Schwingungsspektren der Cyanodimethylmetall-Komplexe von Magnesium, Aluminium, Gallium und Indium

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664 J. Miiller, F. Schmock, A. Klopsch und K. Dehnicke Jahrg. 108 Chem. Ber. 108, 664 -672 (1975) Schwingungsspektren der Cyanodimethylmetall-Komplexe von Magnesium, Aluminium, Gallium und Indium Joachim Miiller, Fritjof Schmock, Achim Klopsch und Kurt Dehnicke* Fachbereich Chemie der Universitlt Marburg/Lahn. D-3550 Marburg/Lahn, Lahnberge Eingegangen am 20. August 1974 Tetrdmethylammoniumcyanid reagiert rnit in Athtr gelostem Dimethylmagnesium unter Bildung von [Me.+N],[MezMgCN]4, dessen komplexes Anion mit dem bereits bekannten, ebenfalls tetrameren Dimethylaluminiumcyanid [MezAICN]4 isoelektronisch ist. Die Schwingungsspektren werden mitgeteilt und durch die Spektren der homologen Cyanide von Gallium und Indium ergiinzt. Vibrational Spectra of the Cyandimethylmetal Complexes of Magnesium, Aluminium, Gallium, and Indium Tetramethylammonium cyanide reacts with an ethereal solution of dimethylmagnesium to form [NMe.&[MezMgCNj4, the complex anion of which is isoelectronic with the known tetrameric dimethylaluminium cyanide [MezAICNJ4. The vibrational spectra are reported together with those of the corresponding gallium and indium compounds. Die ausgepragte Eigenschaft des Cyanid-Ions, rnit Hilfe der freien Elektronenpaare am C- und N-Atom in metallorganischen Verbindungen als sp-verbruckende Einheit zwischen zwei Metallatomen aufzutreten, ist an verschiedenen Beispielen belegt. Hierzu gehoren die tetrarneren Dirnethylrnetallcyanide [Me2MCNJ4 (M = Al, Ga, In) (2a-c)'), Kornplexe des Typs [Me3M- C=N --MMep mit M A12), Ga3) und neuerdings auch kationische Kornplexe wie zum Beispiel [MeHg-C = N -HgMe]@4). Soeben berichteten wir uber einen Cyanokornplex des Dirnethylrnagnesiurns, [(Me2Mg)2CN]22c, bei dem neben verbruckenden Methylgruppen die Cyanogruppe ebenfalls als lineare Bruckenbaugruppe fungierts). Er wurde durch Einwirkung von iiberschiissigem Dimethylmagnesium auf [Me4N]CN erhalten. Wir fanden nun, daB sich bei Anwendung aquirnolarer Mengenverhaltnisse CNe/ MezMg in atherischer Phase gemaB GI. (1) ein 1 : I-Donator-Akzeptorkornplex bildet: Ithrr [(CH3)4K]' CN' + (CIi,)?hlg - [(CHA4S]@ [NChlg(Cli,),J" (1) Die Tendenz des Mg-Atoms nach Ausbildung der Koordinationszahl 4 und das Bestreben der CN-Gruppe, als linearer Bruckenligand zu fungieren, sowie das Fehlen von charakteristischen Schwingungsfrequenzen fur CH3-Brucken6) legen fur das 1) G. E. Coates und R. N. Mukherjee, J. Chem. SOC. 1963, 229. 2) F. Weller und K. Dehnicke, J. Organomet. Chem. 36, 23 (1972). 3) K. Dehnicke und I. L. Wilson, J. C. S. Dalton 1973, 1428. 4) W . Morel1 und D. Breiringer, J. Organomet. Chem. 71, C 43 (1974). 5) A. Klopsch und K. Dehnicke, Chem. Ber. 108, 420 (1975). 6) P. Krohmer und J. Goubeau, Z. Anorg. Allg. Chem. 369, 238 (1969).

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664 J. Miiller, F. Schmock, A . Klopsch und K. Dehnicke Jahrg. 108

Chem. Ber. 108, 664 -672 (1975)

Schwingungsspektren der Cyanodimethylmetall-Komplexe von Magnesium, Aluminium, Gallium und Indium

Joachim Miiller, Fritjof Schmock, Achim Klopsch und Kurt Dehnicke*

Fachbereich Chemie der Universitlt Marburg/Lahn. D-3550 Marburg/Lahn, Lahnberge

Eingegangen am 20. August 1974

Tetrdmethylammoniumcyanid reagiert rnit in A t h t r gelostem Dimethylmagnesium unter Bildung von [Me.+N],[MezMgCN]4, dessen komplexes Anion mit dem bereits bekannten, ebenfalls tetrameren Dimethylaluminiumcyanid [MezAICN]4 isoelektronisch ist. Die Schwingungsspektren werden mitgeteilt und durch die Spektren der homologen Cyanide von Gallium und Indium ergiinzt.

Vibrational Spectra of the Cyandimethylmetal Complexes of Magnesium, Aluminium, Gallium, and Indium Tetramethylammonium cyanide reacts with an ethereal solution of dimethylmagnesium to form [NMe.&[MezMgCNj4, the complex anion of which is isoelectronic with the known tetrameric dimethylaluminium cyanide [MezAICNJ4. The vibrational spectra are reported together with those of the corresponding gallium and indium compounds.

Die ausgepragte Eigenschaft des Cyanid-Ions, rnit Hilfe der freien Elektronenpaare am C- und N-Atom in metallorganischen Verbindungen als sp-verbruckende Einheit zwischen zwei Metallatomen aufzutreten, ist an verschiedenen Beispielen belegt. Hierzu gehoren die tetrarneren Dirnethylrnetallcyanide [Me2MCNJ4 (M = Al, Ga, In) (2a-c)'), Kornplexe des Typs [Me3M- C = N - - M M e p mit M A12), Ga3) und neuerdings auch kationische Kornplexe wie zum Beispiel [MeHg-C = N -HgMe]@4). Soeben berichteten wir uber einen Cyanokornplex des Dirnethylrnagnesiurns, [(Me2Mg)2CN]22c, bei dem neben verbruckenden Methylgruppen die Cyanogruppe ebenfalls als lineare Bruckenbaugruppe fungierts). Er wurde durch Einwirkung von iiberschiissigem Dimethylmagnesium auf [Me4N]CN erhalten.

Wir fanden nun, daB sich bei Anwendung aquirnolarer Mengenverhaltnisse CNe/ MezMg in atherischer Phase gemaB GI. (1) ein 1 : I-Donator-Akzeptorkornplex bildet:

Ithrr [(CH3)4K]' CN' + (CIi,)?hlg - [ ( C H A 4 S ] @ [NChlg(Cli,),J" (1)

Die Tendenz des Mg-Atoms nach Ausbildung der Koordinationszahl 4 und das Bestreben der CN-Gruppe, als linearer Bruckenligand zu fungieren, sowie das Fehlen von charakteristischen Schwingungsfrequenzen fur CH3-Brucken6) legen fur das

1) G. E. Coates und R. N . Mukherjee, J. Chem. SOC. 1963, 229. 2) F. Weller und K . Dehnicke, J. Organomet. Chem. 36, 23 (1972). 3) K . Dehnicke und I . L. Wilson, J. C. S . Dalton 1973, 1428. 4) W . Morel1 und D. Breiringer, J. Organomet. Chem. 71, C 43 (1974). 5 ) A . Klopsch und K . Dehnicke, Chem. Ber. 108, 420 (1975). 6 ) P. Krohmer und J . Goubeau, Z. Anorg. Allg. Chem. 369, 238 (1969).

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1975 : Schwingungsspektren der Cyanodimethylmetall-Komplexe von Mg, Al, Ga u. In 665

komplexe Anion die tetramere Struktur 1 nahe, die mit den Dimethylmetallcyaniden von Al, G a und In 2a-c isostrukturell ist und mit der Aluminiumverbindung auch iswlektronisch. Die tetramere Molekuleinheit 2 ist durch kryoskopische MoL-Masse- bestimmungen gesichertl); in den Massenspektren (s. u.) laRt sich zumindest fur 2a der urn eine CH3-Gruppe armere Molekulionenpeak des Tetrameren erkennen.

Da von den. Verbindungen 2a - c schwingungsspektroskopisch nur die IR-Fre- quenzen der CN-Valenzschwingungen bekannt sind 1). haben wir im Zusammen- hang mit dem Schwingungsspektrum von 1 auch die 1R- und Raman-Spektren von 2a-- c registriert. Bei der Darstellung der Verbindungen 2a- c folgten wir bei 2a und c dem von Coazes et al. 1) beschriebenen Verfahren der Darstellung aus den Trimethyl- metallen und HCN. Dagegen bereitete die Anwendung dieser Vorschrift auf 2b bezuglich der Ausbeuten Schwierigkeiten. Einen praktisch vollstandigen Stoffumsatz erhielten wir durch Verwendung von Trimethylgermaniumcyanid gemaR (2) in athe- rischer Losung:

(cH3)~Ga + (CH3)3GeCN - F (CH3)rGaCN + Ge(CH3)4 (2 )

Zur Einfuhrung der CN-Gruppe lassen sich auch (CH3)3SnCN und (CH3)3PbCN venvenden.

Schwingungsspektren In Tab. 1 sind die Schwingungsspektren mit den Zuordnungsvorschlagen enthalten.

Die Abb. 1,2 geben die Schwingungsspektren der miteinander isoelektronixhen Spezies 1 und 2a wieder.

Berucksichtigt man zunachst nur die Gerustatome (ohne H-Atome), so ergibt die Erwartung fur ein 20-atomiges Molekul 54 Grundschwingungen, davon bei Vorliegen der h6chstmoglichen Symmetrie der Punktgruppe Clh wegen des Symmetriezentrums je die HIlfte im 1R- und Raman-Spektrum. Ein Blick auf Tab. 1 und Abb. 1 ,2 in dem fur die Gerustxhwingungen in Betracht kommenden Bereich unterhalb 700 cm-1 zeigt, daR diese Erwartung nicht annahernd erfiillt ist. Wir beobachten sowohl fur 1 als auch fur 2a in diesem Bereich lediglich 9 Schwingungen und zudem keine Anzeichen von Alternativverhalten. Dies bedeutet, daR uber die CN-Briicken hinweg keine Schwingungskopplung erfolgt, so daR die schwingungsspektroskopische Behandlung des Problems nur nach der lokalen Symmetrie der Mg- bzw. Al-Atome vorgenommen werden kann. Sie fuhrt in dem vorliegenden Fall zur lokalen Symmetrie C,, fur die

insgesamt 9 Grundschwingungen fur das tetraedrische Gerustfragment

(6A', 3 A") zu erwarten sind, davon 4 Valenzschwingungen (3 A', 1 A") und 5 Defor- mationen (3A', 2A"). Diese Bedingungen stimmen sowohl nach der Anzahl der Ban- den als auch beziiglich ihrer Frequenzaufteilung nach Valenz- und Deformations- schwingungen bei beiden Verbindungen sehr gut mit dem Experiment uberein (s. Tab. 1). Allgemein laRt sich feststellen, d a R die Banden von 1 gegenuber entsprechen- den Schwingungen von Za deutlich langwellig verschoben sind, was in erster Linie dem EinfluR der bindungslockernden negativen Ladung von 1 zuzuschreiben ist. Dieser EinfluR macht sich auch auf die Lage der CN-Valenzschwingung bemerkbar, die gegenuber 1 (2145 cm-1) nach 2223 cm-1 verschoben ist und damit der Lage der

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J . Miiller, F. Schtnock, A. Klopsch und K . Dehnicke Jahrg. 108 - 668

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Abb. I . Schwingungsspektrum von [(CH,)4N]4[(CH,),MgCN]4 (1) Die mit x gekennzeichneten Banden ruhren vom [(CH3)4N]@-Kation her

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Abb. 2. Schwingungsspektrum von [ (CH~)~AICN]J (2a)

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1975 Schwingungsspektren der Cyanodimethylmetall-Komplexe von Mg, Al, Ga u. In 669

CN-Valenzschwingung des ebenfalls CN-Brucken enthaltenden [(Me~Mg)zCN]22~- Komplexes (2155 cm-1)5) nahekommt. Somit besteht kein Zweifel, daI3 sich auch bei 1 CN-Briicken schwingungsspektroskopisch bestatigen lassen, obwohl die Lage von vCN am langwelligen Ende des fur bruckengebundene CN-Gruppen in Betracht kommenden Bereiches7) liegt. Im Einklang mit der Erfahrung, wonach bei Beanspru- chung der freien Elektronenpaare des CNe-Ions wegen ihres antibindenden Charak- ters die CN-Bindungsstarke zunimmt, liegt die CN-Valenzschwingung von 1 gegenuber [Me4N]CN (2050 cm-1)8) andererseits sehr deutlich kurzwelliger. In Ubereinstimmung mit der Vorstellung, wonach die schwingungsspektroskopische Behandlung von 1 und 2a - c nach lokalen Symmetriebezirken sinnvoll ist, IaBt sich auch fur die CN-Valenz- schwingung in allen Fallen der tetrameren Cyanide nur jeweits ein vCN erkennen, das zudem mit der entsprechenden Raman-Bande koinzidiert (s. Abb. 1 und 2).

Der in den 1R-Spektren erkennbare, sehr schwache VC EN-Begleiter, der etwa 4 - 5 0 cm-1 langwelliger auftritt, ruhrt von v13C- N (bzw. 12C=15N) her.

Ein weiteres wichtiges Argument fur die strukturelle Ahnlichkeit von 1 und 2a ist neben der auffallenden Ahnlichkeit der Spektren insbesondere das Fehlen von Schwingungsfrequenzen bruckenbindender CH3-Gruppen, wie sie sowohl im poly- meren Dimethylmagnesiums) als auch in verschiedenen mehrzentrenverbruckten Donator-Akzeptorkomplexen von (CH3)zMg angetroffen werden5.9). Tetramere Dimethylmetall-Verbindungen liegen a u k r in den hier besprochenen Cyaniden z. B. im [(CHj)zAIF]4 vor, in dem nach Elektronenbeugungsmesungen die F-Atome zwar keine gestreckten, wohl aber sehr g r o k Bindungswinkel (146") beanspruchen lo), was zumindest in flussiger Phase durch die schwingungsspektroskopisch nachgewiesene Planaritit desA14F4-Ringes11) zustandekommt. Weitere Beispiele sind [(CH&GaOHklz) und das allerdings thermisch unbestandige [(CH&GaF]413). Zusammenfassend wurde hieruber von Weidlein14) berichtet.

Wesentlich problernatischer gestaltet sich die Deutung der Schwingungsspektren der homologen Cyanide des Galliums (2b) und lndiums (Zc). In dem fur die Klarung ergiebigen Gerustschwingungs-Bereich der Spektren beobachtet man z. B. neben der symmetrischen M(CH3)2-Valenzschwingung bei den antisymmetrischen Ga(CH3)z- und In(CH3)2-Valenzschwingungen jeweils 3 Banden, die zudem fur beide spektrosko- pische Effekte zu identischen Frequenzlagen fuhren (Tab. 1). Desgleichen treten fur die Metall -(CN)-Valenzschwingungen jeweils mehrere, dicht beieinander liegende Ban- den auf. Diese Befunde lassen sich nicht mehr auf der Grundlage lokaler Symmetrie- bezirke innerhalb der Molekule verstehen, da auch bei der niedrigsten Syrnmetrie (Cl)

c\ c' \c, fur das Gerustfragment M/N insgesamt nur 4 Valenzschwingungen auftreten

7) H. Siebert, Anwendungen der Schwingungsspektroskopie in der anorganischen Chemie,

8) F. Welfer, Dissertation, Univ. Marburg/L. 1971. 9 ) C. E. Parris und E. C. Ashby, J. Organomet. Chem. 72, 1 (1974).

10) C. Gundersen, T. Huugen und A. Haaland, J. Organomet. Chem. 54, 77 (1973). 11) J. Weidlein und V. Krieg, J. Organomet. Chem. 11, 9 (1968). 12) G. S. Smith und J. L. Hoard, J. Amcr. Chem. SOC. 81. 3907 (1959). 13) H. Schmidbaur und H. F. Klein, Chem. Ber. 101, 2278 (1968). 14) J . Weidlein, J. Organomet. Chem. 49, 257 (1973).

S. 154, Springer, Berlin-Heidelberg-New York 1966.

43.

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1975 Schwingungsspektren der Cyanodimethylmetall-Komplcxe von Mg, Al, Ga u. In 671

konnen. Gegen die Annahme einer intrumolekularen Schwingungskopplung sprechen einerseits die Massenspektren von 2b und c, in denen aus dem Fragmentierungsmuster gegenuber 2a auf noch starker polare M . . .CN. . . M-Brucken geschlossen werden muR (Tab. 2). Eine uber diese Briicken hinweg wahrnehmbare Schwingungskopplung wurde zudem in jedem Falle ein mehrfaches Auftreten von vCN bedingen, was nicht beobachtet wird. Wahrscheinlich ist daher eine intermolekulare Schwingungskopp- lung, die eine Folge der Packungsverhaltnisse im kristallinen Zustand sein kann. Diese Annahme ist angesichts der groReren Atomradien von Ga und In durchaus plausibel. Kristallstrukturbestimmungen von Diathylindium-thioactat 15) und Diathylindium- acetatl6) bestatigen zumindest beim Indium die Fahigkeit, die in den angefuhrten Beispielen zur Koordinationszahl 5 bzw. 6 fur die In-Atome fuhrt. Eine endgiiltige schwingungsspektroskopische Klarung des Problems durch Aufnahme der Spektren in Losung scheitert an der zu geringen Loslichkeit von 2b und c in unpolaren Losungs- mitteln, jedoch lassen sich nach den vorliegenden Messungen fur den kristallinen Zu- stand vollig planare Ringsysteme fur die Molekule 2b und c ausschliekn.

Massenspektreu Tab. 2 enthalt die wichtigsten Massenzahlen von 2a-c mit den Zuordnungen.

Man erkennt nur fur die Aluminiumverbindung (2a) den (um eine CHrGruppe arme- ren) Molekul-Ionenpeak, wahrend fur das Gallium- (2b) bzw. Indiurnhomologe (2c) als hiichste Massenzahl nur das, um wiederum jeweils eine CH3-Gruppe armere, trimere Molekul-Ion auftritt. Vermutlich a u k r n sich hierin die bei 2b und c starker polaren Bindungsanteile der CN-verbruckten Dimethylmetallbaugruppen, die unter den angewandten Versuchsbedingungen ein unzersetztes Verdampfen der tetrameren Molekuleinheiten nicht mehr zulassen. Diese Befunde korrelieren mit den Ergebnissen der Schwingungsspektren und mit der von 2a nach c abnehmenden Loslichkeit in unpolaren Losungsmitteln 1).

Beachtenswert erscheint die bei allen Typen 2a-c relativ g r o k Haufigkeit der Fragmente (CHJ)~M-CN-M(CH~)~+ (M = Al, Ga, In), deren darin zum Ausdruck kommende grol3e Stabilitat an die eingangs erwlhnten Beispiele der metallorganisch sp-koordinierten Cyanogruppe erinnert. Demgegenuber lieR sich von 1 wegen des geringen Dampfdruckes kein verwertbares Massenspektrum erhalten.

Herrn Dr. R. Schmitt danken wir fur die Ausfuhrung der Rarnan-Spektren; der Fonds der Deutschen Chemiscken lndustrie unterstiitzte diese Arbeit in dankenswerter Weise.

Experimenteller Teil Samtliche Arbeiten mussen unter sorgfaltig gereinigtem Stickstoff ausgefuhrt werden; die

verwendeten Glasger'dte und Lasungsmittel wurden entsprechend behandelt. - IR-Spektren: Perkin-Elmer-Gerat Typ 225, zwischen CsJ-Scheiben als Nujol- bzw. Hostaflonverreibungen; Raman-Spektren: Cary 83, Laser-Anregung 6145 A; Massenspektren: CH-4-Gerat der Atlas-Werke.

Tetrakis(~etramethylammonium)-tetra-~-cyano-te~rakis(dime~hylmagnesat) [(CH3)4N14- [ (CH3)2MgCN]4 (I): 0.42 g feingepulvertes [(CH,)4N]CN 8 ) (4.2 mmol) werden bei 20°C

15) H . D . Hausen, 2. Naturforsch. 27 B, 82 (1972). 16) H . D. Hausen, J. Organomet. Chem. 39, C37 (1972).

Page 9: Schwingungsspektren der Cyanodimethylmetall-Komplexe von Magnesium, Aluminium, Gallium und Indium

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mit der aquimolaren Menge einer ather. Dirnethylmagnesium-Losungl7) (14.0 ml, 0.30 M) 24 h geruhrt. Anschlieknd wird der Niederschlag abfiltriert, rnit Ather gewaschen und i. Hochvak. getrocknet. Ausb. praktisch vollstlndig. Farblose, sehr hygroskopische, sauerstoff- empfindliche Kristalle vom Schmp. 168- 170°C die in Benzol, Diathylather und Tetra- hydrofuran unlaslich sind.

MgC7HlsNz (154.5) Ber. Mg 15.75 C 54.44 H 11.66 N 18.14 Gef. Mg 15.6 C 54.2 H 11.4 N 18.4

Zur Darstellung von 2a und c bedienten wir uns des in der Litcratur beschriebenen Ver- fdhrensl); es wurde Ubereinstimmung mit den dort angegebenen Schmelzpunkten (90 bzw. 147°C) festgestellt.

Te/ra-~-cyano-~e/rak~s(d~tne/hylgulla/), [ (CH3)2GaCN,:~ (2b): I . I5 g Trimethylgallium (10 mmol) werden mit 1.43 g Trimethylgermylcyanid 18) (10 mmol) in 20 ml Ather versetzt. Nach 2 h zieht man i. Vak. das Losungsmittel und gebildetes Tetramethylgerman ab und sublimiert den Ruckstand bei 9O0C/IO-3 Torr. Ausb. 1 . 1 g (70%). Schmp. 81°C (Lit.1) 79OC).

GaC3H6N (125.8) Ber. C28.64 H4.81 N11.13 Gef. C28.3 H4.7 N11.4

17) J. Laemmle, E. C. Ashby und H . M. Neumunn, J. Amer. Chem. SOC. 93, 5120 (1971). 18) D. Seyferrh und N . Kahlen. J. Org. Chem. 25, 809 (1960).

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