SEKEM Insight 09.2010

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SEKEMs Journal für Wirtschaſt, Kultur und Gesellschaſt in Ägypten Insight Nr. 97 - September 2010 SEKEM Insight | September 2010 | Seite 1 Vom 14.-19. September fand in Bonn die Jubiläumskonferenz des “Alternativen Nobelpreises” statt. Sie fand in den deutschen Medien weite Beachtung. Nicht nur zahlreiche Journalisten waren für Interviews angereist. Auch die Preisträger selbst nahmen an Veranstaltungen in Bonn und im Umland teil, die im Radio und im Fernsehen übertragen wurden. Auch Jakob von Uexküll, Gründer des „Right Livelihood Award“, war ein gefragter Gesprächspartner. Dr. Ibrahim Abouleish und Helmy Abouleish nahmen an mehre- ren Veranstaltungen teil, die der Öffentlichkeit zugänglich waren, und gaben zahlreiche Interviews. Einige dieser Beiträge sind über das Internet abrufbar, so zum Beispiel die Beitragsserie „Reso- nanzen“ des WDR und Hörfunk- produktion des Deutschlandfunks Köln. Auch zahlreiche, zum Teil umfassende Beiträge über den Preis selbst, produziert beispiels- weise vom Bayrischen und Hes- sischen Rundfunk, sind digital weiterhin zugänglich. Wir haben Ihnen in dieser Ausgabe eine Auswahl zusammengestellt. So können Sie auch nachträglich noch etwas an der Veranstaltung teilhaben, selbst wenn Sie nicht persönlich in Bonn sein konnten. W ie die “Blüte der Nachhaltigkeit”, SEKEMs neues Leitbild für Nachhaltigkeit, zeigt (siehe SEKEM Insight 08.2010), entfaltet sich gesunde Entwicklung in der Sozialgemeinschaft der Initiative in den Dimensionen des Geisteslebens, des Rechtslebens, des Wirtschaftslebens und der Ökologie. Innerhalb SEKEMs umfasst das kul- turelle Leben vor allem die Bereiche Bildung und Kultur, das Rechtsleben die Aspekte gesellschaftlicher Übereinkünfte und sozialer Strukturen und das Wirtschaftsleben die ökono- mische Tätigkeit der Betriebe. SEKEM Insight setzt die Beitragsreihe zur Einführung in die Kernthemen des neuen Nachhaltigkeitsberichts fort. Diesmal im Fokus: das Rechtsleben. Das Rechtsleben umfasst diejeni- gen Regeln, die sich die Gemeinschaft der Menschen in SEKEM zur Regelung ihres gemeinsamen Lebens und Arbeitens gibt. Es geht dabei jedoch auch um die Rolle, die SEKEM als Gemeinschaft in Vielfalt Editorial Liebe Leserinnen, liebe Leser Ihr Redaktionsteam SEKEM bietet allen, die das Leben und Arbeiten in ihr prägen, einen Platz als Mitarbeiter und Mitgestalter. Gemeinschaft Soziales Leben in SEKEM Zukunft Preisträger diskutieren an Alanus Hochschule Meinung Interviews und Berichterstattung Individuum und Gemeinschaft: in SEKEM erhalten alle Teilhaber an der Gemeinschaft die Möglichkeit, produktiv zu ihrer Entwicklung beizutragen, wie dieser Schüler der heilpädagogischen Einrichtung.

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SEKEMs monatliches Journal für Wirtschaft, Entwicklung und Kultur in Ägypten. Ausgabe September 2010

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SEKEMs Journal für Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft in ÄgyptenInsight

Nr. 97 - September 2010

SEKEM Insight | September 2010 | Seite 1

Vom 14.-19. September fand in Bonn die Jubiläumskonferenz des “Alternativen Nobelpreises” statt. Sie fand in den deutschen Medien weite Beachtung. Nicht nur zahlreiche Journalisten waren für Interviews angereist. Auch die Preisträger selbst nahmen an Veranstaltungen in Bonn und im Umland teil, die im Radio und im Fernsehen übertragen wurden. Auch Jakob von Uexküll, Gründer des „Right Livelihood Award“, war ein gefragter Gesprächspartner.

Dr. Ibrahim Abouleish und Helmy Abouleish nahmen an mehre-ren Veranstaltungen teil, die der Öffentlichkeit zugänglich waren, und gaben zahlreiche Interviews. Einige dieser Beiträge sind über das Internet abrufbar, so zum Beispiel die Beitragsserie „Reso-nanzen“ des WDR und Hörfunk-produktion des Deutschlandfunks Köln. Auch zahlreiche, zum Teil umfassende Beiträge über den Preis selbst, produziert beispiels-weise vom Bayrischen und Hes-sischen Rundfunk, sind digital weiterhin zugänglich.

Wir haben Ihnen in dieser Ausgabe eine Auswahl zusammengestellt. So können Sie auch nachträglich noch etwas an der Veranstaltung teilhaben, selbst wenn Sie nicht persönlich in Bonn sein konnten.

W ie die “Blüte der Nachhaltigkeit”, SEKEMs neues Leitbild für

Nachhaltigkeit, zeigt (siehe SEKEM Insight 08.2010), entfaltet sich gesunde Entwicklung in der Sozialgemeinschaft der Initiative in den Dimensionen des Geisteslebens, des Rechtslebens, des Wirtschaftslebens und der Ökologie. Innerhalb SEKEMs umfasst das kul-turelle Leben vor allem die Bereiche Bildung und Kultur, das Rechtsleben die Aspekte gesellschaftlicher Übereinkünfte und sozialer Strukturen

und das Wirtschaftsleben die ökono-mische Tätigkeit der Betriebe. SEKEM Insight setzt die Beitragsreihe zur Einführung in die Kernthemen des neuen Nachhaltigkeitsberichts fort. Diesmal im Fokus: das Rechtsleben.

Das Rechtsleben umfasst diejeni-gen Regeln, die sich die Gemeinschaft der Menschen in SEKEM zur Regelung ihres gemeinsamen Lebens und Arbeitens gibt. Es geht dabei jedoch auch um die Rolle, die SEKEM als

Gemeinschaft in Vielfalt

Editorial

Liebe Leserinnen, liebe Leser

Ihr Redaktionsteam

SEKEM bietet allen, die das Leben und Arbeiten in ihr prägen, einen Platz als Mitarbeiter und Mitgestalter.

GemeinschaftSoziales Leben in SEKEM

ZukunftPreisträger diskutieren an Alanus Hochschule

MeinungInterviews und Berichterstattung

Individuum und Gemeinschaft: in SEKEM erhalten alle Teilhaber an der Gemeinschaft die Möglichkeit, produktiv zu ihrer Entwicklung beizutragen, wie dieser Schüler der heilpädagogischen Einrichtung.

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Ganzes in der ägyptischen und interna-tionalen Gemeinschaft der Menschen und ihrer Institutionen einnimmt.

Die Stellung des Einzelnen in der Gesellschaft formt soziale Beziehungen, während die Regeln einer Gemeinschaft gleichzeitig die Möglichkeiten und Spielräume des Einzelnen bestimmen. Eine gerechte Gesellschaft basiert auf der Anerkennung der Menschenrechte des Individuums, der Gleichheit vor dem Gesetz sowie gleichen Möglichkeiten gesellschaftlicher Partizipation. Eine faire Kooperation der Menschen, heute und mit Blick auf künftige Generationen, ist eine zentrale Bedingung für friedliche Entwicklung.

Der SEKEM Verhaltenskodex

Im August 2009 hat SEKEM einen Verhaltenskodex eingeführt, der einen kompakten Überblick über den Werterahmen verschafft, der schon immer die Grundlage der Arbeit aller Institutionen SEKEMs bildete. Auch von allen Kooperationspartnern wird eine Orientierung an diesen Werten erwartet. Das Dokument enthält expli-zite Selbstverpflichtungen hinsicht-lich der Einhaltung von Gesetzen, ethischem Verhalten auch in geschäft-lichen Angelegenheiten, dem Kampf gegen Korruption, der Schaffung angemessener Arbeitsbedingungen, der Einhaltung der Menschenrechte sowie dem Umweltschutz.

Fairer Handel und Menschenrechte

Der Verhaltenskodex bekräftigt den Schutz der Menschenrechte sowie Engagement für ihre Einhaltung überall dort, wo SEKEM Einfluss hat. Um seine Umsetzung in der Wertschöpfungskette der SEKEM-Unternehmen gewähr-leisten zu können, kommen die Prinzipien des fairen Handels zur Anwendung. Faire Preisgestaltung und langfristige Verträge mit den Vertragsbauern federn diese gegen die Unwägbarkeiten des Weltmarktes ab. Ein Großteil der Produkte ist von der Fairtrade Labeling Organization (FLO) zertifiziert. Bei Produkten die

Wirtschaft

davon nicht abgedeckt sind, kommen andere Zertifikate wie der demeter-Standard zum Tragen.

Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter

Die SEKEM Unternehmensgruppe möchte als Vorbild dienen und bietet allen Mitarbeitern auch in Ägypten noch immer ungewöhn-liche Leistungen wie eine sichere Arbeitsumgebung, permanenten Krankenversicherungsschutz und medizinische Leistungen. Alle SEKEM Firmen wenden ein international aner-kanntes System für den Arbeitsschutz an (OHSAS 18001) und setzen Mitarbeiter ein, die dies ständig über-prüfen. Die SEKEM Krankenstation steht allen Mitarbeitern zur Verfügung. Sie bietet auch Leistungen für die umliegenden Dorfgemeinschaften.

Kulturelle Vielfalt und Gleichberechtigung

SEKEM vertritt das Recht jedes Einzelnen auf faire Behandlung und der Gleichberechtigung der Frau in der Gesellschaft sowie am Arbeitsplatz. In allen Institutionen SEKEMs werden Respekt und Wertschätzung für kultu-relle Unterschiede gelebt. Islamische und christliche Bräuche können gleich-berechtigt praktiziert werden.

2009 hat SEKEM an einem Programm der UNIFEM-Organisation der Vereinten Nationen zum Thema Chancengleichheit von Frauen teil-genommen. In dessen Zuge hat ISIS den „Gleichberechtigungspreis 2009“ gewonnen und wurde mit großem Abstand als frauenfreund-lichstes Unternehmen in Ägypten ausgezeichnet.

Vielfalt in SEKEM bedeutet auch angemessene Arbeitsplätze für behin-derte Mitarbeiter zu schaffen, die nur in einem geschützten Umfeld produk-tiv tätig sein können. Im Arbeitsalltag begleitet sie das heilpädagogische Zentrum SEKEMs.

Teamgeist und Zusammenarbeit

SEKEM ist bestrebt, in allen Institutionen bewusst gelebtes Gemeinschaftsgefühl zu schaffen. SEKEM möchte nicht „nur“ die mate-rielle Zufriedenheit der Mitarbeiter durch angemessene Löhne und Arbeitsbedingungen sicherstel-len. Zugehörigkeitsgefühl und Teamgeist bilden den Rahmen, die persönliche Entwicklung aktiv zu fördern. Abgesehen von wöchent-lichen Zusammenkünften, zu denen jeder seine Anregungen für das Leben und Arbeiten in SEKEM bei-tragen kann, werden im Zuge des Nachhaltigkeitsberichtes nun regel-mäßig auch eine Vielzahl punktu-eller Daten systematisch ausgewertet. Tabellen wie diese (siehe Abbildung) zeigen, was bereits erreicht wurde und wo noch Nachholbedarf besteht

SEKEM als engagierter ‘Weltbürger’

Im Vordergrund stehen im Rahmen von SEKEMs politischem Engagement auf nationaler und internationa-ler Ebene das Potenzial nachhaltiger Landwirtschaft im Kampf gegen den Klimawandel, die Wichtigkeit nach-haltigen unternehmerischen Handelns für ein neues Weltwirtschaftsmodell der Zukunft sowie die Notwendigkeit von Forschung und Innovation für eine umweltfreundlichere und sozial ver-träglichere Wirtschaftsweise.

Magdalena Kloibhofer

Stand und Entwicklung: jedem Indikator des sozialen und rechtlichen Lebens korrespondiert ein Zustand- und ein Entwicklungswert gemäß der drei Ampelfarben.

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A cht Menschen stehen sich auf der Bühne paarweise gegenüber,

geben sich die Hand und versuchen mit der gefassten Hand ihren Partner an der Hüfte zu berühren, wer die mei-sten Treffer hat gewinnt. Einer der acht ist Alyn Ware, Friedensaktivist aus Neuseeland und Träger des alter-nativen Nobelpreises. Mit dieser praktischen Übung veranschaulicht er einen Ansatz der Konfliktlösung. Sieger des Spiels ist das Paar, das nicht miteinander kämpft, sondern sich einvernehmlich im Wechsel immer wieder gegenseitig berührt.

Im Rahmen einer Tagung zum Thema „Bildung neu denken“ an der Alanus Hochschule, an der auch Dr. Ibrahim Abouleish teilnahm, gab Ware Einblicke in die Friedenserziehung in Neuseeland, für die er 2009 mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeich-net worden war. Er demonstrierte damit Beispiele für die Bedeutung von Bildung zur Gestaltung einer lebens-werten Zukunft.

Gemeinsam mit Ware und Abouleish diskutierten rund 300 Teilnehmer

und weitere sieben Träger des Alternativen Nobelpreises zwei Tage lang Perspektiven für zukunftsfähige Bildung. Die Preisträger sind einfluss-reiche Wegbereiter sozialer und öko-logischer Bewegungen und wurden in den vergangenen Jahren von der Right Livelihood Foundation geehrt, weil sie sich in herausragender Weise für eine lebenswerte Zukunft einsetzen.

Nachhaltigkeit - auch in der Bildung

Dass bei der Lösung der weltweiten ökologischen und sozialen Probleme Bildung eine wichtige Rolle spielt, daran besteht kein Zweifel. „Doch welche Form von Bildung benötigen wir, um langfristig die natürlichen und sozialen Grundlagen der Welt zu bewahren und unsere Zukunft ver-antwortungsvoll zu gestalten?“, dies ist laut Marcelo da Veiga, Rektor der Alanus Hochschule eine der entschei-denden Fragen.

Das gegenwärtige westliche Bildungssystem scheint dafür ungeeignet. Denn es ist, so kriti-siert unter anderem der Thailänder

Mehr Nachhaltigkeit auch in der Bildung

Träger des alternativen Nobelpreises entwerfen an der Alanus Hochschule Visionen für eine nachhaltige Bildung

Martin Pacheco, Patrick van Rensburg, Dr. Ibrahim Abouleish, Sulak Sivaraksa, Swami Agnivesh, Prof. Dr. Marcelo da Veiga, Dr. Ponna Wignaraja, Prof. Dr. Raúl Montenegro, dahinter Studierende der Hochschule.

Kultur

Sulak Sivaraksa, der im Jahr 1995 den Alternativen Nobelpreis erhielt,

„allein auf Wissen und Denken fixiert“. Descartes Sinnspruch „Cogito ergo sum – ich denke also bin ich“ symbo-lisiert für den Buddhisten eine gefähr-liche, da Ich- und Intellektbezogene Einstellung. Nicanor Perlas von den Philippinen, der sich für eine gerechte Globalisierung einsetzt und 2003 gemeinsam mit Dr. Ibrahim Abouleish von der Right Livelihood Foundation ausgezeichnet wurde, sieht außerdem die Gefahr, „dass Bildung heute nicht den Menschen, sondern der Wirtschaft, der Technologie und dem Markt dient“. In vielen Bildungsinstitutionen wür-den lediglich Fertigkeiten vermittelt, die Heranwachsende benötigen, um im globalisierten Wirtschaftssystem bestehen zu können und sich „ange-passt in einer materialistischen und technisierten Welt zu verhalten“. Beide plädieren dafür, geistigen und spirituellen Elementen in der Bildung einen höheren Stellenwert zuzuwei-sen. Denn nur so können laut Perlas

„wirkliche Werte gebildet werden“, eine der wichtigsten Voraussetzungen für gesellschaftliches und ökologisches Engagement. Das Ziel jeder nachhal-tigen Bildung muss sein, „wahrhaf-tig Mensch zu werden“, betont Perlas.

„Zu verstehen, wer wir sind und was unsere Aufgabe in der Welt ist.“

Eigene Fragen stellen lernen

Die Veranstaltung, die für Studenten und die allgemeine Öffentlichkeit geöffnet war, stieß auf große Resonanz.

„Wir alle können etwas bewegen, müs-sen uns aber selbst fragen, was wir mit unserem Leben ermöglichen möch-ten“, diese Erkenntnis ist für Clara von Recklinghausen zwar nicht neu, für die BWL-Studentin der Alanus Hochschule

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ist sie durch die Veranstaltung aber noch einmal unterstrichen worden. Sie hat sich vorgenommen, nun genauer zu untersuchen, in welcher Gemeinschaft sie lebt, sich ihr bewusster und ver-bindlicher zu öffnen. Für Mathias Wanner, Psychologie-Student aus Münster war die Veranstaltung vor allem die Gelegenheit, „konkrete Lebensweisheiten von sehr aktiven, erfahrenden Menschen übermittelt zu bekommen“. Studenten in direkten und persönlichen Austausch mit den vielfältigen Visionären zu bringen und die Diskussion ihrer Denkansätze zu ermöglichen, ist, so Rektor da Veiga, auch eines der wichtigsten Anliegen der Hochschule.

Einen ganz eigenen, neuen Weg in Sachen Studium geht die Studentin Tania Zuur, die eigens aus Schweden angereist ist, um an der Veranstaltung teilzunehmen und die Nobelreisträger zu erleben. Sie gehört zu einer interna-tionalen Gruppe von jungen Menschen, die ihr Studium fern von universitärer Institutionalisierung selbst organisie-ren. „Jeder muss für sich seine Frage, sein Thema finden, dann sucht er sich den Ort und den Lehrer, von dem er etwas lernen kann“. Wichtig ist ihr dabei vor allem, sich selbst zu entwi-ckeln; ein Hochschuldiplom findet sie hierfür überflüssig.

Rolle der Universitäten heute

Welche Rolle spielen Universitäten im globalen Bildungsprozess? Rául Montenegro, Umweltaktivist aus Argentinien sieht sie als „Fabriken, in denen kulturelle Klone produziert wer-den“. Und auch Nicanor Perlas beo-bachtet kritisch die Entwicklung der Universitäten hin zu Institutionen, die Menschen zum funktionie-renden Element in der globalisierten Wirtschaft bilden wollen. Aufgabe eines Studiums sei es vielmehr, zum Fragestellen anzuregen, Menschen darin zu bilden, Dinge zu reflektieren und bestehende Systeme zu hinter-fragen. Aufgabe der Universitäten ist es Rebellen zu produzieren“, spitzte Swami Agnivesh, Aktivist aus Indien und Preisträger 2004, seine Vision im Schlussstatement zu.

Für Innovationen benötige es, so betonte Dr. Ibrahim Abouleish, neben wissenschaftlichen Inhalten auch Kunst und Philosophie. 2003 hatte er für SEKEM den alternativen Nobelpreis für das Geschäftsmodell der Initiative entgegengenommen, das wirtschaft-lichen Erfolg mit sozialer und kul-tureller Entwicklung verbindet. Die entstehende Heliopolis Universität für nachhaltige Entwicklung verfolgt einen interdisziplinären Ansatz und verbindet Naturwissenschaften mit Geistes- und Kulturwissenschaften.

„Unser Planet leidet an zu viel Linearität“ meint Abouleish. Ein wissenschaft-liches Studium fördere allein das line-are Denken. „Wir brauchen Kunst und Philosophie, um die Vorstellungskraft zu entwickeln, um auf neue Ideen zu kommen“. Nur so könne nachhal-tige Entwicklung und das Potential zur Veränderung entstehen. Bei der Entwicklung des Bildungsmodells der Heliopolis Universität, die unter anderem auch ein im arabischen Raum neues „Studium Fundamentale“ anbieten möchte, hat auch die Alanus Hochschule Pate gestanden.

Heliopolis Universität vor Eröffnung

Abouleish ist der Meinung, dass eine Universität für nachhaltige Entwicklung weltweit und speziell in

Kultur

Mehr Informationen:

Alanus Hochschulewww.alanus.edu

Heliopolis Universitäthttp://bit.ly/bYgD7l

!

Ägypten dringend gebraucht wird. Die in Ismailia beheimatete Institution, die im Oktober 2011 die ersten Studenten zulassen will, ist auf der Suche nach weitsichtigen Antworten und inno-vativen Problemlösungen. Daher wird sich die neue Einrichtung in ihrer Arbeit auch besonders pra-xisorientiert Themen wie dem Kampf gegen den Klimawandel, die Ressourcenknappheit, das Bevölkerungswachstum oder die extreme Armut als den großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts annehmen.

Die nicht profit-orientiert arbeitende Institution habe sich zur Erreichung dieser Ziele nachhaltige Entwicklung und besonders nachhaltige Bildung explizit auf die Fahnen geschrieben. Denn um sie langfristig zum Erfolg zu führen sei nichts dringlicher als ein Paradigmenwechsel in Bildung und Forschung.

Alanus Hochschule mit Material von Bijan Kafi

Engagierter Austausch zwischen Jung und Alt: Studenten diskutieren mit Preisträger Dr. Ponna Wignaraja auf der Veranstaltung an der Alanus Hochschule

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Impressionen aus SEKEM

ATOS Pharma, SEKEMs phytopharmazeutischer Betrieb, wurde 1986 gegründet. Die Firma produziert auf natürlichen Wirkstoffen beruhende Pharmazeutika und Nahrungsergänzungsmittel, die in Ägypten und Ländern des Mittleren Ostens vertrieben werden.

ATOS hat in den vergangenen Jahren besonders intensiv mit dem ägyptischen Zentrum für industrielle Modernisierung (IMC) kooperiert um wettbewerbsfähiger zu werden. Im Zuge derartiger Projekte wurden unter anderem die Gehaltsstruktur der Firma überarbeitet und Verbesserungen an der Maschinenauslastung, Produktivität und an der Verringerung des Abfallaufkommens während der Produktion vorgenommen.

Insgesamt produziert die Firma heute 55 verschiedene Produkte. Unter ihnen finden sich zum Beispiel Sirupe, Dragees, Kapseln, Tabletten und Teepräparate. 198 Mitarbeiter arbeiten heute für die Firma, die rund 14 Prozent des Absatzes der gesamten SEKEM-Gruppe erwirtschaftet und weiter wächst. ATOS ist übrigens für ca. 15 Prozent der Abfälle, die SEKEM produziert, verantwortlich. Alle geschäftlichen Flüge von ATOS-Mitarbeitern werden durch CO2-Zertifikate ausgeglichen und das Abwasser, das der ATOS-Produktion entstammt, wird zur Bewässerung von nicht landwirtschaftlich genutzten Pflanzen auf dem Betriebsgelände benutzt.

Impressionen

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In Rahmen einer festlichen Gala mit über 700 geladenen Gästen aus aller Welt wurden am 17.09.2010 in Legau die Preisträger des 2. Internationalen

„One World Awards“ geehrt. Die OWA-Statue und der Scheck in Höhe von 25.000 Euro – gestiftet von RAPUNZEL NATURKOST – gingen an Dr. Hans Rudolf Herren, Gründer der Stiftung Biovision in der Schweiz, und Bio-Bäuerin Rachel Agola aus Kenia. Den

„One World Lifetime Achievement Award“ erhielt Bio-Pionier Bhaskar H. Save aus Indien. Prof. Wangari Matu Maathai aus Kenia bekam den

„One- World-„VIP“-Award“. SEKEMs Geschäftsführer Helmy Abouleish nahm als Finalist teil.

„Globalisierung ist nur dann zukunftsfähig, wenn vorhandene Ressourcen auf allen Gebieten aus-geglichen und geteilt werden: mate-riell und ökonomisch, geistig und sozial.“, so Joseph Wilhelm, Gründer und Vorstand RAPUNZEL Naturkost.

„Unsere fünf ‚OWA’-Finalisten tra-gen genau dazu mit außergewöhnli-chem Engagement bei.“ Finalist Helmy Abouleish fasste die Stimmung bei der Vergabe treffend zusammen: „Ohne Sie, unsere Freunde, wären wir nicht das, was wir heute sind. Wir alle haben es selbst in der Hand, diese Welt bes-ser zu machen.“

Joseph Wilhelm hatte den Preis 2008 eingerichtet. Er soll dabei hel-fen einen Weg zu finden die Chancen der Globalisierung zu nutzen und die Welt besser und fairer zu machen. Der

„One World Award“ ist mit 25.000 Euro dotiert. Die International Federation of Organic Agriculture Movements (IFOAM) hat die Schirmherrschaft übernommen. Der Preis wird alle zwei Jahre übergeben.

Quelle: One-World-Award

„One-World-Award“ auf Rapunzel-Festival verliehen

„Ein Unternehmen, das sich um Forschung, Bildung, Kunst - und um Gesundheit und Menschenrechte küm-mert, das Tausenden von Menschen nicht nur Einkommen, sondern Lebenssinn und Perspektive gibt, das Ökologie ganz groß schreibt und oben-drein ökonomisch floriert und expan-diert: Das klingt nach Wunder.“ schrieb WDR3 anlässlich des Interviews mit Dr. Ibrahim Abouleish vergangene Woche über SEKEM.

Das Interview ist nun zusam-men mit einer Vielzahl an Radio- und Fernsehbeiträgen über die Jubiläumswoche des „Alternativen Nobelpreises“ und die Arbeit einzel-ner seiner rund 130 Preisträger auch im Internet abrufbar. Wir haben Ihnen hier eine Auswahl zusammengestellt.

Mit einem * markierte Links ver-weisen auf Interviews mit Dr. Ibrahim Abouleish.

Kurznachrichten

“Alternative Nobelpreis” mit großer Medienwirkung

Herausgeber v.i.S.d.P.: SEKEM, Egypt Die Redaktion von SEKEM Insight dankt allen Korre-spondenten, die an dieser Ausgabe mitgewirkt haben.

Redakteure:Christina BoeckerBijan Kafi

Kontakt:SEKEM-Insightc/o SEKEM HoldingP.O.Box 2834, El Horreya, Heliopolis, Cairo, Egypt [email protected]

Bildnachweis: 2,3: Alanus Hochschule; 1,5: Bijan Kafi

Keine Vervielfältigung ohne schriftliche Einwilligung des Herausgebers. Markenzeichen sind Eigentum der jeweiligen Markeninhaber.

WDR Resonanzen*http://bit.ly/aHRFKu

Bayrischer Rundfunkhttp://bit.ly/b3Cst7

Hessischer Rundfunkhttp://bit.ly/aaVBvb

Deutschlandfunk Köln*http://bit.ly/bphPCa

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Die Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft, die Freie Hochschule für Geisteswissenschaft am Goetheanum und das Rudolf-Steiner-Archiv in Dornach, Schweiz, veranstalten am 4. November 2010 eine internationale Pressekonferenz, an der auch kultur-kreative Vertreter der Anthroposophie aus allen Kontinenten anwesend sein werden. Vertreter SEKEMs wer-den bei der Pressekonferenz an einem runden Tisch zum Thema

„Initiative – Grundbedingungen für Friedensfähigkeit und Kultur“ teilneh-men. Möglichkeit zu Gesprächen wird im Anschluss gegeben sein.

Die Pressekonferenz ist Teil der Vorbereitungen zum 150. Mal wie-derkehrende Geburtsjahr Rudolf Steiners im Jahre 2011. Der gesell-schaftskritische Denker und Autor (1861–1925) inspiriert bis heute zeit-genössische Künstler, Unternehmer und Wissenschaftler auf der ganzen Welt. Er trat ein für ein ganzheitliches Verständnis von Mensch und Erde, gründete die Waldorfschulen und war Pionier der biologisch-dynamischen Landwirtschaft. Seine Innovationen prägen heute in vielfältigen Formen das Kultur- und Alltagsleben – ob in einem anderen Umgang mit Natur und Technik, Medizin und Kosmetik oder in Raum- und Farbgestaltung. Über tausend Waldorfschulen und meh-rere hundert sozialtherapeutische Einrichtungen, Bankinstitute, Kliniken und landwirtschaftliche Betriebe auf allen Kontinenten zeugen von der Nachhaltigkeit von Steiners Gedanken.

Mit Beginn des 21. Jahrhunderts haben seine Impulse zur ökologischen Verantwortung, zum Verhältnis von Arbeit und Geld und zur Prävention gesundheitlicher und sozialer Missstände neue Brisanz erhalten.

Quelle: Rudolf-Steiner-Archiv

Internationale Pressekonferenz mit SEKEM-Beteiligung

Mehr Informationen:www.rudolf-steiner-2011.com!Mehr Informationen:

www.one-world-award.de!