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Anregungsarena Volkshochschule Bildung in der digitalen Transformation Seite 1 Anregungsarena Volkshochschule Bildung in der digitalen Transformation Seite 1 69. Jahrgang · Nr. 266 · Winter 2018/19 Die Österreichische Volkshochschule Magazin für Erwachsenenbildung Information is not Knowledge Daniel Wisser: Rede zum Radiopreis Seite 7 Methode „Kooperatives Lernen“ Konzept für erfolgreiches Unterrichten Seite 8 Schwerpunkt Community Education

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Seite 1

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69. Jahrgang · Nr. 266 · Winter 2018/19

Die ÖsterreichischeVolkshochschule Magazin für Erwachsenenbildung

Information is notKnowledgeDaniel Wisser: Rede zumRadiopreis

Seite 7

Methode „KooperativesLernen“Konzept für erfolgreichesUnterrichten

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Inhalt

Editorial 1 Gerhard Bisovsky: Die digitale Transformation braucht die „Anregungsarena“ Volkshochschule

Medienpreise 2 Gerhard Bisovsky: Radiopreise der Erwachsenenbildung Ernst Sandriesser: Begrüßung zur Radiopreisverleihung 6 Daniel Wisser: Information is not knowledge. Rede zur Überreichung des 21. Radiopreises der Erwachsenenbildung

Schwerpunkt Community Education 8 Rudolf Egger: Kein Ort – Nirgends? Über die Bedeutung des Lernorts Erwachsenenbildung in einer digitalisierten Welt 12 Stefan Vater: Erwachsenenbildung, Volkshochschularbeit und Community-Orientation 15 Wolfgang Kellner: Beteiligung, Bildung, Zivilgesellschaft: Community-Ansätze in der Erwachsenenbildung 19 Joachim Romppel: Handbuch Gemeinwesenarbeit. Traditionen und Positionen, Konzepte und Methoden. 21 Gerhard Bisovsky: Community Education und Volkshochschulen

Bildungsthemen 27 Stefan Vater: Gemeinsame Sache. Was eine Gesellschaft zusammenhält! 28 Elisabeth Feigl: Methode „Kooperatives Lernen“ revisited Anstoß für kritisches Denken und den Ausbau sozial-kommunikativer Fertigkeiten

Aus den Volkshochschulen 30 Urania Steiermark ausgezeichnet 31 Brigitte Kompatscher: Nahversorger in Sachen Bildung 32 Wiener Volkshochschulen bilden zum digitalen Botschafter aus

Personalia 33 Ehrungen des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen 39 Erneuerung im Vorstand des Verbandes Wiener Volksbildung Christian Deutsch folgt Michael Ludwig als Vorsitzender 40 Otto Larcher 1934-2019

Rezensionen Werner Lenz 41 Josef Schrader: Lehren und Lernen in der Erwachsenen- und Weiterbildung. 42 Marion Fleige/Wiltrud Gieseke/Aiga von Hippel/Bernd Käpplinger/Steffi Robak: Programm- und Angebotsentwicklung in der Erwachsenen- und Weiterbildung. 43 Reinhard K. Sprenger: Sprengers Spitzen. 42 unbequeme Management-Wahrheiten.

AutorInnen 44 Für diese Ausgabe der Österreichischen Volkshochschule haben geschrieben Impressum

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Editorial

gerhard bisovsky

Die digitale Transformation braucht die „Anregungsarena“ Volkshochschule

Für die Volkshochschulen ist die Digitali-sierung kein unbekanntes Thema. In den 1980er Jahren wurden die Menschen mit dem PC und bald darauf auch mit dem Inter-net vertraut gemacht. Die 2000er Wende hat zu vermehrten IT-Angeboten geführt und erste digital gestützte Lernprozesse wurden, zumeist mit Lernplattformen, umgesetzt.1 Als brauchbar haben sich „hybride“ Lernfor-mate erwiesen, eine Kombination aus Prä-senzveranstaltungen und aus eigenständi-gem Lernen online. So konnten die Stärken des Lehrens und Lernens in der Gruppe ver-bunden werden mit den Möglichkeiten und den Stärken des Internets.

Seit mehr als 25 Jahren berät Jochen Robes2 Unternehmen und Bildungseinrich-tungen bei der Einführung und Optimie-rung in HR und Corporate Learning. Bei einer Veranstaltung zum Thema „Digital Business Trends“, die im Februar in Wien stattfand, meinte er, dass die Lernwelt schon lange keine rein analoge mehr sei. YouTu-be, WhatsApp und Online-Kurse seien im Alltag bereits fest verankert, und das digital gestützte Lernen ist mittlerweile ein milli-ardenschwerer Markt. Die Menschen selber entscheiden heute darüber, wann und wo sie Lernprozesse beginnen und es gehe immer weniger um „elektronische Unterweisun-gen“, sondern der Austausch von Wissen und Erfahrungen steht im Vordergrund.3

Neben dem Austausch von Wissen und Erfahrungen kommt der Vertiefung durch Auseinandersetzung, der Meinungsbildung, der Erörterung von Handlungsoptionen und der Festigung von Interessen eine immer größer werdende Bedeutung zu. Zudem ist Medienkompetenz eine der Schlüsselkom-petenzen des 21. Jahrhunderts. Ein kurzer Blick in die Geschichte zeigt, dass die Volks-hochschulen den passenden Ansatz haben.

Ludo Moritz Hartmann, Historiker, Dip-lomat und einer der Begründer der Volks-hochschulbewegung in Österreich, hat die Weckung der „Denkkräfte“ als eines der Grundprinzipien von Volkshochschularbeit beschrieben. Dazu sind alle Wissensgebiete und Wissenschaften zugänglich zu machen, selbstständige Gedankengänge sind anzure-gen, unterschiedliche Erfahrungen und Po-sitionen sollen gekannt werden, damit eine echte Auseinandersetzung möglich wird. Eine so verstandene Bildung „kann nicht mit dem großen Trichter eingeflößt werden“, sie fördert und baut auf eigenständige Ausein-andersetzung.4 Aufgabe der Bildung ist es nicht nur, den Menschen die Angst vor der digitalen Transformation zu nehmen son-dern sie gleichzeitig zu befähigen, diese im Sinne eines gelingenden Lebens zu gestalten.

Die digitale Transformation verlangt jedoch auch nach spezifischen berufsbezo-genen Kompetenzen. Das Institut der Deut-schen Wirtschaft Köln nennt dazu: Informa-tionsrecherche; Online-Kommunikation; bewusster Datentransfer sowie Dateneinga-be, -verarbeitung und Datenanalyse. Bei den sozialen Kompetenzen sind die am häufigs-ten genannten: Kommunikation mit Kolle-gInnen und Partnern; Probleme (autonom) lösen; Aufgaben planen und organisieren; Wissenslücken erkennen und beheben.5

Angesichts der zunehmenden Bedeutung von „künstlicher Intelligenz“ fragen wir uns, was den Unterschied zwischen dem Robo-ter und dem Menschen ausmacht. Roboter befolgen Muster und Regeln, die von ihren EntwicklerInnen einprogrammiert wurden. Die Menschen hingegen sind „mustergül-tige Musterbrecher“ schreibt der Manage-ment-Professor Stephan A. Jansen.6 Roboter sind schlecht im Stolpern, sobald sie strau-cheln, fallen sie. Die Menschen hingegen

sind in der Lage, sich beim Stolpern wieder zu fangen und sich trotz der Störung wieder zu bewegen. Und Bildung bedeutet auch: „stolpern, sich fangen, sich weiterbewegen“ (S. 25).

Die beste Grundlage für Bildung im Zeitalter der digitalen Transformation bie-tet das inhaltlich sehr breite Angebot der Volkshochschulen und die Volkshochschule kann daher zu Recht als „die Anregungsare-na schlechthin“ bezeichnet werden (Jansen 2018, S. 58). //

Die nächste Ausgabe der ÖVH („Die Österreichische Volkshochschule“) erscheint im Frühjahr 2019 und wird sich im Schwerpunkt mit dem Thema „Wirkungen“ befassen. Beiträge senden Sie bitte bis Mitte Mai 2019 an: [email protected].

1 Vgl. Bisovsky, Egger, Schott, Seyr (Hg.) (2006): Ver-netztes Lernen in einer digitalisierten Welt. Internetz-unterstützte Bildungsprozesse an der Volkshochschule. Wien: Edition Volkshochschule

2 Sein Weiterbildungsblog ist eine anregende Informa-tionsquelle für alle am digitalen Lernen Interessierte: https://weiterbildungsblog.de

3 https://science.apa.at/site/politik_und_wirtschaft/detail?key=SCI_20190222_SCI847052788

4 Hartmann (1910): Das Volkshochschulwesen. Abge-druckt im Textarchiv der Knowledgebase Erwachse-nenbildung: https://adulteducation.at/de/literatur/textarchiv/757/ [27.2.2019]

5 Andrea Hammermann (2016): Qualifikationsbedarf und Qualifizierung Anforderungen im Zeichen der Digitalisierung. Institut der Deutschen Wirtschaft Köln. Präsentation Stuttgart 19.9.2016. https://wm.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-wm/intern/Dateien_Downloads/Arbeit/Arbeitsmarktpolitik_Ar-beitsschutz/A2_Hammermann_2016-09-19_stuttgart_pp_digitalisiserung_versendet_-_Kopie.pdf [4.11.2018]

6 Stephen A. Jansen mit Michael Ebmeyer (2018): Die Befreiung der Bildung. Berlin: Nicolai Publishing.

DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266 — 1

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Radiopreise der Erwachsenenbildung Am 23. Jänner 2019 wurden im sehr gut besuchten RadioKulturhaus in Wien die 21. Radiopreise der Erwachsenenbildung vergeben. Martin Bernhofer, Leiter der Hauptabteilung „Wissenschaft, Bildung, Gesellschaft“ im Hörfunk bezeichnete den EB-Radiopreis als den Preis für Qualitätsradio. Die Rede zum Preis hielt der Schriftsteller Daniel Wisser, der für seinen fünften Roman „Königin der Berge“ im Jahr 2018 den Österreichischen Buchpreis erhielt.

Gerhard Bisovsky

Medienpreise

2 — DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266

Für den Radiopreis 2018 wurden so viele Produktionen wie noch nie, nämlich 159, eingereicht. Die Vorjury konnte nur mit Hilfe des von der FH St. Pölten entwickelten elek-tronischen Jurytools aus allen Einreichungen 18 Produkti-onen nominieren. In der Vergabejury waren 16 Personen tätig, davon fünf Journalistinnen und Journalisten von: APA, Die Furche, Die Presse, Profil und Der Standard

sowie elf VertreterInnen der Konferenz der Erwachse-nenbildung Österreichs und des Büros Medienpreise. Die nominierten Sendungen wurden von Martin Haidinger, Wissenschaftsredakteur und Producer des „Salzburger Nachtstudios“, vorgestellt. Ernst Sandriesser vom Forum Katholischer Erwachsenenbildung eröffnete originell und mit einem tiefgründigen Statement die Festveranstaltung.

Begrüßung zur RadiopreisverleihungErnst Sandriesser

„Als die Athener einmal in einer Volksversammlung den Redner Demosthenes am Sprechen hinderten, sagte er: Ich will euch eine kurze Geschichte erzählen.

Als sie endlich schwiegen, begann er: Ein Jüngling mietete sich zur Sommerzeit einen

Esel, um von der Stadt Athen nach Megara zu reiten. Als es Mittag war und die Sonne unbarmherzig

brannte wollten sich der Eseltreiber, aber auch der junge Mann in den Schatten des Esels setzen.

Sie suchten sich nun gegenseitig daran zu hindern, wobei der eine darauf hinwies, er habe zwar den Esel, nicht aber dessen Schatten vermietet, und der andere erwiderte, er habe den Esel mitsamt seinem Schatten gemietet.

Nach diesen Worten schickte sich Demosthenes an fortzugehen.

Als ihn nun die Athener zurückhielten und ihn baten, ihnen doch die Geschichte zu Ende zu führen, rief er:

Wie? Wenn es um eines Esels Schatten geht, wollt ihr zuhören, wenn einer aber über ernsthafte Dinge spricht, wollt ihr nicht zuhören?“1

Die glorreichen Zehn (Einrichtung der Konferenz der Erwachsenenbildung Österreich) unterbrechen alljährlich im Jänner das Geplappere über Esel und welche Schatten sie werfen, und welche Esel größere Schatten werden und öffnen einen Raum für Hirn und Herz, entführen sich ins Reich der Qualität, laden sie ein, ernsthaften Dingen zuzuhören, glauben an die humanisierende Kraft des Wortes, vertrauen dabei stur wie ein Esel auf das Medium Radio und tun dies zum 21. Mal hier im Radiokulturhaus.

Fußnote: Friedrich Dürrenmatt schrieb in Anlehnung an den antiken Stoff das Hörspiel „Der Prozeß um des Esels Schatten“, mit dem er 1951 beim Schweizer Rundfunk als Hörspielautor debütierte. //

1 Pseudo-Plutarch, Moralia 848A/B. Vitae decem oratorum, Kapitel 8: Demosthenes.

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Medienpreise

Gruppenbild der PreisträgerInnenFoto: Michaela Obermair

DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266 — 3

RADIOPREIS FÜR KULTUR AN ROBERTA HOFER FÜR „DIE VERGESSENEN BERGWERKE HÖTTINGS“Gemeinsam mit Peter Gstrein, dem Geologen, Lager-stättenkundler und Bergmann horcht Roberta Hofer in den Berg hinein und setzt sich radiophon anspruchsvoll mit der bis ins 15. Jahrhundert zurückreichenden Ge-schichte der Bergwerke in Hötting an der Innsbrucker Nordkette auseinander.

Roberta Hofer hat in Innsbruck Lehramt für Deutsch und Englisch studiert. Von 2005 bis 2007 war sie als Radio- und Fernsehredakteurin für den ORF Tirol tätig. Seit 2018 produziert und moderiert sie als freie Journalistin hauptsächlich Kulturbeiträ-ge und -sendungen für FREIRAD, das freie Radio Innsbruck. Neben ihrer journalistischen Tätigkeit un-terrichtet und forscht sie seit 2015 als Assistentin am Institut für Amerikastudien der Universität Innsbruck zu Filmwissenschaft, Theater- und Performance Stu-dies, Puppentheater. Weiters entwickelt sie Heftseiten, Hörübungen und Songs für die Lernunterlagen für Kindergarten und Schule, die der Jungösterreich-Zeit-schriftenverlag publiziert.

KATEGORIE INFORMATION AN CLAUDIA GSCHWEITL Die Sendung „Ich bin der, den jeder Politiker kennt“ über den syrischen Flüchtling, der sich so soweit integ-riert, dass er selbst der steirischen Sprache mächtig wird und sich dem Kernöl verschreibt, setzt sich mit dem schweren Thema Flucht augenzwinkernd auseinander.

Der Humor trifft sowohl die Bevölkerung des Aufnah-melandes als auch den Geflüchteten.

Claudia Gschweitl studierte Publizistik, Germanis-tik und Philosophie in Wien und Den Haag. In ihrer 2009 publizierten Diplomarbeit „Gehört – verstanden“ befasst sie sich mit einem sehr wichtigen Thema, näm-lich der Verständlichkeit von Hörfunknachrichten. Seit 2008 ist sie bei Ö1 tätig. Sie gestaltet Beiträge und Fea-tures für die Sendungen „Leporello“, „Ex libris“, „Ton-spuren“, „Talentebörse“ und „Gedanken“ und ist außer-dem in der Ö1-Online-Redaktion beschäftigt.Vor wenigen Tagen wurde ihr Porträt des Barocklyri-kers Daniel Caspar von Lohenstein gesendet, der glei-chermaßen bedeutend war wie sein Zeitgenosse Johann Sebastian Bach.

KATEGORIE BILDUNG/WISSENSCHAFT – EDUARD-PLOIER-PREIS AN JULIA HOFBAUERDie von Radio Orange 94.0 ausgestrahlte Sendung „Mir lebn ejbig“ beleuchtet das Thema jüdische Mu-sik und Konzentrationslager durchaus umfassend und aus der Perspektive und dem starken Willen des Überlebens.

Julia Hofbauer hat das Bakkalaureat der Publizis-tik- und Kommunikationswissenschaft an der Uni-versität Wien absolviert. Seit 2010 ist sie Mitglied der Redaktion von „Radio Stimme“, dem Radiomagazin der „Initiative Minderheiten“. Das Besondere an Ra-dio Stimme ist für Julia Hofbauer die Kombination aus sachlicher Berichterstattung, politischem Aktivis-

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Medienpreise

4 — DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266

mus und Kreativität. Weiters war Hofbauer Teil der „Gehörgänge“-Redaktion, die von 2014 bis 2016 radio-phone Stadtspaziergänge an Orten in Wien gestaltet hat, an denen Kämpfe um gleiche Rechte stattgefun-den haben. Julia Hofbauer engagiert sich bei der Lo-kalen Agenda 21 auf Bezirksebene, hauptberuflich ist sie derzeit an einem Institut der TU Wien für Öffent-lichkeitsarbeit, Forschungsmarketing und Vertrieb zuständig.

KATEGORIE INTERAKTIVE UND EXPERIMENTELLE PRODUKTIONENDer Radiopreis 2018 ging an die Lehrerin Katharina Scharinger und die Redakteurin Carla Stenitzer vom Jugendradio der Radiofabrik – Freier Rundfunk Salz-burg für die von Schülern der 7. Klasse Privatgymnasi-um Borromäum gestaltete Sendung „Fake News“. Die Jury hat sich, trotz einiger technischer Mängel für die originell gestaltete Sendung ausgesprochen, die das Thema von verschiedenen Seiten untersucht hat.

Katharina Scharinger ist seit 2016 Lehrerin für Deutsch, Psychologie und Philosophie am Privatgym-nasium Borromäum Salzburg. Ihr Lehramtsstudium Deutsch und Psychologie und Philosophie schloss sie ein Jahr zuvor an der Universität Salzburg ab, wo sie auch eine Zusatzausbildung absolvierte, nämlich „Deutsch als Fremdsprache – Deutsch als Zweitspra-che“. Unterrichtserfahrungen hat sie auch in Australien gesammelt, und als Freiwillige hat sie Asylsuchende unterrichtet.

Carla Stenitzer ist seit 2009 bei der Radiofabrik tä-tig. Neben der Produktion eigener Beiträge und Auf-tragsproduktionen für Salzburger Kultureinrichtungen fasste sie schnell in der Aus- und Weiterbildung Fuß und übernahm die Leitung der Ausbildungsabteilung. Bald darauf gesellte sich das Bild zum Ton und Carla Stenitzer leitet zusätzlich den Workshopbetrieb des Community TV Senders FS1 in Salzburg. Sie konzipiert und hält Workshops für Schüler, Kinder und Jugendli-che und ist als Referentin in der Erwachsenenbildung tätig: an der Pädagogischen Hochschule, am Bundes-institut für Erwachsenenbildung, an der Universität Salzburg und an der Fachhochschule Salzburg. Mit dem Salzburger Kinderrechtspreis, dem Media Literacy Award des Bildungsministeriums, dem Landes-Jugend-Medienpreis 2016 des Landes Salzburg wurden Produk-tionen, an denen sie mitgewirkt hat, ausgezeichnet. Ein besonderes Anliegen ist ihr die Vermittlung kritischer Medienkompetenz.

KATEGORIE SENDEREIHEN Der Radiopreis der Erwachsenenbildung wurde für Betrifft: Österreich an Rosemarie Burgstaller, Hanna Ronzheimer, Michael Liensberger und Robert Weichinger verliehen.

BETRIFFT: ÖSTERREICHDiese Spezial-Sendereihe war eine von zahlreichen Radio-Aktivitäten zum Gedenkjahr. Am 12. März 2018 wurden alle fünf Minuten vor jeder vollen Stunde die Ereignisse des sogenannten Anschlusses Österreichs an Nazi-Deutschland beleuchtet. Dies geschah zwölf Stunden hindurch. Historikerinnen und Historiker taten dies anhand von historischen Zeitzeugen-Inter-views und Originaltonmaterial aus 1938. Die Sende-reihe Betrifft: Österreich ist nicht nur vom Inhalt und Format her sehr gut gelungen, sie ist auch zeithistorisch und rundfunkgeschichtlich sehr wertvoll. Denn viele der verwendeten O-Ton-Dokumente wurden erst 2017 im Deutschen Rundfunkarchiv entdeckt und nach Ös-terreich zurückgebracht.

Rosemarie Burgstaller ist Zeit- und Kunsthistorikerin. Sie hat mehrere Projekte betreut und Ausstellungen kuratiert, wie zum Beispiel jene über Kunst und Wi-derstand im Ghetto Theresienstadt. Sie ist freie Mitar-beiterin bei Ö1, Projektmitarbeiterin an der Akademie der Wissenschaften und unterrichtet am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien. 2012 hat sie den Theodor-Körner-Preis für Wissenschaft und Kunst er-halten. Im Campus Verlag erscheint heuer das Buch „Inszenierung des Hasses. Feindbild-Ausstellungen im Nationalsozialismus“.

Die aus Ostfriesland stammende Hanna Ronzhei-mer studierte Sozial- und Kulturanthropologie, An-glistik und Deutsch als Fremdsprache in Wien und gestaltet für Ö1 Beiträge in den Bereichen Kultur und Wissenschaft. Zahlreiche Beiträge gestaltete sie für „Be-trifft: Geschichte“, zu Themen wie dem Untergang des

Alle zwölf Folgen der Sendereihe „Betrifft:

Österreich“ sind im Internet dauerhaft abrufbar.

Darüber hinaus werden auch Hinweise für den

didaktischen Einsatz gegeben inklusive der

Verwendung des kostenlosen Online-Tools

Thinglink. Zusätzlich zu den Radiosendungen wird

auch ein Film mit Zeitzeugen-Interviews geboten,

der Analysen des Medienwissenschafters Fritz

Hausjell beinhaltet. Alle Sendungen stehen

unter einer freien Lizenz zur Verfügung und

eignen sich für die Verwendung in Schule und

Erwachsenenbildung.

https://oe1.orf.at/artikel/650637

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Medienpreise

DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266 — 5

Nominierte Produktionen KULTUR„Die vergessenen Bergwerke Höttings“ von Roberta Hofer, Freies Radio Innsbruck – FREI-RAD, Hörlabor. „Das Lexikon der österreichi-schen Popmusik“ von Walter Gröbchen, Thomas Mießgang, Al Bird Sputnik, Astrid Schwarz; ORF, Ö1, Radiokolleg. „200 Jahre Ciao. Über das Grüßen und Abschiednehmen“ von Christoph Radinger; Freies Radio B138, KV138 Classical.

DOKUMENTATION„Mit einem Warmen kein Pardon“ von Jürgen Pettinger; ORF, Ö1, Hörbilder spezial. „Ich bin der, den jeder Politiker kennt“ von Claudia Gschweitl; ORF, Ö1, Tonspuren. „Blumen gegen Panzer – 50 Jahre nach dem Ende des Prager Früh-lings“ von Michael Koch, ORF-Radio NÖ, Nah-aufnahme spezial. „Smarter leben mit Künstlicher Intelligenz? Wie KI die Gesellschaft konfiguriert“ von Sarah Kriesche; ORF, Ö1, Radiokolleg. „Wo die Frauen fehlen – die Landflucht ist weiblich“ Astrid Plank, Barbara Gansfuß-Kojetinsky, ORF, Ö1, Journal Panorama.

BILDUNG/WISSENSCHAFT„Neuer Blick auf alte Knochen. Was ‚Alte DNA‘ über die menschliche Urgeschichte verrät“ von Birgit Dahlheimer, ORF, Ö1, Dimensionen. „Mir lebn ejbig“ von Julia Hofbauer; ORANGE 94.0, Das Freie Radio in Wien, Radio Stimme. „Über-schenken“ von Alexander Tschernek, ORF, Ö1, Philosophie Pur.

KATEGORIE INTERAKTIVE UND EXPERIMEN-TELLE PRODUKTIONEN„Fake News“ von Schülern der 7. Klasse PG Borromäum, Katharina Scharinger (Lehrerin), Carla Stenitzer (Radiofabrik); Radiofabrik – Freier Rundfunk Salzburg, Jugendradio. „Das ABC der Finanzwelt“ von Juliane Nagiller, BA (Gestalte-rin), Ina Zwerger (Gestalterin und Sendungsver-antwortliche); ORF, Ö1, Radiokolleg. „Hilft die Hilfe? Die österreichische Entwicklungszusam-menarbeit auf dem Prüfstand“ von Monika Maria Kalcsics; ORF, Ö1, Hörbilder.

KATEGORIE SENDEREIHEN „Hundert Häuser“, ORF, Ö1. „Im Gespräch“ ORF, Ö1. „Betrifft: Österreich“ ORF, Ö1 und „Passionswege“ radio klassik Stephansdom

Aztekenreiches oder über Troja sowie auch zu zeithisto-rischen Themen wie „Frauen in der österreichischen Rä-tebewegung“ oder „Demokratie und Revolution“. Sie ist auch die Autorin und Gestalterin der Sendereihe über Weißrußland „Terra incognita im Schatten Russlands“. Für die nominierte Sendereihe „Hundert Häuser“ erar-beitete sie mehrere Portraits von Häusern.

Der aus Brixen in Südtirol kommende Michael Liensberger studierte in Wien Zeitgeschichte und spezi-alisierte sich auf Mediengeschichte in einem zeithistori-schen Kontext. Während der Studienzeit absolvierte er Praktika in unterschiedlichen Archiven, unter anderem im ORF-Archiv.

Seit 2014 arbeitet Michael Liensberger im Multime-dialen ORF-Archiv in der Abteilung Audio und betreut vorwiegend Hörfunkproduktionen durch die Recherche von zeithistorischen Originaltönen. Seiner Meinung nach gibt es kaum einen anderen Bereich, in dem die Verbindung zwischen der Speicherung, Verarbeitung und Wiederverwendung von Medieninhalten so eng miteinander verknüpft ist. Im Archiv finden sich die Materialien für Geschichten, die auf verschiedene Arten erzählt werden müssen.

Der Kulturwissenschafter, Publizist und Radioma-cher Robert Weichinger wurde für seine Arbeiten be-reits mehrfach ausgezeichnet: Mit dem Premios Ondas in Barcelona und dem Andreas-Reischek-Preis, beide gemeinsam mit Ludwig Fels, und dem Rudolf-Henz-Ehrenring, den er zusammen mit Peter Klein erhalten hat. Den Radiopreis der Erwachsenenbildung hat er 2009 erhalten, und zwar gemeinsam mit Martin Adel für die Sendung „Betrifft: Geschichte“. Weichinger ver-fasst Feuilletons, Kritiken, Dokumentationen, Features und Reportagen über soziokulturelle und wissenschaft-liche Themen. Er hat zahlreiche Artikel veröffentlicht und Filme gestaltet und ist neben anderem einer der Herausgeber des Sammelbandes über Geheimbünde in Österreich mit dem charakterisierenden Titel „Mächtig. Männlich. Mysteriös.“

Überreicht wurden die Preise von: Michael Aichholzer, Ring Österreichischer Bildungswerke, Christian Deutsch, Vorstandsmitglied im Verband Österreichi-scher Volkshochschulen, Alice Fleischer, Wirtschafts-förderungsinstitut Österreich, Peter Härtel, Volks-wirtschaftliche Gesellschaft Österreich, Christian Jahl, Vorstandsvorsitzender des Büchereiverbandes Öster-reich, Bernhard Keiler, Geschäftsführer des Ländlichen Fortbildungsinstitutes, Günther Lengauer, Vorstands-vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Bildungshäuser Österreich, Pia Lichtblau, Verband Österreichischer Gewerkschaftlicher Bildung, Ernst Josef Sandriesser, Geschäftsführer des Forum Katholischer Erwachsenen-bildung und Michael Sturm, Geschäftsführer des Be-rufsförderungsinstitut Österreich. //

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6 — DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 01-2018 · NR. 264

Medienpreise

6 — DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266

Information is not knowledgeRede zur Überreichung des 21. Radiopreises der Erwachsenenbildung

„INFORMATION IS NOT KNOWLEDGE.“Wenn man diesen Satz, der einem Song von Frank Zappa entnommen ist, für den Betreiber eines Radioprogramms umfor-mulierte, würde er vielleicht lauten: Die Wiedergabe von Information ist nicht Wissensvermittlung. Wissensvermittlung braucht die Selektion und Bewertung von Informationen, sie muss diese Sachverhalte aufbereiten und in einen Zusammenhang stellen. In den Medien heißt diese Tätigkeit Redaktion.

In den vergangenen fünfundzwanzig Jahren hat sich unsere Zugriffsmöglichkeit auf Informationen erheblich verändert. Wo wir früher auf Bücher, Zeitungen, Nachschlagewerke und Bibliotheken an-gewiesen waren, sitzen wir heute nicht mehr lange herum und grübeln, wer der erste Bundeskanzler der Ersten Republik war, wie die Darstellerin der „Bezaubern-den Jeannie“ hieß oder wie oft Björn Borg Wimbledon gewonnen hat. Wir können uns diese Informationen sofort beschaffen. Der Ausblick auf die neuen Möglichkeiten hat schnell die Illusion geschaffen, dass damit auch die Funktion von Medien neu definiert würde. Diese Illusion ist aber eben nur eine Illusion, eine Täuschung. Wie jede Verteufelung bestimmter Me-dien basiert auch die Glorifizierung be-stimmter Medien auf einem Fehlschluss, auf der Verwechslung der Möglichkei-ten eines Mediums mit der Qualität seiner Inhalte. Das sind zwei ganz ver-schiedene Dinge. Ein Medium ist nicht per se gut oder schlecht, sondern seine

Gestaltung und sein Gebrauch können gut oder schlecht sein.

Ein Qualitätsmedium braucht Redak-tionen, braucht Redakteurinnen und Re-dakteure. Redakteurinnen und Redakteure brauchen Zeit und Geld, um ihrer Arbeit nachgehen zu können, die Unabhängig-keit ihrer Arbeit muss von der Gesellschaft geschützt werden und ihre Arbeit braucht Anerkennung. Der Radiopreis für Erwach-senenbildung will eine solche Anerken-nung sein. Und es ist heute notwendig, eine Lanze für das Redaktionswesen zu brechen, den Menschen klar zu machen, dass bedeu-tungsvolles Kultur-, Informations- und Bil-dungsradio nur durch die Existenz von frei-en Redaktionen möglich ist.

Der Effekt guter redaktioneller Arbeit kann so groß sein, dass sich Hörerinnen und Hörer sogar auf eine Redaktion mehr verlassen als auf den Inhalt einer bestimm-ten Sendung. Ich zum Beispiel höre die Sen-dung Spielräume im Radiosender Ö1, auch ohne vorher das Programm der Sendung zu lesen. Ich lasse mich von den Inhalten gerne überraschen, denn ich weiß, dass die Sendung hervorragend redigiert ist und er-fahre und höre dabei stets Neues und Über-raschendes.

INFORMATION IS NOT KNOWLEDGE.Durch die Revolution der digitalen Me-

dien ist die Anzahl und Vielfalt der Qua-litätsmedien nicht gestiegen. Propaganda-Medien und Boulevard nehmen weiterhin den größten Teil der Medienlandschaft ein. Umso mehr ist der Preis, der heute

hier vergeben wird, wichtig, um den Blick auf hochwertige Arbeit zu lenken. Und darauf, dass diese Arbeit heute durch zwei Bedrohungen gefährdet ist: Sie ist einer-seits gefährdet durch Sparmaßnahmen, zu denen die Betreiber dieser Medien ge-zwungen sind oder glauben, gezwungen zu sein. Denn meist erzeugt der Glaube an die Quote vorauseilenden Gehorsam. Und meist greift das einfache Vergleichen von Statistiken und Zahlen viel zu kurz. Man denke an alle die Hitradios, die in Büros und Eigenheimen stundenlang lau-fen, ohne dass wirklich jemand zuhört. Sie dienen dem Vertreiben der Stille. Ist aber das Faktum, dass der Hitradiosender im Büro läuft, tatsächlich gleich hoch zu werten wie ein Radio, das läuft, weil sich ein Hörer in einer Wissenschaftssendung über bestimmte medizinische Fortschritte informiert? Die Quotenhörigkeit ist also eine Gefährdung für seriöse Redaktions-arbeit. Die zweite Gefährdung ist, dass die Politik heute wieder unverhohlen damit beginnt, Kontrolle über die Medien zu fordern. Ihr geht es nicht um die Qualität eines Mediums, sondern Parteien möchten dort ihnen opportune oder gar unterstell-te Personen sitzen haben und sich selbst positiv dargestellt wissen. Qualität und Unabhängigkeit sollen durch parteipoli-tische Programmatik und Positionierung ersetzt werden. Wohin diese Entwicklung führt, wenn man ihr nachgibt, wissen wir. Eine Vereinnahmung durch Parteipolitik bedeutet Zensur und damit das Ende jedes Qualitätsmediums.

Daniel Wisser

Foto: LFI/Ing. Gerald Pfabigan

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Medienpreise

DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266 — 7

Anscheinend haben viele schnell vergessen, wie weit der Weg von parteipolitisch aufge-teilten Staatsmedien zu unabhängigem öf-fentlich rechtlichem Radio und Fernsehen gewesen ist. Anscheinend bedenken viele nicht, welche Qualität die österreichischen Medien damit erreicht haben. Mühsam war es, diesen Status herzustellen; ihn zu zerstö-ren ist einfach und schnell möglich.

Um dieser Entwicklung zu entgehen, empfiehlt es sich, die aggressive Rhetorik der Politik nicht zu übernehmen, wohl aber die Grundlage und Bedürfnisse verantwor-tungsvoller Redaktionsarbeit verständlich darzustellen und zu veröffentlichen. Dazu gehört auch das klare Bekenntnis zu den Rundfunkgebühren, die allein verhindern können, dass die öffentlich rechtlichen Sen-der zu einem Spielzeug der Regierungen werden. Es ist kaum einzusehen, warum uns diese prekäre Lage jetzt droht, da wir uns im größten Wohlstand befinden, den es in unse-rem Land je gab.

Und es empfiehlt sich auch, die gute Ar-beit, ja die in Österreich außerordentliche Arbeit der Radioredakteurinnen und -re-dakteure weiterzuführen, um Tag für Tag zu beweisen, welchen Stellenwert bedeutungs-volles Kultur-, Informations- und Bildungs-radio unter freier Redaktionsarbeit in unse-rem Land hatte, immer noch hat und auch in Zukunft haben soll. Dazu ist der Preis da, der heute vergeben wird. Er ist ein kleines, aber wichtiges Zeichen, das den richtigen Weg weist.

Denn es soll nicht dabei bleiben, einen Status quo zu verteidigen, Sparmaßnahmen

abzuwehren und den weniger schlimmen Einschnitt schon für einen Fortschritt zu hal-ten. Jede und jeder, der sich in seinem Feld weiterbewegen will, braucht einen Traum, eine Vorstellung von der Zukunft. In die-ser Zukunft sehe ich die Informations- und Bildungskanäle unter stabiler Bejahung der Bevölkerung, die sich von Demagogen u nd Abschaffern in der Politik, die nur die Inte-ressen ihrer Parteien befolgen, nicht blen-den lässt. In dieser Zukunft kann ich weiter bedeutungsvolle und weiterbildende Radio-sendungen hören. In dieser Zukunft finden sogar die kommerziellen Musiksender zu einem Redaktionswesen zurück, das nicht den materiellen Realitäten der Musikindus-trie unterliegt und nur diese widerspiegelt, sondern uns hören lässt, was es in der Musik Neues und Interessantes gibt, uns die Musik der Vergangenheit nahebringt und aufberei-tet und unser Gehör schult, anstatt es durch Wiederholung immer derselben Musik ab-zustumpfen.

INFORMATION IS NOT KNOWLEDGE.Die heutigen Preisträger, die heute No-

minierten, aber auch sehr viele andere, die hier nicht genannt werden können — No-minierungen und Preise bilden ja immer nur einen kleinen Ausschnitt des gesamten Schaffens ab —, seien dafür bedankt, dass sie uns helfen, von der Information zum Wis-sen und vom Wissen zur Bildung vorzusto-ßen. Und ich hoffe, dass sie sich selbst und andere damit zu weiterer Arbeit ermuntern, auch wenn dieser Arbeit Zeiten erschwerter Bedingungen bevorstehen. Als Schriftstel-

ler kenne ich den kommerziellen Druck, der sich von der Unterhaltungsindustrie ausge-hend auch auf alle anderen Kulturschaffen-den ausbreitet. Man kann sich nicht nicht mit dieser Situation beschäftigen, sondern muss sich im Gegenteil sogar dafür (oder besser dagegen) wappnen und adäquat reagieren.

Unlängst hat mich ein Journalist gefragt, ob ich mich alt fühle, und wenn ja, seit wann. Ich habe geantwortet: Ja, ich fühle mich alt — und zwar seit dem ersten Tag in der zwei-ten Klasse der Volksschule. Damals gab es für mich nämlich zum ersten Mal in meinem Leben Erstklässler, die waren jünger als ich. Das war für mich ein Schock. Ich beobachte-te diese Erstklässler und stellte fest, dass sie ganz und gar anders waren als ich und meine Klassenkolleginnen und -kollegen. Seither (das sind jetzt immerhin 41 Jahre) fühle ich mich als Zugehöriger einer alten Welt, einer Welt, die bald aussterben wird. Das ist in der Literatur so, in der Politik, aber auch was Fernsehen und Radiohören betrifft.

Dennoch hoffe ich sehr, dass die alte Welt erhalten bleibt. Nein, mehr noch hoffe ich, dass eine neue, bessere Welt entsteht. In die-ser Welt gibt es qualitativ hochwertiges Kul-tur-, Informations- und Bildungsradio und in dieser Welt existiert dieses Radio selbst-verständlich und auf breitem gesellschaftli-chen Konsens. Sie alle hier sorgen dafür, dass ein solches existiert. Und dafür gebührt Ih-nen Dank, Anerkennung und Lob. Und ich hoffe, Ihnen diesen Dank, diese Anerken-nung und dieses Lob heute im Namen von vielen Hunderttausenden Hörerinnen und Hörern aussprechen zu können. //

Foto: Michaela Obermair

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8 — DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266

Kein Ort – Nirgends?Über die Bedeutung des Lernorts Erwachsenenbildung in einer digitalisierten Welt

Schwerpunkt

Rudolf Egger Wenn ich früher etwas über das Wetter wissen wollte, habe ich aus dem Fenster gesehen, die Wolken beobach-tet oder die Temperatur mit dem Körper erfühlt. Heu-te habe ich dazu eine App, die mir sagt, wie es ist und wie es werden wird. Das Nahe wird dabei durch das Ferne bestimmt, aus Telos wird Tele. Die Nahwelt ver-schwimmt und die digitale Cloud wird zur Leiterfahrung unserer heutigen Welt. Dies gilt heute auch für viele andere Prozesse in unserer Welt – von der alltäglichen Lebensführung bis hin zur Politik. Auch Lernprozesse sind davon grundlegend betroffen, soll Lernen durch die neuen Technologien doch „endlich“ ohne den Zwang zur Orts- und Interaktionsgebundenheit geschehen. Die Bildungswelt mit ihren festen Curricula, den starren Unterrichtsräumen und -zeiten, einem vorgeplanten Lernpensum soll sich dadurch agil an den persönlichen Interessen und dem individuellen Tempo der Lernenden orientieren. „Agilität“ ist dabei eines der Zauberwörter, die sich durch Initiative, Antizipation und Flexibilität auszeichnen und die weg von den „Bildungsdepots des Vorgefertigten“, hin zu mehr Eigeninitiative, Kooperati-on, zu Erfindungsreichtum und Lebensweltnähe führen sollen. „Der englische Begriff ‚agile‘ (beweglich, wendig) stammt ursprünglich aus der Softwareentwicklung und beschreibt eine neue Art der Zusammenarbeit: Statt Pro-dukte ausgiebig zu planen, sie dann über Jahre zu ent-wickeln und lange ‚im Labor‘ zu testen, entwickelt man lieber schnell ein ‚Minimum Viable Product‘ – einen extrem simplen Prototypen. Dieses noch unausgereifte Produkt wird direkt auf die Nutzer im Netz losgelassen. Man beobachtet, was passiert und lernt aus den gewon-nenen Daten. Dann veröffentlicht man einen neuen Prototypen – und immer so weiter. Permanent Beta, der ewige Testlauf. Der Vorteil: radikal verkürzte Innova-tionszyklen. Der Nachteil: Die Ingenieure richten ihre Produkt-Pipeline quasi direkt auf die Welt, machen sie zum Experimentierfeld und ihre User zu Versuchskanin-chen.“ (Füchtjohann: 2018, o. S.). Ähnliches soll nun auch

im Bildungsbereich geschehen. Sowohl in der Theorie-diskussion von Lehr-, Lern- und Bildungsbestrebungen als auch in den praktischen Orientierungen didaktischen Handelns hat sich in den letzten Jahren eine schier uner-messliche Begeisterung über eine solche Orts- und Zu-lassungsungebundenheit des Lernens ausgebreitet. Da Informationen überall abrufbar sind und die praktischen Probleme von Menschen unmittelbar an diesen Strom des Wissbaren angeschlossen (und dadurch bearbeitbar gemacht) werden können, sollen der individuellen Neu-gier, der konkreten Problemlage und der berufs- und gesellschaftsbezogenen Praxis keine lokalen, persona-len oder strukturellen Schranken mehr vorgeschoben werden. In einer solchen Welt des agilen Lernens sind Lernende dabei SurferInnen, die mit Mut und Rasanz die selbstorganisierten Wissenswellen ausreiten. Der solchermaßen lernende Mensch braucht in diesen Real-Time-Prozessen keine anderen Bindungen mehr als das Einklinken in die Matrix der grenzenlos fließenden Informationen, die darüber hinaus im Netz auch noch unterhaltsam dargeboten werden. Begriffe wie Ermögli-chungsdidaktik, agile Wissensstrukturen, VR-Learning oder KI@Education versuchen sich von der bisherigen „Belehrungsdidaktik“ abzuheben, indem Kompetenzen im direkten Praxisbezug selbstorganisiert, emotionsak-tiviert und motivationsbasiert erworben werden kön-nen. Dabei sollen sogenannte „Ermöglichungsrahmen“ entstehen, in denen aktive Suchbewegungen und Prob-lemlösungen geübt, verändert und verinnerlicht werden können. Statt Curricula ausgiebig zu planen, sie zu ent-wickeln und zu testen, überlässt man es den Subjekten, ein möglichst brauchbares Wissensgerüst zu erstellen, wobei grundlegende gesellschaftspolitische Fragen meist (da sie eben zu wenig agil sind) ausgeklammert bleiben. Dadurch soll der enorme Überhang an Gedachtem und Gewusstem der Korrektur durch die Wahrnehmung oder Erfahrung ausgesetzt werden.

DAS SCHRUMPFEN DER ORGANISIERTEN LERNORTE IN PERIPHEREN GEBIETEN

Die Frage dabei ist aber auch, welche Legitimität sol-che Wahrnehmung oder Erfahrung haben kann, ohne methodisiert zu sein? Zwischen dem vermeintlichen Pro-blem in der Praxis und dem Verknüpfen von Wissen zur Lösung desselben liegt eine augenfällige Schwierigkeit. Es ist die Anstrengung, wie man der eigenen Lebenswelt eine Sprache gibt, um die Erfahrungen mit den „Ande-ren“ und den uns umgebenden Strukturen zu verbinden. Dabei spielen auch die Wechselbeziehungen zwischen den Strukturen des Sozialraums und jenen des physi-schen Raums eine große Rolle. Alle derzeit propagier-ten Lernszenarien in der Erwachsenenbildung müssen deshalb stets auch unter einem sozial-regionalen Ge-sichtspunkt diskutiert werden. Der konkrete physische Ort wirkt dabei derart, dass Menschen in ressourcen-armen Gebieten strukturell benachteiligt werden. Die durch Binnenmigrationsphänomene verschärften „Ge-bietseffekte“ vergrößern bestehende sozio-biografische Ungleichheiten noch, indem Bildungsprozesse nie nur individuelle Akte sind, sondern stets auch Herstellungs-

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DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266 — 9

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kontexte sozialer Bindung sind. Lernen und Bildung in ihrer lebensweltlichen bedeutsamen Dimension bleiben (trotz der vielfältigsten digitalen Versuche und Ange-bote) demgemäß immer auch lokal verankert, und dies sowohl in bio-physischer wie auch in sozio-kultureller Hinsicht. Lernen hat stets etwas mit Menschen in ihrer konkreten lebensweltlichen Verankerung, mit kollekti-ver und institutioneller Verwurzelung zu tun und nicht mit Maschinen. Daher scheint es sinnvoll, die Lern-infrastruktur lokal zu beachten, um dort, wo sich reale Probleme für reale Menschen stellen, Angebote machen zu können. Dies war und ist unaufhörlich eine Heraus-forderung für die Erwachsenenbildung, die ihr Sinn und Perspektive gibt. Die demographischen und regionalen Analysen zeigen eindeutig, dass Faktoren wie alters- und schichthomogene Bevölkerungsstrukturen, periphere Lagen, dünne Besiedelung, schlechte Erreichbarkeit, ru-dimentäre soziale Infrastruktureinrichtungen et cetera die Bildungsprozesse von Menschen in vielen Regionen systematisch beeinträchtigen. Was ist hier dagegen zu tun? Welche Rolle kann die Erwachsenenbildung gegen dieses Schrumpfen des sozialen Lernorts einnehmen?

HERAUSFORDERUNGEN EINER ERWACHSENENBILDUNG VOR ORT

Begehrte Räume (gute Stadtlagen oder auch sozial se-gregierte Wohnorte) lukrieren „Raumprofite“ (Bourdieu: 1991, 31), die sowohl zur Erhöhung des symbolischen Kapitals als auch zur konkreten Lebensqualitäts- und Le-benschancensteigerung beitragen. Ökonomisches, kul-turelles und soziales Kapital haben einen großen Einfluss auf die Positionierung von Personen in ihrer räumlichen Umgebung, indem sie die Handlungs- und Zugriffsspiel-räume von Personen bestimmen. Der regionale Kontext wird umso stärker spürbar, je weniger dieser Kapitalsor-ten zur Verfügung stehen. Hier sind die Bewältigungs-strategien viel stärker auf mögliche Synchronisations-möglichkeiten angewiesen, denn der „Mangel an Kapital verstärkt die Erfahrung der Begrenztheit: er kettet an einen Ort“ (Bourdieu: 1997, 121). Gebiete mit geringer infrastruktureller und soziokultureller Ausstrahlung verengen für die Akteurinnen und Akteure die mögli-chen Raumprofite in Bezug auf berufliche oder allge-meine soziale Integration. Dadurch wird auch der Auf-wand für den Ressourceneinsatz größer, was wiederum Konsequenzen für die räumliche Gebundenheit und den Einfluss von Lokalität auf das konkrete Handeln hat. Ge-rade wenn der Zugang zu beruflichen, bildnerischen und sozialen Kontexten erschwert wird, werden auch alle Formen der Kapitalumwandlung abhängiger von den regionalen Kontexten. Der lokale Raum wird dadurch zu einem Hindernis, zu einem starren und bindenden Handlungsrahmen, der nur durch einen erweiterten per-sönlichen oder finanziellen Ressourceneinsatz zu einem adäquaten Lebensstil führt. Dabei zeigt sich, dass die Beherrschbarkeit von räumlichen Distanzen und Dispa-ritäten entscheidend vom Bildungsniveau und der beruf-lichen Stellung abhängt. Diese wird auch in der vorstell-baren Überwindung von räumlichen Distanzen deutlich sichtbar. Der Handlungsradius, innerhalb dessen z. B.

Weiterbildungsbemühungen als akzeptabel erscheinen, liegt bei Niedrigqualifizierten um die 13 Kilometer, bei Höherqualifizierten im Schnitt bei 108 Kilometer (vgl. Mörth: 2005). Desgleichen ist auch das soziale Netzwerk bei Höherqualifizierten in entsprechenden beruflichen Stellungen eindeutig ausgedehnter. Menschen in den sogenannten „Peripherien“ haben hierbei in vielen Fäl-len geringere Möglichkeiten der Selbstverwirklichung, wobei hier noch dazukommt, dass die Sicherheiten der räumlichen Gemeinschaftserfahrungen immer brüchi-ger werden. Stichworte wie Individualisierung, Entbet-tung, Pluralisierung, aber auch die demografischen Ent-wicklungen und tiefgreifende Abbautendenzen in der regionalen Infrastruktur lockern die räumlichen Bezüge sozialer Mobilität. Angebote der Erwachsenenbildung vor Ort spielen deshalb eine große Rolle, können sie doch Elemente der sozialen Nähe auch räumlich vielver-sprechend organisieren. Erwachsenenbildung im Sinne der Problematisierung einer Perspektive der Daseins-vorsorge hat dabei mindestens zwei Dimensionen. Sie fußt auf der historischen Spezifizität des partizipativen Ansatzes, indem die Lernenden in direktem Kontakt mit der sie betreffenden Realität stehen. Dadurch wird zwei-tens Lernen nicht (nur) als ein Instrument der gesell-schaftlichen Domestizierung und Instrumentalisierung forciert, sondern trägt etwas genuin Demokratisches in sich. Ein solches Lernen setzt an der lokalen Praxis an, denn dort sind die Konsequenzen der gesellschaftlichen Dynamiken am direktesten zu spüren, die Widerstände gegenüber dieser Dynamik am ehesten zu mobilisieren und Alternativen am konkretesten zu realisieren. Hier sind z. B. die vielfältigen Aktivitäten des „Community-Building“ wichtig, in denen sich konkrete Leute mit den Konsequenzen der gesellschaftlichen Entwicklungen lernend und kollektiv auseinandersetzen. Lern- und Bil-dungsprojekte können für die dazu notwendigen Vernet-zungsprojekte einen wichtigen Rahmen bieten. Erwach-senenbildung vor Ort positioniert sich hier normativ, indem sie sich darauf beruft, Menschen handlungsfähig zu machen, sie zu besseren InterpretInnen ihrer Lebens-welt zu machen und dieser Verständigkeit gemäß zu handeln. (Vgl. u. a. Egger: 2014).

Auf ein Lernen vor Ort, auf die Sicherstellung von Lern- und Bildungsprozessen in konkret erlebbaren lo-kalen Bezügen, darf deshalb nicht verzichtet werden. Auch wenn die meisten Bildungsentscheidungen subjek-tiv motiviert sind, haben sie doch auch viele Gebiets- und Sozialaspekte, deren Auswirkungen auf die Gesellschaft fundamental sind. Obwohl die Entscheidungen von Menschen, sich gegen bestimmte ansteckende Krankhei-ten impfen zu lassen stets individuelle Vorsorgeentschei-dungen sind, beinhalten sie auch soziale und epidemio-logische Wirkweisen (je höher der Durchimpfungsgrad einer Gesellschaft umso niedriger die Ansteckungsge-fahr für nicht Geimpfte). Dieses Bild auf eine großflächig ausgelegte Bildungsstruktur in den Regionen übertragen bedeutet, dass nur durch die Schaffung von gesicherten Teilnahmemöglichkeiten auch zivilgesellschaftliche Ef-fekte im Sinne einer verstärkten „Abwehrleistung“ gegen viele Formen sozialer Bedrohungen generiert werden.

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10 — DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266

GRENZENLOS BEGRENZTE ONLINE-WELTOhne Zweifel kann der einfache Zugriff auf Wissen

im Netz zur Demokratisierung des Zugangs zu und der allgemeinen Verbreitung von Informationen jen-seits der Auswahl von wenigen Gatekeepern beitragen. Jenseits dieser erstaunlichen Lern- und Lebensberei-cherung zeigt sich doch in vielen Studien (Vosoughi, Roy & Aral: 2018; Merkt: 2018), dass hier aber sehr oft sogenannte „Meinungsblasen“ entstehen. So sehr die Möglichkeiten eines (vordergründig) uneingeschränk-ten Transfers von Informationen zu befürworten sind, so sind die Schattenseiten nicht mehr zu übersehen (Bakshy, Messing &Adamic: 2015), wenn dadurch Wahr-nehmungsmodi der Welt propagiert werden, in denen Menschen das augenscheinliche Versagen der Politik permanent „vor Augen“ geführt wird. Gespeist aus un-zähligen Aufrufen zur Empörung wird dabei oft nicht mehr das eigene Handeln in die Erklärungsfolie um den Zustand unserer Welt miteinbezogen, sondern es wird vor allem nur noch nach Rechtsgütern gefragt, die den eigenen Konsum sicherstellen. Die Solidarität mit ei-nem Staat, der die Rechte nicht nur hütet, sondern auch Pflichten einklagt, beginnt dadurch zu erodieren. Das Vertrauen in eine zumindest prinzipielle gemeinsame Regelung schwindet und die Hoffnungen auf eine ver-meintlich leichte Lösung führen zu oft zu Enttäuschun-gen oder der Sehnsucht nach „dem starken Mann“, der ohne Furcht und Bindungen die Auflösung der Ohn-macht verspricht. Die Trennung der eigenen Handlun-gen vom konkreten Handeln und seiner lebenswelt-lichen Verortung hat auch viel dazu beigetragen, dass Entsolidarisierungstendenzen zugenommen haben. In seinem 2017 erschienenen Buch „The Road to Some-where: The Populist Revolt and the Future of Politics“ unterteilt der britische Journalist David Goodhart die englische Gesellschaft (in Anlehnung an Theresa Mays Ausspruch „If you are a citizen of the world, you are a ci-tizen of nowhere“) in Anywheres und Somewheres. Die erfolgreichen Berufs- und Bildungsgewinner der Mittel-schicht bezeichnet er als die „Anywheres“, die sich durch eine liberale Freimütigkeit und Mobilität auszeichnen, die grundsätzlich ob ihrer finanziellen und kulturellen Kapitalsorten überall zu Hause sein können. Die „So-mewheres“, also die Hiergebliebenen, sind dahingegen viel stärker auf die lokalen Sicherheitsnetze wie Fami-lie, regionale und soziale Verbünde oder Religionen angewiesen. Das Problem liegt in seiner Sicht nun vor allem darin, dass in den dominanten intellektuellen Diskursen eine Weltsicht gelebt und auch von anderen eingefordert wird, die sich über die realen Erlebniswel-ten der Mehrheit der Menschen hinwegsetzt. Dadurch entstehen ideologisch aufgeladene Sperrgebiete, in de-nen Menschen nach anderen Auswegen suchen, um die erlebte Ohnmacht auszuhalten: „Die Anywheres haben ihre eigene Macht nicht bemerkt. Sie haben in ihrem eigenen Interesse regiert und dies als nationales Inter-esse ausgegeben. Und das beziehe ich nicht nur auf die Wirtschaft und die Verschiebung zu einer offenen Wis-sensökonomie mit hoher Einwanderung, von der die Anywheres viel mehr profitieren als die Somewheres.

Fast das gesamte politische Spektrum ist beherrscht von dem säkularen, liberalen Anywhere-Denken, zumindest in Britannien: die Expansion der höheren Bildung und verglichen damit die Vernachlässigung der technischen und beruflichen Ausbildung; die Art, in der kognitive Fähigkeiten zum Goldstandard wurden; das Misstrau-en gegenüber Formen von Gruppenzugehörigkeit (na-tional, lokal, ethnisch); die gesunkene Bedeutung des Privaten und die Versuche, die Unterschiede zwischen den Geschlechtern und ihren Rollen zu relativieren, die viele Menschen noch immer wertschätzen. Und zu gu-ter Letzt wurde den Somewheres erklärt, dass ihnen die Anywheres auch moralisch überlegen sind.“ (Goodhart: 2018, o. S.; Übersetzung des Autors).

Das mag in vielen Ohren als konservativ oder gar reaktionär erscheinen, aber die Loslösung aus, oder gar die Negierung von traditionellen Milieus ist keinesfalls ein voraussetzungsfreier und risikoentlasteter Vorgang. Gleiches gilt für die Marginalisierung des Ortes, an dem wir uns befinden. Der Anthropologe Marc Augé beschreibt in seinem Buch „Orte und Nicht-Orte“: „Der Raum des Nicht-Ortes schafft keine besondere Identität und keine besondere Relation, sondern Einsamkeit und Ähnlichkeit.“ (Augé: 1994, 121). Nicht-Orte par excel-lence sind für ihn Shopping-Malls, Flughäfen und Bahn-höfe, durchquerte, benutzte Räume, in denen man we-der Halt noch Bindung findet, die aller Aura beraubt, auf ein beinahe leeres Funktionieren, den bloßen Gebrauch reduziert sind. Diese Idee von Lernwelten, die einem eher technologisch orientiertem Paradigma entsprechen, „entbetten“ in seinem Sinn das Leben und auch das Ler-nen aus seinen historisch gewachsenen, interaktiv und biografisch hergestellten Lebenswelten. Gerade im Um-gang mit Lerngelegenheiten ist deshalb zu fragen, wie der enorme Überhang an sogenannten Informationen der Korrektur durch die Wahrnehmung oder die Erfah-rung ausgesetzt werden kann? Und darüber hinaus ist zu klären, wie diese vielfältigen Wahrnehmungen und Erfahrungen an die Problemsituationen anschlussfähig gemacht und methodisiert werden können? So sehr z. B. virtuelle Lerngelegenheiten auch den Eigensinn, indi-viduelle Suchbewegungen, die Bereitschaft, Fehler zu machen oder auch den Kooperationssinn z. B. im Sinne von virtuellen Kommunikationsgruppen unterstützen mögen, so sehr wird vielerorts befürchtet, dass dadurch eine kritische Ordnung, ein gesellschaftlicher Sinnzu-sammenhang verloren gehen könnte. Wer entscheidet denn, was entbehrlich zu wissen ist, damit Menschen von Wissenslasten und Denkanstrengungen, von „Wis-sen auf Vorrat“ befreit werden? Auf welche Kosten geht eine solche „Entlastung“? Auf ein Weniger des Verste-hens, der Verständigung, des Lernstoffs, der Erfahrung, dessen, was wir als Bildung bezeichnen? Wenn es in der Bildungsdiskussion auch um den selbstreflexiven Um-gang mit den Möglichkeiten und Grenzen des Erkennens in der jeweils konkreten Umgebung geht, dann ist eben auch danach zu fragen, wie die vorherrschenden Formen der Aneignung von Welt die Perspektiven und lebens-nahen Reflexions- und Kommunikationsräume der Ler-nenden prägen.

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DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266 — 11

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BILDUNG ALS PERMANENTE WERT-SCHÖPFUNGOhne Zweifel haben die medialen Möglichkeiten im

Netz hier die Reichweiten und vor allem die Geschwin-digkeiten in Bezug auf das Vernetzen von Menschen immens gesteigert. Aber gerade darin liegt, wie oben angedeutet, auch ein Problem, weil es hier vor allem um technologische Strukturen geht. Diese geben sich sehr oft lokal und subjektbezogen aus, haben ihre Ur-sprünge und Ziele aber in einem völlig anderen System. Dies zeigt sich z. B. in den sogenannten französischen Gelbwesten-Protesten. Hier haben sich die demokrati-schen Mechanismen in den sozialen Netzwerken als sehr schlagkräftig erwiesen. Schnell und effizient wurde eine Bewegung organisiert, die helfen sollte, gesellschaftli-che Missstände zu verändern. Dies wurde stark dadurch begünstigt, dass Facebook kurz zuvor seine Algorith-men stärker auf lokale News und Gruppen bezogen hat. „Wenn ältere französische Facebook-Nutzer etwas veröf-fentlichen, schreiben sie gerne ‚ptg‘ (kurz für ‚partager‘, d. h. teilen, sharen) dazu - gefolgt von der Nummer ihres Départements. Und Gelbwesten-Gruppen nennen sich z. B. ‚Colère 36‘ – ‚Wut aus dem Departement 36‘. Als Facebook seinen Algorithmus änderte, verloren große Nachrichtenseiten massiv an Sichtbarkeit - die lokalen Wutgruppen dagegen wurden mit Traffic geradezu ge-flutet. Ihre Anliegen, nach denen zuvor kein Hahn ge-kräht hatte, hatten auf einmal ein riesiges Publikum. Ein neuer Aufstand artikulierte sich, mit kräftiger Hilfe von ein bisschen Code aus dem Silicon Valley.“ (Füchtjohann: 2018, o. S.)

Diese Algorithmusänderung mag nur ein kleiner Baustein im großen sozialen Gewebe gewesen sein, sie zeigt aber die Folgen der Beschleunigung und der Ort-losigkeit von Beziehungen. Indem die inneren Bremsen der Prüfung von Fakten, die vielen „checks and balan-ces“ die Entscheidungen vorausgehen, weitestgehend aufgehoben werben, wirken Beschleunigungsprozesse, die sehr oft verschiedenartige oder gar widerstreitende Perspektiven vernachlässigen. Der Diskurs spitzt sich zu auf ein agiles Management, damit Menschen und Unternehmen so schnell und wendig werden wie Start-ups. Die eingangs erwähnte Tendenz, alle Prozesse des täglichen Lebens mittels technologischer Entwicklungen „lösen“ zu wollen, verkennt dieses Problem, da wir in unserer greifbaren und erlebbaren Welt auch mit immer schneller arbeitenden Netzwerken und gesteigerter Re-chenpower das Lernen und Gestalten in realen Bezügen niemals ersetzen können. Wenn wir aus den heutigen politischen, ökonomischen, kulturellen, gesellschaft-lichen und ökologischen Krise einen Ausweg finden wollen, dann ist dieser nur lernend zu erreichen. Das bedeutet, dass die individuelle Handlungsfähigkeit der sozialen Akteure gesteigert werden muss. Die Ermuti-gung des Einzelnen, soziale und politische Verantwor-tung wahrzunehmen, auch wenn diese begrenzt, das Resultat schwer berechenbar und die Befriedigung ge-ring sein sollte, kann aber nur dort wirklich entstehen, wo dieser Anspruch in einem prinzipiell gestaltbaren Umfeld entstehen und gefördert werden kann. Eine we-sentliche demokratische Kompetenz besteht eben aus

dem sich Einbringen in konkrete, lokale Prozesse, die einen selbst betreffen, und in denen auch fassbare Ein-sichten gewonnen werden können. Dies kann durchaus auf technologische Prozesse aufsetzen, es bedarf aber auch der Kommune, der Bildung vor Ort. Dies zu unter-stützen ist auch die Aufgabe der organisierten Erwach-senenbildung. Um aber auf die Lebens- und Lernwelten reagieren zu können, bedarf es deshalb nicht nur einer Digitalisierungsoffensive, sondern auch einer redlichen Bestandsaufnahme in den Regionen, was es gibt und was es nicht gibt, was den Leuten hilft, um ihren Lebensalltag aktiv gestalten zu können, und wo sie sich Unterstüt-zung erwarten. Bildungsanbieter müssen mehr denn je ihren gesellschaftspolitisch robusten Anspruch gegen-über der Politik, aber auch gegenüber ihren regionalen PartnerInnen und den TeilnehmerInnen deutlich ma-chen. Sie müssen zeigen, wo und wie sie lebensweltlich anschlussfähig und brauchbar sind. Es geht schon lange nicht mehr nur um eine Aneinanderreihung von Kur-sen oder eine passive Bestandserhaltung. Im Gegenteil: Es gilt die eigene Grundstruktur aufzuzeigen, gesell-schaftspolitische Positionen zu diskutieren, Aufgaben-felder zu definieren, Angebote zu erarbeiten und Ver-netzungsstrukturen aufzubauen. Das sind keine leichten Aufgaben, sondern es ist der Versuch, die unterschiedli-chen Lernwelten der Subjekte mit den eigenen Projekten in der Bildungsorganisation professionell zu verbinden. Dass das nicht immer reibungslos und glatt abläuft, ist kein Zeichen von mangelnder Professionalität, sondern eher dafür, dass es nicht nur um die Erreichbarkeit so-genannter bildungsferner Menschen geht, sondern auch um die Infragestellung menschenferner Bildung. Eine Erwachsenenbildung, die solche Formen der aufsuchen-den, geprüften, anschlussfähigen und brauchbaren Bil-dungsarbeit versucht, könnte auch in Zukunft von ent-scheidender Bedeutung für das Gelingen individueller und gesellschaftlicher Wert-Schöpfung sein. //

LiteraturAugè, Marc (1994): Orte und Nicht-Orte. Vorüberlegungen zu einer Ethnologie der Einsamkeit. Frankfurt

am Main: Fischer.Bakshy, Eytan, Messing, Solomon & Adamic, Lada A. (2015): Exposure to ideologically diverse news and

opinion on Facebook. In: Science, 348 (6239), 1130–1132. DOI: 10.1126/science.aaa1160Bourdieu, Pierre (1991): Physischer, sozialer und angeeigneter physischer Raum. In: Martin Wentz (Hrsg.),

Stadträume (S. 25–34). Frankfurt am Main: Campus.Bourdieu, Pierre (1997): Ortseffekte. In: Pierre Bourdieu, Das Elend der Welt. Zeugnisse und Diagnosen

alltäglichen Leidens an der Gesellschaft. Konstanz: UVK Universitätsverlag.Egger, Rudolf (2014): Sicherstellung sozialer Kohäsion durch eine zuverlässige Bildungsstruktur. Das

soziale Netzwerk stärken. In: Weiterbildung: Zeitschrift für Grundlagen, Praxis und Trends, (4), 28–31.Füchtjohann, Jan (2018): [Facebook und Politik]. Demokratie muss rumpeln und stottern. In: Süddeutsche

Zeitung, vom 11. Dezember 2018. Online verfügbar unter: https://www.sueddeutsche.de/kultur/frankreich-proteste-gelbwesten-demokratie-facebook-1.4246746) [09.01.2019].

Goodhart, David (2017): The Road to Somewhere. The Populist Revolt and the Future of Politics. London: C. Hurst & Co.

Kjelstrup, Christian (2018): Questioning diversity. Interview with David Goodhart,. https://www.eurozine.com/questioning-diversity/ [09.01.2019].

Merkt, Martin (2018): Fake News im Internet. Welche Herausforderungen ergeben sich für die Erwachsenenbildung? In: weiter bilden. DIE Zeitschrift für Erwachsenenbildung, (4), 22–25 DOI: 10.3278/WBDIE1804W022

Vosoughi, Soroush, Roy, Deb & Aral, Sinan (2018): The spread of true and false news online. Science, (359), 6380, 1146–1151. DOI: 10.1126/science.aap9559

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12 — DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266

Erwachsenenbildung, Volkshochschularbeit und Community-Orientation„Jedes Gemeinwesen ist so beschaffen, wie das Wesen oder der Wille dessen ist, der es lenkt. Daher hat in keinem anderen Staat, außer wo das Volk die höchste Gewalt in Händen hat, die Freiheit eine Heimstätte. Sie ist das herrlichste Gut, das es geben kann. Wenn sie nicht jedem gleichmäßig zuteil wird, so ist sie keine Freiheit.“ (Cicero: 2010, S. 113)

„Hieraus erhellt (sich) also, (…) dass der Mensch von Natur aus ein politisches Lebewesen ist.“ (Aristoteles: 1948, 1253a)

Schwerpunkt

Stefan Vater DER URSPRUNG DER IDEE DER „COMMUNITY-ORIENTATION“

Der Ursprung der Begriffe „Community Orientation“ oder auch „Community-Education“ liegt in der angel-sächsischen raum- und kontextorientierten Bildung und ArbeiterInnenbildung sowie in der Tradition der „Uni-versity Extension“. (Goldmann: 1995). Jedoch sind die Ähnlichkeiten der Grundideen mit den vielleicht etwas idealtypisch überhöhten Grundideen historischer Volks-bildung, aber auch denen moderner, emanzipatorischer Erwachsenenbildung derart frappant, dass auch im Be-reich der Volkshochschulbewegung von einem Commu-nity-Bezug gesprochen werden kann; dies im Gegensatz zu und in Abgrenzung von arbeitsmarktorientierter Bil-dung, die von einer universellen Nützlichkeit ausgeht und die Probleme der Menschen und deren Handlungs-ermächtigung hinter behauptete, abstrakte und schein-bar für alle relevante Notwendigkeiten des Marktes und der Employability zurückstellt.

Community-Education ist oder wird definiert als „[...] ein Prozess, der das Leben von Einzelpersonen und Gruppen bereichern soll, indem er mit Menschen in ei-nem geografischen Gebiet zusammenarbeitet oder ein gemeinsames Interesse teilt, um freiwillig eine Reihe von Lern-, Aktions- und Reflexionsmöglichkeiten zu entwi-ckeln, die von ihren persönlichen, sozialen, wirtschaft-lichen und politischen Bedürfnissen bestimmt werden.“ (Scottish Community Education Council: 1984, o. S.)Diese grundlegende und vielzitierte Definition von Community Education betont aber kaum die Idee der Zu-sammenarbeit oder der gemeinsamen Entwicklung eines Gemeinwesens, also die Arbeit an der Gemeinsamkeit, die ebenso wesentlich für Community Ansätze, wie auch für die emanzipatorische Idee der Erwachsenenbildung

ist, die einer gemeinsamen demokratischen Zukunft verpflichtet ist. Community Education ist charakteri-siert durch Zusammenarbeit, Miteinander, Altruismus und der Idee eines guten Zusammenlebens. Insgesamt steht sie damit grundsätzlich gegen moderne neoliberale Bildungspraxen die eben genau die Konkurrenz, die in-dividuelle Leistung und Abgrenzung, die Messung des Erfolgs mit quantitativen Indikatoren betonen.

COMMUNITY-ORIENTATION IN DER ERWACHSENENBILDUNG

Die Idee zu dieser Reflexion über die Frage der Com-munity-Orientierung in der Erwachsenenbildung hat zweierlei Wurzeln, zuerst die seit 1998 währende Betei-ligung des Verbandes Österreichischer Volkshochschu-len an der Werkstatt Gemeinwesenarbeit. (Vgl. http://www.gemeinwesenarbeit.at). Die Werkstatt Gemein-wesenarbeit am Bundesinstitut für Erwachsenenbildung (vgl. http://www.bifeb.at) ist eine Art thematische Pro-jektplattform von Verbänden der Erwachsenenbildung (Ring Österreichischer Bildungswerke und Verband Österreichischer Volkshochschulen), der ARGE Region Kultur und der Österreichischen Gesellschaft für Politi-sche Bildung (ÖGPB). Die Werkstätte gab mir seit 1998 die Möglichkeit, eine bunte, methodisch beeindrucken-de Vielfalt an Projekten kennenzulernen. Gemeinsam ist den vorgestellten und diskutierten Projekten im Detail wenig, außer der Idee, im eigenen Lebensumfeld Dinge demokratisch zum Besseren zu verändern. Dies bedeutet demokratische Auseinandersetzung über die Vorstel-lungen des gemeinsamen guten Lebens, also über das Gemeinwesen, zumindest dort, wo die Idee der Gemein-wesenarbeit oder Community Education über Dorfver-schönerung durch Blumenkästen und die Traditionspfle-ge oft problematischen Volksliedguts1 hinausgeht – in der Regionalentwicklung, Dorferneuerung und einer Vielzahl an Projekten auch im stätischen Umfeld.

Dabei handelt es sich um Bildungs- und Entwicklungs-projekte, die über die Rezeption der Community Educa-tion (Gemeinwesenarbeit), die im Kontext der ländlichen Erwachsenenbildung stattfand – etwa durch Hannelore Blaschek, eine Pionierin des Gedankens der Gemeinwe-senarbeit in der Erwachsenenbildung Österreichs – hin-ausgehen.2 Die Auseinandersetzungen und Diskurse und vor allem die erörterten Bildungspraxen in dieser ältesten Werkstattreihe des Bundesinstitutes für Erwachsenen-bildung (bifeb) bilden den konkreten im Bildungsalltag verwurzelten Hintergrund dieser Abgrenzung und Neu-bestimmung der Idee der Community Education im Kon-text der Bildungsarbeit der Volkshochschulen.

1 Um hier Missverständnissen vorzubeugen, ich spreche von problematischem Volksliedgut und sage nicht, das Volkslied sei problematisch.

2 Blaschek scheint in verschiedenen Publikationen vor allem darum bemüht, die Praxis und Idee der Community-Orientation auf eine solide, ewige Werte-Basis eines konservativen Katholizismus und eine Warnung vor zu viel Veränderung festzunageln. (Vgl. Blaschek: 1970, 1973, 1979).

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DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266 — 13

Schwerpunkt Community Education

Ein zweiter Ausgangspunkt ist die im Kontext der Ta-gung „Bildung und Populismus. Erwachsenenbildung und die Tradition der Cultural Studies“ (vgl. http://www.vhs.or.at/632/) durchgeführte Auseinandersetzung mit der Volksbildung im Roten Wien im Vergleich mit den Ursprüngen der Cultural Studies in Großbritannien, die in erstaunlich ähnlicher Weise mit Erwachsenenbil-dungs-Praxen und Diskursen im Kontext der Univer-sity Extension im Rahmen der „Workers Educational Organisation“ (WEA) verknüpft sind. (Rogers: 2014). Die-se problem- und veränderungsorientierten Formen der Erwachsenenbildung versprechen mehr als einen gerade-

noch Erhalt der Employability, nämlich Handlungsfähig-keit und die Beteiligung an einer demokratischen Gestal-tung des Gemeinwesens, das heißt einer Gestaltung des Feldes des Zusammenlebens. Die Prinzipien und Praxen beider Traditionen liegen nahe an Ideen und Praxen mo-derner handlungsorientierter Erwachsenenbildung mit Bezug zu den Ideen von Demokratie und Freiheit.

Im Folgenden versuche ich in einer tabellenartigen (vielleicht holzschnittartigen) Gegenüberstellung eine Abgrenzung und Herausarbeitung von Prinzipien com-munity-orientierter Erwachsenenbildung in Anlehnung an Rogers. (Rogers: 2014, 24).

STANDARD-BILDUNGSANGEBOTE COMMUNITY-ORIENTIERTE BILDUNGSPRAXIS

Inhalte

Verhältnis Lehrende – TeilnehmerInnen, Verhältnis der TeilnehmerInnen untereinander

Ziele

Programm/Curriculum

Abstrakt, universell, scheinbar allgemein gültigen Notwendigkeiten des Arbeitsmarktes, des Kanons, der Kompetenzanforderungen folgend.

Kontextabhängig; Bildungsinhalte und Anliegen werden auf die Region, den Kontext, die Ziele und Zukunftshoffnungen der sich Bildenden bezogen.Verallgemeinernde Bezüge beginnen im Konkreten.

Klassische Lehrkonzepte. Formale Autorität der Lehrperson.

Konkurrenz unter den BildungsteilnehmerInnen als motivierendes Grundprinzip.

Zusammenarbeit zwischen Unterrichtenden und TeilnehmerInnen, Zusammenarbeit unter den sich Bildenden.Nicht-hierarchisch; horizontale Beziehungen zwischen Unterrichtenden und TeilnehmerInnen.

Kooperation und Zusammenarbeit als Grundcharakteristik einer demokratischen Wissens- und Lehrpraxis.

Employability, Reproduktion der Arbeitskraft. Unterstützung/Empowerment der lokalen Bevölkerung, der StaatsbürgerInnen.

Vorgegeben, an abstrakten Notwendigkeiten des Marktes und der Vereinheitlichung/Standardisierung orientiert.

Flexibel, Bedürfnisorientiert, Community-basiert, differenziert

ABGRENZUNG DER CHARAKTERISTIKA EINER COMMUNITY-ORIENTIERTEN BILDUNGSPRAXIS VON STANDARD-BILDUNGSANGEBOTEN:

Theorien des Wissens

Allgemeingültiger Kanon wird vorausgesetzt, Unter-richtendenwissen ist höherwertig und gleichzeitig mit Prüfungs- und Sanktionskompetenz verbunden;Ergebnisse sind mess- und quantifizierbar.

Konstruktivistische Sichtweise auf Wissen.Das Wissen der Unterrichtenden ist anders als das der TeilnehmerInnen. Ihr Wissen und Lernen sind gleichwertig.Wichtig ist der Bildungsprozess, dessen Ergebnisse nicht vollständig vorhersehbar und quantifizierbar sind.

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14 — DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266

Lernprozess

Bewertung und Lernergebnisse

Lernen ist ein individueller, begabungsbedingter Prozess.Lernen ist selektiv und soll selektiv wirkenVermittlung fixer, unveränderlicher Wissenskomplexe (Veränderung ist Fehler);Bildungs-Versprechen ist Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit.

Lernen ist ein gemeinschaftlicher Prozess.Der Unterrichtende lernt mit TeilnehmerInnen (gemeinsame Forschung), Lernen dient der Gemeinschaftsförderung;Bildung ist Suche und Erkundung.

Bildungsversprechen ist Handlungsfähigkeit.

Es gibt ein gültiges, verwertbare Zugänge schaffendes Wissen, dass es sich anzueignen gilt unter der Drohung von Ausschluss.

Verschiedene Arten von Wissen haben unterschiedliche Eigenschaften Werte in verschiedenen Situationen.

Lernergebnisse werden vorformuliert und sind extern/politisch vorgegeben.

Die Lernergebnisse sind vielfältig und unvorhersehbar und personenzentriert.

Unterrichtende gibt didaktisiertes Lernprogramm vor.Heterogenität wird negiert oder als Hemmnis angesehen.Universelle Lernstile.

TeilnehmerIn und Unterrichtende kontrollieren gemeinsam das Lern- Programm;Heterogenität der Erwachsenenbildung anerkannt; Unterschiede der Lernstile sind anerkannt und berücksichtigt.

Bewertung anhand von Normen und Wertekatalogen. Bewertung als SelektionEigenverantwortete Verwertbarkeit als Arbeitskraft.

Bewertung durch a) Erreichen von Handlungsfähigkeit b) Alltagsrelevanz.

Individuelles Lernen und Konkurrenz . Kollektives und kooperatives Lernen.

WAS BEDEUTET DIES FÜR MODERNE VOLKSHOCHSCHULARBEIT?

Trotz der Holzschnitt-Artigkeit der Gegenüberstel-lung lautet meine These, dass die Idee der TeilnehmerIn-nenorientierung und auch der Bezug auf Anliegen des Gemeinwesens (Community-Orientierung) in moder-ner Bildungsarbeit – auch in VHS-Bildungsarbeit – mit den Schlagworten Employability, Zertifizierung, Profes-sionalisierung – zunehmend verloren geht, und damit

ein wesentlicher Ursprung der Erwachsenenbildung; zumal es in modernen Bildungsdiskursen, auch in den Volkshochschulen, so erscheint, als gäbe es universelle Bildungsinhalte für alle, die für alle gleich nützlich und sinnvoll wären. Dies bedeutet den Verlust eines Grund-prinzips der Erwachsenenbildung, der Problem- und Personenzentrierung. //

LiteraturAristoteles (1948): Politik. Leipzig: Meiner 1948.Blaschek, Hannelore (1970): Über das „Community Development“,

ein Blick über die Grenzen. In: Theorie und Praxis der Erwachsenenbildung, 3 (2), 400–405.

Blaschek, Hannelore (1973): Zur Gemeinwesenarbeit eine internationale Überschau. In: Theorie und Praxis der Erwachsenenbildung, 6 (1), 177–187.

Blaschek, Hannelore (1979): Zur Ausbildung in Gemeinwesenarbeit. Einige Anregungen aus internationalen Gesprächen. In: Erwachsenenbildung in Österreich. Fachzeitschrift für Mitarbeiter in der Erwachsenenbildung, 30 (11/12), 683–692.

Lawrence Goldman (1995): Dons and workers: Oxford and adult education since 1850. Oxford: Clarendon Press.

Rogers, Alan (2014): University Extra-Mural Studies and Extension Outreach: Incompatibilities. In: Journal of Adult and Continuing Education, 20 (1), 3–38. Online verfügbar unter: https://doi.org/10.7227/JACE.20.1.2 [11.01.2019].

Scottish Community Education Council (1984): Training for change: a report on community education training. Edinburgh: Scottish Community Education Council.

Cicero, Marcus Tullius (2010): Der Staat. De re publica. Mannheim: Artemis & Winkler.

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DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266 — 15

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Beteiligung, Bildung, Zivilgesellschaft:Community-Ansätze in der ErwachsenenbildungCommunity-Ansätze haben in der österreichischen Erwachsenenbildung starke und eigenständige Traditionen – als gemeinwesenorientierte Erwachsenenbildung, als lokale Bildungs- und Kulturarbeit, als gemeindebezogene Bildung usw. Im Folgenden stelle ich wichtige institutionelle AkteurInnen vor – mit Bezug auf zwei zentrale, derzeit besonders brisante Themen: Zivilgesellschaft als Lernort, gesellschaftliche Beteiligung als Lernort.

Schwerpunkt

COMMUNITY-ANSÄTZE IN DER ERWACHSENENBILDUNG

Community-Ansätze zielen auf die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger am sozialen, kulturellen und politischen Leben in ihren Gemeinden und Stadtteilen. Es geht um Bildung durch Beteiligung und um Bildung für Beteiligung am kommunalen Leben. In der öster-reichischen Erwachsenenbildung haben Community-Ansätze starke und eigenständige Traditionen – mit sehr unterschiedlichen Bezeichnungen: lokale Bildungs- und Kulturarbeit, gemeinwesenorientierte Erwachsenenbil-dung, gemeindebezogene Erwachsenenbildung, lernen-de Gemeinden, lernende Regionen, Lernen vor Ort, Kul-tur vor Ort, soziokulturelle Bildung usw. Institutionell finden wir Community-Ansätze vor allem bei den Or-ganisationen der allgemeinen Erwachsenenbildung: als zentraler Schwerpunkt bei den Mitgliedsorganisationen des Rings Österreichischer Bildungswerke und des Fo-rums Katholischer Erwachsenenbildung (mit ihren eh-renamtlich geführten lokalen Bildungswerken), als wich-tiger Teilbereich bei den Volkshochschulen (VHS im Gemeindebau, Akademie der Zivilgesellschaft) und den öffentlichen Büchereien (community-orientierte lokale Büchereien). Der „neudeutsche“ Sammelbegriff „Com-munity-Ansätze“ wird von den AkteurInnen vor Ort kaum verwendet, bietet aber Anschlussmöglichkeiten

an internationale Bildungsdiskurse, insbesondere mit Blick auf die weltweite Bedeutung von Community-Ori-entierung in der Bildung. Mit der Formel „Community-Ansätze“ kommt aber auch die ambivalente Dominanz angelsächsischer Begriffe und Konzepte in den europä-ischen Bildungsdiskursen zum Ausdruck. Gleichzeitig ist der Community-Begriff ein in die Alltagssprache eingewanderter Anglizismus mit sehr positiven Konno-tationen. Die Verwendung einer wörtlichen deutschen Übersetzung als „Gemeinschaftsbildung“ oder „gemein-schaftsbezogene Bildung“ erscheint vor dem Hinter-grund der mit dem Gemeinschaftsbegriff im Deutschen verbundenen traditionalistischen bis hin zu rassistischen Konnotationen im Nationalsozialismus problematisch. Ich werde im Folgenden vor allem von gemeinweseno-rientierter Erwachsenenbildung sprechen. Ein zentrales Kennzeichen gemeinwesenorientierter Erwachsenen-bildung in Österreich ist, dass sie hauptsächlich von ehrenamtlichen bzw. freiwilligen MitarbeiterInnen ge-leistet wird.

BEISPIEL BILDUNGSWERKEBeispiel für einen Community-Ansatz in der österrei-

chischen Erwachsenenbildung ist die lokale Bildungs- und Kulturarbeit der Mitgliedsorganisationen des Rings Österreichischer Bildungswerke: Sie basiert auf den eh-renamtlich geführten örtlichen Bildungswerken sowie auf lokalen Kultur- und Bildungsvereinen. Die ehren-amtlichen AkteurInnen vor Ort werden von hauptberuf-lichen ErwachsenenbildnerInnen in Landesverbänden beraten und begleitet. Zentrale Ziele des Community-Ansatzes des Rings sind die Stärkung von Demokratie und Solidarität in den Gemeinden, das Anknüpfen an lo-kale Bedürfnisse, Interessen und Ressourcen, die beson-dere Berücksichtigung benachteiligter Gruppen, mehr Empowerment durch gemeinsames Handeln, die För-derung inklusiver Lernprozesse usw. Zentrale Themen der Einzelveranstaltungen, Workshops und Kurse sind: Kunst und Kultur in der Gemeinde, Politisches Handeln, Sprachen lernen, Digitalisierung im Alltag, Gesundheit und Sport, Elternbildung oder Älter werden. Besondere Veranstaltungsformen sind Bildungswochen und Lern-feste, interkulturelle Gärten, Runde Tische oder Biogra-phiearbeit. Die Mitgliedsorganisationen des Rings haben schon in 1960er-Jahren Konzepte und Methoden lokaler Beteiligung propagiert (mit dem Schlagwort „Aktivbür-ger“, damals noch ohne weibliche Form) und waren in den 1970er- und 1980er-Jahren Pionierinnen der Dorfer-neuerung und Gemeindeentwicklung. Ein zusammen-fassender Konzept- und Methodenüberblick erschien 1991 unter dem Titel „Dorferneuerung. Anregungen zum Mitmachen. Selbststudienmaterialien in 10 Bau-steinen“. (Schoeller: 1991). Ein weiterer Schwerpunkt der Ring-Mitgliedsorganisationen ist die übergreifende Aus-einandersetzung mit dem Ehrenamt bzw. freiwilligem Engagement: Vereinsakademien, Freiwilligenmanage-ment, Validierung informeller Lernprozesse im Enga-gement („Engagement schafft Kompetenz“). 1998 wurde vom Ring Österreichischer Bildungswerke ein EU-Pro-jekt unter dem Titel „Bürgerschaftliches Handeln und

Wolfgang Kellner

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gemeinwesenorientierte Erwachsenenbildung: Schnitt-stellen informeller und formeller Lernprozesse“ mit Partnerinstitutionen aus Großbritannien, den Nieder-landen, Deutschland, Italien und Ungarn gestartet (Ko-ordination: Wolfgang Kellner und Genoveva Brandstet-ter). Mit der Formel „Bürgerschaftliches Handeln“ sollte die demokratiepolitische Dimension gemeinweseno-rientierter Erwachsenenbildung neu gefasst werden. Durch den Blick auf informelle und formelle Lernpro-zesse sollte das gesamte Spektrum an Lernprozessen im gemeindebezogenen Engagement verdeutlicht werden.

WERKSTÄTTE GEMEINWESENARBEITEine Plattform für Community-Ansätze in der ös-

terreichischen Erwachsenenbildung ist die Werkstätte Gemeinwesenarbeit (GWA) am Bundesinstitut für Er-wachsenenbildung (bifeb) in Strobl. Sie existiert nun 40 Jahre, seit 1979. In den jährlich stattfindenden Tagungen wurden inzwischen über 200 gemeinwesenorientierte Projekte vorgestellt und mit Bezug auf bildungswissen-schaftliche, gesellschaftspolitische und methodische Analysen reflektiert. Die Werkstätte GWA wurde in den 1970er-Jahren vom bifeb und Organisationen der Erwachsenenbildung, insbesondere von der gemeinwe-senorientierten Erwachsenenbildung des Rings Öster-reichischer Bildungswerke, als Reformprojekt „impor-tiert“, insbesondere aus dem angelsächsischen Bereich. Die Werkstätte GWA wurde 1979 von einem Team aus VertreterInnen des bifeb (u.a. August Pöhn) und des Rings (u.a. Hannelore Blaschek) gestartet. Das Team erweiterte sich sehr bald um AktivistInnen aus der Ge-meinde- und Regionalentwicklung (u.a. Anton Rohr-moser), in der Folge um weitere VertreterInnen aus EB-Organisationen und der Sozialen Arbeit. Die 2017 neu konstituierte Steuerungsgruppe besteht aus fünf Vertre-terInnen aus Erwachsenenbildungs-Organisationen und einem Vertreter aus der Sozialen Arbeit: Cornelia Prim-schitz (bifeb), Wolfgang Kellner (Ring Österreichischer Bildungswerke), Stefan Vater (Verband Österreichischer Volkshochschulen), Gerda Daniel (ArgeRegionKultur), Rahel Baumgartner (Österreichische Gesellschaft für Politische Bildung) und Christoph Stoik (FH Campus Wien, Soziale Arbeit). Die GWA wurde in der Erwachse-nenbildung weniger als sogenannte dritte Methode der Sozialen Arbeit (neben Einzelfall- und Gruppenarbeit) rezipiert – vielmehr als Arbeitsprinzip und als freie Ar-beit im und am Gemeinwesen, bis hin zu einer „befreien-den Praxis“ im Sinne Paolo Freires. Hauptziel war bzw. ist dabei, Probleme von BürgerInnen oder Minderhei-ten in Gemeinden oder Stadtteilen als gesellschaftliche Probleme gemeinsam zu erkennen, zu analysieren und zu lösen – bestimmt von Bildung, Solidarität und De-mokratie. Die GWA erwies sich in der Erwachsenen-bildung als Pionierin bei der Einführung aktivierender Methoden wie Zukunftswerkstätten oder aktivierende Erhebungen. Die Auseinandersetzung mit den über 200 Projekten seit 1979 wurde gleichzeitig zu einem Seismo-graph der bildungs-, sozial- und kulturpolitischen Rah-menbedingungen für eine gesellschaftskritische Praxis der Erwachsenenbildung.

ZIVILGESELLSCHAFT Zivilgesellschaft ist ein klassischer Begriff der politi-

schen Theorie. Gemeinwesenorientierte Erwachsenen-bildung ist mit ihren Vereinen, lokalen Zweigstellen und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen selbst Teil der Zivilgesellschaft - und sie ist mit ihren gemeinwesen-orientierten Angeboten und Projekten AkteurIn für mehr Zivilgesellschaft bzw. die Stärkung von Zivilge-sellschaft: Bildung durch zivilgesellschaftliches Engage-ment, Bildung für mehr zivilgesellschaftliches Engage-ment. Unter Zivilgesellschaft werden in der Regel jene gesellschaftlichen Bereiche verstanden, in denen sich BürgerInnen in Abgrenzung von den Sphären des Staa-tes, des Marktes und der Privatsphäre in freiwilligen Assoziationen, Vereinen, Verbänden, sozialen Bewe-gungen zusammenschließen bzw. gemeinsam handeln. Man spricht auch von einem intermediären Bereich zwischen Staat, Wirtschaft und Privatsphäre und ver-weist gleichzeitig auf mögliche Kooperationen zwi-schen Organisationen der Zivilgesellschaft und Staat oder Wirtschaft: der Dialog mit der Zivilgesellschaft. Für die Organisationen der allgemeinen Erwachsenen-bildung in Österreich (VHS, Bildungswerke im RING, konfessionelle Bildungswerke) ist Zivilgesellschaft in besonderer Weise ein Rahmen und ein Horizont. Ein Rahmen ist Zivilgesellschaft für die Organisationen der allgemeinen Erwachsenenbildung vor dem Hin-tergrund, dass diese traditionell Teil jener Zivilgesell-schaftstradition der Zweiten Republik sind, die in der Sozialpartnerschaft und der Zurechnung zu sogenann-ten weltanschaulichen Lagern zum Ausdruck kommt. Ein Horizont ist Zivilgesellschaft für die Organisatio-nen der allgemeinen Erwachsenenbildung im Bezug darauf, dass diese auch Teil jener zivilgesellschaftlichen Aufbrüche seit den 1970er-Jahren ist, die in neuen so-ziale Bewegungen ihren Ausdruck finden: Frauenbe-wegung, Umweltbewegung, Friedensbewegung usw. Jüngstes bzw. aktuellstes Beispiel für zivilgesellschaft-liche Aufbrüche mit vielfältigen Initiativen seitens der Erwachsenenbildung ist das Engagement für geflüch-tete Menschen seit 2015. Vor dem Hintergrund grassie-render Kritik an zivilgesellschaftlichen Organisationen seitens rechtspopulistischer Politik, aber auch hinsicht-lich der Existenz eines rechtsradikalen Vereinswesens ist nach normativen und utopischen Dimensionen von Zivilgesellschaft zu fragen. Der Soziologe Frank Adloff formuliert hierzu folgendes: „Die Zivilgesellschaft ist auf die Einhaltung von Menschen- und Bürgerrechten angewiesen, also auf einen staatlichen Schutz der Mei-nungs-, Presse- und Vereinigungsfreiheit. In der Regel zählen außerdem bestimmte zivile Verhaltensstandards wie Toleranz, Verständigung, Gewaltfreiheit, aber auch Gemeinsinn zur Zivilgesellschaft. Schließlich beinhaltet das Zivilgesellschaftskonzept auch ein utopisches Mo-ment: das selbstregulierte demokratische Zusammen-leben. Summa summarum umfasst der Begriff Zivilge-sellschaft also dreierlei: einen gesellschaftlichen Bereich von Organisationen und Institutionen, zivile Um-gangsformen und ein utopisches Projekt“ (Adloff: 2005, S. 8 f.). Damit muss Zivilgesellschaft in viel höherem

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Maße als bisher auch ein Bildungs- und Lernprojekt sein – und damit eine große Herausforderung für die Erwachsenenbildung. Beispiel für eine unmittelbare Bezugnahme auf den Konnex zwischen Zivilgesell-schaft und Erwachsenenbildung ist die Akademie der Zivilgesellschaft der Wiener VHS (http://www.zivilge-sellschaft.wien/).

BETEILIGUNGBeteiligung/Partizipation ist mehr oder weniger ex-

plizit immer auch ein Lernprojekt: in Nachbarschafts-initiativen ebenso wie in der Raumplanung, in selbst-organisierten Projekten der Zivilgesellschaft ebenso wie in Prozessen der BürgerInnenbeteiligung. Immer geht es dabei auch um individuelles und kollektives Lernen durch und für Partizipation. Methoden der Partizipati-on und der Moderation sind konstitutive Elemente der gemeinwesenorientierten Erwachsenenbildung. Seit den 1970er-Jahren ist gemeinwesenorientierte Erwach-senenbildung Pionierin bei der Entwicklung und Ein-führung neuer Methoden: aktivierende Erhebungen, Aktionsforschung, Zukunftswerkstätten, Geschichts- und Schreibwerkstätten, Leitbildentwicklungen in Ge-meinden. Jüngere Methoden und Konzepte sind World Cafes, Open Space Konferenzen, Repair Cafes. Einen Überblick zu den Methoden der Ring-Mitgliedorganisa-tionen erschien 1991 unter dem Titel „Dorferneuerung. Anregungen zum Mitmachen. Selbststudienmaterialien in 10 Bausteinen“ (Schoeller: 1991). Im Rahmen des im Auftrag des Landwirtschaftsministeriums vom Öster-reichischen Institut für Erwachsenenbildung geleite-ten Projekts „Lernende Regionen“ erschien 2008 in der mehrteiligen Reihe „Handbuch Lernende Regionen“ der Band „Bundesweite Instrumente“. Partizipation ist in den letzten Jahrzehnten eine Art Mainstream-Strategie geworden: in der Raumplanung und Stadtent-wicklung, bei unterschiedlichsten Bauvorhaben usw. Im Kontext gemeinwesenorientierter Erwachsenenbildung ist bzw. war Partizipation vor allem eine basisorientier-te, kritisch-emanzipatorische Praxis, im Kontext ihrer „Durchsetzung“ ist Partizipation vielfach Gegenstand einer Profession geworden: Smarte Agenturen bieten Prozessbegleitungen und externe Moderationen an. Was bedeuten diese Prozesse der Professionalisierung von Partizipation für die Zukunft gemeinwesenorien-tierter Erwachsenenbildung? Eine neue aus dem Kon-text der neuen „Professionalisten“ kommende Methode ist das Modell „Zukunftsräte“. Beteiligten sich an der „alten“ Zukunftswerkstätte zumeist die sogenannten „üblichen Verdächtigen“, die zumeist vielfältig en-gagierten BürgerInnen werden die Zukunftsräte per Zufallsauswahl ausgewählt und eingeladen. Die Zu-kunftsräte könnten „als eine Art vierte Gewalt dienen und auf verschiedenen Ebenen im Viereck von Parteien, Verwaltung, ehrenamtlich Engagierten und politischer Zivilgesellschaft agieren“. (Vgl. Nanz & Leggewie: 2016). Unter einem Zukunftsrat verstehen wir eine dauerhafte, durch Losverfahren repräsentativ auf einen Querschnitt der Bürgergesellschaft abzielende Einrichtung der Gemeinde oder eines Stadtteils (…). Der Zukunftsrat

identifiziert wichtige Zukunftsfragen und arbeitet in einem kooperativen Lernprozess Lösungsvorschläge aus. Er bietet genau damit einen Ort demokratischer Kultur, an dem Konflikte in ziviler Form bearbeitet und Zukunftsentwürfe in einem kollaborativen Lernprozess ausgearbeitet werden können“. (Evers &Leggewie: 2018, S. 39). Vom Büro für Zukunftsfragen des Landes Vorarl-berg wird mit dem Projekt „Bürgerräte“ eine vergleich-bare konsultative Methode seit Jahren erfolgreich ange-wendet. Diese mit besonders anspruchsvollen Lern- und Moderationsprozessen verknüpften Methoden könnten bzw. sollten auch ein neues Feld für gemeinwesenorien-tierte Erwachsenenbildung sein.

VALIDIERUNG INFORMELLES LERNENSMit dem oben genannten EU-Projekt zur gemeinwe-

senorientierten Erwachsenenbildung wurde informel-les Lernen mit dem Akzent auf „Informelles Lernen im Engagement“ bereits 1998 Thema der Erwachsenenbil-dung. Es wurde deutlich, dass gemeinwesenorientier-te Erwachsenenbildung ja immer schon auf „Bildung/Lernen für Engagement“ (non-formale Angebote) und auf „Bildung/Lernen durch Engagement“ (informelles Lernen ermöglichen) setzte. Die gemeinwesenorien-tierte Erwachsenenbildung wurde damit zu einer Pio-nierin für das Thema „Informelles Lernen bzw. infor-mell erworbene Kompetenzen validieren“. Seit Ende der 1990er-Jahre wurden vom Ring Österreichischer Bildungswerke eine Reihe von Formaten zur Kompe-tenzerfassung entwickelt und eingeführt, die sich auf Lernen im Engagement/Lernen für das Engagement bezogen: unter anderem die Formate „Kompetenzport-folio für Freiwillige“, „Kompetenznachweis für Freiwilli-ge“, „Lebenserfahrung sucht Engagement: das passende Ehrenamt finden“ (Workshop für ältere Menschen). Mit der österreichischen Strategien zum lebensbegleitenden Lernen „LLL:2020“ (Wien 2011) gewannen gemeinwe-senorientierte Erwachsenenbildung und das informelle Lernen im Engagement erstmals offizielle Aufmerksam-keit und Anerkennung – insbesondere durch die Akti-onslinie 6: „Verstärkung von Community-Education“-Ansätzen mittels kommunaler Einrichtungen und in der organisierten Zivilgesellschaft“. (BMUKK u.a.: 2011, S. 32 f.). Die Aktionslinie Community-Education versammelt das gesamte Spektrum an Prinzipien und Methoden der gemeinwesenorientierten Erwachse-nenbildung: Vernetzung, Aktivierung, Empowerment, Partizipation, Kooperation, Selbstbestimmung, Ziel-gruppenorientierung. Unter den Überschriften „Vision“, „Ziele“, „Ist-Stand“ und „Maßnahmen“ wurde seitens der Bildungspolitik mit der Aktionslinie 6 eine koope-rative Gesamtstrategie in Aussicht gestellt, die jedoch nach einer kurzen Aufbruchsstimmung und Initiativen seitens der EB-Verbände von der Bildungspolitik nicht weiterverfolgt wurde. Interessanterweise fanden die Er-fahrungen der gemeinwesenorientierten Erwachsenen-bildung aber Eingang bei den Aktivitäten zur Aktions-linie 10: „Verfahren zur Anerkennung non-formal und informell erworbener Kenntnisse und Kompetenzen in allen Bildungssektoren“. (BMUKK u.a.: 2011, S. 44 f.).

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18 — DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266

AMBIVALENZENBetrachtet man die genannten Akzentsetzungen mit

dem Blick der kritisch-emanzipatorischen GWA-Tradi-tion, so drängt sich eine Bezugnahme auf die Debatte um neoliberale Gouvernementalität auf – eine Debatte, die in den letzten Jahren auch die Diskurse der Erwach-senenbildung und der Sozialen Arbeit erreicht hat. Der Begriff „Gouvernementalität“ wurde vom Philosophen Michel Foucault (1926–1984) eingeführt und bezeichnet ein sehr weites Verständnis des Regierens, nämlich „die Gesamtheit von Prozeduren, Techniken, Methoden, welche die Lenkung der Menschen untereinander ge-währleisten.“ (Foucault: 1996, S. 118 f.). Es geht dabei um eine neuartige „Menschenregierungskunst“ mit ganz speziellen Formen der Fremd- und Selbstführung. Das heißt beispielsweise, dass Regieren zunehmend auch über zivilgesellschaftliche Instanzen und über Praxen der Selbstführung und Selbstbestimmung funktioniert. (Vgl. Stövesand: 2007). Damit haben Begriffe wie Par-tizipation, Aktivierung, Empowerment, Selbstorgani-sation nicht mehr dieselbe kritisch-emanzipatorische Bedeutung wie in der GWA der 1970er-Jahren, sie sind Teil staatlicher Aktivierungspolitik geworden: „Regie-ren durch Gemeinschaft“. (Bröckling: 2005). Das be-deutet nicht automatisch eine Verabschiedung kritisch-emanzipatorischer Veränderungsperspektiven, wohl aber eine Neuorientierung, zu der die GWA-Forscherin Sabine Stövesand anmerkt: „Wenn dies von AkteurIn-nen sozialer Bewegungen oder einer kritischen Ge-meinwesenarbeit nicht als eigenes Versagen oder als

Unmöglichkeit von Emanzipation, sondern analytisch als grundlegender Funktionsmodus verstanden wird, dann könnte eine heilsame Distanz zum eigenen Han-deln entwickelt werden, die schmerzhafte Desillusionie-rung und damit Resignation verhindert und gleichzeitig das Aufdecken von Handlungsspielräumen ermöglicht.“ (Stövesand: 2007, S. 8). Die „alten“ normativ-kritischen Orientierungen der GWA und neue Formen der Selbst-steuerung und öffentlicher Steuerung eröffnen neue Handlungsfelder. Alison Gilchrist bemerkt für neue Community-Ansätze in Großbritannien: „Neue Kon-zepte (wie Sozialkapital und >kommunale Wirksam-keit<) und alte Werte (wie Vertrauen und Solidarität) bieten spannenden Rahmenbedingungen für die Zu-kunft“. (Gilchrist: 2006, S. 8). Für John Field sind vor allem folgende drei Konzepte für die neue Community-Orientierung relevant: (1) der Kommunitarismus als (durchaus ambivalente) gesellschaftspolitische Bewe-gung für mehr Community-Orientierung und gegen die zunehmende Individualisierung in den Gesellschaften; (2) das Konzept „Sozialkapital“, welches verspricht, den Nutzen von Community-Orientierungen auch messbar zu machen; schließlich (3) das Konzept einer „Reflexiven Modernisierung“, das in Abgrenzung gegenüber dem Kommunitarismus auf eine reflektierte Individualisie-rung setzt, in dem z. B. deutlich gemacht wird, dass Ver-trauen in modernen Gesellschaften immer wieder neu hergestellt werden muss („active trust“) und nicht mehr als das selbstverständliche „gemeinsame Gut“ traditio-neller Vergemeinschaftung verfügbar ist. //

Literatur

Adloff, Frank (2005): Zivilgesellschaft. Theorie und politische Praxis. Frankfurt am Main – New York: Campus.

Brandstetter, Genoveva & Kellner, Wolfgang (Hrsg.) (2000): Freiwilliges Engagement, Lernen und Demokratie. Beiträge zu einem bürger-schaftlichen Europa: Beispiele aus sechs europäischen Ländern. Wien: Ring Österreichischer Bildungswerke.

Bröckling, Ulrich (2005): Gleichgewichtsübungen. Die Mobilisierung des Bürgers zwischen Markt, Zivilgesellschaft und aktivierendem Staat. In: spw. Zeitschrift für Sozialistische Politik und Wirtschaft, 2 (142), 19–22.

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Was-serwirtschaft, Österreichisches Institut für Erwachsenenbildung (Hrsg.) (2008): Handbuch Lernende Regionen. Bundesweite Inst-rumente. Online verfügbar unter: http://www.oieb.at/upload/3565_handbuch-teil-3.pdf

Bundesministerium für Unterricht und Kunst u.a. (2011): Strategien zum lebensbegleitenden Lernen in Österreich. LLL:2020, Wien. Online verfügbar unter: http://pubshop.bmbf.gv.at/detail.aspx?id=442

Evers, Adalbert & Leggewie, Claus (2018): Falsch verbunden. Zur (Wie-der-)Annäherung von institutionalisierter Politik und organisierter Zivilgesellschaft. In: Forschungsjournal Soziale Bewegungen, (1–2), 32–40. Online verfügbar unter: http://forschungsjournal.de/sites/default/files/downloads/fjsb_2018-1-2_evers_leggewie_0.pdf

Field, John (2009): Lifelong Learning and community. In: Peter Jarvis (Hrsg.), The Routledge International Handbook of Lifelong Learning. London: Routledge.

Foucault, Michel (1996): Der Mensch ist ein Erfahrungstier. Gespräch mit Ducio Trombadori. Frankfurt a. Main: Suhrkamp.

Gilchrist, Alison (2006): Community-Work in the UK – a continuing journey. Online verfügbar unter: https://www.changesfoundations.net/wp-content/uploads/2012/02/ACW-Talking-Point-_CD-in-the-UK-revised-Dec.05_.pdf

Nanz, Patrizia & Fritsche, Miriam (2012): Handbuch Bürgerbeteiligung. Verfahren und Akteure, Chancen und Grenzen, Bonn (Bundeszentrale für politische Bildung) Online verfügbar unter: https://www.bpb.de/shop/buecher/schriftenreihe/76038/handbuch-buergerbeteiligung

Nanz, Patrizia & Leggewie, Claus (2016): Die Konsultative. Mehr Demokratie durch Bürgerbeteiligung. Berlin: Wagenbach.

Schoeller, Dieter (Hrsg.) (1991): Dorferneuerung. Anregungen zum Mitmachen. Selbststudienmaterialien in 10 Bausteinen. 2 Bde. Innsbruck – Wien: Tyrolia.

Stövesand, Sabine (2007): Gemeinwesenarbeit als Instrument neoliberaler Politik? Online verfügbar unter: http://www.stadtteilarbeit.de/theorie-gwa-146/grundlagen-gwa/330-gwa-neoliberalepolitik.html

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DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266 — 19

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Sabine Stövesand/Christoph Stoik/Ueli Troxler (Hrsg.): Handbuch Gemeinwesenarbeit. Traditionen und Positionen, Konzepte und Methoden. Berlin – Toronto: Budrich 2013, 457 Seiten

Schwerpunkt

Die beiden Herausgeber und die Herausgeberin sind aktiv in der Lehre, Fortbildung und Praxis der Gemein-wesenarbeit tätig. Über die „Sektion Gemeinwesenar-beit“ der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit und andere Netzwerke in den Ländern Schweiz, Österreich und Deutschland konnten sie eine Vielzahl von Auto-rinnen und Autoren zur Mitarbeit an diesem Handbuch gewinnen. Die 44 AutorInnen sind selbst Lehrende oder PraktikerInnen in der Gemeinwesenarbeit oder blicken aus benachbarten Disziplinen und Professionen auf die-ses Arbeitsprinzip bzw. auf das Konzept Sozialer Arbeit.

Die Idee zum Handbuch ist im Arbeitszusammen-hang der „Sektion Gemeinwesenarbeit“ von PraktikerIn-nen und Lehrenden der Gemeinwesenarbeit entstanden. Dort gab es seit der Gründung 2001 etliche Anregungen zu Workshops, Tagungen und Veröffentlichungen. Mit dem Film Gemeinwesenarbeit (www.fel-verlag.de/dvd) und diesem Handbuch werden vielfältige Fachdiskurse zur Gemeinwesenarbeit angestoßen.

Das Handbuch ist nach einer differenzierten Einlei-tung in fünf Kapitel gegliedert.

Im ersten Kapitel „Meilensteine der Gemeinwesen-arbeit“ werden zeitgeschichtliche Ausprägungen dieses Arbeitsprinzips in seiner 120-jährigen Geschichte auf-gezeigt. Die Beiträge reichen von der Darstellung von Auszügen der Lebenswerke Jane Addams, Friedrich Siegmund Schultzes, Saul D. Alinskys bis zu beachtens-werten Fachbeiträgen der jüngeren Geschichte.Das zweite Kapitel „Positionierungen“ stellt theoretische Bezüge her zwischen Gemeinwesenarbeit und Lebens-welt, Lebensbewältigung, Sozialraumarbeit, Systemthe-orie, Sozialem Kapital, Gemeinwesenökonomie, Sicher-heit und Kontrolle.

Im dritten Kapitel „Internationales Fenster“ wird die Entwicklung der Gemeinwesenarbeit in Deutschland,

der Schweiz und Österreich nachgezeichnet, um wei-tere Blicke auf Belgien und die Niederlande sowie auf Community Development, zivilgesellschaftliches Enga-gement, Entwicklungszusammenarbeit und zivile Kon-fliktbearbeitung in anderen Ländern zu werfen.Die „Handlungsfelder der Gemeinwesenarbeit“ wer-den im vierten Kapitel behandelt. Es wird deutlich, dass abhängig vom sozialen und politischen Kontext der Fachleute mit unterschiedlichen Themen, Zielgruppen, Stadtteilen bzw. Regionen gearbeitet wird. Die Beiträge bieten einen guten Überblick über Berührungspunkte der Gemeinwesenarbeit mit Stadtteilentwicklung, Woh-nen, ländlicher Regionalentwicklung, Lokaler Agenda 21, Psychiatrie, Gesundheit, soziokultureller Arbeit, Bildungsnetzwerken, Neuen Medien, Arbeit mit älteren Menschen, offener Kinder- und Jugendarbeit, Arbeit mit Frauen.

Das fünfte Kapitel „Professionelles Handeln in der Gemeinwesenarbeit“ gibt praxisbezogene Hinweise zu typischen Methoden und Verfahren. Diese sind Sozi-alraumanalyse, Community Organizing, Aktivierende Befragung, Runde Tische, Kleingruppen- und Groß-gruppenarbeit, Forumtheater, Zukunftswerkstatt, Ge-meinwesenmediation, Netzwerkarbeit, Arbeiten in und mit der Öffentlichkeit, Projektarbeit.

Die Einleitung von Stövesand und Stoik bietet eine komplexe Einführung in das Thema. Es wird hervorge-hoben, dass Gemeinwesenarbeit im Handbuch unter dem disziplinären und professionellen Rahmen der Sozialen Arbeit steht. Die zentralen Begriffe Gemein-wesen und Sozialraum werden geklärt und verschie-dene fachliche Positionen dazu vorgestellt. Die un-terschiedlichen Definitionen der Gemeinwesenarbeit sind durch historische und bezugswissenschaftliche Erläuterungen gut nachvollziehbar. Das von Stövesand

Joachim Romppel

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20 — DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266

und Stoik im Handbuch definierte „Konzept Gemein-wesenarbeit“ zeigt sich mit vielfältigen Erscheinungs-formen in der Praxis der Gemeinwesenarbeit durch die Ausrichtung auf unterschiedliche Zielgruppen, Themen oder räumlich-geographische Bezüge. Die Le-serinnen und Leser werden angeregt, eigene fachliche Standpunkte zu überprüfen. Hilfreich dafür sind die umfassenden und differenzierten Darstellungen histo-rischer und aktueller Diskussionen und Positionen zur Gemeinwesenarbeit.Dieser einleitenden wissenschaftlichen Komplexität fol-gen nicht alle Beiträge. Gleichwohl werden in einigen Artikeln Fachdiskurse zur Wissenschaft der Sozialen Arbeit aufgegriffen, Verbindungen hergestellt und ein weiterführender Transfer geleistet. In etlichen Artikeln fehlt die Anschlussfähigkeit zu Theorien der Sozialen Arbeit und Diskursen der Fachdisziplin Soziale Arbeit. Es stehen Beiträge zu der Geschichte, den Methoden oder Projektthemen mit Verknüpfungen ausgewählter Objekttheorien (der Soziologie oder Politologie) im Vor-dergrund der Betrachtung. Wissenschaftlich und fach-lich wird gestritten über die passenden Begriffe, Kon-zepte und Gesellschaftstheorien zur Analyse von Macht und Herrschaft und die Bedeutung für die Praxis von Gemeinwesenarbeit.

Zur Neuorientierung in der Gemeinwesenarbeit wäre für Leserinnen und Leser ein roter Faden hilfreich ge-wesen, der die Verbindungen zwischen Handlungsthe-orien, Bezugstheorien, Arbeitsfeldern und Methoden aufgezeigt hätte. Dies wäre bei den Beiträgen im ersten Kapitel (z. B. Staub-Bernasconi zu Addams; Stoik zu Hinte und Maier), im zweiten Kapitel (z. B. Bitzan zu Lebenswelt und Sozialraum; Böhnisch zu Lebensbewäl-tigung; Martin zu Systemen) sowie im vierten Kapitel (z. B. Fehren zur Stadtteilentwicklung; Schnee zur Sozio-kulturellen Arbeit) möglich gewesen.

Im fünften Kapitel werden zwölf zentrale Methoden bzw. Verfahren der Gemeinwesenarbeit vorgestellt. Die-se geben einen guten Überblick über professionelles Ar-beiten mit Personen, Gruppen und Organisationen. Die handlungstheoretische Differenzierung und der Trans-fer zur Disziplin Soziale Arbeit stehen im Hintergrund, so stehen Methoden und Verfahren nebeneinander; eine Unterscheidung nach Funktionen (z. B. Beschreibung, Analyse, Intervention, Evaluation) im Kontext der Pra-xis wäre weiterführend gewesen.

Forschung in der Gemeinwesenarbeit scheint es kaum zu geben, schreibt Dieter Oelschlägel in seinem Beitrag zur Geschichte der Gemeinwesenarbeit in Deutschland. Er sammelt seit über 30 Jahren Veröffentlichungen zum Thema Gemeinwesenarbeit1 und forscht in histori-schen Quellen zum Thema. Nur vereinzelt kommt das Thema Forschung im Handbuch vor. Hier bestehen im Handbuch und darüber hinaus deutliche Lücken der Bestandsaufnahme empirischer Erkenntnisse zur Ge-meinwesenarbeit. Erklärungen zum Sachverhalt bietet die bereits in der Einleitung ausgeführte Begriffsvielfalt als Ersatz für die Bezeichnung Gemeinwesenarbeit, so-dass Forschungsergebnisse unter anderen Begriffen von Zielgruppen, Themen oder Stadtteilprojekten veröffent-

licht sind. Hinzu kommen begrenzte Forschungsförde-rung und Forschungsstrukturen, in denen Ergebnisse zur Gemeinwesenarbeit gesammelt, dokumentiert und ausgewertet werden. Das Thema könnte ein neues Buch-projekt werden.

Insgesamt bieten die gründlich recherchierten und mit Quellen belegten Beiträge zur Geschichte der Ge-meinwesenarbeit im ersten Kapitel „Meilensteine“ eine Fülle von Erkenntnissen, die fachlichen Positionen im zweiten Kapitel zeigen die Schnittpunkte Sozialer Arbeit mit benachbarten Disziplinen auf. Handlungsfelder wei-sen im vierten Kapitel auf die thematische Bandbreite der Gemeinwesenarbeit hin, und die Bearbeitungen so-zialer Probleme mit kreativen Projektideen und Metho-den im fünften Kapitel bieten neue Anregungen für die Lehre und Praxis.

Dieses Handbuch ist durch die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Geschichte der Gemeinwe-senarbeit, der Darstellung und Analyse der Entwicklung vom Arbeitsprinzip zum theoretisch fundierten Konzept und mit der Darstellung von Theorien und Modellen der Bezugsdisziplinen selbst zu einem Meilenstein der Gemeinwesenarbeit geworden. Der Sammelband mit 58 kurzen und prägnanten Artikeln und einer gehaltvol-len und orientierenden Einleitung bietet eine wichtige fachliche Grundlage, liefert Argumente für die professi-onelle praktische Arbeit mit dem „Konzept Gemeinwe-senarbeit“ als Teil der Sozialen Arbeit. Es bietet Ideen für Fort- und Weiterbildung sowie für Beiträge zur Lehre an Hochschulen. Die Zitate und Quellenangaben stellen eine reichhaltige Fundgrube zum Weiterlesen und zur vertiefenden Weiterarbeit dar. Der Herausgeberin Sa-bine Stövesand und den Herausgebern Christoph Stoik und Ueli Troxler ist es gelungen, ein beachtenswertes Handbuch vorzulegen. In einem Team von 18 Autorin-nen und 26 Autoren haben sie dazu beigetragen, mit viel-fältigen Beiträgen Gemeinwesenarbeit zu erfassen und umfassend zu diskutieren. //

1 Siehe: www.stadtteilarbeit.de/literatur-62/lit-gwa/gwa-literatur/2010-2014.html

Die obige Rezension ist ein Wiederabdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors und des Portals www.socialnet.de

Joachim Romppel. Rezension vom 02.12.2013 zu: Sabine Stövesand, Christoph Stoik, Ueli Troxler (Hrsg.): Handbuch Gemeinwesenarbeit. Traditionen und Positionen, Konzepte und Methoden. Verlag Barbara Budrich (Opladen, Berlin, Toronto) 2013. ISBN 978-3-86649-411-4. Reihe: Theorie, Forschung und Praxis der Sozialen Arbeit - 4. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/15045.php, Datum des Zugriffs 07.01.2019.

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DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266 — 21

Schwerpunkt Community Education

Community Education und VolkshochschulenDie Aktionslinie 6 der österreichischen Lifelong-Learning-Strategie LLL:2020 widmet sich Community Education und ihrer Verstärkung durch kommunale Einrichtungen und durch die organisierte Zivilgesellschaft. Da Lernen „Bestandteil des zivilgesellschaftlichen Engagements“ ist, wird Partizipation auch als „wertvolle Lernerfahrung“ gesehen. Solche Lernprozesse tragen zum „individuellen Empowerment“ und zu verbesserten Teilhabechancen bei. Als Vision wird skizziert, dass Menschen aller Alters- und Lebensphasen unterstützt werden sollen, ihr Leben und das der Community „kompetent und aktiv zu gestalten“.

Schwerpunkt

Gerhard Bisovsky Dabei wird Bildung von den Menschen vor Ort und von allen relevanten Stakeholdern getragen: Gemein-den, Schulen, Hochschulen, Bildungsträger aus der Erwachsenenbildung, Vereine und NGOs sowie das Arbeitsmarktservice. Als Ziele werden die Koordination und Vernetzung unterschiedlicher Akteure angegeben sowie „maßgeschneiderte regionale und partizipative Angebote“. Mittels innovativer Modelle soll die akti-ve Teilhabe bei der Gestaltung der Lebensumwelt und des Gemeinwesens unterstützt werden; soziale und bil-dungspolitische Maßnahmen auf regionaler und lokaler Ebene wirken inklusiv; die Sozialpartner wirken lokal und regional an der Umsetzung der Community Educa-tion mit und Kompetenzen und Fertigkeiten, die in der Freiwilligen- und Gemeinwesenarbeit erworben wur-den, sind auf allen Bildungs- und Qualifikationsstufen anerkannt.

Wichtige Maßnahmen sind die Verankerung des Life-long Learning als Thema in den Regionen, die Einbezie-hung der BürgerInnen in Planungs- und Bildungsprozes-se, weiters Erhebungen von Aktivitäten und Modellen;

Anerkennungsverfahren informell erworbener Kom-petenzen; Aufwertung von Freiwilligenarbeit und eh-renamtlichem Engagement durch entsprechende An-erkennungsverfahren; usw. usf. Als eine zusätzliche Maßnahme wird die Aufnahme von Community Educa-tion in die Leistungsvereinbarungen mit dem Bildungs-ministerium genannt. (LLL:2020, S. 32-35)

BILDUNGSNAHVERSORGER VOLKSHOCHSCHULEN

Die Volkshochschulen bringen ihr Programm und ihre Bildungsangebote in die Regionen und Orte, in denen die Menschen wohnen, arbeiten oder ihre Aus-bildung machen. Die Volkshochschulen sind somit die klassischen Nahversorger. Sie bieten leicht erreichbare Bildung zu sozial verträglichen Gebühren für alle Bevöl-kerungsschichten an. Doch um welche Bildung geht es hier und trifft diese Bildung die Interessen und Bildungs-bedarfe der Menschen in der Region?

Das Programm der Volkshochschulen umfasst alle acht Schlüsselkompetenzen für das lebensbeglei-tende Lernen, wie sie vom Europäischen Parlament verabschiedet wurden und die Grundlage der öster-reichischen Lifelong Learning-Strategie sind. Diese Schlüsselkompetenzen sind: Sprachen; mathematisch-naturwissenschaftliche Kompetenz; digitale Kompetenz; Lernkompetenz; Gesundheit1, Gesellschafts-, Bürger- und Selbstkompetenz; unternehmerische Kompetenz sowie Kulturbewusstsein und kulturelle Ausdrucksfä-higkeit. Hier handelt es sich um Kompetenzen, die Eu-ropaweit heute als grundlegend erachtet werden, um an Gesellschaft, Wirtschaft und Arbeitswelt teilhaben zu können und für ein gelingendes Leben stehen.

Nicht jede Volkshochschule kann dieses Programm in seiner Gesamtheit realisieren, auf Bundesländerebe-ne werden jedoch alle Schlüsselkompetenzen abgedeckt. Nun stellt sich die Frage, wie die Volkshochschulen mit ihren Angeboten den Bildungsinteressen wie auch den Bildungsbedarfen der Menschen in den Regionen, in den Bundesländern entsprechen. Dazu werfen wir einen Blick in die VHS-Statistik und betrachten die Teilnah-men aller Angebote sowohl bei den Kursen als auch bei den Einzelveranstaltungen. Die Teilnahmen spiegeln die Nachfrage wider und es ist anzunehmen, dass hinter der Nachfrage Bildungsinteressen wie auch Bildungs-bedarfe stecken. Die Menschen, die die VHS-Veranstal-tungen besuchen, wollen Interessen befriedigen, sie sind allerdings auch mit Anforderungen konfrontiert, die sie Weiterbildungsveranstaltungen besuchen lassen. In den überwiegenden Fällen tun sie das freiwillig und sie finden in der Volkshochschule einen Ort, der den Zu-gang zu Bildung und Lernen relativ leicht und einfach ermöglicht. Die sozial verträglichen Gebühren erleich-tern den Einstieg und die Volkshochschule steht für eine

1 Gesundheit, die der Gesellschafts-, Bürger- und Selbstkompetenz zugeordnet werden kann, wird vom VÖV als eigene Kompetenz dargestellt. Die Sprachkompetenz umfasst sowohl die mutter- bzw. erstsprachliche wie auch die fremdsprachliche Kompetenz.

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22 — DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266

gemeinnützige Bildungseinrichtung, die nicht nur Markt-gängiges anbietet. Gleichzeitig sind die Volkshochschu-len ein Garant für ein kontinuierliches Bildungsangebot, für ein Bildungsangebot, das stark mit gesellschaftlichen Anforderungen und Bedarfen verknüpft ist, wie das zum Beispiel mit vielen Deutschkursen für Zuwanderer der Fall ist. Ebenso findet sich in Volkshochschulen Bildung, die an den Interessen der Menschen anknüpft.

Wenn wir die Kursbesuche und die Besuche von Ein-zelveranstaltungen gemeinsam betrachten, sind die am meisten nachgefragten Themen Gesundheitsbildung mit rund 29 Prozent, Sprachen mit 19 Prozent, Politik, Gesell-schaft und Kultur mit 16 Prozent sowie Naturwissenschaft, Technik und Umwelt mit 15 Prozent. Danach folgen Grundbildung und Zweiter Bildungsweg mit 9 Prozent, Kreativität und Gestalten mit ebenfalls rund 9 Prozent sowie berufliche und berufsorientierte Bildung mit 3 Pro-zent. (Berechnungen nach Vater, Zwielehner 2018)

Die Verteilung nach den Statistik-Fachbereichen variieren je Bundesland und spiegeln die unterschiedlichen Ange-botsschwerpunkte wider, die wiederum die Bildungsinter-essen und –bedarfe der Bevölkerung wiedergeben, die sie in „ihren“ Volkshochschulen umsetzen. Im Burgenland steht der Fachbereich Politik, Gesellschaft und Kultur an erster Stelle (37,1 Prozent), gefolgt von Gesundheit und Bewegung (21,5 Prozent) und Grundbildung und Zweiter Bildungsweg (18,4 Prozent). In Kärnten ist Gesundheit und Bewegung mit 40,6 Prozent der stärkste Fachbereich, an zweiter Stelle folgt das Sprachenangebot mit 21 Prozent und sodann Grundbildung und Zweiter Bildungsweg mit annä-hernd 19 Prozent. In Niederösterreich wird Gesundheit und Bewegung mit rund 36 Prozent am stärksten nachgefragt, an zweiter Stelle der Fachbereich Politik, Gesellschaft und Kultur mit knappen 32 Prozent und schließlich Sprachen mit rund 18 Prozent. Oberösterreich hat einen ähnlichen starken Fachbereich Gesundheit und Bewegung (rund 35 Prozent), gefolgt von Sprachen (24 Prozent) sowie Politik, Gesellschaft und Kultur mit rund 22 Prozent.

Salzburg hat einen hohen Anteil an Teilnahmen in Ge-sundheit und Bewegung mit rund 49 Prozent, gefolgt von Sprachen mit 36 Prozent. Noch höher ist die Nachfrage nach Gesundheit und Bewegung in der Steiermark mit rund 61 Prozent, an zweiter Stelle rangieren Sprachen mit rund 20 Prozent, gefolgt von Politik, Gesellschaft und Kul-tur mit rund 11 Prozent. In Tirol umfasst Gesundheit und Bewegung 38 Prozent, Sprachen werden zu rund 26 Prozent nachgefragt und Politik, Gesellschaft und Kultur zu 15 Pro-zent und mit rund 14 Prozent folgt Kreativität und Gestal-ten. In Vorarlberg liegen Sprachen mit 26 Prozent vorne, an zweiter Stelle Gesundheit mit 22 Prozent, gefolgt von Kre-ativität und Gestaltungen mit rund 21 Prozent, Grundbil-dung und Zweiter Bildungsweg liegt an vierter Stelle mit 16 Prozent. Naturwissenschaft, Technik und Umwelt wird in Wien am stärksten nachgefragt (rund 34 Prozent aller Kur-se und Vorträge), Grundbildung und Zweiter Bildungsweg liegen mit 15 Prozent an zweiter Stelle, gefolgt von Sprachen (13 Prozent), Politik, Gesellschaft und Kultur (rund 13 Pro-zent) und Gesundheit und Bewegung (12 Prozent).

TEILNAHMEN IN KURSEN UND EINZELVERANSTALTUNGEN NACH FACHBEREICHEN UND BUNDESLAND

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DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266 — 23

Schwerpunkt Community Education

Das vielfältige Angebot der Volkshochschulen kann ein wichtiger „Türöffner zur Teilnahme am sozialen Leben“ sein. „Die Kontaktaufnahme zu Gleichgesinnten, Stär-kung des Selbstbewusstseins, Erweiterung des eigenen Horizonts und nicht zuletzt das Erlernen von Fähigkei-ten, die Spaß machen, sind wichtige Faktoren für hohe Lebensqualität, die durch ein buntes Angebot an Er-wachsenenbildung gefördert wird.“ Schließlich tragen die Volkshochschulen auch mit ihrer integrativen Funk-tion zur Vitalität der Gemeinden bei. (Brandauer 2018)

LEBENSBEGLEITENDES LERNEN IN REGIONENCommunity Education ist im Nexus der Verankerung

des Lebensbegleitenden Lernens in den Regionen zu sehen. Dabei nützt Community Education das „soziale Leben aktiv als Lernfeld“. Über partizipative Maßnah-men sollen der gesellschaftliche Zusammenhalt und die wirtschaftliche Entwicklung gefördert werden. Der Begriff „Community Education“ wird unterschiedlich definiert und verstanden, gemeinsam sind ihnen allen aber folgende Elemente: Die Integration des formalen, non-formalen und informellen Lernens; die Schaffung von Lerngelegenheiten; die Verbindung von Bildung, Gemeinwesenarbeit und Regionalentwicklung; ein Bot-tom-up-Ansatz; die Beteiligung von regionalen NGOs und die Teilnahme sowie das Empowerment von Be-nachteiligten (Wagner/Steiner 2011, S. 40f.)

Community Education hat auch zum Ziel, die Be-nachteiligung einzelner Regionen gegenüber den städ-tischen Agglomerationen auszugleichen. Steiner et al (2010, S. 70 und 2011, S. 6) argumentieren zwar, dass Milieus und soziale Lagen stärker differenzieren als bei-spielsweise der Unterschied zwischen Stadt und Land. Denn während in der Stadt der Anteil von Menschen mit höheren Bildungsabschlüssen größer ist, ist auch der von Personen mit maximal Pflichtschulabschluss höher als in ländlichen Regionen, in denen allerdings Menschen mit mittleren Abschlüssen überwiegen.

Regionen sind aber durch ein eingeschränktes Bil-dungsangebot benachteiligt und durch niedrigere kriti-sche Größen in der Nachfrage nach Bildung. Oft gibt es Konkurrenz und eine geringe Kooperationsbereitschaft zwischen den Bildungsorganisationen (vgl. Schrenk 2017). Wie die PERLS-Studie gezeigt hat, konzentrieren sich mehrere Bildungsveranstalter in Bezirksstädten. Sie bieten Ähnliches an und dann kommt überhaupt kein Angebot zustande, während ein einziges Angebot wahr-scheinlich ausreichend nachgefragt würde. Die Autorin-nen empfehlen daher den Ausbau der Zusammenarbeit zwischen allgemeiner und beruflicher Erwachsenenbil-dung und sie empfehlen auch eine gemeinsame Steue-rungsstruktur (vgl. Gruber, Brünner & Huss 2009).

Ist die Anreise zur nächsten Bildungsorganisation zu lange, wird ein fehlendes lokales Angebot zur Bil-dungsbarriere. In einer oberösterreichischen Studie zeigte sich, dass Bildungsferne maximal 20 Kilometer bereit sind zum Schulungsort reisen und Niedrigqua-lifizierte höchstens 60 Kilometer, während Hochqua-lifizierte 108 Kilometer in Kauf nehmen würden (vgl. Mörth 2004, S. 144).

DIE VOLKSHOCHSCHULE KOMMT ZU DEN MENSCHEN

Im vorstehenden Kapitel wurde die Gemeinsamkei-ten der verschiedenen Verständnisse und Definition von Community Education unter Bezugnahme auf Wagner/Steiner (2011, S. 40f.) so definiert:• Integration des formalen, non-formalen und infor-

mellen Lernens; • Schaffung von Lerngelegenheiten in und für die

Community; • Verbindung von Bildung, Gemeinwesenarbeit und

Regionalentwicklung• Bottom-up-Ansatz; • Beteiligung von regionalen NGOs und • Teilnahme sowie Empowerment von Benachteiligten

Nun werden entlang dieser Merkmale von Community Education die Aktivitäten von Volkshochschulen exem-plarisch beschrieben.

INTEGRATION DES FORMALEN, NON-FORMALEN UND INFORMELLEN LERNENS

Eines der herausragenden Beispiele einer Integra-tion dieser verschiedenen Formen des Lernens stellt zweifelsohne das Bildungszentrum Saalfelden dar. Die-ses österreichische Vorzeigemodell wurde bereits Ende der 1980er Jahre begründet. Die Öffentliche Bibliothek und die Volkshochschule wurden zusammengeführt und es wurde und wird intensiv versucht bildungsbe-nachteiligte Personen und Zielgruppen zu erreichen. Das Bildungszentrum war und ist an mehreren Pro-jekten beteiligt, die allesamt Zielsetzungen im Rah-men der Community Education haben: Basisbildung im Pinzgau, Freies Radio Pinzgau, learn forever – Bil-dungsbenachteiligte Frauen im Kontext pädagogischen Handelns.2 Mit Kooperationen wie dieser greift die Volkshochschule auf ihre historischen Wurzeln zurück, die eng mit dem Bibliothekswesen verbunden sind. Mehrere Volksbildungseinrichtungen im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts hatten auch Lesesäle und Volksbi-bliotheken.

Ein weiteres Vorzeigemodell und vielbeschriebenes Best-Practice-Modell ist der 2007 eröffnete Wissensturm in Linz der die Volkshochschule, die öffentliche Biblio-thek und das Bürger- und Servicezentrum der Stadt Linz, ein Selbstlernzentrum und ein Medienzentrum umfasst. Eine Zeitlang standen alle Institutionen sogar unter einer gemeinsamen Leitung. Das Bildungszen-trum Simmering in Wien beinhaltet eine Standortko-operation zwischen Volkshochschule und Bücherei, die Wiener Volkshochschulen kooperieren eng mit der Hauptbücherei Wien. Solche und ähnliche Kooperati-onen finden sich beispielsweise im Rheintal, die Volks-hochschule Götzis führt dort auch die Stadtbücherei. Die Kärntner Volkshochschule in Villach arbeitet mit der dortigen Bücherei der Arbeiterkammer zusam-men. Viele andere Beispiele einer Zusammenarbeit mit

2 Vgl. https://www.bz-saalfelden.salzburg.at/bildungszentrum

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24 — DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266

öffentlichen Bibliotheken finden sich in Gemeinden und an anderen Standorten von österreichischen Volks-hochschulen.

Zu erwähnen sind auch die zahlreichen Koopera-tionen mit Schulen und Universitäten, die von der gemeinsamen Nutzungen von Ressourcen bis hin zu gemeinsamen geplanten und durchgeführten Veran-staltungen reichen, wie dies beispielsweise im Campus Längenfeld in Wien im Rahmen der Standortkoopera-tion von Volkshochschule, Berufsschule und Bezirks-museum geschieht. Zahlreich sind die Kooperationen von Volkshochschulen mit Schulen in den österreichi-schen Gemeinden. Kooperationen mit Universitäten finden sich in unterschiedlicher Form an mehreren Standorten, zum Beispiel uni.com in Innsbruck oder University Meets Public in Wien. Zu erwähnen sind auch die Aktivitäten der Urania in Graz oder die Kooperation der Kärntner Volkshochschulen mit der Montagsaka-demie der Universität Graz, die Kooperation der Volks-hochschule Linz mit der Johannes-Kepler-Universität. Die Zusammenarbeit der Volkshochschule Krems mit mehreren Kremser Museen, der Fachhochschule oder die Zusammenarbeit der Volkshochschule Salzburg mit Museen, intensiv zum Beispiel im Zuge des Gedenk-jahres 2018, seien stellvertretend für viele Kooperatio-nen der österreichischen Volkshochschulen erwähnt. Dabei ist die gute Verankerung der Volkshochschulen in ihrem jeweiligen lokalen Umfeld entscheidend und kennzeichnend für ihre Bildungsarbeit.

Die Volkshochschule Steiermark arbeitet gemeinsam mit der Universität Graz an unterstützenden Lernnetz-werken für Menschen in peripheren Regionen. (vgl. Al-drian et al. 2018)

SCHAFFUNG VON LERNGELEGENHEITEN IN UND FÜR DIE COMMUNITY

Eine besondere Form der Community Education sind die Volksgruppen-Volkshochschulen im Burgenland: Burgenländische Kroaten, Roma und Ungarn. Die VHS der burgenländischen Roma bietet neben Sprachkursen regelmäßig Gedenkveranstaltungen an, sie initiiert Ge-denktafeln und führt Kunst- und Kulturprojekte durch. Ausführlich wurde darüber in der ÖVH berichtet. (Hor-vath/Liszt 2018)

Das Jüdische Institut für Erwachsenenbildung in Wien ist eine weitere spezifische Einrichtung für die jü-dische Community, die einen Beitrag zur Verbesserung der Verständigung zwischen jüdischen und nicht-jüdi-schen BewohnerInnen Wiens leisten will.

Mit dem Wiener Projekt „Gemeinsam schlau im Gemeindebau“ wurden und werden vielfältige Lern- und Bildungsangebote durchgeführt, die auch einen Bei-trag zur Förderung des Zusammenlebens leisten. Neben anderem wurden auch ältere LernbegleiterInnen im Ge-meindebau ausgebildet, wofür 2012 der Staatspreis für Erwachsenenbildung verliehen wurde.

Im Vergleich zu Deutschland hat Österreich einen deutlich niedrigeren Anteil an Volkshochschulen in kommunaler Trägerschaft. Hier sticht das Bundesland Niederösterreich hervor, von den 73 autonomen Volks-

hochschulen sind 55 kommunale Einrichtungen. Kom-munale Volkshochschulen gibt es zudem noch in Linz und in Wels.

Zahlreiche Lerngelegenheiten in den lokalen Com-munities werden von allen österreichischen Volkshoch-schulen geboten.

VERBINDUNG VON BILDUNG, GEMEINWESENARBEIT UND REGIONALENTWICKLUNG

Im Bildungstreff Oberes Murtal, an dem auch die Volkshochschulen in der Steiermark beteiligt sind, werden zukunftsfähige, regionale Strukturen für le-benslanges Lernen umgesetzt. Koordiniert wird der Bildungstreff vom Bildungsnetzwerk Steiermark, an dem maßgeblich die Volkshochschule Steiermark und die Urania mitarbeiten. Mit dem Bildungstreff wurden mehrere Vernetzungsziele verfolgt: Aufbau themen-spezifischer Netzwerke; Schaffen von Transparenz bei Bildungs- und Lernangeboten; Verbesserung der An-gebotsstruktur durch verstärkte Einbeziehung des Bil-dungsbedarfs und der Interessen der Bevölkerung sowie Sensibilisierung für und Bewusstseinsbildung über die Bedeutung von Bildung und Lernen im Lebenszusam-menhang.3

Das Projekt „Integration. Neue Herausforderungen für die Gemeinde“ der Kärntner Volkshochschulen will die für das Gemeinwohl wichtigen Strukturen und Funk-tionen der Gemeinde stärken. Konkret werden Personen, die mit Asylwerbern in Kontakt stehen, unterstützt und die Zusammenarbeit zwischen diesen verbessert. Zudem wird auch die Beteiligung der heimischen Bevölkerung in den Gemeinden gefördert.4

Die Kursreihe der Volkshochschule Salzburg zum Vertrauensnachbarn5 vermittelt wichtige Werkzeuge für ihr Engagement in der Nachbarschaft. Themen sind: Wissen über Gesprächsführung, Sicherheitsthemen, transkulturelle Kompetenz aber auch Gesundheit. Die Vertrauensnachbarn begleiten Menschen in Sinne einer guten Nachbarschaft.

Der interreligiöse Stammtisch in Saalfelden wurde gemeinsam mit den christlichen Pfarrern und Vertrete-rInnen des Buddhismus und der Bahai entwickelt. Der dreimal jährlich rotierend in den Räumen einer Glau-bensgemeinschaft stattfindende Stammtisch bietet den Religionen und den Gläubigen Raum und Ort zum Kennenlernen und zum Austausch, er bringt aber auch Religion und Alltagsleben näher zusammen. (Aschauer-Smolik 2018)

„Lernen vor Ort“ setzt die Volkshochschule Mistelbach in Niederösterreich seit vielen Jahren

3 http://www.bildungsnetzwerk-stmk.at/oberes-murtal/

4 https://www.meinbezirk.at/st-veit/c-lokales/integration-bessere-vernetzung-durch-sechs-workshops_a1613187 [27.2.2019]

5 https://www.stadt-salzburg.at/internet/service/aktuell/aussendungen/2016/die_ersten_vertrauensnachbarn_erhielten_450034.htm [27.02.2019]

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DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266 — 25

Schwerpunkt Community Education

neben anderem mit einem umfangreichen und thema-tisch breiten Sommerferienprogramm für Kinder und Jugendliche um.6

BOTTOM-UP-ANSATZDie Akademie der Zivilgesellschaft der Wiener

Volkshochschulen fördert ehrenamtliches Engage-ment, das für ein gelungenes Zusammenleben wich-tig ist. Mit der Akademie sollen Strukturen und Rahmenbedingungen geschaffen werden, die die Zi-vilgesellschaft bestmöglich unterstützen. Alle Bevöl-kerungsgruppen sollen sich konstruktiv in den Gestal-tungsprozess unserer Gesellschaft einbringen können. „In den Lehrgängen der Akademie erarbeiten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer alle Fähigkeiten, die sie für den Projektstart oder die Weiterentwicklung ei-nes bereits bestehenden Projekts benötigen. Im Mittel-punkt steht dabei stets das Selfempowerment der Teil-nehmerInnen.“ (Pabst 2018)

Die österreichischen Volkshochschulen haben im Gefolge der großen Fluchtbewegungen 2015 Herausragendes geleistet. An allen Standorten und in vielen Gemeinden wurden unterstützende Maßnah-men durchgeführt, viele davon auch ehrenamtlich und kostenfrei für die Geflüchteten. Dabei wurde be-sonders auf deren Situation Bedacht genommen und die Bedürfnisse und Bedarfe der Geflüchteten waren grundlegende Bestandteile der Inhalte der Aktivitäten vor Ort.

Die Volkshochschulen gehen raus in die Talschaften und verfolgen dort „kontextgebundene Ziele“ und so können Personen angesprochen werden, die durch die alleinige Bereitstellung des „richtigen“ Angebotes nicht erreicht werden (Fischnaller 2019).

BETEILIGUNG VON REGIONALEN NGOSRegionale NGOs führen mit Volkshochschulen

gemeinsam Bildungsveranstaltungen durch, zum Bei-spiel „okay.zusammen leben“7 in Vorarlberg zur Un-terstützung von längerfristigen Integrationsprozessen in Zusammenarbeit mit den Vorarlberger Volkshoch-schulen. Oder beispielsweise das Rote Kreuz mit der Volkshochschule Korneuburg.

Viele Diskussionsveranstaltungen und Vortragsrei-hen wurden und werden mit regionalen NGOs durch-geführt.

TEILNAHME SOWIE EMPOWERMENT VON BENACHTEILIGTEN

An der Regionalstellen der Burgenländischen Volkshochschulen wurde das Projekt LernBar umge-setzt. Personen, die Probleme beim Lesen, Schreiben oder Rechnen haben, soll der Wiedereinstieg in das Lernen durch offene und flexible Informations- und Beratungsangebote erleichtert werden. Die LernBar bietet Eingangsberatung, flexible Angebote in der Ba-sisbildung, Einzel- oder Kleingruppenbetreuung, Cur-ricula, die auf individuelle Bedürfnisse abgestimmt sind und individuelle Lernhilfe und Unterstützung beim Lernen.8

„Stadtmenschen Wien“ wird an mehreren Wiener Volkshochschulen angeboten. Das Ehrenamtsprojekt bietet eine erste Anlauf- und Orientierungsstelle für die Probleme und Fragen der Bevölkerung. Die Menschen kommen mit Fragen und Anliegen aus den Bereichen Wohnen und Wohnungsnot, Bil-dung, Armut und Finanzielles, Familie, Arbeit und Arbeitslosigkeit sowie Asyl und Pflege in die Sprech-stunden. Die „Stadtmenschen“ analysieren das Prob-lem und verweisen die Hilfesuchenden an bestehen-de Angebote sowie ExpertInnen in Wien. Im Vorfeld bereiten die Ehrenamtlichen gemeinsam mit den Be-troffenen Gespräche vor und helfen dabei, Formulare auszufüllen.9

Angebote zur Lernunterstützung und Sprachförde-rung für Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen Familien werden in mehreren Bundesländern in den Städten und in den zahlreichen Gemeinden durchge-führt. Sprachförderwochen für Kinder mit nichtdeut-scher Muttersprache finden auch direkt vor Ort, zum Beispiel in Bezau, Hittisau, Lustenau oder auch im Mon-tafon und Walsertal statt. Diese Vorort-Veranstaltungen werden oft von den Mitarbeiterinnen der Gemeinden gewünscht und von den Volkshochschulen, umgesetzt (Fischnaller 2019).

Das Lerncoaching der Kärntner Volkshochschulen unterstützt Kinder aus einkommensschwachen Fami-lien in den Hauptgegenständen Mathematik, Deutsch und Englisch und fördert so die Chancengleichheit für Kinder (Penz 2018).

Mit dem Projekt „Förderung 2.0 – VHS Lernhilfe an Wiener Schulen“ wird Kindern aus sozial schwächer gestellten Familien die Teilhabe an Bildung erleichtert. Dies geschieht über VHS-Lernhilfekurse, die an den teilnehmenden Schulen durchgeführt werden und über das offene und niederschwellige Angebot der VHS-Lernstationen in den Räumen der Volkshochschulen. (Bergmann et al. 2018)

WIRKUNGEN VON COMMUNITY EDUCATION IN UND DURCH VOLKSHOCHSCHULEN

Ein erklärtes Ziel der österreichischen Lifelong Learning Strategie LLL:2020 ist die Steigerung der Teilnahmequoten an nicht-formaler Weiterbildung in dünn besiedelten Gebieten von 35,7 Prozent laut „Adult Education Survey“ 2007 auf die Teilnahme-quote von Gebieten mittlerer Siedlungsdichte mit mindestens 45 Prozent (LLL:2020, S. 4). Die Teilnah-me an nicht-formaler Bildung ist generell deutlich angestiegen, in dicht besiedelten Gebieten liegt sie bei

6 http://www.vhs-mistelbach.at/file/sommersemester2019.pdf [27.2.2019]

7 https://www.okay-line.at/

8 Vgl. http://www.vhs-burgenland.at/home/LernBar.html [27.2.2019]

9 Siehe: https://www.wien.gv.at/bezirke/penzing/gesundheit-soziales/stadtmensch.html [27.2.2019]

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Schwerpunkt Community Education

26 — DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266

LiteraturAldrian, Sarah, Fliesser, Karin, Egger, Rudolf, Bauer, Martin (2018):

Lernen vor Ort. Unterstützende Lernnetzwerke für Menschen in peripheren Regionen. In: Die Österreichische Volkshochschule Nr. 264. Online verfügbar unter: http://magazin.vhs.or.at/magazin/2018-2/264-fruehjahrsommer-2018-2/bildungsthemen/lernen-vor-ort/ [27.2.2019]

Aschauer-Smolik, Sabine (2018): Interreligiöser Stammtisch: Dialog auf Augenhöhe. In: Die Österreichische Volkshochschulen Nr. 264. Online verfügbar unter: http://magazin.vhs.or.at/magazin/2018-2/264-fruehjahrsommer-2018-2/medienpreise-2/interreligioeser-stammtisch-dialog-auf-augenhoehe/ [27.2.2019]

Bergmann, Nadja, Danzer, Lisa, Sorger, Claudia, Wetzel, Petra, Willsberger, Barbara und Yboub, Omar (2018): „Förderung 2.0 –VHS Lernhilfe an Wiener Schulen. In: Die Österreichische Volkshochschulen Nr. 265. Online verfügbar unter: http://magazin.vhs.or.at/magazin/2018-2/265-herbst-2018/schwerpunkt-jugend-junge-erwachsene/foerderung-2-0-vhs-lernhilfe-an-wiener-schulen/ [27.2.2019]

Brandauer, Birgit (2018): Wer Erwachsenenbildung fördert, fördert Gemeinden. In: tirol.kommunal, Oktober 2018, S. 14-15

Fischnaller, Stefan (2019): Email vom 8. Jänner an den Autor zum Thema Tätigkeit vor Ort.

Gruber, Elke, Brünner, Anita, Huss, Susanne (2009): Perspektiven der Erwachsenenbildung im Rahmen des lebenslangen Lernens in der Steiermark (PERLS). Kooperationsprojekt der Alpen-Adria Universität Klagenfurt, Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung, Abteilung für Erwachsenen- und Berufsbildung mit dem Bildungsnetzwerk Steiermark. Online verfügbar unter: http://wwwg.uni-klu.ac.at/ifeb/eb/PERLS_Ergebnisse_Endfassung_Nov2009.pdf [17.2.2019]

Horvath. Horst, Liszt, Peter (2018): Flogoskeri utschi ischkola le burgendlanditike romdenar. Die Volkshochschule der burgenländischen Roma. In: Die Österreichische Volkshochschule Nr. 264. Online verfügbar unter: http://magazin.vhs.or.at/magazin/2018-2/264-fruehjahrsommer-2018-2/medienpreise-2/flogoskeri-utschi-ischkola-le-burgendlanditike-romdenar/ [27.2.2019]

LLL:2020 = Republik Österreich (2011): Strategie zum lebensbegleitenden Lernen. Online verfügbar unter: https://broschuerenservice.sozialministerium.at/Home/Download?publicationId=159 [27.2.2019]

Mörth, Ingo (2004): Niedrigqualifizierte in Oberösterreich. Der Weg in die Weiterbildung. In: http://soziologie.soz.uni-linz.ac.at/sozthe/staff/moerthpub/WeiterbildungBuch.pdf [22.02.2019]

Pabst, Brigitte (2018): Die Kunst des guten Zusammenlebens. In: Die Österreichische Volkshochschule Nr. 264. Online verfügbar unter: http://magazin.vhs.or.at/magazin/2018-2/264-fruehjahrsommer-2018-2/medienpreise-2/die-kunst-des-guten-zusammenlebens/ [27.2.2019]

Penz, Isabella (2018): Lerncoaching: Chancengleichheit schaffen mit den Angeboten der Kärntner Volkshochschulen. In: Die Österreichische Volkshochschule Nr. 265. Online verfügbar unter: http://magazin.vhs.or.at/magazin/2018-2/265-herbst-2018/schwerpunkt-jugend-junge-erwachsene/lerncoaching-chancengleichheit-schaffen-mit-den-angeboten-der-kaerntner-volkshochschulen/ [27.2.2018]

Schrenk, Michaela (2017): Lebensbegleitendes Lernen. Analyse und Konzept zur Erwachsenenbildung in der LEADER-Region Kamptal. Diplomarbeit Lehramtsstudien Geographie und Wirtschaftskunde; Geschichte, Sozialkunde und Politische Bildung, Universität Wien.

Statistik Austria (2018): Erwachsenenbildung. Ergebnisse des Adult Education Survey (AES) 2016/17. Wien: Verlag Österreich

Steiner, Mario, Pessl, Gabriele, Wagner, Elfriede und Plate, Marc (2010): Evaluierung ESF „Beschäftigung“ im Bereich Erwachsenenbildung. Zwischenbericht. Wien: Institut für Höhere Studien. Online verfügbar unter: https://erwachsenenbildung.at/downloads/service/ESF_Zwischenbericht2010.pdf [27.2.2019]

Vater, Stefan, Zwielehner, Peter (2018): Statistikbericht 2018 der österreichischen Volkshochschulen für das Arbeitsjahr. Online verfügbar unter: https://adulteducation.at/de/struktur/statistik/auswertungen/detail?auswertungsnr=165&nid=2414 [25.2.2019]

Wagner, Elfriede, Steiner, Mario (2011): Lebensbegleitendes Lernen in den Regionen verankern. Wien: Institut für Höhere Studien. Online verfügbar unter: http://www.equi.at/dateien/Regionales_LLL.pdf [27.2.2019]

61,5 Prozent, in mittel besiedelten Gebiete bei 55 Pro-zent und in dünn besiedelten bei 58,6 Prozent. (Statis-tik Austria 2018, S. 71)

Zwar kann kein ursächlicher und kausaler Zusam-menhang zwischen Community Education in und durch Volkshochschulen und der Beteiligung an nicht-formaler Bildung in dünn besiedelten Regionen her-gestellt werden, es gibt aber viele Hinweise sowie gute und plausible Gründe, dass durch die sehr vielfältigen Aktivitäten im Bereich der Community Education und der Volkshochschulen ein wichtiger Beitrag zu einer österreichischen Erfolgsgeschichte geleistet wurde.

Eine dieser Begründungen liegt zweifelsohne dar-in, dass auf soliden Strukturen in der Erwachsenen-bildung aufgebaut werden kann, allen voran die in der Konferenz der Erwachsenenbildung Österreichs (KEBÖ) organisierten gemeinnützigen Erwachsenen-bildungseinrichtungen. Diese wirken in Verbindung mit zahlreichen Initiativen und Aktivitäten in den Ge-meinden und in den Bundesländern sowie im Kontext einer erfolgreichen Erwachsenenbildungspolitik, wo-durch es gemeinsam gelungen ist, die Weiterbildungs-beteiligung auch in dünn besiedelten Gebieten deut-lich anzuheben. //

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DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266 — 27

Bildungsthemen

Gemeinsame Sache. Was eine Gesellschaft zusammenhält! Bericht über eine Tagung des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen, der Initiative Minderheiten, des lernraum.wien (Die Wiener Volkshochschulen), der Volkshochschule Linz und des Instituts für Erziehungs- und Bildungswissenschaften der Universität Graz

Stefan Vater Die europäischen Gesellschaften werden seit den Fluchtbewegungen im Jahr 2015 vor neue Herausfor-derungen gestellt. Positive Erfahrungen im Umgang mit Flüchtlingen und Fluchtbewegungen kommen in den öffentlichen Diskursen kaum vor, die Ursachen der Fluchtbewegungen werden ausgeblendet und auf andere Gründe für die markanten Veränderungen der Gesellschaft wird wenig Bezug genommen. Gegenwär-tig wird vor allem betont, dass Geflüchtete die österrei-chische Identität bedrohen. Der Diskurs über Flucht und Fluchtbewegungen verdeckt andere Problemfel-der, über die diskutiert werden sollte, wie Ungleich-heit, Wiederkehr eines neuen populistischen Autori-tarismus oder den immer weitergehenden Abbau des Sozialstaates.

WAS EINE GESELLSCHAFT ZUSAMMENHÄLT!Doch was sind Grundvoraussetzungen für funktio-

nierende Gesellschaften und welche Werte, Konventi-onen und Einstellungen halten Gesellschaften tatsäch-lich zusammen? Wer bestimmt, welche Kriterien dabei in den Fokus geraten und welche kaum Beachtung finden? Sind es wirklich die Geflüchteten, die das Mit-einander bedrohen? Oder liegen die Herausforderun-gen ganz woanders, und wovon lenkt die Debatte ab? Im Rahmen der Tagung an der Volkshochschule Linz diskutierten mehr als 70 ErwachsenenbildnerInnen,

PolitikerInnen und Interessierte darüber, was unsere Gesellschaft verbindet und welchen Beitrag die Er-wachsenenbildung zum konstruktiven Miteinander leisten kann.

HARTE VERHANDLUNGEN. IST WERTEPLURALITÄT EINE BEDROHUNG FÜR DIE DEMOKRATIE?

Den Einleitungsvortrag hielt Mark Terkessidis1. Terkessidis ist freier Autor und arbeitet zu den The-men: (Populär-)Kultur, Migration, Rassismus und gesellschaftlicher Wandel. In seinem Beitrag thema-tisierte er Wertepluralität. Diese wird fast immer mit Einwanderung in Verbindung gebracht, obwohl es schon zuvor einen massiven Wertewandel gab und die schwerwiegenden Konflikte über Werte zumeist nichts mit Migration zu tun haben (Abtreibung, Familie etc.). Tatsächlich finden sich bei der Bevölkerung mit Migra-tionshintergrund die gleichen Milieus wie in der Ge-samtbevölkerung. Dabei leiten sich Werte keineswegs nur von ethnischer Herkunft ab, sondern entstehen in einer komplizierten Gemengelage zwischen Ungleich-heit und Diskriminierung. Wertepluralität ist für eine Demokratie normal und es stellt sich die Frage, war-um sie eine Bedrohung darstellen sollte. Die Debatte über wertbasierte Leitkultur, die vor der Geltung des Gesetzes eingehalten werden muss, geht von einer Be-drohung aus, die so nicht vorliegt. Zur Stärkung der Demokratie muss in einer Gesellschaft der Vielheit der gesellschaftliche Zusammenhalt durch verstärkte Kollaboration, also Zusammenarbeit aktiv hergestellt werden.

Nach einer intensiven Diskussion des Beitrages wurde in Workshops und Kleingruppen weiter disku-tiert. Elisabeth Feigl und Lena Seewan leiteten einen Workshop zum Thema: „Werte zwischen Vielfalt und Konsens?“ Im Rahmen des Workshops wurde eine ak-tuelle interdisziplinäre Wertestudie der Universität Wien vorgestellt. In der Folge diskutierten die Teilneh-merInnen, was unter Werten verstanden werden kann; wie die Wertevielfalt das Zusammenleben in Europa prägt, und wie der ethischen Anspruch eines sozial ausgewogenen Miteinanders durch intendierte Werte-bildung unterstützt werden kann.

Thomas Fritz stellte in seinem Workshop „Ablen-kung und Renationalisierung“ die Frage, ob es denn wirklich so ist, dass „wir“ ZuwanderInnen die österrei-chischen bzw. europäischen Werte vermitteln müssen? Und was sind diese überhaupt? Oder soll die so ge-nannte „Wertedebatte“ von anderen sozialen Proble-men in unserer Gesellschaft ablenken?

WAS KANN ERWACHSENENBILDUNG ZUR GESELLSCHAFTLICHEN KOHÄSION BEITRAGEN?

In einem abschließenden Beitrag thematisierte An-nette Sprung „Ansätze und Spannungsfelder“ und die

1 Buchveröffentlichungen: u. a. Kollaboration (2015, edition Suhrkamp), Nach der Flucht. Neue Vorschläge für die Einwanderungsgesellschaft (2017, Reclam)

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28 — DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266

Bildungsthemen

Methode „Kooperatives Lernen“ revisited Anstoß für kritisches Denken und den Ausbau sozial-kommunikativer Fertigkeiten Um sich in unserer rasch verändernden Welt zurechtzufinden, werden kritisches Denken und sogenannte „soft skills“ immer wichtiger. Diese wollen auch im Erwachsenenalter immer wieder angeregt und verbessert werden.

Elisabeth Feigl

Weitere Informationen und die Vorträge zum Nachhören unter http://minderheiten.at/index.php/component/content/article/6/631-2018-09-26-14-14-31

Die Methode des „Kooperativen Lernens“ fördert die unterschiedlichsten personalen, sozialen und interkul-turellen Kompetenzen und eignet sich als Herangehens-weise in diversen Unterrichtskontexten und Settings, vom Sprachunterricht bis hin zur politischen Bildung. So werden nicht nur sachliche Inhalte vermittelt,

sondern die Lernenden schaffen gleichzeitig ein Mitein-ander, das zum positiven Lernklima und zum Angstab-bau beiträgt. Durch die unterschiedlichen Settings und Aufgaben werden die TeilnehmerInnen ermutigt, sich kritisch und dialogisch mit neuen Inhalten auseinan-derzusetzen. So können Lerninhalte nachhaltig erfasst, verarbeitet und integriert, als auch in die Praxis transfe-riert werden.

Die Methode versteht sich als Gesamtkonzept für erfolgreiches Unterrichten und ist somit mehr als eine Form von Gruppenunterricht, wie oft fälschlich an-genommen. Die einzelnen Unterrichtsformen – wie Einzelarbeit, Kooperation, Ergebnispräsentation und Unterrichtenden-Input – stehen miteinander in einem ausgewogenen Wechselspiel und fördern so individu-elles und kooperatives Lernen. Dadurch kann es besser gelingen, dass sowohl die Voraussetzungen, Bedürfnis-se und Ziele der Einzelnen als auch gemeinsame Grup-peninteressen und -ziele berücksichtigt werden. Beim Konzipieren einer Unterrichtseinheit bewährt es sich, im Viererschritt „Denken – Austauschen – Präsen-tieren – Festigen“ vorzugehen.

So wird in einem ersten Schritt zunächst (kurz) in Einzelarbeit gearbeitet. Die Konzentration auf sich selbst ermöglicht es den TeilnehmerInnen, ihre eigenen mentalen Wissensnetze abzurufen und so Vorwissen oder sogenanntes träges Wissen zu aktivieren. Gleich-zeitig können sie neue Informationen mit ihren bisheri-gen Kenntnissen verknüpfen und eigene Lösungen fin-den. Diese Gedanken und Überlegungen sollten auch möglichst schriftlich festgehalten werden, wodurch Gedankengänge noch klarer werden und gleichzeitig

möglichen Antworten der Erwachsenenbildung auf gesellschaftliche Desintegrationsprozesse. Diese Ant-worten fallen – je nach zugrundeliegender Problem-diagnose – sehr unterschiedlich aus. Sie reichen von zielgruppenspezifischen Inklusionsprogrammen für benachteiligte Gruppen bis hin zu diversen Formaten der politischen Bildung, die u. a. mit Schlagworten wie „active (global, inclusive) citizenship“ einhergehen. Mit dem Vortrag wurden internationale Diskurse und Ansätze der Erwachsenenbildung zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts kritisch diskutiert. Neben organisierten Bildungssettings wurde dabei auch das Potenzial zivilgesellschaftlichen Engagements für ein-schlägige informelle Lernprozesse in den Blick genom-men. Annette Sprung ist Bildungswissenschafterin an

der Universität Graz mit Arbeitsschwerpunkten in der Erwachsenenbildung, insbes. zu Migration, Transnati-onalisierung, Rassismus und Diversität. //

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DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266 — 29

die individuelle Verantwortung für die Produktion von Eigenständigem stärker spürbar wird.

In einem zweiten Schritt, der Kooperationsphase, erhält zunächst jede/jeder die Chance, den anderen seine/ihre individuellen Wissensnetze mitzuteilen. Die Herausforderung liegt vor allem darin, diese so zu formulieren, dass die Überlegungen für andere nachvollziehbar dargestellt werden. Unklarheiten und Widersprüche werden durch Rückmeldungen oder Fragen rasch sichtbar. Sie müssen ausverhandelt wer-den, damit sie zu gemeinsamen Wissenskonstruktio-nen zusammengeführt werden können und auch das individuelle Wissen hinterfragt, korrigiert und/oder ergänzt wird.

Die Diskussion in Kleingruppen unterstützt die di-rekte Interaktion aller TeilnehmerInnen. Das wirkt sich zumeist auch positiv auf die sozialen und personalen Kompetenzen wie Akzeptanz, Empathie, Flexibilität, Offenheit oder die Kommunikationsfähigkeit aus, die so auch gefördert werden.

Manchmal empfiehlt es sich, im Rahmen von län-geren Aktivitäten bzw. Aktivitätsfolgen, bestimmte Rollen zu definieren. So werden zum Beispiel Zeitma-nagerInnen, PlanerInnen, MaterialbeschafferInnen etc. nominiert, die so Verantwortung für einen klar de-finierten Bereich übernehmen und die Gelegenheit er-halten, Situationen aus unterschiedlichen Perspektiven zu erleben.

Im dritten Schritt werden die in der Gruppe erarbei-teten Ergebnisse im Plenum präsentiert. Hier gilt es, die wichtigsten Inhalte zusammenzufassen und mitzutei-len. Unstimmigkeiten können entweder sofort in einem fragend entwickelnden Unterrichtsgespräch aufgeklärt oder in einer weiteren Lernschleife an die Gruppen zurückgespielt werden. Das regt das eigenständige Er-kennen von Fehlern oder Mängeln an und ermöglicht selbstbestimmtes Lernen.

Am Ende der Unterrichtseinheit erfolgt die Ergeb-nissicherung durch die Lehrperson. Lerninhalte wer-den mit dem allgemeinen Unterrichtsprozess und dem übergeordneten Thema verknüpft. Eigene Wissens-konstrukte können im Gesamtzusammenhang gese-hen und in Folge noch besser abgerufen werden. Auf diese Weise kann der Lernzyklus geschlossen werden, bevor die Inhalte etwa im Rahmen einer weiteren Ein-heit nochmals aufgefrischt und/oder erweitert werden. Diese unterschiedlichen, daran anschließenden Lern-anlässe sind notwendig, damit das neue Wissen auch transferiert und in der konkreten Praxis umgesetzt werden kann.

GRENZEN UND HERAUSFORDERUNGEN In den Aktivitäten dieser Methode nimmt die Lehr-

person eine zentrale Stellung ein. Sie gibt den Rahmen vor, leitet die Aufgaben an, steuert und kontrolliert sie. Spontanität oder Eigeninitiativen der TeilnehmerIn-nen außerhalb des vorgegebenen Settings sind nicht bzw. kaum vorgesehen und können leicht zu Konflik-ten mit den Unterrichtenden oder innerhalb der Lern-gruppe führen.

Gleichzeitig werden alle TeilnehmerInnen zur aktiven Partizipation aufgefordert. Das kann für sensible Perso-nen, für Ältere oder Personen mit anderen Lernbiogra-phien eine große Herausforderung darstellen oder ist manchmal auch (etwa nach einem intensiven Arbeits-tag) schlichtweg anstrengend.

Da die einzelnen Aktivitäten genau getaktet sind (mit präzise vorgegebenen Zeitangaben), entsteht Zeit-druck, der von TeilnehmerInnen teils als unterstüt-zend, teils aber auch als belastend erlebt wird und wie oben bereits angeführt, sehr wenig Spielraum lässt.

In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass der Erfolg einer Aktivität sehr stark von der prä-zisen und verständlich formulierten Anleitung ab-hängt. So können unzureichende oder zu komplexe Arbeitsaufträge zu Verwirrung führen und wertvolle Ressourcen binden (etwa um herauszufinden, was der genaue Arbeitsauftrag ist oder wie viel Zeit zur Verfü-gung steht).

Die Lehrperson sollte daher vorab genau klären, wie und wann die Methode eingesetzt wird, ob sie den in-dividuellen Lernhintergründen entspricht, beziehungs-weise welche Adaptionen oder Vorinformationen ange-messen erscheinen.

WEITERENTWICKLUNGEN: IN ALLE RICHTUNGEN OFFEN

Die Methode „kooperatives Lernen“, die sich unter anderem auf die Arbeit von Philosophen und Psycholo-gen wie John Dewey, Kurt Lewin oder Morton Deutsch beruft, wurde in den 1980er- und 1990er-Jahren unter anderen von Spencer Kagan entwickelt und entspricht auch in Vielem den damals gegebenen Voraussetzun-gen und Möglichkeiten.

Heute steht uns nicht zuletzt dank digitaler Technik eine Vielzahl neuer Optionen offen und Lernprozesse können weit individueller und kreativer angestoßen, gestaltet und begleitet werden als das noch vor 15 oder 20 Jahren möglich war.

Ideen des miteinander und voneinander Lernens wurden und werden laufend auf unterschiedlichste Art und Weise weiterentwickelt und ausgebaut. So verwan-deln etwa Methoden oder Ansätze wie „Art of Hosting“, (digi) Barcamps, (Sprach)Lerntandems oder „Dritter Ort“-TeilnehmerInnen in aktive „Teil-GeberInnen“. Die Grenzen zwischen Unterrichtenden und Unterrichte-ten verschwimmen. Lehrende werden immer mehr zu LernbegleiterInnen, ModeratorInnen oder Software-EntwicklerInnen in einem oft wechselseitigen, mehrdi-mensionalen Prozess.

Die Bindung an einen analogen Lernort oder das Einhalten fixer Unterrichtszeiten ist großteils nicht mehr gegeben und die Interaktionen gestalten sich im-mer flexibler, modularer und multimodaler. Zuletzt lieferte das #ebcamp 2018 ein gelungenes Bei-spiel dafür, wie ErwachsenenbilderInnen aus ganz Österreich im Aushandlungsprozess spontan offen ge-staltete Workshops initiierten. Sie organisierten sich größtenteils selbst, diskutierten miteinander, tausch-ten Erfahrungen und Wissen aus und hatten auch die

Bildungsthemen

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AUS DEN VOLKSHOCHSCHULEN

30 — DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266

Zum Weiterlesen:Kagan, Spencer & Kagan, Miguel (2009): Kagan Cooperative Learning. San Clemente: Kagan Publishing.

Klaus, Konrad & Traub, Silke (2016): Kooperatives Lernen. Theorie und Praxis in Schule, Hochschule und Erwachsenenbildung. Hohengehren: Schneider Verlag.

https://medienpad.de/p/ebcamp18_1D [14.12.2018].https://allesauszucker.wordpress.com/# [14.12.2018].https://www.dritte-orte.de/ [14.12.2018].https://medienpad.de/p/ebcamp18_1D [14.12.201

Urania Steiermark ausgezeichnet

Die Urania Steiermark wurde als BildungspartnerIn der steirischen Initiative „Ich tu’s“ ausgezeichnet. Alle kli-marelevanten Bereiche und das Bildungsprogramm wur-den analysiert, die MitarbeiterInnen in hausinternen Workshops geschult und zur Implementierung von Ver-besserungsmaßnahmen motiviert, ganz nach dem Motto „Vom Wissen zum Handeln“. Die Urania Steiermark und andere steirische Institutionen der Erwachsenenbildung haben bewiesen, dass es zum Thema Klimaschutz viele Handlungsmöglichkeiten gibt, und dass sich alle Mitar-beiterInnen persönlich einbringen können. Ist eine posi-tive Vorbildwirkung einmal vorhanden, ist die Weiterga-be in Bildungsveranstaltungen um vieles leichter.

Die beiden steirischen Landesräte, Anton Lang (Umwelt und erneuerbare Energien) und Ursula Lackner (Bildung und Gesellschaft) lobten die positiven Beispiele im Bil-dungsbereich: „Sie alle tragen über ihre Beispielwirkung und ihre Bildungsangebote zum Klimaschutz bei.“ //

Quelle http://www.ich-tus.steiermark.at/cms/beitrag/12649118/72442079/.

Möglichkeit online mit ExpertInnen aus dem Ausland in Kontakt zu treten.Der Dialog auf Augenhöhe und das Lernen von und miteinander in bisher wenig bewussten oder kaum ge-nützten Möglichkeitsräumen haben noch vielgestalti-ges Potenzial. Dieses könnte von einer emanzipatorisch

denkenden und demokratiefördernden Erwachsenen-bildung noch weit mehr aufgegriffen werden, als das bisher der Fall ist.

Kurzum: Es bleibt spannend und es ist noch gar nicht absehbar, wohin uns die neuen Möglichkeiten noch führen werden! //

//Post scriptum: die Autorin nahm 2018 an einer Erasmus+ Mobilität zum Thema „Verbleib im Kurs“ teil, wo das Thema Kooperatives Lernen als unterstützende Methode im Zentrum stand.

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DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266 — 31

Aus den Volkshochschulen

Nahversorger in Sachen Bildung1

Brigitte Kompatscher

Rück- und Ausblick lieferten die Vorarlberger Volks-hochschulen. Deutlich zurückgegangen ist die Zahl der Deutschkurse.

Über 32.500 TeilnehmerInnen und rund 2530 Veran-staltungen: Das ist die Bilanz 2018, die Stefan Fischnaller, Obmann der Vorarlberger Volkshochschulen und Ge-schäftsführer der VHS Götzis, gestern vorlegen konnte. Im Vergleich zum Jahr davor ist das eine Steigerung von knapp drei Prozent bei den Teilnehmern beziehungswei-se rund 1,5 Prozent bei den Veranstaltungen. Fischnaller dazu: „Wir sind der größte Bildungsträger des Landes.“ Die fünf Volkshochschulen – Bregenz, Hohenems, Göt-zis, Rankweil, Bludenz – waren im Vorjahr in 56 Ge-meinden des Landes mit ihrem Angebot präsent. Ges-tern stellten sie das neue Frühjahrs¬programm vor, das rund 1300 Veranstaltungen umfasst.

Mit 70 Kursen wurde vor 30 Jahren in Bludenz be-gonnen – heute sind es über 250. Kooperationen mit drei Oberländer Kulturvereinen, ein Alphorn-Kurs oder Ski-springen für jedermann ab 16 Jahren stehen in den kom-menden Monaten auf dem Plan. Fortgesetzt wird auch die Berufsreifeprüfung, bei der die Verantwortlichen auf eine Erfolgsquote von über 90 Prozent verweisen kön-nen.

Der Schwerpunkt der VHS Götzis liegt auf dem zwei-ten Bildungsweg. So beginnt etwa kommende Woche wieder ein Kurs für den Pflichtschulabschluss, und auch Deutsch als Fremdsprache steht auf dem Programm. „Ein Deutschkurs ist billiger als ein Monat Mindestsi-cherung und bringt mehr“, ist Fischnaller überzeugt. Im Vergleich zu den beiden vorangegangenen Jahren gebe es heuer etwa um ein Drittel Deutschkurse weniger, informierte der VHS-Obmann. „Die haben in den letz-ten Jahren alles überlagert“, hieß es. Diesbezüglich gebe es aber nach wie vor genug zu tun, um die Menschen auf ein Sprachniveau zu bringen, das ihnen einen Eintritt in den Arbeitsmarkt ermögliche.

Die Kurse für Asylwerber werden über die Cari-tas vom Land bezahlt, jene für Bleibeberechtigte vom Bund. Kontrolliert werde dabei sehr genau. „Es gibt ein grundsätzliches Misstrauen der Behörden. Das ist lästig“, so Fischnaller. Seine Erfahrung: 95 Prozent der

Teilnehmer kommen gerne und wollen weiterkommen. Und dann gibt er noch zu bedenken: „In den Volkshoch-schulen findet Integration am Kaffeautomat statt. Wir leis¬ten einen wichtigen Beitrag für das Zusammenle-ben im Land.“

Daneben gibt es in Götzis wieder einen Vorberei-tungskurs für die Aufnahme bei der Polizei oder einen „Der tut nix“-Kurs über den Umgang mit Hunden. Ein großer Renner in Götzis ist auch „Jumping Fit-ness“. „Alle 16 Kurse sind schon ausgebucht“, konnte Fischnaller berichten, aber: „Das ist brutal streng. Nach dem dritten oder vierten Mal sind dann wieder viele Plätze frei.“

Die VHS Schlosserhus Rankweil kann heuer mit zwei Fes¬tivals als Highlights aufwarten: das Festival der Weiblichkeit (13. bis 19. Mai) und die Keramiktage im August. In Hohenems führt die diesjährige Genuss- und Kulturreise ins Trentino. In der Nibelungenstadt ist der achtsame Umgang mit der Natur ein Schwerpunkt des Frühlingsprogramms. So gibt es unter anderem einen Naturpädagogik-Lehrgang für Pädagoginnen.

Deutsch als Fremdsprache, Basisbildung oder die Berufsreifeprüfung sind neben Fremdsprachen auch Schwerpunkte der VHS Bregenz. Dazu kommt ne-ben vielem anderen der Dauerbrenner Jodel-Kurs. „So schnell kann man gar nicht schauen, wie der ausgebucht ist“, erzählte VHS-Bregenz-Leiter Michael Grabher. Und mit Ingrid Hofer und ihrem „Teddy Eddy“ gibt es am 13. April das erste Konzert der VHS.

„Wir decken als Bildungsnahversorger das Land sehr gut ab“, betonte Fischnaller abschließend. Daher ist es für ihn nicht verständlich, dass andere Erwachsenen-Bil-dungseinrichtungen mit weniger Teilnehmern deutlich besser mit öffentlichen Geldern ausgestattet würden. //

1 Aus: Neue Vorarlberger Tageszeitung vom 17. Jänner 2019. Online verfügbar unter: https://www.neue.at/lokal/2019/01/17/nahversorger-in-sachen-bildung.neue [12.02.2019].

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32 — DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266

AUS DEN VOLKSHOCHSCHULEN

Wiener Volkshochschulen bilden zum digitalen Botschafter aus

DIE WIENER VOLKSHOCHSCHULEN STARTEN EINEN GROSSEN DIGITAL-SCHWERPUNKT MIT VORTRÄGEN, LEHRGÄNGEN UND WORKSHOPS.

Digitalisierung bietet viele Chancen, aber auch viele Herausforderungen. Die Wiener Volkshochschulen (VHS) bieten ab Februar 2019 mit Vorträgen, Work-shops, Lesekreisen und Diskussionsveranstaltungen interessierten Nutzerinnen und Nutzern eine Basis, um daran teilzunehmen und sich weiterzubilden.

„Wir haben uns als Bildungseinrichtung vorgenom-men, die Chancen des digitalen Lehrens und Lernens zu ergreifen. Gleichzeitig erzeugen Digitalisierung und Ro-botisierung Sorgen und Zukunftsängste, denen wir uns widmen müssen – Stichwort Datenschutz, Fake News und die Umwälzungen am Arbeitsmarkt“, sagt Herbert Schweiger, Geschäftsführer der VHS.

AUFTAKTVERANSTALTUNGDazu gibt es am 26. Februar in der VHS Wiener

Urania eine Auftaktveranstaltung zum Thema „Social Media Overload – auf dem Weg zur Fake-News- und Verschwörungstheorie-Gesellschaft?“ mit den Journa-listinnen Corinna Milborn (Puls4), Claudia Zettel (futu-rezone.at) und Jelena Gučanin (Wienerin) sowie Leon-hard Dobusch, Professor an der Universität Innsbruck. Die Keynote der Veranstaltung hält der österreichische YouTuber Michael Buchinger. Im März und April gibt es Social-Media-Workshops, die an verschiedenen VHS-Standorten stattfinden.

LEHRGANG DIGITALBOTSCHAFTERINIn einem eigenen Lehrgang kann man Digitalbot-

schafterIn werden. In fünf Modulen werden wichtige Skills vermittelt, um online den Durchblick zu bewah-ren. Im „Modul 1“ (am Samstag, 2. März an der VHS Mariahilf ) widmet sich die VHS dem Thema Zivilcoura-ge und wie man sich selbst gegen Hasspostings wehren und andere dabei unterstützen kann. Im „Modul 3“ (am Samstag, 30. März an der VHS Mariahilf ) gilt es hinge-gen, Fake-News zu entlarven. Man lernt, wie man diese erkennen und Quellen überprüfen kann.

Die Module, die auch einzeln buchbar sind, werden von führenden Expertinnen und Experten geleitet und fin-den im März und April an der VHS Mariahilf/Neubau/Josefstadt statt.

Von Mai bis Juni 2019 liegt der Fokus auf den Aus-wirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitswelt. Un-ter dem Titel „Digitalisierung und (Post-)kapitalismus“ finden Diskussionen, Vorträge und Lesekreise statt. Im Herbst und Winter 2019 wird mit dem Schwerpunkt „Digitalisierung und Science Fiction – Utopien, Dysto-pien und mehr“ die Zukunft endgültig in die Gegenwart geholt: Lesekreise, Film- und Serienabende sowie Dis-kussionsveranstaltungen entführen in unterschiedliche Science-Fiction-Universen. //

Dieser Artikel ist im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und der VHS entstanden.

Foto: Lena Horvarth

Quelle https://futurezone.at/netzpolitik/wiener-volkshochschulen-bilden-zum-digitalen-botschafter-aus/400390919.

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DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266 — 33

Personalia

Zusammenstellung: Brigitte Eggenweber

Der Verband Österreichischer Volkshochschulen (VÖV) vergibt Ehrungen an MitarbeiterInnen und KursleiterIn-nen für besondere Verdienste um die Volkshochschulen. Im Jahr 2018 wurden 206 Ehrungen vergeben. Davon waren 40 Ehrenurkunden, 111 Verdienstzeichen und 55 Große Verdienstzeichen. Das „Statut zur Verleihung von Auszeichnungen des Verbandes Österreichischer

Volkshochschulen“ regelt die Ehrungen wie folgt: Die Ehrenurkunde des VÖV wird an Personen verliehen, die für die österreichische Volkshochschule anerkennens-werte Leistungen erbracht haben. Für das Verdienstzei-chen gilt die Erbringung besonderer Leistungen, wenn beispielsweise ein/e KursleiterIn durch 20 Jahre, ein/e VHS-LeiterIn durch 15 Jahre und ein Vorstandsmitglied eines Landesverbandes durch 10 Jahre in dieser Funkti-on besonders erfolgreich tätig war. Das große Verdienst-zeichen wird für die Erbringung besonderer Leistungen verliehen, wenn KursleiterInnen durch 30 Jahre, VHS-Leitungen durch 25 Jahre und Vorstandsmitglieder ei-nes Landesverbandes durch 20 Jahre in dieser Funktion besonders erfolgreich tätig waren. Das Ehrenzeichen des VÖV soll an Personen verliehen werden, die sich um die Österreichische Volkshochschule besondere Verdienste erworben haben.

Wir bedanken uns bei allen ausgezeichneten Kolle-ginnen und Kollegen sehr herzlich für ihre erfolgreiche und wichtige Tätigkeit für die österreichischen Volks-hochschulen und gratulieren allen geehrten Persön-lichkeiten. //

Ehrungen des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen

BL Nachname Vorname Titel Ehrenurkunde Verdienstzeichen Gr. Verdienstzeichen

OÖ Ahrer Elke Bakk.techn ■

OÖ Aichinger Alfred Reg. Rat ■

W Aichinger Helga ■

W Aigner Alma ■

V Amman Emma ■

W Andel Christine Mag.a ■

W Andrioli Elisabeth Mag.a ■

OÖ Bauer Gunther Mag. ■

OÖ Bauernfeind Eveline ■

V Bertsch Martha ■

W Bianchi Maria Antonietta Mag.a ■

OÖ Binder Christine ■

OÖ Birngruber Maria ■

OÖ Birngruber Maria ■

W Bonev Boris ■

V Brandt Evelyn ■

W Browne Allen ■

W Brückner Wolfgang Mag. ■

W Brunner Wolfgang ■

W Cenek Elisabeth ■

W Chattha-Fries Susanne ■

W Connolly Peter ■

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Personalia

34 — DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266

BL Nachname Vorname Titel Ehrenurkunde Verdienstzeichen Gr. Verdienstzeichen

W Czeike Peter ■

W Damm Steffi ■

OÖ Danter Irene ■

OÖ Del Re – Jiménez Bethy Dr.in ■

OÖ Donev Cornelia ■

OÖ Doss Gerhard Prof. ■

W Dubois Christine ■

OÖ Ellson Eva Maria ■

V Engstler Hildegund ■

OÖ Exner Kathlen Mag.a ■

OÖ Felber Andrea ■

OÖ Fiereder Helmut Prof. Dr. ■

W Findler Else ■

W Fortmüller Susanne ■

W Frauenberger Christian MMag. ■

W Frece Hermine ■

OÖ Freudenthaler Wolfgang ■

OÖ Friessnegg Alexandra MMag.a ■

OÖ Fröschl Ursula ■

W Fuchs Christian ■

W Fuchs Martin Ing. ■

OÖ Führlinger Melanie ■

W Gallob Bernd Dr. ■

W Gessl Michaela Mag.a ■

W Ginko Andrzej MMag. ■

W Gizard Catherine ■

W Glatzl Herta ■

NÖ Goisauf Ilse ■

W Golemiec Irmgard ■

OÖ Gonglach Andrea ■

OÖ Griebl-Shehata Hildegard Mag.a ■

OÖ Grussmann Erich M. ■

W Gutwald Annemarie Prof.in ■

OÖ Haas Angelina Mary ■

W Hahn Maria Mag.a ■

W Haschka Celina Mag.a ■

W Helma Irene ■

OÖ Hinterberger Helga ■

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Personalia

DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266 — 35

BL Nachname Vorname Titel Ehrenurkunde Verdienstzeichen Gr. Verdienstzeichen

W Hirschler Friedrich Dkfm. ■

OÖ Hoflehner Petra ■

T Hopfgartner Peter Dr. ■

W Hrynasz Irene ■

W Huber Peter C. Mag. ■

W Janeschitz Vera Mag.a ■

W Kaggl Waltraud ■

W Kamaryt Rosa ■

W Kamhi Boris ■

W Kiffmann Michael ■

W Kirchdorfer-Murczkiewicz Ewa Mag.a ■

W Klicka Marianne ■

V Köb Lothar Mag. ■

OÖ Kodym Caroline Dr.in ■

W König Margit ■

W Konitsch Elisabeth ■

W Kornfeil Angela ■

W Kottisch Gustav ■

W Kozma Hedwig Hedi Mag.a ■

W Krambichler-Mühlwisch Marianne ■

OÖ Kratochwill-Pichler Gregor Mag. ■

V Kremmel Christoph ■

OÖ Kristen Ernie ■

W Krytinar Lisbeth ■

W Lacom Mary ■

W Laister-Ebner Barbara ■

W Lenoble Martine ■

W Linton-Kubelka Eva ■

W Lolmede Patricia Ille ■

OÖ Macera Alessandra ■

V Maikisch Elisabeth ■

OÖ Mair Andrea Mag.a ■

OÖ Mancini Elena Mag.a ■

W Mayer Angela ■

W Mayerhofer Lukas Mag. ■

OÖ Mei-Fen Su ■

W Merzo Ursula ■

OÖ Meyer Erich Ing. ■

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36 — DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266

Personalia

BL Nachname Vorname Titel Ehrenurkunde Verdienstzeichen Gr. Verdienstzeichen

OÖ Mikulaschek Ursula ■

OÖ Mold Hans ■

OÖ Muckenhuber Christian Mag. ■

W Nagy Christine ■

W Nemec Norbert Dr. ■

OÖ Neumann Christine ■

W Neumayr Elisabeth Dr.in Mag.a ■

W Neumer Christa ■

OÖ Neumüller Ulrike ■

W Novakovic Goran ■

OÖ Oberlehner Zaneta ■

W Öller Susanne ■

W Oosters Clementina ■

W Ortner Renate ■

W Österlein Fritz ■

OÖ Ötsch Walter Em. Univ.-Prof. Dr. ■

W Pack Brigitte Mag.a ■

W Palmieri Claudio ■

W Partl Inge ■

W Pasalic Mirjana Mag.a ■

W Peterka Anna ■

W Pichler Brigitte ■

W Pichler Helga ■

W Pill Herbert Mag. ■

W Pintar-Fuchs Astrid Mag.a ■

W Pinter Johann Mag. ■

W Plawetz Martina v

W Pöcheim Helga Mag.a ■

W Pospisil Paula ■

W Postl Daniela ■

W Quintana Angelina de la ■

W Rabl Friederike Mag.a ■

W Rainer-Heller Hanna ■

OÖ Recalde Anita ■

W Reichl Martina Maria Mag.a ■

S Reindl Helga ■

OÖ Reischl Brigitte ■

OÖ Reiter Kiran ■

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DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266 — 37

BL Nachname Vorname Titel Ehrenurkunde Verdienstzeichen Gr. Verdienstzeichen

OÖ Riess Sonja ■

V Röhrig Ottokar Mag. ■

W Rössner Alexandra ■

OÖ Rötzer-Matz Daniela MMag. Dr. ■

V Saba Elfriede ■

OÖ Sadry Nicolas MA ■

OÖ Salaheddin-Nassr Shikrieh ■

V Salzgeber Richard ■

V Salzgeber Doris ■

W Schaller Helga ■

T Schiffkorn Claudia Mag.a ■

V Schleinitz Erika ■

V Schleinitz Günter ■

OÖ Schmidt Heinrich ■

W Schmidt Veronika Dkfm. Mag. ■

V Schnetzer Maria ■

T Schoißwohl Barbara ■

W Schuller Ingrid ■

OÖ Schuster Walter Dr. ■

W Schwammenhöfer Hermann HR ■

W Schwaner Birgit Mag.a ■

W Schwarz Christine ■

W Schwer Petra ■

OÖ Seebacher Anneliese Dr.in ■

W Simon Andrea ■

V Skala Albert Alt-Vzbgm. HR ■

W Sladek Christian ■

V Sonderegger Werner ■

W Soos Brigitte ■

W Sprung Gerold Mag. ■

OÖ Stadler Edith Mag.a ■

W Stidl Gabriele ■

W Stiehl Marcus Mag. ■

OÖ Strasser Alfred Mag. ■

W Stumbauer Ulla Mag.a ■

W Sturczer Edeltraud ■

OÖ Su Mei-Fen ■

W Sziemer Peter Dr. ■

Personalia

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38 — DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266

Personalia

BL Nachname Vorname Titel Ehrenurkunde Verdienstzeichen Gr. Verdienstzeichen

W Taborsky Edith ■

W Terzi Margherita Dr.in ■

OÖ Thiele Silvia ■

W Thinschmidt Andreas Mag. ■

V Tschallener Wolfgang ■

W Uitz Sybille Mag.a ■

W Vedernjak-Juhasz Susa ■

W Vejvancicky Josef ■

W Visnovsky Blasius ■

OÖ Vorauer Markus Dr. Mag. ■

W Vounelakos Ilias ■

OÖ Wallnstorfer Ursula ■

W Weilguny Georg Mag. ■

S Weingartner Alfia Mag.a art. ■

W Wendlinger Wolfgang ■

W Wezulek Rudolf DI ■

W Wikidal Elke Mag.a ■

V Willinger Monika ■

W Windisch Franz ■

W Wondratsch Irene Dr.in ■

OÖ Wu Mei DI ■

W Wysocki Zdzislaw Mag. ■

W Yu Kin-Chun ■

W Yu Li-Yin ■

W Zahradnik Michaela MSc ■

T Zeillinger Dominik Dr. ■

W Zeiringer Elke Mag.a ■

OÖ Zemliczka Hilde ■

W Zizenbacher Petra Dr.in ■

OÖ Zojer Christiane ■

W Zollner Elisabeth Mag.a ■

W Zwitter Eva Mag.a ■

Summe 40 111 55

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Erneuerung im Vorstand des Verbandes Wiener VolksbildungChristian Deutsch folgt Michael Ludwig als Vorsitzender

Quelle Presseaussendung der Wiener Volkshochschulen. https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20181115_OTS0113/erneuerung-im-vorstand-des-verbandes-wiener-volksbildung

DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266 — 39

Michael Ludwig übergab am Mittwoch, den 14. Novem-ber 2018 den ehrenamtlichen Vorsitz des Verbandes Wiener Volksbildung nach 23 erfolgreichen Jahren an Christian Deutsch.

Michael Ludwig startete seinen Dienst für die Wiener Volksbildung bereits im Jahr 1984 als Kurs- und Projekt-leiter. Schon zwei Jahre später arbeitete er als pädagogi-scher Leiter der Volkshochschule Floridsdorf und war ab 1995 Vorsitzender des Verbandes Wiener Volksbildung. Außerdem war er Vizepräsident des Verbandes Öster-reichischer Volkshochschulen (VÖV) und anschlie-ßend auch dessen Vorsitzender. Seit der Gründung der

„Die Wiener Volkshochschulen GmbH“ im Dezember 2007 ist Michael Ludwig Vorsitzender des Aufsichtsrats.

Mit Meilensteinen wie der Sanierung der Wiener Urania, dem Balancehalten zwischen Tradition und Fortschritt aber auch der Initiierung und Gründung vie-ler Projekte wie „University Meets Public“ hat Michael Ludwig die Arbeit der Wiener Volkshochschulen vielfäl-tig und nachhaltig geprägt.

„In seiner Zeit des Vorsitzes ist es gelungen, aus dem Verband Wiener Volksbildung ein Unternehmen zu machen, das am Bildungsmarkt konkurrenzfähig ist. Dabei hat er immer darauf geachtet, dass der Stellenwert der Vereine als lokale Player in den Bezirken erhalten bleibt“, sagt Christian Deutsch, dessen Engagement für die Arbeit der Wiener Volkshochschulen ebenfalls be-reits viele Jahre zurückreicht.

Seit 2001 ist Christian Deutsch, Abgeordneter im Wiener Landtag, Vorsitzender der VHS Liesing, wo er maßgeb-lich dazu beigetragen hat, die Standorte im 23. Bezirk als moderne, breitgefächerte Bildungsnahversorger zu etab-lieren. /

Personalia

Foto: VHS/Lötsch

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Otto Larcher 1934-2019

Am 24. Jänner 2019 ist Hofrat Prof. Dr. Otto Larcher, langjähriges Mitglied im Pädagogischen Ausschuss des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen, verstorben.

Otto Larcher war mehr als fünf Jahrzehnte lang in der Volksbildung tätig. Dem Pädagogischen Ausschuss des VÖV hat er von 1972 bis 2007 angehört. Diese Funktion übte er ehrenamtlich aus, wobei er immer an der Sache orientiert war. Weiters arbeitete er im Rahmen des Pädagogischen Ausschusses unter an-derem an der Ausarbeitung der Grundsatzerklärung 1979 mit.

Ab 1960 war Otto Larcher Mitarbeiter an der Volks-hochschule Schwaz, deren Leitung er von 1968 bis 1981 innehatte. Im Rahmen dieser Tätigkeit leistete Hofrat Prof. Dr. Larcher wertvolle Beiträge zum Zusammen-leben, wie zum Beispiel mit dem von ihm ins Leben

gerufenen „Forum der Begegnung“. Durch Ausstel-lungen und Diskussionsveranstaltungen wurde die Auseinandersetzung mit dem kulturellen, umweltbe-zogenen und gesellschaftspolitischen Zeitgeschehen unterstützt. In Zusammenarbeit mit dem Otto-Pre-minger-Institut setzte er die Reihe „Der gute Film der VHS“ mit Filmgesprächen um.

Hofrat Dr. Larcher hat mehrere Auszeichnungen für sein Wirken erhalten: die Verdienstmedaille des Landes Tirol 1977, das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich 1977 und 1986 das Ehrenzeichen des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen.

Wir trauern um einen großartigen Volksbildner und einen liebenswürdigen Menschen und werden Hofrat Prof. Dr. Otto Larcher für immer ein ehrendes Angedenken bewahren. //

Links Dr.in Hertha Arnold (Kulturabteilung der Tiroler Landesregierung) und rechts Mag.a Birgit Oberhollenzer (damalige Kulturstadträtin von Schwaz).Foto: VHS 2004

40 — DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266

Personalia

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Rezensionen

DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266 — 41

Josef Schrader: Lehren und Lernen in der Erwachsenen- und Weiterbildung. Bielefeld: utb 2018, 187 Seiten.

Werner Lenz Das Buch steht am Anfang der neuen Reihe „Erwachse-nen- und Weiterbildung. Befunde – Diskurse – Trans-fer“, die wissenschaftliche Erkenntnisse an Studierende und PraktikerInnen der Erwachsenenbildung/Weiter-bildung vermitteln will. Schrader betrachtet „Lehren und Lernen“, er spricht von „Kernaktivitäten“ der Er-wachsenenbildung, vorwiegend aus pädagogischer Perspektive. Welche Unterstützungen können geboten werden, welche Wirkungen lassen sich erkennen? Er weist darauf hin, dass Weiterbildung immer von einer Vielzahl an Zielen und Erwartungen geleitet wurde und wird – von humanen, individualistischen Ansprüchen bis zu einer in den letzten Jahrzehnten dominierenden ökonomischen, am Qualifikationsbedarf der Wirtschaft orientierten Ausrichtung. Bezüglich der Wirkungen von Erwachsenenbildung verweist Schrader auf eine „Mehrebenenstruktur“, die Möglichkeiten und Grenzen von Bildungsaktivitäten beschreibt.

In insgesamt elf Kapiteln wird die Thematik abge-handelt. Am Beginn stehen individuelle und institu-tionelle Voraussetzungen der Teilnahme, wobei auch auf Beratungsaspekte eingegangen wird. Angebote und Anbieter, die in der Erwachsenenbildung in großer Viel-falt auftreten, werden im folgenden Kapitel vorgestellt. Die Unterschiede zwischen Lehrplan und Curriculum werden aufgezeigt, die Besonderheiten der curricularen Strukturen in der Weiterbildung, die zur „Ausstattung zum Verhalten in der Welt“ und zur „Handlungsfähig-keit in der Welt“ beitragen will, hervorgehoben.

Weitere thematische Schwerpunkte beschäftigen sich unter anderem mit dem beruflichen Status und den Kompetenzen von Lehrkräften, der Koordination von Programm- und Veranstaltungsplanung sowie mit der Vielfalt an didaktisch- methodischen Arrangements. Ebenfalls thematisiert werden Lernmotive und Lernin-teressen Erwachsener, die Ethik erwachsenenpädago-

gischen Handelns sowie die Ergebnisse der Wirkungs-forschung, die Auskunft geben will, inwiefern sich Teilnahme an Weiterbildung bezüglich Zufriedenheit wegen der Lernerfolge oder wegen materieller Bene-fits „lohnt“. Das abschließende Kapitel des Buches ist dem Lernen des Lehrens gewidmet. Der Beitrag von Lehrkräften zur Wirkung von Weiterbildung findet ja in diesem Lehrbuch, so Schrader, besondere Aufmerk-samkeit. Diese Sichtweise mag wohl die mögliche Frage beantworten, warum der Autonomie der Lernenden, dem selbstgesteuerten Lernen und der Selbstorgani-sation erwachsener Lernender wenig Raum im Lehr-buch gegeben wird. Es besteht der Eindruck, dass die pädagogische Konzeption eher einem „angeleiteten Lernen“ folgt, wobei die Selbstbestimmung der Lernen-den, dem, was Erwachsene „brauchen“, geopfert wird. Wahrscheinlich lässt sich dadurch auch erklären, dass das Themenspektrum „Politische Bildung“ unter dem Aspekt „Lehren und Lernen“ kaum wahrzunehmen ist. Doch vielleicht ist diese Problematik einem der folgen-den Bände vorbehalten.

Offensichtlich ist das Konzept der Publikation auf dem Transfer erziehungswissenschaftlicher Befunde – leider kaum interdisziplinär – aufgebaut. Rückfra-gen an die Forschung werden zwar gestellt, die Prob-lematisierung von gesellschaftlichen Intentionen der Weiterbildung, ihre Einbettung, Vernetzung und wi-dersprüchliche Existenz im gesamten Bildungssystem in Zusammenhang mit „Lehren und Lernen“ bleiben außen vor.

Didaktisch umsichtig befinden sich in jedem Kapitel ein einleitendes Fallbeispiel, Kontrollfragen und Auf-gaben sowie Tipps zum Weiterlesen – ein Ansporn zu selbstbestimmtem Studium und eigenständiger Lektüre für Profis in der Erwachsenenbildung und für solche, die es noch werden wollen. //

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Rezensionen

42 — DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266

Marion Fleige/Wiltrud Gieseke/Aiga von Hippel/Bernd Käpplinger/Steffi Robak: Programm- und Angebotsentwicklung in der Erwachsenen- und Weiterbildung. Bielefeld: utb 2018, 187 Seiten.

Erwachsenenbildung folgt keinen staatlich vorgege-benen Curricula und sie unterliegt keiner staatlich reglementierten Teilnahmepflicht. Orientierung an den Teilnehmenden, an ihrer Entscheidung für Bil-dungsangebote ist deshalb konstitutives Leitprinzip für „Programmplanungshandeln“. So lauten die ein-leitenden Bemerkungen zum vorliegenden Lehrbuch, das „grundlegend in die Programm- und Angebots-planung sowie in die Forschung zu Programmen und Programmplanungshandeln“ (S. 13) einführen will. Plädiert wird für die „Realisierung einer doppelten Professionalität“. Das bedeutet erwachsenenpädago-gische Prämissen zu beachten und zu begründen zu-gleich aber anderen Funktionslogiken, Antinomien oder Widerspruchslogiken gerecht zu werden. So ha-ben Betriebe ihre eigene Funktionslogik, angesichts der Planende mit ihrer Bildungslogik sich in ein ak-zeptables „Angleichungshandeln“ begeben sollen, um ihr Angebot zu entwickeln. Der Komplexität von Weiterbildung entsprechend folgen die grundsätzli-chen Überlegungen des Buches dem philosophischen Konzept der Rhizomatik. Entgegen der hierarchisch orientierten Baum-Metapher stellt das Rhizom – als Wurzelgeflecht – eine Vielzahl unterschiedlicher, von Machtstrukturen entlasteter, frei vernetzter Mög-lichkeiten dar. Dass aber Erwachsenenbildung kein von Interessen freier Sektor ist, wird erwähnt, be-scheiden kurz thematisiert, im Index u. a. auch un-ter Seite 76 angeführt, ist aber auf dieser Seite leider nicht zu finden.

Inhaltlich werden eingangs grundlegende Begriffe wie „Angebot“ und „Programm“ erklärt, „Bedarfe“ und „Bedürfnisse“ erläutert, Forschungen über „Programm-planung“ sowie das entsprechende Handeln mit den

auftretenden Widersprüchen und das erforderliche „Angleichungshandeln“ vorgestellt. So begegnen wir auch dem Begriff der „beigeordneten Bildung“ – das ist, wenn Bildungsangebote die Aufgaben einer Organisa-tion unterstützten, deren Hauptzweck nicht Bildung ist (z. B. in Betrieben oder kulturellen Einrichtungen).

Lernkulturen, Weiterbildungsmanagement, Zielgrup-penorientierung, Finanzierung sowie internationale Aspekte sind weitere Schwerpunkte, um Kenntnisse über Programmplanung zu vermitteln.

Die Publikation basiert offensichtlich teilweise auf ersten oder vorläufigen Forschungsergebnissen der AutorInnen. Demgemäß bleiben Aussagen offen, wi-dersprüchlich und verweisen, manchmal unvermittelt, auf andere, weiterführende Literatur. Es entsteht der Eindruck, als hätten Papers von Konferenzen zwar ei-nen für das Buch passenden didaktischen Rahmen, aber noch etwas zu wenig inhaltliche Abstimmung er-halten. Nicht zuletzt der von den AutorInnen gepfleg-te Sprachgebrauch und die Volten der Begriffe lassen vermuten, mit diesem Buch Einblick ins Labor vielbe-schäftigter ForscherInnen zu erhaschen.

Die Diktion der Publikation aufgreifend, lässt sie sich – unter Rückgriff auf das Glossar – so „verorten“: Das Buch „fokussiert“ auf „Programmplanungshandeln“ und „Programmplanungsmodelle“, wobei „Adressatin oder Adressat“ beim „Eindenken in die Zielgruppen“ (S. 133) unterstützt werden, um mit Hilfe von „Anglei-chungshandeln“ „rhizomartige“ „Bedarfe und Bedürf-nisse“ unter Berücksichtigung von „Wissensinseln“ und dem Einsatz von „Produktkliniken“ in „Bildungsinsti-tutionalkonzepte“ zu transformieren. //

Werner Lenz

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Reinhard K. Sprenger: Sprengers Spitzen. 42 unbequeme Management-Wahrheiten. Düsseldorf: Handelsblatt Fachmedien, 95 Seiten.

Werner Lenz Seit etwa drei Jahrzehnten ist Reinhard K. Sprenger als Berater von ManagerInnen tätig und beeinflusst die Entwicklung von Unternehmen auf nationaler und internationaler Ebene. Ebenso lange publiziert er Bücher und Texte. Eine Auswahl seiner Kolumnen in der „WeltWoche“ stellt er auf knapp einhundert Seiten vor. Dem journalistischen Design der Beiträge entspre-chend ist eine unterhaltsame, pointiert ausgeführte Sammlung entstanden, die nach Belieben kreuz und quer gelesen werden kann.

Basierend auf den praktischen Erfahrungen des Au-tors bezüglich der Probleme von Betrieben und deren Management sowie kombiniert mit aktuellen Anläs-sen stellt er seine Denkbewegungen vor. Für Profis im Bildungsbereich, besonders im Bereich Weiterbildung deshalb eine anregende Lektüre, weil die diversen Be-züge zu Unternehmen, Führungsaufgaben oder Sozial-politik immer auch in einem Konnex mit Bildung und Lernen stehen.

Inhaltlich beschäftigt sich Sprenger eingangs mit der Bedeutung von Personalabteilungen. Personalarbeit – Human Resources – gehört für ihn zu den wichtigsten Aufgaben des Managements. Dieses soll nicht mit ih-rem Instrumentarium herrschen, sondern dem Betrieb dienen. Personalabteilungen sollen nicht mit Lösun-gen von gestern auf Probleme von morgen reagieren. Sprenger vermerkt, dass neue Themen nicht nur für jüngere Mitarbeiter geschaffen sind, auch ältere müs-sen lernen. Wissen wird heute, im Zeitalter der Digita-lisierung auch von Jüngeren an Ältere weitergegeben.

Neu ist auch die Erwartung an Führungspersönlich-keiten. Hierarchien sind Schnee von gestern! Nur das Netzwerk entspricht modernen komplexen Märkten. Sprenger vergleicht Führung mit einem guten Gastge-ber. Er/sie sorgt unauffällig für gute Abläufe und be-

sonders für Beziehungen zwischen den Gästen (Mitar-beiterInnen). Es bedarf einer Kultur des „Füreinander“. Dies dient dem Unternehmensinteresse. Das Mitei-nander verbietet den Standpunkt: „Das ist nicht mein Problem!“ Trotzdem ist nicht zu übersehen, Menschen handeln aus Eigeninteresse – dem unterliegt auch sozi-ales Handeln.

Sprenger plädiert für Vertrauen, für den Abbau von Regeln, entlarvt die Lüge vom globalen, interna-tionalen Spitzenmanager – tatsächlich überwiegt die Zahl der Talente vor Ort, um durch gemeinsame Tra-dition und Sprache Vertrauenskultur zu schaffen. Er beschwört den durch Digitalisierung – virtuelle Teams, Homeoffice oder Videokonferenzen – gefährdeten Teamgeist, dieser sei wichtiger als je. Darum sollte Führung Zugehörigkeit und Heimat bieten.

Und was macht wirklich erfolgreich? Sprenger ant-wortet klar: Das tun, was Sie erstklassig können, das Zweitklassige lassen. Wenn Sie diesbezüglich nicht wahrgenommen und dafür nicht wertgeschätzt wer-den, haben Sie das falsche Spielfeld gewählt – wechseln Sie es.

Nicht zuletzt: Kein Meister hört auf zu üben: „Wir formen uns durch unser Handeln selbst und steigern uns durch Wiederholung“ (S. 54). Fortwährende Übung und Disziplin empfiehlt Sprenger – und die Freude ge-nießen, die den Erfolg begleitet.

Wer andere Publikationen von Sprenger kennt, wird einiges Vertraute in konzentrierter Form wieder finden. Wer den Autor erst kennenlernt, entdeckt viel-leicht Zugänge zu seinen Büchern. Auf alle Fälle sind „Sprengers Spitzen“ für Führungskräfte und Mitarbei-terInnen in der Erwachsenenbildung eine interessante, herausfordernde Lektüre, um die eigene Position zu re-flektieren. //

DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266 — 43

Rezensionen

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ImpressumDie Österreichische Volkshochschule (ÖVH)Magazin für ErwachsenenbildungWinter 2018/19, Heft 266/69. Jg. ISSN 0472-5662

Redaktion: Dr. Stefan Vater, Dr. Gerhard BisovskyTelefon +43 1 216 4226, Fax +43 1 216 4226-30,E-Mail: [email protected], Internet: www.vhs.or.atRedaktionssekretariat: Brigitte EggenweberFür den Inhalt verantwortlich: Dr. Gerhard BisovskyVerband Österreichischer Volkshochschulen Pulverturmgasse 14, A-1090 WienZVR: 128988274ATU 66337038

Grafisches Konzept: Qarante Brand DesignLayout: schaefer-design.atBezugsgebühren: Abonnement Printabo jährlich (drei Ausgaben) € 30. Einzelheft: € 15.Bankverbindung: IBAN AT02 1100 0094 7310 0700. BIC BKAUATWWDVR 0475581

Gerhard Bisovsky, Dr., geb. 1956. Studium der Politikwissenschaft, ÖVH-Redakteur und Generalsekretär des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen. Kontakt: [email protected]

Brigitte Eggenweber, administrative Mitarbeiterin im Verband Österreichischer Volkshochschulen

Rudolf Egger, Mag. Dr. phil., Professor für Lernweltforschung und Hochschuldidaktik an der Universität Graz. Leiter des Zentrums für Lehrkompetenz. Kontakt: [email protected]

Elisabeth Feigl, Mag.a, MAS, geb. 1963. Pädagogisch-wissenschaftliche Mitarbeiterin im Verband Österreichischer Volkshochschulen. Kontakt: [email protected]

Wolfgang Kellner, Mag., Bildungs- und Projektmanagement im Ring Österreichischer Bildungswerke. Kontakt: [email protected]

Werner Lenz, em. Univ-Prof. Dr., geb. 1944. Karl Franzens Universität Graz, Institut für Erziehungswissenschaft. Kontakt: [email protected]

Joachim Romppel, Prof. Dr., Diplom-Sozialarbeiter/-pädagoge, Diplom-Ingenieur (Architektur), Professor für Sozialarbeitswissenschaft, Praxisforschung und Gemeinwesenarbeit an der Hochschule Hannover

Ernst Josef Sandriesser, Mag. Geschäftsführer des Forum Katholischer Erwachsenenbildung. Kontakt: [email protected]

Stefan Vater, MMag. Dr., geb. 1971. Soziologe, pädagogisch-wissenschaftlicher Mitarbeiter im Verband Österreichischer Volkshochschulen. Kontakt: [email protected]

Daniel Wisser, Mag., geb. 1971. Schriftsteller und Musiker. Kontakt: https://www.danielwisser.net/

Autorinnen

AutorInnen

Für unverlangte Rezensionsstücke und Beiträge übernimmt die Redaktion keine Haftung. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die Meinung der AutorInnen wieder und müssen sich nicht mit jener der Redaktion decken.

Offenlegung nach § 25, Abs. 1-3 Mediengesetz 1981Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung (ÖVH) ist eine überparteiliche Fachzeitschrift für MitarbeiterInnen und InteressentInnen der Volkshochschulen. Die Zeitschrift veröffentlicht Beiträge zu grundsätzlichen und aktuellen Fragen der Volksbildung und der Erwachsenenbildung, bringt Berichte aus der praktischen Arbeit sowie Buchbesprechungen und will zu einem Erfahrungsaustausch anregen.

Gefördert durch das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung

44 — DIE ÖSTERREICHISCHE VOLKSHOCHSCHULE · 03-2018 · NR. 266

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Veranstaltungstermine

23. März 2019 Salzburg, Volkshochschule

Fachtagung Die Psychologie des Sprachenlernens

Schluss mit alten Mustern, Glau-benssätzen und Ängsten

Informationen und Anmeldung: https://www.vhs.or.at/647/

12.-13. April 2019 Salzburg, Parkhotel Brunauer

Sprich mit mir und hör mir zu – Mehrsprachige Entwicklung bei Kindern

Was Eltern, PädagogInnen und das Umfeld zur Sprachentwick-lung von Kindern beitragen können.

Informationen und Anmeldung: https://www.vhs.or.at/647/

17.-18. Mai 2019 Salzburg, Volkshochschule

Gruppendynamische Lernprozes-se konstruktiv gestalten

Information und Anmeldung: https://www.vhs.or.at/647/

Demokratie-MOOC (DeMOOC) Ein Programm zur Demokratiebildunghttp://imoox.at/mooc/go/demooc

Wenn Sie sich fragen, wie den TeilnehmerInnen Demokratie, Politik und gesellschaftsrelevante Themengebiete kompetent näher gebracht werden können, dann ist der Demokratie-MOOC das Richtige für Sie. Der DeMOOC richtet sich an Lehrende und an Programmplanende, die ihr Wissen über diese Themengebiete erweitern und festigen wollen.

Mit dem Demokratie-MOOC werden vollständige Lehr- und Lernmate-rialien sowie Methoden zur Aufbereitung der Inhalte als Offene Bildungs-ressource auf der iMOOX-Plattform der TU Graz zur Verfügung gestellt. Der DeMOOC beinhaltet Lesematerial, Videos, Audiofiles, Grafiken und Problemstellungen sowie Quizze.

Das Ziel des MOOC ist es, die Politische Bildung zu stärken. Daneben soll ein positiver Zugang zu Politik gefördert werden und das Selbstverständnis der BürgerInnen als aktiver Bestandteil des politischen Systems gestützt werden.

Der DeMOOC gliedert sich in drei Pakete, die drei bis vier Module enthalten. Diese sind jeweils in sich abgeschlossen, bieten jedoch inhaltliche und methodische Anknüpfungspunkte zueinander. Jedes Modul beinhaltet wiederum einzelne Lektionen.

Paket 1, Start 18.3.2019Modul 1: Politik und DemokratieModul 2: Handlungsmöglichkeiten im politischen System ÖsterreichsModul 3: Demokratie und Medien

Paket 2, Start 13.5.2019Modul 4: Geschichte der Demorkatie - Kampf um DemokratieModul 5: Migration, Integration und IdentitätenModul 6: Demokratie in Europa, europäische und globale Demokratie

Paket 3, Start 17.6.2019Modul 7: Grundrechte und RechtsstaatModul 8: Demokratie und WirtschaftModul 9: Freiheit und SicherheitModul 10: Staat, Ideologien und Religionen

Das erste Paket wird am 18.3.2019 starten, ein Einstieg ist jederzeit möglich. Der Lehrgang schließt mit einem Zertifikat ab.

Ein Projekt des Demokratiezentrum Wien und des Verbandes Österrei-chischer Volkshochschulen. Gefördert aus Mitteln des Bundeskanzleramtes, des Zukunftsfonds der Republik Österreich, der Kammer für Arbeiter und Angestellte.

Information und Anmeldung: http://imoox.at/mooc/go/demooc

Verband ÖsterreichischerVolkshochschulen

Page 48: Schwerpunkt Community Educationmagazin.vhs.or.at/wp-content/uploads/2019/03/OVH_Magazin... · 2019-03-12 · Zeitalter der digitalen Transformation bie-tet das inhaltlich sehr breite

P.b.b. 02Z032708 M Erscheinungsort Wien – Verlagspostamt: 1090 Wien

Der Schlüssel zum sprachlichen ErfolgPluspunkt Deutsch – Leben in ÖsterreichSpeziell für Integrationskurse in Österreich konzipiert. Macht fi t für den neuen Alltag.

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AlltagsrelevantMit Themen wie „Wohnungssuche“, „Arzt-besuche“ und „Arbeitswelt“ hilft Pluspunkt Deutsch – Leben in Österreich Migrantinnen und Migranten, ihren Alltag in Österreich zu meistern.

KleinschrittigDie sanft e Progression macht den Zugang zur deutschen Sprache leicht.

Nah am LebenVideos vermitteln spielerisch Eindrücke aus dem Alltags- und Berufsleben in Österreich.

SensibelWerte- und Orientierungswissen wird behutsam vermittelt.

Mehr Informationen erhalten Sie hier:cornelsen.de/pluspunkt-oesterreich-neu