohnungsverkauf, beseitigt werdenmüssen. Diese »Begegnungen« könnendurchaus unangenehm und sehrlangwierig sein. Einzustellen hat mansich unter Umständen auf Prozesse, aufimmer neue Eigentümer der einzelnenWohnungen. Manchmal kann es sogarnötig werden, während der Gegenwehrdes Verkaufes der Wohnungen auch diePolizei um Hilfe zu bitten, zum Schutz

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der Mieter. So geschehen beim Verkaufeines stadtbekannten damaligenscientologischen Maklers Ende der 80erJahre in Hamburg.

Auch im Bereich der so genanntenFinanzdienstleister tummelt sich der eineoder andere Scientologe und WISE-Mitglied. Gerade in diesem Bereichscheint man sich der Lücken beiSteuergesetzen zu bedienen. »Fein,klassisch, kriminell« titelt eineösterreichische Zeitung Anfang 2007 undberichtet von einem Strafverfahren gegenein Unternehmen, dasFinanzmanagement-Dienste anbot. Diezuständige Staatsanwaltschaft machtgewerbsmäßigen schweren Betrug in

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Millionen-Euro-Höhe zum Vorwurf.Eigentlich bewegte sich die Firma wohlschon lange am Rande des Abgrunds.Einer der Verantwortlichen für diesesDesaster räumte dann auch Zahlungen andie Scientology-Organisation ein. Etwashilflos hat er wohl argumentiert, dassScientology ihm Hilfe versprochen habe,die er jedoch nicht erhalten habe.Nachdem die Ermittlungsbehördenzugeschlagen haben, wird es wohl nochschwieriger, von seinen Scientologen-Freunden Hilfe zu bekommen, denn inder Regel gilt, wer durch sein Verhaltender Organisation Schaden zufügt (undein Ermittlungsverfahren gegenScientologen ist so etwas) wirdfallengelassen. Denn die Argumentation

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der Organisation kommt in solchenFällen prompt: Scientology kann nichtsdafür, wenn einige Mitglieder Fehlermachen. Ob sich diese Menschenüberhaupt ohne Mitgliedschaft inderartige Situationen begeben hätten,diese Frage stellt zumindest im SystemScientology keiner, vielleicht aber derBetroffene.

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Ein Wog bekommt keinGeld

Geschäfte mit Scientologen zu machen,ist für nichtscientologischeGeschäftsleute nicht ohne Risiko. DerBegriff Wog (worthy oriental gentleman)gilt innerhalb der Organisation fürNichtscientologen und kann durchaus alsSchimpfwort aus dem englischenSprachgebrauch gewertet werden. EinWog wird anders behandelt als einMitglied der Organisation. Sicherlichwird in erster Linie darauf geachtet, obman für alle wirtschaftlichen Aktivitätenauch scientologisch geschultes Personal

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anheuern kann, damit die internenRichtlinien gelten und Schwierigkeitenintern behoben werden können. Fürbestimmte Anlässe erscheint es aberwohl sinnvoll, Wogs die Arbeit machenzu lassen. Zu beobachten ist diesesVorgehen häufig im Zusammenhang mitFreiberuflern wie Rechtsanwälten,Notaren, Steuerberatern oderArchitekten.

Mandanten oder Kunden, die miteinem Anliegen vorbeischauen, wirdman erst einmal nicht fragen, ob sie vonScientology geprägt sind und diesesSystem als Handlungsmaxime verstehen.Eine Schlagzeile in der BILD-Zeitung»Ja, ich diene der Sekte«, wie sie in den

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90er Jahren von einem scientologischenImmobilienmakler zu lesen war, ist indieser Klarheit eher selten.

Es scheint so, dass insbesonderedann, wenn für die GesamtorganisationAufträge zu erfüllen sind und man sichnicht sicher ist oder sogar davonausgeht, dass es bei offenem AuftretenProbleme mit der Umsetzung dergeplanten Maßnahme mit Behördengeben kann, gerne auf Nichtscientologen,also Wogs, zurückgegriffen wird. Sogeschehen zum Beispiel beim Ankaufeines Gebäudes für die Scientology-Zentrale in Hamburg Ende der 90erJahre. Das alte Domizil gehörte einemScientologen, der irgendwann trotz

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hoher Weihen im OT-Bereich von seinenscientologischen Freunden dievereinbarte Mietzahlung für das Objekthaben wollte. Er war sicherlich nichtbesonders drängelig, aber ein Hauskostet, und er war der Eigentümer. DieKontroversen mit seinen Mietern habenschließlich zum Ausstieg von ihm undseiner Frau aus Scientology geführt,denn auch einem OT verzeiht man nichtunbedingt, wenn er aufVertragseinhaltung drängt und sich nichtan die Spielregeln hält. Also ein neuesGebäude - möglichst repräsentativ -musste her.

Zu diesem Zweck wurde in Hamburgeine Firma gegründet, die Waterfront

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GmbH. Als Geschäftsführer firmiert zuBeginn ein US-amerikanischerRechtsanwalt aus Washington D.C. DieFirma wird ordentlich eingetragen, manresidiert quasi zur Untermiete in einerHamburger Steuerberaterpraxis - wiepraktisch - und Zweck der Firma ist es,Immobilien zu kaufen und zu vermieten.Eigentlich geht es nur um eineImmobilie, und der Mieter steht vonAnfang an fest, der Scientology-Vereinin Hamburg. Das Gebäude in der Nähedes Hamburger Rathauses, also nahe beider politischen Macht, ist gefunden. Manbedient sich dieses Mal nicht dereigenen Makler, sondern hat einen derrenommiertesten Makler Hamburgsgewonnen. Dieses macht durchaus

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Eindruck und erleichtert den Erwerb desGebäudes. Umbauten sind fällig, und esbraucht einen Architekten, der das alleserledigt. Wie sie auf ihn gekommen sind,weiß der Betroffene bis heute nichtgenau. Aber er ist der Richtige. Einfreundlicher, herzlicher ältererArchitekt, der zu Vertragsverhandlungenüber seine Aufgaben bei diesem Projektvon den US-amerikanischen Anwälten indas noble Vier-Jahreszeiten-Hotel inHamburg gebeten wird. Vielleicht hat ersich etwas zu sehr blenden lassen, vomvornehmen Hotel, von den nettenAnwälten, jedenfalls kommt man insGeschäft, die Firma Waterfront GmbHund das Architekturbüro.

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Wie es sich für einen ordentlichenArchitekten gehört, erledigt er dieAufgaben, auch als offenbar wird, dasser es plötzlich mit den Mietern desGebäudes zu tun hat, den Scientologen.Er hat ja einen Vertrag mit einer ausseiner Sicht neutralen Firma, mit demBesitzer des Gebäudes. Außerdemberichtet er später, dass die Menschenvon Scientology doch alle nett waren,ihn fragten, wenn es Schwierigkeitengab, und außerdem will er natürlich denVertrag erfüllen. Er verhandelt mit denzuständigen Behörden, gibt auchbautechnische Ratschläge, damit es nichtzu Problemen kommen kann.Wahrscheinlich dank seiner Hilfe sind

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die Maßnahmen genehmigt worden.Dann aber, nach Ende der Arbeit undnach Rechnungsstellung, kommt für ihndie Überraschung. Mit der Bezahlungfunktioniert es nicht wie gewünscht underwartet. »Scientology-Haus: Architektklagt an« titelt das HamburgerAbendblatt am 20. Januar 2005. In derGeschichte wird sein Problemgeschildert: »Ich bin ein Scientology-Opfer, obwohl ich dieser Vereinigungnie beigetreten bin«, wird er zitiert undweiter geht es im Text der Zeitung: »DieFirma Waterfront GmbH, Eigentümerindes Gebäudes in der Domstraße, in derdie Hamburger Scientology-Zweigstelleresidiert, schulde ihm noch rund 100.000Euro. Seit dem Jahr 2002, so der

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Architekt, versuche er an sein Geld zukommen. Doch die Firma Waterfront seieinfach nicht zu fassen.« Auch die nettenScientologen konnten ihm wohl nichthelfen, denn, so weiter im Bericht derZeitung: »Alle Versuche, überScientology einen Adressaten für seineRechnungen zu bekommen, wurden, soder Architekt, abgewiesen. Scientologysei zwar wieder einmal freundlichgewesen, »doch mein Geld habe ichimmer noch nicht.« Fast schonverzweifelt zu nennen seineabschließende Äußerung zur Zeitung:»Ich ruiniere meine Gesundheit, bingezwungen, immer weiter zu warten, umdie Außenstände kompensieren zu

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können.« Inzwischen ist klar und auch inden Hamburger Medien zu lesen, dasshinter der Waterfront GmbHScientologen aus den USA stecken. Obdie Anwaltskanzlei aus der US-amerikanischen Hauptstadt auch dazugehört, ist dabei unerheblich, inzwischenist der Geschäftsführer einamerikanischer Scientologe ausKalifornien, und es wird versucht, denSitz der Firma nach Baden-Württembergzu verlegen, denn dort sitzt einescientologische Steuerberaterin, die nunfür die Firma tätig wird. Auch dieseKenntnisse, wer nun für seineVertragsfirma in Deutschlandverantwortlich zeichnet, bringen denArchitekten nicht weiter. Die

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Schlussrechnung wird angezweifelt. DieFirma Waterfront hat gegen einen vomArchitekten erwirkten MahnbescheidWiderspruch erhoben. OhneGerichtsverfahren wird er wohl nicht ansein Geld kommen. Ob man sichzielgerichtet ein kleines Architekturbüroausgesucht hat, das auf Aufträgeangewiesen ist und vielleicht nicht soliquide ist, um langwierige Prozesse zuführen, muss dahingestellt bleiben. Dochdarüber denkt nicht nur der betroffeneArchitekt nach.

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Kein Schulabschluss -macht nichts

Eine scientologische Erziehung bedeutetim Regelfall, dass auch die Schulbildungden Hubbard’schen Regeln entspricht.Halten sich die scientologischfunktionierenden Eltern an alle dieseRichtlinien, wird das Kind, wenn irgendmöglich, in einer der Schulen einen»Abschluss« machen.

Da bietet sich zum Beispiel das vonScientology eingerichtete Internat inDänemark an, das die scientologischenKinder dann sogar mit einemAbschlusszeugnis mit dem Hinweis,

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dass dieses der Mittleren Reife inDeutschland gleichzusetzen ist, entlässt.Ob dieses Internat von deutschenBehörden zum Abschluss einesanerkannten Schulzeugnisses berechtigtist, wird nicht hinterfragt. Warum auch,die Organisation ist ja die beste undfürsorglichste der Welt. Außerdem wirdes auch keine Probleme geben, denninnerhalb des Systems Scientology hatdieses Zeugnis durchaus Gewicht, wennes überhaupt darauf ankommt. Denn fürdie Heranwachsenden in derOrganisation ist die Auswahl, was sietun möchten, meistens schon klar. Dasscientologische Denkgebäude tiefverinnerlicht, kommt für sie nur inFrage, in irgendeinem Teil der

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Gesamtorganisation mitzuarbeiten. Daskann eine Aufgabe in denverschiedensten Bereichen sein, in einerWISE-Firma, direkt in den Orgs(Vereine, »Kirchen«) oder, bei wohl denmeisten besonders erstrebenswert, in derEliteeinheit der Organisation, der Sea-Org.

Das Erwachen wird dann kommen,sollte ein in der scientologischen Weltaufgewachsener Mensch dieOrganisation verlassen. Spätestens dannwird er oder sie mit der mangelndenBildung der Organisation im wahrstenSinne des Wortes konfrontiert. Abersolange man sich im System bewegt,wird man das Gefühl haben, eine

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Schulbildung genossen zu haben. Denscientologischen Eltern gibt es dieMöglichkeit, bei eventuellenDiskussionen im nichtscientologischenFamilienverband darauf hinzuweisen,dass selbstverständlich in den Schulender Scientology Zeugnisse ausgestelltwerden, und sie werden davon überzeugtsein, dass diese auch etwas wert sind.

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Aufwachsen in derParallelwelt Scientology

Die Anfangsschritte zur Verbesserungdes Individuums sind in der Kinder-Dianetik und der Erziehungs-Dianetikenthalten. Die Gerichts-Dianetik, diepolitische Dianetik und die MilitärDianetik werden an anderer Stelleberührt oder zur weiteren Untersuchung

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aufgeteilt.

(Hubbard, L. Ron: »Dianetik. Diemoderne Wissenschaft der geistigenGesundheit«. Kopenhagen, 1984, S. 13)

In seltener Deutlichkeit unterstreicht derGründer der Scientology-Organisationschon am Anfang seines BuchesDianetik, welche Bedeutung für ihn, unddamit für die Organisation, Kinder undderen Erziehung haben. Der Nachwuchsfür die kreierte ParallelweltScientology.

Die »Sorge« um den Nachwuchs beginnt

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bereits vor der Geburt. SchwangereScientologinnen mit der verinnerlichtenIdeologie im Kopf haben es mit denVerhaltsanregungen für einenscientologischen Sprössling zu tun. DerBereich der so genannten »ZweitenDynamik« erläutert, wie mitschwangeren Frauen umzugehen ist:

Schwangere Frauen solltenbesondere Aufmerksamkeit durchden Dianetik-Auditor erhalten.Das richtige Auditing beischwangeren Frauen besteht ausDianetik und vorbereitendemAuditing für die Geburt.

Von Anfang an wird der Start in diescientologische Welt begleitet. Mutter

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und heranwachsendes Kind werden denMethoden ausgesetzt. Wie die»Behandlung« der Mutter auszusehenhat, ist auch vorgegeben:

Jeder PTS-Zustand solltebehandelt werden. Engrammefrüherer Geburten und dereigenen Geburt der Frau solltenals Engrammketten gelöschtwerden. Auch schlechteKrankenhauserfahrungen solltenbehandelt werden … Die Geburtsollte still erfolgen.

Die werdende Mutter hängt also amHubbard-E-Meter, die Störfaktorensollen gelöscht werden, arme Frau. DieGeburt still. Kein Stöhnen, keine

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Bekundungen von Schmerzen. DasGebären eines kleinen Scientologen istgeprägt von der Ideologie des Systems.Denn die Frau bekommt nicht einfach einKind, sie gebärt einen Thetan bzw. denKörper, den sich der Thetan einesverstorbenen Scientologen aussucht. DieAufgabe besteht anscheinend vor allemdarin, dieses Geistwesen so unbelastetwie möglich im scientologischen Sinnedas Licht der Welt erblicken zu lassen.Das Licht einer Welt, in der nachHubbard’scher Logik ein Kampf auf dasKind wartet. Der Kampf der Befreiungder Erde und des Universums. Er beginntfrüh, anscheinend schon im Mutterleib.

In den ersten Jahren der Verbreitung

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von Dianetik und damit von Scientologyin Deutschland warb die Organisationmit den Verhaltensmustern während derSchwangerschaft. Ob und eventuell wieviele verunsicherte Schwangere sichdamals von folgendem Text angezogengefühlt haben, ist nicht bekannt, aber dieBotschaft ist deutlich, es kann angehen,dass du Schwangere während deinerSchwangerschaft Fehler machst.Hubbard hat die Lösung. »Mami, warumhast du mir nicht geholfen, als ich neunMonate in deinem Bauch war?«, so dieÜberschrift der Anzeige, darunter einkleines weinendes Mädchen. Die Lösungfür erschrockene Mütter wird klarangeboten:

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L. Ron Hubbard, der Erforscherdieser revolutionärenEntdeckung, beschreibt in seinemBuch »DIANETIK« nicht nur,wie Sie sich während derSchwangerschaft verhaltensollten, sondern gibt Ihnen auchdas Wissen, Ihr Kind wirklich zuverstehen und glücklich zuerziehen.

(Anzeige abgebildet in: Haack,Friedrich-Wilhelm:»Scientology.Magie des 20. Jahrhunderts«.München, 1991, S. 366)

Wer von dieser Werbebotschaftbeeindruckt war und sich in die Hände

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der Organisation begab, wird sich wohlmit den weiteren Schritten zur Ernährungdes Neugeborenen konfrontiert gesehenhaben. Denn Muttermilch gehört nichtzur bevorzugten Ernährung, so L. RonHubbard. Immerhin, auch wenn einbestimmter Zeitplan bei derBabyernährung erwünscht ist, darf auchmal davon abgewichen werden:

Obwohl Sie zwar versuchen, dasBaby nach einem Zeitplan zuernähren, wäre es dumm vonIhnen, es nicht zu füttern, wennes hungrig ist.

(Hubbard, L. Ron: »DasHandbuch für denEhrenamtlichen Geistlichen«.

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Kopenhagen, 1983, S. 457)

Die Erklärungen, warum ein Babyschreit, lesen sich bei Herrn Hubbardauch eher abstrus:

Ein Baby, das eine volleMahlzeit getrunken hat, schläftgewöhnlich sowieso mehrereStunden lang.Wenn es das nichttut, gibt es immer einenGrund,wie z. B. eine Nadel oderein Stückchen Kohle im Bett,nasse Windeln (immerhin dasauch, die Verf.) irgendetwas …Aber der Hauptgrund, warum einBaby nicht gedeiht, liegt inunzureichenden Mahlzeiten. Undum das zu beheben, ist hier das

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Rezept für die Kost: Rezept fürBabykost, 442 ml (= ccm3)Gerstenwasser, 295 mlPasteurisierte Milch, 88 mlWeißer Sirup (Mais-Sirup, z. B.Karo Sirup).

Sie füttern das Baby nicht mitder Gerste selbst, nur mit demWasser, gemäß obenangegebener Mischung. WennSie nicht wissen, was Sie mit derGerste machen sollen, essen Siesie selbst. Mit Zucker und Sahneschmeckt sie recht gut.

(Hubbard, L. Ron: »DasHandbuch für den

Ehrenamtlichen Geistlichen«.

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Kopenhagen, 1983, S. 457f.)

Gerstenwasser statt Muttermilch, denndiese könnte ja noch von mütterlichemVerhalten belastet sein. Auf denWiderspruch soll hier nicht weitereingegangen werden; wenn die Mütterseit der Schwangerschaft sich inAuditorenhände begeben haben, kann esja nach der Theorie eigentlich keineBelastungen mehr geben. Aber wer weißschon im Hubbard’schen Universum, obnicht doch Ausrutscher passieren, sicherist also sicher und wahrscheinlichdeshalb die Aussage zur Muttermilch:

Das Baby zu stillen, hatvielleicht einen nostalgischenHintergrund, besonders für einen

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an Freud orientierten Arzt, aberauch die Muttermilch istgewöhnlich eine armseligeRation … Vielleicht ist es dasTempo unserer Zeit oder dieRasse, aber es gibt nur wenigemoderne Mütter, die einer ArtMilchkuh gleichkommen.

(L. Ron Hubbard, Handbuch fürden ehrenamtlichen Geistlichen,New Era Publications, 1983, S.

455)

Der Vergleich mit einer Milchkuh isthinsichtlich des Frauenbildes vonHubbard eher noch harmlos.Anscheinend ist die Möglichkeit vonFrauen, Kinder zu bekommen, noch eine

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der herausragenden Eigenschaften desweiblichen Geschlechts. Dennüberliefert von ihm als Aussage zuFrauen ist folgender Satz, der denStellenwert dokumentiert:

Es bereitet mirkein Missfallen zuhören, dass eineJungefrauvergewaltigtwurde.... Es ist dasLos der Frauen,dass man mit ihnenherumhurt bzw.Unzucht treibt.

(Caberta, Ursula;Träger, Gunther:»Scientology greift an«. Düsseldorf,

1997, S. 265)

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Das scientologische Leben beginnt alsobereits vor der Geburt. Was folgt, hateine Aussteigerin aus den USA sehrkurz, aber aussagekräftig beschrieben:»Mütter, die ihre Kinder in derScientology-Kirche erzogen haben undsich lösten, haben schrecklicheSchuldgefühle, was ihre Kinderdurchmachen mussten«, sagte sie der»New York Post«. Harte körperlicheArbeit, manchmal 40 bis 60 Stunden proWoche. Eltern werden von der Sekteangehalten, ihre Kinder nicht zu tröstenoder zu füttern. Denn laut Sektenlehresind Kinder kleine Erwachsene, die fürsich selbst sorgen können. AuchArzneien gelten als verpönt. Bei Fieber

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werde das Kind angehalten, einenGegenstand in die Hand zu nehmen undstillzuhalten. »Ich habe es mit meinemKind versucht. Natürlich hat es nichtgeklappt.« (Teresa Summers, zitiert in:http://www.ingo-heinemann.de/Scientology-Kinder.htm)

Das Buch Kinder-Dianetik für diescientologische Erziehung enthält dieGrundlagen für scientologische Eltern.Immer und immer wieder wird aus derSchrift deutlich, dass die ElternHilfestellungen zu geben haben, aberimmer nach dem Prinzip, eigentlich habtihr kein Kind vor euch, sondern einenThetan im kleinen Körper. Diesen gilt esheranwachsen zu lassen. Der Ideologie

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folgend ist dann auch schlüssig, dass dieEntwicklung eines Kindes, dessenPhantasie, Kreativität und die sichdaraus vielleicht entwickelnden eigenenBilder als störend eingestuft werden.Denn eines muss demErziehungspersonal wohl von Anfang ansehr deutlich gemacht werden, dasPrinzip Scientology und das Leben imSystem sind das Maß aller Dinge, eineAbweichen davon kann als krankhaftgewertet werden, und dieses beginnt beiden Kindern: So findet Hubbard es»nicht überraschend, dass KinderÄhnlichkeit mit Psychotikern undSchizophrenen zu haben scheinen«. DasKind habe »eine blühende Phantasie,und als Ergebnis davon wirkt es in

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einigen seiner Phantasie-Schöpfungenwie ein Psychotiker.« (Caberta, Ursula;Träger, Gunther: »Scientology greiftan«. Düsseldorf, 1997, S. 265) Dasimmer wiederkehrende Muster, wer imDenken und Handeln abweicht, kann alspsychisch krank angesehen werden. Eineder schlimmsten »Diagnosen« für einMitglied der Organisation.

Um den Werdegang desscientologischen Nachwuchses, wennirgend möglich, nicht durch Störungender Außenwelt zu gefährden, ist dasBetreuungsangebot für diescientologischen Eltern von derSchwangerenbetreuung bis zumHubbard’schen Bildungssystem und

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wahrscheinlich dem Traum vieleraktiver Eltern, der Eliteeinheit, die Sea-Org, durchorganisiert.

Das Angebot, mit Ausnahme der Sea-Org-Erziehung, wird allerdings auchgenutzt, in die nichtscientologische Weltzu verkünden, dass einzig und allein L.Ron Hubbard die Lehre erforscht hat,die zur Freiheit im Leben führt.

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»Happy Kids«?

Ich war entsetzt. In einem halbdunklenSouterrain hatte man die Kinderabgeladen, kein auch nur halbwegsvernünftiges Spielzeug war für sie da,überall lag Dreck herum, die Teppichewaren abgewetzt, außerdem schienensich die Betreuer nicht sonderlich umdas Wohl der Kinder zu kümmern.

(Caberta, Ursula;Träger, Gunther:»Scientology greift an«.Düsseldorf, 1997, S. 145)

Die Aussage eines ehemaligenScientologen über den in Hamburg vonder Organisation eingerichteten

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Kindergarten für die Mitarbeiter/innender so genannten Kirche.Kinderbetreuung nach Art vonScientology. Die scientologischeEhefrau war schwanger, und soinformierte man sich schon einmal überdie Betreuungsangebote für den kleinenThetan, der das Licht derscientologischen Welt erblicken sollte.Die Entscheidung dieses damalsscientologischen Ehepaares war klar: Indiese Betreuungseinrichtung würden sieihr Kind nicht geben. Dieser Einblickhatte für die Organisation auch nochandere Folgen. Gab doch diePerspektive für das noch ungeboreneKind mit den Ausschlag, endgültig mitder Organisation zu brechen. Diese

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Einsicht, sich für das Wohlergehen desKindes und gegen die Organisation zuentscheiden, ist im scientologischenAlltag selten.

Welche Rolle die Erziehung für seinSystem spielt, legte Hubbard bereits frühdar. In einer Veröffentlichung derHubbard Association of Scientologists,Inc. aus dem April 1953 mit derÜberschrift »Child Scientology« ist dererste Satz bereits unmissverständlich:Save the child and you save the nation(Rette das Kind und du rettest dieNation). Danach folgt bereits im erstenAbsatz die Zielvorgabe: »If, in the

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course of the next fifteen years,Scientologists were to specialize in theGroup Processing of children, it mightwell follow that all of the goals ofScientology would thereby be realized.«(Wenn in den nächsten 15 Jahren sichauf die Kinder konzentriert wird,werden die Ziele der Scientologyerreicht werden können.) Die Sicherungdes Systems durch die Heranbildung vonNachwuchs. Keine neue Idee, eineIdeologie zu sichern. Wo diese Kinderzu finden sind, ist 1953 - auf die USA -bezogen von Hubbard auch schonangegeben: in Schulen, Krankenhäusern,in Jungen- und Mädchenorganisationen.Hubbard nennt dann explizit beispielhaftboy scouts oder die YMCA’s (Young

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Men’s Christian Associations) undnatürlich die Sonntagsschulen.

1953 beginnt damit das Programm derErziehung und Rekrutierung vonKindern. Dieses bedeutet für dieallermeisten der Kinder mitscientologischen Eltern, dass sie vonAnfang an den internen Regelnunterworfen sind. Im Jahr 1992 erfährtein in die Organisation»hineingeborener«, inzwischenerwachsener Mann diese Situation so:

Weil seine Mutter in der Sekteführend tätig war (und ist), sei erlangsam hineingewachsen, habe

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als Zehnjähriger seinen erstenKursus gemacht und natürlich garnicht erfasst, worum es ging. Fürihn sei das »ganz natürlich«gewesen... Vor allem inständigem Kontakt mit anderenScientologen sei ihm dieIdeologie nahegebracht worden:»Dass nur Scientology denPlaneten retten kann und dassder, der nicht dieser Ansicht ist,etwas Schlechtes tut«.

(»Hamburger Abendblatt«.25.7.1992, S. 14)

Kinder sind also für das System und zurErreichung der Ziele wichtig,andererseits sind die für das System in

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verschiedenen Bereichen tätigen Elternauch ihrem eigenen Weg und derExpansion verpflichtet. Die Einrichtungvon eigenen Kindergärten gehört zumSystem. Der Verein Happy Kids e.V. inHamburg und auch die so genannteNursery machten Schlagzeilen. Dieseoffenbaren, dass die Kinder der für dieScientology Tätigen in der Arbeitszeitabgegeben werden. In den Einrichtungenmit scientologischer Betreuung, diegelinde gesagt, keinem Maßstab einernichtscientologischen Kinderbetreuungstandhält.

Den auslösenden Faktor, mitten inHamburg den Umgang mit denscientologischen Kindern zu erkennen,

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gaben die immer wiederkehrendenHinweise ehemaliger Mitglieder oderUnterlagen, die Journalisten erreichtenund zur Recherche anregten.

Für »250 Mark per Kind« bietet dieScientology-Mission Bremen ein»Kinder-Kommunikations-Seminar«plus Bilderbuch nach den Lehren vonSekten-Guru Hubbard an: »Sie werdenerstaunt sein über die Resultate.« Diesesberichtet die Hamburger Morgenpost am24.7.1992. Die Zeitung beruft sich aufeinen Insider und formuliert weiter:

Während Eltern ihrenkostspieligen Auditing-Kursen inder Scientology-Zentralenachgingen, würden die 14-20

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Sprösslinge nach den Sekten-Gesetzen »gedrillt«, erfahrenwir.Abends würden die Kids perKleinbus auf zwei Wohnungenverteilt, eine befinde sich naheam Steindamm (Standort derdamaligen Scientology-Zentralein Hamburg, d.Verf.). Dort holtendann die Scientologen ihreübermüdeten Youngster ab - dieletzten würden gegen zwei Uhrmorgens aus dem Schlafgerissen:»Die Kinder habennichts von ihren Eltern. Siewirken abwesend.«

Der genannte Drill, dem Kinderausgesetzt sind, besteht ab einem

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bestimmten Lebensalter, Hubbardempfiehlt ab dem vierten Lebensjahr das»Auditing«. Selbst, wenn ein Elternteilmitbekommt, dass sein Kind bei diesenSitzungen Schwierigkeiten hat, kann esnicht eingreifen. Weinen und Schreienwährend der Sitzungen führen zuAussagen an die Eltern, die sich trotzscientologischen Denkens sorgen.Beispiel: »Du gefährdest dein Kind, esmuss den Zyklus abschließen.« Mutteroder Vater gehorchen, scientologisch istdie Welt in Ordnung. Ein Erziehungsdrillohne Widerspruch. Nicht nur das, diescientologischen Eltern verschließenauch die Augen, wenn sie ihre Kinderabholen, vielleicht selbst totalübermüdet. Wie könnten sie sonst

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übersehen, dass die Räume, in denenihre Kinder untergebracht wurden, völligverdreckt sind? In der offiziellenStellungnahme der Behörde, die zurSchließung der nicht genehmigtenKindereinrichtung führte, liest sich derZustand der Wohnung so:

Ein ca. 20 bis 25 qm großerRaum, der als Küche undWohnund Aufenthaltsraumgenutzt wird. Die Küche enthielteine Küchenzeile sowie Tischund Stühle für Erwachsene, imAufenthaltsraum lagen zweiMatratzen auf dem Boden, ineinem Regal befanden sichWindelpackungen und andere

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Utensilien, eine Stereoanlage.Auf einem Balkon lagen zwei bisdrei Spielzeugteile inzentimeterhohem Regenwasser…

Alle Räume undEinrichtungsgegenstände machteneinen schmutzigen,unordentlichen,heruntergekommenen Eindruck.Die Betten waren überwiegendmit schmutziger oder gar keinerBettwäsche bezogen. DerTeppichboden wirkteunhygienisch und war bedecktmit Flecken. Spielmaterialienoder kindgemäße Herrichtung

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der Räume waren nichtvorhanden.

In diesem Fall konnte zumindest hier die»Betreuungseinrichtung« geschlossenwerden. Allerdings ist dieses immer nurdann möglich, wenn Menschen sichlösen und präzise Angaben machenkönnen. Es spricht vieles dafür, dassweltweit die armen kleinen »HappyKids« in ähnlichen Zuständen leben undaufwachsen.

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Das scientologischeBildungsangebot

»Gehe nie über ein unverstandenes Worthinweg.« Mit dieser Mahnung beginntjedes Buch, jedes Kursmaterial von L.Ron Hubbard. »Unverstandene Wörter«,die Bedeutung für das SystemScientology ist immanent. Hubbard hateine Binnensprache entwickelt. Eine zuerlernende Fremdsprache für sein Reich.Ein nicht zu unterschätzender Baustein,sollen die Ziele erreicht werden.Scientologisch erlernen heißtWortklären, heißt, in Büchern undKursen immer wieder Begriffe zu

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definieren, um dann mit dem Erlernender Sprache ansprechbar zu sein und zuverinnerlichen lernen, welcher Weg dereinzig wahre ist, dem Ziel der Ideologieden Durchbruch zu ermöglichen. Nichtlinks schauen, nicht rechts schauen,keine Ablenkung ist zulässig. Lernen unddanach handeln, das ist die Devise. Wiezentral eine Binnensprache in alsfundamentalistisch zu klassifizierendenGruppen ist, wird deutlich, wenn mansich die Kriterien zur Zuordnung vonGruppen zum Fundamentalismusveranschaulicht.

Zu den wichtigsten MerkmalenfundamentalistischerBewegungen gehört die

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sprachlich vermittelte, nachinnen zusammenschließende undnach außen Distanz herstellendeund ausgrenzende Doktrin...EigeneWortschöpfungen,Umdeutungen vorhandenerBegriffe und Sprachfigurengewinnen eine große Bedeutung,weil sie suggestive Kräftefreisetzen und eine eigene, derNachprüfung und der Erfahrungunzugängliche Lebensweltentfalten, die Hannah Arendt alsjene »Narrenhölle« beschriebenhat, in der den Menschen »jeneRuhe niemals vergönnt ist, in dersie allein der Wirklichkeit einererfahrbaren Welt begegnen

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können«.

(Arendt, Hannah: Elemente undUrsprünge totaler Herrschaft,Frankfurt/ Main,1955, S. 159.;

Jaschke, Hans-Gerd:»Fundamentalismus in

Deutschland. Gottesreiter undpolitische Extremisten bedrohen

die Gesellschaft«. Hamburg,1998, S. 246)

Dieses Merkmal einesfundamentalistischen Systems findet sichin der Welt der Scientology von Beginnan. Vom ersten Kurs an werden Begriffeumdefiniert und Wortschöpfungen vonHubbard erlernt.

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Die Sprache der SC suggeriertnach innen, an die eigeneAnhängerschaft gerichtet, dieExaktheit angeblichwissenschaftlicher Verfahren …Nach außen hin gewinnt dieSprache von SC eine politischeund demagogische Qualität.

(Jaschke, Hans-Gerd:»Fundamentalismus in

Deutschland. Gottesreiter undpolitische Extremisten bedrohen

die Gesellschaft«. Hamburg,1998, S. 251)

Die Berichte von ehemaligenScientologen zu diesen Übungen sindvielfältig, egal auf welcher Stufe der-

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oder diejenige vor dem Ausstieg war.Da alles vom ersten Moment an daraufausgerichtet ist, die Binnensprache zuerlernen, haben alle auch Erfahrungenmit den Drills. Allerdings, eingebundenin das System, bekommen sie nicht zulesen, welche Bedeutung nach Gutachtendiese Übungen auf sie selbst haben.

Hinsichtlich der»Trainingsroutinen« und»Drills« wird in dem Gutachtender Konditionierung festgestelltund folgendes Resümee gezogen:»Es ist klar, dass der PC (Pre-clear, d. Verf.) auf diese Weisekonditioniert wird, willig alleszu übernehmen, auch spätere

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Anweisungen kritiklosauszuführen … Er soll zumgläsernen Menschen werden, derdem System bedingungslos dient.Jede echte Psychotherapie hatdemgegenüber das Ziel, dieAutonomie des Patienten zustärken, ihm zu größerer innererSelbstständigkeit und auch zuAblösung vom Therapeuten zuverhelfen. In Scientology undDianetik wird ganz bewusst dasGegenteil angestrebt mit demZiel der Machtausübung.

(Landesamt fürVerfassungsschutz Baden-Württemberg [Hrsg.]: »Die

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Scientology-Organisation [SO]«.Stuttgart, 2003, S. 19)

Für alle gilt dasselbe Programm unddamit auch für die Kinder. Einer derersten Kurse ist derKommunikationskurs (scientologischeAbkürzung: der Kom-Kurs). Denngelungene Kommunikation kann nurgelingen, wenn alle die Sprachebeherrschen.

Der Kom-Kurs war für mich dieEinstiegsdroge in Scientology.Die erste Übung im Kom-Kursbestand darin, meinengegenübersitzenden Partner eineStunde lang mit den Augen zufixieren, für mich eine

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schreckliche Tortur. In eineranderen Übung musste man denPartner, der überhaupt nichtredet, zum Reden bringen. Manmusste so lange den anderen miteiner Frage quälen, bis dieserschließlich mürbe war und dassagte, was der Fragende wissenwollte. Einige Übungen mussteich mit einem elf- biszwölfjährigen (!) Jungen machen,der während dieserunmenschlichen Übungen kurzvorm Weinen war.

(Schneider, Karl-H.: »Derkosten-, aber nicht folgenloseScientology-Test«. München,

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1991. Zitiert in:http://www.ingo-

heinemann.de/Scientology-Kinder.htm)

Der Kommunikationskurs mit seinen sogenannten Trainings-Routinen (TRs) undanderen am Beginn einer Scientology-Laufbahn stehenden Übungen sind auchVorbereitung auf das so genannteAuditing, das als Baustein zum Systemgehört und das natürlich auch bereits mitKindern praktiziert wird.

Nur, wer sich das Erlernen derBinnensprache und die Struktur desKursaufbaues in der Organisationverdeutlicht und versteht, welcheBedeutung dieses für das Funktionieren

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des Gesamtsystems hat, versteht dieEinlassungen in den Schriften derScientology und deutet sie entsprechend.Und wegen der Bedeutung gibt es vonHubbard in den unterschiedlichstenWerken immer wieder das Hervorhebenvon Lernprozessen und der Lenkungdurch das Lernen auf das Leben im Hierund Jetzt.

Die Vorstellungskraft unterKontrolle zu bringen, ist fürjeden Lernprozess entscheidend.Das Kleinkind und dasheranwachsende Kind sindeigenartigerweise dafür anfällig,ihre Vorstellungskraft in einersolchen Weise zu benutzen, dass

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sie von ihrer Vorstellungskraftbenutzt werden … DieVorstellungskraft zukontrollieren und zudisziplinieren sowie für denkünstlerischen und praktischenNutzen des Individuumsanzuwenden,wäre das höchsteZiel eines Ausbildungsprozesses.

(Hubbard, L. Ron: »DasHandbuch für den

Ehrenamtlichen Geistlichen«.Kopenhagen, 1983, S. 479f.)

Auf dieser Basis ist das»Bildungsangebot« von Scientologyaufgebaut. Dieses gilt für die Anhängerals »Naturgesetz«, nach außen wird

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dieses als alternatives Lernangebotverkauft. Klar, dass für die Außenweltnicht die Zielsetzung im Vordergrundsteht, dass das Mehren des Scientology-Volkes angestrebt ist. Nach außen stelltes sich, als Lebenshilfe beiLernschwäche oder auch nur alsNachhilfe für gestresste Schüler dar und,wenn nötig, auch für Eltern und Lehrer.Keine Rede davon, dass das Ziel dieAufgabe eigener Vorstellungen zur Sichtder Welt und des Lebens ist und es diesezu kontrollieren und zu disziplinierengilt.

Eine der ersten auch nach außen in diereale pädagogische deutschsprachigeWelt auftretende Organisation war das

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Zentrum für individuelles und effektivesLernen, abgekürzt ZIEL. Ein»Lernhilfeprogramm«, das in derWerbebotschaft nach Scientology-Muster zwar auf den Gründer hinweist,aber von den eigentlichen Ansprüchennichts sagt.

Die ZIEL-Organisationen sindeigenständigeVereinigungen,deren Programme auf der Basisvon L. Ron HubbardsStudiertechnologie aufbauen,welche in den 60er Jahren imRahmen einesAusbildungsprogramms von ihmin England entwickelt wurde.

(Haack, Friedrich-Wilhelm:

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»Scientology. Magie des 20.Jahrhunderts«. München, 1991, S

104)

In den Angeboten - es kann ja gar nichtanders sein - wird auf das Verstehen vonWörtern der größte Wert gelegt. Dieinterne Sprachschulung wendet sich nachaußen, an Schulkinder und wenn möglichauch an Pädagogen. Die Anbindung andas Gesamtsystem bei ZIEL wurde inder Verleihung eines Diploms am Endedes Kurses deutlich. Genau wie dieKursabschlüsse in den so genanntenKirchen wird auch hier ein Abschluss,der keiner ist, in Papierform überreicht.

Du wirst ein Zertifikatbekommen, das ein Jahr lang

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gültig ist. Wenn du nach einemJahr immer noch anwendest, wasdu in diesem Büchlein (zum Kursbei ZIEL gehörte natürlich auchdie entsprechende Lektüre,d.Verf.) gelernt hast, wirst du einneues Zertifikat bekommen.

(Haack, Friedrich-Wilhelm:»Scientology. Magie des 20.

Jahrhunderts«. München, 1991, S106)

Weitere Anwendung derStudiertechnologie nach Hubbard, alsonur wer weitermacht, wird erneutbelobigt. So führt man Menschen in dasSystem. Mit jeder weiteren Anwendungund damit dem Verinnerlichen der

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Wortschöpfungen und Definitionen wirdfür das System Scientologyherangezüchtet. Die Abteilungen vonZIEL standen früh in der Kritik.Vielleicht ist die zu offensichtlicherkennbare Zielrichtung der Anwerbungin den Schriften deutlich geworden, daZIEL nicht mehr in der Form massivauftritt wie noch in den frühen Jahrender Aufbauphase der Organisation imdeutschsprachigen Raum. Diesesbedeutet allerdings nicht, dass sich anden Angeboten und Werbemethoden fürdas Hubbard’sche Lernprogramm etwasgeändert hat, man tritt nur anders auf.

Applied Scolastics ist dieOrganisationseinheit, unter der die

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»Bildungsangebote« der Organisationlaufen. Für die Offerten an dieAußenwelt zuständig, wie auch für dieEinrichtung von eigenen Schulen für denNachwuchs. Es ist konsequent undlogisch, dass von der Schwangerschaftan bis zum scientologischen Berufslebendie Laufbahn der Kids organisiert wird.Aus Beratungen von Familien mitscientologischem Teil oder vonehemaligen Mitgliedern ist bekanntgeworden, dass viele der Eltern imSystem nicht immer gleich auf daseigene Schulsystem setzen, zumindest inDeutschland. Das mag vor allem daranliegen, dass es der Organisation bisherin der Bundesrepublik nicht gelungen ist,eine Schule nach den Richtlinien von

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Hubbard gründen zu können. Diesesgelang allerdings in anderen Ländern.Wohl vor allem in den USA gibt esdiverse Berichte, dass sich diescientologischen Eltern auch des»Schulangebotes« der Organisationbedienen.

Das Scheitern der Versuche inDeutschland, Privatschulen zu gründen,hat von Seiten der Organisation dazugeführt, dass in der Propaganda nachinnen und nach außen verkündet wurde,dieses hat an der Diskriminierung derOrganisation in Deutschland gelegenbzw. dem intoleranten Widerstand inDeutschland. Allerdings hattenVersuche, zum Beispiel im so genannten

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Speckgürtel von Hamburg ein eigenesInternat zu gründen, in dem auserkorenenOrt zu Protesten geführt. Allerdings hatdie damalige schleswig-holsteinischeLandesregierung die Anträge einersolchen Schule geprüft, wie es beiPrivatschulen üblich ist. Diescientologischen Antragsteller hattenaber wohl die Voraussetzungen nichterfüllt. Das Scheitern in Deutschlandmachte ein Ausweichen in dieNachbarländer nötig, denn das Angebotzur schulischen Ausbildung der Kindergehört zum Konzept.

Applied Scolastics ist unter dem Dachder Association for Better Living andEducation (ABLE) aktiv. Die Einheit

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ABLE als Dach für propagiertesbesseres Leben und Lernen hat einehöhere Aufgabe. Applied Scolastics mitden unterschiedlichen Aktivitäten dientdem ABLE zugeschriebenen Endziel.Dieses Endziel wird in der Propagandawie folgt beschrieben:

Die höhere Mission von ABLEist, den Niedergang unsererZivilisation aufzuhalten und ineinen Aufwärtstrend zuverwandeln, so dass Lernenwieder Spaß macht, dass unsereStraßen sicher sind undMenschen fähig werden, demLeben vernünftiggegenüberzutreten … Die Ziele

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der Scientology sind »eineZivilisation ohne Wahnsinn, ohneVerbrecher und ohne Krieg, inder fähige Wesen erfolgreichsein und ehrliche MenschenRechte haben können und in derder Mensch die Freiheit hat, zugrößeren Höhen aufzusteigen.

(New Era PublicationsInternational [Hrsg.]: »Was istScientology?«. Kopenhagen,

1998, S. 443)

Da sind sie wieder, die Zauberworte derBinnensprache, die fähigen Wesenwerden Erfolg haben und ehrlicheMenschen Rechte, die ihnen von derOrganisation zugeschrieben werden.

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Andere sind rechtlos und unfähig. Auchdazu dient die Sprache: Verschleierungnach außen.

Das scientologische Schulangebot indeutsche Nachbarländer zu verlegen, undwarum gerade nach Dänemark,begründet Sabine Petra Röhrig in ihrerFunktion als Lehrerin, nach eigenenAngaben Inhaberin der Mittleren Reifeund Erzieherin unter anderem mit der inDänemark nicht vorhandenenSchulpflicht. Aber auch der wohlvorhandenen Möglichkeiten, Personenohne pädagogische Examina Unterrichterteilen zu lassen. Dieses kommt demSystem entgegen, denn nach demSelbstverständnis von Scientology reicht

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ja wohl die Studiertechnologie von L.Ron Hubbard als Bildung. Bei FrauRöhrig klingt das so:

Um sich für unsere Schule (inDänemark, d.Verf.) als Lehrer zuqualifizieren, braucht jemandeine gute Allgemeinbildung undWissen in dem Fach, das erunterrichtet. Ein junger Ingenieurwar zum Beispiel jahrelangunser beliebter Mathelehrer.Eine formale Lehrerausbildungist an einer dänischen Freischulenicht gefordert - wenngleichdurchaus auch ausgebildeteLehrer bei uns arbeiten.Interessierte Eltern können

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jederzeit eine solche Schulegründen - mit der einzigenAuflage, dass diese Schuleinhaltlich einen Unterricht bietet,der dem an dänischenVolksschulen entspricht … Esgibt hier keine Schulpflicht, wiein Deutschland, sondern nur eineUnterrichtspflicht.

(Kruchem,Thomas:»Staatsfeind Scientology?«.

München, 1999, S. 68)

Die Organisation behauptet, dieAbschlüsse an ihren dänischen Schulenentsprächen einem Abschluss derMittleren Reife in Deutschland. Das istfalsch. In Deutschland ist geregelt,

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welche ausländischen Schulen und damitihre Abschlüsse anerkannt sind. Dashindert allerdings die überzeugtenScientologen nicht daran, dieses immerund immer wieder zu verkünden. DasUnterrichtsmaterial lehrt dann auch diescientologischen Klassiker. Die Frage,ob an der Schule der ErzieherlehrerinFrau Röhrig auch die Ethik nach L. RonHubbard beigebracht wird, bejaht sieunumwunden. Die Lehre, wie manFremd- und Gegenabsichten und damitFeinde der Scientology-Organisationerkennt, wird wohl kaum dem Ethik-Unterricht einer deutschen staatlichenSchule gerecht und, so ist zumindest zuhoffen, auch nicht einer dänischenVolksschule.

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Nach eigenen Angaben unterhält dieOrganisation in Dänemark mehrereGanztagsschulen und das in der Nähe derdeutschen Grenze gelegene Internat, andem auch Frau Röhrig unterrichtet.

Die Schulen in Dänemark undanderswo sind zwar vorzugsweise fürdie Menschen in Scientology gedacht,aber werden durchaus auch als»Alternativschule« angeboten, beifrustrierten Eltern und solchen, die schonimmer eine gewisse Skepsis gegenüberdem staatlichen Schulsystem hatten.Bekannt geworden sindAnwerbeversuche, insbesondere für dasscientologische Internat in Dänemark,über Nachhilfeangebote von Mitgliedern

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der Organisation. Nachhilfe ist, das wirdjeder Mensch nachvollziehen können,eine durchaus ideale Anwerbeform fürdas System. Der von Scientology beiPersonen zu ermittelnde »Ruin-Punkt«liegt unmittelbar auf der Hand. DieKinder brauchen Stütze in der Schule,die Eltern leiden vielleicht selbst einwenig, dass ihre Sprösslinge nicht soleicht die Schule absolvieren wiegewünscht. In der Nähe der Schule hatman den Aushang einesNachhilfeangebots gesehen, also warumnicht, und die Nähe zum Gymnasium undWohnort macht es ja vielleicht leichterfür das Kind. Der erste Eindruck, denBetroffene von diesem Angebotschildern, ist meistens, dass die

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Nachhilfelehrer/innen anscheinend injedem Fach Hilfe bieten können.Jedenfalls ist bisher nicht bekanntgeworden, dass die Anbieter aus demScientology Spektrum in irgendeinerForm ihre Leistungsangebote mangelsKenntnis einer Materie einschränken.Die Nachhilfe beginnt nach allem, wasman weiß, nicht etwa mit einem kleinenLeistungstest, wo die Defizite in einemFach liegen könnten oder einemGespräch, was dem Kind besondersschwerfällt, sondern der Werbungentsprechend, es muss erst einmalgrundsätzlich erlernt werden, wie manlernt, und dafür ist selbstverständlichunumgänglich, dass unverstandene Worte

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geklärt werden müssen. Der so genannte»Grundlegende Studierleitfaden« nach L.Ron Hubbard wird sich wohl in jedemRegal der scientologischen Nachhilfefinden. Zu den Eltern wird, wenn irgendmöglich, auch schnell eine Näheaufgebaut, man kann ja mal mit derNachhilfelehrerin einen Kaffee trinken,warum auch nicht, gute Kommunikationhalt.

Bei Gesprächen mit den Eltern ist esdann durchaus schon vorgekommen, dassnebenbei ins Spiel gebracht wurde, dasses auch Alternativen zum jetzigenSchulbesuch gibt, oder beim Kind wirdnachgefragt, ob es gerne auf dieseSchule geht. Da meistens bereits eine

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gewisse Nähe zu den Eltern aufgebaut istund sich vielleicht der Kontakt nichtmehr nur allein auf einige StundenNachhilfe in einem Fach für das Kindbeschränkt, kann eine gewisse Offenheitfür mögliche Alternativen genutztwerden, das Internat in Dänemark insSpiel zu bringen. Die Werbebotschaft,die manchmal auch gedruckt erteilt wird,heißt schlicht und ergreifend: »Dort lerntman spielend, wie man lernt.« Es wirdsich auch nicht gescheut zu verkünden,dort wäre ein anerkannter deutscherSchulabschluss möglich. SolcheAktivitäten von scientologischenNachhilfeangeboten führten zumBeispiel in Hamburg dazu, dass an dieumliegenden Schulen Warnungen

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verschickt werden mussten, um auf dieunrichtigen Behauptungen zu reagierenund Eltern, Lehrer und Schüler auf dieHintergründe der vermeintlichwohlwollenden Nachhilfe hinzuweisen.

Die ganze Problematik eines Kindesoder Heranwachsenden im System undmit »Beschulung« im dänischen Internatwird dann deutlich, wenn sich Personenaus Scientology lösen. Für das Kindbesonders dramatisch, wenn nur einElternteil die Organisation verlässt, derandere bleibt. Der ausgetretene Part haterst einmal damit zu tun, selbst wieder inder normalen Welt anzukommen.Meistens sind seine Finanzen -vorsichtig ausgedrückt - nicht gerade im

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besten Zustand. Der eigene Berufswegist häufig völlig aus dem Gleichgewicht,denn in den allermeisten Fällen war manja in irgendeiner Form für das Systemtätig, und an die mal erlernte Ausbildungist nicht gleich oder gar nicht mehranzuschließen. Das Kind, scientologischerzogen und »gebildet«, schließt sich derDefinition an, dass der gegangeneElternteil mindestens eine potentielleSchwierigkeitsquelle, wenn nicht gar einUnterdrücker und damit der Umgang mitihm möglichst zu vermeiden ist.

In einem Trennungsfall dieser Art hatder ausgestiegene Vater nach einigerZeit und einem eigenen längeren Prozessder Erkenntnis den Versuch gestartet,

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wenigstens dem noch minderjährigenSohn eine Zukunft außerhalb desSystems zu ermöglichen. DerHeranwachsende ging auf das dänischeInternat. An seine älteren Geschwisternoch heranzukommen, als Verräter imSinne Scientologys, war für den Vaterquasi unmöglich. Aber der Kleine botvielleicht doch noch Hoffnung. DerVater stellte einen Antrag zurÜbertragung der alleinigen elterlichenSorge. Zumindest wollte er vomFamiliengericht die Erziehungsgewaltfür die Schulausbildung zugesprochenbekommen. Das Jugendamt wurde, wiein solchen Fällen üblich, eingeschaltet.Der Sohn wollte nicht zu seinem Vater.Dieses würde für ihn ja auch den Bruch

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mit dem System bedeuten, er hatte schonlange verinnerlicht, dass es ein»bisschen Scientology« nicht gibt. Erhandelte danach. Immerhin gab es demvom Gericht eingesetztenVerfahrenspfleger, der dem Jungen andie Seite gestellt wurde im Streit derEltern, die Gelegenheit, Gespräche mitdem Kind zu führen, insbesondere überseine Schulsituation und das Gelernte.Er bestand auch darauf, die Schule inDänemark zu besuchen, um sich vor Ortein Bild zu machen. Sein Bericht für dasFamiliengericht war alles andere alsschmeichelhaft, die Situation am Internatin Dänemark erinnerte ihn an Zuständeder Diktatur in Chile zur Zeit Pinochets.

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Die Mutter trat mit einemscientologischen Rechtsanwalt vorGericht auf. Trotz des Berichts desVerfahrenspflegers, der Einlassungendes Vaters, der nun nichts anderes mehrwollte, als seinen Sohn in der realenWelt bei sich zu haben und ihm einenendgültigen Weg in Scientology zuersparen, blieb das Kind bei derscientologischen Mutter und damit in derentsprechenden Erziehung. Der Kontakt,der noch während des Verfahrens zumVater aufrechterhalten wurde, istabgebrochen. Während des Verfahrenswar es natürlich opportun, demJugendamt und dem Gericht gegenüberzu demonstrieren, dass scientologischeErziehung nicht heißen muss, zum

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ausgetretenen Vater keinen Kontakt mehrzu haben. Nach Abschluss desVerfahrens war dieses nun nicht mehrnötig. Wenn es hochkommt, wird amGeburtstag noch einmal angerufen. DieHoffnung des Vaters bleibt, dass eszumindest seinem jüngeren Sohnirgendwie im Gedächtnis bleibt, was indieser Zeit gesprochen wurde, und dasser sich daran erinnert, dass er im Hausseines Vaters und dessen Ehefrauwillkommen ist, wenn er doch einmalgehen will, weg will aus Scientology.

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Umzug nach Dänemark undandere familiäre

Katastrophen

Der Umgang mit einer familiärenSituation, wenn ein Teil der Familie zumScientologen, zur Scientologin gewordenist, ist nach allen Berichten vonMenschen, die sich inBeratungssituationen befinden, immereinschneidend. Das Verhalten vonAngehörigen ist sehr häufig,insbesondere in der Anfangsphase, quasibei Erkennen der veränderten Situation,häufig abwartend. Der von ScientologyAngeworbene wird auch möglichst dafür

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Sorge tragen, den Anschein vonNormalität aufrechtzuerhalten. Diesesgilt insbesondere dann, wenn für ihn klarist, dass die nahe Verwandtschaft dieAktivitäten für Scientology nicht billigenwird. Hinzu kommt sehr häufig eineUnsicherheit, da man den vertrautenMenschen ja kennt. Es wird dann davonausgegangen, dass er oder sie doch miteinigen Hinweisen auf das, was überScientology schon bekannt ist, selbstwieder davon Abstand nimmt. Dassdieses nur in den seltensten Fällenvorkommt, ist ja auch weniger bekannt.In einer späteren Phase, der Angehörigehat inzwischen in der Regel schondiverse Kurse absolviert, das eine oderandere Hubbard-Buch im Regal stehen

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und Zeit und Geld werden immerknapper, führen Gespräche überScientology nicht mehr weiter. Warvorher wahrscheinlich die Angst da, denvertrauten Menschen an eine »Sekte« zuverlieren, wird nun die Unsicherheitstärker, den Menschen bei Kritik anScientology endgültig zu verlieren.Daraus kann ein Hinnehmen derSituation werden, das dieFamiliensituation zwar permanentbelastet, aber der Angehörige meldetsich ja immer mal wieder, dervermeintlich endgültige Bruch findetnicht statt. Dass der Bruch stattgefundenhat und daran auch keine gelegentlichenTelefonate oder auch Besuche bei

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Familienfeiern etwas ändern, wird sonicht registriert. Der Bruch findet imKopf statt, das Leben wird inzwischenvon Scientology bestimmt, und diefamilienfreundlichen Kontakte sollenunter anderem auch dafür sorgen, dasskeine Störungen für die Organisationauftreten. In dem Moment, in dem sichder nicht-scientologische Teil derFamilie einschaltet und das zu einemAnsehensverlust der Vorgehensweisevon Scientology führt oder öffentlichwerden könnte, führt das zu Problemenfür den scientologischen Familienteil.Immer nach dem Motto: Die einzelnePerson trägt die Verantwortung für sichund das Ganze, und nur, wer nichtlinientreu agiert, produziert Probleme.

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Die Scientologen fürchten bei nicht»gehandhabten« Familienangehörigensysteminterne Strafen.

Bei Situationen, in denen Kinder oderJugendliche betroffen sind, stellt sich fürdie meisten Familien irgendwann dieFrage, ob, wie und wann sie einschreitenkönnen oder sollen. Am häufigsten wirdüber einen Eingriff nachgedacht, wenndie Eltern von erwachsendenScientologen Großeltern werden. Denscientologischen Ehemann oder dieEhefrau hat man vielleicht noch alsunabänderlichen Teil desFamilienschicksals hingenommen. Nungeht es aber um die Enkelkinder. Auch inso einer Situation wird häufig erst

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einmal abgewartet. Insbesondere dann,wenn nach außen noch eine Formgewahrt bleibt. Die Kinder gehen aufnormale staatliche Schulen, dieZeugnisse sind, nach allem, was manweiß, in Ordnung, man kann dieEnkelkinder sehen und auch beschenken.Die erziehenden scientologischen Elternhaben dann irgendwann das Ziel, ihrenTraum für sich und für ihre Kinderumzusetzen - endlich in eine derscientologischen Hauptstädte zukommen, dorthin, wo die Sea-Org sitzt,die Eliteeinheit. Die Zelte werden nachund nach in der deutschen Heimatstadtabgebrochen. Was noch da ist, wirdverkauft. Dem nichtscientologischen Teilder Familie wird der Umzug

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schmackhaft gemacht, man will nachKopenhagen, nach Dänemark. Es wirdsich bemüht, in einem gutenEinvernehmen mit der durchaus kritischeingestellten Familie klarzukommen.Eine der Bedingungen für die Aufnahmein die Eliteeinheit: keinen Stresshinterlassen. Wer weiß sonst, wie sichdas später einmal auswirken könnte.

Ein Familienmitglied macht sichSorgen, Bruder und Schwägerin hat esschon lange als nicht mehr rückholbareingestuft, aber nun die Kinder. Siewaren alle in der Heimatstadt instaatlichen Schulen. Er sieht mit Sorge,dass alles aufgelöst wird und dass dieKinder abgemeldet werden sollen von

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den Schulen. Alles richtet sich nur nochauf ein Ziel, Umzug nach Kopenhagen.Dieses Familienmitglied leitet nun einVerfahren vor dem Familiengericht einmit dem Antrag, die Eltern zuverpflichten, ihre Kinder auf denSchulen bis zum Abschluss zu belassen.Die Kinder sind unterschiedlichenAlters und bekunden auch in derFamilie, wie gerne sie doch nachDänemark wollen. Immerhin wird indiesem Fall erst einmal erreicht, dassdie Kinder das Schuljahr beenden. Eswird natürlich auch vor dem Jugendamtund dem Gericht versichert, dass mannicht in die Eliteeinheit der Scientologygehen will. Es sei nur ein Umzug nachKopenhagen. Bis Ende des Schuljahres

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ist Pause. Die Auflagen des Gerichteswerden beachtet - abgesehen davon,könnten sie aus den genanntenAufnahmegründen auch gar nicht miteinem Prozess im Nacken in die Sea-Orgaufgenommen werden. Das Schuljahr istum, und man zieht um. Plötzlich allesganz schnell. Abmeldungen bei denSchulen, Verabschiedung bei derFamilie, Ummeldung der Anschriftennach Kopenhagen. Jetzt wird es schwer,den Kindern zumindest einen Teilaußerscientologischen Lebens noch zuerhalten. Auch wenn sofort wieder einAntrag unter Bezug auf das bereitsgeführte Verfahren gestellt wird: DieGerichte streiten sich, wer zuständig ist.

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Außerdem wird dem Gericht erläutert,dass die Kinder in Dänemark einenichtscientologische Schule besuchen.Überprüft wird dieses vom Gerichtnicht, da die Zuständigkeit Vorrang hat,vor dem Schicksal der Kinder.

Bei Auseinandersetzungen dieser Art,bei denen Hilfe vom Staat notwendigwird, ist zu berücksichtigen, dassdiejenige Person, die auf der Gegenseitesteht (sei es bei dem Kampf um dasalleinige Sorgerecht als ehemaligesMitglied oder der Teil einesnichtscientologischen Haushaltes, dermindestens für die betroffenen Kindereinen wenn auch noch so kleinenunbeeinflussten Bereich wie

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Schulbesuch an einer staatlichen Schule,sichern will), nie nur den einzelnenscientologischen Gegner hat. Er streitetnicht nur mit der ehemaligen Ehefrauoder der Schwester und dem Schwagervor dem entsprechenden Gericht, dieGegenpartei ist die Organisation, diesekämpft um das Kind. Wenn schon derEhepartner nicht zu halten ist, sollendoch zumindest die Kinder erhaltenbleiben, der Nachwuchs für das System.Rechtsanwälte, entweder selbstüberzeugte Scientologen oder solche,die ohne Skrupel einzig und allein nureine Mandantschaft kennen: dieScientology-Organisation und derenMitglieder. Entsprechend gebrieft tretensie nicht erst im Gerichtssaal auf. In den

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Schriftsätzen bereits vor den mündlichenVerhandlungen wird sehr schnelldeutlich, dass es nicht nur allein um dasKind geht. Es ist nicht vorgesehen, dassin einem Verfahren Scientology oder derScientologe verliert, denn Hubbard hatunmissverständlich formuliert, dassProzesse eine Strategie sind, nicht um zugewinnen, sondern den Gegner zuzermürben. Es hat sich gezeigt, dass beiderartigen Auseinandersetzungen dasInteresse am Kind vom scientologischenElternteil relativ schnell verloren geht,wenn das Gericht gegen ihn entscheidet.

Im Frühjahr 1996 erzählte er(der nichteheliche Vater desKindes, d.Verf.) mir zum ersten

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Mal von den hervorragendenKursen, die er an der Akademiefür Management undKommunikation in Frankfurtbelegt habe. Er würde sichweiterbilden, und er hätte sichnoch nie in einer Institution sowohl gefühlt. … Im Spätsommer1996 klagte Michael (der Sohn,d.Verf.) dann zum ersten Maldarüber, dass es bei Papa nichtmehr so toll sei, seitdem erimmer so viele Gespräche mitihm führen müsse.... An einemNachmittag im Oktober 1996hatte ich plötzlich den Wunsch,Peter (d.Vater) anzurufen, um zuhören, ob auch alles in Ordnung

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sei. Ich tat dies auch … ImHintergrund schrie meinsechsjähriger Sohn: »Ist dasmeine Mami, bitte, Mami, holmich schnell hier ab! Es ist soschrecklich hier!« … Die Mutterweiß zu diesem Zeitpunkt nochnicht, dass die »Gespräche«,über die der Junge klagt, vondenen sie annimmt, dass es eine»erzieherischeAder« desVaterssein könnte,Auditing-Verhöresind.

(Potthoff, Norbert; Kemming,Sabine: »Scientology Schicksale.

Eine Organisation wird zumsozialen Störfall«. Bergisch-

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Gladbach, 1998, S. 156f.)

Nach diesem Vorfall, dem Hilferuf ihresSohnes und nachdem die Mutterfeststellte, dass auch bei Besuchen unterihrer Aufsicht der inzwischenscientologisch funktionierende Vaterweiterhin versuchte, ihren Sohn zubeeinflussen, unterband sie die Besuchedes Vaters. Da sie das alleinigeSorgerecht hatte, war dieses auchmöglich. Der liebevolle Vater derVergangenheit war zum Werkzeug derscientologischen »Pädagogik«geworden. Die vorher regelmäßiggezahlten Gelder für den Unterhaltstellte der Vater ein. Die Möglichkeit,die auch einem nichtehelichen Vater

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zusteht, Besuchs- bzw. Umgangsrechteinzuklagen, wurde nichtwahrgenommen. Das Interesse am Kindwar anscheinend gestorben. Und esleidet das Kind und dieses hat nichts miteiner Mutter zu tun, die ihrem Sohn auswelchen Gründen auch immer dasZusammensein mit dem Vater nimmt:

Mein Kind leidet extrem unterdemVerlust dieses wunderbarenVaters, der ihm nun nicht malmehr eine Karte schickt.

(Potthoff, Norbert; Kemming,Sabine: »Scientology Schicksale.

Eine Organisation wird zumsozialen Störfall«. Bergisch-

Gladbach, 1998, S. 158)

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Auditing, wahrscheinlich war derHilferuf des Kindes per Telefon damitverbunden. An dieser Stelle möchte ichzurückkommen auf meine Ausführungenzu Beginn des Buches zu den Themen»Auditing« und »E-Meter«, die -speziell auf Kinder und Jugendlicheangewandt - eine ganz eigene Bedeutunghaben und Gefahr bedeuten.

Damit das Auditing zum Wohle desSystems auch funktioniert, müssen dieFrager, also die so genannten Auditoren,ebenso funktionieren wie dieAuszufragenden, die zu Auditierenden.Nicht jeder ist dafür geeignet, sich als

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Ausforscher der intimsten Empfindungenvon Menschen zu betätigen. Hubbard hatvor allem in Vorträgen durchaus deutlichausgesprochen, dass die Kenntnis überalles, wirklich alles, der Menschen, fürdie Ziele der Organisation vonBedeutung ist.

In einem Vortrag über dieGrundlagen des »Auditing«äußert sich HUBBARD auchüber die Möglichkeitenpolitischer Machtausübung durch»Auditing«. Zweck seinerAusführungen ist es, denAuditoren jegliche Hemmungenzu nehmen, auch die intimstenGeheimnisse von Menschen

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auszuforschen. Dabei gehtHUBBARD von der Fiktion aus,mit dem »gläsernen« Menschenkönnte der Weg zu einer gänzlichkonfliktfreien Gesellschaftbeschritten werden... Tatsächlichsind die Scientology-TechnikenMethoden zur Indoktrination unddienen der ideologischenUmerziehung.

(Landesamt fürVerfassungsschutz Baden-

Württemberg [Hrsg.]: »DieScientology Organisation [SO]«.

Stuttgart, 2003, S. 17)

Mit dieser Indoktrination kann mannatürlich nicht früh genug anfangen.

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Verinnerlicht haben die Anhänger vonScientology, dass die eventuell seitJahrmillionen Jahren entstandenen»Engramme« zu beseitigen sind. Ineinem von der Organisationherausgegebenen so genannten CEONewsletter mit dem Titel »Der Zustand,in dem sich ein Kind befindet« vom 22.Juni 1986 wird deutlich, dass schon dieKleinsten diesem Verfahren ausgesetztwerden können:

Und du auditierst keinen Clear,ein neues Wesen.Wenn du einBaby auditierst, auditierst dujemanden, der geradedurcheinandergerüttelt wurdeund der gerade durch eine

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ungeheuer schwierige undverwirrende Erfahrungdurchgegangen ist, die ihn Jahrekostet, bis er damit fertig wird.Da haben wir die Ängste derKindheit.

Das gesamte Programm für alle. Daverwundert es dann auch nicht, dassspeziell für die Eliteeinheit Sea-Orgauch quasi eine Stellenanzeige aufscientologisch im System für die Einheitin Kopenhagen ausgeschrieben wurde.Eingeleitet natürlich mit einem Zitat desallwissenden Hubbard:

Ron sagt: »Die gesamte Zukunftder Menschheit hängt von ihrerEinstellung gegenüber Kindern

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ab.« Die Anforderung aneventuelle Bewerber/innen wirdso beschrieben: »Können Siesich eine vollständigeScientology-Umgebungvorstellen, in der Kinder ausaller Welt, mit Scientology-Studiertechnologie, LRH-Kindergarten-Technologie,Ethik- und Admin-Tech,Auditing-Tech aufwachsen?Fürwahr, dies würde eine neueZivilisation hervorbringen. Inunserem Sea-Org-Kindergartenhier in Kopenhagen erreichenwir dies schon täglich zu einemgewissen Grad mit 60 Kindernvon hochproduzierenden

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Mitarbeitern. Um unsereAktivitäten expandieren zukönnen, möchten wir mehrMitarbeiter einstellen.Wenn Siedaran interessiert sind, RonsZwecke und Ziele in Bezug aufKinder durchzuführen, sind Siehier an der richtigen Stelle.«

Der folgende Fragebogen für diekünftigen Mitarbeiter/innen beinhaltetauch eine Frage, ob der- oder diejenigelieber mit Babys oder kleinen odergroßen Kindern arbeitet. Es fehlt, in derscientologischen Logik natürlich, dieFrage danach, welche Ausbildung, zumBeispiel als staatlich anerkannterErzieher oder Erzieherin, man hat. Ist ja

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auch nicht nötig, es zählt einzig undallein die Hubbard’sche Definition vonKind und Lernen. Angeboten werdenJobs als Kinderauditor oder Tutor,dieses mit dem Hinweis auf diekommende Tätigkeit versehen, jemand,der Kinder coacht und drillt.(Vollständiges Dokument veröffentlichtbei ingo-heinemann.de)

Er erscheint wie die Liebe aus demRoman. Ilka ist überzeugt, sie hat denMann gefunden, mit dem sie leben will.Er erzählt, was er alles kann und vonvielen Plänen. Sie lernt auch die Mutterkennen, die auch ein aus ihrer Sichtüberdurchschnittliches Interesse an ihrzeigt. Aber ihre Liebe stellt bei ihr doch

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einige Defizite fest, gegen die man aberetwas machen kann. Kurse, zumBeispiel. Kurse in der Organisation, inder seine Mutter eine relativ hoheFunktion ausübt und die er schon vonKindesbeinen an kennt: Scientology.Was tut man nicht alles für dasLiebesglück, und außerdem, was sollschon passieren? Ihrem Freund scheintes gut zu gehen, der Mutter ja wohl auch.Klar, einiges kommt ihr schon etwasmerkwürdig vor, so zum Beispiel, dassdoch dieser nach eigenem Bekunden sofähige Mensch nicht genug Geldheranbringt, so dass sie sich sogarüberreden lässt, ihre Großelternanzupumpen. Aber reden kann er gut,immer wieder alles erklären, und

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irgendwie ist das schon beeindruckend.Vielleicht wird es ja besser, wenn auchsie auf dem Stand ist wie er, nach denKursen, nach dem Auditing. Dann wirdsie schwanger und ihre anfänglicheUnsicherheit, ein Kind in die Welt zusetzen, schwindet mehr und mehr, da derFreund und dessen Mutter, aber wohlauch die inzwischen zahlreichergewordenen scientologischen Vertrautensich freuen. Außerdem hat der werdendeVater nun auch noch einen Job inAussicht. Natürlich bei einem in derOrganisation gut angesehenen Mann, derseine Firma in Krisengebieten fürsanitäre Versorgung hat. Ein bisschenmerkwürdig findet sie allerdings schon,

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dass ihr Freund, der seinen Job imNahen Osten antreten soll, auf ihreninzwischen achtmonatigen Baucheinredet. »Als wenn das Kind ihnverstehen könnte, im Bauch«, sagt siespäter. Denn er fordert seinen noch nichtgeborenen Sohn auf, nun doch bitteherauszukommen, damit er abreisenkann. Hätte sie zu diesem Zeitpunkt dieganze scientologische Ideologie schonverinnerlicht gehabt, hätte sie sich nichtgewundert, dass mit dem Kind in ihremBauch schon gesprochen wird. Aber indieser Weise findet sie es dochbefremdlich. Die Beziehung entwickeltsich auch nach Geburt des Kindes nichterfreulich. Sie reist mit ihrem kleinenBaby dem Vater hinterher ins heiße

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Kuwait. Was er dort eigentlich arbeitet,erschließt sich ihr nicht wirklich, aber erist sich seiner Bedeutung bewusst.

Die Spannungen bleiben, siefunktioniert wohl nicht so richtig, undinzwischen machen sich auch ihre ElternSorgen um sie und um den kleinenEnkelsohn. Sie holen sich Hilfe, undauch Ilka hat irgendwann genug vondieser Beziehung. Der Vater zahlt keinenUnterhalt, und sie will nicht, dass ihrSohn das gleiche Schicksal erleidet wieder Vater, scientologische Erziehung.Beide Seiten stellen Anträge um dasKind. Der Vater hat Hilfe vonscientologischen Anwälten und seinerfunktionierenden Mutter. Die Anhörung

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vor dem Familiengericht findet unterPolizeischutz statt, da der VaterDrohungen gegen die Innenbehörde inHamburg ausgestoßen hat. Dieses hatauch zur Folge, dass er sich Ilka unddem Kind nicht nähern darf. Parallel zumStreit vor dem Familiengericht muss siesich mit Schreiben und Anzeigen einesanderen scientologischen Anwaltsauseinandersetzen, der behauptet, siewürde dem Vater ihres KindesGegenstände seines Eigentums aus dergemeinsam bewohnten Wohnungvorenthalten. Auch die Polizei schautmal vorbei, da behauptet wurde, siehalte Eigentum zurück. Der ganz normalePsychoterror rund um das Verfahren umsKind. Der Stress bleibt nicht so einfach

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in den Kleidern hängen, Ilka brauchtGespräche und Stütze, um dadurchzukommen. Schlecht schlafen,Ängste auf der Straße begleiten sie indieser Zeit. Sie hat um sich herum zumgroßen Glück Eltern und Freunde, diebei ihr sind und bei denen sie sich mitihrem kleinen Sohn geborgen fühlenkann. So kann man diesen Stress durch-und aushalten. Inzwischen stellt derVater keine Ansprüche mehr, seinBesuchs- oder Umgangsrecht zubekommen. Ob das auch damit zu tun hat,dass die Presse, wenn auch nur in einemkleinen, aber gehaltvollen Artikel vomunter Polizeischutz stattgefundenenVerfahren berichtete? Dafür spricht

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vieles in der scientologischen Welt.Auch für Ilka und ihren Sohn ist jetztendlich Ruhe eingekehrt, und sie kannwieder daran denken, ihrselbstbestimmtes Leben zu gestalten.Pläne hat sie und mit ein wenig Glückund ohne scientologisch inszeniertenStress wird es auch gelingen.

Kindern sollte dieses Schicksalerspart bleiben. Lernen und leben nachHubbards Lehren im SystemScientology, mit Erziehung zumGehorsam im System und vollerKontrolle. Alles, was für Erwachsenegilt, gilt auch für Kinder, denn, so L.Ron Hubbard:

… Ein Kind ist keine besondere

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Tierart, die sich vom Menschenunterscheidet. Ein Kind ist einMann oder eine Frau, nur nochnicht zur vollen Größeherangewachsen. Jedes Gesetz,d a s für das Verhalten vonMännern und Frauen gilt, giltauch für Kinder.

(Potthoff, Norbert; Kemming,Sabine: »Scientology Schicksale.

Eine Organisation wird zumsozialen Störfall«. Bergisch-

Gladbach, 1998, S. 153)

Mit dieser Aussage ist dann eben auchverbunden, dass Kinder dieVerantwortung für sich übernehmenmüssen, egal, wie es ihnen geht, egal ob

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sie Wärme in einer Situation brauchen:

Ich erinnere mich an eineSituation, als ich 15 Jahre altwar. Ich hatte Probleme in derSchule und zu Hause. Ich fühltemich alleingelassen undungeliebt. Ich dachte sogar anSelbstmord. Ich wünschte mir,meinVater würde mich in dieArme nehmen und mir sagen,dass er mich liebt. Er tat es nicht- und ich wollte ihn auch nichtdarum bitten. Schließlich fragteich, was er machen würde, wennich mich umbrächte. SeineAntwort: »Das liegt allein indeiner Verantwortung,Tanya.«

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(Potthoff, Norbert; Kemming,Sabine: »Scientology Schicksale.

Eine Organisation wird zumsozialen Störfall«. Bergisch-

Gladbach, 1998, S. 154)

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Die Sea-Org

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Der Drill für die Elite

Schnell mit dem Auto für das Frühstückam Wochenende auf den Markt fahren,frische Brötchen holen für sich, denLebenspartner und den seit einigenTagen aufgenommenen Hausgast. NichtsUngewöhnliches. Aber die Ausfahrt ausder Tiefgarage des Wohnblocks wirdbehindert. Ein Auto mit demKennzeichen einer anderen deutschenGroßstadt blockiert den Weg zur Straße.Also zurücksetzen und warten, bis derWeg frei ist. Allerdings der Wagen wirdnicht weggefahren, stattdessen steigt derFahrer aus und kommt auf die junge Frauim Auto zu, die inzwischen wieder

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geparkt hat und ausgestiegen ist, umwieder in die Wohnung zu gehen.Schlagartig realisiert sie, wer aus deranderen Großstadt Deutschlands denWeg zu ihrer Tiefgarage gesucht habenkönnte. Richtig, die Verwandte ihresHausgastes. Diese Person tritt dann auchmassiv auf, kommt nahe an sie heran,fragt eindringlich nach dem Besuch undsteht später vor der Wohnungstür. DiePerson fordert Einlass und das Gesprächmit der derzeitigen Mitbewohnerin desjungen Paares in Hamburg. DasAuftreten ist aufdringlich, fordernd undunangenehm, obwohl später nichtberichtet wird, es hätte Drohungen oderÄhnliches gegeben. Das Verhalten derPerson löst Verunsicherung und Angst

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aus.

Überraschungsbesuche dieser Artoder ähnliche sind für Personen, die sichmit der Scientology-Organisationbefassen, keine ungewöhnliche Situation.Das junge Paar hatte in seiner Wohnungeine Frau aufgenommen, damit diesenach ihrer Rückkehr aus dem schönenKopenhagen nicht gleich wieder in ihreWohnung ziehen musste. Das wäresowieso erst einmal schwieriggeworden, denn die Wohnung war so gutwie leer. Die Möbel verschenkt, an dieFamilie gegeben oder Ähnliches.Aufgelöst genauso wie derArbeitsvertrag und alles andere vorungefähr acht Wochen. Denn zu dieser

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Zeit war sie den Weg nach Kopenhagengegangen. Die Auflösung, inklusiveVerabschiedung von Bekannten wie demjungen Paar in der Nachbarschaft, derenKatzen sie hin und wieder gefüttert hatte,war vorgegeben, da sie nichtbeabsichtigte, je wiederzurückzukommen. Sie wollte nunendgültig dorthin, wohin vieleMitglieder der Scientology-Organisationstreben und wo viele Eltern ihre Kinderirgendwann am liebsten unterbringenwürden: in die Eliteeinheit derOrganisation, die Sea-Organisation.

Die netten Nachbarn mit den Katzenhatten von der jungen Frau in derVergangenheit erfahren, dass sie aus

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einem scientologischen Elternhausstammt und sich gelöst hatte. Sie hattensich auch etwas informiert über dieseOrganisation und waren deshalbalarmiert, als die junge Nachbarinverkündete, sie hätte ihren Arbeitsplatzund ihre Wohnung gekündigt, um nachKopenhagen zu ziehen. DieBefürchtungen der Nachbarn bestätigtensich schnell, die junge Frau hatte wiederengeren Kontakt zu ihren Eltern undGeschwistern aufgenommen und diesehatten wohl schnell die Möglichkeiterkannt, das fast »verlorene Schaf«wieder zurückzuholen. Nach denSchilderungen der jungen Frau über dennun endgültig vollzogenen Bruch nachihrer Rückkehr aus Dänemark, hat der

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scientologische Familienteil sehr schnellden Kontakt zu dem früheren Auditor derjungen Frau hergestellt. Dann kam dieVermittlung an eine Mitarbeiterin ausder Europazentrale in Dänemark, inKopenhagen, eine Mitarbeiterin der Sea-Org. War es die Sehnsucht nach derFamilie? Genau ist das nichtfestzustellen, aber die junge Frau lässtsich, trotz früherem Bruch mit derOrganisation, sehr schnell überreden,einen so bezeichneten unverbindlichenBesuch in der Zentrale in Kopenhagen zuabsolvieren. Dieser unverbindlicheBesuch endet mit der Unterschrift desVertrages mit der Sea-Organisation.Dieser Vertrag verpflichtet die

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Personen, für die nächsten Millionenvon Jahren für die Organisation zuarbeiten.

Wieder zurück von dieser Stippvisite,aber mit geleisteter Unterschrift wirdnun der Druck, den Vertrag auch zuerfüllen, stärker. Er muss so starkgeworden sein, dass der Schritt, allesaufzulösen, irgendwann Ende 2004logisch erschien.

Einmal in Kopenhagen angekommen,beginnt der Drill. Jedes Scientology-Mitglied, das in die Sea-Orgaufgenommen werden möchte, muss einAufnahmeprogramm absolvieren: dasEstate Project Force (EPF).

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Die Berichte von ehemaligenMitgliedern, die dieses Programmdurchlaufen haben, variieren nur inNuancen. Die Sea-Org-Einheiten inGroßbritannien, Dänemark oder denUSA arbeiten natürlich alle nach denVorschriften des Gründers, und damitkönnen die Erfahrungen nur ähnlich sein.

In diesem Fall kommt die junge Frauin Kopenhagen in eine Gruppe von ca.30 Personen zwischen 14 und 60 Jahren,wobei nach ihrer Erinnerung die meistenTeilnehmer/ innen zwischen 14 und 16Jahre alt waren - also Kinder oderJugendliche. Alle diese »Frischlinge«wurden einem so genannten Security-Check (Sec-Check) unterzogen, bei dem

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unter anderem alle Namen undAnschriften von Freunden angegebenwerden mussten.

Die Unterbringung bei der Eliteunterscheidet sich auch nicht von dem inanderen der Scientology-Welt, Zimmermit 6 bis 9 Betten, Dusche/WC auf derEtage. Ein Schrank für jeden, Kontrolleder persönlichen Gegenstände undnatürlich die Elitebekleidung, ein blauerOverall. Uniformierte Bekleidung, dasMerkmal der Einheit. Bei ca. 300Personen im Haus würde die Pflege derverbindlichen Kleidung schwierig beinur fünf Waschmaschinen und einemTrockner. Die Lösung zum Waschen,nachts.

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Der Tag beginnt um 6.30, Zeit zumEssen 20 Minuten, das Angebot in Fetttriefende Spiegeleier, Tag für Tag. DieKriterien sind hart, schließlich will manin die absolute Elite, also sitzt manseparat zu den schon aufgenommenenMenschen. Gespräche mit diesen sindauch untersagt, es sei denn, einer vondiesen »Größen« lässt sich herab, dasWort an einen zu richten. Dannallerdings bitte auch mit Respektbehandeln. »Sir« ist die Anrede, dieerwünscht ist. Nach dem Frühstück dieArbeit, Renovierungsarbeiten am oderim Haus. Danach Studierzeit, kurzesAbendessen, dann wieder Studierzeit bisspät abends. Dazwischen Appelle und

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Kontrolle der Anwesenheit derTeilnehmer. Aber durchaus auchNachtarbeit, wenn angeordnet. Einweiteres Aufnahmeritual ist, sichmöglichst nur im Laufschritt bewegen,Freizeit, eigene Angelegenheiten regelnoder persönliche Bedürfnisse, keine Zeitdafür. Auch die Studierzeiten gebenkeine Atempause, denn was muss erlerntwerden, die Hubbard’schen Lehren alsKurse. Beliebt ist der Kurs des sogenannten »Wortklärens«: HubbardLexikon, Duden, Wahrig Wörterbuch unddann definieren und umdefinieren vonBegriffen. Die von Hubbardentwickelten unterschiedlichenMethoden kommen zum Einsatz undnatürlich ist jemand dabei, der die

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Kontrolle hat. Kann jemand beiNachfrage über die Bedeutung einesBegriffes nicht gleich eine befriedigendeAntwort bieten, gilt dieses alsmissverstandenes Wort. Der Teilnehmermuss mit dem gesamten Text nocheinmal beginnen. Denn laut Hubbardführt schon ein Wort, das nicht richtiggedeutet ist, zum Missverständnis desganzen Textes. So kann es Wochendauern, bis jemand überhaupt ein paarSeiten von Hubbardtextendurchgearbeitet hat. Des Drills nichtgenug. Täglich militärartige Übungen,Aufstellen, der Trainer gibtHubbardzitate vor, und die Gruppe mussdiese schreiend wiederholen.

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Natürlich verfügt auch die Eliteeinheitüber eine Ethik-Abteilung, die beifestgestellten Verstößen tätig wird. Daskann, wie in anderen Abteilungen derScientology auch, darin bestehen, dassstundenlang »Overts« aufgeschriebenwerden müssen. Ein Overt ist in derscientologischen Sprache eineschädliche Handlung. LautFachwortsammlung L. Ron Hubbard einegegen das Überleben oder gegen dieDynamiken gerichtete Handlung. Esgenügt auch schon eine unterlasseneHandlung, um als »Overt«gekennzeichnet zu werden. NachAbsolvieren der Maßnahmen der Ethik-Abteilung folgt wieder einmal ein

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Sicherheits-Check, zur Überprüfung derZulassung für das Programm.

Krank werden darf man natürlichüberhaupt nicht, Krankheit gilt alsunethisch und damit als »gegen dieDynamiken gerichtet«. Sollte dochjemand mal einen Schnupfen oder garFieber bekommen, wird er von derGruppe isoliert. Der so genannte»Medical Officer« kann beantragtwerden, schriftlich. Ob es sich dabei umÄrzte oder zumindest medizinischausgebildetes Personal handelt, wäre mitSicherheit eine Nachfrage wert. Dieangebotene Heilung ist natürlichscientologisch. Vitamine, Vitamindrinks,die so genannten Beistände (Assists)

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oder - wahrscheinlich bei schlimmerenFällen - das PTS-Handling (Potential-Trouble-Source) am Hubbard-E-Meter,denn nach den Lehren sind alle krankenMenschen eine potentielleSchwierigkeitsquelle (»… all sickpeople are PTS.« Hubbard, L. Ron:»Dianetics and Scientology TechnicalDictionary.« Los Angeles, 1975, S. 326)

Da die Kontrolle umfassend ist, darfdas Gebäude auch nur in der Gruppeverlassen werden. Wird von außenKontakt aufgenommen, wird auch dieseskontrolliert. Telefonate werden inAnwesenheit eines Sea-Org-Mitarbeiters getätigt, Briefe werdengeöffnet ausgehändigt. Kontrolle total.

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Wann das Aufnahmeprogrammbeendet ist, wird von denjenigenbestimmt, die die Aufsicht führen. Selbstwenn bei Ankunft maximal drei Wochenin Aussicht gestellt werden, kann sichdas schnell als Irrtum herausstellen. Sogibt es Schilderungen, dass sich diesesProgramm über Monate hinzieht, undwenn es schlecht läuft, damit endet,wieder nach Hause geschickt zu werden.Für Mitglieder der Organisation, dieverinnerlicht haben, dass es einzig undallein darum geht, über diefunktionierende Scientology dieMenschheit zu retten, kann eineAbweisung für die Person selbst, aberauch für das scientologische Umfeld als

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Katastrophe begriffen werden. Man hatschließlich versagt.

»Vivian verklagt Scientologen-Eltern.« Im Jahr 2002 beherrscht diedeutschen Medien erstmals dasSchicksal einer jungen Frau, die durchihre Eltern scientologisch aufgewachsenist und nach ihrem schweren Weg hinausRechenschaft für die scientologischeErziehung einfordert.

Auch Vivian hatte Erfahrungen mit derEliteeinheit. Allerdings in England, demweiteren Europazentrum, nebenKopenhagen. In der Nähe Londonsgelegen, in West Sussex. Saint Hill istdie scientologische Bezeichnung für dasbritische Refugium. Angeboten werden

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dort, wie auch in Dänemark und denUSA, die höheren Abschlüsse desScientology-Imperiums. Aus aller Weltkommen die Scientologen, um dort diehöheren OT-Weihen zu erhalten. Umnämlich diese Kurse anbieten zu können,müssen Einheiten eine bestimmte Größeerreicht haben. In vielen Schriften, vonder Saint Hill-Größe geschrieben.

Mit 13 Jahren macht Vivian das ersteMal Erfahrung mit der Elite. Auch siemuss natürlich das Estate-Projekt-Forcedurchlaufen. Ohne Eltern, ohne formaleErziehungsberechtigte untergebracht.MEST-Work, die Arbeit für Materie,Raum, Zeit und Energie, siehtkörperliche Arbeit vor. Stundenlang,

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manchmal bis tief in die Nacht. DieErnährung ist nicht gerade kindgerechtund gesund, Bohnen und Reis,ausschließlich. Körperliche Arbeit,Studium der Hubbard-Schriften, Vivianhält es nicht lange aus. Aber der Druckbleibt, die Sea-Org als erstrebenswerteLebensplanung, Vivian hatte Träume,wie alle Teenies, am liebsten einekünstlerische Karriere. Mit 15 Jahrender zweite Aufenthalt, nun soll esendlich klappen mit der Aufnahme undder Erfüllung der Träume. DasAufnahmeprogramm war wie zuvor,harte körperliche Arbeit, dieses Mal aneinem Gebäude namens Walsh Manor,Renovierungen sind nötig und dieFünfzehnjährige arbeitet und arbeitet.

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Sie hat Stress, weil es - für dasjugendliche Alter nicht ungewöhnlich -eine erste kleine zarte Liebelei gibt. BeiScientology ein Vergehen auf derZweiten Dynamik.

Sie wird bestraft. Wochen-, jamonatelang muss sie ihre Overtsaufschreiben, sie gilt als out-ethic unddarf auch nur mit den anderen zuklassifizierten Personen essen. Sieleidet, sie wird krank, aber stattMedikamenten, denn die sind javerboten, der so genannteLokalisierungsprozess, was dieSchmerzen aber nicht lindert. In ihrerKlage gegen die Eltern will sie spätermit einem Attest beweisen, dass ihr

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Rückenleiden von der harten Arbeit imWachstumsalter herrührt. Vor allem aberverklagt sie ihre Eltern und damiterstmalig die scientologische Erziehungwegen der mangelnden Schulausbildung.Ohne ordentlichen Schulabschlussverlässt sie 1998 die Organisation undihre Familie. Immer wieder berichtenEx-Scientologen von angeblichenGrausamkeiten der »See-Organisation«.Scientology-Gründer L. Ron Hubbardhatte die Truppe 1967 initiiert - »ausSorge um das Wohlergehen derMenschheit«, heißt es auf der Homepageder »Kirche«. Die Realität ist offenbareine andere. Da ist von Drill undendloser Schufterei die Rede. AufKrankheiten werde keine Rücksicht

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genommen. Für Schule sei fast nie Zeit.Wer aufgibt, gilt als Versager, alsSchande für die Familie«, berichtet dieHamburger Morgenpost am 30.10.2002von dem Prozess Vivians. Das Gerichtvermittelt, allerdings mit sehr deutlicherAussage, dass Vivian einen Anspruchauf Schulbildung gehabt hat und dieserwurde ihr versagt. Es geht hier nichtmehr um das Ob, sondern nur noch umdie Höhe der zu zahlenden Summe fürentgangene Bildung, stellt der Richterbereits sehr früh klar. Aber dieEntscheidung der von scientologischenRechtsanwälten begleiteten Eltern fälltschwer und dauert lange. Doch auchVersuche, im Gerichtssaal die

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Ansprüche der jungen Vivian an ihreEltern in eine Anti-Scientology-Kampagne zu verwandeln, lässt dasGericht unbeeindruckt. Schließlich derVergleich: 35.000 Euro haben die Elternfür vergangenes Unrecht an der Tochterzu zahlen. Die gesundheitlichen Schädenund die möglichen Gründe dafür ausihrer scientologischen Vergangenheitwerden nicht mehr erörtert.

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Von Schiffen undPlatzmangel. Was sind

eigentlich Kinder?

Die Gründung der Sea-Organisationdurch L. Ron Hubbard geht auf den Kaufvon Schiffen zurück. Eine Art Flucht aufhohe See durch den Gründer. Ende 1966kaufte die Hubbard ExplorationCompany, eine der inzwischenzahlreichen größeren und kleinerenGesellschaften, die Hubbardsverzweigtes Imperium darstellten,mehrere Schiffe.

Mit dem Kauf der Schiffeschaffte Hubbard die Grundlage,

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sein Hauptquartier auf die offeneSee zu verlegen. Dennmittlerweile wurde die Situationfür ihn und die Scientologen inEngland dramatisch. Zum einensoll ihm die Steuerfahndung aufden Fersen gewesen sein, zumanderen wurde ScientologyGegenstand parlamentarischerUntersuchungen … Am 12.August gab Hubbard in der ›FlagOrder Nr. 1‹ die Formation derso genannten Sea-Organisationbekannt … Hubbard selbsterklärte, die »Sea-Org« sei die»einzige Garantie desÜberlebens der Scientology-Technologie auf diesem

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Planeten«. Mitglieder derOrdensgemeinschaft »Sea-Org«tragen Pseudo-Marine-Dienstgrade und -uniformen undsind militärisch durchorganisiert.Laut Eigenbroschüre soll die»Sea-Org« die »Scientologyfunktionstüchtig erhalten«.

(Minhoff, Christoph; Müller,Martina: »Scientology. Irrgartender Illusionen«. Betrlin, 1998, S.

37)

Das Leben auf den Schiffen wird für dieScientologen von Anfang an schwierig.

Jon Attack, ein ehemaliges Mitgliedder frühen Jahre schildert in seinem

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Buch »A Piece of Blue Sky« die sichimmer verschärfenden Regularien unterdem Stichwort Ethik auf den Schiffen.

Auf Las Palmas wurde die Crewder Avon River (ein Schiff ausHubbards Flotte) bei derfortgeschrittenen »Erforschung«der (scientologischen) Ethik der»Heavy Ethic« (verschärfteEthik), als die sie bald bekanntwurde, zuHubbardsVersuchskaninchen.Neue niedrige Ethik-Zuständewurden eingeführt, alle in einerReihe von Abstufungen … Diearme Frau, die Hubbard beiseiner Erforschung des Ethik-

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Zustandes Lability (Schuld)diente, musste, um ihreUnzulänglichkeit gegenüber denKollegen zu dokumentieren,einen grauen schmutzigenLumpen um den Arm tragen. ImZustand »Doubt« (Zweifel) liefsie mit einer schwarzenMarkierung auf der Backe herumund trug eine große ölige Ketteum ihr Handgelenk.

(Minhoff, Christoph; Müller,Martina: »Scientology. Irrgartender Illusionen«. Berlin, 1998, S.39)

Harte Regeln, die entwickelt wurden, umdie Sea-Org-Mitglieder zu drillen.

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Umgesetzt werden sie bis heute.Diejenigen, die Schuld auf sich geladenhaben, können im so genanntenRehabilitationsprojekt (RPF) landen.Dort sind dann schwarze Kleidung undArmbänder als Markierung bis heute ander Tagesordnung, um den anderen zusymbolisieren: nicht ansprechen,derjenige befindet sich zurzeit außerhalbder scientologischen Normen.

Die Erfahrungen, die Vivian mit derAusgrenzung als out-ethic machte, gehenauf die »Forschungen« des Gründers aufden Schiffen zurück.

Die Ausweitung der Schiffsangeboteauf Landbasen liest sich in derAußendarstellung der Scientology-

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Organisation folgendermaßen:

Die FLAG-Service-Organisationen (FSO) sind einspirituelles Zentrum fürScientologen aus aller Welt...Ende der 60er bis Mitte der 70erJahre befanden sich die höchstenkirchlichen Organisationen anBord einer Flotte. Das 107Meter lange Schiff Apollo dienteL. Ron Hubbard als Wohnsitzund war deshalb damals diehöchste Scientology-Kirche,bekannt als das »Flagg-Schiff«der Flottille, kurz »Flag«genannt.« … Da jedoch mehr undmehr Scientologen an diesen

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Stufen teilnehmen wollten,machte der Raummangel einenUmzug an Land nötig.

(New Era PublicationsInternational [Hrsg.]: »Was istScientology?«. Kopenhagen,1998, S. 294)

Die Sea-Organisation geht also an Land.In Clearwater/Florida wird Mitte der70er Jahre ein großes Gebäude, einehemaliges Hotel, gekauft. DasHarrision-Hotel ist heute eine derZentralen der Sea-Org. Die Richtlinien,die auf den Schiffen galten, gelten nunauch in den Landbasen in den USA undin Europa.

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Dieses bedeutet für alle, dass sie dengestrengen Sea-Org-Mitgliedern zugehorchen haben. Für Kinder bedeutetdieses, dass sie genauso zu handelnhaben und so behandelt werden wieErwachsene. Denn Hubbard hat sichdarum gekümmert, dass in der strengenEliteeinheit das Heranwachsen einergehorchenden Einheit geregelt ist. DieSea-Org kennt die Ausbildung vonKindern als Sea-Org-Mitglieder, aberauch eine von Hubbard besonderegeschaffene Gruppe, die so genanntenKadetten. Wie bei ihm nicht andersmöglich, wird ein Begriff kreiert, werKadett ist, ist kein Kind mehr. DerFLAG-Befehl 760 vom 25. Mai 1968

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liefert unter dem Titel »Kadetten,Untertitel Kinder« folgende verbindlicheDefinition:

Jedes Kind, das seinenPrüfbogen MannschaftsstatusII,Vollmatrose oderMaschinenraum, erfolgreicherledigt hat und einen Posten inder Sea-Org hat und gute Ethik-Aufzeichnungen vorweisen kann,wird ab jetzt nicht mehrallgemein als »Kind« bezeichnet,sondern als KADETT.(Großschreibung im Original,d.Verf.): Das Wort »Kinder«darf nicht verwendet werden, umsie zu bezeichnen, da es ein

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allgemeiner Ausdruck ist. WennKinder anwesend sind, werdensie als Kinder eingeordnet, wasKadetten jedoch nichteinschließt. Kinder sindPersonen, die keine Prüfbögenerledigt haben und keinebezahlten Posten in der Sea-Orginnehaben … Ein Kadett hateinen Rang, der dem gemeinenMatrosen oder demMotorenhelfer entspricht.

Ehemaligen Anhängern mit Sea-Org-Erfahrung sind die gesondertenKadettenschulen bei ihren Aufenthaltenaufgefallen. Ein Bericht aus der Sea-Org-Abteilung Kopenhagen schildert,

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dass die Kinder nicht älter als siebenJahre waren und beobachtet wurde, dassdiese Kadettenanwärter, um ein wenigTaschengeld zu erhalten, bis spät in dieNacht Kuchen gebacken haben, um diesean die Sea-Org-Mitglieder zu verkaufen.Kindgerechte Erziehung sieht anders aus.

In der Vergangenheit stand immer malwieder das Familienleben in der Sea-Org in öffentlicher Kritik. Dennselbstverständlich können auch ganzeFamilien ihr irdisches Leben aufgebenund sich für die Langzeittätigkeit in derSea-Org anwerben lassen. Eine Zeitlangwurden die so genannten Familienzeitenin der Sea-Org diskutiert, die dasZusammensein zwischen Eltern und

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Kindern regeln sollten. Von derScientology-Organisation, wenn irgendmöglich immer dementiert, gibtallerdings eine Anweisung Hubbardseher denen recht, die ein Familienlebender Sea-Org-Mitglieder nicht erkennenkonnten.

Verantwortlich für die »Betreuung«der Kinder sind Gouvernanten. DieAufgabenstellung dieser Position ist imFLAG-Befehl 1630 vom 3.12. 1968niedergelegt:

Der Posten der Gouvernantewird für Kinder eingerichtet, diekeine Kadetten sind und übersechs Jahre alt sind oder nachder Festlegung durch den

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Kapitän. Ein Kind ist jemand,der kein Orgoder Schiffsamtausüben kann. Es wird nicht aufder Gehaltsliste geführt …Kinder müssen mindestens 10Stunden täglich lernen. Siedürfen nicht unkontrolliert dasSchiff durchstreifen. … JedesKind unter 6 Jahren ist als»Kleinkind« oder »Baby« zubezeichnen … Die Gouvernanteist voll für die Handlungen, dasBenehmen und die sittlicheGesinnung der Kinderverantwortlich … DieGouvernante darf die ihranvertrauten Kinder nach ihremErmessen schlagen oder

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züchtigen.

Alle Macht der Gouvernante, zu denEltern nur ein knapper Satz:

Ihre Kleidung und ihr Unterhaltwerden von den Eltern bezahlt.Sie nehmen ihre Mahlzeitengemeinsam ein und dürfen nichtins Kinderzimmer.

Das klingt doch sehr nach Abgabe derelterlichen Sorge an die Sea-Org-Verantwortlichen.

Ob in den USA, in England oderDänemark, für die Erwachsenen stehtder Drill in der Elite genauso bevor wiefür die Kinder und Jugendlichen. Dennwenn Jugendliche in die Sea-Org gelockt

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werden oder von den Eltern suggeriertbekommen, wie stolz sie wären, einKind zu haben, das dort lebt undarbeitet: Es erwartet sie alle das oderÄhnliches, was 1997 in einem Berichtder Süddeutschen Zeitung zu lesen war:

Auf Tanya warten acht bis zehnStunden Arbeit am Tag, dazu fünfStunden Studium derHubbard’schen Schriften.VorMitternacht kommt sie selten insBett. Etwa 300 Scientologenleben in Saint Hill, dazu, nachScientologys eigenen Angaben,77 Kinder und Teenager. »DieKinder werden«, sagt Tanya,»immer mehr … Keine Arbeit

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war offenbar zu hart für Kindervon zum Teil gerade 14 Jahren… Sie habe ihren Posten nichtverlassen dürfen, selbst nicht, alssie unter Fieber gelitten habe.Einmal sei sie von einer anderenScientologinzusammengeschlagen worden,»sie wollten nicht, dass ich zumArzt gehe. Bis ich gesagt habe,ich arbeite keinen Strich mehr.«Der Arzt habe dannGehirnerschütterungdiagnostiziert und mindestensdrei Tage Ruhe verordnet, »aberich durfte mich nicht hinlegen,ich war ja auf Posten … Duwirst fertiggemacht, angeschrien,

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erniedrigt.«

(»Süddeutsche Zeitung«,21.4.1997, Nr. 91, S. 3)

Dieser Bericht stammt aus dem Jahr1997, wie viele Kinder und Jugendlichesind jetzt in den weltweitenEinrichtungen der Sea-Organisation derScientology den Anweisungen ausgesetztund arbeiten und lernen dieHubbard’sche Überlebensstrategie desPlaneten Erde und des Universums? Nurwenige schaffen den Weg hinaus, und aufdiese wartet ein langer, beschwerlicherWeg in die reale Welt.

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Strafe muss sein

Zur Sea-Organisation gehört eineEinrichtung mit dem NamenRehabilitation-Project-Force (RPF).Nach scientologischer Darstellung einevöllig normale Einrichtung, die dazudient, Personen zu rehabilitieren. Weiles offensichtlich in der ScientologyMenschen gibt, die Fehler machen.Ehemalige Insassen dieses RPF nennenes allerdings anders - »Straflager« istder gängige Begriff aus ihrem Mund.

Die Einführung diesesRehabilitationsprojektes geht ebenfallsauf die Zeit auf den Schiffen zurück,

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daher der Zusammenhang mit der Sea-Org.

Anfang 1974 wurde an Bord desSea-Org-Flaggschiffes »Apollo«das »Rehabilitations-Project-Force« (RPF) eingeführt.Corydon (ein kritischerBuchautor, d. Verf.) nennt es ein»Slave labor prison project«(Sklavenarbeit-Gefängnisprojekt). Wer zumRPF-Insassen wurde, musste dieReste essen, die die Schiffscrewübriggelassen hatte. Er durftenicht ohne Erlaubnis mit anderenPassagieren sprechen, schlief inverdreckten Maschinenräumen,

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trug zur Kennzeichnung einenblauen Overall und durfte sichnur im Trab bewegen. Eingewöhnlicher Grund, jemandenins RPF zu schicken, war dessenAbsicht, Scientology zuverlassen.

(Minhoff, Christoph; Müller,Martina: »Scientology. Irrgartender Illusionen«. Berlin, 1998, S.43)

Zu Hubbards Motiven für dieEinrichtung des Programms imJanuar 1974 gehörte auchpersönliche Vergeltung. AlsHubbard Ende 1973 aufTeneriffa … an Land gegangen

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war, um mit seinem Motorrad zufahren, stürzte er und erlittVerletzungen. Während er sichan Bord des Flaggschiffs erholte,machte er namentlich nichtgenannte Besatzungsmitgliederfür den Unfall verantwortlich,die seiner Meinung nach seineBefehle nicht mit genügendSorgfalt ausführten. Als Reaktiondarauf ordnete er die Schaffungdes RPF an. Seine Absicht war,ihm alle diejenigen zuzuweisen,die eine gegen seineAnordnungen oder Wünschegerichtete »Gegen-Intention«hatten..., dazu alle Störenfriedeund Rückfälligen.

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(Kent, Stephen A.:»Gehirnwäsche im

Rehabilitation Project Force[RPF]«. Hamburg, 2000, S. 21)

Als wäre diese Erziehungseinrichtungfür Störenfriede noch nicht genug, gab eswenig später noch eine Verschärfung. Erschuf das RPF im RPF. Auch diesesschriftlich, in einer Flag-Conditions-Order, »Flag-Zustandsbefehl«. Dorthinkommen die Personen, die sich bereitsim »normalen« RPF befinden, aberkeinen befriedigenden Fortschrittmachen. Im Hubbard ManagementTechnology Wörterbuch liest sich dasso:

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… und weil sie deshalb nicht inder Lage war, eineNotwendigkeit für eineWiedergutmachung zu erkennenoder irgendein Mittel, dies zubewirken.

(Kent, Stephen A.:»Gehirnwäsche imRehabilitation Project Force[RPF]«. Hamburg, 2000, S. 21)

Nach der Maßgabe, alles was auf denSchiffen existierte, gibt es nach demLandgang auch dort, sind diese Lagerauch da, wo Sea-Org-Abteilungenexistieren.

Die bisher drastischsten

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Schilderungen von ehemaligen Insassendieses Lagers stammen aus Kalifornien.Es gibt sie aber auch aus England undDänemark. Es handelt sich umMaßnahmen des Freiheitsentzuges mitschwerer körperlicher Arbeit,Schlafmangel, ungenügender Ernährungund mangelnder medizinischerBetreuung.

Hinzu kam - einem Erziehungslagerähnlich - das intensive Studium derideologischen Schriften Hubbards.

Wenn weder Strafen nochdringende ArbeitszuteilungenKonflikte mit der Zeit für das

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Studium bedeuteten, verbrachtenRPF-Insassen bis zu fünf Stundentäglich damit, Scientology-Lehrsätze zu studieren und anzahlreichen Auditing- undBeichtsitzungen teilzunehmen …Man muss als wahrscheinlichannehmen, dass der Zweckdieses intensiven Studiums darinbestand, jemandem HubbardsLehre zur gleichen Zeiteinzuflößen, zu der noch einweiterer RPF-Aspekt aktiv war -erzwungene Geständnisse. Dasheißt, während jemand dasstudierte, was nach Scientology-Meinung die eindeutige Wahrheitdarstellte, erhielt der Betreffende

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ständig … die Botschaft, dass erschwach und schuldbeladen undzu seiner Anleitung voll und ganzauf die Lehren des Anführersangewiesen sei.

(Kent, Stephen A.:»Gehirnwäsche imRehabilitation Project Force(RPF)«. Hamburg, 2000, S 42)

Und die Sea-Org-Kinder? Auch überKinder gibt es Berichte aus dem RPF.Nach der Ideologie auch logisch, denndie FLAG-Order 354 mit derÜberschrift SEA-ORG Children beginntmit dem eindeutigen Satz: »Sea-OrgChildren are crew«. Sie gehören alsozur Mannschaft, zur Besatzung der Sea-

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Org. 1976 soll Hubbard ein Kinder-RPFeingerichtet haben. Die Dokumentenlagedarüber ist spärlich. Was bekanntgeworden ist, ist von der Organisationunbestritten:

Das Schreiben oder Memo voneiner Seite Länge gibt auchEinsicht in das Leben vonKindern in der CadetOrganisation und inVerbindungmit ihr. Cohee schrieb, es gebe… »verschiedene Kadetten und›abgehauene Kadetten‹ (d. h.Ausreißer), die in das Kinder-RPF gehören.«Während diemeisten Kadetten sich bessertenund »produktiv« seien, gebe es

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einen sehr kleinen Prozentsatzvon Unruhe- undStörungsquellen, die dieBemühungen sabotierten, dieDinge in Ordnung zu bringen. Ein(im Text genannter Junge) warein spezielles Problem: »Ermuss aus den Tätigkeitsgebietenaller anderen herausgenommenwerden (d. h. aus der täglichenArbeit der Organisation) und andas Kinder-RPF überstelltwerden. (Er) hat vor kurzem eineRasierklinge genommen und sichüberall auf den Armen ›X‹ in dieHaut geschnitten. Er ist in der PT(present-time = Jetztzeit)psychotisch und muss genau

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beaufsichtigt werden.«

(Kent, Stephen A.:»Gehirnwäsche imRehabilitation Project Force(RPF)«. Hamburg, 2000, S. 47)

Im Hier und Jetzt psychotisch, für dieseFälle gibt es ein besonderes Programm,den so genannten Introspektion-Rundown. Nach den Unterlagen istdieser wohl 1974 von Hubbard in einerAnweisung festgeschrieben.Überarbeitet allerdings 1991, fünf Jahrenach Hubbards Tod. Es muss wohlGründe dafür geben, dass dieser »Kurs«anscheinend an Bedeutung gewonnen hat,dass man auch diesen überarbeitenmusste. Die Definition, wann sich eine

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Person in einer psychotischen Krisebefindet, geht natürlich auf dieHubbard’schen Begründungen zurück.Der Mensch funktioniert nicht wiegewünscht im System. Das macht schondie Beschreibung des Zwecks dieserMaßnahme deutlich.

Zweck des Introspektion-Rundowns ist es, die Dinge zulokalisieren und zu korrigieren,die jemanden dazu bringen, seineAufmerksamkeit nach innen zufixieren,auf sich selbst … DieserRundown orientiert diebetreffenden Personen nachaußen, sodass sie ihre Umweltsehen und beherrschen und daher

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mit ihr umgehen können.

(Hubbard, L. Ron: »HCOBulletin« 23.1.1974, bearbeitetam 25.4.1991)

Die Verantwortung für diesen langandauernden Prüfungsprozess liegt beiden so genannten »Fallüberwachern«,die für diese schwierigen Fällesensibilisiert werden:

Die Fallüberwachung und dasAuditieren bei Psychos ist einesehr präzise und sogar riskanteAngelegenheit... Sie befindensich am niedrigsten Punkt auf derWirkungsskala, sind daherempfindlich (bestenfalls) und

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leicht zu überwinden.

(Hubbard, L. Ron: »HCOBulletin« 23.1.1974, bearbeitet25.4.1991)

Der einmal als psychotisch eingestufteMensch ist nicht mehr in derGemeinschaft zu »heilen«:

Wenn sich jemand in einerpsychotischen Krise befindet,muss man ihn isolieren, um ihnzu beruhigen und ihn und anderevor möglichem Schaden zuschützen.

Die Frage stellt sich, ob dieser»Rundown« nicht auch deswegen mitAnweisung zur Isolation entwickelt

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wurde, um auf gar keinen Fallzuzulassen, dass Menschen, die durchdie scientologische Tretmühlepsychische Auffälligkeiten zeigen, in dieAußenwelt zu entlassen. Damit würdedokumentiert, welche Auswirkungen diescientologische Hirnwäsche haben kann.Hubbard bezeichnet diese Maßnahme alsden endgültigen Durchbruch, dieExistenz von Psychiatrie zu beheben.

Dass man sich mit dieser Behandlung amRande bewegt, denn die Anweisung,Menschen zu isolieren, kann ja durchausals Freiheitsberaubung gewertet werden,macht im Kursprogramm ein Absatz

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deutlich.

Wird jemand nach Abschluss derBearbeitung einer psychotischenKrise aus der Isolierungentlassen, ist es üblich, ihnwieder willkommen zu heißenund verlorene ARK aus derGruppe wieder herzustellen -falls erforderlich, mit einerMeldung in den Tagesbefehlen.

… Es würde formell mitgeteilt,dass der/die Betreffende gernewieder aufgenommen worden seiund dass man ihm erlaubenwerde, angerichteten Schadenwiedergutzumachen, dass er abernicht dazu gezwungen werde. Bei

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einem Personalangehörigenwürde man eine Überstellung andas RPF erwarten - falls ein RPFdort existiert - und dieAnweisung, Schadengutzumachen.

(Hubbard, L. Ron: »HCOBulletin« 23.1.1974, bearbeitet25.4.1991)

An diesen Ausführungen wird einigesdeutlich. Die wahrscheinlich vonHubbard einmal für die Sea-Orgentwickelte Maßnahme desIntrospektion-Rundowns (für dieseThese spricht das Datum des erstenBulletins Hubbards) kann nun jedentreffen, der bei Scientology-Kursen aus

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Sicht der Organisation als psychotischeingestuft wird. Die Aussage, wirdjemand aus der Isolation entlassen, wirftdie Frage auf: Gibt es Menschen, dienicht aus der Isolation entlassen werdenkönnen? Was passiert mit diesen?Werden sie alle irgendwann vonScientology ausgeschlossen?

Dass der Ausschluss aus derOrganisation eine der Maßnahmen seinkann, die die Organisation von diesensie doch belastenden Menschen befreit,wird in der wissenschaftlichen Studieder Bayerischen Landesregierung 2002dokumentiert:

Fall 6 - Scientology

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Der Befragte hat bei eineranderen Betroffenen während derTeilnahme an einerVeranstaltungder Organisation eineErkrankung erlebt, die er als»Geisteskrankheit«beurteilte.Während einesAuditings sei eine Frau»durchgedreht« und nackt in derStadt herumgelaufen. DieAnbieterorganisation gab alsDiagnose, die Person sei»psychotisch«. Die Frau wurdein der Organisation »isoliert,gefesselt und zwangsgefüttert«.Mit ihr durfte nicht gesprochenwerden. Die Betroffene war

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nicht in der Lage, sich selbstHilfe zu verschaffen. Ihr wurdedurch die Organisationabgeraten, medizinische Hilfe inAnspruch zu nehmen. Erst amvierten Tag sorgte dieAnbieterorganisation selbst fürmedizinische Hilfe. DieBehandlung durch dieOrganisation hatte keineAuswirkungen auf denG e s u n d h e i t s z u s t a n d . DieBetroffene wurde schließlichwegen der Erkrankung aus derAnbieterorganisation bzw. vonder Teilnahme an weiterenKursen ausgeschlossen.

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(Küfner, Heinrich; Nedopil,Norbert; Schöch, Heinz:»Gesundheitliche und rechtlicheRisiken bei Scientology«.Lengerich, 2002, S. 131)

Die Scientology-Organisation würdeFragen nach Auswirkungen undbetroffenen Personen sofort als aus demZusammenhang gerissene Interpretationbewerten und Schilderungen vonEinzelfällen zurückweisen. Aber dieFormulierung des Kursmaterials lässtohne Zweifel die Frage zu, ob dasVersagen der Kurse auf der Brücke dieeinzige Sanktion darstellt.

Da in der Anweisung zwischenPersonalangehörigen und anderen

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unterschieden wird - und der in derBayerischen Studie dokumentierte Fallbelegt es -, kann diese Maßnahme nunalso alle Frauen, Männer und Kinderüberall in der Welt treffen, die sich vonder nach außen dargestellten Welt derBefreiung von allen Problemenhineinlocken lassen.

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Die Funktion vonProminenten in und für

Scientology

Wie tarnt man Teufelchen alsEngelchen? Nun, man nimmt Götzen alsGlamour, einen goldglitzernden Sternder Highsociety, einen Star, der beliebt,ja anbetungswürdig ist, und überträgtdessen Glorienschein auf Scientology.

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(Caberta, Ursula;Träger, Gunther:»Scientology greift an«.Düsseldorf, 1997, S. 121)

Prominente Zeitgenossen, darunter inerster Linie Musiker, Schauspieler undandere Künstler, genießen beiScientology besondere Zuneigung -vorausgesetzt, sie sind linientreu. Extrafür sie gibt es die »Celebrity Centers«,kurz »CC«. In ihrer weltumspannendenGesamtheit bilden sie innerhalb derScientology-Organisation eine eigeneEinheit. Die »getarnten Engelchen«

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werden hier scientologisch betreut undbegleitet. Auch hier klareAufgabenzuweisung und Ansprüche andas Verhalten:

Das Celebrity Center ist dafürverantwortlich sicherzustellen,dass Prominente (Celebrities) inihrem Machtbereichexpandieren. Diese Organisationist auch für die Grundausbildungeiner prominenten Persönlichkeitin der Scientologyverantwortlich.

(FO 2361, -Abk. CC)

Damit gilt für die scientologischePromi-Szene wie für alle anderen:

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Hubbards Richtlinien sind bindend. DenMachtbereich auszubauen heißt hierauch, mit Namen und Position in derGesellschaft das Image der Organisationzu fördern, den möglichen Einfluss aufKultur, Gesellschaft und Politik zunutzen, um Scientology Türen zu öffnen.Eine solche Funktion wie im SystemScientology ist in totalitär strukturiertenSystemen immer beliebt gewesen.

Tom Cruise, John Travolta, AnneArcher, Chick Corea, Isaac Hayes,Kirstie Alley sind wohl die bekanntestenMitglieder aus der GlamourworldHollywood der Scientology

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Organisation. Den Machtbereichauszubauen heißt für diese Szene aberauch, möglichst in ihrem Freundes-,Kollegen- und Familienkreis zu werbenoder mindestens dafür zu sorgen, dassdiese der Organisation nicht kritischgegenüberstehen. Die Hubbard-Anweisung mit dem Titel »Wie manseinen Freunden Scientology verkauft«dürfte auch diesem Personenkreisgeläufig sein. Das Schneeballsystem vonKopf zu Kopf funktioniert auch in diesenKreisen, denn auch dort wird es nichtweniger Schwachstellen bei denPersonen geben, also scientologischeRuin-Points, als im Rest derGesellschaft.

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Einem John Travolta, einem TomCruise oder im deutschsprachigen Raumeinem Maler Gottfried Helnwein fällt eseben leichter, Kontakt aufzunehmen unddiesen zu pflegen mit Personen, die inder Gesellschaft Verantwortung tragenoder zumindest Einfluss auf Kultur undPolitik haben. Prominente derScientology erfüllen schon mitKontakten ihren scientologischenAuftrag.

Erfahrungen damit, was es heißt, miteinem funktionierenden Scientology-Celebrity befreundet zu sein, hat dasEhepaar Victoria und David Beckhamgemacht. Das britische Glamour-Paarwürde die scientologische Promi-Szene

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sicherlich schmücken und eininternationaler Fußballstar öffnet in dieSportszene sicherlich Türen. Konnteman bisher der Presse entnehmen, dassvor allem David Beckham resistent undeher genervt war von denAnwerbeversuchen des Tom Cruise,verdichten sich nun die Gerüchte, dasser seinen Widerstand aufgegeben habensoll. Man kann vor allem für dieBeckham-Kinder nur hoffen, dasswenigstens der Vater noch einmal dieNotbremse zieht.

Gerade die Debatte um Tom Cruiseund seine junge Frau Katie Holmeshaben weltweit eher negativeSchlagzeilen hinsichtlich der

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Zugehörigkeit des Stars zu Scientologygebracht. Im Internet nachzulesendeSätze wie »Sein gesamtes Umfeld seigenervt von Toms Kontrollzwang. Ammeisten Sorgen muss man sich jedochwohl um seine Ehefrau machen …«,können den Verantwortlichen beiScientology nicht wirklich gefallen. Daist es doch hilfreich, wenn relativzeitnah eine andere sehr prominentePerson sich für Scientology ausspricht.»Jennifer Lopez verteidigt Scientology«war eine Schlagzeile Ende Januar 2007.Ihr Daddy sei seit 20 Jahren dabei, lässtsie verkünden und ebenfalls eine ihrerengsten Freundinnen. Sie selber gehörenicht dazu, aber sie sei traurig, dass »dieLeute« Scientology so negativ

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darstellen. Da kann doch die Führungdes Systems gleich wieder lächeln. Eineso charmante Lobbyistin kann nichtüberhört werden. Wird sie auch nicht,wie die Schlagzeile zeigt.

Die enge Freundin, von der JenniferLopez spricht, ist auch keineUnbekannte, jedenfalls nicht fürdiejenigen, die Fans der US-amerikanischen Serie »King of Queens«sind. Die Serie läuft als Dauerbrennerauch im deutschen Fernsehen. InGastrollen ist auch schon mal andereScientology-Prominenz zu sehen, wiezum Beispiel Kirstie Alley. Sie und dieweibliche Hauptdarstellerin bei King ofQueens, Leah Remini, wurden 2006 von

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der Organisation mit der PlatinMeritorious Medaille ausgezeichnet.Laut Scientology gelten sie damit als»wahre Verfechter der Freiheit«.

Gerade Victoria Beckham hätteeventuell Gründe, sich nicht von TomCruise einfangen zu lassen. 1998berichtet der STERN mit einem Fotovon Ex-Spice-Girl Geri Halliwell, diedurch Beverly Hills bummelt, unter demArm - unübersehbar - das Handbuch derScientology-Organisation. DerKommentar der Zeitschrift dazu: DieSekte, der Stars wie John Travolta, TomCruise und Kirstie Alley angehören, giltals sehr mächtig in Hollywood. Geri, dienach ihrem Ausstieg bei der

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Mädchenband mit ihrer angestrebtenKarriere bisher wenig vorankommt, kannHilfe gebrauchen. Mal sehen, ob dieBotschaft ankommt. Diese kurze Notizmacht das deutlich, was sich vieleimmer wieder fragen, warum so »große«Namen dazugehören. Über GeriHalliwells Hollywood-Karriere istwenig bekannt geworden, es hatvielleicht nichts gebracht, dieDemonstration der Nähe zu Scientology.

Aber es gilt für alle Menschen, egalwo: Es wird angesetzt bei denmenschlichsten Schwachstellen. DerWunsch nach Ruhm in Hollywood oderanderswo kann ja schon der Einstiegsein, um sich in das Kurslabyrinth zu

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begeben.

Während der massiven gegenDeutschland gerichteten Kampagnen inden USA, die Scientologen würdenwegen ihrer religiösen Überzeugungverfolgt, gab es eine Art offenen Brief anden damaligen Bundeskanzler HelmutKohl, in dem die Empörung über diese»Diskriminierung« zum Ausdruckgebracht wurde. Unterschrieben hattendiesen Brief auch Stars aus Hollywood,die in der Vergangenheit nicht durch eineNähe zur Organisation aufgefallenwaren, wie Dustin Hoffmann oder auchder Regisseur Oliver Stone. Stone sollsich später von der Unterschriftdistanziert haben. Wenn es so gewesen

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sein sollte, ist dieses natürlich nicht sobreit in die internationale Öffentlichkeitgedrungen.

Der berühmte Name als Türöffner.Keinem scheint es im Namen derScientology so gut gelungen zu sein wieTom Cruise. Parallel zu den in internenZeitschriften nach der Jahrtausendwendevon der Scientology-Spitze verkündetenPlänen der Invasion in Europa, hatanscheinend Tom Cruise in deneuropäischen Ländern genau dieseTüröffnerfunktion übernommen. 2006 istein Schriftwechsel bekannt geworden, indem er sich beim US-amerikanischenAußenministerium dafür bedankt, dassihm geholfen wurde, in Europa gegen die

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Diskriminierung seiner »Religion« überdie US-Vertretungen etwas zu tun. Die inden europäischen Hauptstädten seitAnfang des Jahrhunderts eröffnetenZentralen, beginnend in dereuropäischen Hauptstadt, zeigen, dassTom Cruise wohl in die gesamteKampagne einbezogen war. In Madridwar er persönlich vor Ort. In Berlin, beider Eröffnung Anfang 2007, hat manallerdings vergeblich auf ihn gehofft,aber sein medialer Werbeauftritt wari h m ja bereits vorher gelungen. Derregierende Bürgermeister hatte sich beieinem anderen Anlass und lange vor derEröffnung des neuen Gebäudes strahlendneben ihm in der Öffentlichkeitpräsentiert.

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Es ist also nicht nötig, in die USA zublicken, wenn es um die Vereinnahmungvon Politikern in diePropagandamaschinerie der Scientologygeht. In den 90er Jahren hat sich wohleines der spektakulärsten Ereignissedieser Art im deutschen Fernsehenabgespielt. In der Hochphase derpolitischen Auseinandersetzung mit derOrganisation Scientology und anderenproblematischen Gemeinschaften inDeutschland trat die damalige grüneVizepräsidentin des DeutschenBundestages, Frau Antje Vollmer, in derdamals sehr beliebten Talk-Show vonAlfred Biolek auf. Daran ist erst einmalnichts Besonderes, allerdings an ihrer

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Seite saß ein österreichischer Malernamens Gottfried Helnwein, von demeigentlich schon lange bekannt war, dasser Mitglied der Scientology-Organisation ist. Wie auch immer. Indem Zeitraum, in dem diese Talkrundezustande kam, war die Enquête-Kommission im Deutschen Bundestagetabliert worden, die sich mit demPhänomen der so genannten Sekten undPsychogruppen zu befassen hatte. Zudieser Zeit fand auch die Kampagne inden USA gegen Deutschland statt. FrauVollmer, zu der Zeit eine der höchstenRepräsentantinnen der Bundesrepublik,ließ sich zu einer Äußerung herab, dieden scientologischen Strategen derScientology wunderbar in das Konzept

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gepasst haben muss. Der MalerHelnwein, dem das OberlandesgerichtFrankfurt/M. 1996 attestiert hatte, er seiGeistlicher der Scientology, ergeht sichin düsteren Ankündigungen, dass er indie USA auswandern wolle, da er sichin Deutschland diskriminiert fühle. FrauVollmer war empört und zog einenhistorischen Vergleich:

Es kann nicht angehen, dass heuteschon wieder deutsche Künstlernach Amerika fliehen müssen.

Unmissverständlich zieht sie eineVerbindung zur Vertreibung vonKünstlern wie Thomas Mann, BertBrecht oder Oskar Maria Graf aus Nazi-Deutschland. Genau das Horn, in das

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zeitgleich die Scientologen in den USAstießen. Besser ist wohl bisher dieStrategie der Organisation im deutschenFernsehen nie aufgegangen.

In den USA - in Hollywood - wird dieNähe wie selbstverständlich zelebriert.Da taucht der Hubbard-NachfolgerDavid Miscavige an der Seite von TomCruise bei der Oscar-Verleihung auf.Am jährlichen Fest der US-amerikanischen Kultur teilnehmen zudürfen, das bedeutet einiges. Wer beidieser Veranstaltung auftaucht, gar vonden Kameras erfasst wird, und dasdürfte an der Seite von Tom Cruise keinProblem sein, der kann sich im Licht derweltweiten Öffentlichkeit sonnen. In

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Hollywood scheint dieses fürScientology fast uneingeschränkt zugelten. So dankte John Travoltaanlässlich einer Preisverleihungausdrücklich L. Ron Hubbard. Abereben nicht nur dort. Bereits nach demTod von Hubbard 1986 unterschriebenviele Künstler auch in Deutschland eineKondolenzanzeige in der FAZ - unterihnen natürlich auch Gottfried Helnwein.

Aber selbst unbedeutendere Künstler,wie der Scientologe und Maler PabloRöhrig in Hamburg, können sich mitGlamour umgeben. Herr Röhrigpräsentiert durchaus gerne, auch ineinem Bildband mit seinen Werken, denso beliebten Thomas Gottschalk, der

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auch gerne mal mit John Travolta aufseinem »Wetten-dass-Sofa« über denneuesten Film plaudert. Pablo Röhrigjedenfalls hat Bilder gemalt, vonThomas Gottschalk und dessen Frau. ImBildband findet sich auch ein Foto desGemäldes von der Sportlerin KatrinKrabbe. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte,dass Thomas Gottschalk, dessen Frauoder Katrin Krabbe in einer Verbindungzu Scientology stehen oder auch nurwissen, dass Pablo Röhrig Scientologeist. Die Wirkung solchen Schaffens darfman aber trotzdem nicht unterschätzen,denn die Betrachter dieser Bilder fragensich unwillkürlich, wie ist es dazugekommen, dass das Ehepaar Gottschalksich von diesem Künstler malen ließ.

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Die Nähe zu prominentenPersönlichkeiten ist kein schlechterAnfang für Gespräche. Es macht denMaler interessant, und ein Hauch vonWichtigkeit kann ihn umgeben. So einenmöchte man vielleicht näher kennenlernen. Kontakt herstellen, Gesprächeführen, der Einstieg in das System fürunbedarfte Kunstfreunde kann schnellgehen.

Abwehr von Hindernissen auf demWeg zum endgültigen Ziel, Scientologyin der Politik zu etablieren,scientologische Regierungen zu schaffenund gleichzeitig Organisation und dieIdeologie werbewirksam unters Volk zubringen, diese Strategie wird angewandt

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bei Kampagnen mit prominenter Hilfeweltweit. Die eigenen Leute dazu zubenutzen, ist der eine Teil, Lobbyisten zuproduzieren der andere. Dazu gehörtauch die Erkenntnis, dass man an derPresse nicht vorbeikommt. Auch das warbereits Hubbard klar, und so gelten zwarJournalisten »als nicht leichthandhabbar« aber durchaus als nutzbarfür die eigenen Ziele. Bei jederGelegenheit, wie auch bei breiterkritischer Auseinandersetzung, werdenalle Register gezogen. Mit allen Mitteln,die zur Verfügung stehen, soll verhindertwerden, dass die Organisation schlechtePresse hat. Denn negativeBerichterstattung nicht zu verhindern, istein Schwerverbrechen in Hubbards

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Gesetzbuch. Sieht es also schlecht ausfür die Organisation oder kündigt sichauch nur Ungemach an, gilt Folgendes:

Im Angesicht einer Gefahr durchRegierungen oder Gerichte gibtes nur zwei Fehler, die manmachen kann: a) nichts zu tun undb) sich zu verteidigen. Dierichtigen Dinge, die zu tun sind,um jeglicher Bedrohung zubegegnen, sind:

1. herausfinden, ob wir dasSpiel, das angebotenwird, spielen wollenoder nicht;

2. falls nicht, dasangebotene Spiel mit

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einemTäuschungsmanöver odereinem Angriff auf denverwundbarsten Punkt,der in den Reihen desFeindes gefunden werdenkann, zur Entgleisung zubringen;

3. genügend Drohungen undGetöse veranstalten, umdem Feind den Mut zunehmen/ihn zum Zitternzu bringen

4. …5. jeden Angriff gegen uns

auch zu nutzen,Scientology zu verkaufenund

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6. zu gewinnen.

(Zitiert in:Voltz,Tom:»Scientology und [k]ein Ende«.Düsseldorf, 1995, S. 180)

Das ist die Vorgabe. Für die Umsetzunggilt Folgendes (und das sollten sich alle,die in Versuchung geraten, Prominenteoder auch andere Mitglieder derOrganisation als Menschen wie du undich zu behandeln, immer vor Augenführen):

Aktionen:

Den Glauben und die Einstellungder Öffentlichkeit gegenüberGesellschaften und Personenverschlechtern, die Ziele haben,

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die sich gegen diejenigen derScientology richten …

Auf Regierungen konstantenDruck ausüben, um eine Pro-Scientology-Rechtsprechung zuerreichen und Anti-Scientology-Rechtsprechung von derScientology feindlich gesinntenGruppen zu verhindern …

Beschreibung:

Wenn wir den Zweck und dieHandlungen dieses Postensbetrachten, dann sollte sofortoffensichtlich werden, dass wir

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hier, um einen alten politischenAusdruck zu gebrauchen,tatsächlich das Äquivalent einesMinisteriums für Propaganda undSicherheit haben …

Operation:

Obwohl diese Abteilunganscheinend (die Gruppe) als ihrZiel hat, handhabt sie tatsächlichnichts anderes als INDIVIDUEN.Um dies zu erreichen, muss sienur einzelne Menschen alsFreunde und Verbündetegewinnen.

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Zum Beispiel:

(a) Die Aktion, für besserePresse zu sorgen, bestehtdarin, Freundschaft miteinem Herausgeber zuschließen …

(f) Die Aktion, eine Pro-Scientology-Regierung zuerreichen, besteht darin,sich die höchstplatzierteRegierungsperson, an dieman herankommt, zumFreund zu machen und inihren privaten Haushaltoder in Büropositionen inihrer Nähe Scientologenzu platzieren und dafür zu

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sorgen, dass Scientologyihre Sorgen und ihrenFall löst.

(g) Die Aktion, feindlicheGerüchte in derÖffentlichkeit zureduzieren, besteht darin,sie hartnäckig zu derPersonzurückzuverfolgen, diesie verbreitet, und diesePerson direkt zukonfrontieren und sichderen direkterOpposition zu entledigen.

(Voltz,Tom: »Scientology und[k]ein Ende«. Düsseldorf, 1995,

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S. 181f.)

Das Entwickeln einer Lobbyistenkulturfür den Sieg der Scientology. DieProminenten der Organisation sollen dieTüröffner sein, und sie sind es. Aber dasGewinnen von Verbündeten geht übereinen Pressetermin auch weit hinaus.Einer der wohl aktivsten Lobbyisten ist,zumindest noch bis in das Jahr 2003, derehemalige Chef des Hannah-Arendt-Institutes in Dresden gewesen. SeinVertrag wurde, so verkündete diesächsische Staatsregierung im April2007, nicht verlängert. Der Spiegelmutmaßt, einer der Gründe sei die zustarke Nähe zu Scientology. DieBerufung seinerseits war von Anfang an

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umstritten. Ausgerechnet einVerharmloser der Scientology sitztdiesem Institut vor. Hannah Arendt, dieentscheidende Frau in derTotalitarismusforschung. Sie hätte wohlkeine besondere Freude an HerrnGerhard Besier. Für Scientologynatürlich ein Lobbyisten-Highlight,insbesondere wenn dieser Mann indieser Funktion dann auch noch bei derEröffnung der Scientology-Zentrale inder europäischen Hauptstadt im Jahr2003 eine Art Willkommensrede hielt.Das hat ja vorbildlich funktioniert mitder Strategie. Die sächsischeStaatsregierung hätte eigentlich wissenkönnen, wen sie sich da an die Spitzedes renommierten Institutes holt. Besier

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war schon in der Vergangenheit alsVerharmloser aufgefallen. Unteranderem hat er mit anderen namhaftenPersonen wie Hans Apel und ErwinScheuch 1998 eine Presseerklärungherausgegeben, in der die Arbeit derEnquête-Kommission des DeutschenBundestages zu den so genannten Sektenund Psychogruppen kritisiert wird. DieFormulierung der Erklärung könnte ausdem Lehrbuch für Gegenmaßnahmen beikritischer staatlicher Befassung vonScientology stammen: »Beteiligt sich derdeutsche Staat an der Diffamierung undDiskriminierung von religiösen undweltanschaulichen Minderheiten?« Sodie Fragestellung der Presseerklärung.

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Dass dieses mehreren derproblematischen Gruppierungen inDeutschland gefallen hat, davon ist wohlauszugehen. Scientology jedenfalls gibtso eine öffentliche Stellungnahme dieMöglichkeit, weltweit ihre Kampagnengegen kritische Auseinandersetzungeinzusetzen.

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Der lange Weg zurück in diereale Welt

Die Aussteiger hatten überwiegendhochrangige Positionen innerhalb der SO(Scientology, d.Verf.) Führungsebeneinne.Sie verfügten somit übernachweislich guteZugangsmöglichkeiten, was die imRahmen der SO geheim zu haltenden

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Informationen angehen. Ihre Aussagendecken sich in den entscheidendenPunkten völlig, obwohl sie inverschiedenen Ländern in verschiedenenPositionen innerhalb der SO tätig warenund ihre Erfahrungsberichte unabhängigvoneinander abgaben. Sie stehen zudemim Einklang mit den aus einerumfassenden Auswertung der SO-Primärliteratur gewonnenenErkenntnisse über die Verhältnisseinnerhalb der SO. Für dieGlaubwürdigkeit spricht darüber hinaus,dass die Ex-Scientologen ihreErklärungen im Rahmen vonGerichtsverfahren in eidesstattlicherForm abgegeben haben.

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Die SO konnte die Glaubwürdigkeit derAussteiger nicht erschüttern. ZentraleKritikpunkte wurden von der SO nichtbestritten.Vielmehr wendet die SOgegenüber den Aussteigern diescientologische Technik an, die Kritikerzu diffamieren und mit Gegenvorwürfenund Prozessen zu zermürben.

(Bayerisches Staatsministerium desInnern: »Der Verfassungsschutzinformiert«. München, 1998, 32f.)

In kurzen Sätzen wird die Bedeutung fürdie Aufklärungsarbeit, aber auch für dieChancen, Gerichtsverfahren gegen dieOrganisation zu gewinnen,zusammengefasst. Der Weg, den dieeinzelnen Personen gegangen sind, um

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sich Behörden oder Presse mit ihrenKenntnissen, Erlebnissen undErfahrungen zur Verfügung zu stellen, istmeistens sehr lang. Wie viele dieOrganisation verlassen oder esmindestens versuchen, ist nicht bekannt.Es ist davon auszugehen, dass diewenigsten den Weg zur Beratung nachdem Ausstieg suchen. Sie werdenversuchen, irgendwie außerhalb desSystems klarzukommen. Das istschwierig. Es ist sicherlich vonBedeutung, wer, wie, wo und vor allemwie lange sich jemand in derOrganisation bewegt hat. Wie viel»Dosis« Scientology sozusagenverabreicht wurde. Damit ist jeder, dernach dem Weggang Hilfe sucht, ein für

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sich zu bewertender Einzelfall. Jederund jede dieser Menschen hat neben denpersönlichen Erfahrungen auchKenntnisse über Zusammenhänge imSystem. Allerdings ist das System soangelegt, dass neben dem eigenen Wegzum Clear und OT das Gesamte seltengesehen wird. Das liegt vor allem wohldaran, dass selbst die Mitarbeiter nurdas erfahren, was sie benötigen, um imSystem ihren »Posten« zu erfüllen. Esbedarf also verschiedener Personen ausunterschiedlichen Einheiten undAufgabenfeldern, um zu realisieren, dassdas interne Schrifttum auch in dieLebenswirklichkeit umgesetzt wird. Wieein Mosaik zeichnen die Berichte der

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ehemaligen Anhänger und diePrimärliteratur, wenn diese zurVerfügung steht, das Gesamtbild.

Der Weg hinaus ist immer steinig. Dieverinnerlichte Lehre, Scientology alsalleingültiger Weg mit der gleichzeitigenDämonisierung dernichtscientologischen Welt und vor allender Personen, die sich kritisch mit demSystem auseinandersetzen, können selbstbei Zweifeln während der aktiven Zeitdazu führen, dass man lieber bleibt, alsden Schritt in die so feindliche Welt zuwagen.

Der häufig vollzogene Bruch mit

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Angehörigen und Freunden wird dieSkepsis wahrscheinlich bei vielenZweiflern noch erhöhen. Außerdem istjeder Zweifel schon ein scientologischesVerbrechen, man selbst diagnostiziertbei sich das scientologische Stigma der»potentiellen Schwierigkeitsquelle«.Darüber mit den scientologischen»Freunden« zu sprechen, ist ja auch nichtvorgesehen, denn weiß man, ob nichtsofort ein Wissensbericht über dieZweifel geschrieben wird. Die internegegenseitige Kontrolle funktioniert.Denn auch derjenige, dem man sichanvertrauen möchte, wird inMitleidenschaft gezogen. Er darf vonZweifeln nichts wissen, das hindert ihnwiederum am Fortkommen im System.

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Ein Teufelskreis, der sich im Kopfabspielt, denn durchgängig wird immerwieder im Kurssystem vermittelt, dassdie Fehler nur bei einem selbst liegen,einen Fehler der Organisation kann esnicht geben. Daran wird es liegen, dasswohl alle, die sich lösen, mindestens inder ersten Phase nach dem Ausstiegstarke Verratsgedanken oder -gefühleentwickeln.

Es ist verblüffend, welchetrivialen Overts(Fehlhandlungen, d. Verf.) einePerson dazu bringen, abzuhauen.Ich erwischte einmal einenMitarbeiter gerade noch, bevorer abhaute, und verfolgte die

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ursprüngliche Overt-Handlunggegen die Organisation auf einVersagen zurück, dieOrganisation zu verteidigen, alsein Verbrecher gemein über siesprach. Zu diesemVersagenkamen immer mehr OvertsundWithholds hinzu,wie zumBeispiel das Versäumnis,Mitteilungen weiterzuleiten,eineArbeitszuweisung nicht zuerledigen, bis die Personschließlich völlig herunterkamund etwasWertloses stahl.Dieser Diebstahl brachte diePerson dazu, dass sie meinte, essei besser zu gehen.

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(Küfner, Heinrich; Nedopil,Norbert; Schöch, Heinz:»Gesundheitliche und rechtlicheRisiken bei Scientology«.Lengerich, 2002, S. 349)

Um von vornherein etwaige späterekritische Äußerungen über das Erlebtewährend der Zugehörigkeit zudiffamieren, wird vermittelt, dass diesesnur deswegen geschieht, um die eigenenFehler, das eigene Versagen imNachhinein zu rechtfertigen. Dass damitgleichzeitig eine Herabwürdigung derjeweiligen Person einhergeht, kann vonden im System Verbleibenden nichtgesehen werden.

Bei Hubbard heißt es unter anderem

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dazu:

Um dieses Weggehen zurechtfertigen, erträumt dieweggehende Person Dinge, dieihr angetan wurden, in demBemühen, den Overt dadurch zuverkleinern, dass diejenigenherabgesetzt werden, denen erangetan wurde. Die daranbeteiligten Mechaniken sindrecht einfach.

(Küfner, Heinrich; Nedopil,Norbert; Schöch, Heinz:»Gesundheitliche und rechtlicheRisiken bei Scientology«.Lengerich, 2002, S. 349)

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Scientology selbst wird nicht müde, inder Öffentlichkeit zu behaupten, dassjede Person, die mit denDienstleistungen nicht zufrieden ist,jederzeit gehen kann. Man gibt sichregelmäßig empört, wenn behauptetwird, dass der Weg behindert oder sogarunmöglich gemacht wird. Tatsächlichexistiert ein formaler Weg hinaus nachden Vorgaben der Organisation. Der sogenannte Free Loader Bill und dasProcedere dazu sind vorgeschrieben:

Bevor eine Person ihren letztenGehaltsscheck von einerOrganisation beziehen darf, diesie aus eigenem Entschlussverlässt, muss sie alle ihre

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Overts- und Withholds gegen dieOrganisation und dem mit derOrganisation in Verbindungstehenden Personal aufschreiben,und diese müssen an einem E-Meter überprüft werden.

(Küfner, Heinrich; Nedopil,Norbert; Schöch, Heinz:»Gesundheitliche und rechtlicheRisiken bei Scientology«.Lengerich, 2002, S. 349)

Also ein umfassendes Befragungsritual,das der Organisation die Möglichkeitgibt, während dieses Verfahrens weiterEinfluss zu nehmen. Allerdings erfährtman bei dieser Gelegenheit auch nocheiniges über die Person und

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möglicherweise über andere im System.Wer also im »guten Einvernehmen«, wiees so schön scientologisch heißt, gehenwill, muss sich ein letztes Mal demSystem gegenüber völlig offenbaren.Dieses gibt natürlich auch dieMöglichkeit, noch einmal an dievergangenen Zeiten anzuknüpfen unddenjenigen doch wieder an sich zubinden. Außerdem wird dieVerantwortung dafür, dass jemand dieOrganisation verlassen will, allenanderen mitgegeben und diese - sollte esnicht gelingen, die Person zu halten -auch für eventuell später auftretendeProbleme, die durch den Weggangeintreten können, verantwortlichgemacht. Wer sich nicht daran hält,

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begeht eine scientologische Straftat.Nicht nur das, es gilt alsSchwerverbrechen, keine Mitteilungüber solche Entwicklungen zu machen:

Mitarbeiter-Kollegen und anderesind darüber zu informieren,dass man die Belegschaftverlässt. Wo eine Personheimlich plant, wegzugehen undprivateVorbereitungen dafürtrifft, ohne die korrektenTerminal der Organisation zuinformieren und tatsächlichweggeht (abhaut) und nichtinnerhalb einer vernünftigenZeitspanne zurückkommt, mussautomatisch eine Erklärung zur

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unterdrückerischen Personherausgegeben werden. Solltesich herausstellen, dass als Folgedavon irgendwelche Gelder oderirgendwelches Eigentum derOrganisation fehlen, müssenHandlungen hinsichtlich einerStrafanzeige unternommenwerden.

(Küfner, Heinrich; Nedopil,Norbert; Schöch, Heinz:»Gesundheitliche und rechtlicheRisiken bei Scientology«.Lengerich, 2002, S. 350)

Verbunden mit den Versagensdrohungenwird bei dieser Gelegenheit auch nocheinmal intensiv vermittelt, dass allen

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denjenigen, die gehen, Schrecklichesbevorsteht. Dieses ist dann auch dieBotschaft und Warnung an die anderen,die sich vielleicht von ähnlichenGefühlen und Ideen verleiten lassenwollen.

Die Person bringt sich mit ihreneigenen Overts und Withholdszum Abhauen … Indem wir dasWeglaufen erlauben, ohne es zuklären, degradieren wir Leute,denn ich versichere Ihnen, undmit etwas Betrübnis, dass Leutesich nicht oft von Overts gegenScientology, ihrenOrganisationen und damit inVerbindung stehenden Leuten

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erholt haben. Sie erholen sichnicht, denn sie wissen in ihremHerzen, selbst während sielügen, dass sie Leuten Unrechtzufügen, die ernorm viel Gutes inder Welt getan haben und tun unddie definitiv keine schriftlichenoder mündlichen Verleumdungenverdienen. Im wahrsten Sinnedes Wortes bringt es sie um, undwenn Sie es nicht glauben, kannich Ihnen die lange Liste vonTodesfällen zeigen.

(Küfner, Heinrich; Nedopil,Norbert; Schöch, Heinz:»Gesundheitliche und rechtlicheRisiken bei Scientology«.

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Lengerich, 2002, S. 350)

Wie viele es gibt, die nach dieserProzedur von ihrem Vorhaben, dieOrganisation zu verlassen, absehen,wird nicht bekannt. Aber die Gefahr,dass die Vermittlung, es komme aufjeden Einzelnen an im Kampf um dieRettung des menschlichen Daseins unddie einzig wahre Erkenntnis derScientology ein »Clear« sei, istpraktisch eine neue Evolutionsstufe mitunbegrenzten Möglichkeiten. Auch dasdürfte bei der eventuellen Überlegung,doch lieber im System zu bleiben, eineRolle spielen. Das Dabeisein versprichtquasi Immunität bei diversenKrankheiten. Die verinnerlichten Ideen,

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sich selbst dann wegen Verratsgedankenals ewig geisteskrank sehen zu müssen,kann ein Übriges bewirken. Wer auchdas übersteht und bei seinem Entschlussbleibt, sieht sich dann außerhalb desSystems damit konfrontiert, dass das inder Regel nur noch aus Mitgliedern derOrganisation bestehende persönlicheUmfeld zusammenbricht. Einmalstigmatisiert als vom rechten Wegabgekommener Mensch, dürfen die imSystem Verbleibenden keinen Kontaktmehr zu ihm haben. Die Gefahr, alspotentielle Schwierigkeitsquelle interneingestuft zu werden oder unterstellt zubekommen, ein Schwerverbrechenbegangen zu haben, weil man in dergemeinsamen aktiven Zeit

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zusammengearbeitet hat und nichtgemerkt hat, dass derjenige gehen will(und deshalb natürlich auch keineMitteilungen an die »korrektenTerminal« schreiben konnte), wird vieledavon abhalten, Kontakte zu pflegen. DieErfahrung zeigt, dass so manchemScientologen erst in einer solchenSituation deutlich wird, wieeinschränkend für die eigene FreiheitScientology ist.

Dieses gilt für diejenigen, diegegangen sind, aber auch für diejenigen,die bleiben. Die Vehemenz derVermittlung, bei Austrittswilligeneingreifen zu müssen, lässt die Annahmezu (diese hat sich auch in

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Beratungssituationen hin und wiederbestätigt), dass ein Austritt eine Art Sogbewirken kann und andere demjenigenfolgen. Dagegen gilt es, Mechanismeneinzubauen. Demzufolge spielen Angstund Verunsicherung eigentlich immer mitbei dem Weg hinaus in die ganz fremdgewordene reale Welt.

Die Komponenten des Systemsmachen das Leben nun schwierig. ImWesentlichen sind es folgende, diegeprägt haben und nun vergessen werdenmüssen:

Die Gruppe als geschlossene Einheit,in der die immer wieder von jedemEinzelnen verkündete Euphorie über dasErreichte, den jeweils anderen

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anspornen, ähnlich erfolgreich zuwerden und wenn möglich dasvorgegebene Programmziel, sei es daspersönliche oder für die gesamteGruppe, vor anderen vertretbarerreichen zu müssen. Dieses erhöht dieAnstrengungen. Es vermittelt das Gefühlvon Erfolg, was durch die Bestätigungenin der Gruppe bei den geradezuritualisierten Treffen mit Verleihungeiner Art von Urkunde über denAbschluss von Kursen oderBelobigungen bei Einsatz vonKampagnen erzeugt wird. Durch dieIsolation in Form der Abkapselung nachaußen erhöht sich das Gruppengefühl.Insbesondere die Vermittlung, dass esMerkmale gibt, die die Scientology als

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Gesamtheit von anderen Personen undGruppen unterscheiden, verfestigt dieseWahrnehmung und gleichzeitig dieAbschottung zu den nicht dazugehörenden Personen. Hier spielt wohlvor allem die für Außenstehende nichtnachvollziehbare Sprache einewesentliche Rolle. Die Kommunikationnach außen ist nicht nur schwieriger,sondern in vielen Fällen erst einmalunmöglich.

Mit der Bindung nach innen verfestigtsich gleichzeitig das Feindbild. Zudieser Gruppe zu gehören, rechtfertigtdie Methoden, sich gegen die »Feinde«zu wehren. Das gilt dann auch für jedenEinzelnen:

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Die klare Trennung zwischen den»guten Scientologen« und den»verdammungswürdigenUnwissenden« lassenMitgliedern keinenVerhaltensspielraum.

(Minhoff, Christoph; Müller,Martina: »Scientology. Irrgartender Illusionen«. Berlin, 1998, S.122)

Die häufig völlig unverständlicheBereitschaft, sich denVerhaltenskontrollen ohne Widerspruchzu unterziehen (Ethik-Offiziere etc.)wird einerseits mit der Angst vor denSanktionen zu erklären sein, aberandererseits auch mit der

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verinnerlichten, für den Einzelnenwahrscheinlich durchaus logischenErklärung, dass dieses alles sein muss,um die Expansion der Gemeinschaft inder Welt, die alles und jeden retten kann,nicht zu gefährden.

Außerdem hat man - der eine früher,der andere später - seinnichtscientologisches Alltagslebendramatisch verändert. Das Leben in undfür Scientology ist der Maßstab. AlteFreunde oder Bekannte, in vielen Fällenauch die Familie, der Arbeitsplatz,Hobbys, aber auch das Denken infinanziellen Sicherheiten wird zugunstendes Lebens in der Organisation teilweiseoder ganz aufgegeben.

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Solche Lebenssituationen lassenKritik an verinnerlichter Lehre undOrganisation nicht zu. Von objektiverBeurteilung des eigenen Lebens gibt eskeine Spur mehr.

Dieses deshalb, weil es derPerson nicht mehr möglich ist,den Grund dafür - sprichScientology - ohne psychischeFolgen in Zweifel zu ziehen (einTatbestand, über den derEinzelne sich nicht »bewusst«ist). »Beweisführungen« vonAngehörigen mögen zwarkognitive Dissonanzen erzeugen,diese werden jedoch derartreduziert, dass Scientology im

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Überzeugungsgefüge desBetroffenen möglichst wenigSchrammen erhält.

Dieser Mechanismus wirkt soelementar, dass selbst sogenannte Aussteiger, die die»Beweise« gegen dieOrganisation (= Dissonanz)akzeptiert und ihr den Rückengekehrt haben, oftmals immernoch an Hubbards Lehrenglauben.

(Minhoff, Christoph; Müller,Martina: »Scientology. Irrgartender Illusionen«. Berlin, 1998, S.123)

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Man verlässt diese Organisation alsonicht einfach wie einen Kegelclub odereine andere Gemeinschaft und machtnach dem Abenteuer bei der Hubbard-Truppe da wieder weiter, wo manvorher aufgehört hat. Die Füße sind raus,der Kopf braucht noch eine Weile. Derehemalige Scientologe Norbert Potthoffvertritt die Auffassung, dass jemand dieJahre, die er innerhalb des Systemsverbracht hat, außerhalb auch wiederbraucht, um nicht mehr scientologisch zufunktionieren. Ob diese These für allestimmt, ist vielleicht anzuzweifeln, dajeder doch bei aller Gleichschaltungauch einen »eigenen« Weg gegangen ist.Allerdings macht sich vor allem

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deutlich, dass es Zeit braucht, nicht mehrdie scientologische Sprache zu sprechen.Auch die Verinnerlichung der Ton-Skala, nach der Menschen einzuteilensind, scheinen viele ehemaligeScientologen länger zu beherrschen, alssie und vor allem auch ihr Umfeld fürmöglich gehalten haben. Das Knüpfenvon sozialen neuen Beziehungen wirdschwer, wenn man bei Begegnungengleich im Kopf hat, ob jemand auf derSkala eventuell unter 1,1 - also verstecktfeindselig - einzustufen ist.

Neben diesen nicht zuunterschätzenden emotionalenSchwierigkeiten kommt hinzu, dass diemeisten sich in einer desolaten

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finanziellen Situation befinden. Ob alsSubunternehmer bei einem WISE-Betrieb oder als hauptamtlicherMitarbeiter in einer der anderenScientology-Einheiten: Geld ist knapp,denn die Bezahlung im System war nichtdazu gedacht, etwas zu sparen. Schuldensind nach dem Ausstieg an derTagesordnung. Es kann dann auch nochpassieren, dass von der OrganisationRechnungen geschickt werden, dass mannicht für alle »Dienste« bezahlt hat.Diese Gegenrechnungen werdenbesonders gerne gestellt, wenn derAusgestiegene der Auffassung ist, ihmstehe aus seiner Zeit bei derOrganisation noch Geld zu.

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Es gab jemanden, der in Deutschlandfür seine Tätigkeit in Scientology Gehalteingeklagt hat und damit gleichRechtsgeschichte schrieb. Bis zumBundesarbeitsgericht ging die juristischeAuseinandersetzung. Scientology sprichtnach außen ungern von »Mitarbeitern«,logisch, der Begriff impliziert das Rechtauf Bezahlung der Arbeit. Nach derenDarstellung außerhalb des Systemshandelt es sich um »ehrenamtlicheTätigkeit«, und die Organisation sorgtsich um das leibliche Wohl. DasBundesarbeitsgericht sah das 1995allerdings anders. Danach ist dieTätigkeit als hauptamtlicher Mitarbeitereines Vereins der Scientology in

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Deutschland eine zu bezahlende Arbeit.Dass in diesem Beschluss das höchsteArbeitsgericht der Organisation auchnoch ins Stammbuch geschrieben hat,dass sie für sich nicht den Schutz desArtikels 4 des Grundgesetzes inVerbindung mit den Artikeln 137 bis 140in Anspruch nehmen kann (also es sichnicht um eine wie auch immer gearteteReligions- oderWeltanschauungsgemeinschaft handelt),macht die Entscheidung für dieOrganisation doppelt unangenehm. Dasehemalige Mitglied bekam nach dieserhöchstrichterlichen Entscheidung dannvom zuständigen Arbeitsgericht Lohnzugesprochen. Die Hoffnung, die vielehatten, dass nach dieser

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Grundsatzentscheidung viele andereAussteiger auch diesen Weg gehenwürden, trog allerdings. Dieses liegt vorallem daran, dass der Weg bis zu einerEntscheidung, die Organisation zuverklagen, sehr lang ist. Außerdem mussman sich für diesen Weg dazuentschließen, Rat und Hilfe beiBeratungsstellen zu suchen, die in deraktiven Zeit als Feindesland dämonisiertwurden. Im Kopf muss man sich schonvon vielem verabschiedet haben, umdem Beispiel zu folgen.

Zurückzukehren in den vielleichteinmal erlernten Beruf ist für vieleebenso schwierig. Meistens hat sich eineMenge verändert, und in

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Bewerbungsunterlagen als letztenausgeübten Beruf eventuell»Fallüberwacher« oder »Auditor« ineiner Scientology-Einheit gewesen zusein, wird die Vermittlungschancenwahrscheinlich nicht erhöhen. Relativgut gelingt es den ehemaligenScientologen, wieder Fuß zu fassen, dieschnell in der Lage sind, diescientologische Vergangenheit alsIrrweg zu akzeptieren und zu erkennen,dass sie für das System zumFunktionieren gebracht wurden, und eineDistanz zu entwickeln. Diese Menschenkönnen leichter zurück in die reale Weltund sind auch in der Lage, Hilfsangeboteanzunehmen, sei es vonvorscientologischer Zeit wieder

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auftauchenden Freunden oderVerwandten oder auch vonBeratungsinstitutionen oder dem Staat.

Am schwersten haben es diejenigen,die als Kinder oder Jugendliche durchihre Eltern zu Scientologen wurden. Inder Regel ohne jeglichen Schulabschlussund durch die scientologischenErziehungsmaßnahmen geprägt, scheinensie immer auf der Suche nach familiärerNähe und nach Wärme und haben esbesonders schwer, wenn sie ihrescientologischen Eltern, manchmal sogardie Großeltern im System zurücklassen.Denn sie betreten eine völlig neue Welt,die ihnen häufig genug auch noch mitgroßer Skepsis entgegentritt, denn ihr

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Verhalten ist - wie kann es auch anderssein - scientologisch bestimmt und daskann massive Irritationen hervorrufen.Aber auch für sie gibt es einen Wegaußerhalb des Systems, mit Hilfe vonnichtscientologischen Teilen derFamilie, wenn es diese gibt, vielZuwendung und manchmal auch mitnotwendiger therapeutischer Hilfe.

Im Gegensatz zu den Erwachsenenhaben Kinder und Jugendliche durchausauch eine größere Chance, wenn sie inder Lage sind, die Angebote derAußenwelt anzunehmen, einenSchulabschluss und eine Ausbildung zubeginnen. Dieses können stabilisierendeWege sein, ein ohne Einfluss der

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Organisation gestaltetes Leben zu führen.Aus Beratungssituationen mit den in derOrganisation aufgewachsenenEhemaligen wird allerdings bisher einesimmer wieder deutlich: Die Sehnsuchtnach der verlorenen Kindheit kann keinSchulabschluss und keine beruflichePerspektive stillen.

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Die juristische undpolitische Diskussion

Es gab seit Entstehen der Organisationkeine Zeit, in der sie nicht in der Kritikstand. Die Auseinandersetzungen machensich bis heute an denselben Punkten fest.Allerdings sind Bewertung undSchlussfolgerungen in den bald 60Jahren der Existenz unterschiedlich.

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Beginnend in den 50er Jahren in denUSA über Diskussionen im Parlamentmit eindeutigen Aussagen zurGefährlichkeit der Praktiken inAustralien über die Diskussion inGroßbritannien, die vor allem in einemumfangreichen Bericht des britischenUnterhauses Anfang der 70er Jahredokumentiert ist, bis zu denDiskussionen im französischenParlament und natürlich der Diskussionin der Bundesrepublik Deutschland sinddie Feststellungen erschreckendidentisch.

»Der Krieg ist vorbei«, verkündeteHubbard-Nachfolger und Boss derOrganisation, David Miscavige, Anfang

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der 90er Jahre. Das Scientology-Volkjubelte, endlich hatte die US-amerikanische Steuerbehörde dieOrganisation als steuerbefreit anerkannt.Selbstverständlich wurde dieses nichtals »Steuerbefreiung« von derOrganisation benannt, sondern alsAnerkennung der Religionsgemeinschaft.Damit hat diese Entscheidung allerdingseher wenig zu tun. Als gemeinnütziganerkannt zu werden, ist in den USAeigentlich nicht schwierig, viele - auchgerade sich religiös gebende Gruppen -haben diesen Status. Für Hubbard, seineNachfolger und damit seine Organisationhat das lange gedauert. Und dieseEntscheidung ist vorläufig ergangen. Voneiner endgültigen dauerhaften

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Steuerbefreiung ist bisher nichts bekanntgeworden. Bekannt geworden sindallerdings die Schwierigkeiten und auchdie Gründe dafür, die die Organisationjahrzehntelang in den USA hatte. DieAufgabe, den gemeinnützigen Status zuerhalten, hatte innerhalb des Systems derVorläufer des Office of Special Affairs(OSA), das Guardian Office (GO), alsoder Geheimdienst. In den 70er Jahrenwar die Chefin des Geheimdienstes diedamalige Ehefrau von L. Ron Hubbard,Mary Sue. Der angestrebte Status derGemeinnützigkeit hatte eine hoheBedeutung, wie ein Schreiben von MarySue Hubbard an die Vertreterin desGuardian Office am 27. Mai 1975

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schrieb.

Unsere genaue Strategie mit derIRS (US-amerikanischeSteuerbehörde, d.Verf.) wirdFolgende sein:

1. sich jeder Methodebedienen, mit der wir dieSchlacht um dengemeinnützigen Statusgewinnen können.

2. Wir haben alle Zeit auchüber Jahre … Wirarbeiten, um zugewinnen, aber auch umZeit zu gewinnen, die füruns arbeitet, nicht für sie.

Entsprechend dieser Marschrichtung ist

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man dann auch vorgegangen. Man hatteZeit. Rückschläge gab es immer wieder.So hatte das Internal Revenue Service(IRS), die US-amerikanischeSteuerbehörde, der Organisation bereits1957 einmal denGemeinnützigkeitsstatus verliehen, alsodie Steuerbefreiung gewährt. DiesesGlück dauerte allerdings nur zehn Jahre,dann wurde genau diese Steuerbefreiungwieder aufgehoben. Danach wird das»Snow White«-Programm entwickelt.Die Anweisung, alle Methodenanzuwenden, werden umgesetzt und dasnicht ohne Folgen. 1977 schlägt dasfeindliche Imperium zurück. Das FBIdurchsucht das Hauptquartier derScientologen in Washington D. C. und in

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Los Angeles und beschlagnahmtbelastendes Material. Dieses reicht, umhochrangig verantwortliche Mitglieder,darunter auch Mary Sue Hubbard, wegenVerschwörung zu verurteilen und insGefängnis zu schicken. Dieses ist dannauch der Moment, wegen der schlechtenPresse das Guardian Officeumzubenennen in das Office of SpecialAffairs (OSA). Offiziell gilt das Jahr1983 als Auflösungsjahr des GO und derEtablierung der OSA. Wegen derschlechten Presse aufgelöst, heißt nicht,dass sich an den Vorgaben etwasgeändert hätte. Dass dieses so ist, wirdu. a. durch ehemalige Anhänger aus denUSA bekannt. 1984 wird die Nationale

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Vereinigung der »IRS Whistle-blowers«gegründet. Ziel dieser Gerüchteabteilungvon Scientology ist es, dieGlaubwürdigkeit des US-amerikanischen Finanzministeriums zuuntergraben, es folgt die Einstellung vonprivaten Ermittlern, um das persönlicheUmfeld leitender Angestellter desFinanzministeriums zu untersuchen.Dieses soll nach Angaben desLandesamtes für Verfassungsschutz abSommer 1989 geschehen sein. DieseAktionen sind anscheinend von Erfolggekrönt, denn im August 1993 kommt eszu einer geheimen Vereinbarungzwischen Finanzministerium undScientology, die die Steuerbefreiungbeinhaltet. Das Ziel ist erreicht, mit

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welchen Mitteln, wird nicht bekannt, undd e r Boss von Scientology kanntriumphieren. Nicht nur in Europa wurdediese Kehrtwende der Einschätzung derOrganisation durch die US-amerikanische Behörde mit Befremdenzur Kenntnis genommen. Auch in denMedien der USA kam die Überraschungdarüber zum Ausdruck. Die New YorkTimes berichtet 1997 in einem Artikelausführlich und formuliert auch, dassselbst ein Urteil des US-Berufungsgerichtes 1992, welches dieursprüngliche Entscheidung derSteuerbehörde, der Organisation dieSteuerbefreiung zu verweigern, zu Rechterfolgt ist, mit der Begründung, die

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Einschätzung der Behörde, es handelesich bei Scientology um eineOrganisation mit kommerziellemInteresse, den Lauf der Verhandlungennicht mehr aufhalten konnte. Ebenso dievon der Scientology-Organisationbestimmt als Störfeuer eingeschätzteTitelstory des Time-Magazins 1991 mitder Überschrift »Scientology - Kult derHabgier« hat die Verhandlungen nichtbeeindruckt. Der Prozess um diese Storydauerte zehn Jahre. Letztendlich wurdedem Time-Magazin vom US-Gerichtbestätigt, dass der Artikel ihresJournalisten nicht mutwilligrufschädigend gewesen sei. Vielleicht istja die Entwicklung zur Steuerbefreiungin den USA unter den Satz zu stellen, der

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auch Streitpunkt der gerichtlichenAuseinandersetzungen war, denn dortwar zu lesen, dass die »Kirche« als»eine riesige gewinnbringende globaleGaunerei, die durch Einschüchterungihrer Mitglieder und Kritiker in Mafia-Manier überlebt«.

Wie auch immer diese Entscheidungzustande kam, seitdem wirkt dieScientology-Propaganda, sie sei in denUSA als Religion anerkannt, in allepolitischen oder gerichtlichenAuseinandersetzungen.

Die »Vereinbarung« enthältjedoch in keinem ihrerAbschnitte den Hinweis, dassScientology eine Religion ist, es

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wird immer nur von derSteuerbefreiung für einegemeinnützige Organisationgemäß den SteuergesetzenderVereinigten Staatengesprochen … In den USA istdem Staat untersagt zuentscheiden, was eineKirche/Religion ist und wasnicht.

(Landesamt fürVerfassungsschutz Baden-

Württemberg [Hrsg.]: »DerKampf der Scientology-

Organisation um dieAnerkennung der

Gemeinnützigkeit in den USA

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und seine Auswirkungen aufDeutschland«. Stuttgart, 2004, S.

36)

Aber wer liest schon die gesamteVereinbarung, und Verfassungsrechtlerist ja auch nicht jeder. Das Resultat istfestzustellen: Die Desinformation derOrganisation läuft, überall. Vor allemauch in den USA hat es anscheinend impolitischen Raum zu solidarisierendemVerhalten gewirkt. Hinterfragt, so hatman den Eindruck, wird nicht mehr, undes scheint geradezu alles vergessen zusein, was in der Zeit vor dieserEntscheidung in Berichten und inGerichtsurteilen in den USAdokumentiert wurde.

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Die Auswirkungen im politischenRaum waren dann doch überraschendschnell zu spüren. Kurze Zeit nach derEntscheidung der Steuerbehördeveröffentlicht das US-Außenministeriumseinen Menschenrechtsbericht, und hiertaucht dann erstmalig der Vorwurf auf,die Mitglieder der Scientology-Organisation würden in Deutschlanddiskriminiert. Seitdem finden sich dieseVorwürfe in unterschiedlicher Schärfewieder. Die Anweisungen Hubbards,auch staatliche Institutionen zu nutzen,um Kritik und Kritiker möglichst zumSchweigen zu bringen, können überverschiedene politische Institutionen inden USA durchaus als umgesetzt gelten.

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Die sorgenvollen Stimmen aus den USAin Richtung Deutschland sinddokumentiert:

Besorgniserregend ist, dass derVorsitzende des AuswärtigenAusschusses desRepräsentantenhauses, BenjaminGilmann, zu denjenigen gehört,die die im Oktober 1997abgelehnte Resolution (eshandelte sich um eineResolution, die sich gegen dieBundesrepublik Deutschlandrichtete, d.Verf.) unterstützen.Offenbar ist die Versuchungvieler Abgeordneter doch größerals angenommen, auf den

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manipulativen Umgang derChurch of Scientology mit derdeutschen Geschichte und dentatsächlichen politischen undrechtlichenVerhältnissen inDeutschland zustimmend zureagieren. Es ist absehbar, dassdie Church of Scientology in dernächsten Runde derAuseinandersetzung ihre Public-Relations-Kampagne wieder zuverstärken versuchen wird. Ihrstehen dabei beachtliche Kräftezur Verfügung: Schauspieler,Politiker, ein nach wie vor latentkritisches Deutschlandbild ingroßen Teilen deramerikanischen Medien, smarte

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Rechtsanwälte und Public-Relations-Spezialisten sowieGeld, und zwar sehr viel Geld.Ob und in welchem Maße dabeiGeld der Church of Scientologyin die Politik Eingang findet, istschwer nachzuweisen.Möglicherweise lohnt es sichjedoch, dieser Spur nachzugehen.

(Vermerk des Direktors derFriedrich-Ebert-Stiftung, zitiert

in: Kruchem,Thomas:»Staatsfeind Scientology?«.

München, 1999, S. 425)

Wie in den USA kurz nach Entstehen derersten Dianetik- und Scientology-Einrichtungen, gab es auch Europa sehr

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schnell Auseinandersetzungen mitBehörden und natürlich vor denGerichten. Da England von Beginn anvon Hubbard mit ausersehen war, zueinem Zentrum seiner Organisation zuwerden, ist es logisch, dass auch dortdie Konflikte nicht lange auf sich wartenließen. Auch in der Bundesrepublik kames vergleichsweise schnell zupolitischen Reaktionen. Die auf dienachfolgend geschilderten Ereignissegerichtlichen Auseinandersetzungenendeten Anfang der 80er Jahre. Wieimmer dauern solche Gerichtsverfahrenlänger und länger, das liegt unteranderem im Wesentlichen an dentaktischen Spielen der Rechtsanwälteder Scientology-Organisation, denn

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gegen die Organisation gerichtete Urteilesollen nicht vorkommen. Nicht immer -wie die Erfahrung zeigt - sind dieverschiedenen Gerichte und Instanzen inder Lage, sich mit den Manövernauseinanderzusetzen. Anders lief es beidiesem Verfahren, das sich zwar langehinzog, aber in der Bewertung dann dochrelativ eindeutig ausfiel:

Hintergrund war ein Erlass desdamaligen Bundesinnenministers, der1972 (!) das Bundeskriminalamt (BKA)beauftragte, vorhandene Erkenntnisseüber die Scientology-Organisationmitzuteilen. In diesen Zeitraum fallen dieersten Schritte der Organisation aufbundesrepublikanischem Boden, die

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ersten Vereine waren gegründet, undeigentlich befand man sich von Seitender Scientology noch in denKinderschuhen. Aber irgendwieaufgefallen müssen sie ja schon sein,sonst wäre es wohl zu diesem Erlass desBundesministers des Innern nichtgekommen. Das Bundeskriminalamtverfügte noch über keine nennenswertenErkenntnisse, und so stützte sich derBericht an den obersten Dienstherrn aufErkenntnisse, die man über Interpolerhalten hatte. Diese wiederum wareneinem Bericht aus 1969 von NewScotland Yard entnommen. Was dasBundeskriminalamt zu berichten hatte, istdas, was auch heute immer noch zueinem wesentlichen Teil die Vorwürfe

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an die Organisation ausmacht:

Die Tätigkeit der Organisationbesteht in einer psychologischenAmateur-Analyse des Menschen,was als eine Art Gehirnwäschebezeichnet werden kann … Fürgewöhnlich stellt der Auditorstehend an den Lernendenstundenlang immer wieder einbis drei Fragen. Der Geist desLernenden wird dadurchschließlich verwirrt … Dagegenist bekannt, dass es keinem»scientologist« … gestattet ist,einen Arzt aufzusuchen, es seidenn, dass eine chirurgischeBehandlung dringend

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erforderlich ist. Aber auch dannmuss die Genehmigung einesEthikers eingeholt werden, dernichts anderes als einSicherheitsbeauftragter derOrganisation ist.

(Oberlandesgericht München 1 U1273/81, Urteil vom 28.1.1982,S. 5)

Damit aber nicht genug, der Bericht ausGroßbritannien geht noch weiter, so dassman sich wohl berechtigt die Fragestellen kann, wieso heute eines derEuropazentren in der Nähe von Londonliegt. In dem den deutschen Behördenübermittelten Bericht ist nämlich weiterzu lesen:

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Die Regierung (d. britische,d.Verf.) ist jedoch zu demSchluss gekommen, dass dieseBewegung so anstößig ist, dassalles, was in ihrer Macht steht,getan werden muss, um einweiteres Anwachsen derBewegung einzudämmen. Eswird vermutet, dass Angehörigeder Bewegung Straftaten (Betrug,schwere Körperverletzung undErpressung) begangen haben. Esist bekannt, dass sich einigeMitglieder der Organisation mitanderen zusammengetan haben,um unschuldige Leute inkriminelle Angelegenheiten zu

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verwickeln und um siefälschlicherweise einesVerbrechen zu bezichtigen.

(Oberlandesgericht München 1 U1273/81, Urteil vom 28.1.1982,S 8)

Klar, dass die Weitergabe diesesBerichtes an andere Stellen in derBundesrepublik Deutschland verhindertwerden sollte. Die Verfahren dazudauerten und beschäftigten die oberenGerichte in Deutschland. 1982 verlordie Organisation das Verfahren, aber einZiel war erreicht: Zu diesem Zeitpunktinteressierte sich nur noch eineMinderheit für dieses langwierigeVerfahren, und die Organisation war

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inzwischen in der Bundesrepublikangekommen und hatte deutscheAnhänger gewonnen, die natürlich nichtsüber die Vorwürfe von Interpol und demBericht an den Innenminister wussten.

Die weiteren Auseinandersetzungenlassen allerdings nicht lange auf sichwarten, in München wird die nächsteSchlacht geschlagen. Hier wiederholtsich, was bereits im Bericht an denBundesinnenminister steht, die Kritikerder Organisation werden diffamiert,angezeigt, sie sollen zum Schweigengebracht werden. Das Ergebnis endet fürdie Organisation in einem Fiasko, da dieStaatsanwaltschaft in München denSpieß umdreht. Die

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Einstellungsverfügung der Strafanzeigeliest sich wie eine Anklageschrift an dieOrganisation. Auch hier wird belegt,wie Menschen ausgespitzelt wurden undwie skrupellos die Verantwortlichen derOrganisation vorgingen. Die aus denbeschlagnahmten Unterlagen vonScientology möglichen abgeleitetenVorwürfe ähneln dann auch wieder sehrden bereits von Interpol genannten:Verdacht des Betruges, der Nötigung unddes Wuchers, des Verstoßes gegen dasHeilmittel- und Heilpraktikergesetz.Auch die Finanzen haben anscheinenddie Münchner Behörden beschäftigt, esgab einen Haftbefehl gegen einen derführenden Personen, der allerdingsentzog sich dem und entschwand in die

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Schweiz. In beiden Fällen wurden dieErmittlungsverfahren gegen dieScientologen letztlich eingestellt.

Juristische Niederlagen derOrganisation, verbunden mitEinschätzungen über dieVorgehensweise finden in derAußendarstellung natürlich nicht statt.Dabei sind diese häufiger, als es denBossen in den USA lieb sein kann. AberScientology profitiert wohl auch vom»kurzen Gedächtnis« der Öffentlichkeitund der öffentlichen Auseinandersetzung.Auch auf der anderen Seite des großenTeiches, dieses Mal in Kanada, kam esEnde der 90er Jahre zu einem Urteilgegen die Gesamtorganisation. Sie

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wurde zu einer Geldstrafe von 250.000Dollar verurteilt und eines derScientology-Mitglieder zu einerGeldstrafe von 5.000 Dollar. DieGrundlage der Verurteilung, die auchdurch die Revision in Kanada bestätigtwurde, legte ähnliche Vorgehensweisenoffen, wie sie bereits in den USAfestgestellt wurden und zu denGefängnisstrafen der Verantwortlichenfür das Guardian Office geführt hatten.Das Gericht stellte nämlich fest, dasssich auf Veranlassung der OrganisationMitglieder gezielt bei der Polizei unddem Justizministerium in der ProvinzOntario beworben und nach ihrerEinstellung unter Verstoß gegen denAmtseid Kopien vertraulicher

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Unterlagen entwendet und derScientology-Organisation zugespielthatten. Interessanterweise zeichnete inKanada für die Revision noch dasGuardian Office verantwortlich, das zudiesem Zeitpunkt angeblich formal nichtmehr existierte. Das Gericht in Kanadamachte in seinem Urteil dann sehrdeutlich, dass die Abteilung desGuardian Office, unter deren Aufsichtdie Aktion gelaufen ist, keineunabhängige Einrichtung ist, sondernzum Gesamtsystem gehört.

Fast zeitgleich wurde ein ehemaligerLeiter einer Scientology-Einheit in Lyonin Frankreich verurteilt. Die Vorwürfelauteten fahrlässige Tötung und Betrug.

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Neben dem Leiter wurden weitere 14Scientologen verurteilt. Die Strafenwurden zwar zur Bewährung ausgesetzt,aber auch in diesem Verfahren wurdedokumentiert, dass für Fehlverhalten vonMitgliedern eine Verantwortung desSystems herangezogen werden kann. Inseinem Urteil stellt das Landgerichtunter anderem Folgendes fest:

Daher sind die irreführendeWerbung, die den Ansatzpunktfür das Aufsuchen des Zentrumsdurch den Neuling darstellt, unddas zu Beginn genährte Unwissendes Neulings hinsichtlich derBedeutung der Ausdrücke»Dianetik-Zentrum« oder sogar

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»Scientology-Kirche«, ebensowie die eingesetzten Methodendes Kundenfangs und die Praxisdes Auditing, die Reinigungs-Kuren und die als Mittel zum»Verpfeifen« eingesetztenBekenntnisse, sowie die Ethik-Berichte, also all dieseMethoden, die dazu bestimmtsind, Geld wegzunehmen und denNeuling gleichzeitig seiner freienEntscheidungsfähigkeit zub e r a u b e n , jeweils alsbetrügerische Machenschaftenanzusehen, die dazu bestimmtsind, ihn zu hintergehen.

(Homepage der Bayrischen

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Staatsregierung:http://www.innenministerium.bayern.de

Auch das alte Griechenland hatte seineLast mit der Organisation. Auch hiernatürlich gerichtliche Verfahren. ImGegensatz zu anderen Ländern zogen dieAthener Gerichte allerdingsweitergehende Konsequenz als inanderen Ländern. Die Auflösung derAthener Scientology-NiederlassungEnde 1996 wurde in 1997 von dernächsten Instanz bestätigt. Diegrundsätzliche Bewertung fielvernichtend aus:

Aufgrund dessen, und als völliglogische Notwendigkeit, die dieMöglichkeit jeder anderen

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Version ausschließt, wurdevollständig erwiesen, dass derBerufungsgegner (Scientology, d.Verf.) eine Vereinigung mittotalitären Strukturen undTendenzen ist, die den Menschenim Grunde verachtet, wobei sieoberflächlich frei handelt,lediglich mit dem Ziel,Mitglieder zu rekrutieren, die inder Folge der Gehirnwäscheunterzogen werden, mit allenvorgenanntenVerfahrenundTheorien und dem Ziel derGedankenkontrolle, aber auchzum Brechen desWiderstandes(Grundlegende Position desGründers der Scientology), so

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dass wir es schließlich mitwillenlosen Kreaturen zu tunhaben, die ihreEntscheidungsfähigkeit auf Grunddes freien Willens verlorenhaben, nachdem sie die Stadiender Lehren der Scientologydurchlaufen haben.

(Homepage der BayrischenStaatsregierung:http://www.innenministerium.bayern.de

Schon diese Auswahl unterschiedlicherGerichte in unterschiedlichen Ländernzeigt, dass sich alle mit denselbenVorgehensweisen befassen. VonAbhängigkeit der Mitglieder von derOrganisation bis zum totalitären

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Charakter des Gesamtsystems ist allesvertreten.

Ungeachtet dessen ist dieOrganisation unbeirrt ihren Wegweitergegangen. Vor allem auchOsteuropa lag im Blickpunkt in den 90erJahren. Am besten belegt wurde dieStrategie durch die Offenlegung vonMaterialien, die ein Aussteiger derÖffentlichkeit zur Verfügung stellte, amBeispiel Albaniens. Von Deutschlandaus wurde das Projekt »Bulgravia« (einHubbard-Kunstwort zur Bezeichnungeines scientologisch funktionierendenLandes oder einer Region) in Angriffgenommen. Die Pläne sahen vom Aufbauvon Presseorganen bis zur

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Einflussnahme auf die Regierung allesvor, was sich Hubbard unter seinemKonzept wohl vorgestellt haben mag.Vereinnahmt in diese Pläne wurden auchdeutsche Anwaltskanzleien und sogardas deutsche Konsulat in der HauptstadtTirana. Nachdem die deutschen Medienden Albanien-Feldzug deutscherScientologen aufdeckten, befasste sichauch das Medium der deutsch-albanischen Freundschaftsgesellschaftmit den Ansprüchen der Thetanen. Imentsprechenden Artikel kommt dieBesorgnis zum Ausdruck, aber auch dieklare Formulierung der Zielrichtung derScientologen:

Das Ziel: Das erste wirklich

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freie Land auf diesem Planetenohne Krieg, Wahnsinn undKriminalität … oder mit anderenWorten von Report: Scientologywill Albanien systematischunterwandern, um es zum erstenscientologischen Staat der Erdezu machen.

(»Albanische Hefte«, 4/93, S.18)

Mit der Offenlegung der albanischenPläne war in dieser Deutlichkeit derpolitische Machtanspruch seltendokumentiert. Auch die zurekrutierenden aktiven Scientologen, dienamentlich seinerzeit in einer Listeaufgeführt waren, machte

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unmissverständlich deutlich, dass aufalle diejenigen in Deutschlandzurückgegriffen werden sollte, die in derLage sind, in bestimmten Bereichen tätigzu werden. Als Religion trat man nichtauf, die Umsetzung lag mit Schwerpunktauf Mitgliedern desWirtschaftsdachverbandes WISE.

Die politischen Ansprüche derOrganisation spielten vor den Gerichtenbisher eine untergeordnete Rolle. Diesesänderte sich dann allerdings schlagartig,als in der Bundesrepublik Deutschlandneben den schon immer diskutiertenProblemfeldern mit der Organisation dieStändige Konferenz der Innenministerund Senatoren des Bundes und der

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Länder im Jahr 1997 auf der Grundlageeines Berichtes (den eine Arbeitsgruppevon Vertretern von Landesämtern für denVerfassungsschutz erarbeitet hatte), zudem Ergebnis kam, dass es sich bei derOrganisation Scientology um eine neueForm des politischen Extremismushandelte und daher die gesetzlichenVoraussetzungen für die Beobachtungdurch die Verfassungsschutzämtereröffnet sei. Die Organisation klagteallerdings nicht in den Bundesländern, indenen sie wohl davon ausging, dass dieErkenntnisse über Lehre und Aktivitätenbesonders hoch ist, sondern suchte sichneben zwei Bundesländern, Saarlandund Berlin, das Bundesamt fürVerfassungsschutz als juristischen

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Gegner aus. In dem Verfahren vor denBerliner Verwaltungsgerichten konntensie immerhin einen Teilerfolgverbuchen, die Beobachtung mitnachrichtendienstlichen Mitteln hieltendie Gerichte auf der Grundlage derBerliner Gesetzeslage für nichtangemessen. Entgegen der von derOrganisation in der Außendarstellungimmer wiederkehrenden Behauptung, dieBerliner Verwaltungsgerichte hättengrundsätzlich die Beobachtung untersagt,ist allerdings im Urteil nichts zu lesen.

Die Auseinandersetzung mit demBundesamt für Verfassungsschutz ist inder ersten Instanz gegen die Organisationausgegangen. Die Begründung der

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Abweisung der Klage bestätigt diegewonnenen Erkenntnisse in vollemUmfang. Die Beobachtung auch mitnachrichtendienstlichen Mitteln desBundesamtes für Verfassungsschutz seirechtmäßig, da es tatsächlicheAnhaltspunkte gibt, dass dieOrganisation Bestrebungen gegen diefreiheitlich demokratische Grundordnungder Bundesrepublik Deutschlandverfolge. Insbesondere, führt das Gerichtaus, richten sich die Bestrebungen gegendie Menschenrechte, das Recht desVolkes, die Staatsgewalt in Wahlen undAbstimmungen zu bestimmen. Auch dieZweite Instanz in diesem Verfahren, dasOberverwaltungsgericht Münster, kommtin seinem Urteil vom 12.2.2008 zur

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gleichen Aussage. In einer umfänglichenUrteilsbegründung wird auch hier dieNotwendigkeit der Beobachtung mitnachrichtendienstlichen Mittelnbestätigt:

Ausgehend von demvorgenannten Normverständnisliegen auch tatsächlicheAnhaltspunkte dafür vor, dassdie Kläger (die ScientologyOrganisation, d. Verf.) aktivbestrebt sind, in Deutschland dievon Scientology publizierteRechts- undGesellschaftsordnung zuetablieren. Es gibt aktuelleErkenntnisse über Aktivitäten

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der Kläger, das scientologischeProgramm in Deutschlandumzusetzen und zu diesem Zweckpersonell zu expandieren sowiescientologische Prinzipien inStaat und Gesellschaft mehr undmehr zu verbreiten.

(S. 52 der Urteilsbegründung)

Dieses Urteil ist rechtskräftig.

Trotz deutlicher Urteile auch inanderen Ländern wie den USA, Kanada,Frankreich oder Griechenland hat sichan den vorgegebenen Zielen derOrganisation nichts geändert. Und auchdie Mitglieder weltweit funktionierennach wie vor mental programmiert im

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System.

Die von Tom Cruise stark begleiteteEuropakampagne wurde euphorisch inBelgiens Hauptstadt 2006 gefeiert. Diebelgische Presse berichtet alarmiert:

Scientologen, aus Belgien,Frankreich, Deutschland,Holland, Luxemburg und derSchweiz angereist, drängen sichdurch die Türen des Hotels …Sie warten ungeduldig auf dieverschiedenen Reden der Heldendes heutigen Tages, dereuropäischen Führungskräfte derScientology. In Kürze wird derneue Expansionsplan der Kircheauf dem alten Kontinent der

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Masse bekannt gegeben. Endlichtritt ein Mann ans Rednerpult,neigt sich zum Mikrofon undverkündet auf Englisch, mit einerkräftigen und überzeugendenStimme »Wir sind im Krieg«!Die Marschroute ist vorgegeben,und es handelt sich nicht umeinen schlechten Scherz.

(»Le Soir«, 17.5.2006)

Da kann man der Berichterstattung nurRecht geben. Scherze machen dieScientologen eher selten. DieKriegserklärung ist ernst gemeint und siesollte auch von allen ernst genommenwerden. Von Politik, Kultur und vorallem von all denen, die sich bisher

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haben täuschen lassen von der Strategiedes Gründers Hubbard, als religiöseEngelchen daherzukommen und unterdiesem Deckmantel den Versuch zumachen, ein menschenverachtendespolitisches System überall daeinzuführen, wo kein Widerstanderwächst.

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Verlagsgruppe Random House

1. Auflage Taschenbuchausgabe Januar 2009

Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Copyright © der Originalausgabe 2007by Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH KF · Herstellung: Str.

eISBN : 978-3-641-02822-0

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www.randomhouse.de

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Table of ContentsAutorin 9Vorwort 10Einleitung 16Wie alles begann 51Alles Kirche, alles religiöseÜberzeugung? 81

Vom irdischen Wesen zumScientologen 117

Thetane in kleinen und großenKörpern 117

Im Sinne aller Dynamikenhandeln 137

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Wir haben dich lieber tot alsunfähig

149

Von Krankheit, Tod und denerkannten bösen Mächten 190

Reinwaschung nach Hubbard 190Der Thetan verlässt den Körper 213Kampf den Drogen 232Kampf der Psychiatrie 252

Einflugschneise Wirtschaft 290Ethik in die Geschäftsweltbringen 299

Im Leben erfolgreich sein 317Das Ende eines Zuverdienstes 337Weiterbildung im WISE-Unternehmen

346

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Ein Wog bekommt kein Geld 370Kein Schulabschluss - machtnichts 381

Aufwachsen in derParallelwelt Scientology 386

»Happy Kids«? 403Das scientologischeBildungsangebot 416

Umzug nach Dänemark undandere familiäre Katastrophen 453

Die Sea-Org 488Der Drill für die Elite 488Von Schiffen und Platzmangel.Was sind eigentlich Kinder? 511

Strafe muss sein 529Die Funktion von

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Prominenten in und fürScientology

553

Der lange Weg zurück in diereale Welt 586

Die juristische und politischeDiskussion 624

Literaturverzeichnis 670Copyright 680