Seelenfriede & Nervenkitzel in der Steppe
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Transcript of Seelenfriede & Nervenkitzel in der Steppe
Reitersafari in Botswana
Seelenfriede & Nervenkitzel
in der SteppeText & Bilder: KERSTIN NEUBER
14 REPORTAGEN & PORTRAITS
www.die-reiterin.net
„Seid ganz still.
Sie hören uns auch fl üstern“, mahnt West.
Der 32-jährige Botswaner lässt die Elefanten
nicht aus den Augen. An die 50 besprühen
sich in einem ausgetrockneten Flussbett
mit Sand. Innehalten, Ohrenschlagen und
Aufstampfen wären Zeichen, dass sie zum
Angriff ansetzen. Noch haben sie uns nicht
bemerkt. Der Boden ist zu sandig, als dass sie
Huftritte spüren, der Wind bläst in die andere
Richtung und Elefanten sehen nicht gut.
Dafür riechen und hören sie umso besser.
Mein Herz pocht, aber Albany, mein Pferd,
bleibt gelassen. Die Situation scheint dem
12-jährigen Wallach vertraut. Derart vertraut,
dass er das Herumstehen nutzt, um seine
Blase zu entleeren. Plätschern durchbricht
die Stille. Mein Herz schlägt schneller. Doch
die Dickhäuter zeigen sich ungerührt. „Es
hätte ja auch ein Zebra sein können“, erklärt
West später.
West leitet uns sieben Tage 260 Kilometer
durch Botswana. Er scheint jeden Busch in
dem 250 Quadratkilometer großen Mashatu-
Wildreservat zu kennen. Seit acht Jahren führt
er für Limpopo Valley Horse Safaris Touristen
durch die Savannen und Uferwälder, an
600 Elefanten und 250 Giraffen vorbei. Er
hat viel zu erzählen: wie man Leoparden-
von Gepardenspuren unterscheidet, dass
der Mopane-Baum den Geschmack seiner
Blätter sauer werden lässt, wenn Tiere daran
knabbern, und von Reiterinnen im Bikini.
Aber das ist alles nichts im Vergleich zu zwei
Löwen, die sich ihm in den Weg stellten und
die er mit seiner Lederpeitsche in die Flucht
schlug: „Mein Pferd Little Foot wusste genau,
dass Weglaufen unseren Tod bedeutet hätte.“
Löwen laufen bis zu 65 Stundenkilometer.
Little Foot hätte keine Chance gehabt. Für
solche Fälle trägt West ein Gewehr bei sich.
Auf die Frage, wie oft er es schon benutzt
hat, antwortet er grinsend: „Nur einmal
bisher. Aber der Gast hat wirklich genervt.“
Es wird bis zu 40 Grad warm im Mai, Herbst
im südlichen Afrika. „Im Frühling ist hier alles
grün und von gelben Blumen übersät“, erklärt
Mpho, der zweite Tourleiter. Hin und wieder
erleichtert eine Brise die rund 40 Kilometer
langen Tagesritte. Albanys Ausdauer ist
erstaunlich. Minutenlang galoppiert der
dunkelbraune Boerped raumgreifend und
eifrig, lässt sich aber stets zurücknehmen.
Seine Wendigkeit lässt Slalom um Büsche
Sublime
www.petrie.eu
01|2013
REITERSAFARI BOTSWANA 17
zum Spaß werden. „Uns ist es wichtig,
dass die Pferde rittig bleiben“, sagt Mpho.
Deswegen stehen für Albany nach der Safari
je eine Woche Urlaub und Training auf
dem Programm.
Liebevoll umsorgt
Die Anlage gehört Cor und Louise Carelsen,
einem Südafrikaner und einer Engländerin.
37 Wallache stehen in einem luftigen Stall.
Ventilatoren halten Fliegen fern. Unterwegs
putzen Pfl eger sie zwei- und füttern dreimal
täglich, sprühen Fliegenspray, messen ihre
Temperatur und reinigen Zaum- und Sattel-
zeug. Den sieben Gästen geht es genauso
gut: West stellt uns gegen sechs Kaffee
vors Zelt. Wir übernachten in geräumigen
Zweimannzelten mit rückenfreundlichen
Betten, batteriebetriebenen Laternen und
Logo-Bettwäsche: 5-Sterne-Niveau in der
Steppe. Das Open-Air-Bad unter einem Baum
am Zelt bietet fl ießendes Wasser, Duschgel,
Bodylotion. Das Plumpsklo hält weiße
Asche geruchlos. Für Warmwasser läutet
man eine Kuhglocke. Das Camp ist nicht
eingezäunt. Auf Pfi ff würde West Löwen
oder Elefanten verscheuchen. Ich frage
mich, wie tief er schläft. Die Pferde schützt
ein Elektrozaun. Jeder Mitarbeiter hält eine
Stunde Nachtwache.
Im Auge des Löwen
Auf Löwenexpedition donnert West im
Jeep durch die Steppe. Ich frage mich, ob
er die Abhänge genauso meistert wie mein
trittsicherer Albany. Und dann sehen wir sie.
Ein Löwe mit seinen zwei Damen. Wir platzen
mitten in ihre Paarung. West parkt zwei
Meter daneben. „Jeep-Safaris gibt es hier
seit 50 Jahren“, erklärt Mpho. „Die Tiere sind
Autos gewöhnt.“ Plötzlich kommt der Löwe
direkt auf mich zu. Einen Meter neben dem
offenen Auto fi xiert er mich. Das wäre das
Foto meines Lebens, aber ein Sprung, und die
Wildkatze säße auf meinem Schoß. Meinen
Herzschlag spüre ich irgendwo im Rachen.
Hallo? West? Willst Du nicht schleunigst
Gas geben? Doch er mahnt uns nur, nicht
aufzustehen. Der Löwe wendet sich ab.
Erleichtertes Aufatmen. West erklärt: „Das
Benzin überdeckt unseren Geruch. Solange
keiner aufsteht, erkennt der Löwe gar nicht,
dass Menschen im Auto sind.“ Aha! Ich habe
höchsten Respekt vor Little Foot: Meine Knie
schlottern noch im Camp. Erst bei einem Glas
Wein fährt mein Adrenalinspiegel herunter.
Gaumenfreuden
Martha zaubert in der Wildnis Gerichte, die
ich in einer Küche nicht zustande bringen
würde: Karottensuppe mit Blauschimmelkäse,
Ingwer-Hähnchen, Lamm-Curry, Zitronen-
tarte, Minze-Karamell-Kuchen. Dazu Wein,
Mein großer TAG.
REITERSAFARI BOTSWANA 19
Bier, Gin Tonic, Stoffservietten und Laternen. Mit vollem Magen
freue ich mich aufs Bett – und die Nachtmusik aus Grillenzirpen,
dem Schnauben der Pferde und dem Gebrüll der Schakale, Hyänen
und Löwen. Manchmal lässt es die nächtlichen Kämpfe der Steppe
erahnen. Den Beweis dafür fi nden wir am Morgen: In einem Tümpel
liegt ein totes Antilopenjunges. West zeigt auf etwas im Wasser,
das die Augen eines untergetauchten Krokodils sein sollen. Ich
kann nichts erkennen und bin mir nicht sicher, ob ich es überhaupt
sehen möchte. Albany dagegen stapft zügig zum Ufer. Mit
Rekordgeschwindigkeit nehme ich die Zügel auf, Bilder von Albanys
Kopf in einem Krokodilmaul im Geist.
Tiefenentspannung
In einer Pause binde ich Albany an seinem geliebten Mopane-Baum
an. „Nicht den Gurt lösen“, sagt West, „falls Elefanten kommen.“
Solche Vorsicht ist natürlich in einem europäischen Reiterhirn nicht
verankert. Auf dem Heimweg lasse ich Albany am langen Zügel vor sich
hin schreiten. Die unendliche Weite, der Wind, das Vogelgezwitscher
und das gleichmäßige Tempo laden zur Tiefenentspannung ein. Die
Kampfgeräusche der Nacht sind vergessen. Giraffen galoppieren in
ihrem typischen Zeitlupenmodus vor uns her und bleiben erstaunt
stehen, als sie uns entdecken. Impala-Antilopen vergnügen sich
mit Pavianen unter einem Baum. Einige Primaten-Mamis stillen ihre
Babys. Perlhühner laufen fl ink in alle Richtungen: Aus der Ferne wirkt
es, als würden sie auf Schienen fahren. Strauße sehen aus, als eilten
sie im Smoking zur nächsten Cocktailparty. Alles scheint die Steppe
friedlich miteinander und mit uns zu teilen. Oft komme ich mir vor
wie im Kleinstadtverkehr, wenn eine Impala-Herde vor uns den Weg
kreuzt, als hätte sie gerade grün. Diese Harmonie der Natur lässt
mich eine Ausgeglichenheit und Seelenruhe spüren, die ich zu Hause
nicht mal nach zwei Tagen Intensiv-Wellness erfahre. Ich würde viel
dafür geben, diese Stimmung in eine Flasche füllen und mitnehmen
zu können.
Kealeboga Pitse Yame
„Mach’s gut, Albany, und genieß deinen Urlaub.“ Der Abschied
fällt schwer. „Kannst du noch ein Foto von uns machen?“, frage ich
mehrmals in die Menge, um wenigstens etwas von ihm mitnehmen
zu können. Was für ein unvergessliches Erlebnis dieser Ritt war.
Danke dir, mein Pferd. Oder: „Kealeboga Pitse Yame“, wie West
sagen würde. p
reiten-in-mv.de
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