SCHWERPUNKT FOILS · YACHT 6 201 7 SCHWERPUNKT . FOILS 25 SPRUNGBRETT FÜR HOCHSEEHELDEN...
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TITELFOTO Vincent Curutchet hat Alex Thomson auf dessen „Hugo
Boss" fotografiert
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SCHWERPUNKT FOILS
22 TRAGFLÄCHEN FÜRALLE Beneteau bringt mit der Figaro 3 das erste feilende Serienboot auf den Markt. Nur ein Einzelfall, oder heben bald auch herkömmliche Fahrtenyachten ab? Ein Trendreport
30 WIDER DIE SCHWERKRAFT Dass Boote ihr angestammtes Element, das Wasser, nahezu komplett verlassen, war für die meisten Menschen lange unvorstellbar. Noch heute fragen sich viele, wie so etwas überhaupt möglich ist. Wir erklären es
34 BEWEGTE GESCHICHTE Versuche, Boote übers Wasser gleiten zu lassen, gab es bereits vor 150 lahren. Der Durchbruch i m Regattasport gelang aber erst in jüngster Zeit. Ein Blick zurück
36 QUOVADIS? Fakt ist, Yachten können übers Wasser gleiten. Fakt ist aber auch, dass das bislang nur für I lighlech-Racer gilt. Ob sich daran in Zukunft etwas ändern wird, ist ungewiss. Was dafür und was dagegen spricht - ein Faktencheck
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DasSEGELN AUFTRAGFLÄCHET*! erlebt einen ungeahnten Höhenflu, Beneteau bringt im Sommer als erste Großserienwerft eine Kielyacht.
Foils. Was ist, was war und was noch kommt
VON MICHAELGOOD UND JOCHEN RIEKER
DERTREND Die Experlmentalphase ist vorbei, jetzt hält die Foil-Technologie Einzug in den Serienbau. Doch sie taugt längst nicht für alle S. 24 DIE FUNKTION
JA^rum Segelyachten mit Foiisabheben können - und was es dafüralles braucht S.30 DIE ENTSTEHUNG Tragflügelboote gibt es schon seit 150 Jahren. Wichtige Wegepunkte der Entwicklung S. 34 DIE NEUHEITEN Was der Markt bietet: von der simplen Einhand-Joile bis zum Carbon-Trimaran S.36 DERFAKTENCHECK Pround Kontra: Was für, was gegen den Einsatz von Foils im Serienyachtbau spricht S. 37
E r galt schon zu seinen Lebzeiten als einer der ganz Großen des Segelsports. Nicht nur seemannschaftliche Meisterstücke wie der Sieg bei der Einhand-Transatlantikregatta Ostar 1964 b e g r ü n d e t e n seinen
Ruhm. Eric Tabarly war auch ein begnadeter Tüftler und Visionär. Zu einer Zeit, als das Segeln auf Tragflügeln noch i m frühen Experimentalstadium steckte, prophezeite der sonst wortkarge Bretone bereits: „Un jour, tous les bateaux voleront."
Tabarly sprach diesen für ihn ungewöhnlich markigen Satz vor genau 30 Jahren. Erst 30 Jahren, muss man sagen, denn es ist keine lange Spanne in der Hntwicldung des Yachtbaus. Selbst vor 15 Jahren galt noch als Spinner, wer die Prognose wiederholte. Inzwischen aber ist vieles anders. Auch wenn es zu früh wäre, von einem Durchbruch der Foil-Technologie auf breiter Front zu sprechen, so ist sie doch fraglos der Mega-Trend der Zeit.
Mehr denn je sogar. Gerade ist die Vendee Globe zu Ende gegangen. Das spektakuJäre Einhandrennen nonstop um die Welt hat die Entwicklung beschleunigt und die Zweiller Lügen gestraft. Vier Foiler auf den ersten vier Rängen! Die Ergebnisliste liest sich wie ein Manifest für den Einsatz von Tragflächen auf Rennyachten.
»Eines Tages werden alle Segelboote fliegen!«
EricTaba rly, Pionier und HochseeJield
Und noch ein aktuelles Ereignis wird die nautische Weit buchstäblich beflügeln: Beneteau hat als erster Großscrienhersteller der Welt vor wenigen Wochen den Bau eines 32-Fuß-Bootes mit Foils an-gekündigt - die dritte Generation der Einheitsklasse Figaro (s. o.). Das ehrgeizige Projekt des Weltmarktführers aus Frankreich hat allerorten für reichlich Aufregung gesorgt, denn bisher haben noch nicht einmal kleine, auf moderne schnelle Einrumpfyachten spezialisierte Werften wie JPK, Pogo oder Seascape den Trend aufgegriffen.
Wird die Figaro 3 also zu einer Art Revolutionsführer für eine neue Gattung von Serienyachten mit Tragflügeln werden? Markiert sie bereits die Wende, die später einmal als entscheidendes Ereignis für die Erfüllung von Eric Tabarlys visionärer Vorhersage von 1987 beschrieben werden wird? Oder bleiben die Foiler auf lange Sicht ein Nischenprodukt - aufsehenerregend, aber am Ende doch mehr sportlicher Spleen als Mainstream?
Wer sich innerhalb der Szene umhört, kann zum Projekt Figaro 3 viele unterschiedliche Meinungen vernehmen, auch durchaus laritische. Die Macher von Beneteau aber sind überzeugt von den guten Erfolgsaussichten. Die Werft baut in Nantes dafür sogar eine eigene Produktion mit eigenem Team auf, die Beneteau Racing Division (BRD). Das lässt
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SPRUNGBRETT FÜR HOCHSEEHELDEN
EineKlasse, drei Generationen: 2019 feiert die FIGARO ihr 30-jähriges Bestehen. Zum Jubiläum baut BENETEAU einen 32-Fuß-Renner, der seiner Zeit voraus ist
Wer eine Laufbahn im Hochsee-Rennsportanstrebt, kommt bei seiner Planung an einem Boot kaum vorbei: der „Figaro" von Beneteau, In Frankreich als strikte Einheitsklasse etabliert, bietet sie die perfekte Plattform und ei n seh r selektives Wettbewerbsumfeld für künftige Profis. Wer sich in dervieibeachteten Rennserie „La Soiitaire du Figaro" seine Sporen verdient, gilt fast zwangsläufig als Kandidatfurdie höheren Weihen des Ein- und Zweihand-Zirkus in Class 4 0 oder Open 60 , Dies entspricht dem typischen Werdegang der jungen,französischen Offshore-Eiite. Dass Beneteau diedritte Generation der Figaro mit Foils auflegt, kommt nichtvon ungefähr- denn Tragflügel bestimmen die Entwicklung in der Hochseeszene. Bei Mini 6 50 und Open 6 0 sind sie bereits Stand der Technik, in der Class 40 wird ihre Einführung diskutiert. Da sollte und durfte die Figaro 3 nicht hintanstehen.
FIGARO 1989 -2003
Konstr l-'lnot/Berrel
Rumpf länge 9,14 m Wasserlinie 8,40 m Breite 3,25 m Tiefgang 1,80 m Gewiclit 2,4 t BallastZ-anteil 0,9 t/37,5 %
Großsegel Hl,3 in'-^ Genua(130 %) 30,3 m-
FIGARO 2003 -2018
Konstrukteur Marc Lombard
Rumpflänge J0,I5 m
Wasserlinie 9,82 m Breite 3,43 m Tiefgang 2,10 m Gewicht 3,1 t BallastZ-anteil 1,1 l/36 % Großsegel 36,6 Genua ( 1 0 6 % ) 30,0
FIGARO 2019
Konstrukteur VPLP
Rumpflänge 9,75 in Wasserlinie 9,00 in Breite 3,40 m Tiefgang 2,50 m Gewicht 2,9 t BallastZ-anteil 1,1 t/38% Großsegel 39,5 m' Genua ( 1 1 0 % ) 30,5 m-
nicht gerade darauf schlief^en, dass es sieb hier lediglich um eine PR-Aktion handelt.
A uch bei der Konstruktion machen die Franzosen keine halben Sachen. Für die Figaro 3 zeichnen die Experten von VPLP v e r a n t w o r t l i c h , dem derzeit
wohl gefragtesten Büro für Hochleistungsyachten. Die vier erstplatzierten Open 60 der Vendee Globe sind alle auf ihren Rechnern entstanden - ein beispielloser Erfolgsnachweis.
Mitbegründer Vincent Lauriot-Prevost fasst den Auftrag von Beneteau so zusammen: „Wir sollten ein Boot entwickeln, das einerseits ein sehr modernes und leistungsstarkes Konzept verfolgt - also mit Foils - , andererseits aber auch auf einer sehr
AHDERSRUM Das Foil der Figaro 3 ist
nach unten und innen gebogen. Die Erfinder nennen es „Chistera". Das Profil tritt
knapp unter Deckshöhe aus
zuverlässigen, robusten und darüber hinaus auch noch bezahlbaren Konstruktion aufbaut." Anders als bei Neubauten für Profiteams in der Tmoca-Klas-se, wo durchgängig i n Kohlefaser und in aufwändigsten Verfahren produziert w i r d , sollte die Figaro 3 in Serie entstehen können, mit gröf^eren Toleranzen, mehr Robustheit, für ungleich weniger Geld. Lauriot-Prevost beschreibt die Aufgabe deshalb auch als „eine echte Herausforderrmg".
Leichter hatten es der VPLP-Impressario und seine Kollegen mit der Ausrichtung des Bootes. Die Figaro 3, welche ihre 15 Jahre lang aktiv gesegelte Vorgängerin ablösen w i r d , ist als Einheitsklasse für die französische Hochsee-Rennserie „La Solitaire du Figaro" konzipiert, mit einem starken Fokus auf Ein- und Zweihand-Betrieb. —>
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ANPASSUNGSFÄHIG Sind die Foils eingezogen (o legen sie eng am Rumpfan. Das machldie Figaro 3
relativ unproblematisch beim Anlegen
STRAPAZIERBAR Die Tragllacfien müssen extrem hohe
Lasten vertragen. Dies fordert zusätzliche Schotten und Strukturen im Rumpf (u.)
Die ältere Figaro-Generation habe definitiv ausgedient, sagt Gianguido Cirotti, der Marketing-Direktor von Beneteau und Leiter der werfteigenen Racing Division. Zusammen seien die bisher rund hundert gebauten Schiffe vom Typ Figaro 2 immerhin schon rund achtmal um die Welt geprügelt worden. Zeitgemäßer Ersatz ist also fällig.
Das neue Projekt kommt zum richtigen Zeitpunkt. Hochsee-Segelregatten sind attraktiv geworden, nicht nur für junge, ambitionierte Sportler, die eine Profikarriere anstreben, sondern auch für die Fans, die dank der guten Medialisierung viel näher dran sind am Geschehen als früher. Warum also nicht die nachrückende Generation von Soloskippern mit ähnlichen Booten ausstatten wie die Flel-den auf ihren Open 60?
Es geht in diesem Punkt nicht nur u m Marketing, um den Cooiness-Faktor. Auch technische Überlegungen sprechen fürdasTragflügel-Konzept, Foils produzieren auf der Leeseite einer Segelyacht
»Im Falle einer Kollision gehen die Foils
kaputt, nicht das Boot«
Vinceni Lauriot-Prevost, Konstrukteur
dynamischen Auftrieb und damit - verstärkt durch die Hebelwirkung des ausgefahrenen Flügels - ein erhebliches aufrichtendes Moment. Konkret bedeutet dies: mehr Segel tragevermögen, mehr Leistung, mehr Geschwindigkeit.
Dafür kann Beneteau bei der Figaro 3 auf Wasserballast komplett verzichten, welcher noch beim Vorgängermodell zum Einsatz kam. Die gefüllten Tanks der Figaro 2 bedeuteten immerhin nicht weniger als 270 Kilogramm zusätzliches Gewicht. Statt statischen Ballast in Luv bunkern zu müssen, erzeugt die neue Figaro dank Foils dynamischen Auftrieb in Lee.
D iese Tragflügel sind außergewöhnlich und in dieser Form für Einrumpfboote bisher beispiellos. Beneteau nennt sie „Chistera", in Anlehnung an den sichel
förmigen Wurfhandschuh beim Pelota, einem vor allem in Portugal beliebten Ballspiel. Anders als die sogenannten „Dali"-l^oils, die bei den 60-Fuß-Imo-ca-Yachten meist zum Einsatz kommen, sind die Flügel der Figaro 3 von oben nach unten und zudem einwärts gebogen.
Das bringt einige Vorteile mit sich, insbesondere bezüglich des Handlings. Sind die Foils ganz eingezogen, liegen sie eng am Rumpf an, der Überstand bleibt gering - wichtig vor allem im Hafen, um wie gewöhnlich festmachen zu können - , ohne weit ausladende Abstandshalter zur Pier beim Längs-seitslicgen und ohne zwischen zwei Dalben hängenzubleiben. Auch beim Start zu einer Regatta verringert sich so das Kontaktrisiko, weshalb das Ausfahren der Foils möglicherweise sogar per Klassenregel vor dem Start unterbunden wird.
Konstrukteur Vincent Lauriot-Prevost erklärt das Konzept und die Funktion der Figaro-Lösung wie folgt: „Ihre Foils sind vielseitiger und flexibler einsetzbar als ,Daii'-Foils. Bei Leichtwind und geringer Krängung zum Beispiel tauchen die Flügel weniger stark ein und bieten somit weniger Widerstand. Segelt das Boot dagegen mit Druck und Lage, entwickeln die Foils einerseits einen vertikalen Auftrieb in Lee, andererseits auch eine horizontale Kraft nach Luv zur Reduzierung der seitlichen Abdrift. Deshalb kann die Kielfinne auf der Figaro 3 wesentlich schlanker und auch dünner ausfallen. Dies reduziert den Widerstand zusätzlich."
Lauriot-Prevost kann den Effekt mit eindrucksvollen Zahlen belegen. Bei 15 Knoten Fahrt durchs Wasser erzeugt der Foil in Lee einen beträchtlichen vertikalen Lift von rund 400 Dekanewion, also fast das Äquivalent einer halben Tonne. Rechnet man das u m 200 Kilogramm geringere Gewicht der Figaro 3 i m Vergleich zu ihrer Vorgängerin hinzu und den fehlenden Wasserballast von 270 Kilogramm,
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INTERVIEW
verdrängt die Yacht i m Einsatz insgesamt 900 K i logramm weniger - zirka ein Drittel des Gesamtgewichts. Ein enormer Effekt, der sich unmittelbar auf das Geschwindigkeitspotenzial auswirkt u n d den Schwenk von Beneteau zur Tragflügel-Technologie erklärt.
Zwar gibt es bisher noch keine Praxiswerte, an denen sich das festmachen lässt. Die Konstrukteure von VPLP haben aber am Computer theoretische Leistungsdiagramme ermittelt, die durchaus vielversprechend erscheinen. Danach segelt die Figaro 3 bei sieben Knoten Wind und 90 Grad wahrem Windeinfallsvvinkel rund fünf Prozent schneller als die Vorgängerin. Bei I S Knoten Wind auf einem Winkel von 110 Grad sind sieben Prozent mehr Geschwindigkeit d r i n . Und das ist noch längst nicht alles: Bei 30 Knoten Wind und 130 Grad Windeinfall steigert sich der Zugcwinn auf annähernd 20 Prozent mehr Fahrt
Diese Zahlen mögen vielleicht enttäuschend wirken, wenn man sie mit der Entwicklung von anderen foilendcn Bootsklassen vergleicht - zum Beispiel mit der Polling Moth, die durch den Einsatz von Tragflügeln das Geschwindigkeitspotenzial schlagartig um fast 100 Prozent steigerte. Auch die neuen, leichten Sport-Katamarane mit Foils erreichen Topwerte, die um 30 bis 50 Prozent über denen konventioneller Kats liegen.
Allerdings ist dieser Bezug unzulässig. Motte wie Mehrrumpfer sind, anders als die Figaro 3 und anders auch als die neuesten Open 60, sogenannte VoU-Foiler. Das helfet: Sie heben ihren Rumpf vollständig aus dem Wasser. Der durch die Foils generierte Auftrieb ist bei ihnen größer als die Schwerkraft von Boot und Mannschaft zusammen gerechnet. Anders ausgedrückt: Diese Konstruktionen sind einem Flugzeug näher als einem traditionellen Verdrängerboot.
Die Figaro 3 dagegen w i r d ein sogenannter Se-mi-Foiler sein, genau wie andere Kielboote mit Tragflügeln oder die allermeisten Fahrtenkatamarane mit gebogenen Schwertern. Die Auftriebskraft ihrer Foils reicht längst nicht aus, um den Rumpf komplett austauchen zu lassen. Allerdings ist der Effekt groß genug, u m die Schwimmwasserlage anzuheben und damit die benetzte Oberfläche sowie den Widerstand signifikant zu reduzieren - u n d zwar umso mehr, je schneller die Fahrt.
G eht da langfristig vielleicht noch mehr? Ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch Einrumpfyachten i m Flugmodus über die See gleiten? Ja und nein. Physika
lisch und praktisch ist es heute schon möglich, das hat nicht zuletzt die Quant 23 aus der Schweiz bewiesen. Sie gilt als erstes vollständig „fliegen- —>
Der Markt verlangt nach mehr Innovationen, sagt G\At\G\J\DOG\ROJl\. Der Marketing-Direktor von
Beneteau leitet auch die Entwicklung der Figaro 3
WENIGER GEWICHT, DAFÜR HEHR
PERFORMANCE"
YACHT: Weshalb setzen Sie bei der neuen Figaro erstmals auf Tragflächen? Gianguido Girotti: Ein Boot mit Foils zu entwickeln ent-sprichtderstarken Nachfrage nach einem leichten, leistungsfafiigen Konzept. Mit den Tragflächen können wir auf Wasserballast verzichten und erhalten gleichzeitig mehraufrichtendes Moment, Also: weniger Gewicht, dafür mehr Performance.
Wird die Figaro 3 richtig „fliegen" können? Nein, bestimmt nicht. Bei viel Wind hilf tderAuftr ieb vom Foil, die benetzte Fläche am Rumpf und so den Widerstand zu reduzieren. Wichtigeralsdas Fliegen sind unsausgewogene und sichere AIIround-Eigenschaften sowie eine gute Leistung unter allen möglichen Windbedingungen.
Warum überhaupt eine neue Einheitsklasse? Die Figaristi warten schon sehnlichstauf ein neues, spannenderes Schiff, und sie werden zusammen mit
uns den Schritt vollziehen. Die aktuellen Boote der Fi-garo-2-Klasse haben schon reichlich Seemeilen auf der Uhr Es ist höchste Zeit, sie zu ersetzen
Bleibt das Interesse an der Figaro 3 weitgehend auf Frankreich begrenzt? Wir hoffen, dass sich das neue Boot noch viel mehr auf internationaler Ebene verbreitet als der Vorgänger, also auch außerhalb von Frankreich und nicht nur innerhalb der Figaro-Rennserie. Dafür ist das Konzept breiter ausgelegt und hat zudem auch einen Starkeren Fokus auf den Zweihand-Betrieb und für größere Crews.
Wo werden die Boote gebaut? Wir haben in der Nähe von Nantes eine neue Infrastrukturbegründet. Jetzt sind wir dort so weit, dass wir produzieren können. Wir erwarten, dass wir demnachstdie Formen für die Figaro 3 erhalten. Schon im Sommer 2017 werden dann die ersten Vorserien boote fertig sein.
Ab wann beginnt die Auslieferung an die Eigner? Wirwerden zunächst 50 Stückder Figaro 3 fertigen. Die Boote werden aber noch nicht ausgeliefert, wir lagern siezwischen. Für den Aufbau der neuen Renn Serie im Jahr 2019 ist es wichtig, dass niemand von einem zeitlichen Vorsprung profitieren kann. Die ersten 5 0 Kauferwerden ihre Figaro 3 also alle gleichzeitig bekommen, und zwar erst Ende 2018.
Haben Sie schon einen Preis definiert? Nein, noch nicht. Wi r sind noch in Verhandlungen mit Segelmachern und Elektronik-Anbietern.
Wir hören von 150 ODO Euro. Kommt das hin? Ja, der Endpreis wird davon nicht weit entfernt sein.
Werden alle Boote dieselbe Ausstattung haben? Ja, wirstreben eine strikte Einheitsklassean. Dasgilt sogar für die Instrumente, den Autopiloten sowiefür die Segel. Alles identisch!
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SPORTLER AUF STELZEN
Lange vor Kielyachten segelten Jollen und Kats in der
DRITTEN DIMENSION
Auch wenn die Vor- und Frühgeschichte des Foilens weit zurückreicht (s. S. 34) - der Übergang vom Experimentalstadium zur Massenfertigung ist noch gar nicht lange her. Erst nach der Jahrtausendwende kamen in der Moth- und A-Cat-Klasse Serienboote mit Tragflügeln auf den Markt. Der eigentliche Boom, der zu einer immer größeren Fülle an Konstruktionen führte, setzte gar erst in den vergangenen zwei, drei Jahren ein. Getrieben v̂ /urde die Entwicklung von Jollen und Katamaranen, bevor mit der Quant 23 das erste Sportboot und mit dem Gunboat G4 der erste bewohnbare Kajut-Katamaran abhob. Das hat gute Gründe. Je größer ein Boot, desto teurerder Aero-Zuschlag, denn fürs Fliegen ist Leichtbau absolut oberstes Prinzip. Der wohl meistverkaufte Foiler derzeit heißt Waszp, eine Art Je-dermann-Mottefur rund 12 000 Euro.
WASZP GFK und Aluminium statt Kohletaser. Die Wespe aus Australien istdasgünstige
Serien-Äquivalent zur Moth
FOILING LASER Für Einsteiger und zum
Ausprobieren gibt es einen Satz Foils zum
Nachrüsten des Lasers
FLYING PHANTOM Gilt als Wegbereiter iur den
Trend. FHeute wird der Kat mit Foils bereits international in stattlichen Feldern gesegelt
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FLUG-PIONIER Die Klasse iier INT E R N ATIO N AL M OTH /oi/f schon am
längsten - und liefert Fans dabei ein echtes Spektakel
Man hört sie kaum, und man sieht sie nur kurz. Mit einem leisen Zischen flitzen sie vorbei und hinterlassen mit ihren filigranen Stelzen lediglich eine unscheinbare Spur auf der Wasseroberfläche. Wer die filigrane Kohlefaserdolle beherrscht, kann satte 30 Knoten Top-Speed erreichen - und das miteinem gerade mal 3,30 Meter langen und lediglich 35 Kilogramm leichten Winzling. In keineranderen Klasse hat das Thema Foiling so eindrucksvoll und nachhaltig eingeschlagen wie bei der International Moth. Inner
halb von wenigen Jahren hatdie Einhand-Konstruk-tionsklasse die Metamorphose vom Gleiter zum Foiler fast vollständig vollzogen. Gegen 5000 Einheiten sind heute weltweit registriert, vieledavon sind Foiler, unteranderem alle neuen Boote. Furdie kommende Weltmeisterschaft im Juli 2017 am Gardasee haben sich 200Starterausüber20 Nationen eingeschrieben, und alle segeln auf Booten mit Foils, Schon ab acht Knoten Wind kann ein Seg-lervon 80 Kilogramm mit einer modernen Moth ab
heben, so lautet die Faustregel i n der Klasse, Schwert und Ruder sind T-Foils mit waagerecht angebauten Tragflügeln. Die Proliltiefe ist bei beiden Foils einstellbar. Das Ruderfoil wird überdie Drehung des Pinnenauslegers getrimmt, das Hauptfoil am Schwert übereinen automatischen Widerstandsgeber, Auch wenn es leicht und schwerelos aussieht: Foilen mit einer Moth erfordert viel Gefühl und Übung, Nur werfleißig trainiert, ist „ready for takeoff" - und landet nicht nach jeder Bo gleich wieder im Nass,
Viel Auftrieb, wenig Gewicht. Die komplett aus Kohlefaser gebauten Hotten foilen schon ab acht Knoten Wind
Abheben und Abfliegen. Moth-Segeln ist wie Rodeo-Reiten: Es gewinnt, wer sich am längsten oben halten kann
des" Einrumpf-Kielboot aus Serienfertigung über-baupt und wurde voriges Jahr mit dem Titel Europas Yacht des [ahrcs ausgezeichnet.
Ihre Konstruktion basiert auf einem Leichtbau-Rumpf in Scow-Form, ausgestattet mit DSS-Foils (Dynamic Stability System). Anders als „Dali"- oder „Chistera"-Flügel erzeugen die langen, gesichelten DSS-ProJile ausschließlich vertikalen Auftrieb, aber keine seitliche Führung. Damit bleiben der Festkiel oder zumindest zusätzliche Schwerter gegen die Abdrift unerlässlich. Auf dem gleichen Prinzip basierend, sorgt in Frankreich gerade ein weiterer Voll-Flicger für Turbulenzen in der Szene - der auf DSS-Foils umgerüstete Versuchs-Mini 6.50 „SEAir". Er soll offenbar schon bei relativ wenig W i n d abheben und dabei erstaunliche Geschwindigkeiten erreichen. Bis dato gibt es davon zwar einen Videobeweis, aber noch keine verwertbaren Daten.
Sicher ist, dass es nicht die letzte aufsehenerregende Entwicklung in der Hochseeszene sein wird, nachdem letzten Herbst schon der iVIini „Arkema" (s. YACHT 4/17) mit Foils und Flügelrigg Furore gemacht hat. Sicher ist freilich auch, dass Foilen, zu-mal mit komplett abgehobenem Rumpf, auf fange Sicht und für die meisten Freizeitsegler Wunschtraum bleiben wird.
»Foils werden keinen Einfluss
auf Fahrtenyachten haben«
Hugh Welbourn, Konstrukteur und DSS-Erfinder
Die Figaro 3 von Beneteau mag eine Brücke bauen zwischen Profis und Amateuren, sie könnte ein Wegbereiter sein im Serienyachtbau. Doch zeigt sie auch die Grenzen der Physik auf. Nur i n jeder Hinsicht aufs Nötigste reduzierte Regattaboote profitieren bisher wirklich von Foils - so wie Hochleistungs-Katamarane oder schnelle Jollen und Sportboote.
D avon komplett unberührt bleiben dagegen die anderen 95 Prozent des Marktes, insbesondere sämtliche Fahrtenboote. U n d das w i r d sich so schnell
auch nicht ändern, sagen in seltener Einstimmigkeit praktisch alle namhaften Konstrukteure und Fachexperten. Zu träge, zu schwer, zu langsam sind die Tourenboote mit ihren hohen Ballastanteilen und schweren Einbauten, als dass sie nennenswert von Foils profitieren würden. Dazu müsstcn sie schon in Kohlefaser laminiert werden, mit reduziertem Ausbau. Das Trendthema Nummer 1 im Yachting segelt an der am meisten verbreiteten Gattung von Booten also weit vorbei.
So gesehen w i r d Eric Tabarlys Prophezeiung wohl auf lange Sicht unerfüllt bleiben. Aber er hat sich ja auch auf keine Jahreszahl festgelegt.
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GRENZEN DER MACHBARKEIT
In die Weiterentwicklung der FOIL-TECHNOLOGIE werden Millionen investiert. Es geht nicht nur um Geschwindigkeit, sondern um
Flugstabilität und Zuverlässigkeit. Dennoch werden nur wenige profitieren
D er Trend zu Tragflügeln beschäftigt gerade Entwickler auf nahezu allen Ebenen des Segelsports - im Serienbau ebenso wie in der Kö-nigsklassc, dem America's Cup. Während die einen noch über das
„Warum" diskutieren, tüfteln die anderen mit Hochdruck längst am „Wie"
Käme es, wie es schon so oft gekommen ist, könnte der i m Mai beginnende Cup das Thema Foiling erneut noch mehr befeuern, als es die Rennen der fliegenden AC 72 vor vier Jahren vermochten. Die neuen Boote, obschon deutlich kleiner und filigraner, werden vor allem bei Leichtwind noch leistungsfähiger sein, noch wendiger, noch schneller. Wahrscheinhch fliegen sie permanent über den Kurs, bleiben selbst in der Wende auf Foils. Schon
»Für ein Foil rechnen wir
mehrere hundert Variationen«
Dr. Martin Fischer, Konstrukteur
jetzt gelten die Neukonstruktionen, die dieser Tage ihr Debüt geben, als die am höchsten entwickelten Segelboote aller Zeiten.
Doch der Technologietransfer von den Cup-pern in die Serienfertigung w i r d gering sein, auch das steht bereits fest. Zu groß ihr Abstand von allem Herkömmlichen, das schwimmt - und zu spezialisiert die Lösungen, die den Umgang mit den Boli-den überhaupt ermöglichen.
Während i m Bootsbau moderne Errungenschaften des Segelsports sonst gern, rasch und nicht selten auch sinnfrei übernommen werden - erinnert sei an Flügclkiele oder Kimmkanten -, lassen sich Foils nicht so ohne weiteres adaptieren.
Selbst Konstrukteur I lugh Welbourn, der als Erfinder des Dynamic Stability System (DSS) zu den vehementesten Fürsprechern der Tragflächentech-
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nik zählt, benennt unumwunden die Grenzen der Realisierbarkeit: „Ein Foil erzeugt mehr aufrichtendes Moment und damit deutlich höhere Lasten in Rumpf und Rigg", sagt der Brite. Um diese zu kompensieren, müssten aufwändige Strukturversteifungen ins Boot eingebaut werden. Dadurch und durch das in den Rumpf eingezogene Profil ginge unter Deck eine Menge Platz verloren. Außerdem lägen die Kosten deutlich höher als bei einem Boot ohne Foils. „Schon allein deshalb ist der Einsatz auf normalen Yachten sehr fragwürdig."
A ndraz Mihelin, Mitbegründer von Seascape, geht sogar noch einen Schritt weiter - er hält Foils aus Sicht eines Serienbootsbauers schlicht für verzicht
bar. „Wir haben das Thema eingehend analysiert, insbesondere in jüngster Zeit, da wir Innovationen gegenüber grundsätzlich sehr aufgeschlossen sind. Aber wir haben uns bis auf Weiteres dagegen entschieden. Es sieht cool aus, bringt aber unter dem Strich nichts."
Das mag verwundern, weü Seascapes - anders als die meisten Großserienmodelle - zwei unverzichtbare Voraussetzungen fürs Foilen bereits mitbringen: Sie sind vergleichsweise leicht und dank sehr viel Segelfläche voll gleitfähig. Dadurch würden sie mit zunehmender Geschwindigkeit überproportional vom bei Fahrt erzeugten Auftrieb der Tragflächen profitieren.
Alierdings haben Berechnungen von Sam Ma-nuard, dem Konstrukteur der noch jungen slowenischen Werft, ergeben, dass der Effekt nicht ausreichen würde: „Die Vorteile bei halbem und raumem Wind gehen an der Kreuz komplett verloren." Unter acht Knoten Bootsgeschwindigkeit ist der Widerstand der Tragflächen größer als der Auftrieb. Nur Boote, die auch bei leichten Bedingungen am Wind solche Werte erreichen können, erzielen unterm Strich signifikante Vorteile. Alles andere wäre ein „One trick pony" sagt Werftchef Mihelin - ein Boot, das nur auf einem Kurs begeistert, kein Allroundcr.
Die Mehrkosten beziffert er auf 20 bis 30 Prozent - „mindestens!" Deshalb und weil das Verhältnis von Widerstand zu Auftrieb bei Einrumpf\'ach-tcn wie den Seascapes einfach nicht aufgeht, kommen Foils zumindest kurz- bis mittelfristig für ihn nicht in Frage. Er sieht sie allenfalls für Jollen und Sportkats als sinnvoll an; da rechnet er mit weiteren neuen Modellen. „Vielleicht ist mit dem Einsatz selbstjusüerender elektronischer Steuerungssysteme für die Tragflügel auch bei Kielyachten noch mehr möglich", sagt er. Bis dahin aber wäre schon genug gewonnen, wenn „mehr Werften Boote bauten, die gleiten - dann wird auch das Fliegen später einfacher". —>
Krängungsmoment - Kielauftrieb - Seitenkraft vom Rigg
Seitenkraft vom Rigg
Aufrichtendes Moment - Masse {V,
Seitenkratt vom Kiel Foil-Krah Foil-Auftrieb
Masse
GEWALTIGER KRAFTAKT Bei einem Open 6 0 neuester Generation wirken viele Kräfte zusammen. Das Foil in Lee
und der ausgescfiwenkte Kiel generieren beide dynamiscfien Auftrieb {grüne Pfeile). Bei einer Gesell wind ig keit von 20 Knoten erzeugen die Rumpfanfiange zusammen bis zu
sechis Tonnen Lift - das sind rund 75 Prozent des Gesamtgewichts der Yacht
AUFTRIEB VS. WIDERSTAND
Das Prinzip ist denkbar einfach. Aber die praktische Umsetzung ist EXTREM ANSPRUCHSVOLL
Für moderne Ein rumpfboote kommen verschiedene Arten von Foils in Fragen Schiffe mit Canting Keel, wie zum Beispiel die Imoca Open 6 0 derVen-dee Globe, benötigen ein Foil, das nicht nur Auftrieb produziert, sondern auch die seitliche Abdrift verhindert, weil der ausgeschwenkte Kiel diese Aufgabe nicht ubernehmen kann. An der Spitze abgewinkelte Flügel produzieren beides, Lilt und Seitenfuhrung (I, u.).
Hatdas Boot jedoch einen fest angebauten gut profilierten Kiel oder ein zusätzliches Schwert, wird die Abdrift bereits ausreichend darüberminimiert. Dann reicht ein gerades DSS-Foil (M.), Es produziert eine f~1enge Auftrieb und dazu weniger Widerstand, weil die Oberfläche insgesamt kleineristals bei L-Foils. Einen Kompromiss bieten die Tip-Down - oder Chistera-Foils, wie sie jetzt bei der neuen Figaro 3 zur Anwen
dung kommen. Die nach unten und einwärts gebogenen Tragflächen erzeugen wie die L-Foils vertikalen Auftrieb und gleichzeitig eine Kraft gegen die Abdrift. Im Fall der Figaro kann die Finne des Festkiels deshalb sehr schlank sein. Der Vorteil derChistera-Foils: Segelt das Boot bei wenig Wind aufrecht, bleibt die benetzte Flache am Foil klein und der Widerstand im Wassergeringerais bei DSS- oder L-Foils.
L-Forls (auch „Dali"-Foils genannt) erzeugen zugleich Auftrieb und Seitenkraft
DSS-Foils generieren nur Lift. Gegen seitliche Abdrift wirken Kiel oder Schwert
„Chistera"-Foils der Figaro 3 funktionieren wie „Dalis" und haben bei Leichtwind Vorteile
32 YACHT 6 2017
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A K A D E M I E
Dr. Martin Fiscfier arbeitet am anderen Ende des Tragflügel-Spektrums - u n d genau an jenen Details, die eines Tages vielleiclit den Durchbruch i m Foilen für jedermann bringen könnten.
Der Deutsche in Diensten des französischen America's-Cup-Teams Groupama gilt als einer der namhaftesten und erfalirensten Entwickler auf diesem Gebiet. „Fliegen an sich ist nicht so schwierig" sagt er. Das Problem sei vielmehr, eine stabile und dauerhafte Flugphase zu gewährleisten. „Das ist die eigentliche Herausforderung."
Fischers Bemühen gilt der Optimierung der Tragflächen-Profile. Sie sollen so klein wie möglich sein, um den Widerstand zu minimieren, gleichzeitig aber genug Auftrieb bieten für frühes Foilen. Der Konstniktetir nutzt dazu extrem komplexe Optimierungsverfahren. „Um einen möglichen Flügel zu evaluieren, rechnen wir mehrere hundert verschiedene Varianten durch - selbst Hochleistungscomputer brauchen dafür zwei ganze Tage."
Schließlich läuft alles auf einen Kompromiss hinaus: Je höher die Flugstabilität zum Beispiel eines AOKatamarans sein soll, desto größer ist der dafür notwendige Widerstand an der Tragfläche -oder der Hegelaufwand beim Nachführen von deren Anstellwinkel. Dabei gilt es, den Kat permanent in mehreren Achsen zu justieren, ihn unabhängig von Windböen oder Wellen, Beschleunigung oder Verzögerung über dem Wasser zu halten.
Zum einen geht es um die „Pitch Stability'", also die ausgewogene Fluglage in Fahrtrichtung. Diese wird bei den Cuppern durch die sogenannten Elevatoren an den Ruderblättern reguliert. Das sind kleine Foils, die ähnlich funktionieren wie die Höhenruder beim Flugzeug. Anspruchsvoller ist, so Fischer, die Steuerung der Flughöhe, die „Heave Stability". Nur wenn beides gelingt, hält der Kat sein Equil ibrium - und vermeidet bremsende Bauchlandungen.
D ie Katamarane beim Cup sind sogenannte Dreipunkt-Foiler. Sie „stehen" quasi auf drei Beinen, auf der L - oder Z-förmigen Tragfläche in Lee und auf
den beiden kleineren Foils an den Ruderblättern. Der Tragflügel in Luv w i r d jeweils aufgeholt, nicht nur, weil dies hydrod^Tiamisch vorteilhaft ist, sondern weil es die Regeln des Cups so vorschreiben. Nur während der Manöver und maximal für 15 Sekunden dürfen beide Foils unten sein. Dieser Umstand verlangt den Teams eine bestens koordinierte Mannschaftsleistung sovde exaktes Timing ab.
Alltags- und massentauglich ist diese Funktionsweise nicht. Deswegen tendieren Hersteller von Katamaranen und Trimaranen für eine breitere Käuferschicht jetzt auch eher in die Richtung von
YACHT 6 2 0 1 7 SCHWERPUNKT . FOILS 33
Vierpunkt-Foi lcrn; bei ihnen bleiben alle vier Rumpfanbänge dauerhaft abgesenkt. Natürlich produzieren vier Tragflächen i m Wasser mehr W i derstand als nur deren drei, dafür w i r d die Fluglage stabiler und das Durchfoilen i m Manöver einfacher.
y erglicben mit den Mehrrumpfbooten ist die Entwicklung von Einrumpfern mit Foils um eine Komponente erschwert: der Krängung. Anders als Kats und Tris,
die schon ihrer schieren Breite wegen ausreichend Form Stabilität aufweisen, ist beim Einrumpfboot deutlich mehr aufrichtendes Moment nötig, damit das Boot nicht kentert. Gegen die seitliche Kraft wirken Kielballast, Wasserballast oder das Mannschaftsgewicht auf der hohen Kante. Pfunde also, die i m Grunde das Allerletzte sind, was man fürs Fliegen brauchen kann.
Mit den Foüs als Hebel in Lee lässt sich das aufrichtende Moment zwar zusätzlich unterstützen, die Schwerkraft aber dennoch nicht komplett neutralisieren. Deswegen werden größere Einrumpfboote wohl nicht so schnell komplett abheben können. Für Monos gilt zumindest für die nahe Zukunft: Foilen ja. Fliegen nein.
Anders als die Flügel von Flugzeugen in der Luft produzieren die Foils i m Wasser deutlich mehr Auftriebskraft. Das liegt an der Dichte des Mediums. Das bedeutet aber auch, dass die Tragflügel enormen Druck verkraften müssen. Der Auftrieb an einem Hydrofoil steigt im Quadrat mit der Zunahme der Geschwindigkeit. Eine profilierte Tragfläche von einem Quadratmeter zum Beispiel erzeugt bei einer Geschwindigkeit von 20 Knoten eine Auftriebskraft von rund fünf Tonnen.
Foils müssen also extrem robust gebaut sein, um die nötige Festigkeit zu bieten, dürfen aber zugleich nicht allzu schwer ausfallen. Diesen widersprüchlichen Anforderungen an die Konstruktion ist nur mit hochwertigen, extrem belastbaren und deshalb auch sündhaft teuren Kohiefaserverbin-dungen nachzukommen. So wundert es kaum, dass Flügel für einen Open 60 allein schon zwischen 300 000 und 400 000 Euro kosten.
Wegen ihrer schieren Größe und des daraus resultierenden enormen Hebels sind Foils bei Havarien mit Treibgut ein Problem. Auch das bewies die jüngste Neuauflage der Vendee Globe. Bei einem heftigen Zusammenstoß mit einem unbekannten Objekt im Südatlanuk wurde der Steuerbord-Flügel von Alex Thomsons „Hugo Boss" regelrecht abgerissen. Thomson, zu dem Zeitpunkt in Führung liegend, war für den Rest des Rennens benachteiligt.
Bleibt zu hoffen, dass die künftige Entwicklung nicht nur auf noch mehr Leistung abzielt, sondern auch auf Sicherheit und Zuverlässigkeit.
HÄRTETEST
Bei der VENDEEGLOBE traten erstmals Foiler in einer Regatta um die Welt an. Vier lagen am Ende ganz VORN
Von den 29 Teilnehmern des Einhand-Nonstop-Ren-nens starteten sieben auf Open 60 mitlragflügeln, darunter mit Pieter Heere-ma ein chancenloser Amateur. Zwei Foiler schieden aus, die restlichen vier räumten ab: Platz 1 bis 4 furdie Boote der neuesten Generation, Viel deutlicher
oben, „Hugo Boss" mit längeren Profilen unten
kann ein Reifezeugnis nicht ausfallen. Auch die Zeilen der Erstplatzierten haben die Erwartungen bestätigt: Wie-dereinmal regnete es Rekorde- sowohl furdie bisher beste Zeit ins Ziel wie auch für mehrere Zwischenetappen und fürdas größte Etmal. SiegerArmei Le
Cleac'h benötigte auf der „Banque Populaire VIH" nur 74 Tage und drei Stunden, Auch Alex Thomson auf der „Hugo Boss" als Zweiter unterbot noch die Referenzzeit von Frangois Gabart von 2012 / 13 , In vierJahren, beim nächsten Mal, wird ohne Foils wohl kaum noch etwas gehen.
Die Tragflächen der „Hugo Boss" entsprechen DSS-Foils mit einem zusätzlichen Winglet ganz außen gegen seitliche Abdrift
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Trendsetter. Der Aluminium-Tri .Paul Ricard" von Eric Tabarly setzte Rekordmarken
WIE DIE BOOTE FLIEGEN LERNTEN
Der Trend zum Foilen ist noch jung, die Entwicklungsgeschichte allerdings reicht mehr als 150 Jahre zurück. Von Pionieren und ihren TOLLKÜHNEM KISTEN
D er Hype rund u m Foils und „fliegende" Segelboote Ist gerade erst r ichtig losgebrochen. Dabei bat die Tragflügel-Technologie, die den meisten Seglern heute noch fremd, wenn nicht sogar abge
dreht erscheint, eine erstaunlich lange Entwicklungsgeschichte hinter sich.
Bereits 1861, also vor mehr als 150 Jahren, baut der Fmgländer Thomas Wüliarn Moy zwei fixe Tragflügel unter eine Schaluppe, die er von einem Pferdegespann entlang eines Kanals ziehen lässt. Überlieferungen zufolge wird der Rumpf dabei komplett aus dem Wasser gehoben.
Dieser bahnbrechenden Erfindung folgt anschließend eine ganze Reihe von motorisierten Experimentalfahrzeugen, nicht selten m i t militäri-
1947 Die „Mayfly", ein umgebauter
A-Cat mit V-Foils, erreicht anlässlich der International Speedweek in Weymouth eine Geschwindigkeit von
19,38 Knoten.
1970 David Keipers „Williwaw"
gilt als der erste tourentaugliche Foiler überhaupt,
Mitdem 32-Fuß-Tnmaran segelt sein Erbauer mehrals
20 0 0 0 Seemeilen durch den Sudpazifik.
schem Hintergrund. Auf dem Kontinent gilt Enrico Forlani als einer der Pioniere. Der italienische Konstrukteur entwickelt 1906 das erste autonom fahrende Tragflügelboot. Auf dem Lago Maggiore erreicht es, von einem Motor angelrieben, eine Höchstgeschwindigkeit von 38 Knoten. Das Gefährt inspiriert in der Folge den US-Erfinder Alexander Graham Bell zum Bau seiner „HD-4", die 1919 einen neuen Weltrekord aufstellt, der mehr als ein Jahrzehnt Bestand haben sollte: 61,6 Knoten.
Der erste bekannte Einsatz von Hydrofoils auf Segelbooten geht auf das Jahr 1938 zurück. Die Amerikaner Robert Gilruth und BiU Carl bauen sich einen kleinen, 3,65 Meterlangen Katamaran mit einer großen V-förmigen Tragfläche an einer Konstruktion unter Wasser. Das Boot kann bereits bei nur fünf Knoten Wind abheben und erreicht eine
Geschwindigkeit von immerhin zwölf Knoten - damals eine Sensation.
Mit dem Versuchsträger „Monitor" geht Cior-don Baker noch einen Schritt weiter. An der Entwicklung der Konstruktion heteiligt sich sogar die US-Navy. Der Einrumpfer verfügt über seitlich angebaute Leiter-Foils. Später, vom herkömmÜchcn Rigg auf zwei starre Flügelsegel umgerüstet, setzt die „Monitor" mit 30.4 Knoten eine Rekordmarke für segelgetriebene Wasserfahrzeuge, die selbst heute noch achtbar erscheint.
E ine bedeutende Rolle in der Entwicklung von Foils für Segelboote nimmt der Franzose Eric Tabarly ein. Er baut 1976 einen Tornado-Rumpf zu einem kleinen T r i -
maran um und konstruiert Tragflächen für die Seitenschwimmer sowie für das Ruder. Tabarly experimentiert akribisch mit verschiedenen Foils, Profiltiefen und Einstellungen und überträgt seine Erfahrungen danach auf die Konstruktion des ersten wirklichen Hochsee-Foilers, den Trimaran „Paul Ricard". 1980 pulverisiert Tabarly damit den Transatlantik-Rekord des Schoners „Atlantic" aus dem Jahr 1905. Die „Paul Ricard" benötigt für die Strecke nur zehn Tage und fünf Stunden.
Einen ähnlichen Anteil an der Weiterentwicklung wie Tabarly hat sein Landsmann Alain The-bault mit dem Tri-Foller „Hydroptere". Basierend auf dem Konzept von „Paul Ricard", wird der 2005 gebaute Trimaran mehrmals stark modifiziert und
1990 DerTrifoilervon HobieCat
mit Doppelrigg erreicht 30 Knoten Geschwindigkeit und istdamitdas schnellste in Serie gebaute Segelboot.
1994 AlainThebault unternimmt
erste Versuche mit seinem experimentellen Trimaran
„Hydroptere". 2 0 0 9 schafft er einen neuen Rekord über 5 0 0 Meter: 51,36 Knoten.
1999 Australische Moth-Segier
setzten erstmals T-Foils ein. Von 2 0 0 4 an siegen bei den Weltmeisterschalten nurnoch
„fliegenden Motten".
2012 Im Oktober 2012 gelingt es
Team New Zealand erstmals, mit seinem AC72-Kat voll
ständig abzuheben. Es istder Beginn einer neuen Ära im
Americas's Cup, Heute foilen die Boote sogar beim Wenden,
die Technologie weiter verfeinert. „Hydroptere" setzt 2009 zwei Bestmarken: 51,36 Knoten i m Schnitt über 500 Meter und 50,17 Knoten über die Seemeile. Dazu knacken die Speed-Freaks aus Frankreich erstmals überhaupt auch die schier unglaubliche Marke von 100 Kilometern pro Stunde. Damit ist der „Hydroptere" das schnellste Segelboot der Welt überhaupt.
Allerdings haben die Bestmarken der Franzosen nicht lange Bestand. Nach einem Jahrzehnt unermüdlicher Forschungs- und Entwicklungsarbeit gelingt dem Australier Paul Larson mit der „Sail-rocket 2" im November 2011 ein neuer Weltrekord, der bis heute ungebrochen ist. Das ausschließlich für Speed-Rekorde konstruierte asymmetrische angelegte Segelgerät erreicht in Namibia über die 500-Meter-Strccke eine halsbrecherische Geschwindigkeit von 65,45 Knoten; in der Spitze sind es sogar 68,01 Knoten. Unter Idealbedingungen hält Larson auch mehr als 70 Knoten für möglich.
Bedenkt man, wie früh und wie stürmisch sich das Potenzial der Rekordjäger auf Tragflügeln entfaltete, so dauerte der Transfer der Technik in den Serienbau vergleichsweise lange. Vorreiter war die International-Moth-Klassc. Nach einigen Prototypen, die Ende der Neunziger in Australien entstanden, offerierten Fastacraft und später Bladerider die ersten Motten auf Foils. Sie waren zunächst umstritten, lösten aber schon bald nach ihrer Markteinführung einen regelrechten Boom aus - und gelten als Wegbereiter des aktuellen Foil-Trends.
36 SCHWERPUNKT . FOILS YACHT 6 2 0 1 7
TF 10TRIFOILER
Wenn es ein nautisches Pendant zu Ferrari gibt, dann kommt ihmderneueTF 10 wohl am nächsten - ein Gentleman-Racer, der elektrisiert, aber nicht überfordert. Die sehr leicfite Vollcar
bon-Konstruktion mit Nomex-Wabenkern ist als Vierpunkt-Foiler konzipiert, beide Schwerter bleiben also stets gefiert.
Dank elektrohydraulisch verstellbarer Flügel lasst sich das Boot mit kleiner Crew segeln. Es ist trailerbar, bietet unter Deck fast Stehhohe und zwei Kojen.
Mit 30 Knoten Top-Speed ist es das wohl schnellste be-wohnba re Tragf I ügelboot.
525 0 0 0 Euro. .www. hollandcomposites.nl
Konstrukteur.. More//i Si Melvin
Lüa (Rump(länge) 10,00 m Breite/reduziert 6,80/2,50 m Gewicht 1,1 t Segelllächea.W 77,0
BEFLÜGELT Der BOOTSMARKT bietet immer mehr und immer vielfältigere Neuheiten mit Foils. Eine Auswahl aktueller Konstruktionen - vom Blau wasserkreuzer bis zum Regatta-Kat
SPEED FOILER
Made in Germany. Dieser 25-Fuß-Foiler entstehL bei Evonik in Essen in ultimativer Leichtbauweise. Der 7,62
Meter lange Kat soll als vielseitige Plattform für verschiedene Renn Serien dienen und konkurriert mit dem Easy To Fly (Mitte). Hinter dem Projekt steht Kat-Exper-
te Roland Gabler, • www.speedfoiler.com
AERONAMICSFLO 1
Der 4,25 Meter lange und nur 45 Kilogramm schwere Foiler aus Holland war einer der Stars auf der
Messe in Düsseldorf. Die seitlichen Foils lassen sich per Schotzug wechselseitig
aufholen und absenken. Der Preis: 12 700 Euro. • www.aeronamics.com
EASY TO FLY
Nichts für schwache Nerven Der nur 325 Kilogramm
schwere Easy To Fly aus dem Rennstall von Absolute Drea-mer in Frankreich kann lassig über 3 0 Knoten erreichen
Furdie Konstruktion zeichnet der iranzosische Foil-Experte Güillaume Verdier verant
wortlich. Den ultimativen Kick zum Schnell segeln gibt es
ab 160 0 0 0 Euro, Das Boot wurde in der letzten YACHT
(Heft 5/17) vorgestellt, • www-ea sytofly.fr
INFINIT! 56 C
Mit ihr hält die Tragflügeltechnik Einzug ins Segment schneller Langfahrtyachten. Infiniti Yachts zeigt erste Pläne für einen „High Performance Bluewater Cruiser". Die DSS-Foils sollen hier vor allem die Krängung reduzieren und sofiir eine
stabile, aufrechtere Schwimmlage sorgen. Die Carbon-Konstruktion, gezeichnet von
Farr Yacht Design, verfiigt über einen Hubkiel und doppelte Ruderblätter.
http://www.infinitiperfarmanceyacht5.com
Y A C H T fa 201 7 37
ZUKUNFT ODER ZEITGEISTPHÄNOHEN?
Der Einsatz von Tragflügeln im Serienbootsbau weckt bei manchen HOFFNUNG, bei anderen durchaus begründete SKEPSIS.
Wasfiir, was gegen die Technologie spricht - der Fakten-Check
PRO
M an kann das Thema drehen und wenden, wie man möchte: Außer einem Plus an Geschwindigkeit insbesondere aufräumen Kursen und dem Cooi
ness-Faktor gibt es kaum stichhaltige Argumente fürs Foilen. Zumal diese Vorteile teuer erkauft werden müssen: Der Bauaufwand wächst erheblich, selbst bei kleinen Jollen, der Mehrpreis ist enorm. Das allein schon bremst die Verbreitung. Auch die teils tückische Beherrschbarkeit spricht gegen eine rasche Verbreitung der Foiler.
O Sensation Kaum etwas hat mehr Wow-EHekt. Wenn ein Boot nicht mehr durchs Wasser pflügt oder gleitet, sondern wie von Geisterhand angehoben förmlich über die Wellen iiiegt, erlebt man Segeln neu - ond zählt fraglos zu den Vorreitern. O Speed Der Einsatz von Foils geht in den meisten Fällen mit einer markanten Leistungssteigerung einher, vor allem bei Sport-Katamaranen und lollen, die damit in bisher ungeahnte Bereich vorstoßen O Innovation Wer sich fürTechnik und Physik interessiert, findet auf den neuen Booten reichlich geistige Beschäftigung und bei Kiassenkollegen regen Austausch. Foiler sind meist Tüftler, immer auf der Suche nach Verbesserungen. Ostabilität Bei Ein rümpf booten können DSS-Foils mit ihrem Auftrieb in Lee helfen, das Boot im Seegang zu stabilisieren. Allerdings gilt dies nicht für alle Konstruktionen.
WAS MEINEN SIE? Spannend - oder spinnerf^ Wir möchten wissen, wie Sie über den Trend zum Foilen denken. Machen Sie mit bei unsererOnline-Umfrage!
www.yacht.de, Webcode #111566
FOILS IN DER YACHT
FOILIHG MOTH (YACHT 21/06)
MIRABAULTLX FOILER (YACHT 18/09)
HYDROPTlRE (YACHT 2/10)
AMERICA'S CUP2013 (YACHT 22/13)
FOILEN-SPEZIAL (YACHT 17 /15)
QUANT 23 (YACHT 19/15)
GUNBOAT G4 (YACHT 15/16)
ARKEMA MINI 6.50 (YACHT 4/17)
EASY TO FLY (YACHT 5/17)
KONTRA
O b sich Foils i m Serien-Yachtbau jemals werden durchsetzen können, erscheint aus heutiger Sicht fraglich - zu stark ist das Diktat des Leichtbaus, zu
gering noch das Angebot an automatisch geregelten Systemen zur Steuerung der beweglichen Anhänge. Dagegen sprechen das Komfortbedürfnis vieler Eigner und die Preissensitivität i m Markt. Diese Faktoren begrenzen das Potenzial der Technologie so stark, dass ihr Einsatz auf breiter Front schlicht kontraproduktiv wäre.
O Komplexität Foils produzieren gewallige Auftriebskräfte. Damit diese effizient umgesetzt werden können, müssen Rumpf, Deck und selbst das Rigg massiv versteift werden. Das erhöht den Bauaufwand ebenso wie das Gewicht. O Kosten Form und Konstruktion der Tragflachen sind enorm anspruchsvoll. Selbst wenn man ansonsten nur wenig an einem Boot anpassen wurde, läge der Preis um mindestens 20 Prozent höher. O Nutzen Foilserhöhen den Bedienaufwand. Ihr Einsatz erfordert Zeit und Erfahrung. Zudem ist ihre Wirkung meist auf bestimmte Kurse und Windfenster hin optimiert. Hochseeyachten müssenaberunterallen Bedingungen ahnlich gut funktionieren. O Platzbedarl Die Tragflügel müssen ein- und ausgefahren werden können, um ein Anlegen im Hafen zu ermöglichen. Die Fuhrungen und Befestigungen unter Deck sind so umfangreich, dass ausgerechnet im Bereich des Salons der nutzbare Raum massiv eingeschränkt wurde - für Tourenyachten unsinnig. O Kollisionsgefahr Das Risikofüreinen Zusammenstoß mit einem schwimmenden Gegenstand oder mit einem anderen Boot ist bei ausgefahrenen Foils großer. Selbst im eingezogenen Zustand ragen sie noch über den Rumpf hinaus. Das erschwert beim Längsseitsgehen das Festmachen, aber auch das Anbordkommen.