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Herausgeber: sci: moers gGmbH Gesellschaft für Einrichtungen und Betriebe sozialer Arbeit Kirschenallee 35 47443 Moers Telefon 02841/9578-0 Telefax 02841/957878 e-mail: info@sci-moers.de V.i.S.d.P.: Karl-Heinz Theußen (Geschäftsführer) Redaktion: Christoph Baldy Produktion: Mediengestaltung Weist 47443 Moers Kornstraße 11 Telefon 02841/9999808 Wer ist der Service Civil International? Der Service Civil International wurde 1920 von dem Schweizer Pierre Ceresole gegründet. Cere- sole lehnte jeglichen militäri- schen Dienst ab. Stattdessen wollte er durch freiwillige Arbeit an gemeinnützigen Projekten so- lidarisch den Frieden unterstüt- zen. In Esnes, in der Nähe von Verdun in Frankreich, fand der erste Einsatz von Freiwilligen aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz statt. Sie halfen mit, die im Krieg zerstörte Stadt wieder aufzubauen. Heute ist der SCI in 25 Ländern weltweit als Friedens- bewegung organisiert. Seine Auf- gaben sind vielfältig, sie reichen von der Förderung von Verständ- nis und Solidarität zwischen Menschen bis zu gemeinnützigen Projekten und Arbeiten im Natur- und Umweltschutz. Oberstes Ge- bot ist die Integration von sozial benachteiligten Gruppen. Ein : Blicke Impressum Editorial Liebe Leserinnen und Leser, Grimmsche Märchen, eine Eisenbahn und viel Gebäck sind nicht nur Themen unter manchem Weihnachtsbaum, son- dern auch in dieser ein:blicke-Ausgabe: Eine ehemalige Lehrerin nutzt die Märchen, um den Kindern des sci:kin- dergartens Sprache nahe zu bringen, im sci:gewer- behof restauriert ein klei- nes Team mit viel Engage- ment eine historische Dampflok und aus der In- nenstadt ist über ein in- teressantes Projekt einer Bäckerei zu berichten. Über Neues aus dem Frei- zeitpark und vom Moerser Bahnhof berichten wir in unseren Notes. Im Mitarbeiterporträt heißt es Abschied neh- men: Nach mehr als 20 Jahren verlässt Marita Grundler den sci. Wir wünschen Ihnen und Ihren Familien ein frohes Weihnachtsfest und ein glückliches neues Jahr. Ihr sci : moers „Die Achsen haben wir inzwi- schen komplett restauriert. Jetzt arbeiten wir den Rahmen auf. Wenn wir damit fertig sind, werden wir uns an die Mechanik heranwagen.“ Wenn Petra Ringel zwischen den Ein- zelteilen der alten Humboldt- Tenderlokomotive von 1910 in der sci:metallwerkstatt steht, ist sie in ihrem Element. Nach- dem die gelernte Industrie- Mechanikerin jahrelang in großen Betrieben vergleichs- weise monotone Arbeiten erle- digt hat, geht sie jetzt enga- giert an ihre neue Aufgabe: Als Anleiterin in der sci:metall- werkstatt macht sie gemeinsam mit einem motivierten kleinen Team aus einem rostigen Hau- fen Metall wieder eine fahr- tüchtige Dampflokomotive. Mit Volldampf aus der Arbeitslosigkeit Eisenbahngeschichte wird am alten Bahnhof Rheinkamp wieder lebendig Die Restaurierung der bald 100 Jahre alten Lok und einiger noch älterer Waggons ist ein Projekt, das sechs arbeitslosen Männern um die 60 Jahre wieder eine sinn- volle Aufgabe verschafft. Drei Jahre lang können sie hier ohne großen Zeitdruck die historischen Schienenfahrzeuge restaurieren und dabei erkennen, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehören und sehr wohl noch ge- sellschaftlich Sinnvolles schaffen können. Unterstützung bekommt das kleine Team vom Verein „His- torische Eisenbahn Gelsenkirchen e.V.“ Der Verein hat die alte Loko- motive vor einigen Jahren über- nommen und die aktiven Verein- mitglieder kommen jetzt häufig abends oder an den Wochen- enden zum sci:gewerbehof und arbeiten gemeinsam mit den ehemaligen Arbeitslosen an der Dampflok. Die alte Humboldt-Lokomotive war fast 60 Jahre als Werkslo- komotive im Einsatz, zunächst in Solingen, später im hessischen Nidda, danach war sie dort noch Ausstellungsstück. Der Verein „Historische Eisenbahn Gelsenkir- chen“ hat sich zum Ziel gesetzt, alte Schienenfahrzeuge aus der Region aufzuarbeiten und auszu- stellen oder für Ausflugsfahrten Ausgabe Nr. 23 · Dezember 2006

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Grimmsche Märchen, eine Eisenbahn und viel Gebäck sind nicht nur Themen unter manchem Weihnachtsbaum, son- dern auch in dieser ein:blicke-Ausgabe: Produktion: Mediengestaltung Weist 47443 Moers Kornstraße 11 Telefon 02841/9999808 Herausgeber: sci:moers gGmbH Gesellschaft für Einrichtungen und Betriebe sozialer Arbeit Kirschenallee 35 47443 Moers Telefon 02841/9578-0 Telefax 02841/957878 e-mail: [email protected] V.i.S.d.P.: Karl-Heinz Theußen (Geschäftsführer) Redaktion: Christoph Baldy

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Herausgeber:sci:moers gGmbHGesellschaft für Einrichtungen und Betriebe sozialer ArbeitKirschenallee 3547443 MoersTelefon 02841/9578-0Telefax 02841/957878e-mail: [email protected]

V.i.S.d.P.:Karl-Heinz Theußen (Geschäftsführer)

Redaktion:Christoph Baldy

Produktion:Mediengestaltung Weist47443 MoersKornstraße 11Telefon 02841/9999808

Wer ist der Service Civil International?Der Service Civil Internationalwurde 1920 von dem SchweizerPierre Ceresole gegründet. Cere-sole lehnte jeglichen militäri-schen Dienst ab. Stattdessenwollte er durch freiwillige Arbeitan gemeinnützigen Projekten so-lidarisch den Frieden unterstüt-zen. In Esnes, in der Nähe vonVerdun in Frankreich, fand dererste Einsatz von Freiwilligen ausDeutschland, Frankreich und derSchweiz statt. Sie halfen mit, dieim Krieg zerstörte Stadt wiederaufzubauen. Heute ist der SCI in25 Ländern weltweit als Friedens-bewegung organisiert. Seine Auf-gaben sind vielfältig, sie reichenvon der Förderung von Verständ-nis und Solidarität zwischenMenschen bis zu gemeinnützigenProjekten und Arbeiten im Natur-und Umweltschutz. Oberstes Ge-bot ist die Integration von sozialbenachteiligten Gruppen.

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m EditorialLiebe Leserinnen undLeser,

Grimmsche Märchen,eine Eisenbahn und vielGebäck sind nicht nurThemen unter manchemWeihnachtsbaum, son-dern auch in dieserein:blicke-Ausgabe:

Eine ehemalige Lehrerinnutzt die Märchen, umden Kindern des sci:kin-dergartens Sprache nahezu bringen, im sci:gewer-behof restauriert ein klei-nes Team mit viel Engage-ment eine historischeDampflok und aus der In-nenstadt ist über ein in-teressantes Projekt einerBäckerei zu berichten.

Über Neues aus dem Frei-zeitpark und vom MoerserBahnhof berichten wir inunseren Notes.

Im Mitarbeiterporträtheißt es Abschied neh-men: Nach mehr als 20Jahren verlässt MaritaGrundler den sci.

Wir wünschen Ihnen undIhren Familien ein frohesWeihnachtsfest und einglückliches neues Jahr.

Ihr

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„Die Achsen haben wir inzwi-schen komplett restauriert.Jetzt arbeiten wir den Rahmenauf. Wenn wir damit fertigsind, werden wir uns an dieMechanik heranwagen.“ WennPetra Ringel zwischen den Ein-zelteilen der alten Humboldt-Tenderlokomotive von 1910 inder sci:metallwerkstatt steht,ist sie in ihrem Element. Nach-dem die gelernte Industrie-Mechanikerin jahrelang ingroßen Betrieben vergleichs-weise monotone Arbeiten erle-digt hat, geht sie jetzt enga-giert an ihre neue Aufgabe: AlsAnleiterin in der sci:metall-werkstatt macht sie gemeinsammit einem motivierten kleinenTeam aus einem rostigen Hau-fen Metall wieder eine fahr-tüchtige Dampflokomotive.

Mit Volldampf ausder ArbeitslosigkeitEisenbahngeschichte wird am altenBahnhof Rheinkamp wieder lebendig

Die Restaurierung der bald 100Jahre alten Lok und einiger nochälterer Waggons ist ein Projekt,das sechs arbeitslosen Männernum die 60 Jahre wieder eine sinn-volle Aufgabe verschafft. DreiJahre lang können sie hier ohnegroßen Zeitdruck die historischenSchienenfahrzeuge restaurierenund dabei erkennen, dass sienoch lange nicht zum alten Eisengehören und sehr wohl noch ge-sellschaftlich Sinnvolles schaffenkönnen. Unterstützung bekommtdas kleine Team vom Verein „His-torische Eisenbahn Gelsenkirchene.V.“ Der Verein hat die alte Loko-motive vor einigen Jahren über-

nommen und die aktiven Verein-mitglieder kommen jetzt häufigabends oder an den Wochen-enden zum sci:gewerbehof undarbeiten gemeinsam mit denehemaligen Arbeitslosen an derDampflok. Die alte Humboldt-Lokomotivewar fast 60 Jahre als Werkslo-komotive im Einsatz, zunächst inSolingen, später im hessischenNidda, danach war sie dort nochAusstellungsstück. Der Verein„Historische Eisenbahn Gelsenkir-chen“ hat sich zum Ziel gesetzt,alte Schienenfahrzeuge aus derRegion aufzuarbeiten und auszu-stellen oder für Ausflugsfahrten

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zu nutzen. Die alte Humboldt-Lokomotive passt genau in dasKonzept: Baugleiche Lokomotivenverkehrten beispielsweise auchbei der Moerser Kreisbahn oderim Bereich Krefeld.Die Kooperation mit dem sci:mo-ers ergab sich aus persönlichenKontakten zwischen einem Vor-standsmitglied und sci:fachbe-reichsleiter Jörg Marx. Der griffsofort die Idee auf, wieder mehrLeben in die in den vergangenenJahren oft nicht ausgelasteteMetallwerkstatt des sci:gewerbe-hofes zu bringen: „Vor einigenJahren haben wir bereits einenhistorischen Zug für einen Eisen-bahnverein aus Oberhausen res-tauriert. Deshalb verfügen wirbereits über ein gewisses Know-how. Und unser Konzept gehtbisher gut auf: Die älteren Ar-beitskräfte sind hoch motiviert,sie finden hier eine sinnstiftendeTätigkeit, die ihnen auch einePerspektive für die Zeit nach demÜbergang in die Rente gibt.“Auch Gerburg Dicks, bei derArbeitsgemeinschaft Kreis WeselTeamleiter im Bereich Vermitt-

lung, hält das Eisenbahn-Projekt,das bei der Arbeitsgemeinschaftauch als „Jim-Knopf-Projekt“ fir-miert, weil die alte Lok so großeÄhnlichkeiten mit Jim KnopfsEmma aufweist, für gelungen:„Gerade die lange Laufzeit vondrei Jahren ermöglicht einen glei-tenden Übergang in die Renteund die enge Zusammenarbeitmit Ehrenamtlichen eröffnet denProjektteilnehmern eine Perspekti-ve über die Projektphase hinaus.“

Die sechs Projektteilnehmerhaben sehr verschiedene persön-liche Voraussetzungen für die

Arbeit in der sci:metallwerkstatt.Vor ihrer Arbeitslosigkeit habensie als Starkstromelektriker, Ge-rüstbauer oder auch als Kochgearbeitet. Petra Ringel ist es inden vergangenen Monaten ge-lungen aus diesen so unter-schiedlichen Menschen ein enga-giertes Team zu formen, in derjeder Tätigkeitsfelder findet, dieihm gut liegen: „Es kommt hiergar nicht so sehr auf die formaleQualifikation an. Wichtig ist derSpaß an der Arbeit.“ Nun ja, einbisschen handwerkliches Könnenist schon erforderlich, um diedurchgerosteten Bleche der Was-ser- und Kohlekästen zu erneu-ern, die Achsen zu restaurierenoder dem Rahmen wieder seinursprüngliches Aussehen zu ge-ben. Schließlich geht es für diealte Dampflok nach der Restau-rierung nicht ins Museum, son-dern auf die Schiene. „Dann stehtder Kessel wieder unter Druck,deshalb braucht er auch eineTÜV-Abnahme,“ erläutert PetraRingel.

Zu den Aktiven des Gelsenkirche-ner Eisenbahnvereins hat sich bei

der gemeinsamen Arbeit ein sehrgutes Verhältnis entwickelt. DieEisenbahnfreunde packen an denWochenenden häufig selbst mitan, geben viele gute Tipps undfreuen sich schon auf die restau-rierte Lok. Wie nebenbei habendie Eisenbahnfreunde und dassci:team in den zurückliegendenWochen noch schnell eine Drai-sine restauriert. Zur Probefahrtkam sogar die stellvertretendeBürgermeisterin von Moers, ErikaScholten, an den Reitweg.

Inzwischen stehen auch nochzwei alte Personenwaggons und

Gerburg Dicks ist inder Arbeitsgemein-schaft Kreis Wesel vonAgentur für Arbeit undKreis Wesel als Team-leiter Markt und Inte-gration für Arbeitsver-mittlung zuständig.

Vor Gründung der ARGE warDicks rund 20 Jahre in derArbeitsverwaltung in Kamp-Lintfort tätig. Der 53-jährigelebt in Rheinberg.

Herr Dicks, wir lesen und hörenin den letzen Jahren viel über diebesonderen und für jedes Unter-nehmen sehr wichtigen Qualitä-ten älterer Arbeitnehmer. Wennwir uns die Einstellungspraxis derBetrieb anschauen, bekommenwir aber den Eindruck, die Perso-nalabteilungen haben von dieserDiskussion nichts mitbekommen.Welche Vorteile hat die Beschäf-tigung älterer Arbeitskräfte fürdie Unternehmen und warumstellen viele Firmen trotzdem be-vorzugt junge Menschen ein?

Ältere Menschen haben in derRegel ein umfangreiches Fach-wissen, wie es junge Beschäftigtenoch gar nicht besitzen können.Das ist ihr großer Wettbewerbs-

vorteil. Hinzu kommt die großeLebenserfahrung. Viele Unterneh-men fürchten aber, dass ältere Be-schäftigte aus gesundheitlichenGründen häufiger ausfallen. Hin-zu kommt in unserer vom Berg-bau geprägten Region die An-nahme, dass Menschen über 50ohnehin nur noch an die bevor-stehende Rente und nicht mehran Arbeit denken. Nicht zu unter-schätzen ist der in der gesamtenGesellschaft und auch in denUnternehmen dominierende Ju-gendwahn. Jüngere Führungs-kräfte in den Betrieben tun sichhäufig schwer mit der Einstellungälterer Menschen.Auch der Kündigungsschutz wirdimmer wieder als Argument

dafür vorgeschoben, keine älte-ren Menschen zu beschäftigen.Bei den heutigen Möglichkeiten,Arbeitslose befristet einzustellen,ist der Kündigungsschutz nichtsmehr, was die Integration ältererMenschen auf dem Arbeitsmarkttatsächlich beeinträchtigt. AlsArbeitsgemeinschaft haben wirsogar umfangreiche Förderungs-möglichkeiten, zum Beispiel überLohnkostenzuschüsse, die geradedie Einstellung älterer Menschenfür Betriebe ökonomisch interes-sant macht.Älteren Menschen wird oft auchein Mangel an Flexibilität nach-gesagt.Die Bereitschaft, für einen neuenArbeitsplatz einen Umzug in Kauf

zu nehmen und damit das sozialeUmfeld aufzugeben sinkt sicher-lich mit dem Lebensalter. Natür-lich wünschen sich Menschen mitAnfang 50 auch eher eine Ar-beitsstelle, auf der sie bis zurRente bleiben können, als einjunger Mensch. Aber ältere Men-schen sind durchaus noch bereit,sich weiterzubilden, um die aufder neuen Stelle erforderlichenQualifikationen zu erwerben. Ins-besondere nach einer Zeit länge-rer Arbeitslosigkeit ist eine festeStelle auch wieder ein gutesSprungbrett für einen Wechselauf einen anderen Arbeitsplatz.Nichts ist ein größeres Handicapbei der Bewerbung um eine Stelleals die aktuelle Arbeitslosigkeit.

Welche Wege wählen Sie alsArbeitsgemeinschaft, um ältereArbeitslose wieder in den Ar-beitsmarkt zu integrieren?

Die Vermittlung gestaltet sichaller Politikerappelle zum Trotzsehr schwierig. Wir in der ARGEkönnen nicht auf die Stellen-angebote für ältere Arbeitslosewarten, sondern müssen aktiv dieArbeitgeber ansprechen. Nurdurch das direkte Gespräch las-sen sich die verbreiteten Vorurtei-le abbauen. Daneben versuchenwir über innovative Projekte eineReduzierung der Arbeitslosigkeitälterer Menschen zu erreichen.

Herr Dicks, wir danken Ihnen fürdieses Gespräch.

Jugendwahn macht Vermittlungälterer Menschen sehr schwerGerburg Dicks: Ältere Arbeitslose verfügen überumfangreiches Fachwissen und Lebenserfahrung

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ewzwei alte Güterwaggons auf demsci:gleis am ehemaligen BahnhofRheinkamp. Der älteste der Wag-gons stammt aus dem Jahr 1883.Nach den alten Nomalien derdeutschen Reichsbahn werdendiese Waggons rekonstruiert undspäter mit der historischen Hum-boldt-Lokomotive wieder über dieGleise fahren und sicher vieleEisenbahnfreunde anlocken.Bis es soweit ist, liegt aber nochviel Arbeit vor Petra Ringel undihrem Team. Da Erfahrungen imBereich der Restaurierung derSchienenfahrzeuge sehr wichtigsind, hat Petra Ringel Kontakt zuVereinen im In- und Ausland auf-genommen. In Letschin, nahe derMoerser Partnerstadt Seelow undim italienischen Turin habenEisenbahnfreunde bereits bau-gleiche Lokomotiven und Wag-gons erfolgreich restauriert. „Wirhaben aus der Distanz schon einsehr freundschaftliches Verhält-nis aufgebaut. Sicherlich bekom-me ich von dort noch einigewertvolle Tipps. Vielleicht ent-wickelt sich daraus ja eineZusammenarbeit.“

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„Ja, aber viel Zeit habe ich nichtfür das Gespräch, ich muss mei-nen Nachfolger einarbeiten undbin nur drei Vormittage in derWoche im Büro.“ Schon bei dertelefonischen Terminvereinba-rung für unser Gespräch drücktMarita Grundler aufs Tempo.Auch jetzt im Gespräch in dersci:verwaltung in der Kirschenal-lee reiht die gelernte Fremdspra-chenkorrespondentin die Wortein hoher Geschwindigkeit. Aberes gibt auch viel zu erzählen:Vor 22 Jahren, der sci war nochein kleiner Verein, kam über ei-nen Bekannten der Kontakt zu-stande. Marita Grundler hattekurz zuvor ihre Vollzeitstelle beieinem großen Betrieb in Ober-hausen aufgeben müssen, weilsie nach der Geburt ihres zwei-ten Sohnes mehr Zeit für die Fa-milie brauchte und ihr Arbeitge-ber nicht bereit war, ihr eineTeilzeitstelle anzubieten. Beimsci begann Marita Grundler mit25 Stunden pro Woche und

vollständig davon überzeugt,dass es gut ist.“Spannend geblieben ist dieArbeit für den sci für MaritaGrundler in all den 22 Jahren:„Ständig kommen neue Projektehinzu, oft sind dies personal-intensive und kurzzeitige Maß-nahmen mit schnellem Perso-nalwechsel. Jeden Tag kommtetwas Neues auf den Schreib-tisch, deshalb mache ich dieArbeit hier auch so gerne.“

konnte so Beruf und Privatlebengut miteinander vereinbaren.

Zunächst war sie als einzigeVerwaltungsmitarbeiterin „Mäd-chen für alles“ in den damaligenVereinsräumen an der Tauben-straße. Aber die gebürtige Al-penerin war es als ältestes vonsechs Kindern schon von frühes-ter Kindheit an gewohnt Verant-wortung zu übernehmen undmanagte das Büro souverän.

Im Laufe der Jahre wuchs derkleine Verein zu einem Betriebmit rund 150 Beschäftigten.Marita Grundler konzentriertesich vor 15 Jahren nach derGeburt ihres dritten Sohnes aufdie Arbeit der Personalabteilung.Der eigene abgegrenzte Verant-wortungsbereich kommt derArbeitsweise von Marita Grund-ler sehr entgegen: „Ich bin eineEinzelkämpferin. Ich arbeitezwar auch gerne im Team, abernur wenn ich etwas selbstgemacht habe, bin ich auch

Der Dienstag ist für die 25Kinder der Mondgruppe imsci:kindergarten an der Kir-schenallee ein ganz besondererTag: Seit mehr als drei Jahrenkommt jeden Dienstag RuthSteidelmüller in die Gruppe.Die pensionierte Hauptschul-lehrerin aus Neukirchen bringtihr liebevoll eingebundenesGrimmsches Märchenbuch undviel gute Laune mit.Mit einigen Kindern geht sie ineine gemütliche Holzhütte imGarten, die Märchenkota. Dort

lauschen die Drei- bis Sechs-jährigen gespannt der Geschich-te vom Froschkönig oder vonDornröschen, von Schneewitt-chen oder Hans im Glück.

Immer als aufmerksamer Zuhö-rer dabei ist der gestiefelte Kater.Wenn das Stofftier interessiertlauscht, sind auch die kleinenMenschen aufmerksamer. „Abernach zehn oder höchstens 15Minuten nimmt die Konzentrationder Kinder doch stark ab und siehaben Probleme noch still zusitzen,“ weiß Ruth Steidelmüller

aus ihrer nun schon dreijährigenErfahrung. Sobald sie merkt,dass Unruhe aufkommt, erzähltdie Pädagogin die Märchen zü-gig mit eigenen Worten zu Ende.

Aber nicht nur die Länge derMärchen muss passen. Es istauch nicht jedes Märchen fürjede Altersgruppe gleich gutgeeignet. Deshalb liest RuthSteidelmüller etwa das Märchenvon Dornröschen, wenn diejüngsten Kinder um sie herum-sitzen. Ist eine Gruppe vonVorschulkindern mit ihr in der

Der gestiefelte Kater sitzt immer dabeiRuth Steidelmüller kommt mit ihrem Märchenbuch jedenDienstag in den Kindergarten

Der Abschied zum Jahresendeist dennoch unwiderruflich: DieZeit reicht einfach nicht mehr,denn Marita Grundler hat nochmindestens zwei weitere Berufe:In der Praxis ihres Mannes, einesArztes, erledigt sie die Buch-führung, kümmert sich um dasPersonal, den Einkauf, die Privat-abrechnung, die Praxisausge-staltung usw. und ehrenamtlichist sie im Fechtclub Moers alsKassiererin aktiv. Dort erledigtMarita Grundler ebenfalls denHauptteil der Büroarbeit, dieElternbetreuung und die Tur-niervorbereitung und -abwick-lung: „Alle meine drei Kinderwaren hier aktiv, zwei sind esnoch heute, und wenn ich voneinem Verein so profitiere, mussich auch etwas zurückgeben.“Marita Grundler bedauert, dassdiese für sie ganz selbstver-ständliche Einstellung heute im-mer weniger verbreitet ist.Wenn diese verschiedenenBüroarbeiten erledigt sind, war-

tet noch ein Haushalt mitgroßem Garten, den MaritaGrundler gerne selbst pflegt,und natürlich die Familie. Undweil sie ein Organisationstalentist und immer mindestens dreiDinge gleichzeitig erledigt,bleibt noch genügend Zeit fürvielfältige Freizeitaktivitäten: Siesingt im Frauenchor „Witches ofPitches“ und im A-capella-Quar-tett „Good Vibrations“, treibtdrei mal wöchentlich Sport,tanzt mit ihrem Mann, liestviel – vorwiegend Krimis – undwenn Marita Grundler allein zuHause ist, setzt sie sich ansKlavier.Ideen für die Zukunft hat MaritaGrundler reichlich: „Wenn ichspäter mehr Zeit habe, studiereich vielleicht, Landschaftsbauoder Sprachen. Sprachen sindmeine Leidenschaft. Im Momentlerne ich Schwedisch, danachwill ich Italienisch lernen. Sound jetzt muss ich meinenNachfolger weiter einarbeiten...“

Märchenkota, darf es auchschwerer zu erfassendes wiezum Beispiel der Froschkönigsein.

Den Kontakt zwischen ehemali-ger Lehrerin und Kindergartenhergestellt hat die Freiwilligen-zentrale Moers. In die Informati-ons- und Beratungsstelle fürfreiwilliges und ehrenamtlichesEngagement ist Ruth Steidel-müller gegangen, um zu erfah-ren, wo sie nach Ende ihrer akti-ven Berufstätigkeit in begrenz-tem Rahmen mit Kindern arbeiten

kann. „Dort wurde ich sehrfreundlich und kompetent be-raten,“ erinnert sich die Neu-kirchenerin.Aber Ruth Steidelmüller ist nichtnur die „Märchenoma“. An denDienstagen nimmt sie auch amganz normalen Alltag der Mond-gruppe teil. Sie frühstückt mitden Kindern und Erzieherinnen,sie bastelt mit ihnen oder schautsich mit einzelnen Kindern einBilderbuch an. Sie unterstützt andiesen Vormittagen die Erziehe-rinnen in ihrer Arbeit, intensi-viert dabei aber auch den Kon-takt zu den Kindern.Die Kinder der Mondgruppe su-chen gerne die Nähe der ehema-ligen Lehrerin. Als regelmäßigerGast ist sie etwas Besonderes,mit der Zeit hat sich eine guteBeziehung zwischen ihr und denJungen und Mädchen ent-wickelt. Im Kontakt zu den klei-nen Menschen steht für RuthSteidelmüller immer die Spracheim Mittelpunkt, denn – so ihreErfahrung – in vielen Familienwird heute wenig miteinandergesprochen.Einrichtungsleiterin Christine Jo-liet ist über die Ergänzung desKindergartenalltags, die der re-gelmäßige Besuch von RuthSteidelmüller in der Mondgrup-pe bedeutet, sehr froh: „Es isteine Bereicherung für beideSeiten. Ruth Steidelmüller hathier eine ehrenamtliche Auf-gabe, die ihr viel Spaß machtund unsere Kinder bekommenauf diesem Wege Kontakt zueiner Generation, die im Kinder-garten aber inzwischen auch oftin den Familien fehlt.“

Ein Urgestein verlässt zum Jahresende den sciMarita Grundler geht „mit einem lachenden und einem weinenden Auge“

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Ein Familienunternehmen mit sozialem GewissenIm neuen „snack live“ schafft die Bäckerei Krüger 13 AusbildungsplätzeEs ist schon ungewöhnlich,dass Bürgermeister NorbertBallhaus persönlich zur Eröff-nung der Filiale einer Bäckereikommt. Aber das „snack live“am Neuen Wall in Moers istauch nicht irgendeine Filialeder Bäckerei Krüger: Hierwerden die Kundinnen undKunden ausschließlich vonAuszubildenden, natürlich un-ter fachkundiger Anleitung,bedient.Vor dem Hintergrund der schwie-rigen Lage auf dem Ausbildungs-markt hat sich GeschäftsführerCarsten Krüger entschlossen, mitder neuen Filiale 13 neue Aus-bildungsplätze zu schaffen. DaKrüger sich zum Ziel gesetzt hat,möglichst Jugendlichen, die aufdem regulären Ausbildungsmarktnur wenig Chancen haben, einenWeg zu einer qualifizierten Be-rufsausbildung zu eröffnen, hater den sci:moers um Rat gebeten.sci:fachbereichsleiter Frank Lie-bert sagte sofort seine Unterstüt-zung zu und hat für die Filiale amKöniglichen Hof das Konzept

einer Verbund-Ausbildung ent-wickelt: Im „snack live“ sowie ineinigen anderen Filialen derBäckerei Krüger werden die 13jungen Frauen praktisch aus-gebildet. Daneben besuchen siewie üblich die Berufsschule. Alsdrittes Element in der Ausbildung

kommt die Arbeit mit der Sozial-pädagogin Eva Zurek, die der scifür dieses Projekt neu eingestellthat, hinzu.Bei der Auswahl der Auszubil-denden hat sich die BäckereiKrüger gemeinsam mit demsci:moers dafür entschieden,

Jugendliche einzustellen, die invon Arbeitslosigkeit betroffenenHaushalten leben. Deshalb über-nimmt auch die ARGE die Kostenfür eine sozialpädagogischeFachkraft.Eva Zurek unterstützt die jungenFrauen in der Nachbereitung des

NotesNotes

Berufsschulstoffes und ist für dieAuszubildenden bei allgemeinenProblemen mit der Ausbildungoder im persönlichen Bereich di-rekte Ansprechpartnerin. Nebenden regelmäßigen Angeboten imsci:jugendsozialzentrum Barbara-schule ist Eva Zurek häufig vorOrt im „snack live“.Eine Besonderheit ist das „snacklive“ aber nicht nur, weil es eineAusbildungsfiliale ist. Das Ange-bot unterscheidet sich ebenfallsgrundlegend von dem, was manin einer Bäckerei vermutet: Brotsuchen die Kundinnen und Kun-den vergeblich. Dafür gibt es be-legte Brötchen, Pizzas, Baguettesund verschiedene andere Snack-Spezialitäten, natürlich frisch zu-bereitet. Kaffee, Tee und nichtalkoholische Getränke sind eben-falls im Angebot. Mit 14 Sitzplät-zen will das „snack live“ auch einTreff für die Moerser Nacht-schwärmer werden: In den Näch-ten von Freitag auf Samstag undvon Samstag auf Sonntag ist das„snack live“ jeweils bis 6 Uhrgeöffnet.

NotesNeue BroschüreEinen umfassenden Einblick in die Arbeit des integrativen sci:kin-dergartens gibt eine neue Broschüre. Auf 16 Seiten wird umfassendbeschrieben, wie die Kinder in der Einrichtung an der Kirschenallee78 im Moerser Stadtteil Meerbeck mit all ihren Unterschiedlich-keiten individuell gefördert werden. Zahlreiche Fotos aus demKindergartenalltag und verschiedene von den Kindern gemalteBilder runden die Informationsschrift ab. Soziale Erziehung, früh-kindliche Bildung und gesunde Ernährung sind die Säulen derPädagogik im sci:kindergarten. 80 kleine Menschen finden in zweiKindergartengruppen und zwei integrativen Tagesstättengruppenmit Kindern mit besonderem Förderbedarf einen guten Rahmen fürihre Entwicklung. Einrichtungsleiterin Christine Joliet und ihr Teamorientieren sich in der täglichen Arbeit mir den Kindern an denGrundsätzen der Waldorfpädagogik. Das Kinderbild, dass ihre Arbeitbestimmt, findet das Team bei Rabelais: „Kinder sind keine Gefäße,die gefüllt, sondern Feuer, die entzündet werden wollen.“ Elternoder andere Interessierte, die sich genauer über den sci:kindergar-ten informieren möchten, finden unter www.sci-moers.de dieMöglichkeit, sich die Broschüre oder auch die Konzeption derEinrichtung herunterzuladen.

Traum und RealitätMit einem Kompetenzcheck unterstützt der sci:moers Schülerinnenund Schüler der 9. Klassen von Haupt- und Gesamtschulen bei derEntwicklung einer realistischen Berufsperspektive. In sechs Modu-len werden die Jugendlichen auf die Praktikumsphase vorbereitet.Zunächst geht es im sci:jugendsozialzentrum um eine Bestands-

aufnahme: Welche Wunschvorstellungen haben die jungen Menschen? Welche Kenntnisse? WelcheErfahrungen bringen sie mit? In einem psychologischen Online-Test überprüfen die Jungen undMädchen in einem zweiten Schritt die Realisierungsmöglichkeiten ihrer Traumvorstellungen. ZumAbschluss der beiden Tage im sci:jugendsozialzentrum führen die Jugendlichen ein ausführlichesGespräch mit einem Sozialpädagogen. Hier werden den Schülerinnen und Schülern auch Berufenahegebracht, die vielleicht etwas unbekannter sind, aber gut zu ihren Fähigkeiten passen. Und wenn dieJugendlichen ihre Praktikumsbewerbung entsprechend ausrichten, haben sie gleich die Möglichkeit zuüberprüfen, ob ein vorgeschlagener Beruf tatsächlich zu ihnen passt.

Sprungbrett für junge Menschen„Sprungbrett“ heißt ein neues Angebot für Jugendliche unter 25 Jahren, die Arbeitslosengeld II beziehen.Das Modellprojekt der Wohlfahrtverbände im Kreis Wesel soll den individuellen Qualifizierungsbedarf derTeilnehmenden feststellen und decken, den Übergang in andere Projekte, Maßnahmen oder Arbeits-gelegenheiten ermöglichen und sie dauerhaft in den Ausbildungs- bzw. Arbeitsmarkt integrieren. Ins-besondere junge Menschen mit verschiedenen Vermittlungshemmnissen gehören zur Zielgruppe. JederTeilnehmerin und jedem Teilnehmer steht in der maximal dreijährigen Projektphase ein Integrations-begleiter als fester Ansprechpartner zur Verfügung. Die fachliche Koordination liegt linksrheinisch bei dersci:moers gGmbH und rechtsrheinisch bei der AWO Kreisverband Wesel e.V.

Parkhaus für FahrräderIn Kürze wird die neue Radstation im Bahnhof Moers in Betrieb gehen. Das Parkhaus für Fahrräder bietet 194videoüberwachte Einstellplätze. Das Konzept für dieses neue Angebot hat der sci:moers gemeinsam mit derEntwicklungsagentur des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs erstellt. Die neue Radstation wird 24 Stundenam Tag zugänglich sein. Nachts oder am Wochenende, wenn kein sci:mitarbeiter vor Ort ist, wird der Zugangelektronisch gesteuert. Die Parkgebühren für einen Drahtesel sollen pro Tag 70 Cent betragen. Für Pendleroder andere Dauerparker sind günstige Monats- oder Jahrestickets zum Preis von sieben bzw. 70€ geplant.

Wassermühle wird BackstubeDer sci:moers hat von der Stadt Moers die historische Wassermühle an der Kreuzung Venloer/KrefelderStraße erworben. Die Mühle aus der Zeit um 1590 soll im Rahmen eines „Bauhütten-Projektes“ zur Graf-schafter Backstube umgebaut werden. Damit will der sci:moers erstmalig ein museumspädagogischesProjekt insbesondere für Kindergartengruppen und Grundschulklassen verwirklichen. Anschaulich sollder Produktionsprozess alter Müller- und Bäckertradition wieder erfahrbar gemacht werden. Aus Korngemahlenes Mehl wird zu schmackhaftem Brot und zu Backwaren für die Kinder werden. Darüber hinauswird das Mühlwerk für Interessierte zur Besichtigung zugänglich gemacht. Bis die historische Wasser-mühle wieder ein attraktives Ziel im Moerser Freizeitpark ist, muss unter Beteiligung von arbeitsmarkt-politischen Projekten jedoch noch tatkräftig saniert werden.