Silent World Ausgabe 02 2009
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Transcript of Silent World Ausgabe 02 2009
| Silent World 2 | 2. Quartal 2009 | D 5,80 € | A 5,80 € | CH 10,- SFR | Benelux/E/I 6,50 € |
T A U C H E N • L I F E S T Y L E • E M O T I O N E N
Céline CousteauDIE BESCHÜTZERIN DER OZEANE
LEGENDÄRER SPOT IM ROTEN MEERBrother IslandsWILLKOMMEN AM ENDE DER WELT
Palau: 586 Inseln
„Das ist deine Maske, so musst du sie aufsetzen. Und
hier ist der Atemregler, atme einfach durch den Mund.
Bequem so? Großartig – dann springen wir jetzt ins Was-
ser!“ Mein Großvater war kein Mann der vielen Worte.
Auch nicht während meiner ersten Tauchstunde, als mir
seine Ruhe jegliche Nervosität nahm. Damals war ich
neun Jahre alt. An Bord der „Calypso“ war er der Kapitän,
der den Ton angab. Dass er ein berühmter Mann war,
beschäftigte mich kaum – er war einfach mein Großvater.
Ich habe ihn als hervorragenden Beobachter und be-
gabten Geschichtenerzähler in Erinnerung. Seine Über-
zeugungen über die Wichtigkeit der Umwelt haben mich
tief geprägt. Ebenso wie die Sichtweisen sowohl meiner
Großmutter, die immer mit an Bord der „Calypso“ war, als
auch die meiner Mutter, die die Expeditionen als Fotogra-
fi n begleitete. Als mich Silent World bat, das Vorwort für
diese Ausgabe zu schreiben, kamen Erinnerungen in mir
hoch: Der Titel des Magazins zaubert Gedanken an das
Vermächtnis meines Großvaters in mir hervor.
Der erste Tauchgang mit meinem Großvater öffnete mir
die Augen für die Welt unter der Oberfl äche. Ist es nicht
ein wundersames Gefühl, in eine andere Welt einzutau-
chen, die sich auf unserem eigenen Planeten befi ndet?
Obwohl es unter Wasser nie im wörtlichen Sinne still ist,
ist es für mich ein Ort, an dem ich Frieden fi nde. Dort
zu tauchen, ist für mich wie Hypnose.
Beim Blättern in den letzten Ausgaben der Silent World
lasse ich mich an entlegene Orte und in eindrucksvolle
Szenerien tragen und träume von den Abenteuern, die
noch vor uns liegen.
Ich hoffe, durch mein Leben und meine Arbeit Ihre Vor-
stellungskraft zu befl ügeln und Sie dazu zu inspirieren, un-
seren wundervollen Planeten des Wassers zu entdecken.
Herzlichst Ihre
Céline Cousteau
liebe leserinnen und leser,
© F
oto
Car
rie
Vond
erha
ar
4 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 |
vorwort
zuerst möchten wir Danke sagen. Danke für viele posi-
tive Reaktionen auf unsere erste Ausgabe im Januar –
sowohl aus der Szene als auch von unseren Lesern.
Wir freuen uns, mit unserer Arbeit Impulse innerhalb
der Tauchszene zu setzen.
Auf die Frage „Was fällt Ihnen zum Thema Tauchen
ein?“ werden neun von zehn Personen spontan Jaques
Cousteau nennen. Den Mann, der das Tauchen und
die Unterwasserwelt in unsere Wohnzimmer brachte
und der dem Tauchsport zur Popularität verhalf. Céline
Cousteau, die Enkelin des berühmten Tauchpioniers, ist
mittlerweile in die Fußstapfen des Großvaters getreten.
Wir trafen sie vor der Küste von Vancouver Island, wo
sie uns ausführlich über sich und ihre Arbeit erzählte.
Dass sie dem Großvater eines Tages nachfolgen würde,
war nicht immer klar. Lesen Sie eine packende Familien-
geschichte, ab Seite 34.
Steht Ihnen der Sinn nach Ungewöhnlichem? Dann ist
unsere Geschichte zum Thema Süßwasser-Tauchen si-
cher ein Hingucker. Franco Banfi und Sabrina Monella
waren für uns in Italien unterwegs und besuchten den
Lago Capo d ´Acqua. Der kleine See in den Abruzzen
birgt nicht nur klarstes Wasser, sondern auch mittelal-
terliche Gemäuer und Ruinen. Ein spannender und un-
gewöhnlicher Ort … Ab Seite 56.
Wir wünschen Ihnen gute Unterhaltung!
Sabine Wechselberger
Chefredakteurin
liebe leserin, lieber leser,
6 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 |
editorial
004 vorwort
006 editorial
008 inhalt
010 gallery blickfang
030 newtoview szenenews
034 kaleidoscope céline cousteau
044 adventure der letzte ankerplatz der rubis
054 gewinnspiel
056 freshwater das geheimnis im see
068 diver´s lounge im kampf gegen die haimafia
078 divestyle produkte
080 travel brother islands
090 travel cayman islands
100 familydiving
106 divestyle produkte
108 travel palau
117 interview dirk steffens
122 fotocontest you are the star
124 abonnement
126 topspots
129 hersteller&partner
130 impressum
inhalt
© Covershot Kur t Amsler
8 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 |
inhalt
Mythos DelfinSchon in der Antike bevölkerten Delfine
Mythen und Gedankenwelt der Menschen.
Bis heute sind sie sehr positiv besetzt.
| SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | 1110 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 |
blickfangblickfang
© Foto Franco Banfi
Ringelnasshießen die Seepferdchen früher unter Matrosen. Sie galten
als Glücksbringer. Die meisten Arten sind strikt monogam
und ein Leben lang an ihren Partner gebunden.
| SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | 1312 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 |
blickfangblickfang
© Fotos Franco Banfi
Mola MolaMondfische werden bis zu drei Meter groß und
zwei Tonnen schwer. Sie leben in bis zu 400
Meter Tiefe und fressen hauptsächlich Wirbellose
wie Krebse, Quallen, Schnecken und Tintenfische.
| SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | 1514 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 |
blickfangblickfang
© Foto Franco Banfi
© Foto David Hettich
MedusenMit elfengleicher Leichtigkeit schweben Quallen durch die Meere. Doch
die zarten Wesen sind wehrhaft: Das Gift so mancher Art ist tödlich.
16 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | 17
blickfangblickfang
© Foto Gerald Nowak
FarbenprachtDie Bewohner der Unterwasserwelt
kleiden sich oft in leuchtenden Farben.
Auch ihre Wohnungen gleichen zum
Teil eher schillernden Palästen.© Foto Franco Banfi © Foto Kurt Amsler
18 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | 19
blickfangblickfang
| SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | 2120 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 |
blickfangblickfang
© Foto Ludwig Luger © Foto Gerald Nowak
Sepiengehören zu den Tintenfischen.
Die Wellenbewegungen des
Flossensaums sorgen für Anschub.
© Foto Franco Banfi22 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | 23
blickfangblickfang
„Nichts Göttlicheres als ein Delfin wurde jemals erschaffen.“Das wusste schon der griechische Philosoph und Dichter Oppinian im 3. Jahrhundert nach Christus.
© Foto Gerald Nowak
| SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | 2524 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 |
blickfangblickfang
© Foto Franco Banfi
Haie tauchenschon immer in den Mythen der pazifischen Inselvölker auf. Es
heißt dort, die Ahnen der Menschen lebten in den Haien weiter.© Foto Franco Banfi© Foto Kurt Amsler
26 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | 27
blickfangblickfang
KindchenschemaSchwarze Kulleraugen, süße Stupsnase, pummelige
Proportionen? Ein männlicher Kalifornischer Seelöwe bringt
es immerhin auf 2,20 Meter und 280 Kilo Körpergewicht.
© Foto Franco Banfi28 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | 29
blickfangblickfang
news
news•news•news•news•news•news•news•news•news•news•news•news•news•news•news•news•news•news•news•news•news•news•news•news•ne
01. aida: tauch-eventreise „faszination meer“
Karibik Ein Event für Einsteiger und Profi s im Tauchsport fi ndet an Bord der AIDAvita vom 6. bis 19. Februar
2010 statt. Während der Tauch-Themenreise „Faszination Meer“ ist einer der weltweit führenden Unterwasser-
fotografen, Kurt Amsler, gemeinsam mit dem Meeresbiologen Dr. Matthias Bergbauer an Bord. Die 14-tägige
Tour führt die Teilnehmer des Events zu den schönsten Unterwasserrevieren der Karibik, unter anderem nach Co-
zumel (Mexiko), Belize, Grand Cayman und Tortola. Neben Lesungen und farbenreichen Bildvorträgen erhalten
die Teilnehmer der Themenreise einen differenzierten Einblick in die Welt der Meeresbiologie, sowohl an Bord
als auch im Rahmen der Schnorchelausfl üge und Tauchgänge. Der Umgang mit der digitalen Unterwasserkame-
ra wird in lockerer Atmosphäre vermittelt und in die Praxis umgesetzt. Während der Unterwasserausfl üge und in
den begleitenden Theorieveranstaltungen werden praktische Tipps rund um Kameraeinstellungen sowie die rich-
tigen „Unterwasser-Jagdtechniken“ vermittelt. Schnorchler gehen mit einer Einwegkamera auf Entdeckungsreise.
An zertifi zierte Taucher wird die neuste Generation der digitalen Unterwasserkamera der Marke Sealife verliehen.
Die Themenwoche beinhaltet für zertifi zierte Taucher vier Ausfl üge mit insgesamt acht Tauchgängen und ist für
395 Euro, zuzüglich zum Reisepreis, buchbar. Schnorchler tauchen auf drei Ausfl ügen mit je zwei Schorchelstopps
bereits für 245 Euro zuzüglich zum Reisepreis ab. Die Reise mit AIDAvita führt entlang einer traumhaften Route
von La Romana über Montego Bay, Cozumel, Belize, Grand Cayman, Santo Domingo, Tortola, Antigua und Domi-
nica zurück nach La Romana. Die 14-tägige Kreuzfahrt mit AIDAvita ist ab 1695 Euro pro Person in der Doppelka-
bine buchbar. Ein An- und Abreisepaket ist ab 890 Euro verfügbar. Wer als Schnorchler oder als Taucher teilneh-
men möchte, meldet sich am besten über die AIDA-Event-Hotline unter der Rufnummer +49 381 20270705 an.
www.aida.de
02. gitarrenrochen und mehr …
Malediven Wer neben allgegenwärtiger „Fischsuppe“ besondere
Highlights sucht, ist auf der Insel Reethi Beach im Baa Atoll an der
richtigen Adresse. Die Insel steht unter Schweizer Leitung und bie-
tet herrliche Strände, ein attraktives Hausriff sowie eine ganze Rei-
he ausgezeichneter Tauchplätze. Viele davon werden nur von der
Tauchbasis Sea Explorer und hin und wieder Tauchkreuzfahrtschif-
fen besucht. Neben Schildkröten, Adlerrochen und verschiedenen
Muränenarten sind hier auch Exoten wie Angler- und Schaukel-
fi sche zu fi nden. Zwischen Mai und Oktober kommen Mantas und
Walhaie ins Atoll. Am Hausriff von Reethi Beach leben ein Pärchen
der seltenen Harlekingarnelen sowie ein großer Makrelenschwarm.
Eine besondere Attraktion sind die am Hausriff sehr häufi g anzu-
treffenden großen Stachel- und Gitarrenrochen. Die professio-
nelle Tauchbasis Sea Explorer steht unter erfahrener Leitung des
Schweizers Robert Schneider und bietet hervorragenden Service
sowohl für Tauchneulinge als auch für erfahrene Taucher. Bei Orca
Reisen gibt es ein einwöchiges Tauchspecial inklusive Flug, DZ/
HP und sechs Tage Non-Limit-Tauchen ab 1659 Euro pro Person.
www.orca-dive.de
04. neues von den sinai divers
Marsa Alam Bei den Sinai Divers, echtem ägyptischen „Tauchbasen-
Urgestein“, hat sich eine Menge getan. Vor Kurzem wurden 20 neue
Chalets im Taucherhotel Oasis in Marsa Alam fertiggestellt. Das Gemein-
schaftsprojekt von Sinai Divers und Diving Centers Werner Lau ist ein
Tauchresort für alle, die die Ruhe lieben: So sucht man vergeblich nach
Animation, Musikberieselung und Fernsehen. Das Resort steht ganz im
Zeichen des Tauchens, Relaxens und der Ruhe. Von der ganzen Anlage
aus hat man einen fantastischen Blick aufs Meer und die Küste. Mit der
Erweiterung auf 50 Zimmer ist die kleine Anlage auch schon komplett.
Sharm el Sheikh Im Sinai liegt Sharm el Scheikh weiter voll im Trend.
Alle hoffen wieder auf so viele Walhaie, Mantas und Hammerhaie wie in
2008. Seit dem 1. Januar 2009 ist PADI Course Director Ingrid Wittmann
verantwortlich für Tauchschule und interne Weiterbildung. Sie ist auch
Stellvertreterin von Basisleiter „Friday“ Jochen Koehler.
Liveaboard Nach wie vor ist die Ghazala-Flotte der Sinai Divers im Ein-
satz. Auf der „Ghazala I“ freuen sich Kapitän Mamdouh, seine Crew und
die langjährige Tauchlehrerein Silvia auf die Saison und viele alte und
neue Gesichter. Das Flaggschiff der Sinai Divers, die „Ghazala Voyager“,
ist seit April wieder im Süden und vor allem zu den Brother Islands un-
terwegs. Ahmed (Tito), seit vielen Jahren Schiffsingenieur auf der „Voya-
ger“, hat in diesem Winter seine Kapitänsprüfung absolviert und ist der
neue Kapitän der „Ghazala Voyager“.
www.sinaidivers.com
Friday und Ingrid Wittmann
03. mares: patent-weltmeister
Rapallo Ganz im Sinne des Firmengründers Ludovico Mares präsentiert sich „seine“ Firma auch im Jubiläumsjahr
voller Tatendrang! 60 Jahre und kein bisschen müde. Der Forscherdrang der hauseigenen Forschungs- und Entwick-
lungsabteilung ist größer denn je. Davon zeugen die zahlreichen Neuprodukte, die jedes Jahr im Tauchsport Ak-
zente setzen. Hinter LiquidSkin, ABS Plus, VAD, DFC, Airtrim und OPB stecken patente Lösungen aus dem Kom-
petenzzentrum in Rapallo. Als Vollausstatter in Sachen Tauchausrüstungen konzentriert Mares die größte Anzahl an
Entwicklungsingenieuren und Designern unter einem Dach. In Verbindung mit dem hauseigenen Prüfi nstitut werden
Produktstudien frühzeitig auf Herz und Nieren getestet, gegebenenfalls modifi ziert und technisch optimiert. Bestes
Beispiel hierfür liefert die weltweit einzigartige Flossentestmaschine.
Die Anzahl der Patente, die von Mares jährlich angemeldet werden, ist nicht nur innerhalb der Tauchindustrie füh-
rend. Dokumentiert wurde die Innovationskraft von Mares jüngst von der “Osservatorio Unioncamere“, dem italie-
nischen Pendant der Deutschen Industrie- und Handelskammer. Im Hinblick auf eine Bewertung im internationalen
Kontext wurden die Top-100-Firmen in Italien nach ihrer Anzahl der zwischen 1999 und 2006 in Europa gemel-
deten Patente gelistet. Natürlich fi nden sich hier die wichtigsten italienischen Unternehmen von Rang und Namen
wieder. Auf Rang 32 taucht Mares auf – vor Nobelmarken wie Benetton, Zanussi, Olivetti, De Longhi und Piaggio.
www.mares.com
30 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | 31
newtoviewnewtoview
news•news•news•news•news•news•news•news•news•news•news•news•news•news•news•news•news•news•news•news
05. mit nitrox mehr zeit unter wasser
Tauchen mit Nitrox ist heute vielerorts eher Standard als Ausnahme. Die meisten Taucher haben
schon einmal davon gehört oder in einer Tauchschule die gelb-grünen Nitrox-Tauchflaschen gesichtet.
Anders als bei der klassischen Pressluft wird beim Tauchen mit Nitrox das Gasgemisch in der Tauch-
flasche verändert: Der Sauerstoffanteil wird erhöht – das führt zu längeren Nullzeiten (Tauchzeiten
ohne Dekostopp) in bestimmten Tiefen. Gerade bei Wiederholungstauchgängen macht sich das be-
merkbar: Während die Presslufttaucher schon wieder auf dem Boot sitzen, drehen die Nitroxtaucher
noch eine Runde mit dem Walhai … Tauchen mit Nitrox bringt ein paar Besonderheiten mit sich, die
man schnell und einfach im sogenannten „Enriched Air Diver Kurs“ des Tauchverbands PADI erlernt.
Der Spezialkurs kann direkt nach dem Einsteigerkurs absolviert oder in Teilen bereits in den Einstei-
gerkurs integriert werden. Man lernt alles über den sicheren Umgang mit dem Nitrox-Gemisch, nach
erfolgreichem Abschluss des Kurses kann man Nitrox-Mischungen mit bis zu 40 Prozent Sauerstoff
anwenden und Tauchgänge entsprechend planen. Übrigens sind beim Nitrox-Kurs keine Tauchgänge
erforderlich, alle Inhalte werden „auf dem Trockenen“ vermittelt.
Gewinnspiel Außerdem gibt es bei PADI bis 15. Juli tolle Preise zu gewinnen. Alle, die bis zum Stich-
tag ein PADI-Brevet erwerben, nehmen automatisch an der Verlosung teil und können Atemregler von
Mares und Tauchcomputer von Mares, Scubapro und Sunnto gewinnen. Die Gewinner werden schriftlich
benachrichtigt, der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
www.padi.com
06. sub aqua:neues hotel auf den philippinen
Malapascua Sub Aqua Tauchreisen hat ein neues Hotel ins Pro-
gramm aufgenommen: das Hippocampus Resort auf Malapascua.
Das gemütliche Resort steht unter deutscher Leitung und liegt di-
rekt am feinsandigen Bounty Beach. Malapascua ist als Topadresse
für Taucher bekannt und kann das ganze Jahr über bereist wer-
den. Unzählige Arten von Nacktschnecken und Krebsen, darunter
auch seltene Harlekingarnelen, Geisterpfeifenfische, Anglerfische,
verschiedene Seepferdchen oder Mandarinfische sind um die In-
sel vertreten. Malapascua ist aber auch einer der besten Spots der
Philippinen für Großfischbegegnungen: Nur etwa 30 Minuten ent-
fernt von Malapascua befindet sich Monad Shoal. Dieser Tauch-
platz ist weltberühmt für Begegnungen mit Fuchshaien. Frühmor-
gens schwimmen die imposanten Tiere aus größeren Tiefen zum
Plateaurand hinauf und suchen dort Putzerstationen in ungefähr 22
Meter Tiefe auf.
Die Tauchbasis Sea Explorers unternimmt in der Regel vier Tauch-
gänge pro Tag. Die täglichen Early Morning Dives zum Shark Point
und nach Monad Shoal zu den Fuchshaien gehören zu den High-
lights. Auch klassische Ganztagesfahrten mit zwei Tauchgängen ge-
hören zum Daily Business. Gegen Abend, beim Sunset Dive in der
Nähe des Leuchtturms, warten Mandarinfische und Seepferdchen
darauf, entdeckt zu werden. 14 Nächte im Superior-Doppelzimmer
inklusive Frühstück, 20 Bootstauchgängen, Transfers und Flug mit
Singapore Airlines nach Cebu kosten ab 1380 Euro pro Person.
www.sub-aqua.de
07. die kanaren: neu bei lagona travel
Neu im Programm des Reiseveranstalters Lagona Travel sind die Kanarischen Inseln Gran Canaria und Fuerteventura.
Halbtagesfahrten für Taucher, schöne Strände, Hotels internationalen Standards und vielerorts Kinderbetreuung machen
die Inseln im Atlantik insbesondere für Familien attraktiv. Unter Wasser haben die Inseln ebenfalls jede Menge zu bieten:
interessante Riffformationen, Felswände mit Höhlen, Grotten und Spalten. Riesige Zackenbarsche, Stachelrochen, Engels-
haie und verschiedene Muränenarten zählen zu den Bewohnern der Gewässer. Die Tauchplätze sind in nur fünf bis 20
Minuten mit wendigen Zodiacs erreichbar. Auf Fuerteventura kosten sieben Nächte im Club El Castillo mit Frühstück in-
klusive sechs Tauchgängen ab 429 Euro pro Person. Kinder in Begleitung der Eltern zahlen eine Pauschale von 50 Euro.
Der Flug kommt noch dazu (tagesaktuelle Preise auf Anfrage).
www.lagona-travel.de
newtoview
32 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 |
FRAU COUSTEAU, THOMAS MANN HAT EINMAL GESCHRIE-
BEN: „DAS MEER IST KEINE LANDSCHAFT, ES IST DAS ER-
LEBNIS DER EWIGKEIT.“
Das stimmt. Das Meer ist endlos und gleichzeitig verbindet
es alles. Und darin zu tauchen, ist fast wie Meditation.
WÄHREND ANDERE GROSSVÄTER MIT IHREN ENKELN SPA-
ZIEREN GEHEN, ZEIGTE JACQUES COUSTEAU IHNEN WAHR-
SCHEINLICH DIE UNTERWASSERWELT.
Genau. Mein Vater erzählt gerne, wie er mit sieben einfach
über Bord geschmissen wurde.
ICH HOFFE, IHR GROSSVATER WAR SANFTER ZU IHNEN.
Das war er. Er zeigte mir die Ausrüstung und sagte: „Das
ist deine Maske, so musst du sie anziehen, hier ist dein
Tank, atme normal. Bequem? Dann los!“ Und dann war es
plötzlich sehr ruhig unter Wasser und meine Augen waren
für alles offen, ich vergaß sogar die Ausrüstung. Es war
einfach toll. Ich war neun Jahre alt.
DAMALS WOLLTEN SIE SICH UM TIERE KÜMMERN, DANN
ÄNDERTEN SIE IHRE MEINUNG. WARUM STUDIERTEN SIE
SPÄTER PSYCHOLOGIE?
Ich habe Tiere immer geliebt und für mich übersetzte sich
das in den Beruf des Tierarztes. Aber als mir dann erstmal
klar wurde, dass ich dafür Tiere aufschneiden und wieder
zunähen musste, war ich mir nicht mehr so sicher. Also
studierte ich Psychologie. Ich wollte verstehen, warum die
Menschen bestimmte Dinge tun.
Dichter Nebel umhüllt das Schiff an diesem Morgen. Das
Radar der „Manfi sh“ ist ausgefallen; das erschwert die
Orientierung und die Suche nach den Orcas. Das Meer
glänzt unterhalb der Reling wie nasser Asphalt. Céline
Cousteau späht übers Wasser, atmet die salzige Luft und
vertreibt sich die Zeit im Gespräch mit der Fotografi n
über die besten Objektive für ihre Kameraausrüstung.
Das Team Cousteau ist unterwegs zur kleinen Insel Soin-
tula, um einen Orcaforscher abzuholen. Der Film, den sie
drehen, soll das Bild von den Tieren ändern, die Vorur-
teile ausräumen: Sie sind nicht die Killer, für die manche
sie bis heute halten. Die Mannschaft ist auch unterwegs,
um die Gefährdung der Orcas durch den wachsenden
Nahrungsmangel zu dokumentieren: Der Strom der Lach-
se, zu dieser Jahreszeit ihr Hauptjagdgebiet, fl ießt lange
nicht mehr so wie früher.
dieText Fredy Gareis © Fotos Carrie Vonderhaar, Ocean Futures Society/KQED
DER NAME COUSTEAU STEHT FÜR TAUCHEN, MEERESFORSCHUNG UND ABENTEUER. JACQUES COUSTEAU IST MIT
SEINEN DOKUMENTARFILMEN ÜBER DIE UNTERWASSERWELT BERÜHMT GEWORDEN. SEINE ENKELIN, CÉLINE COUSTEAU,
WOLLTE ZUNÄCHST LANDTIERÄRZTIN WERDEN. SIE STUDIERTE DANN PSYCHOLOGIE. HEUTE FOLGT SIE IHREM GROSSVATER
AUF DESSEN SPUREN. WIR TREFFEN DIE 36-JÄHRIGE VOR DER KÜSTE VON VANCOUVER ISLAND AN BORD DER „MAN-
FISH“ IM NORDWESTEN KANADAS. DORT DREHT SIE MIT IHREM VATER JEAN-MICHEL COUSTEAU UND DEM TEAM
DER „OCEAN FUTURES SOCIETY“ EINEN DOKUMENTARFILM ÜBER ORCAS.
enkelin
34 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | 35
kaleidoscope
NACH DEM STUDIUM ARBEITETEN SIE IN EINEM PSYCHIA-
TRISCHEN HOSPITAL, JETZT DREHEN SIE EINEN FILM ÜBER
ORCAS. WIESO?
Ich war emotional zu involviert. Ich hatte mit Missbrauchs-
opfern zu tun und habe deren Leidensgeschichten abends
immer mit nach Hause genommen. Das war beklemmend.
UND DANN? ZURÜCK ZU DEN WURZELN?
Wenn man in so einer Familie aufwächst, ist man durch-
drungen mit dem, was die Familie tut. Meine Großeltern
sind weit gereist, genau wie meine Eltern. Mein Bruder
Fabien und ich konnten da nicht immer mit, wegen der
Schule, und so haben wir Kinder deren Abenteuer dann
nacherlebt, wenn sie mit den Geschichten, Fotos und
Filmen von den Expeditionen wieder nach Hause ka-
men. Meine Mutter war als international tätige Fotogra-
fi n öfter mit auf Reisen.
WANN KAMEN SIE AN BORD?
Wie gesagt, als Kind, während der Schulferien, und dann
später, mit Anfang dreißig wieder. Die Crew meines Va-
„DAS MEER IST ENDLOS UND GLE ICHZE IT IG VERB INDET
ES ALLES . DAR IN ZU TAUCHEN, IST W IE MED ITAT ION. “
ters drehte gerade für die Doku-Serie „Ocean Adven-
tures“ einen Film über die Migration der Grauwale nach
Alaska. Ich fragte, ob ich nicht helfen könne. Und plötz-
lich war ich dort, Auge in Auge mit den Grauwalen, und
hatte diese großartigen Begegnungen mit der Natur und
den Menschen dort. Ich dachte: Das ist genau das, was
du tun willst. Plötzlich war ich voller Selbstvertrauen,
dass das mein Weg ist. Wahrscheinlich deshalb, weil ich
ihn selbst gesucht habe und ihn nicht aus irgendeinem
Familien zwang gegangen bin.
AUSGERECHNET ALASKA …
Irgendwie war das genau der richtige Ort. Wir waren in
Barrow, der nördlichsten Stadt des Kontinents. Dort ist
nichts, keine Bäume, keine Büsche. Es ist alles rau und
trostlos. Aber die Menschen dort waren wirklich glück-
lich. Da war eine gewisse Form der Einfachheit, die mir
wirklich gefi el. Es war nicht die schöne Karibik mit ihren
angenehmen Temperaturen. Es war die Rohheit, die mich
gefesselt hat, die Verbindung zu den Tieren und den
Menschen. Das war ein Wendepunkt für mich.
36 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | 37
kaleidoscope kaleidoscope
ALSO SIND SIE IN DIE FUSSSTAPFEN IHRES VATERS GETRE-
TEN WIE IHR VATER IN DIE IHRES GROSSVATERS. WORAUS
GENAU BESTAND UND BESTEHT IHRE ARBEIT?
Ich stehe vor der Kamera, gebe manchmal Interviews
(lacht) und kümmere mich auch um die Logistik. Außer-
dem bin ich an der Recherche und Vorbereitung der Tou-
ren beteiligt; das ist von Expedition zu Expedition anders.
Und ich tue das, was ich schon immer gut konnte: viel
über alles reden.
IMMERHIN ...
Meine Großmutter hat mich immer den Wirbelwind genannt.
Ich habe ein ständiges Bedürfnis, Geschichten zu erzählen.
FÜR IHRE ELTERN HIESS EINE EXPEDITION NOCH, MONA-
TELANG UNTERWEGS UND UNERREICHBAR ZU SEIN. WIE
SIND SIE DAMIT KLARGEKOMMEN?
Für mich war das normal. Alle vier Wochen würde ich ei-
nen Anruf von meiner Mutter kriegen; ich kannte es nicht
anders. Sie hat sich das nicht nehmen lassen – auch wenn
sie bei den Kopfjägern auf Papua Neuguinea war. Aber
die ersten neun Jahre ist meine Mutter nicht gereist. Na-
türlich habe ich sie vermisst, aber ich erinnere mich auch
daran, wie glücklich und erfüllt sie immer zurückkam. Sie
lebte ihren Traum. Doch vor gar nicht allzu langer Zeit hat
sie mir mal erzählt, dass das größte Abenteuer von allen
wir Kinder waren.
DER NAME IHRES GROSSVATERS IST WELTWEIT EIN BE-
GRIFF; ER TAUCHT IN BÜCHERN, LIEDERN UND FILMEN
AUF. ES GAB EINEN MENSCHEN, DER NOCH MEHR ZEIT
AUF DER „CALYPSO“, DEM BERÜHMTEN EXPEDITIONS-
SCHIFF, VERBRACHT HAT: IHRE GROSSMUTTER. WAS WAR
SIE FÜR EINE FRAU?
Es ist, wie das Klischee sagt: Hinter jedem großen Mann
steht eine Frau. Sie war einfach eine sehr starke Persön-
lichkeit und ließ niemandem etwas durchgehen. Wenn
ich in Frankreich war, wohnte ich bei ihr. Sie sagte dann
immer: „Was willst du denn mit deiner Oma rumhängen?
Hier sind zehn Francs, geh’ an den Strand, hol dir ein Eis
und sieh den Jungs nach.“
UND DIE OMA WAR MIT IM WASSER?
Nein. Sie war die Krankenschwester, die Friseuse, die
Vertraute und die Mutter. Im Prinzip hat sie alle adoptiert.
Man nannte sie die Hirtin.
WIE HABEN SIE JACQUES, IHREN GROSSVATER, IN ERINNERUNG?
Er war sehr nachdenklich. Und rastlos. Man hat ihn selten
sitzen sehen. Wenn er etwas sagte, dann hörten die Leute
ihm zu. Er kannte überhaupt keine Hindernisse, sondern
packte die Dinge einfach an. Er war ein großer Mann,
der Mann, der immer noch so tun wollte, als würde der
Weihnachtsmann existieren. Dazu muss man sagen, dass
er uns immer reich beschenkt hat und es dabei verstand,
dass ich immer mehr auszupacken hatte als mein Bruder
– ohne ihn eifersüchtig zu machen. Meistens hat er uns
dann Geschichten von seinen Forschungen erzählt. Für
uns Kinder war das eine Abenteuerreise ohne Grenzen.
Aber alles in allem war er einfach nur unser Großvater.
" E S G E H T N U N N I C H T M E H R U M D I E E N T D E C K U N G ,
S O N D E R N D A R U M , W I E W I R M I T D E N S A C H E N U M G E H E N ,
V O N D E N E N W I R N U N W I S S E N , D A S S S I E E X I S T I E R E N . "
Auf Sointula holt eine Forscherin das Team mit dem Wa-
gen ab und fährt es durch den dichten, moosüberwucher-
ten Wald an einen Strand, an dem sich die Orcas im fl a-
chen Wasser an den Kieseln massieren. Céline nimmt auf
dem Beifahrersitz Platz und lauscht einer anderen Art von
Musik aus den Lautsprechern: Orcagesänge, aufgenom-
men mit einem Unterwassermikrofon. Hier oben sind alle
verrückt nach den Meeressäugern, die man in den Sech-
zigern noch für gefährliche Killer gehalten hat. Am Strand
trifft Céline einen dieser Typen, den die Orcas nicht mehr
loslassen. Seit zwölf Jahren verbringt Troy jeden Sommer
hier am Strand, um Orcas zu katalogisieren. Sein Lager
besteht aus zwei Zelten, einer Pritsche und einer Funksta-
tion. Auf dem Boden hat er eine Karte ausgebreitet und
zeigt mit dem Finger, wo die Wale heute sein könnten.
Während alle auf einen Funkspruch warten, tauschen sie
Geschichten aus, wie Orcas Menschen aus brenzligen
Situationen gerettet haben. Zwei Teammitglieder zeigen
ihre Ringe. Sie haben gerade erst in Neuseeland gehei-
ratet und sich Orcas eingravieren lassen. Dann rauscht
das Funkgerät: „Wir haben welche gesehen. Sie bewe-
gen sich nach Westen.“ Der Nebel klart auf. Yes! Céline
macht eine Beckerfaust und legt einen kleinen Freuden-
tanz hin. Sie bewegt sich katzenhaft, fast möchte man
sagen, französisch elegant. Bisweilen kann das auch af-
fektiert wirken – immer um eine gute Pose bedacht.
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kaleidoscope kaleidoscope
Der Nebel lichtet sich. Céline steht neben ihrem Va-
ter, beide haben die Ferngläser an den Augen. Plötz-
lich ein dickes Sprotzen. Man hört sie, bevor man sie
sieht. Keine hundert Meter entfernt schneiden schwar-
ze Schwerter durch das Wasser. Dann dreht der Wind,
der Nebel ist wieder da und die Orcas sind weg. Statt-
dessen taucht aus den Schwaden eine Barkasse auf,
groß wie ein Kreuzfahrtschiff und mit Baumstämmen
aus den kanadischen Wäldern beladen. Es ist nicht das,
was Céline gerne sehen wollte. Sie wendet sich ihrem
Vater zu und macht in schnell gesprochenem Franzö-
sisch eine abfällige Bemerkung über ihr Verständnis
von nachhaltiger Forstwirtschaft. Die Suche nach den
Orcas geht weiter. Jean-Michel Cousteau ist jetzt 70,
und irgendwann soll die Tochter das Ruder überneh-
men. Darauf steuert sie zu, dafür ist sie die Hälfte des
Jahres auf Reisen. Für Privatleben bleibt nicht viel Zeit;
das schließt eine feste Beziehung ein.
Weiter im Westen reißt die Sonne den Nebel ausei-
nander. In der Ferne sieht man einen Schwarm Delfi-
ne, die einem Orca folgen. Er dreht bei, taucht unterm
Kiel der „Manfish“ ab und sorgt für "Ahs" und "Ohs" an
Bord. Das Team bekommt seine Fotos und dann – vor
der Kulisse der untergehenden Sonne – die Schnapp-
schüsse dazu, als der Orca mit einem mächtigen Sprung
durch die Wellen bricht und klatschend in einer Gischt-
wolke verschwindet. Applaus. Céline freut sich; sie ver-
gisst, auf den Auslöser zu drücken.
Am nächsten Tag sitzt Céline neben einem Totem vor
einem Museum der Ureinwohner. In Kanada werden
sie „First Nations“ genannt. Sie hat mit ihrem Vater den
Häuptling interviewt, mit ihm über die Orcas und die
ausbleibenden Lachse geredet. Eine Frau kommt dazu;
sie arbeitet im Museum und stellt ihren fünfjährigen Sohn
vor. Brennan ist Cousteau-Fan. In einer Tüte hat er sein
Spielzeug mitgebracht, lauter Plastikwale. Er legt sie auf
einen Baumstamm und seine Mutter kommentiert, dass er
damit eine lokale Berühmtheit sei und Wale an ihren Ge-
sängen erkennen könne. Das gefällt Cèline. Als er dann
noch die alten Bücher ihres Großvaters hervorkramt, ist
sie sein Fan und nicht umgekehrt. Bedächtig blättert sie
eines durch, streicht mit der Hand manchmal behutsam
über die Seiten, als gelinge ihr so eine Zeitreise in die ei-
gene Vergangenheit. Was er denn in Zukunft einmal von
Beruf werden wolle, fragt sie den Jungen. Vielleicht ein
Ozeanograf? „Oh, ja“, sagt Brennan und holt das letzte
Stück aus seiner Tüte: eine Schnorchelausrüstung.
JACQUES COUSTEAU, IHR GROSSVATER, WAR EIN PIONIER.
DURCH IHN WURDEN DAS TAUCHEN UND DIE MEERES-
FORSCHUNG POPULÄR. WAS BLEIBT FÜR SIE ZU TUN?
Die Welt ist viel bevölkerter, als sie es sein sollte. Wir
haben eine starke Wirkung auf diesen Planeten. Er lei-
det. Wir müssen verstärkt versuchen, nachhaltig im
Sinne der Umwelt zu handeln. Viele kümmert das we-
nig, sei es, weil sie es nicht besser wissen, oder aus
purer Rücksichtslosigkeit. Auf jeden Fall haben wir mehr
als wir brauchen. Wir sind uns selbst über den Kopf ge-
wachsen, glaube ich. Der Teil, den ich beisteuern möch-
te, besteht darin, die Verbindung zu den Völkern und
Kulturen zu suchen. Wir haben uns weit davon entfernt.
MANCHE GLAUBEN, UMWELTSCHUTZ IN EIGENER SACHE
SEI ZWECKLOS, MAN KÖNNE GEGEN DEN GLOBALEN EIN-
GRIFF IN DIE NATUR NICHTS AUSRICHTEN ...
Die globale Erwärmung ist ein Riesenthema, und deswe-
gen muss man es in leicht verdauliche Stücke brechen.
Es ist nicht belanglos, Wasser zu sparen oder Materi-
alien wiederzuverwerten. Es gibt alltägliche Dinge, die
man tun kann, und vor allem sollte man daran glauben,
dass man eine Wirkung hat. Natürlich kann ein Einzelner
nicht die Welt verändern. Aber viele zusammen können
es. Die Menschen sind insgesamt offener und bereiter,
zuzuhören. Wir müssen einfach ein wenig selbstloser le-
ben. Mein Großvater hat immer gesagt: „Die Menschen
beschützen, was sie lieben.“ Hoffentlich können wir et-
was davon den Menschen beibringen. Stück für Stück.
Wir von der Ocean Futures Society bekommen in diesem
Sinne inzwischen viel Aufmerksamkeit für unsere Arbeit.
„ ICH HABE ME INEN WEG SELBST GESUCHT UND B IN IHN
N I C H T A U S I R G E N D E I N E M FA M I L I E N Z W A N G G E G A N G E N . “
W IR S IND UNS SELBST ÜBER DEN KOPF
GEWACHSEN, GLAUBE ICH . DER TE I L , DEN
ICH BE ISTEUERN MÖCHTE , BESTEHT DAR IN ,
D IE VERB INDUNG ZU DEN VÖLKERN UND
KULTUREN ZU SUCHEN.
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kaleidoscope kaleidoscope
JEAN-MICHEL COUSTEAUS OCEAN FUTURES SOCIETY
„Schütze den Ozean und du schützt dich selbst” lautet das Motto der Ocean Futures Society (OFS). Ein
Satz, der sicherlich zum Grübeln anregt. Und das ist auch so gewollt. Denn die 1999 von Célines Va-
ter, Jean-Michel Cousteau, gegründete Organisation möchte Menschen sensibilisieren. In Bezug auf die
Zusammenhänge zwischen dem Wohlergehen aller Lebewesen und dem Zustand der Ozeane, derzeitige
Missstände und Lösungsmöglichkeiten. „Wir können nichts beschützen, was wir nicht verstehen“, so
Jean-Michel Cousteau. Aus diesem Grund befasst sich die OFS nicht nur mit der Erforschung und dem
Schutz der Ozeane, sondern bedient sich zudem eines breiten Spektrums an Informationsmöglichkeiten.
Von Programmen für Schüler und Küstenbewohner über klassische Medienkampagnen bis hin zu aufwen-
digen Kino- und TV-Produktionen. Dabei spielen insbesondere die Themen „sauberes Wasser“, „Schutz
der küstennahen Lebensräume“, „Meeressäuger“ und „umweltverträglicher Fischfang“ eine wichtige Rolle.
Eine Arbeit, die selbst bei George W. Bush Wirkung zeigte. So gelang es der OFS im Jahr 2006, den
damaligen US-Präsidenten davon zu überzeugen, die Nordwestlichen Hawaii-Inseln unter Schutz zu
stellen. Das daraus hervorgegangene Papahanaumokuakea Marine National Monument gilt mit seinen
362.000 Quadratkilometern Fläche als zweitgrößtes maritimes Naturschutzgebiet der Welt.
Zu weiteren bekannten Projekten der Organisation zählte unter anderem die Auswilderung des Orcas
Keikos, der durch die Kinoreihe „Free Willy“ berühmt wurde. Um eine möglichst große Zahl von Men-
schen zu erreichen, ist die Mitgliedschaft in der OFS kostenlos. Beitrittsformulare fi nden sich im Internet.
Außerdem fi nden dort alle, die die OFS mit einer Spende unterstützen wollen, genauere Informationen.
www.oceanfutures.org Jean-Michel Cousteau und Dr. Sylvia Earle im Weißen Haus, als George W.
Bush die Nordwestlichen Hawaii-Inseln offiziell zum Naturschutzgebiet erklärt.
FAMILIE DER MEERE
Cousteau. Der Name klingt in vielen Ohren wie Meeresrauschen.
Kein Wunder, schließlich verstecken sich dahinter mittlerweile drei
Generationen von Ozeanologen, Umweltschützern und Unter-
wasserfi lmern. Eine Familie, die sich seit über 60 Jahren für den
maritimen Lebensraum einsetzt und uns einst die Ozeane in die
Wohnzimmer brachte. Angefangen mit Jacques-Yves Cousteau
(1910–1997), dem berühmten Tauchpionier mit der roten Woll-
mütze. Einem Multitalent, das sich für Technik, Umweltschutz und
Forschung gleichermaßen interessierte. So entwickelte er unter
anderem Lungenautomaten, die ersten Unterwasser-Scooter so-
wie zahlreiche Gerätschaften für Unterwasserfotografi e und -fi lm.
Bereits 1936 drehte der Franzose die ersten bewegten Bilder am
Meeresgrund. Über 100 Filme folgten, darunter „Silent World“,
der ihm 1956 neben der „Goldenen Palme von Cannes“ seinen
ers ten von insgesamt drei Oscars bescherte. Ab 1950 unternahm
er an Bord seines Forschungsschiffes „Calypso“, gesponsert von
der Brauerei Guinness, zahlreiche Expeditionen. Dabei ließ er 1976
selbst die Suche nach Atlantis in der Ägäis nicht aus. Sensibilisiert
für den maritimen Lebensraum setzte sich der Tausendsassa aber
auch als Umweltschützer ein. So gründete er unter anderem 1973 die
Cousteau-Gesellschaft zur Erforschung und zum Schutz der Meere,
1977 erhielt er sogar den Internationalen Umweltpreis der UNO.
Das rastlose Schaffen ging nicht spurlos an seinem ältesten
Sohn Jean-Michel Cousteau vorüber. Bereits 1945 erkundete der
damals Siebenjährige mit dem Lungenautomaten des Vaters die
Unterwasserwelt und lernte das Meer lieben. Eine Leidenschaft
mit Folgen. Denn obwohl Jean-Michel zunächst ein Architek-
turstudium in Paris absolvierte, kam er nicht von ihr los. Inzwi-
schen hat Jean-Michel als Forscher, Umweltexperte, Pädagoge
und Produzent von über 75 Filmen versucht, den Menschen sei-
ne Liebe und Sorge für die Ozeane nahezubringen. Genau wie
sein Vater erhielt auch er verschiedenste Preise und Auszeich-
nungen, darunter einen Emmy und den Peabody Award.
Und auch vor der nachfolgenden Generation machte der Ruf
des Meeres, trotz einiger beruflicher Umwege, nicht Halt.
Sowohl Céline wie ihr Bruder Fabien sind heute wichtiger Be-
standteil der Ocean Futures Society. Sie im Rahmen von Re-
cherche-, Feldforschungs- und Dokumentationsarbeiten. Er hat
auf eigene Faust Weiße Haie erforscht und darüber den Fern-
sehfi lm „Shark: Mind of a Demon“ gedreht. Es scheint, als sei
der Name Cousteau auch weiterhin fest mit den Ozeanen dieses
Planeten verbunden. Geht das Generationen so weiter, müssten
den Cousteaus nach den darwinschen Evolutionsgesetzen bald
Schwimmhäute und Kiemen wachsen.
Großvater Jacques Cousteau mit seinen Enkelkindern Fabien und Céline. Céline und Jean-Michel Cousteau bei Dreharbeiten vor Alaska.
Text Conny Thane Text Conny Thane
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kaleidoscope kaleidoscope
CÔTE D’AZUR, SÜDFRANKREICH. FOLGT MAN DER
KÜSTENSTRASSE VON MONACO NACH SÜDWESTEN, WIRD
DIE AUSSICHT LANDEINWÄRTS DURCH DIE SEEALPEN
BEGRENZT. DER ANBLICK IST ÜBERRAGEND. DIE BERGE FALLEN
ZUM MEER STEIL AB. DAS AZURBLAU, DIE ROTEN FELSEN
BEI L’ESTÉREL UND DIE LAVENDELFELDER VEREINEN SICH ZU
EINEM STUNDENLANGEN PANORAMA; DIE EINHEIMISCHEN
NENNEN DIE LANDSCHAFT PROVENCE-ALPES-CÔTE D'AZUR.
ES GIBT DARIN IN STEIN GEHAUENE DÖRFER AUS EINER
ANDEREN ZEIT, MONDÄNE KURORTE UND DIE PRÄSENZ DER
REICHEN UND SCHÖNEN AUF DEN PROMENADEN UND IN
DEN FERRARIS. SIE VERLANGEN AUFMERKSAMKEIT. ES GIBT
EINDRUCKS VOLLERE SCHAUPLÄTZE.
der ankerplatz
derText Lutz-Peter Kaubisch © Fotos Kurt Amsler
letzte
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adventurerubisadventurerubis
sehen bekommen. Vor der Küste der französischen Ho-
heitsgewässer liegen historische Schätze auf Grund. Die
Stille bewahrt ihre Geschichte und die Tragödien. Sie sind
nichts für jedermann. Es gebe nicht nur die stählernen Zeit-
zeugen zu bestaunen, hat Vogl gesagt. Man bekäme dort
unten auch Grotten, Steilwände mit üppigem Gorgonienbe-
wuchs und große Fischschwärme zu sehen.
Die Basis liegt direkt am Strand; sie ist strohgedeckt,
wie auch die umliegenden Gebäude. Die Tauchfahrten
beginnen ein paar Meter entfernt. Man schafft es
die ersten Male nie ohne Sand im Anzug durch die
Brandung zum Boot, außerdem ist es Gewöhnungs-
sache, sich im brusttiefen Wasser an Bord zu hieven.
Sei’s drum. Das hier ist authentisch und hat nichts
mit dem Bedienkomfort auf den Malediven oder am
Roten Meer zu tun. Der Lohn für die Mühe ist später
ein knapp siebzig Meter langes, authentisches Relikt:
das U-Boot „Rubis“.
Das Ziel liegt weiter im Süden. Die Nationalstraße
passt sich dem weiten Bogen der Bucht an, die
das Meer zwischen St. Maxime auf der einen
und St. Tropez auf der anderen Seite ins Land gegraben
hat. Danach heißt sie D 98 und führt auf die Stadt zu, die
die ganze Welt kennt. Vorher geht’s rechts ab. Die „Rou-
te des Plages“ bahnt sich den Weg ans Ende der Strände,
über das mittelalterliche Ramatuelle hinaus nach Bonne Ter-
rasse. Weiß Gott, die Sprache hat es in sich – und auch
die Gegend, die voller karger, mediterraner Schönheit ist.
Cap Camarat liegt voraus. Es ist der End- und Ausgangs-
punkt der Reise und Domizil der „European Diving School".
Der Leiter der Basis heißt Alexander Vogl. Er ist auf
Wracktouren spezialisiert. Mit den Festrumpfschlauchboo-
ten ist man vom Campingplatz Kon Tiki aus in spätes tens
30 Minuten an Ort und Stelle. Versunkene Frachter, Flug-
zeuge und U-Boote aus dem Zweiten Weltkrieg sind nicht
das, was Urlauber für gewöhnlich an der Côte d’Azur zu
46 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | 47
adventurerubisadventurerubis
V O R D E R K Ü S T E D E R F R A N Z Ö S I S C H E N H O H E I T S G E W Ä S S E R
L I E G E N H I S T O R I S C H E S C H Ä T Z E A U F G R U N D . D I E S T I L L E
B E W A H R T I H R E G E S C H I C H T E U N D D I E T R A G Ö D I E N .
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adventurerubisadventurerubis
Der Lichteinfall weist den Weg beim Abstieg im Blauwas-
ser und führt uns entlang der Bojenleine tiefer. Es ist nicht
das erste Wrack im Logbuch, bei dem sich das subtile
Gefühl von Beklommenheit in die gespannte Erwartung
mischt, bevor sich der Schatten aus dem dichten Blau
schält. Jedes Wrack hat Legenden mit in die Tiefe genom-
men; die meisten legen Zeugnis ab von Tod, Verlust und
vermeintlichem Heldentum. Die „Rubis“ und ihre 42-köp-
fi ge Besatzung sind diesem Schicksal bis Kriegsende ent-
kommen. Dort liegt sie, gerade auf dem fl achen Grund.
Der Kommandoturm ragt bis auf 35 Meter Tiefe aus dem
Dunst; darunter und in Richtung Bug und Heck verlieren
sich die Konturen.
Vogl hat die Gruppe gebrieft und die Recherche vorher
schließt die Wissenslücke: Die Franzosen ließen das Boot
1931 in Toulon vom Stapel. Die Stadt liegt, in der Spra-
che der Seefahrer gemessen, nur ein paar Kabellängen
entfernt vom Grab der „Rubis“, circa 35 Seemeilen. Ein
Jahr später wurde sie „in Dienst“ gestellt. Für den Kapitän
Georges Cabanier und die 41 Männer an Bord hieß das,
sie mussten hinter die feindlichen Linien tauchen, Minen
ausklinken und zusehen, dass sie wegkamen. Mit acht
Knoten Fluchtgeschwindigkeit war das für die Kriegsboote
der Saphir-Klasse, zu der die „Rubis“ zählte, eigentlich
eine todsichere Sache.
Es ist ein gleichsam tief gehendes Erlebnis, ein U-Boot zu
betauchen. Das Wissen dabei über das, was die Besat-
zung erlebte und anrichtete, vergisst man danach nicht
mehr. Am 9. April 1940 wurden Dänemark und Norwegen
von der deutschen Wehrmacht besetzt. Die Alliierten ver-
minten die norwegischen Gewässer. Die „Rubis“ operierte
in ihnen bis zur Kapitulation Frankreichs; danach fuhr sie
unter englischer Flagge weiter. Sie versenkte Versorgungs-
schiffe und U-Boot-Jäger. Sie bekam selbst etwas ab – zer-
stört wurde sie nie. Sie war eine todbringende Waffe, und
jetzt liegt sie dort. Die Schiffsglocke ist überwachsen.
E S I S T E I N G L E I C H S A M
T I E F G E H E N D E S E R L E B N I S ,
E I N U - B O O T Z U B E TA U C H E N .
D E R K O M M A N D O T U R M R A G T B I S A U F 3 5 M E T E R T I E F E
A U S D E M D U N S T; D A R U N T E R U N D I N R I C H T U N G B U G
U N D H E C K V E R L I E R E N S I C H D I E K O N T U R E N .
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adventurerubisadventurerubis
Die winzigen Garnelen in den Ritzen, die roten Gor-
gonien auf der Reling und die Muränen, die aus dem
Bauch des Bootes lugen, haben sich die „Rubis“ einver-
leibt. Nach und nach ist auf ihr ein künstliches Riff ge-
wachsen, voller Leben.
Nach dem Krieg wurde die „Rubis“ wieder nach Toulon
verlegt und überholt; die Besatzung dekorierte man mit
den höchsten französischen und englischen Verdienstor-
den. Die Marine benutzte das Boot noch einige Jahre zu
Ausbildungszwecken. Dann, 1958, wurde es mit militä-
rischen Ehren vor Cap Camarat versenkt.
Wir tauchen an der Bordwand entlang. Dort haben sich
Schwämme angesiedelt und in den Röhren, Spalten und
Nischen leben kapitale, scheue Congeraale. Manchmal
entdeckt man einen Drachenkopf. Das lenkt ab; empfi nd-
licher reagieren die Sinne auf die kalten technischen De-
tails des Wracks: die Minenschächte und Torpedorohre,
das Tiefenruder, die „Netzsäge“ am Bug und den Turm.
Der Lukendeckel steht offen. Durch ihn geht’s abwärts –
in den ehemaligen Niedergang, zu den Fantasien und der
Kulisse, die von Wolfgang Petersens Film vom Schicksal
der U 96 im Gedächtnis blieben. Das Boot. Die Deut-
schen waren 1941 gar nicht so weit entfernt von hier; sie
stachen von St. Nazaire an der französischen Atlantikküs-
te aus in See. Wir lassen die Vergangenheit ruhen. Das
Tarieren über der Luke hat genug Staub aufgewirbelt und
der Blick aufs Finimeter bestätigt, dass der Luftvorrat in
den Flaschen vor der gewohnten Zeit verbraucht ist. Das
war ganz schön aufregend.
Die „Rubis“ fällt im Heckwasser des Schlauchbootes ach-
teraus. Wir werden diese Geschichtslektion nie verges-
sen, doch nun ist es Zeit, uns die Erinnerungen an einen
anderen Ort wiederzuholen. Wir hatten ihn links liegen
gelassen; jetzt kommt er uns gerade recht: Gepfl egt am
Hafenpier sitzen, auf die Scampis warten und einen guten
Roten auf dem Tisch – dabei gelingt es einem am besten,
die Leute auf den Promenadendecks ihrer Jachten nicht
um ihr Leben zu beneiden. Urlaub wie Gott in Frankreich:
Das geht immer noch in St. Tropez.
Das U-Boot Rubis
Schiffstyp: Minenleger-U-Boot
Nationalität: Frankreich
Gewicht: 762 Tonnen
Stapellauf/Untergang: 1931–1958
Ort: Cap Camarat
Position: GPS N: 43 Grad 11’ 37.0’’ O: 006 Grad 42’ 10,0’’
Tiefe: 34 bis 41 Meter
Tauchbasis: European Diving School
Route de Plage | F 83350 Ramatuelle
www.europeandiving.com
Tel. +33 494 799037
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54 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 |
gewinnspiel
IRGENDWIE UNWIRKLICH WIRKT DER LAGO CAPO D´ACQUA IN DER
HÜGELIGEN LANDSCHAFT DER ABRUZZEN. SEIN WASSER IST KLAR, KLARER
ALS DAS WASSER ANDERER SEEN. ES SCHEINT FAST WIE LUFT ZU SEIN,
KAUM SICHTBAR. WIE FLIESSENDE SEIDE UMHÜLLT UND BEWAHRT DAS
KÜHLE, KLARE NASS EIN ALTES GEHEIMNIS: MITTELALTERLICHE MÜHLEN,
ZEUGEN EINER LÄNGST VERGESSENEN VERGANGENHEIT, SIND AM
GRUND DES SEES VERBORGEN. SIE RAGEN EMPOR UND HEBEN SICH
GEGEN DAS BLAU DES WASSERS AB, ALS SEI DIE UNTERWASSERWELT
SEIT JEHER IHRE NATÜRLICHE BÜHNE, DER IHNEN ANGESTAMMTE PLATZ.
dasgeheimnisimText Sabrina Monella © Fotos Franco Banfi
56 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | 57
freshwaterfreshwater
„Gleich sind wir da.“ Wir fahren auf der Nati-
onalstraße SS153 durch eine wunderschöne
hügelige Landschaft, als Dante Cetrioli, unser
Tauchguide, die baldige Ankunft an unserem Ziel ankündigt.
Ungewöhnlich ist es schon, vermutet man doch inmitten
der mit knallrotem Klatschmohn gesprenkelten Weizen-
felder kaum einen Tauchplatz. Sanft wiegen sich die Ähren
im Wind, hier im Nationalpark Gran Sasso. Der National-
park ist das Revier von Wanderern und Naturliebhabern,
Taucher verschlägt es nicht jeden Tag hierher. Wir folgen
jetzt einer kleinen Landstraße, sie ist gesäumt von wilden
weißen Rosen. Gluckernd ergießt sich ein Quellbach in ei-
nen steinernen Trog. Erst jetzt geben die Pappeln, Weiden
und Erlen den Blick auf den See frei. Das glasklare Was-
ser lässt schon von Weitem die Umrisse der Unterwasser-
ruinen erkennen: Mauern und Begrenzungen, Reste von
gepfl asterten Wegen, Skelette versunkener Bäume. Wir
sind am Lago Capo d´Acqua, einem Privatsee in der Nähe
von Aquila. Auch nach Rom ist es kaum mehr als ein Kat-
zensprung. Die mineralstoffreichen Quellen hier oben am
Campo Imperatore, dem größten Karsthochland Europas,
strömen zwischen den mittelalterlichen Pfl astersteinen der
alten Wege empor. Einst wurden diese Wege von Bauern
und ihren Eseln benutzt, um ein wertvolles Gut ihrer Zeit,
Getreide, zu den Mühlen zu tragen. Nach und nach hielt
technischer Fortschritt Einzug. Schließlich wurden die Was-
sermühlen, ehemals wichtige Stütze der lokalen Wirtschaft,
nicht mehr gebraucht und am Ende ganz aufgegeben.
D IE MAUERN DER ALTEN DÖRFER UND BURGEN
ERZÄHLEN IHRE E I G E N E G E S C H I C H T E . E S I S T
E I N E B E S O R G N I S E R R E G E N D E V O N VERTE ID IGUNG
UND KR IEG IN E INER WELT DER FEUDALANARCHIE .
58 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | 59
freshwaterfreshwater
Dante bringt uns in die Gegenwart zurück. Es ist Zeit, die
Ausrüstung anzulegen und ins Wasser zu steigen. Wir
tauchen bei der ersten Mühle ab, die mitten im See liegt.
Sie ist sehr gut erhalten, auch wenn ihr über die Jahrhun-
derte die Schaufelräder abhandengekommen sind. Die
Sicht ist grandios, um die 40 Meter. Das Wasser hier ist
klar, fast als wäre es nicht da. Wir bewegen uns mitten
im Raum, hängen im Nichts wie Astronauten im Weltall
und erforschen die versunkenen Relikte, Zeugen einer
längst vergangenen Epoche. Die alten Bäume, die mit den
Mühlen untergingen und heute wie Gerippe unter Wasser
stehen, verstärken die skurrile Wirkung. Die Szenerie hat
etwas Absurdes.
Auf den Überresten der alten Mauern haben sich kaum
Sedimente oder Algen niedergelassen, das Dorf könnte
genauso gut erst gestern ins Wasser eingetaucht sein.
Wir tauchen weiter zu der halb versunkenen Farben-
fabrik. Viele verschiedene Wasserpflanzen säumen un-
seren Weg, eine Forelle sucht dort Schutz. Bambusähn-
liche, lange Algenblätter formen hohe Büsche. Ein dicker
Teppich smaragdgrüner Algen umgibt das halb in sich
zusammengefallene Gebäude wie ein schützender Um-
hang. Auf dem Weg zur zweiten Mühle sehen wir kleine
Bläschen aus dem Boden aufsteigen: An diesen Stellen
steigt das Grundwasser in den See empor. Diesem Na-
turphänomen sind die außergewöhnlich gute Sicht und
die Klarheit des Wassers im Lago zu verdanken. Schon
aus großer Entfernung erkennen wir die Umrisse der
zweiten Mühle. Ihr Zustand ist weniger gut, doch sie
konnte sich ihre Schaufelräder über die Jahrhunderte
bewahren. Teilweise sind sie von Sediment bedeckt.
Auf dem Weg in Richtung Ufer erreichen wir einen
kleinen Unterwasserdamm, der erst in den 1960er-Jah-
ren als Wasserreservoir errichtet wurde. Er wird noch
heute zur Speisung eines Wasserkraftwerks benutzt.
60 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | 61
freshwaterfreshwater
Doch der Lago ist nicht nur ein besonderer Ort, um zu
tauchen, wie wir im Anschluss an unseren Unterwasser-
ausflug feststellen. Dante ist ein guter Gastgeber und er
hat vorgesorgt: Im Restaurant von Daniela Mattazza las-
sen wir es uns gut gehen. Wir essen auf der Veranda,
mit Blick auf blühende Wiesen, den Duft wilder Kräuter
in der Nase. Italien spielt einen seiner Trümpfe aus: ku-
linarische Köstlichkeiten von edler Schlichtheit. Frische
Antipasti, hausgemachte Pasta mit Wildsoße, Ravioli mit
Spinat und Trüffel, gegrillten Fisch. Dazu ein ehrlicher
Landwein aus der Region. Zum Schluss ein Stück Caci-
otta oder Pecorino, jung oder reif, je nach Geschmack.
Der Inbegriff des Dolce Vita …
Die traditionelle und pure Küche der Region hat sich
nicht viel verändert im Lauf der Jahrhunderte. Ebenso
wie die Mauern der alten Bergdörfer und mittelalter-
lichen Burgen, die sich eng an die Gipfel der Abruz-
zen pressen – einst, um sich vor feindlichen Angrei-
fern zu schützen. Jahrtausendealte Geschichte folgt
uns hier auf Schritt und Tritt, wie die Fahrt in das
Bergdorf Rocca Calascio beweist. Eine kleine, holprige
Straße windet sich hinauf bis auf 1500 Meter. Sie ist
gesäumt von vielen kleinen Höhlen, die während der
deutschen Invasion als Versteck dienten. Heute, nach
Jahrzehnten der Nichtbeachtung, erlebt das unbewohn-
te Dorf aus dem 14. Jahrhundert eine Renaissance. E I N D I C K E R T E P P I C H S M A R A G D G R Ü N E R A L G E N
U M G I B T D A S H A L B I N S I C H Z U S A M M E N G E FA L L E N E
G E B Ä U D E W I E E I N S C H Ü T Z E N D E R U M H A N G .
62 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | 63
freshwaterfreshwater
W I R B E W E G E N U N S M I T T E N I M R A U M , H Ä N G E N IM N ICHTS W IE
ASTRONAUTEN IM WELTALL UND E R F O R S C H E N D I E V E R S U N K E N E N
R E L I K T E , ZEUGEN E INER LÄNGST VERGANGENEN EPOCHE.
64 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | 65
freshwaterfreshwater
INFOS
Der Lago Capo d´Acqua liegt in der Nähe des Örtchens Ca-
pestrano auf 300 Höhenmetern. Die Region ist Teil des Natio-
nalparks Gran Sasso in den Abruzzen. Nach Aquila sind es 40
Kilometer, nach Rom 120 Kilometer. Der Lago ist maximal zwölf
Meter tief und glänzt mit Sichtweiten von bis zu 40 Meter. Es
empfiehlt sich ein Trockentauchanzug oder zumindest ein Halb-
trockener. Es gibt keine besonderen Tauchvoraussetzungen,
jeder Taucher ist willkommen. Die Tauchbasis von Dante Cetri-
oli organisiert den Tauchbetrieb am See. Sie ist von März bis
Oktober geöffnet. Es wird Italienisch und Englisch gesprochen.
Eine vorherige Anmeldung ist erforderlich.
•Sports Club Atlantide
Via Caprini Nr. 8
67100 L´Aquila
Tel: +39 347 3420185
www.atlantidesub.com
ANREISE: Per Flugzeug (zum Beispiel mit Ryanair) nach Pescara.
Die Fahrt mit dem Mietwagen zum See dauert dann noch circa
40 Minuten. Eine andere Variante ist der Flug nach Rom Fiumici-
no. Weiter geht es dann ebenfalls mit dem Auto in etwa 1 Stun-
de 45 Minuten zum See.
ESSEN & TRINKEN: Bei Daniela Mattazza im Restaurant “On the road”
in Bussi sul Tirino (PE). Rechnen Sie mit 20 bis 25 Euro pro Person.
SCHLAFEN & AGRITOURISMO:
•„Sapori di Campagna”
Strada delle Vigne (Kilometer 7800)
Colonia Frasca
67025 Ofena (AQ)
Tel/Fax +39 862 954 253
Handy +39 333 2777429 und +39 347 6995264
•„Il Guerriero”
Colle Frivello
Capestrano (AQ)
Tel +39 862 954480 Handy +39 340 4019013
LINKS:
www.enit.it
www.gransassolagapark.it
www.freerideabruzzo.com
www.atlantidesub.com
WENN DIE ERDE BEBT
Anfang April 2009 wurden die Abruzzen von einem schweren Erdbeben erschüttert. Viele Menschen kamen dabei ums Leben. Die Schäden,
vor allem in der Hauptstadt L´Aquila, sind erheblich. Zum Zeitpunkt der Drucklegung gab es noch keine Informationen aus erster Hand über
eine mögliche Beschädigung der Mühlen. Wie wir von den Verantwortlichen vor Ort erfuhren, sind die Dörfer um den Lago Capo d´Acqua
verhältnismäßig gering betroffen. Das legt die Vermutung nahe, dass der See und die historischen Gemäuer ebenfalls weitgehend nicht be-
troffen sind. Zudem soll das Wasser, viel dichter als Luft, wie ein Stoßdämpfer gewirkt und die Wucht des Bebens abgeschwächt haben.
Wanderer entdecken zunehmend die Region, ihre Worte
hallen in den engen Gassen wieder. Wie ein erhobener
Zeigefinger erhebt sich die Burg von Rocca Calascio
über dem Dorf. Sie stammt aus dem 13. Jahrhundert
und ist die mächtigste und höchstgelegene im ganzen
Apenningebirge. Von hier aus wurden damals das Tal
des Tirino und die Ebene von Navelli kontrolliert. Die
Mauern der alten Dörfer und Burgen erzählen ihre eige-
ne Geschichte. Es ist eine besorgniserregende von Ver-
teidigung und Krieg in einer Welt der Feudalanarchie.
Auch in Santo Stefanio di Sessanio, einem der schönsten
Dörfer Italiens, ist dies gut zu beobachten: Die Sied-
lungen waren mehr als nur Burgen. Sie waren befestigte
Dörfer, die als Schutzwall für die Bevölkerung dienten,
mit Fenstern wie Schlitzen an den Außen seiten, abge-
schirmt von potenziellen Feinden.
Zum urwüchsigen Charakter der Region passt auch das
touristische Konzept: Agritourismo, Gastfreundschaft im
Zeichen der Tradition. Wir beziehen Quartier in einem
renovierten Bauernhof, auf dem die Zeit irgendwie lang-
samer zu verstreichen scheint als anderswo. Die Schwal-
ben wecken uns am nächsten Tag und nach einem fei-
nen Frühstück und Latte Macchiato gestaltet sich hier
jeder seinen Tag nach den eigenen Vorstellungen. Wan-
dern und Mountainbiken für die einen, Drachenfliegen
und Ausflüge zu Dörfern und Burgen für die anderen.
Auch ein Tagestrip nach Rom oder Aquila steht für man-
chen auf dem Programm.
Wir jedoch sind mit Dante verabredet und brechen auf zu
einem weiteren Tauchgang am geheimnisvollen See.
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freshwaterfreshwater
eine frau im kampf gegen die
SANDRA BESUDO LÄSST DEN BLICK VON DER BRÜCKE DER
„MARIA PATRICIA“ AUS ÜBER DAS WEITE MEER SCHWEIFEN
UND JAHRE REVUE PASSIEREN. SEIT ANFANG DER 90ER
ENGAGIERT SICH DIE BIOLOGIN FÜR DEN SCHUTZ DER HAIE
UM DIE INSEL MALPELO, DIE MITTEN IM PAZIFIK HERAUSRAGT
WIE DIE NADEL IM HEUHAUFEN. MIT ERFOLG, DENN HEUTE
IST DAS AREAL WELTNATURERBE DER UNESCO. MEHR ALS
ZEHN JAHRE HAT SIE DAFÜR GEKÄMPFT UND TUT ES IMMER
NOCH. DENN DIE HAIMAFIA IST LÄNGST NICHT AUS MALPELO,
GESCHWEIGE DENN VON DEN WELTMEEREN, VERSCHWUNDEN.
DAS LUKRATIVE GESCHÄFT IST ZU VERLOCKEND.
haimafiaText & © Fotos Kurt Amsler
„Wir haben ein Maschinenproblem und wur-
den hierher abgetrieben!“ Der Mann, der
dem heranbrausenden Schlauchboot die-
se Worte von der Brücke seines Fischtrawlers entgegen-
schreit, kann alles sein: ein ehrlicher Fischer, ein illegaler
Haifänger oder ein Drogenschmuggler. Die jedoch kom-
munizieren für gewöhnlich nicht, sondern schießen gleich.
Sandra Besudo steht mit entschlossenem Gesicht aufrecht
am Bug, das Geschrei kümmert sie nicht. Für sie ist der
Trawler ein Eindringling in die geschützten Gewässer von
Malpelo. Ein Pirat, der die erlaubten Grenzen überschrit-
ten hat und deshalb aufgerieben werden muss. Als das
Schlauchboot der Ranger an der „Hasto Marit“ festmacht,
hat sich die ganze Crew, allesamt fi ns ter blickende Män-
ner, auf Deck versammelt. Die Aggressivität verschwindet,
als hinter der jungen, hübschen Frau noch zwei Marine-
soldaten mit schussbereiter MP über die Reling klettern.
Dann läuft alles so, wie schon viele Male durchexerziert:
Das Schiff wird nach Haifl ossen durchsucht, die Papiere
des Kapitäns werden kontrolliert, viele unangenehme
Fragen gestellt. Diesmal ist der „raid“ ohne Erfolg, die
Laderäume sind leer. Einige Tage später wäre wohl das
Gegenteil der Fall gewesen. Denn die „Hasto Marit“ ist be-
stimmt nicht zum Vergnügen den weiten Weg hierher ge-
schippert. Die Story mit dem Maschinenschaden jedenfalls
war eine Lüge, der Kapitän hat sein Schiff bewusst in die
geschützten Gewässer gesteuert. Grund genug für Sandra,
die Schiffspapiere zu beschlagnahmen und dem Kapitän
die Auflage zu machen, binnen drei Tagen den nächs-
ten kolumbianischen Hafen, Buenoventura, anzulaufen.
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diver'sloungediver'slounge
Nicht alle Einsätze liefen so glimpfl ich ab, erzählt Sandra
cool. Einmal entpuppte sich ein vermeintliches Haifang-
boot als Drogenschmuggler und es knallten gleich die
Schnellfeuergewehre. Das sei gefährlich gewesen, sagt
sie. Sie hatten nur noch das Steuer des Zodiaks herumreißen
können, um im Zick-Zack-Kurs aus der Schusszone zu ra-
sen. Das Schlimmste aber, und dabei werden ihre kämp-
ferisch leuchtenden Augen traurig, sei auf dem letzten
Trip hier in Malpelo passiert. „Was wir da erlebten, ging
ungemein an meine Nerven. Gab mir aber noch mehr
Kraft, den Kampf gegen die Haikiller nicht aufzugeben.
Auf einem Schiff überraschten wir die Mannschaft in fl a-
granti beim Finnen von über 50 Haien: Fuchsschwanzhaie,
Seidenhaie und große Hammerhaie. Es war ein grausames
Massaker. Den zum Teil noch lebenden Tieren wurden
die Flossen abgeschnitten und der Rest wieder ins Meer
geworfen.“ Die Mannschaft stellte angesichts der MPs ihr
blutiges Handwerk ein. Den meisten Haien war trotzdem
nicht mehr zu helfen. Einige hochträchtige Weibchen hat-
ten im Stress noch Junge zur Welt gebracht, die an ihren
Nabelschnüren tot auf dem blutverschmierten Deck lagen.
Der Kapitän und die Besatzung wurden bestraft. Es wer-
den wieder andere kommen – ein Kampf, den Sandra mit
allen Mitteln zu Ende bringen will. „Wäre ich ein Mann,
hätte mich die Haimafi a schon lange umgelegt. Doch bei
Frauen zögert man hier in Kolumbien.“
70 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 |
diver'slounge
Weit draußen im Pazifik, rund 500 Kilometer vor der
Küs te Kolumbiens, ragt die Insel Malpelo aus dem Oze-
an. Nichts als ein riesiger senkrechter Felsen, ohne die
geringste Möglichkeit, an Land zu gehen. Einsam und
den Naturgewalten des offenen Ozeans ausgesetzt, zer-
ren acht große Meeresströmungen an dem Eiland. Die
starken Strömungen und der damit verbundene Nah-
rungsreichtum ziehen Großfi sch an. Wie um einen Ma-
gneten tummeln sich Unmengen von Haien in den Gewäs-
sern. Ein unvergleichliches Naturschauspiel. Doch auch die
Hai mafi a wird magisch von der Insel angezogen. Denn
mit dem schmutzigen Geschäft ist eine Menge Geld zu
verdienen, die Mafi a kennt keine Skrupel. Die steigende
Nachfrage nach Haifl ossen, vor allem aus dem asiatischen
Raum, machte auch vor Malpelo nicht Halt. Fangboote
jeglicher Herkunft liefen die Insel an und holten aus
dem Wasser, was Netze und Leinen hielten. Niemand
kümmerte sich darum und niemand wusste, was sich da
draußen abspielte. Bis Sandra Besudo kam.
Sandra, Tochter eines französischen Diplomaten und ei-
ner kolumbianischer Mutter, ist Ende 30 und hat ein Bi-
ologiestudium hinter sich. Auf einer wissenschaftlichen
Reise nach Malpelo wurde sie Zeugin eines Haimassakers.
Schockiert und zornig entschloss sie sich, der Universität
den Rücken zu kehren und sich für die Haie einzusetzen.
Kein leichtes Unterfangen in einem Land wie Kolumbien,
wo Gesetze mit Füßen getreten werden und Leute, die
ihre Nase in fremde Geschäfte stecken, schnell ein äu-
ßerst gefährliches Leben führen. Dem diplomatischen
Netzwerk des Vaters ist es zu verdanken, dass Sandra
ihren Kopf einige Male aus der Schlinge ziehen konnte.
Für bestimmte Einsätze steht auch immer eine der schuss-
sicheren Limousinen zur Verfügung. Die diplomatischen
Beziehungen zur Regierung halfen auch, um Bürokratie,
Handelsinteressen und Korruption zu überwinden. Die
große Wende kam jedoch zufällig, als sich Taucherfl os-
sen auf der Insel Gorgona kreuzten: Sandra lernt den
Präsidenten der kolumbianischen Republik Cäsar Gavi-
ria Trujillo kennen, seines Zeichens begeisterter Taucher.
D E M D I P L O M AT I S C H E N N E T Z W E R K D E S VAT E R S I S T E S
Z U V E R D A N K E N , D A S S S A N D R A I H R E N K O P F E I N I G E
M A L E A U S D E R S C H L I N G E Z I E H E N K O N N T E .
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diver'sloungediver'slounge
Die junge Frau überzeugt den Präsidenten von der Schön-
heit und Wichtigkeit Malpelos, diesem winzigen Stück Ko-
lumbien. Sie holt ihn mit ins Boot. Schließlich erklärt er die
Insel zum Nationalpark und Marinereservat. Fast 15 Jahre
ist das jetzt her. Das war ein guter Anfang. Mittlerweile
wurde die geschützte Zone um die Insel auf 25 Meilen
erweitert und permanent sind Kontrollboote im Einsatz.
2006 erklärte die UNESCO Malpelo zum Weltnaturerbe.
Dennoch, die Haimafi a ist deshalb nicht aus Malpelo ver-
schwunden. Haifl ossen bringen Geld, viel Geld. Das ma-
fi öse Netzwerk ist international und bestens organisiert.
Es sind keine fernöstlichen Fangboote unterwegs. Vor
allem kolumbianische und Fischer aus angrenzenden Län-
dern werden von chinesischen Agenten vom lukrativen
Geschäft überzeugt. Die Argumente sind plausibel: Da
außer den Haifl ossen nichts transportiert wird, braucht
man kein großes Boot mehr – der nicht verkäufl iche Rest
der Tiere wird achtlos zurück ins Meer geworfen. Auch
Kühlräume sind nicht mehr erforderlich, die Haifl ossen
trocknen schließlich von selbst in der Sonne. Nicht ein-
mal mit dem lästigen Vertrieb muss man sich herumschla-
gen: Die „Kunden“ holen die Ware auf See ab und be-
zahlen gleich, natürlich cash. Juristisch gesehen bewegt
man sich an dieser Stelle schwierigem Terrain, denn
es gibt keine international einheitliche Gesetzgebung.
Viele Länder haben zwar nationale Gesetzte zum Schutz
der Haie. Dazu gehören unter anderem Galapagos, die
Cocos-Inseln und seit einigen Jahren auch Malpelo. Doch
dieser Schutz ist eine Farce, denn meist fehlt es an ef-
fi zienter Kontrolle. Auf Cocos beispielsweise sitzen zwar
Ranger und Soldaten mit Polizeigewalt auf der Insel, aber
leider ohne Boot. Auf den Galapagosinseln Wolf und
Darwin warten die Haifänger in der Regel außerhalb der
Dreimeilenzone, bis Tauchschiffe nach einigen Tagen wie-
der weg sind. Dann werden in Ruhe die Haken für die
bald letzten Hammerhaie in der Gegend ausgelegt.
74 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 |
diver'slounge
Immerhin, in Malpelo funktioniert es besser. Auf der
Insel wurde ein Armeestützpunkt eingerichtet, der per
Helikopter versorgt wird. Zehn Soldaten sind dort sta-
tioniert. Die Soldaten kontrollieren zumindest alles, was
rund um die Insel abläuft. Doch bis ein Marineschiff
eintrifft, haben die Wilderer längst das Weite gesucht.
Es sei denn, Sandra Besudo ist mit der „Maria Patricia”
in der Gegend. Wenn es das Wetter zulässt, fährt sie
jeden Monat nach Malpelo. An Bord sind neben Sandra
und zwei Marinesoldaten auch Meeresbiologen und
seit ein paar Jahren auch Tauchtouristen, die an diesen
abenteuerlichen Fahrten zu einem der spektakulärsten
Tauchplätze teilnehmen können. Wenn Sandra Besudo
heute zurückschaut, hat sie viel erreicht. Dennoch sind
Begegnungen wie die mit der „Hasto Marit“ immer noch
traurige Normalität. Eine große Dunkelziffer nicht ent-
deckter Krimineller ist nach wie vor in den Weltmeeren
und um Malpelo unterwegs. Sandra Besudo jedenfalls
wird nicht müde, den Verbrechern das Handwerk zu le-
gen. Immer und immer wieder.
D A A U S S E R D E N H A I F L O S S E N N I C H T S T R A N S P O R T I E R T W I R D , B R A U C H T
M A N K E I N G R O S S E S B O O T M E H R – D E R N I C H T V E R K Ä U F L I C H E R E S T
D E R T I E R E W I R D A C H T L O S Z U R Ü C K I N S M E E R G E W O R F E N .
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diver'sloungediver'slounge
MARES DAMENJACKET KAILA
Wassernixen haben Kaila ins Herz geschlossen. Es kommt jetzt in der
begehrten Airtrim-Variante. Eleganz und Anmut, noch mehr Funktionalität
und Komfort sind die unschlagbaren Attribute des neuen Kaila AT MRS
Plus, welches die Herzen der Taucherinnen garantiert höher schlagen
lässt. Empfohlener VK: 599 Euro. www.mares.com
SUUNTO TAUCHCOMPUTER COBRA3 UND VYPER AIR
Als konsequente Fortentwicklung der Vorgängermodelle stellt Suunto die neuen
Tauchcomputer Suunto Cobra3 und Suunto Vyper Air vor. Beide verfügen über einen
Air-, Nitrox- und Tiefenmessermodus sowie über die Möglichkeit zum Atemgaswech-
sel. Auch hier kommt der „Suunto Deep Stop RGBM“-Algorithmus (Reduced Gradient
Bubble Model) zum Einsatz, der dank einer kontinuierlichen Dekompression optimale
Aufstiegszeiten ermöglicht. Empfohlener VK: Cobra3 849 Euro, Vyper Air 499 Euro
(ohne Sender). www.suunto.com
IQ COMPANY RAY-BOARD
Der Wassersport ist um eine Attraktion reicher. Mit dem Ray-Board lässt es sich
mühelos durchs Wasser gleiten und frei durch die Unterwasserwelt cruisen. Das
Board wird mit einem Seil am Boot befestigt und die Reise kann losgehen … Das
Board besteht aus Dual-Density-Fiberglas, das aus der Snowboardszene bekannt ist.
Es wurde speziell an die Anforderungen im Wasser angepasst. Empfohlener VK:
459 Euro. www.iq-company.com
AQUA LUNG FLOSSE EXPRESS
Angelehnt an die Flossentechnologie der Slingshot-Geräteflosse gibt es nun das Pendant
als Barfußflosse. Das Fußbett ist unten hart für einen stabilen Sitz der Flosse, während
sich das Oberteil sehr weich um den Mittelfuß legt. Also keine eingequetschten Zehen
mehr! Die Express ist leicht und daher bestens geeignet für längere Schnorchelausflüge,
Schwimmbadtraining und Warmwasser-Tauchgänge. Erhältlich in den Farben Schwarz/
Blau, Schwarz/Rot, Schwarz/Silber und Schwarz/Pink (Lady Line) in den Größen 36/37
bis 46/47. Empfohlener VK: 69,90 Euro. www.aqualung.de
NTO SUUN TAUCHCOMPUTER
nsequente Fortentwics ko
computer Suuhc
itrox
produktmix STEFAN WIESSMEYER SCHMUCK
Eine große Auswahl an besonderen Schmuckstücken für Taucher und Freunde der
Unterwasserwelt findet man in Stefan Wiessmeyers „scuba collection“. Die Walfluke
ist nicht nur das bekannteste Schmuckstück aus seiner Kollektion, sondern bildet
gleichermaßen das Markenzeichen und Logo der Schmuckmanufaktur von Stefan
Wiessmeyer. Alle Schmuckstücke werden vom ersten Entwurf bis zum fertigen
Schmuckstück in aufwendiger Handarbeit gefertigt. Empfohlener VK: Walfluke
medium, Silber 925, matt, 45 Euro. www.wiessmeyer.de
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divestyledivestyle
ES IST EINE MONDLOSE NACHT. AM STERNENHIMMEL, DER HIER VIEL
INTENSIVER IST ALS IM HELL ERLEUCHTETEN EUROPA, ENTDECKEN WIR
HIN UND WIEDER EINE STERNSCHNUPPE. WIR LIEGEN AUF DEM OBERDECK
UND BESTAUNEN DIE UNENDLICHKEIT ÜBER UNS ANGESICHTS DER
ENDLOSEN WASSERWÜSTEN UM UNS. DIE FAHRT WIRD NOCH BIS
ZUM MORGENGRAUEN ANDAUERN. WIR SIND AUF DEM WEG ZU EINER
TAUCHERISCHEN LEGENDE DES ROTEN MEERES. DAS ZAUBERWORT
HEISST BROTHER ISLANDS.
Text Sabrina Monella © Fotos Franco Banfi
elakhawein
brother
islands
]
]
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travelbrotherstravelbrothers
Die Brother Islands liegen weit draußen im Meer,
etwa 35 Seemeilen östlich von El Quseir und 65
Seemeilen südöstlich von Safaga. Man hat kei-
ne Chance, von der Küste aus für einen Tauchgang dorthin
zu kommen. Wer bei den Brothers tauchen will, muss für
ein paar Tage aufs Schiff. Das ist nicht jedermanns Sache.
Doch wer sich auf den Weg macht, der wird von der Na-
tur reich belohnt. Denn die Abgeschiedenheit der Brothers
sorgt für den Fortbestand des Ökosystems. Zum Vergleich:
Die touristischen Küstenorte Ägyptens werden wöchentlich
von so vielen Tauchern besucht wie die Brothers das ganze
Jahr über. Das ist ein Segen für die Tauchplätze dort …
Sonnenaufgang. Nach etwa fünfstündiger Fahrt von Port
Galeb aus erreichen wir unser Ziel. Eine unruhige Nacht
liegt hinter uns, Wind und Wellen sind unsere ständigen
Begleiter. Wir betreten das Oberdeck, in der einen Hand
eine Tasse dampfenden Kaffee, in der anderen Hand die
Fotokamera. Der salzige Duft des Meeres steigt in unsere
Nasen, wir schnuppern Seeluft. Und Einsamkeit. Wir sind
mutterseelenallein, meilenweit entfernt von der nächsten
Küste und von nichts als Wasser umgeben. „Die Bro-
thers“ tauchen am Horizont auf. El Akhawein nennen
sie die Ägypter, was übersetzt so viel wie „Die Brüder“
bedeutet. Sie scheinen im Wasser zu treiben, wie ein
verloren gegangenes Stück Wüste. Flach und ohne jeg-
liche Vegetation, 500 Meter vergessenes Korallengestein
im Wasser. Das Meer zerrt seit Urzeiten an ihnen, es
herrschen starke Strömungen. Die Riffe hier müssen für
die Meeresbewohner sein, was die Wüstenoasen für den
Menschen sind: ein Schlaraffenland inmitten einer kargen
Umgebung. Jedenfalls bersten sie vor Leben. Pela gische
Fische und Korallenfi sche aller Art bevölkern das schmale
Riff, das die „Brüder“ umgibt. Die Riffwände sind üppig
bewachsen und reichen fast senkrecht bis in große Tie-
fen hinab. Alle denkbaren Weich- und Hart k orallenarten
sind vertreten, auch regelrechte Gorgonienwälder und
schwarze Korallen. Üppige Farben prägen das Bild des
Roten Meeres und verkörpern genau das, was Taucher
an dem tropischen Gewässer so sehr schätzen. Weitab
von den Massen an den Küsten tauchen wir ein in dieses
Bild, ganz unter uns, in einer kleinen Gruppe Gleichge-
sinnter. Unter Wasser reihen sich Schluchten, Überhän-
ge, Grotten und Steilwände scheinbar endlos aneinan-
der. Haie, Mantas, Thunfi sche, Barrakudas, Schildkröten,
Napoleonfi sche und unzählige andere säumen unseren
Weg. Die Vielfalt des Lebens hier ist beeindruckend.
Sie reicht vom kleinen Fahnenbarsch auf dem geschütz-
ten Riffdach bis hin zu großen Haien im Blauwasser.
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travelbrotherstravelbrothers
Die fi ligrane Schönheit der Unterwasserwelt täuscht jedoch
nicht über die Kraft der Elemente hinweg. An den Brothers
zerschellten schon einige Schiffe wie Blechdosen, mühelos
zerbrochen von der Gewalt des Meeres. Eines Meeres,
das hier niemals ruhig ist – selbst wenn es an manchen
Tagen danach aussieht. Die Mehrzahl der Wracks liegt
zu tief begraben, um sie zu betauchen. Doch die „Numi-
dia“ und die „Aida“ gehören zu den schönsten Wracks
im Roten Meer. Die „Numidia“ liegt an der Nordseite der
Insel, wo das Tauchen nicht immer möglich ist. Selbst bei
idealen Bedingungen kann ein Tauchgang dort für erfah-
rene Taucher eine Herausforderung sein. Die „Aida“ dage-
gen ruht an der Nordostseite und ist leichter zugänglich. In
diesen Tagen scheint das Meer recht ruhig zu sein, doch
unter der Oberfläche brodelt eine heftige Strömung aus
Nordwest: Ein idealer Tag, um die „Aida“ zu betauchen
und sich im Strömungsschatten am Wrack aufzuhalten.
Die Fische sind überall, wobei Millionen oranger Fahnen-
barsche in der Überzahl zu sein scheinen. Sie dominieren
so manchen Augenblick, wenn sie in orches triertem Gleich-
klang aus ihren Korallen hervorschießen und sich fast im
selben Moment schon wieder dorthin zurückziehen.
An einem der wenigen geschützten Plätze um die Inseln
machen wir das Boot für die Nacht fest. Der Sonnenun-
tergang wird zum dramatischen Spektakel. Die sandigen
Inseln leuchten in allen Schattierungen von Rot und Pink.
Während der Duft des Abendessens aus der Kombüse
heraufströmt, genießen wir unseren Sundowner auf dem
Oberdeck. Angesichts der erlebten Naturwunder des
heutigen Tages sind die Strapazen der Anreise bereits
vergessen. Schnell geht der Sonnenuntergang in raben-
schwarze Nacht über. Nur die Sterne leuchten über uns
am dunklen Himmel.
PELAGISCHE F ISCHE UND
KORALLENF ISCHE ALLER ART
BEVÖLKERN DAS SCHMALE R IFF,
DAS D IE „BRÜDER“ UMGIBT.
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travelbrotherstravelbrothers
Ein heftiger Start des Tauchgangs, verbunden mit kräftigem Flossenschwimmen und zügigem
Abtauchen, ist nicht zu vermeiden. Mit atemberaubender Kraft trägt uns die Strömung mit
sich. Dagegen anzukämpfen ist zwecklos. Unsere Tauchermasken vibrieren in der Strömung
und wir müssen aufpassen, sie nicht zu verlieren. Die „Aida“ scheint der Schwerkraft zu trot-
zen und steht in einer Tiefe zwischen 20 und 60 Metern fast senkrecht am Riff. Nach mehr
als 50 Jahren ist sie ein Teil des Riffs geworden, über und über mit Korallen bewachsen. Der
Bug ist beschädigt. Der Großteil des Vorderdecks jedoch ist intakt. Die hölzernen Planken
auf Deck sind längst verrottet. Der vordere Laderaum ist leer. Wir sind drin – und endlich
vor der üblen Strömung draußen geschützt. Auch der regelmäßige Blick ins Blauwasser lohnt
sich. Dort patroullieren Barrakudas und Schnapperschwärme, gefolgt von Grauen Riffhaien
und Thunfi schen. Auch größere Exemplare wie Hammerhaie, Silberspitzenhaie und Weißspit-
zenhochseehaie sind keine Seltenheit. Sogar Drescherhaie lassen sich hin und wieder blicken.
Die Brothers werden ihrem Ruf jedenfalls gerecht und rangieren zurecht unter den bes ten
Spots des Roten Meeres. Unsere Reise geht so zu Ende wie sie begann: unter freiem Ster-
nenhimmel auf der Fahrt zurück in die Zivilisation. Und mit einer Menge Erinnerungen an
die erlebten Abenteuer im Gepäck.
HISTORY
Der Leuchtturm auf Big Brother hat seine eigene Geschichte. Heutzutage sprechen wir von der Globa-
lisierung, als gäbe es nichts Normaleres auf der Welt. Wir machen Geschäfte mit Leuten auf der ande-
ren Seite des Globus, sind vernetzt bis in die entlegensten Winkel der Erde. Doch die Lebensrealität
unserer Vorfahren sah anders aus. Handel fand zwar über weite Entfernungen hinweg statt, jedoch oft
unter Gefahr für Leib und Leben. Im 19. Jahrhundert brachten Schiffe erstmals Waren von Europa nach
Asien. Auf dem Rückweg hatten sie Preziosen wie etwa Gewürze, Elfenbein, Kaffee und Seide an Bord.
Das lukrativste Geschäft von allen, der Sklavenhandel, blühte ebenfalls. In dieser Zeit war das Rote
Meer schwer zu durchfahren. Die vielen Riffe waren insbesondere bei Sturm und schwerer See eine
ernste Gefahr. Handelsinteressen gingen mit dem Interesse an sicheren Seewegen einher. So begannen
die Briten zwischen 1880 und 1890, ein Netzwerk von Leuchttürmen auf ihren Seewegen zu errichten.
Den Flottenverbänden sollte dies das Navigieren durch die Gewässer erleichtern. Der Leuchtturm auf
Big Brother Island ist einer dieser Leuchttürme. Er wurde von ägyptischen Gefangenen unter englischer
Aufsicht gebaut und ging am 4. Juni 1883 in Betrieb. Der Turm ist 24 Meter hoch. Nach der damaligen
Berichterstattung der „Illustrated London News“ eine große Errungenschaft. Er ist bis zum heutigen Tag
in Betrieb. 1994 wurden die alten Fresnellinsen allerdings durch moderne Technik ersetzt.
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travelbrotherstravelbrothers
DIE „A IDA“ SCHE INT DER SCHWERKRAFT ZU TROTZEN UND STEHT IN
E INER T IEFE ZWISCHEN 20 UND 60 METERN FAST SENKRECHT AM
R IFF. NACH MEHR ALS 50 JAHREN IST S IE E IN TE IL DES R IFFS
GEWORDEN, ÜBER UND ÜBER M IT KORALLEN BEWACHSEN.
INFOS
TAUCHEN: Sehr gute Sicht, prächtige Steilwände, Wracks und
gute Chancen auf Großfi sch. Dafür stehen die Brother Islands.
Allerdings ist ein Trip zu den Brothers wegen der anspruchsvollen
Strömungsverhältnisse eher erfahrenen Tauchern zu empfehlen.
SICHERHEIT: Verantwortungsbewusstsein ist gefordert. Im Falle
eines Unfalls ist der Weg zur nächsten Druckkammer und ins
nächste Krankenhaus weit! Aus Sicherheitsgründen sind Nacht-
tauchgänge auf den Brothers nicht gestattet.
TAUCHREVIER: Zusammen mit dem Daedalus-Riff und Za-
bargad Island gehören die Brothers seit 1998 zu einem ge-
schützten Marinepark. Taucherische Highlights gibt es viele an
den Bro thers. Allem voran die eindrucksvollen Steilwände, die
mit Hart- und Weichkorallen aller Art dicht bedeckt sind. Die
beiden Wracks „Numidia“ und „Aida“ sind ebenfalls total be-
wachsen. Graue Riffhaie und Weißspitzenriffhaie sieht man bei
so gut wie jedem Tauchgang. Seltener auch Weißspitzenhoch-
seehaie (Longimanus), kleinere Schulen Hammerhaie und Dre-
scherhaie. Auch Thunfische, Delfine und Barrakudas besuchen
die Bro thers. Es wurden auch schon Walhaie, Mantas und so-
gar Mondfische gesichtet. Ein riesiger Gorgonienwald liegt zwi-
schen 25 und 55 Meter Tiefe am Südende von Little Brother.
BESTE REISEZEIT: Die beste Reisezeit reicht vom späten Früh-
ling bis in den Herbst. Zwischen Mitte November und Mitte
März sind die Wind- und Wetterbedingungen ungeeignet.
PREISBEISPIEL: Bei Orca Reisen kostet die einwöchige Tour
auf die Brothers an Bord der „Heaven Fleet“ ab 1465 Euro. In-
klusive sind Flug, Transfers, Visum, die Tauchgebühren für den
Marinepark, Vollpension mit Wasser, Tauchen und Kabine.
ANBIETER: www.orca.de | www.lagona-travel.de
www.subaqua.de | www.roscher-tauchreisen.de
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travelbrotherstravelbrothers
AUF DEM BOOT HERRSCHT BESTE LAUNE. SCHLIESSLICH
HEISST DAS ZIEL STINGRAY CITY, DRAUSSEN IN DER LAGUNE.
HIER SAMMELN SICH TAGTÄGLICH JENE STECHROCHEN,
DIE DEN CAYMAN ISLANDS DEN RUF EINES TAUCHMEKKAS
EINBRACHTEN. AUF DER STEUERBORDSEITE SIEHT ES NICHT
GANZ SO GUT AUS: IRGENDWER HÄLT KRAMPFHAFT EINE
ZEITUNG VORS GESICHT. STATT EINER FRÖHLICHEN TAU-
CHERIN GRINST JULIA ROBERTS BREIT VOM TITELBLATT DER
„INSTYLE“, UNTEN SCHAUEN GANZ UNPASSEND BEINE IN
PINKEM LYCRA HERAUS, DIE KNIE ENG ZUSAMMENGEKNIF-
FEN. EIN BLICK IN DAS GRAU-GRÜNE GESICHT HINTER DER
ZEITSCHRIFT BESTÄTIGT: DA IST JEMANDEM KOTZÜBEL.
DABEI HERRSCHT SO GUT WIE KEIN SEEGANG. NUR EINE
LEICHTE BRISE SCHIEBT VEREINZELTE WÖLKCHEN ÜBER DEN
SONST STRAHLEND BLAUEN KARIBIKHIMMEL. DAS WASSER
UNTER DEM KIEL LEUCHTET IN DERSELBEN FARBE ZURÜCK,
DENN DIE GROSSE, SICHELFÖRMIGE LAGUNE INNERHALB
DES RIFFES VON GRAND CAYMAN IST MIT NUR VIER ME-
TERN ZIEMLICH SEICHT. VOR DEM TAUCHGANG VERMITTELT
DIVEGUIDE CINDY DEN TAUCHERN UND SCHNORCHLERN
AN BORD NOCH RASCH DEN ROCHEN-KNIGGE, EIN PLÜSCH-
TIER DIENT ALS ANSCHAUUNGSOBJEKT. ANFASSEN IST
AUSDRÜCK LICH ERLAUBT, OBEN IST DAS TIER RAUER ALS
UNTEN, „BUT BE CAREFUL OF THE LOVE BITES“. GEMEINT SIND
DIE LIEBESBISSE, DIE EIGENTLICH AUF EINEM IRRTUM BERU-
HEN. DA SICH DIE AUGEN OBEN BEFINDEN UND DAS MAUL
AN DER UNTERSEITE DES TIERES, MÜSSEN SICH DIE ROCHEN
BEI DER NAHRUNGSSUCHE AUF IHREN GERUCHSSINN VER-
LASSEN. DA KANN ES SCHON MAL ZU VERWECHSELUNGEN
KOMMEN, WENN EINER DIE HAND ZU MUTIG AUSSTRECKT.
islandsText Sibylle Gerlinger © Fotos Gerald Nowak
vorfahrt für den leguancayman
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STINGRAY CITY, DRAUSSEN
IN DER LAGUNE, BRACHTE
DEN CAYMAN ISLANDS DEN
RUF EINES TAUCHMEKKAS EIN.
Es kann losgehen. Eine Pressluftflasche ist dank
der Wassertiefe eigentlich unnötig, das Schnor-
chelset reicht völlig. Taucher stürzen sich auf die
Sandrochen und diese wiederum auf die Taucher, vermu-
ten sie doch in jedem Menschen eine Futterquelle. Pech.
Nur Cindy ist mit leckeren Ködern ausgestattet, doch die
hungrigen Tiere lassen sich nicht beirren. Mit ihren süßen
kleinen Schnuten tasten sie überall nach Fressbarem, auch
im Haar der Taucher, von denen sich einige nur auf der
Durchreise nach Little Cayman befinden. Natürlich gibt
es auf Grand Cayman auch erstklassige Tauchplätze und
die Infrastruktur der Inseln ist hauptsächlich auf Taucher
und Kreuzfahrtschiffe ausgerichtet. Wem das Leben rund
um den Seven Mile Beach aber zu geschäftig ist, der wird
sich auf Little Cayman wohler fühlen.
Die verträumte und kleinere der beiden Schwesterinseln
hat außer Tauchen nicht viel zu bieten. Tauchern bietet
sie dafür einiges. Blossom Village ist der pulsierende Insel-
mittelpunkt für die 170 Einwohner, direkt neben der Flug-
platzbaracke. Ein Souvenirshop, ein Tauchladen, eine Bank
– das war´s. Ach ja, und „The hungry Iguana“ natürlich, das
einzige Restaurant der Insel, in dem man so exzellent spei-
sen kann, wie man es hier am Ende der Welt wirklich nicht
erwartet! Gladys allerdings, die würde natürlich behaupten,
dass es das beste Essen im Umkreis von 500 Seemeilen bei
ihr im „Pirate’s Point Resort“ gibt. Schließlich schreibt die
Texanerin Kochbücher und steht zur Not auch nachts um
drei noch in der Küche, wenn ein Gast mal Hunger hat.
Aber Gladys ist sowieso eine Story für sich. Alterslos, doch
bestimmt über sechzig, skurril, schrill und etwas zu laut, da-
für mit einem gro ßen Herzen unter dem mächtigen Busen.
Wer nach Little Cayman kommt, ohne Gladys kennenzuler-
nen, hat Little Cayman nicht kennengelernt. Das urige klei-
ne Hotel am Strand steht voll unter dem Regiment der al-
ten Dame und lebt hauptsächlich von Stammgästen. Wenn
Gladys einen guten Tag hat, bittet sie schon mal Wild-
fremde zu einer ganz persönlichen Führung durchs Resort.
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Cayman Brac
Die mittlere der Caymaninseln ist ebenfalls eine reine Taucherdestination und kann neben
Steilwänden auch einige Wracks vorweisen. Allen voran das ehemalige russische Kriegs-
schiff Nr. 356, umbenannt in „MV Captain Keith Tibbetts“. Das 110 Meter lange Schiff
liegt in einer Tiefe zwischen 20 und 37 Meter, der Radarturm beginnt bereits fünf Me-
ter unter der Oberfl äche. Das einzige betauchbare russische Kriegsschiff der westlichen
Hemisphäre ist mit vier Deckskanonen ausgestattet und durch seine Lage sogar für
Schnorchler erreichbar. Die Innen- und Laderäume sind teilweise betauchbar. In unmittel-
barer Nähe liegt die „Kissamee“, ein weiteres kleines Wrack, im Flachwasser auf Sand.
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travelcayman
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travelcayman
N A N C Y ’ S C U P O F T E A , M I X I N G
B O W L , C O C O N U T W A L K O D E R R A N D Y ’ S
G A Z E B O S I N D N U R E I N I G E D E R T O P -
S P O T S I N E I N E M G E B I E T, I N D E M
D E R M E E R E S B O D E N A M C AY M A N - G R A B E N
B I S A U F 7 0 0 0 M E T E R T I E F E A B F Ä L LT.
Ehe man es sich versieht, steht man auch schon in ih-
rem privaten Schlafgemach und soll anschließend in
der Küche den Inhalt ihres prall gefüllten Kühlschranks
bestaunen. Zur Belohnung serviert Gladys dem sprach-
losen Besuch Erfrischungen und kredenzt ihren köst-
lichen Lemoncake.
Auf der anderen Seite von Blossom Village steht das
wohl bekannteste Taucherdomizil der Insel. Das Little
Cayman Beach Resort ist ein Kleinod ganz nach dem Ge-
schmack des vorwiegend amerikanischen Publikums: rosa
gestrichene Holzfassade, ein anbetungswürdig weißer
Strand, eine gut sortierte Bar und dazwischen ein lau-
schiger Pool. Am Steg wartet ein ansehnlicher Fuhrpark
schneller Boote auf die Tauchermeute, die allmorgendlich
zu den berühmten Drop-offs der Bloody Bay Wall aus-
schwärmt. Einen Steinwurf weiter, in den Paradise Villas,
residiert eine weitere Inselpersönlichkeit. „Oh, she was
around the pool area the whole morning“, erklärt mit
wichtigem Blick die mitteilungsfreudige amerikanische
Touristin. Ein langer schriller Fingernagel schiebt die mächtige Sonnenbrille zurück in Po-
sition. Nun aber ist „Janet“ verschwunden, hat sich vor zwei wilden Hunden in Sicher-
heit gebracht, ehe man ihr zu Hilfe eilen konnte. Schade, wer möchte nicht gerne einen
handzahmen Leguan kennenlernen, noch dazu, wenn er in einem Hotel logiert. An wilden
Artgenossen herrscht hier kein Mangel. Das beweisen die zahlreichen Straßenschilder „At-
tention, Iguana crossing“. Janet und ihresgleichen haben auf Little Cayman Vorfahrt. Man
hat schließlich Zeit. Wozu soll man sich bei der Affenhitze auch abhetzen?
Die Einzigen, die es manchmal eilig haben, sind die Taucher, die nicht früh genug an die
Steilwände von Little Cayman kommen können. Nur Gladys – wer sonst – macht wieder
einmal eine Ausnahme. Im Pirate’s Point können die Gäste ausschlafen. „Wir fahren erst
raus, wenn die anderen vom Morningdive schon fast zurück sind. Die Fische sind dann
immer noch da“, schmunzelt sie. Vorurteile hin oder her: Da, wo überwiegend Amerikaner
tauchen, gilt man als Europäer per se als guter Taucher. Nach absolviertem Checkdive darf
man die Schönheit der Drop-offs ohne Diveguide bestaunen, solange man in den Zeit-
und Tiefenlimits bleibt. Die Namen der Tauchplätze sind so bunt und bildhaft wie die dort
anzutreffende Fauna. Nicht zu Unrecht gehören Abschnitte der Bloody Bay und Jackson
Wall zu den schönsten Steilwänden der Welt. Nancy’s Cup of Tea, Mixing Bowl, Coco-
nut Walk oder Randy’s Gazebo sind nur einige der Topspots in einem Gebiet, in dem der
Meeresboden am Cayman-Graben bis auf 7000 Meter Tiefe abfällt.
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Typisch für die Karibik sind an diesen Plätzen die rie-
sigen Schwämme. Ob Röhren-, Finger- oder Vasen-
schwamm, sie erreichen gewaltige Ausmaße und leuch-
ten an den senkrechten Wänden in Gelb, Orange, Rot
und Blau. Senkrechte Canyons und kleinere Höhlen
laden zu spielerischen Erkundungstouren ein. Zwischen
den grazilen karibischen Gorgonien und gesunden
Hartkorallen tummeln sich Kaiserfische, Zackenbarsche
und große Lobster. Über den Riffdächern, die mehrere
Meter unter der Oberfläche beginnen, stehen majes-
tätisch solitäre Barrakudas und beäugen die Taucher
mit Misstrauen. Makrelenschwärme und Schildkröten
bevölkern das Blauwasser. Hin und wieder lassen sich
auch Ammenhaie und Graue Riffhaie blicken. Fast im-
mer sind die Sichtverhältnisse überdurchschnittlich gut
und liegen selten unter 25 Metern. Hinzu kommt die
angenehme Temperatur von mindestens 25 Grad, Strö-
mungen sind dabei selten. Die große Tiefe der meisten
Tauchplätze täuscht dabei leicht darüber hinweg, dass
die Inseln auch hervorragende Schnorchelreviere sind und die hierfür geeigneten Stel-
len in den Tauchführern der Inseln ihren gleichberechtigten Platz haben.
Little Caymans wichtigstes Verkehrsmittel ist der Drahtesel, mit dem sich in der Zeit zwi-
schen Tauchen und Happy Hour Ausfl üge unternehmen lassen. Wenn nicht zum Hungry
Iguana oder zu Gladys, dann etwa zum Booby Pond, der größten Brutkolonie von Rotfußtöl-
peln in der westlichen Hemisphäre. Von der Beobachtungsplattform am Rand des Man-
grovensumpfes lassen sich neben jenen „Red-footed boobys“ noch zahlreiche Fregattvögel
und andere Vogelarten beim Streit um die Nistplätze zuschauen. Dabei scheint es auf Little
Cayman niemanden zu stören, dass es dort a) unglaublich nach Guano stinkt und b) der
„Booby Pond“ sich unschicklicherweise in etwa mit „Titten-Tümpel“ übersetzen ließe. Um
die gesamte, nur elf Quadratmeilen große, fl ache Insel zu erkunden, empfi ehlt es sich bei
„Mam’s Tours“ eine Rundfahrt zu buchen und zwar im „Cabriolet“. Da werden dann nämlich
Gartenstühle auf die Ladefl äche eines Pick-ups gestellt und schon kann man sich den Fahrt-
wind um die Nase wehen lassen. Sehenswert ist vor allem der „Point O Sands“, ein Strand,
dessen Farbkontrast aus pudrig rosa-weißem Sand und quietsch-blauer Lagune ihn unter die
zehn schönsten Strände der Welt befördert. Spätestens am Ende des ersten Tages, wenn
man sich nach einem reichhaltigen Abendessen zum Absacker an der Bar einfi ndet, ist man
mit sich und den Caymans im Einklang und hat die langwierige Anreise schnell vergessen.
INFOS
ALLGEMEIN: Die ehemaligen Pirateninseln liegen 290 Kilometer nordwestlich von Jamaika, gehören zu den
Großen Antillen und sind Mitglied des British Commonwealth. Grand Cayman ist eine geschäftige Insel, an
deren berühmtem Seven Mile Beach sich luxuriöse Hotels und Privatunterkünfte wie Perlen an einer Kette
aneinanderreihen. Die zahlreichen Banken und Briefkastenfi rmen in der Hauptstadt George Town begründen
den Ruf der Insel als Steuerparadies, was durch Hollywoodproduktionen wie „Die Firma“ noch unterstützt
wird. Täglich liegen mehrere Kreuzfahrtschiffe vor dem Hafen und so sind die Shoppingmöglichkeiten groß,
aber auch kostspielig. Im Gegensatz zu den kleinen Schwesterinseln kann man auf Grand Cayman neben dem
Tauchen interessante Ausfl üge unternehmen. So fi nden in der alten Kolonialvilla „Pedro St. James“ Multimedia-
shows zur Geburt der Demokratie auf den Inseln statt, die wirklich spannend und sehenswert sind. Lohnens-
wert ist außerdem ein Besuch des Botanischen Gartens oder der Schmetterlingsfarm.
EINREISE: Für Deutsche, Österreicher und Schweizer genügen ein gültiger Reisepass (mindestens sechs Mo-
nate gültig) sowie ein Rückfl ugticket.
ANREISE: Von allen deutschen Großstädten entweder via London, Miami oder Nassau nach George Town.
Von dort mit Cayman Airways nach Grand Cayman und weiter nach Brac und Little Cayman.
GESUNDHEIT: Grand Cayman verfügt mit dem George Town Hospital über ein kleines, dennoch modernes
und gut ausgestattetes Krankenhaus, in dem auch Tauchunfälle behandelt werden können. Privat- und Zahn-
ärzte sowie Augenoptiker sind ebenfalls vorhanden.
GELD: Die Währung ist der Cayman Islands Dollar (KYD) 1 KYD = 0,93 Euro (Stand April 09).
KLIMA UND REISEZEIT: Zwischen Mai und Oktober ist Regenzeit, wobei die Regengüsse bei Tageshöchst-
temperaturen um 30 Grad meist nur kurz sind. Allerdings gilt der Sommer auch als Hurrikanzeit.
Hauptreisezeit ist von November bis April. Es ist dann trockener
und kühler, die Temperaturen liegen um 25 Grad. Die Wassertem-
peratur fällt ganzjährig nicht unter 25 Grad.
ELEKTRIZITÄT: Netzspannung 110 V, 60 Hz, amerikanische Flachstecker
ORTSZEIT: MEZ -6
PREISE UND VERANSTALTER: Sieben Übernachtungen im Dop-
pelzimmer mit Vollpension in Sam McCoy’s Diving Lodge, inklusive
Flügen und Transfers ab 1490 Euro (zuzüglich Steuern und Gebüh-
ren). Ebenfalls enthalten ist das „all-you-can-dive“ Paket mit 2 Boots-
tauchgängen täglich und Non-Limit-Strandtauchen.
Infos: Beluga Reisen GmbH, Wilhelm-Weber-Str. 39,
37073 Göttingen, Tel. +49 551 63451340, www.belugareisen.de
LINKS: www.caymanislands.ky
www.cobaltcoast.com
www.divecayman.ky
www.piratespointresort.com
www.mamstour.ky
www.littlecayman.com
www.paradisevillas.com
www.hungryiguana.com
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klarefamiliensacheIM FRÜHLING IST ES MEIST SO WEIT: REISEKATALOGE WERDEN GEWÄLZT UND MÖGLICHE FERIENZIELE ABGE-
KLOPFT. DOCH IN VIELEN FAMILIEN HERRSCHT GERADE DANN DICKE LUFT. JEDES MITGLIED HAT SEINE EIGENEN
VORSTELLUNGEN VOM PERFEKTEN URLAUB. DER VATER MÖCHTE SPORT, DIE MUTTER RUHE UND DIE KINDER EIN
ABENTEUER. GEMEINSAME AKTIVITÄTEN RÜCKEN IN UNERREICHBARE FERNE. WER HIERFÜR NOCH NACH EINER
GEEIGNETEN LÖSUNG SUCHT, SOLLTE EINMAL EINEN TAUCHKURS FÜR DIE GANZE FAMILIE INS AUGE FASSEN.
Text Conny Thane © Fotos Pascal Baril (Planéte Bleue Images) und Kurt Amsler Urlaubsabenteuer Tauchkurs
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familydivingfamilydiving
„Ist das nicht gefährlich?“ Katrin Schmied und
ihr Mann reagierten zunächst verhalten, als ihre
beiden Söhne im letzten Spanienurlaub plötzlich
tauchen lernen wollten. „Wir waren völlig überrascht
und ziemlich skeptisch“, verrät die 36-Jährige. „Schließ-
lich haben wir uns dann doch die Basis näher angese-
hen. Uns wurde alles genau erklärt und gezeigt.“ Das
Dive-Center überzeugte. Am Ende des Urlaubs hatten
nicht nur Jonas und Lukas, sondern auch Katrin und ihr
Mann einen Tauchschein im Gepäck.
„Und Spaß hat’s auch gemacht“, erklärt der zehnjähri-
ge Lukas und berichtet mit leuchtenden Augen von all
den Fischen, die er zu Gesicht bekam. Ein gemeinsames
Naturerlebnis! Daran hatte Papa Michael schon gar nicht
mehr zu denken gewagt. Viel zu oft hatte er geplante
Waldspaziergänge zugunsten der Playstation streichen
müssen. Sein voller Terminkalender tat sein Übriges
dazu. „Während unseres Urlaubs haben wir endlich
mal wieder qualitativ hochwertige Zeit gemeinsam ver-
bracht. Und damit meine ich nicht nur, dass wir zusam-
men Fische angesehen haben. Wir haben viel gelacht,
die Bootsausfahrten genossen und tolle Gespräche über
unsere Erlebnisse geführt“, freut sich der Familienvater.
„Das ging sogar so weit, dass mich mein Ältester gebe-
ten hat, ihm das eine oder andere physikalische Gesetz
genauer zu erklären. Freiwillig!“
Für Jeannette Miller von der Tauchausbildungsorga ni sa -
tion PADI ist dies nicht sehr verwunderlich. „Für fast alle
Kinder ist die Unterwasserwelt ein riesiges Aben teuer.
Kein Wunder, dass sie alles genau wissen wollen.“ Und
genau darauf sind die Ausbilder entsprechend gut vor-
bereitet – nicht nur fachlich. „Alle Tauchlehrer sind so
geschult, dass sie jede Frage kindgerecht beantworten
können“, erläutert Jeannette Miller. „Schließlich ist ein
Kind kein kleiner Erwachsener.“
Eine Tatsache, die sich nicht nur auf die geistige, son-
dern auch auf die körperliche Ebene bezieht. Denn
obwohl mittlerweile fast alle Ausbildungsorganisationen
Kurse ab acht Jahren anbieten, fehlt in vielen Basen
noch die richtige, kindertaugliche Hardware. Sie sollte
nicht nur der jeweiligen Größe des Nachwuchses ange-
passt sein, sondern auch entsprechend leicht. „Ein Dive-
Center, das heute noch einen Achtjährigen mit einer
Zwölfl iterfl asche versenkt, ist für uns nicht akzeptabel“,
so Jeannette Miller. „Eine gute Kinderausrüstung besteht
aus kleinen, weichen Flossen, passendem Anzug, kleiner
Maske und Mundstück und einer maximal Zehnliterfl a-
sche. Ist alles auch noch in einem Topzustand, haben
die Eltern garantiert eine gute Basis ausgewählt.“
Hierauf sollten Eltern ihren Kindern zuliebe auch unbedingt
achten. Schließlich kann eine ständig volllaufende Maske
A M E N D E D E S U R L A U B S H AT T E N N I C H T N U R J O N A S
U N D L U K A S , S O N D E R N A U C H K AT R I N U N D I H R M A N N
E I N E N TA U C H S C H E I N I M G E P Ä C K .
"F Ü R FA S T A L L E K I N D E R I S T
D I E U N T E R W A S S E R W E LT E I N
R I E S I G E S A B E N T E U E R . " Jeannette Miller, PADI Europe
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familydiving
oder ein kneifender Anzug schnell den Spaß verder-
ben. Läuft hingegen alles rund, ist eine Steigerung des
Selbstbewusstseins so gut wie vorprogrammiert. Das gilt
vor allem dann, wenn die Eltern auch erst mit dem Tau-
chen beginnen. „In den meisten Fällen erlernen Kinder
diesen Sport viel schneller als Erwachsene. Sie haben
also gegenüber Mama und Papa eindeutig die Nase
vorn“, weiß Jeannette Miller. „Das liegt daran, dass Kin-
der ein ganz besonderes Gespür für das Element Was-
ser haben. Ohne Angst und Scheu bewegen sich die
meisten schon nach ein paar Minuten völlig frei im Pool.
Dasselbe gilt übrigens auch für das Tarieren mit dem
Jacket. Für die Kleinen ist das im wahrsten Sinne des
Wortes ein Kinderspiel.“
Wenn dann auch noch Mama und Papa mit leuchtenden
Augen aus dem Wasser steigen, ist eines garantiert: ein
Urlaub mit gemeinsamen Abenteuern, viel Ruhe und
trotzdem reichlich Bewegung!
KINDER- UND FAMILIENPROGRAMME
Ihre Familie will tauchen lernen? Bei den meisten großen Organi-
sationen ist dies ab acht Jahren möglich. So auch bei PADI. Die
Ausbildungsorganisation hat hierfür folgende Kurse im Programm:
BUBBLEMAKER: Hier können alle Kinder ab acht Jahren erste
Schnup pe rtauchgänge im Pool oder unter schwimmbadähnlichen
Bedingungen, wie etwa einer Lagune auf den Malediven, absolvie-
ren. Eine maximale Tiefe von zwei Metern wird nicht überschritten.
SEAL TEAM: Hier können alle, die Spaß am Schnuppertauchen hat-
ten, richtig loslegen und grundlegende Tauchfertigkeiten lernen. Am
Ende dieses Kurses erhalten die Kinder ihre erste eigene Brevetkarte.
JUNIOR OPEN WATER DIVER: Dieser Tauchkurs steht Kindern
ab zehn Jahren zur Verfügung. Obwohl dieser Kurs altersabhän-
gige Tiefenbegrenzungen aufweist, ist es doch der gleiche Kurs
wie bei den Erwachsenen. Hier gehören neben Tauchtheorie
und dem Erlernen aller Tauchfertigkeiten auch vier Freiwasser-
tauchgänge dazu. Ist alles absolviert, winkt den Jungtauchern ein
„richtiger“ Tauchschein.
" W I R H A B E N V I E L G E L A C H T, D I E B O O T S A U S FA H R T E N G E N O S S E N U N D T O L L E
G E S P R Ä C H E Ü B E R U N S E R E E R L E B N I S S E G E F Ü H R T. D A S G I N G S O G A R S O
W E I T, D A S S M I C H M E I N Ä LT E S T E R G E B E T E N H AT, I H M D A S E I N E O D E R
A N D E R E P H Y S I K A L I S C H E G E S E T Z G E N A U E R Z U E R K L Ä R E N . F R E I W I L L I G ! "
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familydivingfamilydiving
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gibt sie schon seit 20 Jahren. Wie auch beim Vorgängermodell bietet Aqua
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Silikon hinterlässt kaum Druckstellen im Gesicht. Neues Quick-Lock-Schnallen-
system zum schnellen Verstellen des Maskenbandes. Erhältlich in verschiede-
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CITIZEN UHR ECO-DRIVE
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2
Hause Aqua
Jahren. Wie auch bei
läser an, die ganz einfach ein
ge wurde das Design überarbeitet, die
n auf dem Rahmen ermöglichen einen noch ein
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divestyle divestyle
Text Conny Thane © Fotos David Hettich
„PALAU? NIE GEHÖRT.“ EIN SATZ, DER FAST ALLEN ENTGEGENSCHMETTERT, DIE NICHTTAUCHERN
VON DEM PAZIFISCHEN INSELSTAAT BERICHTEN. SCHADE EIGENTLICH. DENN OBWOHL PALAU
GERADE EINMAL HALB SO GROSS IST WIE BERLIN, HAT ES EINIGES ZU BIETEN – VOR ALLEM FÜR
TAUCHER. 1500 FISCH- UND 700 KORALLENARTEN, DAZU NOCH JEDE MENGE GROSSFISCHE,
HÖHLEN UND WRACKS. DIE PALETTE IST RIESIG. SCHULD DARAN: EIN COCKTAIL AUS
TURBULENTER GESCHICHTE, VULKANISCHEM URSPRUNG UND GEOGRAFISCHER LAGE. WOBEI
DER LETZTE PUNKT WOHL DEN ENTSCHEIDENDSTEN DARSTELLT.
maximalprogrammin mikronesien
586 Inseln, unzählige möglichkeiten
PALAUS INSELN S IND ATOLLE AUS KORALLENKALK , NUR WEN IGE METER ÜBER DEM
M E E R E S S P I E G E L . D I E E R S T E N B E W O H N E R K A M E N A U S I N D O E N S I E N , A U S T R A L I E N
O D E R P O LY N E S I E N U N D B E S I E D E LT E N D I E I N S E L N S C H O N U M 1 0 0 0 V. C H R I S T U S .
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travelpalau travelpalau
im Minutentakt möchte, kommt am besten zwischen Januar und April. Denn dann ist Paa-
rungszeit bei den großen Teufelsrochen und Grauen Riffhaien. Letztere strömen zu Hunder-
ten aus ganz Mikronesien nach Palau, um dort Ausschau nach einem geeigneten Partner zu
halten. In der Theorie durchaus romantisch. Die Praxis gleicht jedoch eher einer Schlacht,
die bei den Weibchen sichtbare Spuren hinterlässt. Zerbissene Flossen und zerkratzte Häl-
se, wohin man blickt. Und natürlich jede Menge weitere Meeresbewohner, die von den
rauen Paarungsritualen profi tieren möchten. Aber auch die Tauchbranche weiß dieses Event
entsprechend zu vermarkten. So veranstaltet die Basis Fish‘n Fins zusammen mit der Mi-
cronesian Shark Foundation jährlich eine sogenannte Shark Week. Sieben Tage, in denen
sich alles um das Thema „Hai“ dreht. Von Vorträgen über Fotowettbewerbe bis hin zu Strö-
mungstauchgängen, etwa an der Blue Corner.
M I T B I S Z U F Ü N F K N O T E N W I R D D A S
N A H R U N G S R E I C H E W A S S E R A N D I E K Ü S T E
G E P R E S S T. E I N S C H L A R A F F E N L A N D F Ü R
A L L E M E E R E S B E W O H N E R U N D E I N E C H T E R
A D R E N A L I N K I C K F Ü R TA U C H E R .
Die insgesamt 586 Inseln befi nden sich nämlich genau
dort, wo die meisten Menschen nur blaues Wasser
vermuten. Etwa 900 Kilometer östlich der Philippi-
nen und 3000 Kilometer südlich von Tokyo. Umgeben von
zwei Tiefseegräben und umspült von reichlich nährstoffreichem
Wasser. Kurzum: Beste Voraussetzungen, um Großfi sche und
andere Hochseevagabunden vor die Maske zu bekommen.
WILDES TREIBEN
Haie, Delfi ne, Dugongs, Marlins, Orcas, Mantas und Wal-
haie werden regelmäßig gesichtet. Und wer Großfi sch
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travelpalau travelpalau
Die zählt übrigens auch außerhalb der Shark Week zu
den besten Spots weltweit. Vor allem bei Vollmond. In
dieser Gezeitenphase gibt es an der exponierten Ecke
kein Halten mehr. Mit bis zu fünf Knoten wird das nah-
rungsreiche Wasser an die Küste gepresst. Ein Schla-
raffenland für alle Meeresbewohner und ein echter Ad-
renalinkick für Taucher. Die baumeln meist hilflos wie
Lenkdrachen über dem Plateau, während sich vor ihrer
Nase ein Schauspiel der Spitzenklasse offenbart. Von
bunten Riffbarschen über Schildkröten bis zu den großen
Mantas, jeder will ein Stück vom Kuchen abhaben.
Ganze Vorhänge von Barrakudas und Makrelen glitzern
im Blauwasser; stets darauf aus, einen unvorsichtigen
Planktonfresser zwischen die Kiemen zu bekommen.
Hin und wieder lassen auch mehrere Dutzend Riffhaie
das bunte Gewirr zusammenzucken. Alles gleicht einer
gut einstudierten Choreografie. Einem Spektakel voller
Synchronität und bunten Kostümen.
GELASSENE ZEITGENOSSEN
Trotzdem gibt es vor Palau auch Meeresbewohner, die
solch ein Spektakel völlig kalt lässt. Sie lieben es ruhig,
gediegen und möglichst risikofrei. Gemeint sind die so-
genannten Perlboote, besser bekannt als Nautilide. Seit
über 400 Millionen Jahren navigieren die bizarren Kopf-
füßer durch die Tiefen der Ozeane. Unbeeindruckt von
der Evolution und abgeschottet vom Tageslicht. Lediglich
nachts wagen sich die lebenden Fossilien hin und wieder
in seichtere Gewässer. Ganz vorsichtig und nur Zentimeter
für Zentimeter. Eine Tatsache, die es ziemlich schwierig
macht, diese Tiere zu Gesicht bekommen. Hat man jedoch
Glück, kann man ein echtes Urzeitwunder bestaunen.
Nautilide verfügen nämlich seit jeher über ein nobelpreis-
verdächtiges Manövriersystem. Dieses erlaubt ihnen, den
Auf- und Abtrieb ihres spiralförmigen Häuschens zielgenau
zu steuern und so jedes Hindernis sicher zu umschiffen.
W E R G R O S S F I S C H I M M I N U T E N TA K T M Ö C H T E , K O M M T
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| SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | 113112 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 |
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WEICHE WESEN
Allerdings braucht auf Palau nicht jeder ausgeklügelte
Technik, um unbeschadet durchs Leben zu kommen.
Manchmal reicht es auch, zur richtigen Zeit am rich-
tigen Ort zu sein. Das beweisen die beiden Quallen-
arten Mastigias und Aurelia. Sie schweben zu Tausen-
den durch den sonnendurchfluteten Jellyfish Lake auf
Eil Malak. Meditativ gelassen und ganz ohne nesselnde
Tentakel. Wozu auch? Fressfeinde, die sie verfolgen
könnten, gibt es hier nicht. Und das hängt mit der
Entstehung des Gewässers zusammen. Dieses wurde
HARTE HIGHLIGHTS
Wem das zu soft ist, keine Bange! Auf Palau fi ndet sich
auch harter Tauchstoff. Denn das vulkanische Atoll kann
aufgrund seiner Entstehungsgeschichte mit eindrucksvollen
Höhlen, Tunneln und Kavernen aufwarten. Wie Adern
durchziehen sie das ehemalige Korallenriff. Unumstrittener
Favorit ist die Chandelier Cave. Sie führt ab einer Tiefe
von sechs Metern direkt in das Innere einer Insel. In eine
stockfi ns tere Welt, gefüllt mit kristallklarem Wasser. Ihre
gewaltigen Stalagmiten und Stalaktiten wirken im Schein
der Tauchlampe nahezu organisch.
nämlich durch vulkanische Hebungen vor rund 18.000
Jahren vom offenen Meer abgeschnitten. Die zufällig
eingeschlossenen Quallenlarven nutzten ihre Chan-
ce, passten sich den neuen Umständen an und leben
seither im Medusenparadies. Ein Paradies, das auch
von Menschen bewundert werden kann. Lediglich ein
20-minütiger Marsch durch den Dschungel und eine
Schnorchelausrüstung sind notwendig, um sich im grü-
nen Wasser zwischen den geleeartigen Schirmchen trei-
ben zu lassen.
Aber auch reichlich Anorganisches fi ndet sich rund um den
Inselstaat. Denn Palau war während des Zweiten Weltkrieges
Schauplatz zahlreicher See- und Luftschlachten. Die Überreste
in Form von Militärschiffen und japanischen Jagdbombern
liegen heute noch wie ein Mahnmal auf dem fl achen Mee-
resgrund. Mittlerweile üppig bewachsen und bewohnt von
unzähligen, kleinen Lebewesen. Filigrane Schönheiten, die
nur darauf warten, sich den Tauchern zu präsentieren und so
die Mischung perfekt zu machen. Einen Mix aus groß, klein,
wild, ruhig, weich und hart. Mitten im blauen Nirgendwo.
QUALLEN SCHWEBEN ZU TAUSENDEN DURCH DEN SONNENDURCHFLUTETEN JELLYFISH
LAKE AUF E IL MALAK. MEDITAT IV GELASSEN UND GANZ OHNE NESSELNDE TENTAKEL.
114 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | 115
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HERR STEFFENS, WIE WIRD MAN HONORARKONSUL?
Ich fahre seit 1996 jedes Jahr nach Palau und habe
dort viele Filme gedreht. Irgendwann ist auch dem Prä-
sidenten aufgefallen, dass da ständig ein großer weißer
Typ mit ner Kamera rumrennt. Irgendwann hatte ich ein
Interview mit ihm und da fragte er mich ganz spontan:
„So oft, wie du da bist, scheinst du unser Land ja echt
zu mögen. Willst du nicht Honorarkonsul werden?“
UND WAS SIND IHRE AUFGABEN?
In meinem Fall geht es vor allem um die Förderung von
Ökotourismus und um Umweltschutzprojekte. Aber auch
organisatorische und repräsentative Aufgaben kommen hin-
zu. Wenn zum Beispiel ein neuer Botschafter ernannt wird,
bereite ich seinen Besuch bei der Bundesregierung in Ber-
lin vor. Dasselbe gilt, wenn Palaus Präsident Deutschland
einen Staatsbesuch abstatten würde. Ich bin schließlich die
diplomatische Vertretung Palaus in Deutschland.
Text Conny Thane © Fotos Büro Anke Lönne
offizielleralsgedachtDirk Steffens über sein Amt als Honorarkonsul von Palau
ANAKONDAS FANGEN IM AMAZONAS ODER GORILLA-
EXPEDITION IN AFRIKA: FÜR DIRK STEFFENS IST DAS
ALLTAG. DER REGISSEUR, PRODUZENT UND MODE-
RATOR DIVERSER TIERDOKUS IST BEKANNT FÜR SEI-
NE ABENTEUERLUST. IM OKTOBER 2008 WURDE DER
41-JÄHRIGE ZUM HONORARKONSUL VON PALAU ER-
NANNT. EIN AMT, HINTER DEM SICH MEHR VERBIRGT
ALS NUR EIN SCHÖNER TITEL.
REISEINFOS PALAU
Der Inselstaat Palau ist Mitglied der Föderation der Staaten von
Mikronesien und zählt seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1994
zu den jüngsten Staaten der Erde. Er erstreckt sich vom Kayan-
gel-Atoll bis zu den weiter entfernten South West Islands über
eine Länge von rund 700 Kilometern.
ANREISE: Ab Deutschland per Linienfl ug zunächst in die philip-
pinische Hauptstadt Manila. Nach einer Zwischenübernachtung
geht es mit Continental Micronesia weiter nach Koror auf Palau.
EINREISE: Es genügen ein Reisepass mit einer Restgültigkeit von
sechs Monaten sowie ein Rückfl ugticket.
KLIMA: Auf Palau herrscht feuchtheißes, aber ausgeglichenes
Seeklima. Die Durchschnittswerte liegen sowohl an Land als auch
im Wasser bei 28 bis 30 Grad Celsius.
BESTE REISEZEIT: Januar bis April, von Juli bis Oktober herrscht
Regenzeit.
MEDIZINISCHE VERSORGUNG: In Koror gibt es drei Kranken-
häuser und eine Druckkammer. Ernsthafte Erkrankungen sollten
jedoch in Manila, Hongkong oder Guam behandelt werden.
GELD: Offi zielles Zahlungsmittel ist der US-Dollar. Euro werden nicht
akzeptiert, dafür internationale Kreditkarten und US-Reisechecks.
REISEVERANSTALTER: www.orca.de | www.subaqua.de
www.lagona-travel.de | www.tauchreisen-roscher.de
TAUCHBASEN: www.fi shnfi ns.com | www.samstours.com
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116 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | 117
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DAS KLINGT ZIEMLICH OFFIZIELL …
Mir war das vorher gar nicht so klar. Ich dachte, ich rede
bei diesem Amt mit meinen Freunden vom WWF oder es
läutet bei Greenpeace, wenn ich das eine oder andere
Projekt mal anstoßen will. Die Realität sieht anders aus.
Denn gehört man erst einmal zum Konsularkorps, wird
man zu allerlei lustigen Empfängen eingeladen. Einfach,
weil man auf dieser Liste steht, auf der auch der US-Ge-
neralkonsul steht. Neulich klingelte das Telefon in meiner
Hamburger Altbauwohnung. Dran war der Staatsschutz,
der „mein Konsulat“ einer sicherheitstechnischen Prüfung
unterziehen wollte. Die kamen tatsächlich. Letztendlich
haben wir einen Kaffee miteinander getrunken und da-
nach sind die wieder gegangen.
MIT ANDEREN WORTEN: IHRE WOHNUNG IST DAS OFFIZI-
ELLE KONSULAT VON PALAU?
Ja, genau. Es ist offi zieller Sitz des Konsulats und jetzt
auch – dem Staatsschutz sei Dank – einer sicherheits-
technischen Prüfung unterzogen worden (lacht).
ANFANG APRIL WAREN SIE BEIM NEUEN PRÄSIDENTEN
VON PALAU. WIE WAR‘S?
Durchaus präsidial. Er ist aber trotzdem eine kuriose Mi-
schung aus Dorfbürgermeister und großem Staatspräsi-
denten. Palau hat gerade einmal 20.000 Einwohner, das
entspricht einer deutschen Kleinstadt. Dieser „Bürgermeis-
ter“ aber hat einen Sitz in der UNO. Er stimmt über den
Irakkrieg oder Afghanistanmissionen genauso ab wie die
Präsidenten von China, USA, Russland oder Deutschland.
WIE GIBT SICH DER PRÄSIDENT SELBST? MEHR ALS BÜR-
GERMEISTER ZUM ANFASSEN ODER DOCH EHER ALS UN-
NAHBARER STAATSMANN?
Einerseits ist der Präsident immer mit ein bis zwei Body-
guards unterwegs. Ich habe das beim letzen Präsidenten
hautnah erlebt, als wir eine kleine Motorradtour auf sei-
nen Harleys unternahmen. Da wurden tatsächlich die bei-
den Kreuzungen, die es auf diesen 100 Kilometern Straße
gibt, gesperrt. Ein Bodyguard fuhr im Bus vorneweg und
ein zweiter auf dem Motorrad hinterher. Andererseits ist
der Umgang dann doch recht ungezwungen. Ich war mit
dem letzten Vizepräsidenten schon tauchen und mit dem
jetzigen Staatsoberhaupt beim Essen.
MAL ABGESEHEN VON DER HAUPTSTADT. WAS REIZT SIE
BESONDERS AN DEM INSELSTAAT?
Zum einen die fantastische Unterwasserwelt, die bekann-
termaßen zu den schönsten Tauchrevieren der Welt zählt.
Zum anderen kommt für mich der Reiz eines abgeschie-
denen Zwergstaates hinzu. Ein Gefühl des Ganz-weit-weg-
Seins stellt sich ein. Und drittens sind und bleiben für mich
die Rock Islands ganz einfach der schönste Platz der Welt.
WELCHEN TAUCHSPOT SOLLTEN SICH UNSERE LESER AUF
KEINEN FALL ENTGEHEN LASSEN?
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118 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | 119
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Das hängt mit meiner Lebensgeschichte zusammen.
Ich wusste nie, ob ich Journalist oder Biologe werden
sollte. Und Umweltschutz hat mich schon als Kind faszi-
niert. Nach wie vor ist das Thema völlig unterbewertet.
Wir diskutieren zwar ewig über die Pendlerpauschale,
aber keiner spricht darüber, dass 75 Prozent der Fisch-
gründe im Eimer sind. Und wenn man da nicht schnell
was dran ändert, kriegen wir bald grundsätzliche Pro-
bleme auf unserem Planeten. Ich bin fassungslos, wenn
ich sehe, mit welch banalen Dingen wir uns tagtäglich
beschäftigen, statt endlich die wirklich existenziellen
Probleme zu erkennen.
LEIDET MAN BEI SO VIEL ENGAGEMENT NICHT IRGEND-
WANN AN SCHLAFMANGEL?
Ja, das ist tatsächlich ein riesen Thema. Ein Jetlag macht
mir heute zwei Tage länger zu schaffen als noch mit 20.
Es nimmt mich also körperlich ganz schön mit. Trotzdem
neigt mein Umfeld dazu, meine Arbeit – egal, wohin
ich fahre – als Urlaub zu betrachten. Keiner kann sich
vorstellen, dass man auf Palau Stress haben kann. Etwa
dann, wenn man einen Film dreht. Man kann also durch-
aus von einem harten Job sprechen. Dass der viel Spaß
macht, ist eine andere Sache.
SICHER GAB ES AUCH SCHON SITUATIONEN, BEI DENEN
DER SPASS EIN ENDE HATTE.
Allein letztes Jahr hatte ich drei Tropenkrankheiten. Zwei
Parasiten und ein nicht geklärtes Fieber. Das ist eben der
Preis, den man für Reisen an exotische Orte bezahlt. Der
Umgang mit solchen Erkrankungen ist aber auch Einstel-
lungssache. Letzes Jahr war ich in der Zentralafrikanischen
Republik, im Dzanga-Sangha-Gebiet, um mit Flachland-
Gorillas zu drehen. Dort war ich mit einer Feldforscherin
unterwegs, die ein akuter Malariaschub und zusätzlich
Typhus plagten. Trotzdem war sie jeden Tag zwölf Stun-
den im Wald und marschierte schneller als ich. Für Men-
schen in solchen Ländern ist ein Malariaschub noch lang
kein Grund, nicht zur Arbeit zu gehen.
AUF WELCHE ABENTEUER DÜRFEN WIR UNS IN ZUKUNFT
FREUEN?
Die nächste Reise geht nach Australien für die Arte-Rei-
he „Steffens entdeckt“. Da geht’s einmal um das Great
Barrier Reef und den Kakadu Nationalpark. Danach fahr
ich nach Südafrika in den Krüger Park und dann begin-
nen schon wieder sechs Staffeln von „Terra X“. Das ist
dann in Indien, der Südsee, Ägypten, Panama, Kongo
und noch irgendwo.
" W I R D I S K U T I E R E N Ü B E R D I E P E N D L E R PA U S C H A L E , A B E R
K E I N E R S P R I C H T D A R Ü B E R , D A S S 7 5 P R O Z E N T D E R
F I S C H G R Ü N D E I M E I M E R S I N D . "
Es gibt eine ganze Reihe von Klassikern. Dazu gehören
der German Channel, Blue Corner, Ulong Channel und
so. Das sind die großen Spots, die man sich nicht entge-
hen lassen sollte. Besonders toll sind aber auch Plätze an
den Außenriffen, die offi ziell gar keine Tauchspots sind.
Man kann dort wunderbare Tauchgänge erleben, ohne
dass man irgendwelche anderen Menschen trifft – noch
nicht mal an der Wasseroberfl äche. Das, fi nde ich, hat ei-
nen ganz speziellen Reiz.
KANN MAN DENN DA EINFACH IRGENDWO HINFAHREN?
Man kann frei tauchen gehen. In der Praxis ist es aber
so, dass man ja auf den Hauptinseln wohnt und zu den
guten Spots dann doch 30 bis 90 Minuten mit dem Boot
rausfahren muss. Man ist also gezwungenermaßen dann
doch in einer organisierten Form unterwegs. Auf Tauch-
kreuzfahrten lässt sich beides gut unter einen Hut brin-
gen. Die fahren zu den schönsten Plätzen, sind super
ausgestattet und man kann tauchen, tauchen, tauchen.
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120 | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | | SILENT WORLD | AUSGABE 2 / 2009 | 121
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Lutz-Peter Kaubisch, Sabrina Monella,
Conny Thane
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Gerald Nowak, Carrie Vonderhaar
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