Seewasser Bauwerke

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SSS Korrosionsschutztechnik Korrosion und Korrosionsschutz von Seewasserbauwerken SSS Korrosionsschutztechnik GmbH & Co. KG Münchener Str. 69 D-45145 Essen Telefon Telefax Internet E-mail +49-201-17 55-702 +49-201-17 55-602 http://www.sss-kt.de [email protected] + -

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Seewasserbauwerke

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SSS Korrosionsschutztechnik

Korrosion und Korrosionsschutzvon Seewasserbauwerken

SSS KorrosionsschutztechnikGmbH & Co. KGMünchener Str. 69D-45145 Essen

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Vorwort

1 Begriffsbestimmungen:Korrosion, Korrosionserscheinungen,Korrosionsschäden undKorrosionsschutz

2 Grundlagen der Korrosion bei Stahl imWasser und ihre Einflußgrößen

2.1 Korrosionschemische Teilreaktionen2.2 Einflußgrößen

und chemische Folgereaktionen2.3 Wechselwirkungen zwischen anodischen

und kathodischen Teilreaktionen2.4 Korrosion mit gleichförmigen Abtrag2.5 Elementbildung2.5.1 Anodischer Bereich und örtlicher

Korrosionsangriff2.5.2 Kathodischer Bereich und

Deckschichtbildung2.5.3 Zusammenwirkung von Anode und Kathode2.5.4 Flächenregel

3 Wirkungsweise kathodischerKorrosionsschutzanlgen

3.1 Erzeugung der Schutzwirkung

4 Potentiale und Potentialmessung4.1 Beurteilung4.2 Potentiale4.3 Bezugselektroden4.4 Gesättigte Kupfer/Kupfersulfat-Elektrode4.5 Gesättigte Silber/Silberchlorid-Elektrode4.6 Zinkelektrode4.7 Meßprotokoll

5 Korrosionsschutzsysteme5.1 Schutzstromerzeugung durch kathodische

Schutzanlagen5.2 Fremdstrom5.3 Galvanische Anoden (Opferanoden)5.4 Technische Vor- und Nachteile

beider Systeme5.5 Anlagen mit galvanischen Anoden5,6 Anlagen mit Fremdstrom5.7 Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen zwischen

Anlagen mit Fremdstrom und galvanischenAnoden

6 Beschichtungen und derenBeeinflussungen durch kathodischeSchutzverfahren

6.1 Allgemeines6.2 Organische Beschichtungen auf

Stahlwasserbauteilen6.3 Kathodischer Korrosionsschutz

beschichteter Stahlwasserbauteilen

7 Erforderliche Schutzstromdichten7.1 Allgemeine7.2 Richtwerte für Stromdichten7.3 Zoneneinteilung

8 Allgemeine Planungsgrundsätze

9 Erforderliche Voruntersuchungenund Messungen

9.1 Untersuchung der korrosiven Einflüsseaus dem Wasser

9.2 Durchführungen der Messungen9.3 Potentialmessung am Bauwerk9.3.1 Allgemeines9.3.2 Durchführung der Potentialmessung9.4 Versuchseinspeisung mit Fremdstrom9.4.1 Allgemeines9.4.2 Durchführung eines Einspeiseversuchs mit

Fremdstrom9.5 Versuchseinspeisung mit galvanischen

Anoden9.5.1 Allgemeines9.5.2 Durchführung eines Einspeiseversuchs mit

galvanischen Anoden

10 Technische und wirtschaftliche Aspekteaus Planung, Bauausführung undBetriebsüberwachung

10.1 Einführung10.2 Planung von kathodischen Korrosionsschutz-

anlagen10.2.1 Sicherstellung der Kathodenleitfähigkeit aller

zu schützenden Stahlflächen10.2.2 Verhinderung von Elementbildung an

Übergängen Stahl-Stahl/Beton10.2.3 Halterungen für Anoden und Elektroden10.2.4 Kabelwege10.2.5 Standorte für Schutzstromgeräte,

Verteilerkästen und Überwachungseinheiten10.2.6 Detailplanung10.3 Anlagenteile Korrosionsschutzsystem10.3.1 Schutzstrom-Speisegeräte10.3.2 Anoden und Anodenhalterungen10.3.3 Referenzelektroden10.3.4 Verkabelung, Klemm- und Vereteilerkästen10.3.5 Regel- und Überwachungseinheit10.3.5.1 Fernüberwachung der Schutzanlagen10.3.5.2 Fernüberwachung und Fernregelung der

Schutzanlagen10.3.5.3 Rechnergestützte Fernüberwachung und

Fernregelung der Schutzanlagen10.4 Betrieb und Überwachung

Inhalt

Page 3: Seewasser Bauwerke

Die vorliegende Druckschrift behandelt das FachgebietKorrosion und Korrosionsschutz von Seewasserbau-werken. Sie ergänzt eine Reihe Technischer Regeln undbeschreibt Ursachen von Korrosionsvorgängen und mög-liche Schutzmaßnahmen aufgrund langjähriger Erfahrun-gen aus der Praxis unserer Kunden sowie von Untersu-chungen. Damit werden den mit Planung und Betriebvon Seewasserbauwerken betrauten Fachleuten Hinwei-se und Erläuterungen gegeben, um Einflußgrößen undUrsachen für Korrosionsgefährdungen zu beurteilen undgeeignete Schutzmaßnahmen rechtzeitig vorsehen zukönnen.

Wegen der Vielfältigkeit und Komplexität möglicher Korro-sionsvorgänge sowie der auch vom Planer und Betreibernicht immer vollständig überschaubaren Beanspru-chungs- und Betriebszustände von Seewasserbau-werken können naturgemäß kein Anspruch auf Vollstän-digkeit erhoben sowie keine Gewähr für Sicherheit ge-gen Korrosionsschäden übernommen werden. Planung,Einrichtung und Betrieb von aktiven Korrosionsschutz-anlagen sind Aufgabe einschlägiger Fachunternehmenund nicht Gegenstand dieser Schrift.

Die Abhandlung verfolgt das Ziel, den angesprochenenProblemkreis zusammenhängend und auf allgemeinenGrundlagen der Korrosionschemie aufbauend geschlos-sen darzustellen und so zu einem breiteren Verständnisbeizutragen. Dadurch soll der Einsatz geeigneter Korro-sionsschutzmaßnahmen, z. B. der hochwertige passive

Schutz durch Beschichtung und die Anwendung moder-ner aktiver elektrochemischer Schutzverfahren, geför-dert werden, damit Stahlkonstruktionen von Seewasser-bauwerken optimal genutzt und sicher betrieben wer-den können.

Die Schrift ist sehr detailliert gegliedert, um dem Leserhandbuchartig das Auffinden bestimmter Sachproblemezu erleichtern.

Die Begriffsbestimmungen und die elektrochemischenGrundlagen der Korrosion werden bewußt ausführlichdargestellt, da ein Verständnis für die in der Praxis auf-tretenden Gefährdungen und für geeignete Schutz-maßnahmen diese Kenntnisse voraussetzt.

Vorwort

Page 4: Seewasser Bauwerke

1 Begriffsbestimmungen:Korrosion, Korrosionserscheinungen,Korrosionsschäden und Korrosionsschutz

Für Seewasserbauwerke, wie Pfähle, Spundwände usw.werden Konstruktionen aus Stahl eingesetzt.

Überwiegend handelt es sich hierbei um Konstruktionenaus unlegierten oder niedriglegierten Stählen. DieseWerkstoffe unterscheiden sich in ihren chemischen Ei-genschaften praktisch nicht. Die für Sonderfälle vorge-sehenen hochlegierten, sogenannten nichtrostendenStähle, zeigen jedoch ein völlig andersartiges chemi-sches Verhalten, das je nach Legierungstyp in weitenGrenzen schwanken kann.

In dieser Darstellung zum Korrosionsverhalten wird vor-nehmlich die Gruppe der unlegierten und niedriglegiertenStahlgüten behandelt. Geringfügige Unterschiede in derchemischen Zusammensetzung der Stähle können ver-nachlässigt werden. Daher wird im folgenden diese Grup-pe veeinfachend mit „Stahl“ bezeichnet.

Unter „Korrosion“ versteht man Reaktionen des Werk-stoffs mit chemischen Bestandteilen in seiner Umge-bung. Dadurch verursachte Veränderungen sindKorrosionserscheinungen. Bei Stahl in Wässern undin feuchtem Erdboden ist dies stets die Umwandlungvon Eisen in meist feste Korrosionsprodukte, bekanntals Rost. Ob dadurch auch ein Schaden entsteht, istausschließlich eine Frage des Ausmaßes der Korrosionund der Anforderung an das Bauteil. Wenn das Bauteilseine Funktion nicht mehr erfüllt oder wenn es seineFunktion während seiner vorgesehenen Betriebsdauerverlieren kann, liegt ein Schaden vor. Das ist bei Pfäh-len und Spundwänden dann der Fall, wenn die Wandungperforiert wird und somit den betrieblichen Anforderun-gen nicht mehr genügt. Im allgemeinen ist davon aus-zugehen, daß der Tatbestand eines Korrosions-schadens vorliegt, wenn die Mindestwanddicke unzu-lässig unterschritten ist.

Diese in DIN 50900 dargelegte Unterscheidung zwischenden verschiedenen Begriffen zur Korrosion berücksich-tigt den Tatbestand, daß alle Gebrauchsmetalle im all-gemeinen mehr oder weniger schnell korrodieren, ohnedaß hiermit zwangsläufig auch Schäden auftreten.

DIN 50900-2, Ausgabe 2002-06Korrosion der Metalle -Begriffe-Teil 2: Elektrochemische Begriffe

Wesentlich für die Beurteilung der Korrosionsbe-ständigkeit ist immer die Definition der an das Produktzu stellenden Anforderung und somit die tolerierbaremaximale Korrosionsgeschwindigkeit. Für Stahl-konstruktionen im Seewasserbereich kann diese mit we-nigen 0,01 mm/Jahr angesetzt werden. Sollten jedochKorrosionsgeschwindigkeiten bei wenigen 0,1 mm/Jahrvorliegen, können diese je nach Wanddicke der Pfähleoder Spundwandprofilen zu Spätschäden führen oderbleiben ohne Folgen, wenn z. B. die Korrosionsraten imLaufe der Zeit durch Deckschichtbildung abnehmen. Die-se abtragende Korrosion wird im allgemeinen bei derAuslegung der Stahlkonstruktion durch einen Wand-dickenzuschlag, berücksichtigt. Gefährlich sind solcheKorrosionsbedingungen, bei denen Korrosions-geschwindigkeiten von einigen mm/Jahr auftreten, weildiese in den meisten Fällen in wenigen Jahren zumWanddurchbruch führen.

Unter Korrosionsschutz versteht man Verfahren, diebei richtiger Anwendung eine Verminderung derKorrosionsgeschwindigkeit bewirken, so daß der tole-rierte Höchstwert mit Sicherheit nicht überschritten wird.Es ist weder technisch erforderlich, noch ist es in derPraxis im allgemeinen möglich, die Korrosionsge-schwindigkeit auf den theoretischen Wert Null zu brin-gen. Man kann nämlich nachweisen, daß der Wert Nullmit in der Praxis anwendbaren Maßnahmen nicht er-reichbar ist; wohl ist es dagegen möglich, die Korrosions-geschwindigkeit auf technisch vernachlässigbar kleineWerte unter 0,01 mm/Jahr zu bringen.

Die verschiedenen Maßnahmen des Korrosionsschutzesfür Seewasserbauwerke können in sehr unterschiedli-cher Weise wirken. Ihre Anwendung richtet sich in ers-ter Linie nach den vorliegenden Einflußgrößen der Kor-rosion, die unter Umständen nicht immer richtig erkanntund im allgemeinen nur schwer bewertet werden kön-nen. In Grenzfällen kann sogar eine Schutzmaßnahmebei unpassender Anwendung die Korrosion beschleuni-gen. Aus diesem Grunde gehört der Korrosionsschutzim allgemeinen in die Hand eines erfahrenen Fachman-nes.

Page 5: Seewasser Bauwerke

2.1 Korrosionschemische Teilreaktionen

Stahl besteht überwiegend aus Eisenatomen des chemi-schen Symbols Fe. Stahl ist wie alle Metalle durch eineaußerordentlich hohe elektrische Leitfähigkeit der Grö-ßenordnung 105 Ω-1 cm-1 gekennzeichnet. Dafür ist einehohe Konzentration freier Elektronen im Metallgefügeverantwortlich. Wenn nun diese Elektronen als selbstän-dige Teilchen vorliegen, ist es für eine wirklichkeitsnaheBeschreibung zutreffender, für Stahl nicht das SymbolFe zu verwenden, sondern an dessen Stelle:

Fe <---> (Fe2+ + 2 e-) (1)

Diese in der Chemie für mesomere Zustände üblicheSchreibweise besagt, daß Stahl sich so verhält, als lägeein Zustand vor, der zwischen zwei Grenzwerten liegt,die durch die beiden Seiten der Formel (1) gekennzeich-net sind, d.h. Stahl kann in den beiden ,,Modifikationen“(Fe) oder (Fe2+ + 2 e-) reagieren. Dieser Tatbestand istdie Ursache dafür, daß die Korrosion der Metalle inElektrolytlösungen elektrochemischer Natur ist. BeideBestandteile des Metalls können unabhängig voneinandermit der Umgebung reagieren:

(Fe2+)Stahl

---> (Fe2+)Elektolytlösung

(2a)

(e-)Stahl

---> (e-)Elektolytlösung

(2b)

Die Elektronen (e-) sind in Wasser nicht löslich. Sie kön-nen aber unmittelbar mit oxidierenden Bestandteilen derElektrolytlösung chemisch reagieren:

4e- + O2 + 2 H

2O ---> 4OH- (3)

2e- + 2 H2O ---> 2 OH- + H

2(4)

Die Gln. (2) bis (4) lassen sich wie folgt erörtern:Bei Gl. (2a) findet ein Übergang positiv geladener elek-trischer Teilchen vom Werkstoff in das umgebene Medi-um statt - verbunden mit einem Verlust an Substanzdes Werkstoffs. Dieser Vorgang ist eine anodische elek-trochemische Reaktion, die unmittelbar einen korrosi-ven Metallabtrag bewirkt. Diese Art der Korrosion heißtelektrolytische Korrosion oder besser anodische Korro-sion. Ihre Geschwindigkeit w entspricht nach demFaradayschen Gesetz einem elektrischen Strom /

A oder

besser der auf die Werkstofffläche bezogenen Dichtedieses Stromes J

A:

wmm/Jahr

= 11.6 mA cm-2J

A = 1.16 A m-2

Bei Gl. (2b) findet ein Übergang negafiv geladener Elek-tronen vom Werkstoff in das umgebene Medium statt.Damit ist kein Verlust an Substanz des Werkstoffs ver-bunden. Dieser Vorgang ist eine kathodische elektro-chemische Reaktion, die nur möglich ist, wenn eine che-mische Folgereaktion nach Gln. (3) u. (4) auftreten kann.Wie aus Gl. (3) ersichtlich, kann diese Reaktion nurablaufen, wenn imMedium Sauerstoff (O

2) an die Stahl-

oberfläche gelangt. Die damit mögliche Korrosion heißtdementsprechend Sauerstoffkorrosion. Bei Abwesen-heit von Sauerstoff kann durch Aktivität sulfat-reduzierender Bakterien folgende Reaktion ablaufen:

8 e- + SO4

2- + 4 H2O ---> 8 OH- + S2- (6)

Kennzeichnend für diese Reaktion ist das Auftreten vonSulfiden, z.B. Eisensulfid FeS, die bei Zugabe von Salz-säure durch den charakteristischen Geruch des Schwe-felwasserstoffs erkennbar sind. Im Vergleich zurSauerstoffreduktion nach Gl. (3) haben alle diese Er-satzreaktionen aber eine geringere Bedeutung.

Die Gl. (4) kann bei der normalen Korrosion völlig ver-nachlässigt werden. Die Geschwindigkeit dieser Reak-tion ist so klein, daß darauf zurückzuführende Korrosions-geschwindigkeiten sicher unter 0,01 mm/Jahr bleiben.Diese Reaktion kann aber elektrisch erzwungen ablau-fen und hat dann eine besondere Bedeutung, auf die inAbschn. 2.5.2 eingegangen wird.

2 Grundlagen der Korrosion bei Stahlim Wasser und Ihre Einflußgrößen

Page 6: Seewasser Bauwerke

2.2 Einflußgrößen undchemische Folgereaktionen

Alle elektrochemischen Reaktionen Gl. (2a, b) sind ineiner charakteristischen Weise von chemischen undelektrischen Einflußgrößen abhängig.• Elektrolytische Korrosion: anodische Reaktion

nach Gl. (2a).Verstärkend sind: hohe Löslichkeit der Elektrolytlösungfür Fe2+ -lonen (niedriger pH-Wert, hoher Gehalt an ge-lösten Salzen, z.B. Chloride und Sulfate); blanke Ober-fläche des Stahls (frei von Ablagerungen oder Reaktions-produkten und Beschichtungen); Verschiebung der elek-trischen Spannung zwischen Stahl und Medium zu po-sitiveren Werten.Vermindernd sind: unmittelbares Ausfällen von Fe(II)-Verbindungen als festes Korrosionsprodukt auf der Stahl-oberfläche (hoher pH-Wert, niedriger Gehalt an gelös-ten Salzen); bedeckte Stahloberfläche (Ablagerungenvon Reaktionsprodukten oder Beschichtungen); Ver-schiebung der elektrischen Spannung zwischen Stahlund Medium zu negativeren Werten.• Sauerstoffreduktion: kathodische Reaktion nach Gl.

(2b).Verstärkend sind: hoher Gehalt an Sauerstoff und guteZutrittsmöglichkeit zur Stahloberfläche (belüftetes Me-dium); unbedeckte Stahloberfläche oder Beschichtung,die einen relativ geringen elektrischen Widerstand hat;Verschiebung der elektrischen Spannung zwischen Stahlund Medium zu negativeren Werten.Vermindernd sind: niedriger Gehalt an Sauerstoff underschwerte Zutrittsmöglichkeit zur Stahloberfläche(unbelüftetes Medium); Beschichtung, die einen relativhohen elektrischen Widerstand hat, auf der Stahl-oberfläche; Verschiebung der elektrischen Spannungzwischen Stahl und Medium zu positiveren Werten.

Diese Einflußgrößen lassen sich in den folgenden Punk-ten vereinfachend zusammenfassen:

Die elektrische Spannung zwischen Stahl und Medium,sie wird auch als Potential bezeichnet, bestimmt in ge-genläufigem Sinne die elektrochemischen Reaktionen.Verschiebung zu positiveren Potentialwerten begünstigtdie anodische Korrosion, Verschiebung zu negativerenPotentialwerten begünstigt die kathodische Reaktion.

Durch Reaktionsprodukte und Beschichtungen auf derStahloberfläche wird die kathodische Reaktion wesent-lich weniger behindert als die anodische Reaktion. NachGln. (3), (4) u. (6), erzeugen die kathodischen Reaktio-nen OH-, d.h. sie erhöhen den pH -Wert auf der Stahl-oberfläche. Dies wird auch als Wandalkalität bezeich-net. Durch die Wandalkalität wird die Bildung festerReaktionsprodukte auf der Stahloberfläche begünstigtund somit die anodische Reaktion behindert.

2.3 Wechselwirkungen zwischenanodischen und kathodischenTeilreaktionen

Im Prinzip können zwar die elektrochemischen Reakti-onen nach Gln. (2a, b) voneinander völlig unabhängigerörtert werden. Es dürfen jedoch zwischen ihnen diefolgenden Wechselwirkungen nicht außer Betracht blei-ben:• gegenseitige Beeinflussung durch chemische Folge-

reaktionen (z. B. Behinderung der anodischen Reaktion durch Produkte der kathodischen Reaktionen);

• Erhaltungssatz der elektrischen Ladung oder Strom-bilanz.

Vor allem die Strombilanz hat für den elektrochemischenCharakter der Korrosion und deren Einflußgrößen undFolgen eine wesentliche Bedeutung. Es ist für ein grund-legendes Verständnis zweckmäßig, zunächst eine völ-lig homogene Stahloberfläche im Medium zu betrach-ten. Eine solche ist dadurch gekennzeichnet, daß an ihrdie elektrochemischen Reaktionen mit einer vom Ortder Stahloberfläche unabhängigen und gleich großen Ge-schwindigkeit ablaufen. Die Geschwindigkeiten werdendurch äquivalente Ströme entsprechend Gl. (5), be-schrieben: anodischer Teilstrom I

A und kathodischer

Teilstrom IK. Beide Teilströme sind mit entgegengesetz-

ter Tendenz vom Potential abhängig. Unter diesem Po-tential versteht man die elektrische Spannung zwischender Stahlkonstruktion und einer Bezugselektrode imSeewasser in unmittelbarer Nähe der Stahlkonstruktion.In der Praxis dienen hierzu im allgemeinen Kupfer/Kupfer-sulfat-Elektroden (Bild 1).

Kunststoffgehäuse

Dichtungsplatte mitFüllöffnung

Kupfer

Ton-Diaphragma

Deckel

Kabel

gesättigte Kupfersulfat-lösung mit festenKristallen ausCuSO4

. 5 H2O

Bild 1 Kupfer/Kupfersulfat-ElektrodeBezugselektrode für die Messung von Potentialen(Meßwerte der Cu/CuSO4-Skala können durch Addition von 0,32 V auf dieStandard-Wasserstoff-Skala umgerechnet werden)

Page 7: Seewasser Bauwerke

Die Potentialabhängigkeit der Teilreaktionen ist in Bild 2schematisch wiedergegeben. Die Überlagerung derbeiden Teilstrom-Potential-Kurven I

A (U) und I

K (U) führt

zu einer Summenstrom-Potential-Kurve I (U):

IA (U) - IK (U) = I(U) (7)

Bild 2 Teilstrom- und Summenstrom-Potential-Kurven für einehomogene Elektrode Stahl/Elektrolyt (schematisch)

anodische Teilkstrom-Potential-Kurvekathodische Teilkstrom-Potential-Kurve

IA anodischer Teilstrom; IK kathodischer TeilstromSummenstrom-Potential-Kurve

Ia anodischer Summenstrom; Ik kathodischer SummenstromUR Ruhepotential

anodische Gefährdung

kathodischer Schutz

Potential

Neg

ativ

e c

urre

nt Ik I

K

IA

Ia

UR

Pos

itive

r S

trom

Diese Summenstrom-Potential-Kurve ist auch die elektri-sche Kennlinie der homogenen Elektrode Stahl/Elektro-lyt, d.h. sie kann direkt durch eine elektrische Messungerhalten werden. Dazu dient eine Meßanordnung nachBild 3. In diesem Falle ist die Bezugselektrode mit einerKapillarsonde versehen, die erforderlich ist, um das Po-tential im Elektrolyten unmittelbar vor der Stahloberflächeabzugreifen. Wenn diese Sonde fehlt, enthält derMeßwert einen Fehler, der dem Ohmschen Spannungs-abfall im Elektrolyten entspricht und dem Summenstromproportional ist.

Bild 3 Meßeinrichtung zur Bestimmung von Summenstrom-Po-tential-Kurven mit Stromquelle und Strom (A)- und Spannung (V)-Meßgerät(Auch geeignet für die Bestimmung von Korrosionsgeschwindigkeit-Po-tential-Kurven - in diesem Falle ist die Stromquelle ein potentialregelnderGleichrichter)

2.4 Korrosion mit gleichförmigem Abtrag

Bei einer von außen elektrisch nicht beeinflußten Stahl-oberfläche ist der Summenstrom = Null. Das ist der Zu-stand der freien Korrosion. Das zugehörige Potential istdas Ruhepotential. Aus Gl. (7) folgt für diesen Fall:

IA (UR) = IK (UR) (8)

Die Korrosionsgeschwindigkeit ist unmittelbar äquiva-lent der Geschwindigkeit der kathodischen Reaktion bzw.der Sauerstoffreduktion.

Endliche Summenströme können je nach Vorzeichen dieKorrosionsgeschwindigkeit erhöhen oder erniedrigen.Negative Summenströme liegen bei kathodischer Pola-risation vor. Der dadurch mögliche Korrosionsschutzheißt kathodischer Schutz. Positive Summenströme füh-ren zu einer anodischen Korrosionsgefährdung und kön-nen verschiedene äußere Ursachen haben. Die dabeimögliche und unter Umständen sogar sehr großeKorrosionsgeschwindigkeit ist dann nahezu unabhängigvon der Beschaffenheit des umgebenden Mediums.V

A Stromquelle

Kapilarsonde

Bezugselektrode

Elektrolytlösung

Page 8: Seewasser Bauwerke

Bild 4 Korrosionselement mit Anode und Kathode bei einerheterogenen Stahloberfläche im Elektrolyten

Stromkreis des Elementes (Pfeile geben nur den Wanderungs-sinn des betrachteten Teilchens wieder)Deckschict auf der Kathode (begünstigt durch die WandalkalitätNaOH); die Anode bleibt durch Hydrolsäure HCl deckschicht-frei innerhalb der Rostpustel)

Fe2+ + 2 Cl- + H2OFe (OH) Cl + HCl

2e- Fe2+

Kathode Kathode

Rostpustel

2 Na

+

2 Cl -

Migrationsder Ionen

O2 - Diffusion

Fe (OH)+O2 FeOOH

Anode

½O2+

H2O+

2e-

Na+

OH-2

Elektrolyt

FeStahl

2.5 Elementbildung

Bei einer homogenen Elektrode ist Gl. (8) für jedenPunkt der Oberfläche gültig, d. h. diese Beziehung giltauch für die Stromdichten:

JA (UR) = JK (UR) (9)

Da bei der Korrosion im Elektrolyten im allgemeinen festeKorrosionsprodukte anfallen, die die elektrochemischenReaktionen unterschiedlich beeinflussen, wird eine ho-mogene Elektrode im Laufe der Korrosion zu einer hete-rogenen Elektrode mit unterschiedlichen Flächen-bereichen, an denen eine der elektrochemischen Reak-tionen jeweils bevorzugt abläuft.

Bild 4 zeigt schematisch eine solche heterogene Elek-trode mit einem anodischen Bereich in der Mitte undkathodischen Bereichen am Rande. Die Reaktionen andiesen Flächen führen über ihre chemischen Folgere-aktionen zu einer Stabilisierung des heterogenen Zu-standes. Das soll im folgenden näher erörtert werden.

2.5.1 Anodischer Bereich und örtlicherKorrosionsangriff

An der anodischen Stelle überwiegt die anodische Re-aktion. Es liegt somit ein positiver Betrag der Summen-stromdichte vor.

Ja = JA - JK > 0 (Anode) (10)

Eine solche Stelle kann z.B. dadurch entstehen, daßdie Stahloberfläche weniger belüftet oder nur lose be-deckt ist. Der positive Summenstrom entspricht einemanodischen Elementstrom, der nach Gl. (2a), anodischeKorrosion verursacht. Im Elektrolyt breitet er sich alsIonenstrom aus - teils als Kationen-Strom in den Elek-trolyten hinein, teils als Anionen-Strom in Richtung zurStahloberfläche. Der letzte Vorgang ist auch als Anio-nen-Migration bekannt. Diese sorgt dafür, daß die posi-tiv geladenen Korrosionsprodukte (Fe2+) im Elektrolytelektrisch neutralisiert werden. Dies kann mit Hydroly-se-Folgereaktionen wie folgt beschrieben werden:

Fe2+ + 2 Cl- + H2O ---> (Fe(OH)+ + Cl-) + (H+ + Cl-) (11)

Auf der linken Seite der Gleichung steht eine ausgegli-chene Strombilanz (Korrosionsstrom minus Migrations-strom), auf der rechten Seite der Gleichung stehen zweielektrisch neutralisierte Ionen-Paare, die im Wassergelöst sind. Dabei senkt die Salzsäure (HCl) den pH-Wert und sorgt dafür, daß die Stahloberfläche frei vonAblagerungen aus Reaktionsprodukten bleibt. In größe-rer Entfernung von der Stahloberfläche kann dasKorrosionsprodukt durch Sauerstoff zum unlöslichenRost weiteroxidiert werden:

4 Fe(OH)Cl + O2 + 2 H

2O ---> 4 FeOOH + 4 Hl (12)

Dieser Vorgang führt zu den bekannten Rostpusteln, dieüber den anodischen Bereichen der Stahloberfläche ent-stehen. Sie decken die Anode ab und stabilisieren sieauf diese Weise rein mechanisch.

Page 9: Seewasser Bauwerke

2.5.2 Kathodischer Bereich und Deckschichtbildung

An der kathodischen Stelle überwiegt die kathodischeReaktion. Es liegt somit ein negativer Betrag derSummenstromdichte vor:

Jk = J

A - J

k < 0 (Kathode). (13)

Eine solche Stelle kann z.B. dadurch entstehen, daßdie Stahloberfläche gut belüftet ist oder durch Beschich-tungen und Reaktionsprodukte geringen elektrischenWiderstandes bedeckt ist. Der negative Summenstromentspricht einem kathodischen Elementstrom, der nachGl. (2b), kathodische Reaktionen ermöglicht. Im Elek-trolyt breitet er sich als Ionenstrom aus - teils als Stromder OH- -Anionen in den Elektrolyten hinein, teils alsKationen-Strom in Richtung zur Stahloberfläche. Derletzte Vorgang entspricht wieder einem Migrationsstrom,der dafür sorgt, daß die kathodischen Reaktions-produkte nach Gln. (3), (4) u. (6), die OH- -Ionen, imElektolyt elektrisch neutralisiert werden. Dabei entste-hen bei der Migration von Alkali-Ionen feste Deckschich-ten und bei der Migration von Alkali-Ionen Alkalilauge:

2 OH- + Ca2+ ---> Ca(OH)2 ------> CaCO

3, (14a)

OH- + Na+ = NaOH (14b)

Die Gln. (14a, b) sind wie Gl. (11) entsprechend zulesen: auf den linken Seiten steht die ausgeglicheneStrombilanz (kathodischer Reduktionsstrom minusMigrationsstrom), auf den rechten Seiten stehen dieelektrisch neutralisierten Ionen-Paare (Metallhydroxide).Zusätzlich ist in Gl. (14a) angedeutet, daß im Elektro-lyt vorliegende Kohlensäure zur Bildung von festen Al-kali-Carbonaten führt. Diese Reaktionen werden durchAnwendung des kathodischen Korrosionsschutzes we-sentlich gefördert, weil dabei erzwungene negativeSummenströme die Reaktionen nach den Gln. (3) und(4) auf allen freiliegenden Teilen der Stahloberflächebeschleunigt ablaufen lassen.

CO2

2.5.3 Zusammenwirken von Anode und Kathode

Für die Elementbildung ist es wichtig, daß nach Gl. (14b)eine Erhöhung des pH-Wertes an der Kathode erfolgt(Wandalkalität). Dadurch wird die Löslichkeit vonKorrosionsprodukten wesentlich vermindert, was ausdem Löslichkeitsprodukt direkt abgeleitet werden kann:

c(Fe2+) x c2(OH-) = 5 x 10-16 mol3 1-3 (15)

An der Anode liegt der pH-Wert wegen der Hydrolysesicher unter 6 entsprechend c2(OH-) < 10-8 mol/l. Darausfolgt c (Fe2+) > 5 mol/l = 280 g/l.An der Kathode liegt der pH-Wert sicher über 8, ent-sprechend c(OH-) > 10-6 mol/l.Dies führt zu c (Fe2+) < 5 • 10-4 mol/l = 28 mg/l. Meistliegt der pH-Wert um 9. Die Löslichkeit beträgt dannc(Fe2+) = 0,3 mg/l. Damit wird verständlich, daß an derAnode keine festen Reaktionsprodukte innerhalb derRostpustel vorliegen können, während die kathodischenFlächen dicht abgedeckt sein müssen. An solchen Flä-chen ist die anodische Reaktion stärker behindert alsdie kathodische Reaktion.

Diese Erörterung zeigt, wie durch chemische Folgere-aktionen an anodischen und kathodischen Bereichen derheterogene Zustand des Korrosionselementes stabili-siert wird. Bei diesen Folgereaktionen sind gelöste Sal-ze im Elektrolyt beteiligt, wobei insbesondere Natrium-und Chlorid-Ionen wirksam sind. Ohne diese Salze kön-nen sich Anoden und Kathoden nicht stabilisieren. OhneSalze ist aber auch die elektrolytische Leitfähigkeit desElektrolyten eingeschränkt, so daß allein aus elektri-schen Gründen keine wirksamen Elemente entstehenkönnen. Da elektrische Raumladungen nicht bestehenkönnen, muß dann die Produktion von Fe2+ und OH- nachden Gln. (2a) bzw. (2b) u. (3), in unmittelbarer Nachbar-schaft erfolgen. Dies führt dann aber nicht zu örtlichemKorrosionsangriff unter Rostpusteln, sondern zu homo-genen Deckschichten aus Rost:

Fe2+ + 2 OH ---> Fe(OH)2 ---> FeOOH (16)

Wegen der essentiellen Bedeutung der gelösten Salzewurden in Bild 4 Natrium- und Chlorid-Ionen eingetra-gen. Es ist nicht zulässig, aus Gründen einer Vereinfa-chung auf diese Ionen zu verzichten. Wenn diese feh-len, so sind ein falsches Modell für salzfreie Wässerherauslesbar und die wesentliche Wirkung der Ionennicht mehr erkennbar.

Aus Gründen der Vereinfachung wurden in Bild 4 imanodischen Bereich J

K = 0 und im kathodischen Be-

reich JA = 0 angenommen. Das ist aber zulässig, weil

die Darstellung des Bildes so übersichtlicher wird unddas Ergebnis der Aussage davon nicht betroffen ist.

O2

Page 10: Seewasser Bauwerke

2.5.4 Flächenregel

Bei einem Korrosionselement, d.h. bei jeder heteroge-nen Stahloberfläche, sind weder die Stromdichten derelektrochemischen Reaktionen J

A und J

K örtlich kon-

stant, noch ist bei freier Korrosion die Summenstrom-dichte = Null. Es ist wohl das Oberflächenintegral derStromdichte, also die über der gesamten Stahloberflächeermittelte Summe der Stromdichte gleich Null. Dann folgtfür ein vereinfachtes Korrosionselement mit einer Ano-de und einer Kathode entsprechend Bild 4:

Ja x S

a + J

k x S

k = 0 (17)

SA und S

k sind hierbei die Flächen des anodischen bzw.

kathodischen Bereiches der Stahloberfläche. DieSummenstromdichte J

a des anodischen Bereiches

nimmt mit dem Verhältnis Sk/S

a proportional zu, wenn

die kathodische Summenstromdichte Jk konstant bleibt.

Dies ist bei der Korrosion im Elektrolyten anzunehmen,wenn in Gl. (13), J

A vernachlässigt wird und JK nur vom

gleichbleibenden Zutritt des Sauerstoffs bestimmt wird.Dann folgt aus den Gln. (13) und (17) die sogenannteFlächenregel:

Ja = J

K x (18)

Die anodische Korrosionsgefährdung durch dieseElementbildung folgt unmittelbar aus Bild 2, mit einempositiven Summenstrom I

a = I

a x S

a. Nur für den Fall,

daß im anodischen Bereich IK gegenüber I

A vernachläs-

sigt werden kann, darf die Summenstromdichte Ja der

Korrosionsstromdichte JA gleichgesetzt werden.

Bei Einwirken äußerer elektrischer Ströme gilt entspre-chend Gl. (7), die Erweiterung der Gl. (17):

I = Ja x S

a + J

k x S

k(19)

Sk

Sa

wobei Ja und J

k die Bedeutung der Summenströme nach

den Gln. (10) und (13), haben. Durch einen äußerenStrom können sowohl J

a und J

k als auch nach genü-

gend langer Einwirkung durch chemische Folgere-aktionen die Flächen S

a und S

k beeinflußt werden. Bei

genügend großen positiven bzw. negativen Strömen wirdeine heterogene Stahloberfläche vollständig zu einerAnode bzw. zu einer Kathode. Durch einen negativenStrom der Größe J

k x S

k kann nach Gl. (19) J

a = 0 ge-

macht werden. Der anodische Bereich wird dann nachGl. (10), nicht mehr durch Elementwirkung, sondern nurdurch die hier wirksame kathodische Reaktion mit derGeschwindigkeit J

K = J

A gefährdet. Eine solche katho-

dische Schutzwirkung kann bereits sehr hilfreich sein,um Frühschäden zu vermeiden.

Diese Erörterung über das Zusammenspiel chemischerund elektrischer Parameter ist zum Verständnis derKorrosionsvorgänge grundlegend. Sie ermöglichen einehalbquantitative Beschreibung der Stahlkorrosion imElektrolyten in Abhängigkeit von den praktischen Ein-flußgrößen, die durch Elektrolytarten und durch die Kon-struktion bzw. Installation gegeben werden. Ferner las-sen sie erkennen, auf welche Weise Schutzmaßnahmenangewendet werden können.

Page 11: Seewasser Bauwerke

Bild 6 Kompensation der Korrosionsströme

e-Schutzstrom

Korrosionsstrom

Kathode Anode wird Kathode

Wenn nur noch kathodische Ströme vorhanden sind, giltEisen und Stahl als kathodisch geschützt, wobei dieKorrosionsgeschwindigkeit (Restkorrosion) praktischgegen Null geht. Die Elektronensättigung im Zustandder kathodischen Schutzwirkung entspricht einer nega-tiven Aufladung des Metalls. Damit dieser Ladungszu-stand trotz des Elektronenverbrauchs durch Sauerstoffoder andere Akzeptoren erhalten bleibt, genügt nicht nurdas Anlegen einer Spannung, sondern diese muß auchso groß sein, daß ein Schutzstrom ständig in die Katho-de eingeleitet wird. Seine Stärke ist abhängig von derKathodenfläche F [m2] und der spezifischen Schutz-stromdichte i [mA/m2]. Die Schutzstromdichte i wirdbestimmt durch die Sauerstoffzufuhr, wobei die Strö-mungsgeschwindigkeit des Elektrolyten, die Tempera-tur, der Salzgehalt, der Bedeckungsgrad mit Deckschich-ten usw. von Einfluß sind.Bei der freien Korrosion in Wässern und Böden wird die

Elektronensättigung nicht erreicht bzw. wieder abgebaut,weil der hinzutretende Sauerstoff (Bild 5) entsprechendlaufend Elektronen verbraucht.

Werden diese verbrauchten Elektronen durch von außenzugeführte ersetzt, können trotz des fortlaufenden Elek-tronenverbrauchs keine Eisenatome in Lösung gehen.

In diesem Zustand treten nur noch Elektronen aus demMetall in die Phasengrenze ein, wo sie entsprechend derSauerstoffzufuhr verbraucht werden. Das entspricht intechnischer Stromrichtung einem Stromfluß, der aus demElektrolyten in die Eisenelektrode (Bauwerk) fließt.

Dabei wird das Bauwerk insgesamt zu einer Kathode (Bild6). Anodische Bereiche mit Metallauflösung können dar-auf nicht mehr existieren, denn der für Anoden charakte-ristische Stromfluß aus dem Metall in den Elektrolyten wirddurch ausreichend hohe kathodische Schutzströme ver-hindert (kompensiert).

3.1 Erzeugung der Schutzwirkung

Die Eisenauflösung kommt zum Stillstand, wenn sichdie Eisenelektrode, d.h. das zu schützende Bauwerkderart mit Elektronen angereichert und negativ aufgela-den hat, daß weitere Eisenatome ihre Elektronen nichtmehr abgeben können und deshalb im Metallverbundverbleiben müssen (Selbsthemmung der Korrosions-reaktion).Diese Selbsthemmung kann aber nur dann statt-finden,wenn im Elektrolyten Akzeptoren (Elektronennehmer) wieSauerstoff gänzlich fehlen. Das ist unter natürlichen Be-dingungen praktisch jedoch nicht der Fall.

3 Wirkungsweisekathodischer Korrosionsschutzanlagen

KathodeAnode

2Fe° 2Fe+++ 4e - 2H2O + O2+ 4e - 4OH-

2OH-

H2O 1/2O2

e e

2OH-

H2O 1/2O2

e e

Fe°

Fe++

e e

Fe°

Fe++

e e

Bild 5 Elektronenverbrauch durch Sauerstoff

Page 12: Seewasser Bauwerke

4 Potentiale und Potentialmessung

4.1 Beurteilung

Zur Beurteilung der kathodischen Schutzwirkung in derPraxis ist das Potential des Schutzobjekts gegen eineBezugselektrode als Kriterium am gebräuchlichsten. DieDurchführung der Potentialmessungen und die Beurtei-lung der gefundenen Potentialwerte sind jedoch nicht ganzunproblematisch.

4.2 Potentiale

Metalle, die in einen Elektrolyten eintauchen, bauen eineelektrische Ladung gegenüber dem Elektrolyten auf, diePotential genannt wird. Da wohl das Metall, nicht aber derElektrolyt, an ein Meßinstrument angeschlossen werdenkann, ist ein Potential (sogenanntes Einzelpotential) nichtdirekt meßbar.Es kann nur mit einem bekannten Potential, das eine mitdem zweiten Pol des Meßinstruments verbundene Bezugs-elektrode liefert, verglichen werden.Die Differenz zwischen dem unbekannten Potential desSchutzobjekts und dem bekannten Potential der Bezugs-elektrode ist als Spannung an einem Meßinstrument ables-bar (Bild 7). Diese Spannung wird in der Praxis als „Po-tential“ bezeichnet.

Bild 7 Schema einer Potentialmessung

In der Praxis werden an stählernen Bauwerken häufigfreie Korrosionspotentiale in folgenden Bereichen gefun-den:

Potentiale gemessen gegenCu/CuSO4 Bezugselektrode

Ohne den Einfluß äußerer Stromquellen (wie Streu-ströme, Schutzströme, Elementströme) stellt sich amBauwerk ein freies Korrosionspotential ein. Dieses liegtbei den verschiedenen metallischen Werkstoffen und dennatürlich vorkommenden Elektrolyten in einem jeweilscharakteristischen Bereich. Bei Gußeisen und Bau-stählen stellt es sich zwischen ca. -550 bis ca. -750mV, bezogen auf die Kupfer/Kupfersulfat-Bezugselektrodeein.

In Böden und Süßwässern

In Brack- und Meerwässern

In anaeroben (sauerstoffarmen),

zB. bindigen Böden

-550 bis -650 mV

-650 bis -720 mV

-720 bis -800 mV

Korrosionspotentiale tendieren mehr zu positiveren Wer-ten, wenn die Stahloberflächen mit Korrosionsproduktenbedeckt sind und Sauerstoff an sie herantreten kann.Sind die Oberflächen blank bzw. frisch eingebettet oderder Sauerstoffzutritt gehemmt, tendieren die Potentialemehr zu negativeren Werten.

Die Größe der freien Korrosionspotentiale wird beeinflußtdurch eine Vielzahl von Parametern, wie z.B. Elektrolyt-zusammensetzung und -konzentration, Temperatur,Sauerstoffkonzentration, Deckschichtenbildung usw.Deshalb sind diese Potentiale kein ausreichendes Krite-rium für Korrosionsgefährdungen oder Korrosions-geschwindigkeiten.

Unter dem Einfluß äußerer Stromquellen verschiebensich die Potentiale in positiver oder negativer Richtungje nach Stromfluß aus den oder in die Stahlflächen. Nurunter diesen Einflüssen sind die Korrosionspotentiale alsKriterien für Korrosionsgefährdungen (u.U. auch fürKorrosionsgeschwindigkeiten) heranziehbar:

Eine Verschiebung der Potentiale in positiver Rich-tung bedeutet eine Erhöhung der Korrosions-geschwindigkeit, z.B. -400 mV(Cu/CuSO4) = mittel-starke Gefährdung des Stahls.

Eine Verschiebung der Potentiale in negativer Rich-tung bedeutet eine Verlangsamung der Korrosions-geschwindigkeit, z.B. -800 mV)Cu/CuSO4) = sehrschwache Gefährdung des Stahls.

Wird das Potential z.B. durch Schutzstrom genügendweit in negativer Richtung verschoben, d.h. bis hin zuWerten von gleich oder negativer -850 mV(Cu/CuSO4)nähert sich die Korrosionsgeschwindigkeit dem Wert Nullund die kathodische Schutzwirkung für übliche Bau-stähle ist erreicht. Der Grenzwert von -850 mV(Cu/CuSO4) wird als kathodisches Schutzpotential bezeich-net.

V

PM PBUPM - PB

Metall Bezugselektrode

Page 13: Seewasser Bauwerke

Bei Anwesenheit sulfatreduzierender oder nitratre-duzierender Bakterien in anaeroben Elektrolyten muß dasSchutzpotential um mindestens weitere 100 mV auf 950mV(Cu/CuSO4) abgesenkt werden. Gleiches gilt in aero-ben Elektrolyten bei Anwesenheit von Eisenbakterien undschwefeloxidierenden oder thiosulfatoxidierenden Bakte-rien.Da die genannten Bakteriengruppen weit verbreitet sind,empfiehlt es sich, in schlickhaltigen Böden das Betriebs-potential von Schutzanlagen mit -950 mV(Cu/CuSO4) an-zusetzen.

4.3 Bezugselektroden (Referenzelektroden)

Bezugselektroden sind elektrochemische Halbzellen. Siebestehen aus einem Metall, das in eine bestimmte Lö-sung seiner Metallionen eintaucht. Dabei bildet sich eindefiniertes, reproduzierbares und konstantes Potential,das sogenannte „Bezugspotential“.

Cu

(Pt)

H2Cu++

SO4--

SO4--

Cu++

H+

H+

H+

H+

H+

V

U= PCu/CuSO4 - PH/H+ PH/H +PCu/CuSO4

U= PCu/CuSO4 = +316 mV

Kupfer/Kupfersulfat-Bezugselektrode

Standardwasserstoff-elektrode

Bild 8 Schema der Bezugspotentialmessung

Der Potentialwert Null ist willkürlich der Standard-Was-serstoff-Elektrode zugeordnet. Die Bezugspotentiale alleranderen Elektrodentypen werden auf diese Elektrodebezogen, sind also positiver oder negativer als diese.Mit der Standard-Wasserstoff-Elektrode gemessene Po-tentiale werden mit „mV/H“ gekennzeichnet, z.B. -534mV/H für das kathodische Schutzpotential entsprechend- 850 mV(Cu/CuSO4).

4.4 Gesättigte Kupfer/Kupfersulfat-Elektrode

In der Korrosionsschutzpraxis werden die Potentialehäufig auf die Cu/CuSO4 -Elektrode bezogen (Bild 9).Sie besteht aus einem Kupferstab, der in eine Kupfer-sulfatlösung eintaucht. Die Lösung muß „gesättigt“, d.h.es muß ein Bodensatz von ungelösten Kupfersulfat-Kris-tallen (CuSO4 • 5 H2O) in der konzentrierten Lösungvorhanden sein. Das Eigenpotential beträgt unter die-sen Bedingungen +316 mV/H (s. Bild 8). Die Meßwertewerden mit „mV(Cu/CuSO4)“ bezeichnet, z.B. -850mV(Cu/CuSO4) für das kathodische Schutzpotential.

Silcondichtung

CuSO4 - Lösung

Kupferstab E-Cu 58

CuSO4 - Kristalle

Diaphragma

Silcondichtung

Flexible Leitung

Kunststoffgehäuse

Bild 9 Kupfer/Kupfersulfat-Bezugselektrode

Speziell in chloridhaltigen Elektrolyten wie Brack- undMeerwässern wird die Cu/CuSO4-Elektrode leicht durcheindringende Chloride „vergiftet“. Der daraus folgendeMeßfehler kann bis 150 mV betragen.

Page 14: Seewasser Bauwerke

4.5 Gesättigte Silber/Silberchlorid-Elektrode

Im Meerwasser und anderen Chloride enthaltenden Elek-trolyten ist die Ag/AgCl-Elektrode besser geeignet. Siebesteht aus einem mit festem Silberchlorid (AgCl) be-schichteten Silberstab, der in eine gesättigte Kalium-chlorid-Lösung (KCl) eintaucht (Bild 10). Das Bezugs-potential beträgt +196 mV/H. Die Meßwerte werden mit„mV/Ag“ bezeichnet, z.B. -730 mV/Ag für das kathodi-sche Schutzpotential.Vorsicht: Werden Ag/AgCl-Elektroden in Laborausführungbenutzt, kann es sich um Typen handeln, die nicht mitgesättigter KCl-Lösung, sondern mit Lösungen bestimm-ter anderer Konzentration (3,5 — 1 — 0,1 molar) gefülltsind. Diese besitzen andere Bezugspotentiale.

Silcondichtung

KCl - Lösung

Silberdraht, chloriert

KCl - Kristalle

Diaphragma

Silcondichtung

Flexible Leitung

Kunststoffgehäuse

Bild 10 Silber/Silberchlorid - KCl (ges) - Bezugselektrode

Silberchlorid

4.6 Zink-Elektrode

Die vielfach gebräuchliche Zink-Elektrode ist keine echteBezugselektrode, da sie nicht als definierte Halbzelleaufgebaut ist. Statt dessen wird nur ein Zinkstab ausReinzink oder Zinkanoden-Legierung direkt in das Was-ser eingetaucht (Bild 11). Damit befindet sich diese Elek-trode in einem undefinierten Elektrolyten, und die Po-tentiale sind über einen gewissen Bereich ungenau (±25mV!). Ferner ist eine derartige Elektrode sauerstoff-sensitiv, d.h. sie reagiert auf Änderungen der Sauerstoff-konzentration mit entsprechenden Bezugspotential-änderungen.Die Zinkelektrode ist für genaue Messungen nichtbrauchbar. Wegen ihrer Robustheit eignet sie sich je-doch als Dauerelektrode für orientierende Betriebs-kontrollen und als Steuersonde für automatische Schutz-stromgeräte.Das Bezugspotential dieser Elektrode liegt bei ca. -770± 25 mV/H. Die Meßwerte werden mit „mV/Zn“ bezeich-net, z.B. ca. +236 mV/Zn für das kathodische Schutz-potential.

Flexible Leitung

Kunststoffgehäuse

Vergußmasse

Zinkstab, Zn 99,99%

Bild 11 Zinkelektrode

4.7 Meßprotokoll

Bei Potentialmessungen sollten die Meßwerte, um Ver-wechslungen vorzubeugen, immer in Millivolt abgele-sen und protokolliert werden. Absolut erforderlich ist dieAngabe des Vorzeichens und des Zusatzes die Bezugs-elektrode betreffend. Ohne diese Angaben sind Fehlin-terpretationen möglich.

Page 15: Seewasser Bauwerke

5 Korrosionsschutzsysteme

5.1 Schutzstromerzeugungdurch kathodische Schutzanlagen

Der benötigte Schutzstrom wird durch kathodischeKorrosionsschutzanlagen geliefert und möglichst gleich-mäßig über das Bauwerk verteilt. Dabei ist es unerheb-lich, auf welche Weise er erzeugt wird. Er kann demWechselstromnetz entnommen (Fremdstromanlagen) odergalvanisch erzeugt werden (Anlagen mit galvanischen An-oden, sogenannte Opferanoden).

5.2 Fremdstrom

Kathodische Schutzanlagen mit Fremdstrom (Bild 12)entnehmen die benötigten Elektronen dem Wechselstrom-netz.

Bild 12 Fremdstrom - Schutzanlage

Dabei ist es erforderlich, die Netzspannung mit Hilfeeines Schutzstromgeräts auf ca. 10 bis 40 Volt zu ver-ringern und in Gleichstrom umzuwandeln. Am Minuspolstehen dann die benötigten Elektronen zur Verfügung.

Aus dem Minuspol des Schutzstromgeräts werden dieElektronen in das Bauwerk geleitet. Das entspricht dertechnischen Stromrichtung aus dem Elektrolyten in dasBauwerk.

In technischer Stromrichtung muß dazu dem Elektroly-ten aus dem Pluspol Gleichstrom zugeführt werden. Dasgeschieht über metallisch leitende Elektroden, die alsFremdstromanoden bezeichnet werden und in den Elek-trolyten eintauchen.

Während diese Anoden dem Elektrolyten im technischenSinne Strom zuführen, gilt unter Beachtung der Elektro-nenflußrichtung, daß über die Anoden dem ElektrolytenElektronen entnommen werden, weil an ihnen Elektronen-mangel herrscht. Nach der Formel für die Anodenreaktion

Mez° - ze- --> Mez+ (z = Wertigkeit)

ist damit eine Metallauflösung (Anodenverbrauch) ver-bunden.

Um die Lebensdauer der Fremdstromanoden zu erhö-hen, werden Werkstoffe verwendet, die schwer löslicheReaktionsprodukte bilden. Letztere müssen die Anoden-fläche porenfrei abdecken und zudem in der Lage sein,Elektronen zu leiten. Daher tragen diese sogenannteninerten (reaktionsträgen) Anoden eine Schutzschicht,die sich nur sehr stark verzögert verbraucht.

Schutzstromgerät

A

V

Netz

Stelltransformator

Trenntransformator

Gleichrichtersatz

Meßinstrumente

0 bis 230 V

230 V / 20 V

+_

e- e-

SchutzstromAnode

e-

Kathode

Page 16: Seewasser Bauwerke

5.3 Galvanische Anoden (Opferanoden)

Ein Stromfluß kann ähnlich wie bei einer Taschenlampen-batterie auch dadurch erzeugt werden, daß Metalle mitunterschiedlichen elektrochemischen Eigenschaften imElektrolyten leitend miteinander verbunden werden.Wegen der größeren Korrosionstriebkraft wird dasunedlere Metall zur Anode und löst sich unter Elektronen-lieferung auf:

Mez° --> Mez+ + ze- (z = Wertigkeit)

Die frei werdenden Elektronen fließen über die elektrischleitende Verbindung in das edlere Metall, d.h. in das Bau-werk (Bild 13).Das in dieser galvanischen Kette edlere Metall hat einegeringere Korrosionstriebkraft, gibt deshalb unter glei-chen elektrolytischen Bedingungen wesentlich wenigerElektronen frei als das unedlere Metall und wird zurKathode. Dabei übernimmt es den für den kathodischenSchutz erforderlichen Überschuß an Elektronen.

Bauwerk

Schutzstrom

e-

e-

Mez+

Mez+

e-

Kathodeedleres Metall

Anodeunedleres Metall

Bild 13 Galvanische Schutzanlage

5.4 Technische Vor- und Nachteilebeider Schutzsysteme

Obwohl die kathodische Schutzwirkung auf den glei-chen elektrochemischen Vorgängen beruht und grund-sätzlich sowohl mit galvanischen Anoden als auch mitFremdstrom gleich gut erzielt werden kann, sind einigecharakteristische Eigenarten und Unterschiede zu be-rücksichtigen.

5.5 Anlagen mit galvanischen Anoden

Galvanische Anoden werden in der überwiegenden Zahlder Anwendungsfälle direkt an das Bauwerk angeschlos-sen. Das geschieht über Befestigungselemente, die ausdem Anodenkörper herausragen und mit dem Bauwerkmetallisch leitend verbunden werden.Durch diese Anordnung (Kurzschlußverbindung) kön-nen galvanische Anoden nicht direkt meßtechnisch aufFunktion geprüft werden, da sich die Verbindung zuMeßzwecken nicht auftrennen läßt. Sie muß deshalb soausgeführt sein, daß ein absolut dauerhafter, nieder-ohmiger Kontakt zum Bauwerk auch ohne Nach-kontrollen gewährleistet ist. Das ist optimal erzielbardurch Schweißverbindungen. Bei Befestigung überSchraubverbindungen muß der elektrische Kontaktbesonders gesichert werden.Durch den permanent vorhandenen Kontakt zwischenBauwerk und Anoden können Ein-/Ausschaltmessungenzum Nachweis der kathodischen Schutzwirkung nichtdurchgeführt werden. Ein exakter Nachweis der Schutz-wirkung an der Grenze des Schutzpotentials ist -zumindest in Wässern mit hohem spezifischen Wider-stand - nicht möglich. Es sind stattdessen angemesse-ne Sicherheitszuschläge auf die Anodenstromabgabezu berücksichtigen.An stärker räumlich strukturierten Schutzobjekten istwegen der geringen Treibspannung und wegen des ge-ringen Abstands zwischen galvanischer Anode und derKathode die Stromverteilung ungünstig. Deshalb kanninsbesondere bei höheren spezifischen Widerständeneine größere Stückzahl von Einzelanoden erforderlichwerden im Gegensatz zu einer Fremdstromanlage.Bei schwankender Leitfähigkeit des Elektrolyten und/oder Temperaturschwankungen ändert sich proportio-nal dazu die Stromabgabe galvanischer Anoden. Daskann bei entsprechender Schwankungsbreite zu einemlaufenden Wechsel zwischen Über- und Unterschutz füh-ren. Überschutz ist jedoch nur bei Magnesiumanodenmöglich.Bei galvanischen Anoden ist die Spannung, die denSchutzstrom durch den Elektrolyten treibt, nach obenhin begrenzt. So stehen

beim Zink ca. 0,25 Volt,beim Aluminium ca. 0,35 Volt undbeim Magnesium ca. 0,65 Volt

Damit ist im Prinzip ein galvanisches Korrosionselementgeschaffen. Nur wird dabei gezielt das zu schützendeBauwerk zur Kathode gemacht und die Korrosionebenfalls gezielt auf die austauschbare Anode verlagert.

Als unedlere Reaktionspartner für Eisen und niedrig-legierte Stähle (Baustähle) können verwendet werden:

• Zink (Zn)• Aluminium (AI)• Magnesium (Mg)

Page 17: Seewasser Bauwerke

als Treibspannung gegen das Bauwerk zur Verfügung.Der Schutzstrom läßt sich deswegen nur durch die Ober-fläche und Anzahl der Anoden beeinflussen. Beide müs-sen sorgfältig auf den Anfangs- und Dauerstrombedarfdes Bauwerks abgestimmt werden.Wegen der begrenzten Treibspannungen können Zink-und Aluminiumanoden nur im Meer- und stärker salz-haltigen Brackwasser verwendet werden, d.h. bei aus-reichend hoher Leitfähigkeit des Elektrolyten.Magnesiumanoden lassen sich auch bei geringerer Leit-fähigkeit im Brack- und Süßwasser einsetzen.Mit Ausnahme von Magnesium sind bei galvanischenAnoden Schäden an Beschichtungen durch Überschutzin der Regel nicht möglich. Das gilt allerdings nur, wennder Beschichtungsstoff geeignet ist für die Kombinationmit kathodischem Schutz und fachgerecht appliziert wur-de.Eine mit galvanischen Anoden konzipierte Schutzan-lage ist während der vorgesehenen Lebensdauer äu-ßerst betriebssicher und erfordert nur ein Minimum anWartungs- und Kontrollaufwand.Galvanische Schutzanlagen sind aufgrund ihres einfa-chen Aufbaus mechanisch sehr robust.Schädliche Beeinflussungen benachbarter Bauwerke,ausgehend von Streuströmen galvanischer Schutzan-lagen, sind nicht zu erwarten.

5.6 Anlagen mit Fremdstrom

Fremdstromanoden werden - gegen das Bauwerk iso-liert - in speziellen Halterungen montiert und über Kabel-verbindungen an das Schutzstromgerät angeschlossen.Über diese Kabel können sie mittels Strom-, Spannungs-und Widerstandsmessungen auf Funktion und Betriebs-zustand geprüft werden.Die Fremdstromschutzanlagen sind in der Mehrzahl derFälle stufenlos von Hand oder über Automatik zwischen0 und 100% Stromabgabe einstellbar. In Sonderfällensind sie mit einer automatischen Potentialregelung aus-gerüstet. Durch diese Möglichkeiten läßt sich die Schutz-anlage auch veränderlichen Betriebsbedingungen opti-mal anpassen.Die Fremdstromanlagen können von der Auslegung herfür beliebige Voraussetzungen hinsichtlich der Wasser-verhältnisse, der Stromverteilung, des Schutzstrom-bedarfs, der Empfindlichkeit des Schutzobjekts usw. be-messen und an Veränderungen angepaßt werden. Be-schränkungen der Treibspannung wie bei galvanischenAnoden existieren praktisch nicht. Stark wechselndeWasserstände und Leitfähigkeiten, wie sie für den Tiden-bereich von Flußmündungen, im Watt und in Lagunencharakteristisch sind, lassen sich mit speziellen Schutz-stromgeräten beherrschen.

Durch die Möglichkeit, den Schutzstrom für Meßzweckeunterbrechen zu können, ist eine exakte Kontrolle undEinstellung der Schutzwirkung möglich.Die Fremdstromanoden einschließlich ihrer Anschluss-kabel sind empfindlich gegen mechanische Einwirkun-gen wie sie vom Schiffsverkehr, von Treibgut, Eisgangu.ä. ausgehen. Sie müssen vor derartigen Beanspru-chungen geschützt werden und ggf. austauschbar sein.

Anodenhalterungen lassen sich so ausbilden, daßdie Anoden ohne Tauchereinsatz oder besonderen Auf-wand zu erneuern, reparieren oder visuell zu überprü-fen sind.Schutzverfahren mit Fremdstrom erfordern einen ver-gleichsweise hohen Installationsaufwand. So müssen z.B.Kabelkanäle und -durchführungen hergestellt, Leitungenim Bauwerk und vor den Schutzflächen verlegt undSchutzhülsen für die Anoden hergestellt und montiertwerden. Auch wird ein Betriebsraum für die Aufstellungder Schutzstromgeräte benötigt.Von Fremdstromanlagen können starke schädliche Be-einflussungen auf Nachbaranlagen oder -bauwerke aus-gehen, die meist erst bei Inbetriebnahme erkannt oderbeurteilt werden können. Entsprechende Messungen beider Inbetriebnahme und Nachkontrollen in größeren Ab-ständen sind zusätzlich erforderlich.Die Wartung und der Betrieb von Fremdstromanlagenerfordern besondere Sorgfalt. Bedienungsfehler könnenzu erheblichen Schäden an der Schutzanlage, demSchutzobjekt oder Nachbarobjekten (Streustrom) füh-ren.Die Fremdstromanlagen und die Schutzwirkung müs-sen mindestens einmal jährlich, besser häufiger, durcheinen Fachmann für kathodischen Korrosionsschutzüberprüft werden. Das gilt auch dann, wenn der Betreiberselbst Kontrollen ausführt. Störungen und Fehlfunktionensind auch für geschultes Bedienungspersonal oft nichterkennbar.

Page 18: Seewasser Bauwerke

5.7 Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen zwischenAnlagen mit Fremdstrom und galvanischenAnoden

Die nachfolgenden Betrachtungen wurden aufgrund bis-heriger Erfahrungen mit kathodischen Schutzanlagenzusammengestellt. Abweichungen sind in Abhängigkeitvon örtlichen Bedingungen, Rohstoff-, Energie- und Lohn-kosten möglich.

Die Investitionskosten sind bei Anlagen mit galvanischenAnoden in der Regel geringer als bei Fremdstroman-lagen.

Nach Verbrauch der galvanischen Anoden müssen aberhäufig die wesentlichen Teile oder die Gesamtanlageerneuert werden. Verbunden mit dem Abbau der Altteilekönnen die Kosten den Wert der Anfangsinvestition über-schreiten.

Bei Fremdstromanlagen werden dagegen meistens nurdie Anodenkörper auszuwechseln sein, ein Aufwand, dernur einen Bruchteil vom Wert der Anfangsinvestitionausmacht.

Galvanische Schutzanlagen haben nur geringe War-tungs- und Betriebskosten. Diese sind dagegen beiFremdstromanlagen erheblich höher infolge der hinzu-kommenden Stromkosten und des höheren Aufwandsfür Betriebskontrollen und meßtechnische Überprüfun-gen der Schutzwirkung.

Galvanische Schutzanlagen erfordern mit steigenderAnodenzahl bei gleichzeitig abnehmender Anodengrößeund/oder abnehmender Leitfähigkeit des Elektrolytenstärker steigende Kosten als Fremdstromanlagen.

Galvanische Schutzanlagen sind bei kurzer Schutzdauergünstiger. Mit steigender Dauer der benötigten Schutz-wirkung werden Fremdstromanlagen in der Regel vor-teilhafter.

Kleinere und abgelegene Fremdstromanlagen werdenteuer durch einen erhöhten Anteil von Kosten für dieNetzstromleitungen, die Wartung und Kontrollen. In der-artigen Fällen kann selbst eine in der Anfangsinvestitionteurere Anlage mit galvanischen Anoden wirtschaftli-cher sein.

Die wirtschaftlichste Lösung kann auch in einer Kombi-nation beider Systeme gefunden werden.

Bei empfindlichen und komplizierten Schutzobjektensollte die Wahl einer hochwertigen und risikoarmenSchutzanlage wichtiger sein als die rein finanzielle Be-trachtungsweise, da sonst der Gesamterfolg in Fragegestellt sein kann.

Bei Fremdstromanlagen bewirkt eine aufwendige An-fangsinvestition (z.B. größere Anoden mit geringer Treib-spannung) eine deutliche Senkung der späteren Be-triebskosten.

Bei schwimmenden und dockbaren oder auf andereWeise trockenlegbaren Schutzobjekten, an denen dieAnoden im Trockenen montiert und erneuert werden kön-nen, wird eine galvanische Schutzanlage auch bei hoherAnodenanzahl günstiger sein.

Page 19: Seewasser Bauwerke

6.1 Allgemeines

Der Schutz von Stahlwasserbauteilen mit einer Be-schichtung, die die Metalloberflächen von dem Elektro-lyten trennt, wird als passiver Korrosionsschutz bezeich-net.

Ein passiver Schutz besteht im allgemeinen aus Grund-undDeckbeschichtungen. Vorhergehende Fertigungs-beschichtungen (Primer), die die Stahlbauteile auf denTransportwegen, während der Zwischenlagerung und derBauzeit schützen sollen, können, wenn aufgetreteneBeschädigungen sorgfältig ausgebessert werden, denpassiven Korrosionsschutz verstärken.

Aktiver und passiver Korrosionsschutz können unter be-stimmten Voraussetzungen jeder für sich den Schutzvon Stahlwasserbauwerken übernehmen. In vielen Fäl-len ist aber eine Kombination beider Systeme vorteil-haft.

Langfristig ist jedoch der kathodische Schutz das einzi-ge mögliche Verfahren, mit dem die Korrosion von Stahlim Wasser und im Boden wirksam vermieden werdenkann. Demgegenüber sind Beschichtungen allein nur inder Lage, Korrosionsschäden über einen begrenztenZeitraum im wesentlichen durch ihre Barrierewirkungmehr oder weniger erfolgreich zu unterbinden.

Da eine Beschichtung den kathodischen Schutzstrom-bedarf vermindert und die Stromverteilung am Schutz-objekt verbessert, ist eine Kombination von kathodi-schem Schutz mit Beschichtungen vernünftig. Die Be-schichtung ist in diesem Fall als eine Ergänzung deskathodischen Schutzes anzusehen.

Das Verfahren des kathodischen Schutzes ist an physi-kalische Gesetzmäßigkeiten und elektrochemischeGrenzwerte gebunden. Die Anforderungen an die Be-schichtungen haben sich an diesen Gesetzmäßigkeitenzu orientieren und nicht der kathodische Schutz an derBeständigkeit marktgängiger Beschichtungsstoffe.

So sollten die Potentiale an kathodischen Schutzanlagennicht von negativeren Werten bis auf -850 mV(Cu/CuSO4) für die Schutzwirkung angehoben werden, umeine mangelnde Beständigkeit von Beschichtungen aus-zugleichen, denn Schutzanlagen können, von seltenenFällen abgesehen, nicht auf Potentiale mit geringer Streu-breite hin konstruiert oder eingestellt werden. Zwängevom Bauwerk oder seiner Nutzung her verhindern dasund führen in Anodennähe zu Potentialgradienten miterheblicher Steilheit bis hin zu den Potentialen für dieWasserzersetzung direkt an der Anode.

6 Beschichtungen und deren Beeinflussungdurch kathodische Schutzverfahren

6.2 Organische Beschichtungenauf Stahlwasserbauteilen

In DIN 55928, Korrosionsschutz von Stahlbauten durchBeschichtungen und Überzüge, Teil 5, „Korrosionsschutzvon Stahlwasserbauten“ sind Beispiele für passiv wir-kende Korrosionsschutzsysteme aufgeführt.

Für die Grundbeschichtungen sollten Zinkstaubpigmenteverwendet werden, denn wegen der Spannungsdifferenzzwischen Zink und Eisen wirkt das Zinkstaubpigmentim Umfeld von Beschichtungsbeschädigungen katho-disch schützend auf den Beschichtungsgrund ein. Aus-serdem bilden sich nach längerer Standzeit auch in ei-ner, unter Deckbeschichtungen liegenden Zinkstaub-grundierung durch den Zutritt bzw. infolge eindiffundierterFeuchtigkeit Zinkoxide und -hydroxide. Diese sehrvolumigen Umwandlungsprodukte verstopfen die in derGrundbeschichtung noch vorhandenen Poren und ver-dichten die Schicht insgesamt. Die Widerstandsfähig-keit der Zinkstaubgrundierung gegenüber den Einwirkun-gen aus dem Elektrolyten wird dadurch erheblich ver-stärkt.

Die Verwendung verschleißfester Deckbeschichtungen,eine hohe Haftfestigkeit der Beschichtung an der Stahl-oberfläche und eine größere Schichtdicke erhöhen dieKorrosionsschutzwirkung der Beschichtungen. Trotzdemsind Fehlstellen und freigelegte Metalloberflächen infolgevon Beschädigungen während der Anlieferung, beim Ein-bau und während der späteren Nutzung der Stahl-wasserbauwerke grundsätzlich nicht zu vermeiden.

Zudem diffundieren durch weniger dichte BeschichtungWasserdampf und Sauerstoff. Auch eine Wasser-anreicherung (Quellung) kann in den Schutzschichtenstattfinden. Diese Einflüsse können Unterrostungen undBlasenbildungen auslösen.

Ohne kathodischen Schutz führen Fehlstellen und Be-schädigungen in den Beschichtungen, die die Stahl-oberfläche freilegen, in den meisten natürlichen Gewäs-sern zu Elementbildungen, bei denen die großflächigen,unbeschädigten Beschichtungsbereiche sich kathodischeinstellen und die durch die Überdeckung nicht mehrgeschützten Stahloberflächen anodisch (abtragend) re-agieren. Mulden- und Lochkorrosion kann auftreten, wo-bei Korrosionsraten bis zu mehreren mm/a möglich sind.

Allein durch diese Elementbildungen können sich nebenden Fehlstellen und Verletzungen in der Beschichtunginfolge kathodischer Polarisation und Osmose Blasenbilden, deren wässeriger Inhalt alkalisch wirkt. Im Elek-trolyten müssen aber Alkali-Ionen vorhanden sein, danur bei Anwesenheit von Ionen der Alkalimetalle Natri-um und Kalium eine kathodische Unterwanderung der

Page 20: Seewasser Bauwerke

Beschichtungen möglich ist. Fehlen diese Ionen, was insalzarmen Süßwässern der Fall sein kann, ist die Nei-gung zur Blasenbildung sehr stark vermindert.

Bei pH-Werten über 10,5 korrodiert der Stahl unter derkathodisch polarisierten Blase zwar nicht, aber die Bla-se selbst führt später durch Aufbrechen zu einer ano-dischen Fehlstelle.

Beschichtungsbeschädigungen und Fehlstellen, die dieSchutzwirkung beeinträchtigen, müssen - soweit tech-nisch möglich - ausgebessert werden. Die Ausbesse-rung muß hinsichtlich Schutzwirkung und Lebensdauerder Originalbeschichtung gleichwertig sein.

6.3 Kathodischer Korrosionsschutzbeschichteter Stahlwasserbauteile

Die Kombination von kathodischem Schutz mit Beschich-tungen bietet den Vorteil, daß einerseits an den unver-meidlichen Fehlstellen und an nachträglichen Verletzun-gen durch Überlagerung mit Schutzstrom die Korrosions-schäden unterbunden werden. Andererseits ist der ins-gesamt benötigte Schutzstrom bedeutend geringer alsbei blanken Flächen.

Auch müssen möglichst langfristig haltbare, blasenfreieund unterwanderungsfeste Systeme für den passivenKorrosionsschutz ausgewählt werden.

Beschichtungen, die schon ohne kathodischen Schutzzu ausgeprägter Blasenbildung neigen, sollten nicht zurAnwendung kommen, da der kathodische Schutz dieBlasenbildung noch verstärken würde. Ebenso müssendie Bindemittel alkalienbeständig und die Beschichtun-gen möglichst dicht sein, weil der Wasser- undlonentransport durch die Beschichtung hindurch bei ka-thodischer Belastung beschleunigt wird. Alle diese Vor-gänge zusammengenommen können eine nicht speziellfür den kathodischen Schutz geeignete Beschichtungschnell zerstören. Es ist äußerst wichtig, nur geeigneteBeschichtungssysteme in ausreichender Schichtdickezu applizieren.

Ein Schutzpotential von -850 mV(Cu/CuSO4) (Grenz-wert, bei dem der volle kathodische Schutz beginnt)führt in der Regel noch nicht zu einer nennenswertenZunahme der Blasenbildung. Diese setzt bei den meis-ten der bisher angewandten Beschichtungen erst beiPotentialen um —950 mV(Cu/CuSO4) ein und wird mitnegativeren Werten verstärkt. Die Blasen bilden sichdann zumeist schnell und zahlreich.

Es ist aber nicht realistisch, davon auszugehen, daß esin der Mehrzahl der Fälle möglich ist, durch gleichmä-ßig zwischen -850 mV/Cu und -950 mV(Cu/CuSO4) ver-teilte Potentiale weniger geeignete Beschichtungen zuschonen. In Anodennähe lassen sich negativere Poten-tiale durch anderseitige Zwänge nicht vermeiden. Des-halb sind Beschichtungen zu fordern, die mindestensbis in den Bereich der Potentiale von galvanischenAnoden im Meerwasser mit -1050 mV(Cu/CuSO4), (Zink-und Aluminiumanoden) beständig sind. Aus diesemGrund dürfen Magnesiumanoden im Meerwasser in Kom-bination mit Beschichtungen nicht verwendet werden.

Unter höheren Temperaturen beginnt die Blasenbildungfrüher und nimmt wesentlich stärker zu, als bei niedri-geren Temperaturen. Über einen längeren Zeitraum hin-weg ist z.B. eine Temperaturerhöhung von +25° C auf+35° C für die Beschichtung nachteiliger, als ein Ab-senken des Schutzpotentials von -850 mV auf -950mV(Cu/CuSO4).

Im Flußwasser tritt in der Regel eine geringere Blasenbil-dung auf als im Meerwasser. Wechselnde Süß- undSalzwasserbeanspruchungen fördern dagegen im allge-meinen die Blasenbildung gegenüber der reinen Meer-wasserbelastung.

Insofern ist eine fehlstellenarme Applikation bei Brack-und Meerwasser oder ähnlichen Elektrolyten besonderswichtig. Sie läßt sich gut mit lösemittelfreien und mehr-schichtigen Systemen erreichen.

Bei Beschichtungen auf geprimerten Stahlflächen kanneine geringere Blasenbildung erwartet werden, als beiBeschichtungen auf unbehandelten Flächen. Die Blasenentstehen dann vornehmlich an den Kontaktflächen zwi-schen Primer und Grund-/Deckbeschichtung. Bei Ver-letzung der Blasenhaut verbleibt somit noch eine Barri-ere auf den Stahlflächen. Ferner kann davon ausgegan-gen werden, daß bei Blasen zwischen einer Grundbe-schichtung aus geeignet pigmentiertem Zink-Polyure-than oder -Epoxid und den Deckbeschichtungen derBlasengrund beständig gegen die elektrochemischenund -osmotischen Einflüsse des Schutzstroms ist.

Die Neigung zur Blasenbildung hängt zunächst von derStoff-Formulierung der Grund- und Deckbeschichtungsowie eines eventuell applizierten Primers ab. Die Bin-demittelbasis der Beschichtungssysteme ist dafür aberallein nicht ausschlaggebend, eher die spezielle Rezepturdes Herstellers. Innerhalb der einzelnen Beschichtungs-systeme ist demzufolge der Streubereich für die Nei-gung zur Blasenbildung außerordentlich groß.

Page 21: Seewasser Bauwerke

Recht geringe Blasenbildung bzw. Freiheit von Blasenbil-dungen und Unterwanderungen sind in der Regel vonBeschichtungen mit Epoxid-Teer- und Polyurethan-Teer-Produkten auf Epoxid-Zinkstaub- oder Epoxid-Eisenoxid-rot-Primern zu erwarten.

Werden Fremdstrom- oder galvanische Anoden bei ge-ringer Leitfähigkeit des Elektrolyten in unmittelbarer Nähebeschichteter Stahlflächen installiert, so ist wegen derdann intensiveren Schutzstromeinwirkung auf die be-nachbarten Flächen im Umkreis der Anoden ein ver-stärkter passiver Korrosionsschutz oder eine sonstigeSchutzmaßnahme vorzusehen, wenn Blasenbildung indiesen Bereichen nicht hingenommen werden kann.

Während der Inbetriebnahme einer mit Fremdstrom ge-speisten kathodischen Schutzanlage darf das Potentialnur allmählich abgesenkt werden, um Beschädigungenan der Beschichtung zu vermeiden.

Beschichtungssysteme, die mit kathodischem Schutzkombiniert werden sollen, sind zunächst in geeignetenPrüfverfahren daraufhin zu untersuchen, ob ihr Einsatzunter den gegebenen Bedingungen vertretbar ist. Aus-sagekräftige Prüfergebnisse können zumeist schon nach6 Monaten erzielt werden.

Zur Untersuchung ist ein Prüfverfahren anzuwenden, beidem die auf Testblechen aufgetragenen Beschichtun-gen in einem wassergefüllten Behälter mit einem Schutz-strom belastet und die sich dabei ergebenden Verände-rungen, wie z. B. Blasenbildungen, Ablösungen undBindemittelerweichungen an der Beschichtung zur Be-urteilung ihrer Verträglichkeit mit dem kathodischenSchutzstrom herangezogen werden.Die Einzelheiten des Prüfungsablaufes sind sinngemäßder STG-Richtlinie 2220, „Verträglichkeit von Schiffs-anstrichen mit dem kathodischen Korrosionsschutz ver-fahren“ zu entnehmen.

Page 22: Seewasser Bauwerke

7 Erforderliche Schutzstromdichten

7.1 Allgemeines

Bei der Schutzstromdichte ( i ) handelt es sich um einenrein statistischen Wert, der sich in der Praxis nicht direktmessen läßt. Er ergibt sich aus dem benötigten Schutz-strom I und der geschützten Oberfläche A:

Genaue Angaben der Schutzstromdichte beziehen sichin der Regel auf ein bestimmtes Objekt bei bestimmtenPotentialverhältnissen. Sie sind im strengen Sinne nichtübertragbar. Die Stromdichten für ein zu schützendesObjekt lassen sich im voraus theoretisch nur sehr schwerbestimmen. Zur Abschätzung können deshalb nur Richt-werte und solche Faktoren aufgeführt werden, die dieRichtwerte beeinflussen (Strömung, Oberflächenzustand).

7.2 Richtwerte für Stromdichten

Um die Werte für die Stromdichten übersichtlich zu hal-ten, ist es zweckmäßig, sie nur auf unbehandelte, d.h.nicht beschichtete Oberflächen zu beziehen. Die Wertefür die beschichteten Oberflächen ergeben sich dannaus der Fehlstellenrate in der Beschichtung.

i = IA

(mA/m2)

Meerwasser, stark strömend (über 3 m/s)

Meerwasser, bewegt

Meerwasser, schwach bewegt

Meerwasser, ruhend

Süßwasser, stark strömend (über 3 m/s)

Süßwasser, bewegt

Süßwasser, ruhend

Boden, belüftet, neutral

Boden, bindig, neutral

Boden, anerob, Mikroben

Boden, tiefe Schichten, sauerstoffarm, neutral

Beton

StromdichtemA/m2

150...200

100...150

50...100

50

60... 100

40... 60

35

30... 35

10... 20

100...450

5... 15

3... 10

Die in Tafel 3 genannten Werte gelten für Stahl-flächen, die mit natürlichen Deckschichten ausKorrosionsprodukten bedeckt sind. Metallisch blan-ke Stahlflächen, wie sie z.B. durch mechanischeBeanspruchungen gebildet werden, erfordern einMehrfaches der Stromdichten: 200...500 %.

Ist mit einer ungleichmäßigen Stromverteilung z.B.an Spundwänden mit sehr tiefen Tälern oder beigeringemAbstand Anode/Kathode zu rechnen, mußdie Stromdichte erhöht werden: 150... 250 %.

Bei sehr dicken Rostschichten, oder wenn mit derAusbildung fest haftender kathodischer Deckschich-ten gerechnet werden kann, erniedrigen sich dieStromdichten auf weniger als 50 %.

In Fällen wie (1), (2) und (3), und wenn Zweifel beider Abschätzung der erforderlichen Stromdichtenbestehen, sollte bei unbeschichteten oder solchenBauwerken, bei denen keine Veränderung in derOberflächenbeschichtung zu erwarten ist, eineSchutzstrombestimmung erfolgen (Versuchsein-speisung).

Die genannten Stromdichten gelten auch für denbeschädigten Flächenanteil in beschichteten Ober-flächen. Sie sind dazu auf die Fehlstellenrate umzu-rechnen.

Die Fehlstellenraten in der Beschichtung müssenentsprechend den möglichen Einflüssen, die Fehl-stellen erzeugen, zukunftssicher bezogen auf dieGesamtdauer der Schutzmaßnahme abgeschätztwerden. Die wesentlich günstigeren Fehlstellenratenim neuwertigen Zustand der Beschichtungen oderzu Beginn der Schutzmaßnahmen sind dabei außerAnsatz zu lassen. Das gilt auch für eine Versuchs-einspeisung, die zukünftige Einflüsse nicht erfas-sen kann.

Tafel 1

Folgende Stromdichten (bezogen auf unbehandelte Ober-flächen) können als Richtwerte für die Berechnung vonSchutzanlagen zugrunde gelegt werden:

1

2

3

4

5

6

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7.3 Zoneneinteilung

Bei beschichteten Bauwerken werden die Gesamtflächenin Zonen aufgeteilt, für die je nach Beanspruchung diezu erwartenden Fehlstellenraten abgeschätzt werdenmüssen (Bild 14).Hierbei können je nach Bauwerksformdie folgenden Richtwerte eingesetzt werden:

Zone 1:Bereich zwischen MThw und ca. l m über MTnw;Schäden durch mechanische Einflüsse, jedoch Repa-ratur der Beschichtung möglich.Fehlstellenrate 10 bis 30 %.

Zone 2:Bereich zwischen ca. l m über MTnw und ca. 1,5 munter MTnw;Schäden durch mechanische Einflüsse;Reparatur der Beschichtung nicht möglich.Fehlstellenrate 30 bis 100 %.

Zone 3:Bereich zwischen ca. 1,5 m unter MTnw und ca. 1 müber Gewässersohle;geringe mechanische Einflüsse, Alterung der Be-schichtung,Reparatur nicht möglich.Fehlstellenrate 20 bis 50 %.

Zone 4:Anschließender Bereich bis zur Gewässersohle;mechanische Schäden durch Sandschliff oder Ge-schiebe, (falls zutreffend, sonst gilt Zone 3);Fehlstellenrate 30 bis 100 %.

Zone 5:Bodenbereich bis Unterkante Beschichtung;keine Vergrößerung der Fehlstellen nach Fertigstellungdes Bauwerks, geringe Alterung.Fehlstellenrate: Bindiger Boden 5 %

Feinsand 5 %Sand 5...10 %Kies 10...15%Maximum 20 %

Zone 6:Bodenbereich zwischen Unterkante Beschichtung undUnterkante Bauwerk;hier kann die Schutzwirkung nach unten hin aus-laufen, wenn neutrale Böden vorhanden sind und auskonstruktiven Gründen kein Korrosionsschutz benötigtwird.Stromdichte 50 %In allen anderen Fällen: Stromdichte 100 %

ErforderlicherSchutzstrom

I

mA/m Wand

Oberfläche(abgew.)

A

m2/m Wand

Fehl-stellen-

ratefr

%

Schutz-strom-dichte

i

mA/m2

Zone

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

Schlick

Sand

Gewässersohle

MTnw

MThw

1.0

1.5

1.0

blan

kw

asse

rsei

tig

e B

esch

ich

tun

g

Unterkante

[ m ]

1 100 10 2,8 28

2 100 50 3,5 175

3 100 20 4,9 98

4 100 50 1,4 70

5 400 5 281,420 10 0,7 1,4

6 20 50 6,3 6,3

Erforderlicher Schutzstrom [ mA/m Wand ] 463,4

* )

* ) Schutzstrom = Stromdichte x Fehlstellenrate x Oberfläche (Abwicklung) [ I = i x fr x A ]

Bild 14 Beispiel für die Ermittlung des Schutzstrombedarfs

Page 24: Seewasser Bauwerke

In Ausnahmefällen, z.B. bei beschichteten Bauwerkenmit geringer Bautiefe im Bodenbereich und relativ wei-tem Abstand Anode/Bauwerk, kann es zu Stromverlustenauf die in der Regel blanken Rückseiten kommen. Indiesen Fällen sind die Rückseiten mit 20 bis 50 % derstromaufnehmenden Flächen anzusetzen.Aus den genannten Prozentsätzen und den zutreffen-den Stromdichten läßt sich der Schutzstrombedarf inAmpere pro Meter Wandlänge oder Ampere pro Pfahlberechnen.Dabei sind bei flachen Wänden (Kastenpfähle mitZwischenbohlen), Rohrpfählen oder stark exponiertenFlächen die höheren und bei Wänden mit tieferen Bohlen-tälern oder wenig exponierten Flächen die kleineren Pro-zentsätze zu berücksichtigen.

Page 25: Seewasser Bauwerke

8 Allgemeine Planungsgrundsätze

Bereits während der ersten Planungsphase einer neuenwasserbaulichen Anlage sollten Festlegungen über Not-wendigkeit und Art eines Korrosionsschutzes getroffenwerden, da dieser nicht nur die bauliche Gestaltung,sondern auch die mögliche Lebensdauer sowie den spä-teren Restwert der Anlage entscheidend beeinflussenkann. Die Entscheidung über diese Fragen hat bereitsAuswirkungen auf die wirtschaftlichen Vergleiche mög-licher Alternativlösungen.

Konstruktionsentwürfe, die rechtzeitig die Belange dervorgesehenen Korrosionsschutzmaßnahmen berücksich-tigen, können einerseits die Wirksamkeit des Schutzeswesentlich erhöhen und andererseits die Investitions-,Unterhaltungs- und Betriebskosten der Anlage verrin-gern.

Wird dagegen den Belangen des Korrosionsschutzes inden anfänglichen Planungsphasen nicht genügend Rech-nung getragen, so ist zu erwarten, daß daraus - zumin-dest beim aktiven kathodischen Korrosionsschutz (KKS)- Mehrkosten und Funktionseinschränkungen resultie-ren. Unter Umständen kann dann der KKS sogar tech-nisch oder wirtschaftlich unvertretbar werden.

Ob ein Korrosionsschutz notwendig wird, ergibt sich aus:• der voraussichtlichen Nutzungsdauer der Anlage,• der bis dahin zu erwartenden Abrostung und• der Beeinträchtigung der Konstruktion durch diese

Abrostung.

Die Belastung aus Korrosion kann durch Auswertungder Ergebnisse von Feldmessungen oder der langfristigvor Ort ermittelten Abrostungsraten an bestehendenBauwerken abgeschätzt werden. Darüber hinaus sindaber auch zukünftig wirksame Einflüsse zu beachten,die die bestehenden Korrosionsbedingungen verändern.Durch Ausbildung von Makroelementen können sich z.B.Zonen mit vervielfachten Korrosionsraten einstellen.

Wegen der grundlegenden Bedeutung des Korrosions-schutzes für die Ausbildung und Gestaltung der Bau-werke sowie für deren Kosten, Lebensdauer und Renta-bilität ist anzustreben, daß alle Grundsatzunter-suchungen und Feldmessungen frühzeitig, spätestensaber bei Beginn der detaillierten Entwurfsbearbeitungabgeschlossen sind.

Die Lebensdauer jedes Teilbauwerkes sollte die geplan-te Nutzungsdauer (Verkehrsalter, vgl. BAU, E 46) über-steigen. Bei Stahlkonstruktionen kann die erforderlicheLebensdauer erreicht werden durch:• Überdimensionierung,• passiven Korrosionsschutz durch Beschichtung,• aktiven Korrosionsschutz durch kathodischen Schutz

mit Fremdstrom oder galvanischen Anoden,• kombinierten Korrosionsschutz durch passiven und

aktiven Schutz.

Ein KKS ermöglicht eine beliebige Verlängerung der Le-bensdauer, wenn eine entsprechende bauliche Unter-haltung oberhalb der Mittelwasserlinie vorausgesetztwird. Damit entfallen dann auch die Unsicherheiten undSchwierigkeiten in der Abschätzung der Korrosionsratenund der möglichen Nutzungsdauer.

Bei Stahlbetonkonstruktionen, die als Alternativen in dieVergleichsuntersuchungen einbezogen werden, ist zuberücksichtigen, daß es keinen absolut rissefreien, al-len Korrosionsangriffen widerstehenden Beton gibt - vorallem nicht bei Rammelementen. Trotz ausreichenderBetonüberdeckung

(s. BAU, E 21 und E 72) können Risse einer gewissenWeite zu Korrosion an der Bewehrung führen. Aktiveoder passive Schutzmaßnahmen sollten also auch hiererwogen werden (KKS, Beschichtung etc.).

Wird auf spezielle Korrosionsschutzmaßnahmen gänz-lich verzichtet, so muß gewährleistet sein, daß die sta-tisch erforderlichen Wanddicken bzw. Querschnitte anjeder Stelle des Bauwerks über dessen gesamte Nut-zungsdauer vorhanden sind. Dieses läßt sich z. B. durchÜberbemessung erreichen. Eine solche Methode findetaber ihre wirtschaftlichen und fertigungstechnischenGrenzen bei höher beanspruchten Querschnitten undgrößerer oder nicht genügend bekannter Abrostung. Dasgilt insbesondere für Schloßbereiche in Spundwändenund bei durchgehend geschweißten Stahlprofilen.

Bei passivem Schutz durch eine Beschichtung ist nachdem heutigen Kenntnisstand davon auszugehen, daß dieGesamtfläche der Beschichtung im allgemeinen nichteine Lebensdauer erreicht, die der Nutzungsdauer desBauwerks entspricht. Daher muß geprüft werden, ob dasBauwerk allein mit passivem Schutz über die geforder-te Nutzungsdauer erhalten werden kann.

Page 26: Seewasser Bauwerke

Die Beeinträchtigung der Konstruktion durch eine mög-liche Korrosion ist dabei zu berücksichtigen. Währenddie verhältnismäßig intensive Korrosion in den Fehlstel-len einer Beschichtung in einem Fall statisch belanglossein mag, kann sie in einem anderen Fall das Bauwerkdurch Perforation gefährden. Das gilt vor allem dann,wenn z.B. die Hinterfüllung herausgespült oder bei Hohl-profilen durch Wasseraustausch beidseitige Korrosionhervorgerufen wird.

Die Lebensdauer einer Beschichtung kann durch Schutzgegen mechanische Schäden aus Schiffsbetrieb undEisgang wesentlich erhöht werden, z.B. durch entspre-chende Profilformen bei geschlossenen Spundwänden,durch vorgebaute Reibehölzer, die bis unter MTnw rei-chen, u.dgl.

Beim passiven Korrosionsschutz ist vor Teilbe-schichtungen, z.B. nur der Zone unterhalb derNiedrigwasserlinie, zu warnen, da bei der Korrosiondurch Makro-Elementbildung die Hauptkorrosionszonelediglich in die benachbarten, unbeschichteten Berei-che verschoben würde.

Eine Korrosionsminderung durch Teilbeschichtung ist nurdann zu erreichen, wenn nicht nur die korrodierendeanodische Zone, sondern auch die kathodische Zonebeschichtet wird, die zwar selbst nicht oder nur wenigkorrodiert, aber die Korrosionsgeschwindigkeit in deranodischen Zone bestimmt.

Technisch und wirtschaftlich sinnvoll können Teil-beschichtungen auch in Verbindung mit kathodischemSchutz sein. Die Beschichtung muß dann aber zumindestbei Neubauten von Oberkante Stahlprofil bis ca. 2,00 munter MTnw reichen.

Für Bauwerke mit längerer Nutzungsdauer kommt inSee- und Brackwasser sowie in aggressivem Süßwas-ser nur der kombinierte Schutz in Betracht.

Bei passivem und kombiniertem Schutz - unabhängigdavon, ob der aktive Schutz sofort vorgesehen oder erstspäter eingebaut wird - sollte im allgemeinen einBeschichtungssystem mit Zinkstaub-Grundbeschichtungnach DIN 55928 gewählt werden.

Wird die Installation eines KKS erst für einen späterenZeitpunkt vorgesehen, so muß diese jedoch bereits beider Planung berücksichtigt werden. Dabei sind alle da-mit zusammenhängenden, konstruktiven Auswirkungenauf das Bauwerk, wie die Aufstellung von Geräten, Halte-rungen für die Anodenkonstruktionen, Verkabelungen,durchgehende elektrische Leitverbindungen innerhalbdes Bauwerks usw. zu beachten.

Außerdem ist in einem solchen Fall die Korrosion anden besonders gefährdeten Bauteilen sorgfältig und lang-fristig zu beobachten, wobei zweckmäßig - bei Teil-beschichtungen zwingend notwendig -, Nullmessungender Wanddicken an Referenzbohlen oder -pfählen durch-zuführen sind. Durch spätere Nachmessungen in blan-ken Bereichen oder an Fehlstellen in der Beschichtungkönnen dann die Korrosionsraten ermittelt und dieAbrostung hochgerechnet werden. Damit läßt sich derZeitpunkt abschätzen, zu dem spätestens der KKS nach-gerüstet werden muß.

Nach dem heutigen Kenntnisstand ist bei Stahlwasser-bauten ein kathodischer Schutz im allgemeinen nur inKombination mit nachweislich geeigneter Beschichtungwirtschaftlich. Obwohl Beschichtungen teuer sind undim Laufe der Zeit teilweise wirkungslos werden, verhältsich der kombinierte Schutz dennoch deutlich kosten-günstiger als der ausschließliche kathodische Schutzunbeschichteter Stahlflächen. Im letzteren Fall ergebensich außerordentlich hohe Kosten für Strom und Ano-den bei Fremdstromanlagen oder für Anodenersatz beigalvanischen Schutzverfahren. Der kathodische Schutzunbeschichteten Stahls sollte daher nur als Notlösungund nicht planmäßig in Betracht gezogen werden.

Eine Beschichtung kann auch losgelöst von wirtschaft-lichen Erwägungen allein aus technischen Zwängen not-wendig werden. Dies gilt immer dann, wenn es beischwierigen geometrischen Verhältnissen, im Brack- undSüßwasserbereich, oder bei drohender Beeinflussungvon benachbarten Anlagen erforderlich ist, eine ausrei-chende Stromverteilung bei geringen Stromdichten zugewährleisten. Probleme dieser Art lassen sich ohnefachkundige Hilfe oft nicht erkennen.

Page 27: Seewasser Bauwerke

9 Erforderliche Voruntersuchungen und Messungen

9.1 Untersuchung der korrosivene Einflüsseaus dem Wasser

Bei Errichtung eines Bauwerks, das sofort oder späterkathodisch geschützt werden soll, oder vor dem Einbaueiner Schutzanlage an bestehenden Bauwerken sind fürdie Konstruktion und Bemessung dieser Anlage Vorun-tersuchungen und Messungen erforderlich. Untersuchungder korrosiven Einflüsse.

In natürlichen Wässern sind Salze, vorwiegend Chlori-de aber auch Sulfate und Bikarbonate gelöst. WeitereAnionen spielen im allgemeinen nur eine untergeordne-te Rolle. An Kationen herrschen Natrium, Kalium,Calzium und Magnesium vor. Der Salzgehalt von natür-lichen Wässern liegt zwischen nahezu 0 % bei Quell-wässern aus Urgestein und ca. 3,5 % im Meerwasser.In besonderen Fällen treten noch höhere Werte auf.Besonders zu beachten sind durch Einleitungen verun-reinigte Wässer und z.B. Wässer aus der Tiefe (Mine-ralquellen oder Bergbau). In diesen Fällen können zu-sätzliche Anionen und Kationen vorhanden sein oderungewöhnlich hohe Konzentrationen der eingangs ge-nannten.Vom Salzgehalt des Wasser hängt seine spezifischeLeitfähigkeit (gemessen als χ bei 20 °C in µS/cm) bzw.sein spezifischer Widerstand (gemessen als ρ in Ωcmoder Ωm) ab.

Geeste oberhalb Tidesperrwerk Bremerhaven

Geeste unterhalb Tidesperrwerk Bremerhaven *)

Elbe bei Hamburg Altona

Weser bei Bremerhaven

Seewasser bei Helgoland

Küstenwasser bei Cuxhaven *)

*) Je nach Tidephase

400

400 - 14000

1000

4000 - 30000

37000

9000 - 33000

LeitfähigkeitµS/cm

Beispiele, spezifische LeitfähigkeitMittelwerte

Tafel 2

Aus der Leitfähigkeit ergeben sich wichtige Folgerun-gen für die Planung von Korrosionsschutzanlagen wieAufwand für die Anodenanlage und die zu erwartendeStromverteilung.Die Leitfähigkeit ist abhängig von der Temperatur undwird deshalb als „spezifische Leitfähigkeit“ bei Bezugs-temperatur, (meistens 20 °C) gemessen. Ihr Tempera-turkoeffizient liegt bei natürlichen Wässern zwischen 2,0und 2,5 %/°C. Der formelmäßige Zusammenhang lau-tet:

Damit halbiert ein Wasser bei Abkühlung von 20 °C imSommer auf 0 °C im Winter seine Leitfähikeit nahezu.Das hat wesentliche Auswirkungen auf die Stromabgabevon Schutzanlagen und auf die Verteilung des Schutz-stroms.Die Korrosionsgeschwindigkeit ist abhängig vomSauerstoffgehalt des Elektrolyten. Er fällt mit steigen-der Temperatur von 14,6 mg/l bei 0 °C auf 9,2 mg/l bei20 °C bei gesättigtem Süßwasser. Trotzdem nimmt dieKorrosion mit steigender Temperatur nicht ab, da dieDiffusions- und Reaktionsgeschwindigkeit des Sauer-stoffs ansteigt, was das Weniger an Sauerstoff über-kompensiert.In diesem Zusammenhang muß beachtet werden, daßauch bei geringem Sauerstoffgehalt die Korrosions-geschwindigkeit kaum beeinflußt wird. Erst wenn er sichWerten unter 2 mg/l nähert, kann mit bedeutsamer Ver-ringerung der Korrosionsgeschwindigkeit gerechnet wer-den.

Wichtiger als der Gehalt an Sauerstoff ist dessen Diffu-sion aus dem Elektrolyten an den Stahl, wobei Strö-mungsgeschwindigkeiten, Turbulenzen und Durchlässig-keit von Böden, und bei bestehenden Bauwerken auchBewuchs, Deckschichten aus Korrosionsprodukten oderBeschichtungsreste von Bedeutung sind.Die Wirksamkeit des kathodischen Schutzes und dieFunktion von Schutzanlagen wird von Calzium-, Mag-nesium- und Phosphat-Ionen beeinflußt. Ohne die beidenerstgenannten Ionen ist ein effektiver kathodischerSchutz kaum realisierbar, da sich keine kathodischenDeckschichten bilden. Das wäre z.B. der Fall in einemFlußwasser ohne oder mit sehr geringer Wasserhärte,aber mit deutlichen Gehalten an Kohlensäure und Sau-erstoff, oder in einem Moorwasser. Normale Fluß- undGrundwässer enthalten jedoch ausreichende Mengender benötigten Kationen.In verunreinigten Wässern können Phosphat-Ionen auskommunalen Abwässern vorhanden sein. Diese bildenab kritischen Gehalten dichte Deckschichten auf Zink-und Aluminiumanoden, die die Stromabgabe ganz oderteilweise verhindern. Von welcher Konzentration anPhosphate stören, hängt von der Anwesenheit und Men-ge anderer Anionen, wie z.B. Chloriden, Sulfaten undNitraten, und der spezifischen Stromdichte, das heißtder Belastung der Anoden ab. Hohe Chloridgehalte wieim Meerwasser machen den Einsatz der genanntenOpferanoden meistens unbedenklich, in Brackwässernist aber schon Vorsicht geboten.

χt = χ20 [1 + α(t - 20)]

χt

χ20

α

= Leitfähigkeit bei beliebigem Temperaturwert t= Spezifische Leitfähigkeit bei t = 20 °C= Temperaturkoeffizient ca. 2,0 bis 2,5 %/°C

Page 28: Seewasser Bauwerke

Unbekannte Wässer sollten untersucht werden auf:

• Wassertemperatur (am Probeort messen)• Sauerstoff (am Probeort messen)• spezifische Leitfähigkeit (bezogen auf 20 °C)• Sulfate• Chloride• Phosphate• Calzium• Magnesium• Sulfide bzw. H

2S in Gewässersohle

In industriell verunreinigten Wässern muß die Analyseerweitert werden auf:

• alle Halogenide• Mangan

Ferner ist zu entscheiden, ob mehrere Wasserprobenaus unterschiedlicher Tiefe, bei unterschiedlichen Was-serständen und Wasserführungen für eine sinnvolle Be-urteilung erforderlich sind.Umfangreichere Analysen zur Beurteilung der Boden-und Wasseraggressivität wie z.B. im Rohrleitungsbauwerden für Stahlwasserbauwerke nicht benötigt.

9.2 Durchführungen der Messungen

Bei der Bestimmung des spezifischen Wasser-widerstands in Ωcm wird im allgemeinen eine „Soilbox“zusammen mit einer Wechselstrom-Widerstands-meßbrücke verwendet. Dabei kann genau genommennur der effektive Wasserwiderstand bei Meßtemperaturund nicht der spezifische Widerstand erfaßt werden,weshalb immer gleichzeitig die Probentemperatur ge-messen und der Widerstand entsprechend korrigiert wer-den muß, wenn Meßwerte miteinander zu vergleichensind.Die Umrechnung von spezifischem Widerstand ρ in spe-zifische Leitfähigkeit χ erfolgt nach der Formel:

χ = (1/ρ) x 106; (106/Ωcm) = µS/cm

Exakter ist die Messung der spezifischen Leitfähigkeitmit speziellen Meßgeräten, die die Probetemperatur er-fassen und automatisch auf die spezifische Leitfähig-keit bei normierter Bezugstemperatur (meist 20 °C) kom-pensieren.Die Umrechnung von spezifischer Leitfähigkeit in spezifi-schen Widerstand erfolgt nach der Formel:

ρ = (1/χ) x 106; (106/µS/cm) = Ωcm

Es ist zu prüfen, ob das Wasser Leitfähigkeitsunter-schiede abhängig von der Wassertiefe zeigt. Gegebe-nenfalls sind Proben in der voraussichtlichen Höhenla-ge der künftigen Anoden zu entnehmen.Leitfähigkeits- bzw. Widerstandsmeßreihen sind immerzusammen mit den zugehörigen Temperaturmeßreihenaufzustellen, da bei der Berechnung der Anodenanlagebeide zusammen ausgewertet werden.Zur Langzeitbeobachtung eignen sich Datenlogger.

9.3 Potentialmessung am Bauwerk

9.3.1 Allgemeines

An einem bestehenden, zu beurteilenden oder zu schüt-zenden Bauwerk kann aus den freien Korrosions-potentialen auf die Korrosionsgeschwindigkeit, denSchutzstrombedarf und die Gleich- oder Ungleich-förmigkeit der Korrosion qualitativ geschlossen werden.Die Ableitung von zahlenmäßigen Angaben ist jedochnicht möglich.Die Potentiale von Baustahl für allgemeine Verwendungliegen meist innerhalb folgender Bereiche:

• Süßwasser: -430 bis -530 mV/(AgCl)• Meerwasser: -530 bis -600 mV/(AgCl)

Die mehr positiven Werte deuten darauf hin, daß diekorrodierenden Oberflächen mit Deckschichten ausKorrosionsprodukten überzogen sind. Mit deren zuneh-mender Dicke verringert sich die Korrosionsge-schwindigkeit bzw. der Schutzstrombedarf.Die mehr negativen Werte weisen auf eine hohe (An-fangs-) Korrosionsgeschwindigkeit oder das Fehlensauerstoff-diffusionshemmender Deckschichten hin. Einhoher Schutzstrombedarf ist zu erwarten.Aus Potentialunterschieden lassen sich korrosions-verstärkende Elementbildungen erkennen. Ursachendafür sind z.B. der Tidenhub, spontane Polarisationenoder Werkstoffunterschiede bis hin zu hochlegierten,nichtrostenden Stählen (im folgenden Edelstahle genannt)oder Buntmetallen.Anodische Bereiche können zumindest während derInbetriebnahmephase deutlich mehr Strom benötigen alskathodische.

Page 29: Seewasser Bauwerke

Darauf muß bei entsprechend intensiver ElementbildungRücksicht genommen werden, indem die Anoden-verteilung oder Bemessung der Schutzstromgeräte oderbeides angepaßt werden. Nach einigen Betriebsjahrensind Elemente, die nicht auf Edelstählen u.ä. beruhen,durch Deckschichtenbildung beseitigt. Elemente aufBasis Baustahl/Edelstahl (oder Baustahl/Buntmetall)werden sofort nach Schutzstromunterbrechung wiederaktiv, unabhängig von der Betriebsdauer des kathodi-schen Schutzes.Streuströme lassen sich durch schnell schwankendePotentiale erkennen.

9.3.2 Durchführung der Potentialmessungen

Potentialmessungen in diesem Sinne werdenstichprobenartig über das Bauwerk verteilt ausgeführt.

Deuten die Messungen durch signifikante Streuungenauf Elementbildungen hin, muß speziell auf diese unter-sucht werden. (In Meerwasser gelten Potentialunter-schiede von wenigen mV bereits als bedeutsam!)

Dazu werden die Potentialmessungen rasterförmig (z.B.1 Meter x 1 Meter bei einer Spundwand) über das ge-samte Bauwerk ausgeführt. Dabei muß sehr genau ge-arbeitet werden, da es auf geringe Potentialunterschiedevon wenigen mV ankommen kann. Aus den Differenzenwird auf die örtliche Verteilung von anodischen und ka-thodischen Oberflächen geschlossen.

9.4 Versuchseinspeisung mit Fremdstrom

9.4.1 Allgemeines

Der Schutzstrombedarf einer ebenen, räumlich abge-grenzten und unbeschichteten Stahlfläche läßt sich nachErfahrungswerten abschätzen. An Bauwerken ist es je-doch genauer, wenn mit einer sogenannten Versuchs-einspeisung eine Schutzanlage, im günstigsten Falle einTeilabschnitt der vorgeplanten realen Schutzanlage si-muliert wird. Dabei werden provisorische, entsprechendleistungsfähige Anoden und ein mobiles Schutzstrom-gerät installiert. Bei der notwendigen Vorpolarisation mithohen Stromdichten sind diese so zu begrenzen, daßvorhandene Beschichtungen nicht beschädigt werden,und die Wirkung der Stromeinspeisung je nach örtlichenBedingungen über Stunden, Tage oder gar Wochen mitDatenloggern zu überwachen.

Zwingend erforderlich sein können Versuchsein-speisungen an Bauwerken mit alter, d.h. in ihrer Wirk-samkeit nicht mehr einschätzbaren Beschichtungen, anteilbeschichteten neuen Bauwerken, an nicht flächigenBauwerken, bei erkannten Elementbildungen, bei Spund-wänden mit tiefen Tälern, wenn der Abstand Anode/Ka-thode nur gering sein darf (Schiffe), und in ähnlichenFällen, die Schwierigkeiten bei der Stromverteilung mit-sichbringen.

Da die Versuchsanlage naturgemäß nur einen kleinenTeil eines größeren Bauwerks abdecken kann, sind dieStromverluste in die Randbereiche hinein bei der Aus-wertung zu berücksichtigen oder durch eine besondereVersuchsanordnung zu kompensieren. Auch mit demBauwerk in Verbindung stehende Stahlbetonobjekte kön-nen eine Versuchseinspeisung verfälschen.

Der Versuch soll an repräsentativer Stelle ausgeführtwerden. Bei einem nicht gleichförmigen Bauwerk ist un-ter Umständen an mehreren Stellen zu messen.

Die Versuchsanoden sind derartig anzubringen, daß sieeiner künftigen Anodenanlage realitätsnah entsprechen.Insbesondere ist eine zu enge Anodenverteilung zu ver-meiden. Der mit Versuchsanoden abgedeckte Bereichmuß genügend groß sein, damit die Meßergebnisse ohneVerfälschung durch die Randzonen ausgewertet wer-den können.

Vor der eigentlichen Schutzstrombestimmung ist genü-gend lange vorzupolarisieren. Über die Dauer entschei-den die erzielten Potentialwerte bzw. deren Abkling-kurven, mit denen sich die Vorpolarisation beurteilenläßt.

9.4.2 Durchführung eines Einspeiseversuchs mitFremdstrom

Nach der Vorpolarisation werden unterschiedlich hoheVersuchsströme mit Haltezeiten eingestellt und aus denjeweils erzielten Potentialen und den zuzuordnendenOberflächen die spezifischen Stromdichten errechnet.

Stromdichten und Potentiale stehen über eine Exponen-tialfunktion miteinander in Zusammenhang. Durch In-ter- oder Extrapolation lassen sich die Meßergebnissehinsichtlich der interessierenden Potential- oder Strom-dichtebereiche auswerten.

Page 30: Seewasser Bauwerke

Neben der Ermittlung der Stromdichten, die für sich al-lein wenig aussagen, sollte während des Versuchs dieStromverteilung bei gegebener, durchdachter Anoden-anordnung untersucht werden. Ggf. ist die Anoden-verteilung zu optimieren.

Versuchseinspeisungen sind dafür geeignet, zweifelhafteelektrische Durchverbindungen zwischen Spundbohlen,Leitern, Fendern, Bauwerksfugen usw. zu überprüfen.

V A

Meßelektrode

Anode

(+)(-)

Mobiles Schutzstromgerätmit Datenlogger fürStrom - Spannung - Potential

Bild 15 Versuchsaufbau, Einspeiseversuch mit Fremdstrom

9.5 Versuchseinspeisung mit galvanischenAnoden

9.5.1 Allgemeines

An größeren Bauwerken, die mit galvanischen Anodengeschützt werden sollen, wird ebenfalls empfohlen, eineVersuchseinspeisung durchzuführen. In diesem Falle istes sogar zweckmäßig, dazu die Anodenart zu verwen-den, die endgültig zum Einsatz kommen soll. Dabei las-sen sich auch die Art der Anodenhalterung, der elektri-sche Anodenanschluß und Schutzmaßnahmen gegenmechanische Schäden an den Anoden in der Praxis tes-ten. Eine Versuchseinspeisung mit galvanischen Ano-den geht über eine Versuchseinspeisung im engeren Sin-ne hinaus und dient gleichzeitig als Versuchsbetrieb dergeplanten Schutzanlage. Damit lassen sich alle Unsi-cherheiten, die mit der Planung galvanischer Schutzan-lagen verbunden sind, im Praxisversuch erfassen undausschalten.

9.5.2 Durchführung eines Einspeiseversuchs mitgalvanischen Anoden

Voraussetzung ist, daß ein Vorentwurf bereits vorliegtin einer Durcharbeitung, die eine funktionierende Schutz-anlage mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten läßt. Einfreies Experimentieren - wie bei einer Versuchsein-speisung mit Fremdstrom - ist hier nicht unbedingt mög-lich, weil die Montage der galvanischen Versuchsan-oden relativ aufwendig und die Versuchszeiten, bis sichErgebnisse einstellen, vergleichsweise lang sind.

Der Bauwerksbereich, in dem der Versuch stattfindensoll, muß repräsentativ für das Gesamtbauwerk seinhinsichtlich Bauwerksgeometrie, Schutzstrombedarf undmechanischer Beanspruchung der Anoden.

Der Versuchsbereich sollte mindestens die doppelteBreite der Wassertiefe bezogen auf MThw haben. Einzu eng bemessener Versuchsbereich macht eine wirk-lichkeitsgetreue Auswertung unmöglich. Empfohlen wirddie vierfache Breite der Wassertiefe.

Um die Vorpolarisation zu beschleunigen, können - nurvorübergehend - Anoden mit höherer Treibspannung in-stalliert oder Fremdstrom verwendet werden. Der Anteilan der Schutzstrombilanz ist bei der Versuchsauswertungzu berücksichtigen.

Der Aufbau der Polarisation sollte vorzugsweise mitDatenloggern überwacht werden. Das gewährleistet, daßEinflüsse aus Jahreszeiten, kurz- oder langfristigen Än-derungen der Wasserzusammensetzung, Tideeinflüssenusw. auf die Potentiale erkannt und den Aufzeichnungenzeitlich zugeordnet werden können.

Page 31: Seewasser Bauwerke

Nicht unbedingt notwendig, aber empfehlenswert ist es,einzelne der Versuchsanoden so anzubringen, daß ihreStromabgabe registriert werden kann. Im Meßkreis zwi-schen Anode und Schutzobjekt dürfen dabei nicht mehrals 2 bis 5 mV an Anoden-Treibspannung verloren ge-hen.

Je nach Zwischenergebnissen können zusätzliche oderüberzählige Anoden hinzugefügt oder entfernt werden.Keinesfalls jedoch sollen unterschiedliche Anoden-werkstoffe miteinander kombiniert werden (AusnahmeVorpolarisation).

Die Versuchsdauer sollte mindestens 12 Monate(Jahreszyklus) betragen. Bei Zweifeln, ob während desVersuchs normale Verhältnisse angetroffen wurden(Wasserzusammensetzung, Temperaturen ...), sollte derVersuch fortgeführt werden, bis die Übertragbarkeit aufeinen jahrzehntelangen Betrieb der geplanten Schutz-anlage gesichert erscheint.

Nach Versuchsabschluß werden die Anoden demontiert,und die Stromabgabe anhand des Materialverbrauchsberechnet. Zusätzlich aufgewendeter Strom für die Vor-polarisation durch Zusatzanoden oder Fremdstrom istdem so ermittelten Anodenverbrauch zuzuschlagen.

Bei der Versuchsauswertung sind Randeinflüsse durchdie außerhalb des Versuchsbereichs liegenden Flächenzu berücksichtigen. Es empfiehlt sich, nur einen un-beeinflußten, mittleren Bereich auszuwerten, z.B. dasmittlere Drittel. Daher ist von vornherein darauf zu ach-ten, daß der Versuchsbereich eine dafür geeignete Sym-metrie aufweist.

Die Versuchsergebnisse müssen mindestens eindeuti-ge Schlüsse auf die Anodenverteilung, die Anodenformenund die Anodenlebensdauer der künftigen Anlage zu-lassen.

Bei genügend langer Versuchsdauer sind praktischeErfahrungen mit der Art der Anodenbefestigungen mög-lich. Es ist z.B. absehbar, ob zusätzliche Maßnahmenfür den Schutz der Anodenkonstruktion gegen Eis- undSeegang oder anderweitige mechanische Beanspru-chungen getroffen werden müssen.

Page 32: Seewasser Bauwerke

10 Technische und wirtschaftliche Aspekte aus Planung,Bauausführung und Betriebsüberwachung

Bild 16 Seewasserbauwerk und Schutzsysteme

10.1 Einführung

Im Stahlwasserbau wird neben der passiven Beschich-tung meistens auch der aktive kathodische Korrosions-schutz eingesetzt. Dabei können grundsätzlich zwei un-terschiedliche Schutzsysteme zur Anwendung kommenund zwar:• fremdstromgespeiste Anlagen und• Anlagenmittels galvanischer Anoden.

Die Vor- und Nachteile der beiden Schutzsysteme sindin den vorhergehenden Kapiteln ausführlich behandelt.Der Schutz miitels galvanischer Anoden lässt sich wirt-schaftlich nur bei guter Beschichtung des Schutzobjektesund somit bei geringem Strombedarf durchführen. Dasist häufig bei kleineren Objekten oder auch beiÖlplattformen und Offshore-Leitungen der Fall.Aus Erfahrung werden heutzutage für Seewasserbau-werke vorwiegend Fremdstromanlagen eingesetzt, umunvermeidbare Beschädigungen der passiven Beschich-tung und deren Alterung Rechnung zu tragen.

10.2 Planung von kathodischen Korrosions-schutzanlagen

Eine technisch und wirtschaftlich optimale Lösung vonKKS-Anlagen für Seewasserbauwerke lässt sich nurdann verwirklichen, wenn bereits während der Aus-führungsplanung des Bauwerkes der Fachingenieur fürKorrosionsschutz hinzugezogen wird. Dieser entschei-det, abgestimmt auf die Bauwerksplanung und die zuerwartenden Beanspruchungen, über die Art und Me-thodik des anzuwendenden kathodischen Schutzes, plantdie Anlage im Detail und sorgt dafür, dass die für denkathodischen Korrosionsschutz (KKS) erforderlichenMaßnahmen in die Ausführungsplanung des Bauwerkeseinfließen.Diese Detailplanung ist Grundlage einer entsprechen-den Ausschreibung, um technisch vergleichbare Ange-bote ausführender Firmen zu erlangen.Jedes nachträgliche Tätigwerden des Fachingenieursnach Abschluss der Bauwerksplanung oder gar nachBaubeginn oder Fertigstellung zwingt zu Kompromissen,zu Änderungsarbeiten und vermeidbaren Kosten.Ein nicht unerheblicher Kostenanteil von kathodischenKorrosionsschutzanlagen (KKS) für Seewasser-Bauwer-ke ist für Beton- und Stahlwasserbauarbeiten anzuset-zen. Er kann für Bauwerke, bei denen der KKS nach-träglich geplant und installiert wird, je nach Art des Bau-werkes ca. 30 bis 60 % der Gesamtkosten betragen.Dieser Kostenanteil läßt sich um ca. 20 bis 50 % redu-zieren, wenn bei der Planung und Errichtung des Bau-werkes die bautechnischen Maßnahmen für den KKSmit berücksichtigt werden, was zu einer Gesamtkosten-ersparnis von bis zu 30 % führen kann.Ein weiterer, manchmal erheblicher Anteil sind die Kos-ten für den Einsatz von Tauchern zur Montage von Ano-

den und Elektroden. Auch hierbei können durch Berück-sichtigung von konstruktiven Maßnahmen bei Planungund Bau die Kosten für die Montage, aber auch für denspäteren Betrieb auf ein Minimum reduziert werden.Die im Einzelnen bei der Planung und beim Bau zu be-rücksichtigenden bautechnischen Maßnahmen sindnachfolgend aufgeführt.

Page 33: Seewasser Bauwerke

10.2.1 Sicherstellung der Kathoden-leitfähigkeit aller zu schützendenStahlflächen

Je nach Art des Bauwerkes kann dies durchdie verschiedensten Konstruktionen durch-geführt werden. Meist reicht ein Verschweis-sen von Stahlteilen oder Bewehrungsstählenaus. Nur in Sonderfällen sind zusätzlicheKabelverbindungen erforderlich. Dann wirdes notwendig, zusätzliche Kabelschutzrohreoder Schachte vorzusehenDas nachträgliche Herstellen der Kathoden-längsleitfähigkeit ist technisch immer auf-wendiger und teurer.

Bild 17 Kathodenlängsleitfähigkeit

10.2.2 Verhinderung vonElementbildung anÜbergängen Stahl-Stahl/Beton

Eine häufige Korrosionsursachean Seewasserbauwerken ist dieElementbildung an ÜbergängenStahl-Stahl/Beton sowohl imUnterwasserbereich als auch überWasser.Auch hierbei kann durch geeigne-te konstruktive Maßnahmen oderauch durch Isolierung und Be-schichtung die Korrosionsgefahrerheblich reduztiert werden.

Bild 18 Verhinderung von Elementbildung

Page 34: Seewasser Bauwerke

Bild 19 Halterungen für Anoden und Elektroden

10.2.3 Halterungen für Anoden undElektroden

Die betriebssichere Befestigung von Fremd-strom-Anoden und Referenzelektroden direktan Spundwänden, Dalben, Rammpfählen,Schleusentore usw. muß konstruktiv gut ge-plant sein.Bei der Anordnung und Festlegung der Kon-struktion von Halterungen spielen Faktoreneine Rolle, wie z.B. Geometrie des Bau-werks, die Wasserverhältnisse, Strömung,Eisgang, anlegende Schiffe und Treibgut.Da Anoden und Referenzelektroden je nachWekstoff und Bauart eine begrenzte Lebens-dauer aufweisen, sollten die Halterungen sokonstruiert und angeordnet werden, daß so-wohl die Montage, die Erreichbarkeit für Ins-pektionen, die Reparatur als auch der Aus-tausch der Anoden und Referenzelektrodenmöglichst ohne großen technischen Aufwandund ohne Tauchereinsätze durchgeführt wer-den kann.Diese Forderung hat zugunsten der späte-ren Betriebs- und Wartungskosten Prioritätvor der Höhe der Investitionskosten.

10.2.4 Kabelwege

Verlauf und Dimensionierung der Kabel-schächte, Kabeltrassen und Kabelschutz-rohre für Anoden-, Kathoden-, Netz-versorgungs- und Mess-/Steuerkabel soll-ten unter Berücksichtigung der Kabelwegefür die sonstigen Elektoinstallationen fest-gelegt werden. Häufig können gemeinsameKabelwege genutzt werden.Kabelschächte und Kabelschutzrohre soll-ten so geplant werden, daß nach Fertigstel-lung des Bauwerkes, keine zusätzlichenStemmarbeiten am fertiggestellten Beton beider Installation der kathodischen Korrosions-schutzanlage erforderlich werden.

Page 35: Seewasser Bauwerke

Bild 20 Kabelwege

10.2.5 Standorte für Schutzstromgeräte,Verteilerkästen und Überwachungseinheiten

Schutzstromgeräte, Verteilerkästen und Überwachungs-einheiten sind oft erschwerten Betriebsbedingungenausgesetzt. Dazu gehören: hohe Luftfeuchtigkeit, er-schwerte Kühlung, Überflutungsgefahr, tropische Bedin-gungen, beengte Raumverhältnisse, Ablagerungen u.ä.Aufgrund dessen ist es zweckmäßig, die elektrischenBetriebgeräte einer Korrosionsschutzanlage innerhalbvon überflutungssicheren Gebäuden zu installieren. Derentsprechende Raumbedarf verbunden mit den erfor-derlichen Kabelwegen sind während der Bauplanung zuberücksichtigen.

Bild 21 Standort für Schutzstromgeräte

Page 36: Seewasser Bauwerke

10.2.6 Detailplanung

Um alle vorgenannten bautechnischen Maßnahmen beiPlanung und Bau der Gesamtanlage berücksichtigen zukönnen, wird es erforderlich, auch das kathodischeKorrosionsschutzsystem im Detail zu planen. Diese Not-wendigkeit wird an dem nachfolgenden Beispiel zur Be-stimmung von Anodeneinbauorten verdeutlichtDie entscheidenden Kriterien hierbei sind der Schutz-bereich und die zu erwartende Lebensdauer jeder ein-zelnen Anode unter Berücksichtigung der spezifischenKonstruktionen der Bauwerke, wie unterschiedliche Be-schichtungen Grund/Wasser oder auch mögliche Strom-schattenbereiche sowie eine homogene Potentialverteilungüber den gesamten Schutzbereich.Zur Berechnung der Schutzbereiche sind die ParameterSchutzstromdichte und spezifischer Widerstand des Me-diums, aber auch tidenabhängige Unterschiede in Was-serstand und Leitwert erforderlich.Der Anodentyp und die Bauform werden letztlich von derzu erzielenden Lebensdauer und der Anodenstromdichtebestimmt.

Die geometrische Anordnung beziehungsweise Konstruk-tion der Anodenhalterung ist mitentscheidend für die Ho-mogenität der Potentialverteilung.Dieses Beispiel zeigt, dass eine Detailplanung des katho-dischen Korrosionsschutzes sowie die enge Zusammen-arbeit im Vorfeld der allgemeinen Bauplanung zwischendem planenden Ingenieur der Gesamtanlage und demKorrosionsschutzingenieur erforderlich ist, um eine opti-male technische und wirtschaftliche Lösung zu erzielen.

Einige Beispiele aus der Vergangenheit, bei de-nen in der vorher beschriebenen Form verfahren wurde,zeigten, dass weitgehend auf Tauchereinsätze für Unter-wasserarbeiten, Montagen mit Arbeitsbooten und auchauf tiden- und strömungsabhängige Arbeiten verzichtetwerden konnte.Neben den wirtschaftlichen Aspekten bei diesem Kon-zept sind auch noch die Vorteile der verkürzten Bauzeitenund der einfacheren Kostenermittlung der anbietendenKorrosionsschutzfirmen zu beachten.

Bild 22 Planungsparameter

Page 37: Seewasser Bauwerke

10.3 Anlagenteile Korrosionsschutzsystem

Fremdstromgespeiste kathodische Korrosionsschutz-systeme für Seewasserbauwerke bestehen aus folgen-den Anlagenteilen:

• Schutzstrom-Speisegeräte• Anoden und Anodenhalterungen• Referenzelektroden• Verkabelung, Klemm- und Verteilerkästen• Regel- und Überwachungseinheiten

10.3.1 Schutzstrom-Speisegeräte

Als Schutzstrom-Speisegeräte kommen vorwiegendhandelsübliche, netzbetriebene Schutzstromgeräte zurAnwendung. In Sonderfällen können auch alternativeStromversorgungen, wie Solar-, Thermo- oder Wind-generatoren eingesetzt werden.Bekanntlich ist jede Korrosionsschutzanlage ein maß-geschneidertes, auf das jeweilige Bauwerk angepass-tes Schutzsystem. Das gilt auch für die Auswahl derSchutzstromgeräte.Wie in nachfolgender Auflistung dargestellt, kann dasSchutzstromgerät durch eine Vielzahl von Variations-möglichkeiten den Erfordernissen der maßgeschneider-ten Anlage angepaßt werden.

Aufstellungsort

Ausführung

Netzversorgung

Ausgangsregelung(spannungskonstant)

Ausgangsregelung(potentialregelnd)

Ausgangsregelung(stromkonstant)Ausgangsregelung(rechnergestützt)

- innerhalb- außerhalb- im Überflutungsbereich- im Ex-Bereich- luftgekühlt- ölgekühlt- überflutungssicher- explosionsgeschützt- einphasig- dreiphasig- in Stufen- Stelltrafo-Hand- Stelltrafo-Motor- Zwei-Punkt-Regelung- Mikroprozessor- Transduktor- Thyristor- Mikroprozessor- elektronisch- Mikroprozessor- elektronisch

Die Erfahrung hat gezeigt, daß für Seewasserbauwerkemeistens spannungskonstante Schutzstromgeräte ein-gesetzt werden können. Potentialregelnde- oder strom-konstante Geräte sind nur in Sonderfällen erforderlich.Elektronisch gesteuerte Geräte haben den Vorteil dereinfachen Überwachung und die Möglichkeit der durch-gehenden Dokumentation.

10.3.2 Anoden und Anodenhalterungen

Für Seewasserbauwerke werden zylindrische Anodenbevorzugt. Neben den zylindrischen oder konischenAnodenformen können im Wasser in Sonderfällen auchscheiben- und blockförmige Anoden eingesetzt werden.Die nach heutigem Stand der Technik zur Anwendungkommenden Anodenwekstoffe sind:• Eisen Silizium-Chrom• Magnetit• platiniertes Titan/Niob/Tantal (Ti/Nb/Ta)• metalloxidbeschichtetes TitanDie früher gelegentliche verwendeten Graphit- und Blei/Silber-Anoden werden heute praktisch nicht mehr ein-gesetzt.Die nachfolgende Tabelle zeigt die wichtigsten Eigen-schaften der heute zur Anwendung kommenden Anoden-werkstoffe.

Magnetit

Eisen Silizium-Chrom

Platiniertes (Ti/Nb/Ta)

Metalloxidbeschichtetes Titan

Abtrags-rate

g/A x a

Aus-nutzung

%

Max. Strom-dichteA/m2

Spannungs-begrenzung

V

20

500

0,08

0,04

90

90

90

90

70

50

600

600

keine

keine

12/40/80

12

Anodenwerkstoff

Abhängig vom jeweiligen Bauwerk und Korrosions-schutzsystem können grundsätzlich alle Anoden-werkstoffe eingesetzt werden.Aus wirtschaftlichen- sowie aus technischen Aspektenbetrachtet, ist die Magnetit Anode mit ihrer nahezu un-begrenzter Einsatzmöglichkeit, heutzutage die favori-sierte Anode für Seewasserbauwerke.Die Konstruktionsmerkmale für Anodenhalterungen istausführlich unter 10.2.3 beschrieben.

10.3.3 Referenzelektroden

Für die Überwachung und Regelung von Korrosions-schutzanlagen werden dauerhaft installierteReferenelektroden eingesetzt.Die heute üblichen Referenzelektroden und deren wich-tigsten Eigenschaften sind nachfolgend aufgelistet:

Bauart

Potential bezogen auf

H2 Elektrode

Temperaturbereich

Potentialstabilität

Cu/CuSO4

Feststoff

+0,32 V

0 - +57° C

±10 mV

Zn 99,99%

Feststoff

-0,77 V

0 - +57° C

±10 mV

Ag/AgCl

Feststoff

+0,22 V

0 - +57° C

±10 mV

Cu/CuSO4

Zn 99,99%

Ag/AgCl

Kupfer/Kupfersulfat-Elektrode

Zinkelektrode

Silber/Silberchlorid-Elektrode

Page 38: Seewasser Bauwerke

Zur Verwendung kommen nur noch Feststoff-Elektro-den die eine lange Lebensdauer und gute Potential-stabilität gewährleisten.Für die Elektrodenhalterungen gelten in Bezug auf Bau-form dieselben Kriterien wie für die Anodenhalterungen.Bei der Anordnung sollte darauf geachtet werden, daßsowohl die Potentiale im Bereich des Spannungstrichtersder Anoden als auch an den Überschneidungen derSchutzbereiche gemessen werden können.

10.3.4 Verkabelung, Klemm- und Verteilerkästen

Als Verbindungskabel zu Kathoden, Anoden und Elek-troden werden im Überwasserbereich standardmäßigeein- oder mehradrige PVC Kunststoffkabel vom Typ NYYverwendet.Bei größerer mechanischer Belastung und im Unter-wasserbereich vollten mittelschwere Gummischlauch-Leitungen vom Typ H07RN-F zum Einsatz kommen.Ein besonderes Problem kann im Bereich von Anodenauftreten, an denen kein Wasseraustausch stattfindet,oder im Schlick. Durch die chemischen Reaktionen anden Anoden konzentriert sich das umgebende Mediumstark auf, was eine Übersäuerung des Mediums undauch Chlorgasbildung zur Folge haben kann. In solchenFällen ist es empfehlenswert säure- und chlorgas-beständiges PVDF Kabel zu verwenden.Auf Klemm- und Verteilerkästen sollte, wenn dafür nichttrockene und überflutungssichere Räume zur Verfügungstehen, verzichtet werden. Statt dessen sollten nur hoch-wertige Gießharzmuffen zu verwendet werden. Klemm-und Verteilekästen sollten robust und korrosions-beständig sein.

10.3.5 Regel- und Überwachungseinheit

Die Art der Regel- und Überwachungsmöglichkeit vonKorrosionsschutzanlagen ist stark mit dem erforderli-chen Personaleinsatz während des Betriebes verbun-den. Je nach Größenordnung und Komplexität der Anla-ge mus jeweils individuell entschieden werden, welcheMaßnahmen diesbezüglich sinnvoll sind.Bei großen Schutzanlagen mit vielen Schutzbereichen,großen Entfernungen oder erschwerter Zugänglichkeit,sind Einrichtungen für Fernüberwachung und Fernsteu-erung zu empfehlen.Bild 23 zeigt schematisch Regel- und Überwachungs-einheiten die zum Einsatz kommen können.

Bild 23 Regel- und Überwachungssysteme

10.3.5.1 Fernüberwachung der Schutzanlagen

Hierbei werden die Einschaltpotentiale von den Schutz-anlagen und gegebenenfalls anderen ausgewähltenMesspunkten zu einer Messwarte übertragen. Es ist auchmöglich, den Gesamtschutzstrom und Anodeneinzelströmezu übertragen. Um die Schutzfunktion einer Anlage beur-teilen zu können, reicht es jedoch meistens aus, dasPotential zu überwachen. Die übertragenen Wertekönnen über Grenzwertfühler auf einen Sammelalarmgeschaltet werden.

10.3.5.2 Fernüberwachung und Fernregelung derSchutzanlagen

Hierbei wird zusätzlich zur Überwachung die Möglich-keit geschaffen, den Schutzstrom der Anlagen zu re-geln und zusätzlich über eingebaute Zeitschalter dieAnlagen rhytmisch zu schalten um eine Prüfung der Aus-schaltpotentiale zu ermöglichen.

Page 39: Seewasser Bauwerke

10.3.5.3 Rechnergestützte Fernüberwachung undFernregelung der Schutanlagen

Rechnergestützte Regelungen und Überwachungen wer-den heute bei komplexen Schutzsystemen eingesetzt.Der Vorteil solcher Anlagen liegt in der Vielfalt der tech-nischen Möglichkeiten, die nachfolgend aufgelistet sind:

n Auswahl der Regelung• spannungskonstant• stromkonstant• potentialkonstant

n Die menügeführten Funktionsabläufe können gra-fisch dargestellt und über Funktionstasten ausge-führt werden. Zum Beispiel:• Bauwerk mit Schutzbereichen• Schutzströme der Anlagen• Anoden-Einzelströme• Potentiale

n Frei wählbare Speichermöglichkeit aller Betriebs-daten auf Datenträger und somit durchgehende Do-kumentation

n Automatische Erstellung von Meßprotokollen

n Analyse und Regelung der Anlage über Modeman-schluss

10.4 Betrieb und Überwachung

Beim Betrieb von kathodischen Korrosionsschutzanlagenist darauf zu achten, daß die Schutzwirkung ständig er-halten bleibt. Dazu ist es erforderlich, daß die Anlagenvon Fachpersonal oder eingewiesenem Betriebspersonalüberwacht wird.Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, daß gelegentlichBetriebspersonal den kathodischen Korrosionschutznicht mit der notwendigen Ernsthaftigkeit betrachtet.Teilweise aus Mangel an Fachkenntnis oder auch ausZeitgründen wurden wichtige Funktionsdaten der Anla-gen nicht gemessen oder ignoriert.Beispiele aus der Vergangenheit haben gezeigt, daßdurch nicht ordnungsgemäßen Betrieb der Anlagen dieSchutzwirkung über einen längeren Zeitraum nicht ge-geben war, oder auch die Bauwerksbeschichtung durchÜberschutz beschädigt wurde.Wie im vorgehenden Kapitel erwähnt, ist die Intensitätder personellen Überwachung von dem installiertenÜberwachungssystem abhängig.

Bild 24 Rechnergestützte Fernüberwachung ud Fernregelung

• Wenn keine Fernüberwachung installiert ist (dies isthäufig bei kleineren Anlagen der Fall), ist eine wö-chentliche Funktionskontrolle der Schutzanlagenempfehlenswert. Hierbei sind nur die Werte an derSchutzanlage wie Strom, Spannung und Potentialaufzunehmen und zu dokumentieren. Bei größerenAbweichungen sind die Ursachen zu erkunden undzu beheben.Einmal jährlich sollten die Korrosionsschutzanlagenkomplett überprüft werden, d.h. die Aufnahme alleraktuellen Werte im Vergleich mit den Werten der In-betriebnahme und Abnahme. Bei Bedarf ist eine Neu-einstellung vorzunehemen.

• Bei fernüberwachten Anlagen kann auf die wöchent-liche Funktionskontrolle verzichtet werden. Jedochsollte das System auch hierbei jährlich komplett über-prüft werden.

Zusammenfassend ist festzustellen, daß die Schutz-wirkung von Korrosionsschutzanlagen nur sichergestelltist, wenn sie auch zuverlässig betrieben und überwachtwerden. Nur dann erfüllt die Investition für die Installati-on des Kathodischen Korrosionsschutzes ihren Zweck.