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Semantik Semantische Merkmale, Dekomposition und Strukturalismus Anke Himmelreich [email protected] Universit ¨ at Leipzig, Institut f ¨ ur Linguistik 19.05.2016 1 / 23

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SemantikSemantische Merkmale, Dekomposition und Strukturalismus

Anke [email protected]

Universitat Leipzig, Institut fur Linguistik

19.05.2016

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Inhaltsverzeichnis

1 Strukturalismus

2 Merkmalssemantik

3 Dekompositionsansatze

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Inhaltsverzeichnis

1 Strukturalismus

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Strukturalismus I

Grundprinzip: Jede Sprache ist ein jeweils einzigartigbestimmtes, in sich geschlossenes System vonsprachlichen EinheitenDie Bedeutung ergibt sich ausschließlich aus denBedeutungsbeziehungen zwischen den Ausdrucken desbetreffenden SprachsystemsSpeziell ist die Bedeutung eines Wortes identisch mit derSumme seiner Bedeutungsbeziehungen. Was dabeikonkret mit einem Wort denotiert wird, ist weitgehendarbitrar.Der Denotationsaspekt von Ausdrucken wird zumeist alsirrelevant fur die Analyse angesehen.

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Strukturalismus II

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Bedeutungsbeziehungen I

Syntagmatische Bedeutungsbeziehungen:Beziehungen der Kombinierbarkeit bzw.Nicht-Kombinierbarkeit zwischen den Komponenten einesSyntagmas (altgriech. syntagma ‘Zusammensetzung’)

(1) a. armer + Mannb. zweistelliger + Mann

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Bedeutungsbeziehungen II

Paradigmatische Bedeutungsbeziehungen:Beziehungen der Austauschbarkeit zwischen Elementeneines Paradigmas (altgriech. paradeigma ‘danebenGezeigtes’), d.h. von Einheiten, die alternativ an derselbenStelle in einem Syntagma stehen konnen

(2) a. reicher armer superreicherb. Mann Student Professor

Saussure (1967); Hjelmslev and Uldall (1936)

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Inhaltsverzeichnis

2 Merkmalssemantik

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Semantische Merkmale

Unter einem semantischen Merkmal wird eineBedeutungsdimension verstanden, die bestimmte Werteannehmen kann.

(3) Binare Merkmale:[±MENSCH], [±MANNLICH], [±ERWACHSEN]

Mit den Werten eines semantischen Merkmals werden dieEigenschaften von potenziellen Referenten des jeweiligenAusdrucks erfasst.

Eigenschaften und Arten von Merkmalen:Marker Sem Distinguisher

elementar + + –sprachlich motiviert + + (+)generell + – –

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Merkmalssemantik

In der semantischen Merkmalsanalyse oder Merkmalssemantik(Fodor and Katz (1965); Bierwisch (1969); Lutzeier (1985))werden Ausdrucksbedeutungen mit Mengen von semantischenMerkmalen (Sememe) identifiziert.

(4) Mann, Junge, Madchen, Kind, Hengst, Fohlen

Binare semantische Merkmale mit dem Vorzeichen + oder –werden auch als Komponenten, d.h. nicht weiter zerlegbareBestandteile der Bedeutung des jeweiligen Ausdrucksverstanden. Man spricht deshalb auch vonKomponentenanalyse.

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Merkmalssemantik und Bedeutungsbeziehungen

Wenn die Merkmalsmenge von B ein echter Teil derMerkmalsmenge von A ist, dann ist A hyponym zu B.

(5) Junggeselle vs. Mann

Wenn sich die Merkmalsmengen von A und B im Wert vongenau einem Element unterscheiden, dann sind A und Bkomplementar.

(6) Junge vs. Madchen

Wenn sich die Merkmalsmengen von A und B im Wert vonmindestens einem Element unterscheiden, dann sind Aund B inkompatibel, d.h. nicht kombinierbar.

(7) verheiratet vs. Junggeselle

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Merkmalsmatrix

Bestimmte Wortfelder lassen sich mit einer Merkmalsmatrixerfassen:

MENSCH ERWACHSEN MANNLICH VERHEIRATETErwachsene(r) + +Kind + –Mann + + +Frau + + –Junge + – +Madchen + – –Ehemann + + + +Junggeselle + + + –

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Inhaltsverzeichnis

3 Dekompositionsansatze

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Strukturierte Bedeutungen I

Die Bedeutung von bestimmten Verben kann als internstrukturiert angesehen werden. Fur die semantischeReprasentation des Verbs wird dann angenommen, dass sieaus elementaren und z.T. universellen semantischenKomponenten aufgebaut ist.

Stativa: Pradikate von Zustanden

Inchoativa: Pradikate des Entstehens von Zustanden

Kausativa: Pradikate des Verursachens des Enstehensvon Zustanden

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Strukturierte Bedeutungen II

(8)Stativa Inchoativa Kausativatot sterben totenwach aufwachen weckenhaben bekommen gebenflussig schmelzenintr schmelzentrkaputt zerbrechenintr zerbrechentr

Die Bedeutungsbeziehungen zwischen den einanderzugeordneten Ausdrucken konnen durch logischeImplikationen der folgenden Art charakterisiert werden:

(9) x totete y ⇒ y starb ⇒ y ist tot

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Dowty (1979)

In der Theorie von Dowty (1979) werden Stativa alsnicht-zerlegbare Bedeutungskomponenten behandelt.Inchoativa und Kausativa werden systematisch von Stativaabgeleitet.

BECOME: semantische Komponente aller Inchoativa undKausativaCAUSE: semantische Komponente aller Kausativa

(10) a. Maria wacht auf :BECOME(wach′(Maria))

b. Maria weckt Hans:CAUSE(Maria, BECOME(wach′(Hans)))

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Jackendoff (1990)

In der Dekompositionstheorie von Jackendoff (1990) werdenVerbbedeutungen in elementare Konzepte zerlegt.

Konzepte werden in Kategorien eingeteilt, die in eckigenKlammern angegeben werden.

(11) a. Klaus geht nach Hauseb. [Event GO( [Thing KLAUS], [Path TO( [Place

ZUHAUSE])])]

Kategorien: Event, Thing, Place, Path, Action, State, Time,Amount, Property

(12) a. Klaus gab Ute 3 Eurob. [Event CAUSE( [Thing KLAUS], GO( [Thing 3 EUR],

[Path TO( [Thing UTE])]))]

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Wierzbicka (1996) I

Im System der Natural Semantic Metalanguage, dass sichalle Bedeutungen in allen Sprachen mithilfe eines striktbegrenzten Inventars von semantischen Primitiven sowiemithilfe der damit beschreibbaren Konzepten beschreibenlassen.

Bedingungen fur semantische Primitive:

undefinierbar

universell

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Wierzbicka (1996) II

(13) skysomething very bigpeople can see itpeople can think something like this about this:

it is a placeit is above all other placesit is far from people

(14) sunsomethingpeople can often see this something in the skywhen this something is in the sky people can see otherthings because of thiswhen this something is in the sky people often fellsomething because of this

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Wierzbicka (1996) III

(15) xperson break(s) y(i) x does something to y(ii) because of this, something happens to y at this time(iii) because of this, after this y is not one thing anymore

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Dekompositionsansatze im Vergleich

BMS Dowty Jackendoff WierzbickaBedeutungsmodell + + + +

Reduktion (+) (+) (+) +

Prazision (–) + + (–)

Relationen (–) + + (+)

Komposition (–) + + (–)

Sprachvergleich (–) (+) (+) +

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Referenzen I

Bierwisch, Manfred (1969): ‘Strukturelle Semantik’, Deutsch alsFremdsprache 6.

Dowty, David R. (1979): Word Meaning and MontagueGrammar. Reidel, Dordrecht.

Fodor, Jerry and Jerrold Katz (1965): The Structure ofLanguage. Prentice Hall.

Hjelmslev, Louis and Hans Jorgen Uldall (1936): An Outline ofGlossemantics. Levin and Munksgaard, Kobenhavn.

Jackendoff, Ray (1990): Semantic Structures. MIT Press,Cambridge, Massachussetts.

Lobner, Sebastian (2003): Semantik: Eine Einfuhrung. DeGruyter, Berlin.

Lutzeier, Peter (1985): Linguistische Semantik. Metzler.Saeed, John (2002): Semantics. 2 edn, Blackwell.

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Referenzen II

Saussure, Ferdinand de (1967): Grundfragen der AllgemeinenSprachwissenschaft. 2 edn, Walther de Gruyter and Co.,Berlin. Frz. Original von 1916: Cours de linguistiquegenerale.

Wierzbicka, Anna (1996): Semantics. Primes and Universals.Oxford, New York.

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