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    Bemerkungen zuDingan sich und transzendentalem GegenstandinKants Kritikder reinen VernunftvonHorstSeidl,Mnchen

    Zur Gegenstandserkenntnis gehrt nach Kants Lehre in der Kritik der reinenVernunft zweierlei: erstlich der Begriff, dadurch berhaupt ein Gegenstand ge-dacht wird (die Kategorie), und zweitens die Anschauung, dadurch er gegebenwird (B146, vgl. 137, A 247). Damit aber der kategoriale Begriff aufGegebenesin der sinnlichen Ansch auun g bezogen werden knne, hlt Kant es fr notwendig,da die Bedingungen dieser sinnlichen A nsc hau ung im S ubjekt selbst liegen, und dieGegenstnde nur so erkannt werden knnen, wie sie im Subjekt gem den sinn-lichen Bedingun gen erscheinen, nicht w ie sie unab hng ig von diesen Be dingu nge nan sich sind. Der Erkenntnisbereich wird so auf die bloen Erscheinungen ein-gegrenzt, dieDinge an sich die da erscheinen, werden aus ihm ausgeklammert; ihrBegriff ist nur noch ein problematischer Grenzbegriff. Mit der Ausklammerung derDinge an sich steht nun aber die E infhrung des sogenannten transzendentalenGegenstandes in Zusammenhang, wie sich besonders aus dem Kapitel Von demGrunde der Unterscheidung aller Gegenstnde berhaupt in Phaenomena undNoumena* ersehen lt. Der t ranszendentale Gegenstand tritt innerhalb desErkenntnisbereiches gleichsam an die Stelle des Dinges an sich. Dieser Zusammen-hang soll im folgenden anHand des genannten Kapitels nher untersucht werden(inTeil II), wobei wir zunchst(inTeilI) von einem Problem bezglich der Dingean sich ausgehen. Das Ergebnis wird uns abschlieend (in Teil III) zu kritischenberlegungenzum transzendentalen Gegenstand veranlassen1.

    In Adickes bekanntem Buch ber das Ding an sich bei Kant2 sind auch jeneTexte zusammengestellt, welche sich ber dieses in widersprchlicher Weise zuuern scheinen.Whrend eine Reihe von Stellen die Mglichkeit von Dingen ansich in Zweifel zieht oder berhaupt leugnet (so z. B. B 308 8: Selbst die Mg-lichkeitderDingean sich,die den Kategorien entsprechen sollen, lt sichgarnicht Die vorliegende Arbeit kann die Probleme zum Ding an sichbei Kant nicht ausfhrlich,sondern nur unter dem angegebenen, begrenzten Gesichtspunkt bercksichtigen. Aucherwhnt sie nicht die umfangreiche Kritik, d ie sdion seit den Tagen Kants an dem Dingan sich gebtworden ist, weilsieunser Problem nicht berhrt.* E.Adickes, Kantund dasDingansia Berlin 1924.20*

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    306 Horst Seidleinsehen*3); rumen andere, weniger zahlreiche Stel len eine solche Mglichkeitdurchaus ein (sohe i t es BXXVVI, da wir eben d iese lben Ge gens tnde [d ieuns al sE rscheinungen gegeben s ind] auchalsDinge an sich selbst, wenn gleichnichterkennen ,doch wen igs tensmssend e n k e nknnen 4).Der Wid erspruch lst sich zunchst so auf, da es sich um den Gegensatz vonErkennbarke i tund Nichterken nbarke i t , aber Denkbarke i t hand e l t . Danach leugnetd ie e ine Textgruppe d ie Mgl ichke i t, Dinge an sich kategorial zu erkennen wh-rend die zweite Gruppe die Mglichkeit zult , s ie wenigstens zu denken. DieseLsung geben d ie meis ten Kant-Interpre ten, so auch Adickes5. In e ine r ande r enHinsicht jedoch findet sich be i ihnen einegroe Kontroverse, nmlich hinsiditlidid e r Existenz bzw. Gegebenheit der Dinge an s ich. Die meisten l teren und jnge-re n Kant-Interpre ten habensie in idealistischem Sinne vers tande n,d. h. alsbloGedachtes, al s Denkprodukt , Idee , Fikt ion (so Bede, Fichte, Vaihinger, Cohen,Winde lband u.a.). De mge ge n be rhat d ie realistische Auffassung ihren strk-sten Ver t re ter in Adickes (neben Riehl ) gefunde n,d er sichin berzeuge nde r Weiseau f zahlreicheTexte berufen kann, d ie ausdrcklich vom (realen, auersubjek-t iven) Daseinder Dinge an sich sprechen,so z. B. in denP rolegomena 13 II, wosich Kant gegen den Vorwurf des Ideal ismus verteidigt: Ich dagegen sage: Essind uns Dinge als auer uns befindliche Gegenstnde unserer Sinne gegeben... ,fe rner Kritik der reinen Vernunft B3089, w o Kant sagt:...selbst d ie Mg-lichkeit der Dinge [an sich], die den Kategorien entsprechen sollen, lt sich garnicht einsehen , und etwas weiter unten fortfhrt : auch mag es Verstandes-wesen geben, au f welche unser s innl iches Anschauungsvermgengar ke ine Bezie-hung hat... . Aus den Texten ergibt sich, d a auerhalb d e s Subjekts Dinge ansich existieren, jedoch etwas fr uns gnzl ich Unerkennbares, Unbest immtessind.Man mu hinzufgen, d a sie nach K an t nur in d er praktischen Philosophie einebestimmbare,e rkennbare Bed eutung gewinnen6.An Adickes' Auffassung knnte man wohl nur insofern Kritik ben, als er be-hauptet, f r Kant sei an allen einschlgigenTextstellen d ie Existenz von Dingenan sich eine Selbstverstndlichkeit 7. Dies ist jedoch nicht der Fall; denn d i eExistenz der Dinge an sich, obwohl eine reale auersubjektive, ist doch nur einevon der kr it ischen Vernun ft zuges tandene ,d. h. von eben derse lben Vernunft , d ied e n erkennbaren Gegens tandsbere ich auf die bloen Erscheinungen eingrenzt .(Der V erstand also, ebe n dad urch, da er E rscheinunge n annimm t, gesteht auchd asDasein von D ingen an sichselbstzu. )8 Vgl.auch A 30, 38, 43,2523,256,B1945,Pro/. 32.4 Vgl.auchA251,Pro/. 13 II, 57.5 Kantund dasDingan sich S. 52.6 Als sittliches Subjekt , freier Wille , vgl. z. B. BXXVI Anm., XXVIII, B5669, 574,

    vgl. 131 und Pro/. 3437. Diese r Gesichtspunkt hat O.W.Miller, The KantianThing-in itself or The Creative Mind New York 1955, veranlat, d ie Dinge an sich imidealist ischenS i nneals offsprings of the I-in-itself* zu verstehen (S. 60F.).7 Kant und das Ding an sich S. 10 und fters.

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    Ding an sichund transzendentaler Gegenstand 307In jngster Zeit hat Casula8 zwischen der realistischenund idealistischen Auf-fassung der Dinge an sichzuverm itteln versucht, indem er zwischen demsthetik-und dem Analytikteil der Kritik der reinen Vernunft eine Entw icklung idealisti-scher Tendenz feststellt, und zwar von realistisch verstandenen zu idealistisch

    verstandenen Dingen an sich, in R ichtung auf einen (subjektiv) imm anentenKonstruktivismus des (Erfahrungs-JObjekts . Die Entwicklung ist fr Casulazugleich eine solche von der kategorialen Erkennbarkeit der Dinge an sich zu ihrerbloen Denkbarkeit. Er legt dar, da die Analytik (besondersin der transzenden-talen Deduktion) ber die sthetik einen wichtigen Schritt hinausgeht, weil indieser die Erfahrungsgegenstnde zunchst nur durch die subjektive Raum-Zeit-Anschauung bedingt werden wobei noch die Mglichkeit offen bleibt, die Dingean sichkategorial zu erkennen , dann aber in der transzendentalen Analytikder Ph nom enha ftigkeit der G egens tnde auch die Kategorien selbst entsprechen,indem diese (gem der transzendentalen Deduktion) nur auf das in der Raum-Zeit-Anschauung Gegebene anwendbar sein sollen, wobei sich nun auch die Mg-lichkeit, die Dinge an sich kategorial zu erkennen, gar nicht mehr einsehenlt.Dies ist zwar durchaus richtig bemerkt, desungeachtet liegt aber unseresErachtensdoch nur ein systematischer Gedankenfortschritt vor, nicht eine denkerische Ent-wicklung Kants, und betrifft nur den Gesichtspunkt der Erkennbarkeit oderNichterkennbarkeit, aber Denkbarkeit der Dinge an sich, nicht ihre Existenz bzw.Gegebenheit als solche. Diese wird weder durch die Lehre der transzendentalensthetik, noch die der A nalytik ausgeschlossen. Casulas Un tersuch ung ist aberinsofern ntzlich, als sie uns lehrt, das Problem hinsichtlichder Dinge an sich indem greren Zusammenhang von Kants Lehre der Gegenstandskonstitution zusehen.In dieser Weise werden auchwir im folgenden vorgehen.Wenn also an der realen Existenz von Dingen an sich bei Kant, auf Grundzahlreicher und eindeutiger Textzeugnisse, die Adickes anfhrt, festzuhalten ist, sodochmit der kritischen Einschrnkung,da sie fr Kantkeine Selbstverstndlich-keit ist, sondern eine von der kritischen Vernunft zugestandene und insofernauch wiederum eine gedachte* Existenz. In dieser Richtung mte das obenbezeichnete Problem hinsichtlich der Dinge an sich gelst werden. Die Lsungwrde sowohl der realistischen* als auch der idealistischen Auffassung Rech-nungtragen. Freilich mte Gedachtsein bzw. Denken der Existenzvon Din-gen an sich eine andere Bedeutung haben als das in Kategorien sich vollziehende.Diese andere Art von Denken wre brigens schon fr das Erfassen von Gegeben-heit der Geg enstnde in der Ersc heinu ng erforderlich. Tatschlich best tigen diesStellen aus dem Kapitel ber die transzendentale Deduktion. Sie betreffen dasDenken von Gegenstand berhaupt, das demIdi-denkeund d. h. der Einheit desBewutseins selbst entspricht (A 109). Diese geht aller kategorialen ErkenntnisdesGegenstandes als deren intellektuelle Form vorher, wodurch das [gegebene]8 M.Casula,La dottrina kantiana sulla ,Co a in se(:Realismo o idealismot in: GiornalediMetafisica 1959, S. 360 ff.

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    308 Horst ScidlM a n n i g f a l t i g e , als zu Einem Objek t gehr ig , gedacht wird (A 12930). S ie istob jek t ive B ed ing ung a l l e r E rkenn tn i s , nidit d eren i ch b lo se lbst bed ar f , um e inObjek t zu e rkenn en , sondern un te r d e r jede An schauung s tehen mu , um f r michObjekt zu werden (B 138). In diesen Bes t immungen ha t K a n t of fenbar k e i n e nWid e rsp ruch gesehen, obwohl in ihnen , wenn man sowill, e in realistisches** undein ideal is t isches M oment zusa mm eng ehen , so fern nml ich e inerse i ts d ie Ge-gebenhe i t von Gegens t and gedach t sein, andererse i t s aber durch d as Subjekt n ichtgesetzt sein sol l. W as nun die Dinge* an sich betr i f f t , so l iegen bei ihn en dieselbenzwe i Momen te vo r , w ie oben gezeigt. Obwohl vom Subjek t unabhng ig gegebenexistierend, sollen sie doch von ihm gedacht sein , un d zwar un te r d em Begriffeinesgnzl i ch unbe st imm ten Gege nstandes (Etwas) berhaup t .

    IID er Begriff eines Gegenstandes (Etwas) b e rh a u p t wird von Kant a ls der

    eines t r anszenden ta l en Gegens tandes sowohl a n d e r schon erwhnten Stel leA 109 ( ferner A 104) a ls auch in demKapitel Von d em G r u n d e d er Unterschei-dung a l l er Gegenstnde berhaupt in Phaenomena un d Noumena e ingefhr t .Diesem wenden wir uns je tz t zu, um den Zusammenhang zwischen D i n g an sichun d t ranszend enta lem Gegenstand nher zu untersuchen.D er G r u n d der imTitel genannten Unterscheidung liegt i n d e rNatur d er Ver-n u n f t selbst, d ie dadurch , da s i e den erkennbaren Gegen standsbere id i auf Er-scheinungen eingrenzt , zu dem Begriff d er Erscheinung no twend ig d en Gegen-begriff eines Dinges an sichbildet.S of h r t d ie Fassung A zur Ursache, weswegenm an d en Phaenomenis noch Noumena zugegeben hat , aus: Es folge schon ausd em Begriff einer Erscheinungberhaupt,

    d a ihr etwas entsprechen msse, was an sich nicht Ersd ie inung ist, we i l Ersd i e inungnidits fr sidi selbst, un d auer unserer Vorstel lungsart sein kann , mithin... d as Wor tErsd i e i nung sdion e ine Bez iehung auf e twas anze ig t , dessen unm i t te lbare Vors te l lungzwarsinnl ich ist, w as aber an sich selbst, audi ohne d iese Beschaffenhei t unse re r Sinnlidikelt...Etwas, d. i . e in von d e r S inn l id ike i t unabhng ige r Gegenstand se in mu*9.

    D ie Fassung B stellt fest: Es liege schon im Begriff d er Erscheinungen wo-durch w ir hinsichtl ich d e r Gegenstnde die Art , w ie wir s ieanschauen , von ihrerBeschaffenheit an sich selbst un terscheiden ,

    d a w ir entweder eben d iese lben [Gegenstnde] nach d ieser l e tz te ren Besdiaffenhei t ,w e n n w ir si egleichin derse lbennidit ansd iauen , oder audi ande re mgl id i e Dinge , d ie g arnidit Objek te unserer S inne s ind , a ls G e g e n s t n d eblo d u r d i d en Vers tand gedacht , j enen[E rsd i e inungen] gleichsam gegenberstel len,und s ieVers tandeswesen (Noumena ) n e n n e n 10 .

    9 A25152.10 B 306.

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    Ding an sich und transzen dentaler Gegens tand 309D erKontext beider Stellen hebt nachdrcklichhervor, da dieNoumena fr unsgnzlich unbest immt und unerkennbar seien. Dies is t wohl der wichtigste Ge-sichtspunkt desvorliegenden Kapitels. B evor wir auf ihn eingehen, machenwir aufeinen anderen Gesichtspunkt aufmerksam, da nmlich Dinge an sich,d. h . unab-

    hngig vom Subjekt existieren. Dies geht schon aus den zitierten Stellen hervor,ferner weiter unten aus B2089: ...den Sinneswesen korrespondieren zwarfreilich Verstandeswesen, auch mag es Verstandeswesen geben, au f welches uns ersinnlichesAnsc hauungsvermgen gar keine Beziehunghat... .DerText entsprichtdem oben zitierten, B306: ...wenn wir sie [sc. die Gegenstnde] gleichin der-selben [sc. in der Beschaffenheit an sich] nicht anschauen, oder auch andere mg-liche Dinge, die gar nicht Objekte unserer Sinne sind... . Die hier formulierteAlternative scheint hinsichtlich der Dinge an sich eine Unterscheidung zu treffen inSinnesdinge an sich die sich der Sinnesanschauung nicht so darbieten, wie sie ansich sind) und Verstandesdingen an sich die sich der Sinnesans ch auung gar nichtdarbieten, sondern nur einer intellektuellen). Kant drfte dann frei l ich nur denVerstandesdingen an sichExistenz zug estandenhaben11.Da dieDinge an sich bzw. die Noumena, obgleich existierend, fr unsgnzlichunerkennbar sind, legt Kant mit groer Ausfhrl ichkeit dar. Er greift bei derBegrndunghierzu aufdieErgebnisse der transzendentalen sthet ik und Analytikzurck A235/B294 A248/B305): Die Gegenstnde sind uns nur als Erschei-nungen der sinnlichen Anschauung gegeben, und die reinen Verstandsbegriffe bzw.11 Vgl. hierzu die Stelle in der Vorrede B XX, die von Dingen an sich in dengenannten

    zwei Bedeutun gen spricht. Sie fh rt aus, da dieKritik die Vernun fterkenntnis auf denErfahrungsbereich, die Ersdieinungen, einsdirnke, die Sache an sich selbst dagegen[sc. die Noumena] zwar als fr sich wirklich, aber von uns unerkannt, liegen lasse.Denn das, was uns notwendig ber die Grenze der E r fa h r ung und aller Ersdieinungenhinaus zu gehen treibt, ist das Unbedingte, welches die Vernunft in den Dingen an sichselbst [sc. den Noumena] notwendig und mit allem Recht zu allem B e d i n g t e n . . . ver-langt. Findet sich nun, wenn man annimm t, unsere Erfah rungse rkenntnis r ichte sichnachden [sinnlichen] Gegenstnden als Dingen an sich selbst, da das Unbedingte ohneWiderspruch gar nicht gedacht werden knne; dagegen, wenn man annimmt, unsereVorstellung der Dinge, wie sie uns [sinnlich] gegeben werden, richte sich nicht nachdiesen, als [sinnlichen] Dingen an sich selbst, sondern diese Gegenstnde vielmehr, alsErsdieinungen, richten sich nach unserer Vorstellungsart, der Widerspruch wegfal le ; undda folglich das U nbedingte nicht an Dingen, sofern wir sie kenn en sie uns [sinnlich ]gegeben werden), wohl aber an ihnen, sofern wir sie nicht kennen, als Sachen an sichselbst [sc. N oumena], angetro ffen werden m ss e: so zeigt sich, da was wir anfangsnur zum Versuche annahmen [sc. die kopernikanische Wende hinsichtlich des Bedin-gungsverhltnisses von Objekt und Subjekt], gegrndet sei*. Der Text knnte in sichwidersprchlich erscheinen; denn Kant lehnt hier einerseits Dinge an sich ab, da sienicht nur die Erfahrungserkenntnis , sondern auch das von der Vernunft geforderteUnbedingte unmglich machten, lt aber andererseits die Mglichkeit von Dingen ansich zu, da nur an ihnen jenes Unbedingte der Vernunft angetroffen werde. DerWiderspruch lst sich auf, wenn man sieht, da der Text von Dingen an sich inzweifacher Bedeutung spricht, als Sinnesdingen an sich und Noumena an sich. Nurletzteren aber rumt erdie Existenz ein.

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    310 Horst ScidlKategorien k o m m e n n u r in Bezug auf diesezu Anwendung, sind also blo vonempir ischem Gebrauch. Unsere Erkenntnis ist damit auf den Erfahrungsbereicheingeschrnkt, sie trgt nicht ber d ie Grenzen des sinnlich Anschaubaren hinaus.Das Denken aber inKategorien allein ohne Beziehungauf Anschauungbleibt reinformal , bewirkt keine objektiv gltige) Erkenntnis. Die zwei gesonderten Fas-sungen d er Seiten A 24953 und B3059 haben folgende zwei wesentlicheP u n k t egemeinsam:

    (1) Der Gegenbegriff zur Erscheinung, das Noumenon, legt eine AnwendungderKategorien auf esnaheund scheint damit einendieErkenntnis (ber den sinn-lichen Erfahrungsbereich hinaus) erweiternden Gebrauch der Kategorien zu ver-sprechen. A250: Also wrde es,auer dem empirischen Gebrauch der Katego-rien...noch einen reinen und doch objektivgltigen geben,undwir knnten nichtbehaupten..., da unsere reinen Verstandeserkenntnisse berall nichts wren alsPrinzipien der Exposition der Erfahrung... B3057: Nun fragt sich, obunsere reinen Verstandesbegriffe nicht in Ansehung dieser letzten [sc. Noumena]Bedeutung haben, und eine Erkenntnisart derselben sein knnten. Der Verstandversucht, sichvom Noumenon Begriffe zu machen, und, da er keine anderen alsKategorien hat, stellt er sich vor, da es durch diese reinen Verstandesbegriffemssegedacht werden knnen .

    (2) Die hier gemachte Annahme wird jedoch widerlegt, weil wir Menschen diedem Noumenon entsprechende intellektuelle Anschauung nicht besitzen. So hat dasNoumenon garkeine positive Bedeutung, sondern nur dieeines negativen proble-matischen Grenzbegriffes, ist also kein Gegenstand der Erkenntnis, A252/B 3078.

    Diese Widerlegung enthlt nun zugleich eine wichtige Bestimmung des Gegen-standsbegriffes alssolchen, worauf es uns besonders ankommt. In jeder Erkenntnisnmlich werden gegebene) Vorstellungen auf eine gedachte) gegenstndlicheEinheit bezogen. Nun bietet sich dem Verstand Gegenstndliches in zweifacherWeise dar: als Erscheinungund alsNoumenon. Mit der Verwerfung desNoume-non impositiven Sinne bzw. seiner Zulassung imblo negativen Sinne) wird derGegenstandsbegriff verkrzt auf einunbestimmtes Etwas= X. Dieses fhrt dieFassungA 250 alstranszendentalesObjekt ein:

    Alle unsereVorstellungen werden in der T at durch den Verstand au f irgendein Objektbezogen, und,d a Ersdieinungen nidits als Vorstellungen sind, so bezieht sie der Verstandauf ein Etwas als den Gegenstand der sinnlichen Anschauung: aber dieses Etwas ist inso-fern nur das transzendentaleObjekt.Dieses bede utet aber ein Etwas = X, wovon wir garnichtswissen... welches nur als ein Correlatum der Einheit der Apperzeption zur Einheitdes Mannigfaltigen in der sinnlichen Anschauung dienen kann, vermittelst deren derVerstand dasselbe in den Begriff einesGegenstandesvereinigt.A 253:Das Objekt, worauf ich die Erscheinung berhaupt beziehe, ist der transzendentaleGegenstand, d. i. d er gnzlich unbestimmte Gedanke vo n Etwas berhaupt. Dieser kannnicht das Noumenon heien; denn ich wei von ihm nicht, was er an sich selbst sei, und

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    Ding an sichund transzendentaler Gegenstand 311habe gar keinen Begriff von ihm, als blo von einem Gegenstande einer sinnlichen An-schauung berhaupt, der also fr alleE rscheinungen einerleiist.

    Die FassungB 307 bemerkt, da der Verstand ausIrrtum dazu verleitet wird,den ganz unbestimmten Begriff von einem Verstandeswesen, als einem Etwasberhaupt auer unserer Sinnlichkeit, fr einen bestimmten Begriff von einemWesen, welcheswir durch den Verstand auf einige Art erkennen knnten [sc. freinNoumenon],zuhalten*.

    Wie aus den Texten zu ersehen, tritt der transzendentale Gegenstand an dieStelle desNoumenon.Er ist,wie dieKategorien selbst, einerseits transzendentalenUrsprungs, d. h. er entstammt nicht der Sinnlichkeit, sondern dem Verstand,andererseits ist er nur auf sinnliche An sch auu ng anwen dbar, und zwar als die er-forderte Einheit des sinnlich Gegebenen, auf welche dieses durch die Kategorien zubeziehen ist. Worauf nun aber besonders zu achten ist und die Kant-Interpretengewhnlich nicht aufmerksam machen, ist dies: Obwohl nmlich der Begriff destranszendentalen Gegenstandes vom Nou menon scharf abgesetzt und in seinerAnwendung nur auf sinnlich Gegebenes eingeschrnkt wird, bewahrt er doch einendeutlichen Zusammenhang mit demNoumenon alsDingan sichundverrt weiterseine Herkunf t aus ihm; denn wenigstens als unbest immtes Etwas-berhaupt wirdja gerade auch das Ding an sich gedacht, wenn und sofern ih m eine Existenzauerhalb des Subjekts zugestanden wird, mag es auch sonst kategorial unerkenn-bar sein. SoltKant nachderzitierten Stelle B 307 ein Verstandeswesen auerunserer Sinnlichkeit* zu (d. h. ein Noum enon, Ding an sich, auerhalb des Sub-jekts), aber nur gedacht durch den ganz unbest immten B egriff eines Etwasberhaupt (d. h. durch einen Begriff, der dem des transzend entalen Gegens tandesgleichkommt). Auch die oben angezogene Stelle aus Prolegomena 13 II st immtmit dem hier Gesagten berein, wenn sie einerseits feststellt: Es sind uns Dingeals auer uns befindliche Gegenstnde unserer Sinne gegeben , anderersei ts aberfortfhrt: allein von dem, was sie an sich selbst sein mgen, wissen wir nichts.Sie bleiben uns gnzlich unbekannt , also.jenes unbest immte Etwas, alswelchesauchdas transzendentale Objekt charakterisiert ist.Zusammenfassend gesehen ergibt sich: Fr die kategoriale Erkenntnis ist dertranszendentale Gegenstandsbegriff bei Kant auf die Erscheinungen der subjekt-immanenten Sinnesanschauung eingeschrnkt insofern ist er auch vom Ding ansich scharf abgesetzt und tritt gleichsaman seine Stelle ; wie aber die Erschei-nungen auf Dinge an sich als auf ein unbest immtes Etwas-berhaupt , was auer-halb des Subjekts existiert, bezogen bleiben, so behlt auch der transzendentaleGegenstandsbegriff einen Zus amm enha ng mit den Dingen an sich und erstreckt sichber die Erscheinungen hinaus auf etwas subjekt-transzendentes Existierendesberhaupt. (So laufen in diesem Begriff gewissermaen ein idealistisches und einrealistisches Momentzusammen12.)12 Zu einem hnlichen Ergebnis kommtH. E. Allison,Kant s Concept of the Transcenden-

    tal Object in: Kant-Studien 59 (1968): da bei Kant der Begriff dest r anszendenta lenObjekts in zwei Bedeutungen vorliege: 1. Als existierendes Ding an sich und 2. als der

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    312 Horst SeidlIII

    DasErgebnis wollen wir nochetwas verdeutlichen, um daran eineabschlieendeber legung kr i t i scher Art anzufgen . In dem Abschnitt Von der Synthesis derRekogni t ion im Begri f fe der Fassung A der transzendentalen Deduktion wird ina u f f a l l e n d e r Weise zwischen den B e m e r k u n g e nberdie Begriffe und Vorstellungeneinersei tsund b e r die transzendentaleApperzeptionandererseitsder Begriff vomGegenstande berhaupt e ingefhr t . A104: Und hier ist esnotwendig, sich da r-ber verstndlich zu machen, was man denn unter dem Ausdruck eines Gegen-s tandes der Vorstellungen meine. Er selbst bedeute noch keine Erkenntnis, son-dern knne nur als etwas berhaupt X gedacht werden und liege allenBe-griffen bzw. Vorstellungen als einheitlicher Bezugspunkt zugrunde. Dabei betontnun Kant mehrmals die Notwendigkeit des Gegenstandsbegri f fes . Er ist das not-wendigeKorrelat zumdenkendenSubjekt,das was dawider ist , d. h. ihmgegen-steht. Dadurch nimmt der Gegenstandsbegr if f den Zug einer irreduziblen Ge-gebenheitim Denkenselbstan13.Er ist das, was dieEinheitunserermannigfaltigenVorstellungen notwendig macht , und ist gerade dadurch notwendiges KorrelatdestranszendentalenSubjekts,das nur vermittelst seiner ammannigfaltig Gegebe-nen Einheit wirken kann. Auf die genannten Aspekte kommt Kant, nach denBemerkungen berdietranszendentaleApperzeption,nochmals zurck,A1089:

    Nunmehro werden w ir auch unseren Begriff von einem Gegenstande berhaupt riditi-ge r best immenknnen...: Der reine Begriff von diesem transzendentalen Gegenstande

    transzendentale, einheitlidie Bezugspunkt der Ersdieinungen (S .1823). Er bemerktdazu richtig: Dadurch, da das transzendentale Objekt in der ersten Bedeutung, alsDing an sich, unerkennbar sei, msseKant es in der zweiten Bedeutung nehmen, in derallein es Erkenntnisobjekt sei (S.184). A llison f ormul iert da nn, m it Kritik gegen Kant ,ein Problem, dastei lweise wieder mit dem von uns (weiter unten, Teil III) dargestelltenhnlich ist. E s liegt darin thatKant wants at one and the same time both to af f i rm th eexistence of transcendental objects or things in themselves corresponding to appearan-ces; and, since these objects are unknowable, to hold that by our concept of an objectcorresponding to appearances w e cannot mean such entities, but merely th e necessarysynthetic unity of te appearances themselves . Die Formulierung cannot mean suchentities ist zw ar zu korrigieren, da Kant an der Mglichkeit festhlt, das Ding ansidi, wenn es audi unerkennbarist, wenigstens als existierendes Etwas X zu denken.Damit is t aber das hier genannte Problem keineswegs behoben, sondern versdiiebt sichnur, denn da s Denken realer Existenz eines Etwas berhaupt mte von anderer A rtsein als daskategorial erkennende un d bliebe von KantsSystem aus unerklrbar.13 Der 18 der transzendentalen Dedukt ion (Fassung B) ber die objektive Einheit desSelbstbewutseins knnte vielleicht nahelegen, da die notwendige Beziehung desMannigfalt igen der A nschauung zum Einen: Ich denke den Begriff des Obje kts konsti-tuiere (Fr. Delekat, mmanuel Kant Heidelberg 1963, S .99). G enau genomme n jedochist die objektive Einheit vom Gegenstandsbegriff her gefordert und insofern von ihmkonstituiert, nicht von der transzendentalen Apperzept ion. Diese leistet und er fl l tvielmehr je ne geforderte Einheit, un d z w a r durchden Gegenstandsbegriff, indemsie dasgegebeneM annigfal tigein einenBegriff vom Objekt vereinigt (B 139).

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    Dingan sichund transzendentaler Gegenstand 313(der wirklich bei allen unseren Erkenntnissen immer einerlei=X ist), ist das, was allenunseren empirischenB egriffen berh aupt Beziehung auf einen Gegenstand, d. i.objektiveRealitt verschaffen kann...

    Objektive Realitt gewinnen die Begriffe bzw. Erkenntnisse nach Kant nurdadurch, da ihnen etwas Gegebenes in der sinnlichen Ansc h auung korrespondiert.Dies betont schrfer die Fassung B , wonach das Denken eines Gegenstandesberhaupt durch einen reinen Verstandesbegriff fr uns nur Erkenntnis werdenkann, sofern dieserauf Gegenstndeder Sinne bezogenwird 14.

    Abschlieend ergibt sich uns folgende kritischeberlegung: Zwei A spekte habensich am transzendentalen Gege nstands begriff gezeigt: (a ) Einerseits ist er zweifel-los ein reiner Verstandesbegriff und gehrt dem Bereich des Denkens an (dies seinidealistisches Moment), (b ) andererseits beinhaltet er auch die Gegenstndlich-keit, Gegebenheit, Existenz des anschaulich Gegebenen selbst, wie die angefhrtenTexte besttigen,d. h. eine nicht mehr auf das Denken im Subjekt rckfhrbare,sondern von ihm unabhngige, ihm mit gewisser Notwendigkeit gegenstehendeGegeb enh eit (dies das realistisch e Mo ment). Die Charakterisierung des transzen-dentalen Gegenstandesalseines unbes timm ten Etwas=X stelltihn in einen engenZusammenhangmit den Dingen an sich; denn gerade von ihnen kann, trotz ihrerUnerkennbarkeit, ihre Existenz ausgesagt und d. h. wenigstens dies festgestelltwerden, da sie als ein unbestimmtes Etwas-berhaupt existieren. Daher lt derso charakterisierte transz ende ntale G egenstands begriff eine Offenheit der Bedeu-tung zu, die nicht blo bis zur Gegebenheit von Erscheinungen in der Sinnes-anschauung reicht, sondern darber hinaus bis zur Gegebenheit von Ding an sichauerhalbdes Subjekts.Damit durchbricht aber der Gegenstandsbegriff Kants kritizistisches System.Dies lt sich auch nochin einer anderen Hinsicht verdeutlichen. Dadurch, da indem Gegenstandsbegriff diezwei genannten Aspekte verbunden sind: (a) einheit-

    14 B1467 (22). Die Frage nach der objektiven Realitt und Gltigkeit der reinenVerstandesbegriffe, d. h. die Frage,wie sie sichauf einen in der AnschauunggegebenenGegenstand beziehen und in ihm B edeutung haben knne, wird in unserem Zusammen-hang nicht weiter verfolgt. H.Wagner,Realitas objectiva. escartesKant in: Zeit-schrift f r philosophische Forschung 21 (1967), S. 325 ff. weist die Frage schon be iDescartes nach (wie nmlich di e Ideen auf Dinge auerhalb de s Subjekts bezogen seinknnen) und zeigt, da Kant die mit ihr verbun dene Problematik kons equent berDescartes hinaus entwickelt, wenn er in der transzendentalen Deduktion die reinenVerstandesbegriffe als Formen a priori zur s innl ichen Ansc hauung, unter der alleinGegenstnde gegeben werden knnen, darlegt. Freilich scheint uns auch K a n ts B e h a n d -lung des Problems noch keine Lsung zu bringen. D ie Verbindung von Verstand undsinnlicher Anschauung wird auch durch das Deduktions- und Schematismus-Kapitelnicht eigentlich erklrt. Damit s ie mglich sei, wird im Verstand schon allemal einnicht-kategoriales Denken , d. h. Erfassen, Verstehen von Gegenstndl ichkei tbzw.Gegebenheit in der Sinnesansdiauung vorausgesetzt. Dieser S ach verhalt aber lt sichvon Kants Kritizismus aus berhaupt nicht erklren.

  • 5/22/2018 Seidl -Bemerkungen Zu Ding an Sich Und Transzendentalem Gegenstand in Kants Kritik Der Reinen Vernunft (Kant.1972.63.1-4.305) - slidep

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    314 Horst Seidlliehe Gedachthei t als solche, (b) e inhei t l iche Gegebenhei t als solche15, fgt er sichin Kants Lehrs tck e iner subjektlvistisch verstandenen Gegenstandskonst i tut ionnicht problemlos e in ; de nn d iese Lehre ordnet Ged achthe i t und Gegebenh e i t zweiverschiedenen Subjek t -Vermgen zu , der S innl ichke i t und dem Vers tand, und ltdurch d as Zusammenwirken be ider d en Erfahrungsgegenstand konstituiert undseine Erke nntnis e rmgl icht werden, d ie s ich in der herzus te l l enden Bezieh ungzwischen s innl ich-anschaul ich Gege benem und verstandesmig-begriff l ich G e-dachtem vol lzieh en sol l. W enn nun die s innl iche An schau ung das ist , wod urch de rGegenstand gegebenwird , und d ie Verstandesbegriffe das, wodurch der Gegen-stand gedacht wird (A 124, 253 4), so ist ohne weiteres zu sehen, da ese inundderse lbe Gegenstand is t , d e r gegeben und gedacht wird, d. h . aber, da inihm schon immer d ie Momente der Gedachthe i t und Gegebenhe i t (nach der tradi-t ionel len Philosophie: d as Was-sein und das Da-sein) verbund en sind, so da esberhaupt nicht mehr zu e iner Konst i tut ion des Gegenstandes aus den beidenMomenten kommen kann. D er Gegenstand l iegt also immer schon als komplexeEinhe i t aus den beiden Momenten vor, und zwar in verschiedener Weise, e inmalin d e rAnschauungund e inande rmal im Verstand.W as schlielich d as Denken bzw. Gedadit-werden d e r Gegebenhei t vonGe genstand (Etwas) be rhau pt be trifft , so m te e s ganz and ere r Art sein als dasin Kategorien sichvollziehende16. Es mte einerseits intellektiv sein, aber nichtspontan-setzend, sondern rezeptiv-erfassend. Dies wrde freil ich eine Form in-tellektue ller Ansch auung voraussetzen (was nach traditione ller Philosophie d eminte l legiblen A spekt d esSeins auf sehen d er Erfahrungsdinge durchaus entsprche),d ie jedoch Kant dem Menschen abstreitet17; denn es ist eine wichtige Prmisseseines Kritizismus, da dem Verstand nur de nkend e Spontanei tt , Reze pt ivi ttaber nur ders innl ichen Ansch auungzukomm e18 .

    15 Zu den be iden Aspekten ordnen sidi weitere in synonymer Bedeutung, so der desFormalen und Mater ia len , de s Be s timmenden und Best immbaren, des Apr ior i schen undEmpir ischen.VgL d ie Gegenberste l lungbe i Vaih inger , Commentar zu Kants Kritik derreinen Vernunft Stut tgar t 1881, S . 62. Er macht gut auf die He rkun ft dieser Best im-mungenaus der traditionellen Philosophie aufme rksam.16 Siehe obenTeilI,S.307.17 V gLzu diesem Punkt meinen Au fsa tz :Kritische Erwgungen zum Gegenstandsbewut-sein bei Kant in: Zeitschrift fr philosophischeForsdiung, 22 (1968).18 V e r w a n d t mit der h ier erwhnten Problematik ist e ine andere , d ie A.Rigobello inseinem Kant-Buch berhrt (/ limiti del trascendentale inKant Mailand 1963),ob nm-lidi e in Denken de r Erkenntn isgrenze (gedacht im problematischen Noumenon-BegrifF)nidit immer schone in Verstndnis de s jenseits de r Grenze Liegenden vorausse tz t . A u d idas Verstndnis de r gegenstndl ichen Gegebenhe i t als solcher geht meines Erachtensber d ie von Kants Kri t izismus gezogenen subjektiven E rkenntnisgre nzen hinaus.