Skript BW2 2008

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BETRIEBSWIRTSCHAFTSLEHRE II

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BETRIEBSWIRTSCHAFTSLEHRE II

Michael Röthlin ([email protected])

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Tran-Ngoc-An ([email protected])

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Inhaltsverzeichnis

4. EINFÜHRUNG 4

4.1. MODELLE 4

4.2. PLANUNG 6

4.2.1. Ökonomische Ziele der Unternehmung 6

4.2.2. Break-even-Analyse 7

4.2.3. Planungsprozess 9

5. BESCHAFFUNG 13

5.1. ABC-ANALYSE 14

5.2. PLANUNG DES MATERIALBEDARFS 16

5.3. MATERIALBESCHAFFUNGSPLANUNG 20

5.3.1. Kosten 21

5.3.2. Bedarfsbestimmung 22

5.3.3. Lagerhaltungsstrategien 24

6. PRODUKTION 29

6.1. OPERATIVE PRODUKTIONSPROGRAMMPLANUNG 31

6.2. OPTIMALES PRODUKTIONSPROGRAMM MIT EINEM ENGPASS 33

6.3. OPTIMALES PRODUKTIONSPROGRAMM MIT MEHREREN ENGPÄSSEN 38

7. MARKETING 39

7.1. MARKETINGFORSCHUNG 39

7.2. MARKETINGINSTRUMENTE 41

7.3. PREISPOLITIK 42

7.3.1. Preiselastizität 44

7.3.2. Preispolitische Modelle 46

7.3.3. Preisbestimmung 49

7.4. PRODUKTPOLITIK 52

7.5. DISTRIBUTIONSPOLITIK 55

7.5.1. Physische Distribution 55

7.5.2. Akquisitorische Distribution 56

7.6. KOMMUNIKATIONSPOLITIK 59

7.6.1. Werbung 59

7.6.2. Verkaufsförderung 59

7.6.3. Persönlicher Verkauf 60

7.6.4. Public Relations 60

8. INVESTITIONSRECHNUNGEN 61

8.1. STATISCHE VERFAHREN 62

8.2. DYNAMISCHE VERFAHREN 66

8.2.1 Kapitalwertmethode 68

8.2.2. Die Interne-Zinssatz-Methode 70

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Literatur

Allgemeine Literatur zu BWL

Schierenbeck, H.: Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, Oldenburg 2003

Thommen, J. P.: Managementorientierte Betriebswirtschaftslehre, Versus 2004

Wöhe, G., Döring, U.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Gabler 2005

Bea, F. X., Friedl, B., Schweitzer, M.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, UTB 2005

Spezielle Literatur zu Funktionsbereichen

Adam, D.: Produktions-Management, Gabler 1998

Adam, D.: Planung und Entscheidung, Gabler 1996

Zäpfel, G.: Grundzüge des Produktions- und Logistikmanagements, Oldenbourg 2001

Günther, H.-O., Tempelmeier, H.: Produktion und Logistik, Springer 2004

Kotler, P., Bliemel, F.: Marketing-Management, Schäffer-Poeschel 2001

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4. Einführung

4.1. Modelle

Die Betriebswirtschaftslehre bedient sich bei der Lösung ihrer Aufgaben der ver-einfachenden Abbildung komplexer Zusammenhänge mit Hilfe von Modellen.Die Problematik der Modellbildung liegt in der Festlegung der Problemstruktur und der Auswahl der Modellvariablen, die für die Lösung des Problems relevant sind. Die Brauchbarkeit der Modellösungen als Hypothese zur Erklärung empirischer Zusammenhänge hängt ganz entschieden von der Trennung der für die Problem-lösung relevanten von den irrelevanten Variablen ab. Modelle können beschreiben und erklären und damit auch Entscheidungshilfen liefern. Man unterscheidet nach der Art der Aussage folgende Modelle:

Beschreibungsmodelle : empirische Erscheinungen werden abgebildet, ohne dass sie dabei analysiert und erklärt werden: z.B. Buchführung der Unternehmung (Güter- und Zahlungsmittelbestände werden zu einem bestimmten Zeitpunkt er-fasst)

Erklärungsmodelle : die Ursachen unternehmerischer Prozessabläufe sollen er-klärt werden. Sie stellen Hypothesen über Gesetzmässigkeiten auf: z.B. Progno-semodelle.

Entscheidungsmodelle : sie haben die Aufgabe, die Bestimmung optimaler Handlungsmöglichkeiten zu erleichtern. Sie übertragen die in einem Erklä-rungsmodell gewonnenen Erkenntnisse auf einen praktischen Anwendungsbe-reich. Dabei werden in der Regel mehrere Variablen innerhalb bestimmter Neben - bedingungen so festgelegt, dass die Zielfunktion dieser Variablen einen Extrem-wert annimmt: z.B. Gewinnmaximierung, Kostenminimierung. Entscheidmodelle sind oft in Softwareapplikationen implementiert und erzeugen, z. B. in einem En-terprise Resource Planning-(ERP-)System, Mengenvorschläge für die Beschaf-fung von Komponenten oder die Terminierung von Fertigungsaufträgen.

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Nach der Art der Annahmen über das Eintreten der Ereignisse eines Modelles sind zu unterscheiden:

deterministische Modelle (alle Parameter des Modells sind im voraus bekannt),

stochastische Modelle (ein oder mehrere Parameter des Modells unterliegen einer Wahrscheinlichkeitsverteilung).

Nach dem Zeitraum sind zu unterscheiden:

D ynamische Modelle (ein oder mehrere Parameter des Modells unterliegen Schwankungen im Zeitablauf),

Statische Modelle (alle Parameter des Modells bleiben konstant im Zeitablauf).

Nach der Anzahl von Produkten sind zu unterscheiden:

Einprodukt - Modelle ,

Mehrprodukt - Modelle .

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4.2. Planung

Planung und Kontrolle sind bei den Dimensionen von dem Management die Kernfunktionen des Managementprozesses, wobei Organisation bei Hervorhebung der spezifisch strukturellen Komponente, Führung im Gegensatz zu Betonung der spezifisch personellen Komponente dieses Managementprozesses in den Vordergrund tritt.

4.2.1. Ökonomische Ziele der Unternehmung

Abbildung 1 : Zielkonzeption der Unternehmung

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4.2.2. Break - even-Analyse

Das Break-even-Diagramm zeigt, wie sich Kosten und Erlös mit dem Produktionsvolumen verändern. Der Break - even - point (Gewinnschwelle) bezeichnet den Punkt, an dem die Umsätze die Gesamtkosten gerade decken.

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Übung 1

Der Veranstalter eines Tina Turner-Konzerts überlegt sich, ob es im überdachten Hallenstadion in Zürich oder im offenen St.Jakob-Stadion in Basel durchgeführt werden soll. Im Hallenstadion finden maximal 15'000, in Basel hingegen 50'000 Zuschauer Platz. Der Veranstalter hat folgende Daten zusammengetragen:

Zürich BaselMaximale Anzahl von Sitzplätzen 7'500 2'000Maximale Anzahl von Stehplätzen 7'500 48'000Preis pro Sitzplatz [Fr.] 110 120Preis pro Stehplatz [Fr.] 60 45Fixe Kosten für Gagen, Spesen, Werbung, usw.. [Fr.] 810'000 1'140'000Variable Kosten pro Ticket (Verkaufsprovision, Sanitätspersonal,...) [Fr.]

19 20

1) Wie viel Stehplätze muss der Veranstalter zusätzlich zu den Sitzplätzen in Basel verkaufen, um dort die Gewinnschwelle zu erreichen?

2) Der Veranstalter kann in Zürich alle Plätze verkaufen. Wie viel Stehplätze muss er zusätzlich zu den Sitzplätzen in Basel verkaufen, um den gleichen Gewinn in Zürich zu erzielen?

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4.2.3. Planungsprozess

Abbildung 2 : Phasenstruktur des Managementprozesses

(Vgl. Schierenbeck, H: Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, Oldenbourg.)

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Übung 2 (mit Excel)

Die Firma CARBAU GmbH hat sich seit einiger Zeit auf den Bau des Caravanmodells Snowstar spezialisiert, das sich aufgrund seiner ausgezeichneten Isolierung und Heizung vor allem für das Wintercamping eignet. Sie liefert folgende aktuelle Informationen für das Jahr 2003:

Produktions- und Absatzmenge [Stück] 500Variable Kosten [Fr.] 6'000'00

0Fixkosten [Fr.] 2'400'00

0Produktionskapazität [Stück] 500

Die CARBAU GmbH möchte mit ihrer Unternehmenstätigkeit eine über dem Durchschnitt der Branche liegende Erfolgssituation (Gewinn) sichern, ein Ziel, das sie auch durch eine entsprechende Marktanteilsstrategie absichern will. Aufgrund der ausgezeichneten Kapitalausstattung des Unternehmens sind Finanzierungsprobleme auch in Zukunft nicht zu erwarten, so dass Liquiditätsaspekte eine untergeordnete Rolle spielen.

Sorge bereitet dem Chef des Unternehmens dagegen eine Entwicklung, die sich seit einiger Zeit abzeichnet. Sowohl ein italienischer als auch ein französischer Produzent von Caravans hat im letzten Jahr ein für das Wintercamping geeignetes Modell auf den Markt gebracht, das von der Fachpresse in mehreren Tests positiv beurteilt wurde. Aufgrund der niedrigeren Lohnkosten dieser Produzenten ist zu vermuten, dass sie auch in den kommenden Jahren ihre Modelle zu günstigen Preisen verkaufen können.

Im EG-Raum, in dem auch die CARBAU ihr Modell anbietet, hat sich das Marktvolumen (das Marktvolumen ist die realisierte (oder prognostizierte) Absatzmenge aller Unternehmungen für ein bestimmtes Produkt) in den letzten Jahren folgendermaßen entwickelt:

Jahr 2000 2001 2002 2003Stück 751 826 909 1'000

Die CARBAU rechnet im Jahr 2004 folgendes:

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Wachstum des Marktvolumens um 10%Schrumpfen des Marktanteils um 20%

(Das Absatzvolumen ist die realisierte (oder prognostizierte) Absatzmenge einer Unternehmung für ein bestimmtes Produkt.

)

Für das Jahr 2004 plant die CARBAU mit den folgenden Alternativen. Dabei geht sie von der folgenden Preis-Absatz-Funktion aus: Preis = – 10 *Absatzmenge + 24'000

1. Alternative: Rückkehr zu einem Schicht-BetriebDie Informationen für 1-Schicht-Betrieb sind in der folgenden Tabelle enthalten:

Produktionskapazität [Stück] 350Variable Kosten [Fr./Stück] 10'000Fixkosten [Fr.] 2'250'00

0

2. Alternative: Verschrottung der alten MaschinenNach Informationen des Produktionsleiters sind die Kosten im Jahr 2003 zu einem wesentlichen Teil dadurch verursacht, dass 1/4 des Maschinenbestandes überaltert ist. Ausgehend von den Daten des Jahres 2003 erhält man durch eine Verschrottung dieser Maschinen die folgende Situation :

Reduktion der Produktionskapazität um 20%Variable Kosten [Fr./Stück] 11'000Verminderung der Fixkosten [Fr.] um 100'000

3. Alternative: RationalisierungsmassnahmenDer Produktionsleiter hat daher schon mehrfach vorgeschlagen, durch Rationalisierungsmassnahmen die Kostensituation zu verbessern. Zu diesem Zweck hat er den folgenden Konzept vorgelegt, durch das eine Senkung der variablen Kosten bei Erhöhung der Produktion möglich wäre. Aufgrund der höheren Abschreibungen auf den erneuerten Maschinenbestand würden hierdurch allerdings die fixen Kosten pro Jahr steigen:

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Produktionskapazität [Stück] 530Variable Kosten [Fr./Stück] 10'500Fixkosten [Fr.] 2'700'00

0

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4. Alternative: FliessfertigungParallel zu diesem Konzept liegt dem Vorstand jedoch auch die Studie eines Unternehmensberaters vor, die eine grundsätzliche Umstellung des Fertigungsverfahrens auf die Fliessfertigung vorschlägt. Durch diese Umstellung würde sich die Kapazität Einheiten erhöhen, die zu niedrigen variablen Kosten herstellbar wären. Die Fixkostenbelastung stiege in diesem Fall aufgrund des umfangreichen Anlagebestandes:

Produktionskapazität [Stück] 600Variable Kosten [Fr./Stück] 8'000Fixkosten [Fr.] 3'600'00

0

5. Alternative: Verbesserung des CaravanmodellsDer Vertriebsleiter des Unternehmens schlägt angesichts der verschärften Konkurrenzsituation in einer Sitzung der Geschäftsleitung erneut ein vor einem Jahr verworfenes Konzept vor, das eine Modifikation und Optimierung des 'Snowstar' nach aerodynamischen Gesichtspunkten durch eine Neugestaltung der Wagenfront vorsieht.

Durch die Produktverbesserung ohne Preiserhöhung wäre der Marktanteil voraussichtlich zu halten. Andererseits aber auch verursachen einmalige zusätzliche Kosten aufgrund der Entwicklungsarbeiten und der Werbekampagne.

Entwicklungsarbeiten [Fr.] 200'000Werbung [Fr.] 100'000Analysieren und bearbeiten Sie das vorliegende Planungsproblem gemäss den verschiedenen Phasen des Planungsprozesses:

1) Welches ist das Ziel der Unternehmung?

2) Kennzeichnen Sie die aktuelle Lage der Unternehmung im Jahr 2003 durch die Berechnung des Gewinns und durch die Break-Even Analyse.

3) Wie gross sind der Marktanteil und das Absatzvolumen im Jahr 2004?

4) Berechnen Sie den Gewinn für jede Alternative.

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5) Bestimmen Sie die gewinnmaximale Alternative.

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5. Beschaffung

Unter Beschaffung werden alle Tätigkeiten verstanden, die darauf gerichtet sind, dem Betrieb die Güter zur Verfügung zu stellen, deren er bedarf, die er aber nicht selbst erzeugt.

Beschaffungsobjekte Spezielle Beschaffungsbegriffe Sachgüter

o Betriebsmittelo Werkstoffeo Waren

Arbeitsleistungen Dienstleistungen Informationen Rechte Kapital

AnschaffungBeschaffung i.e.S. ("Einkauf")

Ein-(An-)stellung

Finanzierung

Probleme bei der Optimierung der Materialwirtschaft sind: 1) Mengenproblem : Damit sich der Produktionsablauf ohne Störungen vollziehen

kann, müssen zum Zeitpunkt des Bedarfs die benötigten Mengen zur Verfügung stehen.

2) Transportproblem : Durch den Transport entsteht die Gefahr von Verspätungen und Qualitätseinbussen.

3) Sortimentsproblem : In der Regel liegt weder Art noch Qualität der zu verwendenden Materialien eindeutig fest. Die Lösung des Sortimentsproblems liegt in der Festlegung anforderungsgerechter Qualitäten für verwendete Werkstoffe und in der Verringerung der Sortimentsbreite und -tiefe.

4) Kapitalproblem : Bei Kapitalknappheit ergibt sich die Notwendigkeit, eine möglichst hohe Umschlagshäufigkeit des Materials zu erreichen.In diesem Zusammenhang wird oft von Kapitalbindungsdauer gesprochen:

5) Zeitproblem : Zeitspanne zwischen Materialbeschaffung und -verwendung, "Timing" von Materialeinkäufen bei schwankenden Preisen, Steuerung von Reifeprozessen während der Lagerung.

6) Kostenproblem : Alle genannten Probleme berühren direkt oder indirekt Kostenaspekte.

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5.1. ABC-Analyse

Es werden 3 Prinzipien unterschieden:

1) Einzelbeschaffung : Das erforderliche Material wird jeweils bei Auftreten eines entsprechenden Bedarfs beschafft.

2) Vorratshaltung : Die Vorratshaltung ist für Güter, die nicht sofort am Markt beschaffbar sind und damit eine gewisse Beschaffungszeit aufweisen, anzuwenden.

3) Lieferung : Die Lieferanten werden mit Hilfe von Lieferverträgen veranlasst, an festen Terminen, die sich durch den Produktionsablauf ergeben, das erforderliche Material zu liefern.

Im Rahmen dieser 3 Prinzipien zur Optimierung des materialwirtschaftlichen Problems erforderlichen Massnahmen wird die ABC-Analyse durchgeführt.

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Übung 3

Eine Unternehmung möchte mit Hilfe einer ABC-Analyse die verschiedenen, im Produktionsprozess eingesetzten Materialien klassifizieren, um Anhaltspunkte für eine effizientere Materialwirtschaft und Bestellmengenplanung zu finden. Folgende Materialliste liegt vor:

Nr. Verbrauch pro Jahr (ME) Preis pro Mengeneinheit (Fr)1 120 2802 15'000 1.703 1'000 2.74 4'000 1.85 600 5.86 30'000 0.087 18'000 0.058 20'000 0.089 500 8.5

10 100 23

Führen Sie eine ABC-Analyse durch! Gehen Sie davon aus, dass die Kategorie der A-Materialien insgesamt ca. 70% Anteil am Gesamtwert des Materialverbrauchs erreichen soll, während analog die Kategorie der B-Materialien ca. 18% und die der C-Materialien ca. 12% vom Gesamtwert ausmachen sollen. Stellen Sie graphisch das ABC-Profil dar!

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5.2. Planung des Materialbedarfs

Die Materialbedarfsplanung besteht darin, die Art und Menge der Materialien bei vorgegebenem Produktionsprogramm festzulegen.

Für die Ermittlung der Materialbedarfsmenge bei gegebenem Sortiment können 2 Verfahren angewandt werden: die programmgebundene Bedarfsplanung und die verbrauchsgebundene Bedarfsplanung.

a) Bedarfsplanung für Hilfs- und Betriebsstoffe

Bei Hilfs- und Betriebsstoffen ist die benötigte Menge pro Produkt nicht genau feststellbar. Aus diesem Grund benötigt man genaue Kenntnisse des Materialverbrauchs in der Vergangenheit. Hilfsmittel der verbrauchsgebundenen Bedarfsplanung sind zum einen korrekt geführte Materialbestandsrechnungen, zum anderen sind leistungsfähige Prognoseverfahren unentbehrlich. (vgl. 5.3.2.Bedarfsbestimmung)

b) Bedarfsplanung für hochwertige Erzeugnishauptstoffe

Für Rohstoffe, Fertig- und Halbfabrikate muss der Materialbedarf unmittelbar aus dem Produktionsprogramm abgeleitet werden. Dabei stehen folgende Hilfsmittel zur Verfügung:

Stücklisten sind Verzeichnisse, in denen die genaue strukturelle und mengenmässige Stoffzusammensetzung eines Erzeugnisses festgehalten wird.

Rezepte sind Fertigungsvorschriften in Betrieben der chemischen Industrie und geben die Materialzusammensetzung und den Herstellungsablauf an.

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Mit Hilfe des Gozinto-Graphen kann der Materialbedarf ermittelt werden.

Der Bedarf kann auch mittels Matrizenrechnung bestimmt werden. Dazu wird im Allgemeinen zuerst die Direktbedarfsmatrix bestimmt und per Umformung die Gesamtbedarfsmatrix hergeleitet.

a) Bestimmung der Direktbedarfsmatrix D:

3

1

4 6

22 1

4

5

3

1

2

1

0 0 0 1 0 0

0 0 0 0 3 4

0 0 0 2 0 0

0 0 0 0 1 2

0 0 0 0 0 1

0 0 0 0 0 0

D

nach

von

Primärbedarf = Absatzmengen + interne Bedarfe + geplanter Lageraufbau

Gesamtbedarf = Primärbedarf + abgeleitete Bedarfe D·

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b) Herleitung der Gesamtbedarfsmatrix:

3

1

4 6

22 1

4

5

3

1

2

1

100113

010037

001226

000113

000011

000001

G

Somit in beiden Methoden: Gesamtbedarf Teil 4 (für 1 Stück Teil 1) = 2·2 + 2·(1·1) = 6

Übung 4

In einem chemischen Prozess wird ein Produkt F hergestellt. Zur Produktion dieses Stoffes werden drei Rohstoffe eingesetzt, die zu drei Zwischenprodukten weiterverarbeitet werden, aus denen dann das Endprodukt hergestellt wird.

Das Zwischenprodukt Z1 wird aus 2 Teilen R1 und 3 Teilen R2 produziert, in das Zwischenprodukt Z2 gehen 1 Teil von Z1 sowie 2 Teile des Rohstoffs R3 ein. Das Zwischenprodukt Z3 setzt sich aus 1 Teil R3, 2 Teilen Z1 sowie 2 Teilen Z2

zusammen, aus 3 Teilen Z3 sowie 2 Teilen Z2 wird dann schliesslich das Endprodukt F produziert.

1) Stellen Sie den Gozinto-Graphen zur Ermittlung des Materialbedarfs auf!2) Ermitteln Sie den Gesamtbedarf der Rohstoffe und Zwischenprodukte!

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Übung 5

Berechnen Sie den Gesamtbedarf(-svektor) mit der graphenorientierten Methode und mit der Matrixmultiplikation, für den folgenden Gozinto-Graphen. Die primären Bedarfe bei den Knoten 4, 8 und 5 sind: 100, 10 und 5. Sie sind bei den übrigen Knoten gleich 0.

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5.3. Materialbeschaffungsplanung

Die Materialbeschaffungsplanung besteht darin, die Bestellmengen (Beschaffungsmengen) und die Bestellzyklen festzulegen, so dass die Lagerkosten, Bestellkosten und die Verzugskosten minimiert werden.

Ein Lager ist eine Art Puffer zwischen Lieferant und Abnehmer. Es ist erforderlich, weil Lieferung und Verwendung der Ware nicht in gleichem Rhythmus erfolgen und die zeitliche Phasenverschiebung ausgeglichen werden muss. Der Lagerbestand an Rohstoffen, Halb- und Fertigfabrikaten, ist einmal, bedingt durch Lieferverzögerungen und Bedarfsänderungen, grossen Schwankungen unterworfen, und zum anderen tragen die gegensätzlichen Interessen einzelner Abteilungen eines Unternehmens je nach dem Durchsetzungsvermögen dieser Abteilungen zu den Schwankungen bei.In einem Unternehmen sind folgende Tendenzen in den einzelnen Abteilungen hinsichtlich der Lagerpolitik festzustellen:

1) Die Verkaufsabteilung strebt ein hohes Lager an Fertigerzeugnissen an, um jederzeit jeden Kundenwunsch kurzfristig erfüllen zu können.

2) Der Einkauf ist bestrebt, der Fertigung rechzeitig die benötigten Qualitäten und Quantitäten der einzelnen Rohstoffe und Zulieferteile bereitzustellen; dies geht um so einfacher, je grösser das Rohstoff- und Kaufteilelager ist. Ausserdem tendiert man zu grossen Bestellmengen, um Preis- und Liefervorteile zu erhalten.

3) Die Fertigungsabteilungen zielen auf grösste Wirtschaftlichkeit und sind deshalb daran interessiert, eine möglichst grosse Menge eines Typs oder Produktes zusammenhängend zu fertigen, weil damit die Rüstkosten auf eine grosse Stückzahl verteilt werden und der Fertigungsfluss nicht so oft unterbrochen wird. Dies verursacht natürlich höhere Lagerbestände, und die durchschnittliche Lagerdauer wird entsprechend länger.

4) Die Finanzabteilung wird dagegen einer Lagervergrösserung meist energisch widersprechen und zu bedenken geben, dass in den Lagervorräten erhebliche Kapitalien gebunden sind, die zu anderen betrieblichen Zwecken nicht mehr zur Verfügung stehen. Dieses Kapital könnte man unter Umständen an einer anderen Stelle mit hoher Verzinsung einsetzen, während es auf dem Lager nicht nur nichts bringt, sondern durch Korrosion und Überalterung noch an Wert verlieren kann und ausserdem Platz und Wartung beansprucht.

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5.3.1. Kosten

Ein Lagerhaltungssystem ist ein System, bei dem nur die folgenden 3 Kostenarten von Bedeutung sind: Lagerkosten, Fehlmengenkosten, Beschaffungskosten.Die 3 Kostenarten sind im allgemeinen eng miteinander verbunden. Wenn die Kosten einer Art verringert (erhöht) werden, dann können sich die Kosten in einer der 2 anderen Arten oder in beiden anderen Arten erhöhen (verringern).Die Beschaffungskosten bestehen aus: 1) fixen Beschaffungskosten c k, die aus der Bestellung resultieren

(Verwaltungskosten, Transportkosten, Entladekosten, usw...) und unabhängig von der Bestellmenge sind.

2) variablen Beschaffungskosten c v, die mit der Bestellmenge variieren z.B. Einkaufspreis pro Mengeneinheit.

Die Lagerkosten bestehen aus: 1) den durchschnittlichen Kosten h für das im Lager gebundene Geld. Sie sind als

Wert pro Mengeneinheit und Zeiteinheit entscheidungsrelevant. In der Regel nimmt die Unternehmung Kredit mit einem bestimmten Zinssatz i % auf, um die Beschaffungskosten zu finanzieren. Da die entscheidungsrelevanten Lagerkosten abhängig von der Zeit und von der Menge ab, sind sie gleich i%*variable Beschaffungskosten cv.

2) den Kosten h1 für Lagerraum, Versicherung der Lagergüter usw..., die als Wert pro Zeiteinheit nicht entscheidungsrelevant sind.

Die Fehlmengenkosten sind gewöhnlich am schwierigsten zu bestimmen: Kosten für Überstunden, Kosten aus Verlust von bestimmtem Absatz, Kosten aus Verlust der Gunst des Käufers, Kosten aus Verlust der Kunden, spezielle Verwaltungskosten usw...

Merke: Da die Unternehmung Produkte herstellt und diese in der Regel lagert, bevor sie sie verkauft, können wir das oben beschriebene Lagermodell für die Produktion verwenden. Dabei haben wir anstatt der Beschaffungskosten die Produktionskosten. Diese setzen zusammen aus: 1) fixe Produktionskosten , die unabhängig von der Produktionsmenge sind (z.B.

Umrüstkosten)

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2) variable Produktionskosten , die mit der Produktionsmenge variieren (z.B. Fertigungseinzellöhne).

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5.3.2. Bedarfsbestimmung

Die Ermittlung des Bedarfs an Rohstoffen und Fremdteilen ist für den reibungslosen Fertigungsprozess von ebenso ausschlaggebender Bedeutung wie die Ermittlung des Bedarfs an Fertigprodukten für die ständige Lieferbereitschaft.

Man spricht von deterministischem Bedarf, wenn der Bedarf in den einzelnen Perioden vorherbestimmt d.h. zahlenmässig bekannt ist.

Stochastischer Bedarf bedeutet demgegenüber, dass der Bedarf zufälligen, statistischen Schwankungen unterworfen ist; in diesem Fall wird versucht, aus den Vergangenheitswerten auf den zukünftigen Bedarf zu schliessen, d.h. den Bedarf zu prognostizieren, wobei Trends und saisonale Schwankungen berücksichtigt werden müssen.

Vielfach wird bei den Vorhersagen über Bedarf oder Nachfrage mit Mittelwerten (Durchschnitten) der Vergangenheitswerte gearbeitet; dadurch werden zufällig grosse Schwankungen ausgeglichen und der Kurvenverlauf geglättet.

Verwendet werden hier ausser dem arithmetischen Mittelwert insbesondere:

1) der gleitende Durchschnittswert über mehrere Perioden, wobei die Periodenzahl konstant bleibt; je kleiner die Periodenanzahl, um so schneller reagiert der gleitende Durchschnitt auf die Schwankung.

2) der gewogene Durchschnitt, wobei den jüngsten Vergangenheitswerten ein grösseres Gewicht beigemessen werden kann; man wähle die Gewichte so, dass ihre Summe gleich 1 wird.

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Übung 6

Während der letzten 4 Monate wurden folgende Lagerabgänge notiert:

Monat 1 2 3 4

Lagerabgang 100 90 80 110

Es sind Prognosen für den voraussichtlichen Lagerabgang im Folgemonat anzustellen. Man bestimmt1) den gleitenden Durchschnitt über je 4 Monate,2) den gewogenen gleitenden Durchschnitt über je 4 Monate mit der Gewichtung

0.1, 0.2, 0.3, 0.4,

Monat Abgang Gleitender Durchschnitt

Gewogener Durchschnitt

Exponentielle Glättung

1 100 100

2 90

3 80

4 110

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5.3.3. Lagerhaltungsstrategien

Das Problem der optimalen Lagerhaltung wird durch folgende Zielsetzungen bestimmt:

1) Frühzeitige Bedarfsermittlung,

2) Sicherung hoher Lieferbereitschaft (Kurze Lieferzeiten),

3) Wirtschaftliche Lagerhaltung (Minimierung der Kosten).

Die Grundfragen jeder Lagerdisposition sind:

1) Wann soll bestellt werden? (Bestellzeitpunkt, Bestellintervall)

2) Wieviel soll bestellt werden? (Bestellmenge)

3) Wie hoch darf der durchschnittliche Lagerbestand sein?

4) Wie sollen die Bedarfsschwankungen ausgeglichen werden? (Sicherheitsbestand)

5) Mit welcher Wahrscheinlickeit wird der Bedarf befriedigt? (Lieferbereitschaft, Servicegrad)

Die verschiedenen Lagerhaltungsstrategien unterscheiden sich durch unterschiedliche Beantwortung dieser Grundfragen, wobei jedoch stets die Minimierung der Kosten angestrebt wird.

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5.3.3.1. Ein deterministisches statisches Modell (Harris-Wilson)

1) Modellablauf

q: Bestellmenge tp: Planungshorizont t: Bestellzyklus r: Gesamter Bedarf in tp

q = r

2) Die gesamten Kosten K(q) im Planungszeitraum tp sind:

3) Die zu minimierenden gesamten entscheidungsrelevanten Kosten K*(q) im Planungszeitraum tp sind:

4) Die kostenminimale Bestellmenge ist:

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Übung 7

Die Firma Thoreau AG sieht sich mit der erfreulichen Tatsache konfrontiert, dass sich ihr Absatz von qualitativ hochwertigen Teilen für Autotüren im letzten Jahr massiv erhöht hat. Dadurch stieg auch der monatliche Bedarf an Stahlteilen auf 2'500 Stück an. Die Geschäftsleitung möchte deshalb neue Kalkulationsgrundlagen haben und gibt Ihnen den Auftrag, diese für den Einkaufs- und Lagerbereich zu erstellen.1) Gemäss Ihren Informationen beträgt der Verwaltungsaufwand pro Bestellung 30

Fr. und der Einkaufspreis pro Stahlteil 48 Fr. Wie hoch ist die optimale Bestellmenge bei einem jährlichen Lagerkostensatz von 15 % ?

2) Wie häufig muss pro Jahr bestellt werden ?3) Wie hoch sind die minimalen Stückkosten (k) pro bestelltes Stahlteil ?

Übung 8

Der Weinhändler Pierre Notus hat sich in den letzten Jahren zunehmend auf den Verkauf einer bestimmten Weinsorte spezialisiert. Er kann diese Weine günstiger als die Konkurrenz anbieten, da er sie direkt von einer lokalen Winzergenossenschaft bezieht und sie mit einem für diesen Zweck jeweils gemieteten Fahrzeug transportiert.Herr Notus bestellt regelmäßig eine neue Lieferung von 800 Kartons à 6 Flaschen, so dass die Ladekapazität des gemieteten Fahrzeuges voll ausgelastet ist. Da Herr Notus das Fahrzeug auch für die Hinfahrt zum Transport von Leergut nutzt, zahlt er als Miete eine Grundgebühr von 188.80 Fr. pro Tag sowie für jeden gefahrenen km 0.70 Fr.. Das Fahrzeug verbraucht ca. 15 l Diesel pro 100 km, für den zur Zeit 1.20 Fr. pro Liter zu zahlen sind. Die Entfernung von Verkaufort bis zum Dorf der Winzergenossenschaft beträgt 120 km.Als die Bank von Herrn Notus den Zins für den Überziehungskredit, der ihm als Finanzierungsquelle zur Verfügung steht, auf 10% pro Jahr erhöht, beginnt er darüber nachzudenken, ob sein Bestellverhalten wirtschaftlich ist. Die einzelnen Lieferungen, für die er 10 Fr. pro Flasche bezahlt, muss er voll über diesen Kredit finanzieren; er kann diese Lieferungen relativ gleichmäßig mit 100 Kartons pro Monat verkaufen.Bestimmen Sie die optimale Bestellmenge für Herrn Notus! Welche Kosten pro Karton ergeben sich bei dieser optimalen Bestellmenge?

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Übung 9

Ein Unternehmung stellt Tierfutter her. Das Futter wird in einem Mischvorgang aus unterschiedlichen Grundsubstanzen losweise erstellt. Die Nachfrage nach dem Futter ist gleich 500 Sack pro Tag. Die Auslieferung erfolgt ab Lager.

Die Produktion wird von einem Vorarbeiter als Maschinenführer (Arbeitszeit: 8 Std/Tag, Lohn: 4'000 Fr./Monat) und 2 im Stundenlohn beschäftigten Hilfskräften (Lohnsatz: 8 Fr./Std) durchgeführt, die für die Zuführung der Grundsubstanzen und den Transport der Säcke ins Lager sorgen. Die Löhne für die beiden Hilfskräfte werden auf der Basis von geleisteten Maschinenstunden ermittelt, die die Laufzeiten und die Umrüstzeiten der Mischanlage umfassen.

Bei jeder Produktion muss der Mischer gereinigt und der Abfüllautomat neu eingestellt werden. Die Arbeiten werden auch von den Hilfskräften durchgeführt, die dafür 1 Std benötigen. Dabei muss auch jedesmal ein neuer Filter für 34 Fr . eingesetzt werden.

Die Kosten- und Preissituation ist wie folgt:Materialkosten: 4.89 Fr./SackLohnkosten: 0.11 Fr./SackFixe Fertigungsgemeinkosten: 600 Fr.Absatzpreis: 15 Fr./Sack

Das Unternehmen hat Kredite zu 10% pro Jahr für die Herstellkosten aufgenommen. (250 Tage = 1 Jahr).

1) Bestimmen Sie die Kosten pro Umrüstung ck und die Lagerkosten h.

2) Berechnen Sie die optimale Bestellmenge (Losgrösse).

32

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5.3.3.2. Kennzahlen von Lagerhaltungssystemen

In der Praxis werden oft folgende Kenngrössen zur Bewertung von Lagerhaltungssystemen verwendet:

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6. Produktion

Die Teilpläne der Produktionspolitik sind: Produktionsdurchführungsplanung, die Produktionsprogrammplanung, die Betriebsgrössenplanung.

Von kurzfristiger Produktionsplanung wird gesprochen, wenn Entscheidungen die Kapazität des Betriebes als gegeben hinnehmen. Hierzu zählt die Produktionsdurchführungs- und die operative Programmplanung.

Dagegen liegt langfristige Produktionsplanung dann vor, wenn die Kapazität, also die Ausstattung eines Betriebes mit Betriebsmitteln und Arbeitskräften, auch zur Variablen wird. Mit der langfristigen Produktionsplanung werden damit gleichzeitig stets Investitionsprobleme angesprochen, die sich deutlich von den Problemen kurzfristiger Produktionsplanung unterscheiden. Das gilt sowohl für die (langfristige) Betriebsgrössenplanung, die die Festlegung des Kapazitätsvolumens zum Gegenstand hat, als auch für die langfristige Produktionsprogrammplanung, die sich mit Fragen einer zielsetzungsgerechten Produkt- und Fertigungsstruktur beschäftigt.

Die (kurzfristige) Produktionsdurchführungsplanung umfasst vier Teilpläne:1) Aufgabe der Produktionsaufteilungsplanung ist es festzulegen, welche

Produktionsfaktoren in welchen Mengen, wie lange und mit welcher Intensität einzusetzen sind, um eine gegebene Produktionsmenge bzw. ein gegebenes Produktionsprogramm mit minimalen Produktionskosten zu erstellen.

2) Wenn auf einer Produktionsanlage hintereinander unterschiedliche Produktarten hergestellt werden sollen, kommt der Auftragsgrössenplanung die Aufgabe zu, die Grösse und Reihenfolge der Fertigungsaufträge so festzulegen, dass die gegebene Bedarfsmenge aller Produktarten im Planungszeitraum mit minimalen Kosten (zusammengesetzt aus Umrüstungs- und Lagerkosten) produziert wird. Die Problemstellung und -lösung entspricht in etwa dem, was zur Bestellmengenoptimierung im Rahmen der Materialbereitstellungsplanung ausgeführt wurde.

3) Aufgabe der zeitlichen Produktionsverteilungsplanung ist es, die Produktionsmengen in den einzelnen Teilzeiträumen der Planungsperiode so mit den Absatzmöglichkeiten abzustimmen, dass das Fertigungsprogramm mit minimalen Kosten für Produktion und Lagerung der Fertigerzeugnisse bis zum Zeitpunkt ihres Absatzes durchgesetzt werden kann.

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4) Gegenstand der zeitlichen Ablaufplanung schliesslich ist es festzulegen, in welcher zeitlich durchsetzbaren Reihenfolge welche Aufträge auf welchen Anlagen unter Einsatz welcher Arbeitskräfte zu produzieren sind, damit im Rahmen eines mehrstufigen Produktionsprozesses die Kosten für die Zwischenlagerung der Erzeugnisse und für die ablaufbedingten Stillstandszeiten der Anlagen minimiert werden.

Die Problemstellung kann wie folgt umschrieben werden: Der Ablaufplan mit minimalen (ablaufbedingten) Stillstandszeiten der Aggregate auf den einzelnen Produktionsstufen weicht in der Regel von dem Plan ab, bei dem das Minimum der Durchlaufzeit erreicht wird. Der nach dem Kriterium minimaler Stillstandszeiten aufgestellte Maschinenbelegungsplan wird sich dabei regelmässig durch höhere Zwischenlagerzeiten und -kosten auszeichnen als der nach dem Kriterium minimaler Durchlaufzeit aufgestellte Plan. Bei letzterem wird andererseits mit höheren Stillstandszeiten bei den verschiedenen Aggregaten zu rechnen sein. Aus dieser gegenläufigen Entwicklung von Durchlaufzeit und Stillstandszeit resultiert das Dilemma der Ablaufplanung.

Wie ersichtlich ist den einzelnen Teilplanungen der Produktionsdurchführung gemeinsam, dass Optimierungsüberlegungen ausschliesslich unter Kostengesichtspunkten geführt werden. Für eine Optimierung der Produktionsprogrammplanung, gleich ob sie kurz- oder langfristig orientiert ist, reichen Kostenüberlegungen allein allerdings grundsätzlich nicht aus. Hier sind zusätzlich stets auch die Auswirkungen auf die Erlöse zu berücksichtigen, was den Übergang zu einer gewinnorientierten Zielsetzung bedingt.

Die Aufgabe der insofern über die Produktionsdurchführungsplanung hinausgehenden Produktionsprogrammplanung ist es nun, im einzelnen festzulegen, welche Erzeugnisse, in welchen Mengen, unter Einsatz welcher Produktionsprozesse (Aggregate und/oder Intensitätsstufen) im Planungszeitraum zu produzieren sind, um den Gewinn (oder die Rentabilität) zu maximieren bzw. allgemein, um vorgegebene Erfolgsziele bestmöglich zu realisieren.

Dabei kann grundsätzlich zwischen1) strategischer Programmplanung (Auswahl der strategischen Produktfelder bzw.

Geschäftsbereiche und Entscheidung über die Produktionstiefe) und2) operativer Programmplanung (Bestimmung des endgültigen

Produktionsprogramms nach Art und Menge) unterschieden werden.

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6.1. Operative Produktionsprogrammplanung

Die Kostenrechnung muss in einer modernen Betriebswirtschaftslehre immer mehr ihrer Funktion gerecht werden, Unterlagen - insbesondere Kosteninformationen - für den betrieblichen Entscheidungsprozess bereitzustellen.

Dieser Funktion kann die Vollkostenrechnung mit ihrer als Zuschlagskalkulation aufgebauten Kostenträgerrechnung häufig nicht gerecht werden, da die primär aus Fixkosten bestehenden Gemeinkosten über Verteilungsschlüssel den einzelnen Kostenträgern zugeschlagen werden und diese Vorgehensweise grundsätzlich gegen das Verursacherprinzip verstösst. Eine Kostenträgerrechnung auf Vollkostenbasis kann in Programm- und Absatzpolitik zu Fehlentscheidungen führen, da die Selbstkosten geschlüsselte Fixkosten enthalten, die beschäftigungsunabhängig und in ihrer Höhe für den einzelnen Kostenträger nicht direkt erkennbar sind. Mit der Festlegung der Verteilungsschlüssel für diese Gemeinkosten werden die produktions- und absatzpolitischen Entscheidungen vielmehr in eine ganz bestimmte Richtung gelenkt, ohne dass diese Verzerrung dem Entscheidungsträger in der Regel voll bewusst wird.

Beispiel 1

Produkt Erlös [Fr](1)

Variable Kosten [Fr]

(2)

Fixe Kosten [Fr](3)

Selbstkosten[Fr]

(4) = (2) + (3)

Gewinn[Fr]

(5) = (1) - (4)

1 48'000 30'000 8'000 38'000 10'0002 27'000 17'000 15'000 32'000 - 5'0003 39'100 25'500 4'500 30'000 9'1004 46'800 28'800 6'200 35'000 11'800 160'900 101'300 33'700 135'000

Würde auf der Grundlage obiger Tabelle das Produkt 2 aus dem Sortiment herausgenommen, so würde der Erlös in Höhe von 27'000 Fr fortfallen; die Kosten in Höhe von 32'000 Fr könnten jedoch nicht voll abgebaut werden, da in diesem Betrag anteilige fixe Kosten enthalten sind, die bei einem Beschäftigungsrückgang auch weiterhin anfallen würden (Mieten, Gehälter, Versicherungen, Zinsaufwendungen u.a.). Bei einer Selbstkostenrechnung auf Vollkostenbasis ist es jedoch nicht möglich, ohne zusätzliche Analysen die nicht abbaubaren Kosten für diese Entscheidungssituation sichtbar zu machen. Aus diesen grundsätzlichen Schwächen

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der Vollkostenrechnung für den betrieblichen Entscheidungsprozess heraus wurde der Grundgedanke der Deckungsbeitragsrechnung entwickelt.Die Deckungsbeitragsrechnung hat in den vergangenen Jahren auch in die Praxis immer mehr Eingang gefunden und an Bedeutung gewonnen. Dies ist einerseits auf ein grösseres Kostenbewusstsein zurückzuführen und liegt andererseits an der Erkenntnis, dass die Deckungsbeitragsrechnung aufgrund ihrer Grundkonzeption vielseitig modifizierbar und damit auf unterschiedlichste Problemsituationen anwendbar ist.Die Deckungsbeitragsrechnung geht von der Grundüberlegung aus, dass bei der Entscheidungsfindung grundsätzlich nur die Kosten berücksichtigt werden dürfen, die in ihrem Anfall bzw. in der Höhe ihres Anfalls von der Lösung dieser Entscheidungssituation abhängig sind.Unter dem Oberbegriff der Deckungsbeitragsrechnung können somit Verfahren der Kosten- und Leistungsrechnung subsummiert werden, die abweichend von der Vollkostenrechnung nur einen Teil der Kosten - die entscheidungsabhängigen Kosten - erfassen; die Deckungsbeitragsrechnung ist somit ein Teilkostenrechnungsverfahren.Bei der Anwendung der Deckungsbeitragsrechnung in der Produktions- und Absatzplanung ist eine Differenzierung zwischen fixen und variablen Kosten unabdingbare Voraussetzung. Auf obiges Beispiel angewendet, würde die folgende Tabelle eine der Deckungsbeitragsrechnung entsprechende Entscheidungsgrundlage liefern.

Produkt Erlös [Fr](1)

variable Kosten [Fr](2)

Deckungsbeitrag (DB) [Fr](3) = (1) - (2)

1 48'000 30'000 18'0002 27'000 17'000 10'0003 39'100 25'500 13'6004 46'800 28'800 18'000 160'900 101'300 59'600

Gewinn = DB - Kfix = 59'600 - 33'700 = 25'900

Das Erzeugnis 2 trägt somit noch 10'000 Fr der Kosten, die unabhängig von der Problementscheidung anfallen. Dieser Beitrag, den ein Erzeugnis zur Deckung der von der Entscheidung unabhängigen Kosten und zur Gewinnerzielung leistet, wird als gesamter Deckungsbeitrag bezeichnet. Der stückbezogene Deckungsbeitrag (Verkaufspreis p - variable Kosten kv) wird auch Deckungsspanne genannt.Würde das Erzeugnis 2 bei der erwarteten Datenkonstellation aus dem Programm genommen, so würde der Gewinn um 10'000 Fr auf 15'900 Fr sinken (unter der

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Voraussetzung, dass keine sonstigen Interdependenzen wie z.B. absatzmässige Verflechtungen zu berücksichtigen sind).

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6.2. Optimales Produktionsprogramm mit einem Engpass

a) Eigenfertigung Liegt kein Kapazitätsengpass vor, so wird in der kurzfristigen Programmplanung das gewinnmaximale Produktions- und Absatzprogramm realisiert, wenn alle Erzeugnisse mit einem positiven absoluten Deckungsbeitrag (Verkaufspreis p - variable Kosten kv) produziert und abgesetzt werden. Liegt dagegen ein Engpass vor, so hat sich die Planung am Engpass zu orientieren. Wird die Kapazität des Engpasses in ZE/ME (ZE: Zeiteinheit, ME: Mengeneinheit) gemessen, so werden die Erzeugnisse entsprechend der Reihenfolge ihres Deckungsbeitrages (DB) je Kapazitätseinheit in das Produktionsprogramm aufgenommen; dieser auf eine Kapazitätseinheit bezogene Deckungsbeitrag wird als relativer Deckungsbeitrag bezeichnet.

, wobei aj: Produktionskoeffizient [ZE/ME] des Produktes j.

Der relative DB eines jeden Produktes gibt den DB einer Engpasseinheit an, wenn sie für das entsprechende Produkt eingesetzt wird. Ein Erzeugnis mit einem höheren relativen DB ist einem Erzeugnis mit niedrigerem relativem DB somit vorzuziehen.

Übung 10

Die für die Programmplanung relevante Datenkonstellation bei einem Mehrproduktunternehmen wird für die Planungsperiode wie in der folgenden Tabelle erwartet.

Produkt 1 2 3 4Verkaufspreis p [Fr/ME] 32 54 46 39Variable Kosten kv [Fr/ME] 20 34 30 24Maximale Absatzmenge [ME] 1'500 500 850 1'200DB [Fr/ME]Produktionskoeffizient aj [ZE/ME] 1 5 2 3Relativer DB [Fr/ZE]Rangfolge

39

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Engpassabteilung: 6'200 ZE

Rang Produkt Produktions- und Absatzmenge [ME]

Beanspruchte Kapazität [ZE]

DB [Fr]

b) Fremdbezug

Wird die Überlegung um die Möglichkeit erweitert, die Erzeugnisse in gleicher Qualität bei anderen Unternehmen fremdzubeziehen, so kann die Entscheidung bei einem programmabhängigen Engpass ebenfalls ohne grössere Schwierigkeiten mit Hilfe der relativen Deckungsbeitragsrechnung gefunden werden, wenn keine sonstigen Überlegungen - wie z.B. Fristigkeit der Entscheidung, Abhängigkeitsverhältnis zum Lieferanten, Weitergabe von technischem know-how - in die Betrachtung einbezogen werden müssen.

Bei der Entscheidung über Fremdvergabe oder Eigenfertigung ist zunächst der Einstandspreis e des Lieferanten mit den variablen Stückkosten bei Eigenfertigung zu vergleichen. Im Falle e < kv ist das Erzeugnis fremdzubeziehen. Für die Erzeugnisse e > kv ist Fremdbezug teurer als Eigenfertigung. Diese Produkte haben somit bei Eigenfertigung eine Kostenersparnis in Höhe von e - kv

und konkurrieren um die knappe Kapazität im Engpassbereich. Die Engpasskapazität ist nun wiederum in der Reihenfolge der Kostenersparnis je ZE den einzelnen Erzeugnissen zuzuteilen. Die Entscheidungsgrundlage bildet die relative Kostenersparnis.

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Page 41: Skript BW2 2008

Übung 11

Produkt 1 2 3 4Verkaufspreis p [Fr/ME] 32 54 46 39Variable Kosten kv [Fr/ME] 20 34 30 24

Maximale Absatzmenge [ME] 1'500 500 850 1'200Einkaufskosten [Fr/ME] 21 49 34 31.5Ersparnis [Fr/ME]Produktionskoeffizient aj [ZE/ME] 1 5 2 3

Relative Kostenersparnis [Fr/ZE] 1 3 2 2.5Rangfolge

Bei einem Kapazitätsengpass von ebenfalls 6'200 ZE/Periode ergibt sich folgendes Ergebnis:

Rang Produkt Produktions- und

Absatzmenge [ME]

Beanspruchte Kapazität

[ZE]

Fremdbezug [ME]

DB [Fr]

Der Gewinn konnte durch die Berücksichtigung von Fremdbezugsmöglichkeiten um 9'300 Fr gesteigert werden.

41

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Übung 12

Ein Unternehmen der Reifenindustrie stellt 3 Sorten von Reifen her. Die Kapazität der Produktionsanlage ist begrenzt und beträgt 600 Maschinenstunden pro Monat. Wenn das Unternehmen ausschliesslich Reifen einer Sorte herstellen würde, dann ergäben sich folgende Produktions- und Absatzmengen:

Reifen A: 50'000 ME (83.33 ME/Std.)Reifen B: 40'000 ME (66.66 ME/Std.)Reifen C: 30'000 ME (50.00 ME/Std.)

Im Rahmen der Kosten- und Erlösplanung wird davon ausgegangen, dass sich die Kosten- und Erlössituation auch im kommenden Monat nicht verändern wird und genau wie zur Zeit durch folgende Daten beschrieben ist:

Produkt A B CPreis [Fr./ME] 750 820 910Variable Kosten [Fr./ME] 660 720 800Produktionsmenge [ME] 25'000 13'332 5'000

Die fixen Kosten betragen monatlich 4'266'600 Fr.

1) Berechnen Sie den derzeitigen Erfolg der Unternehmung pro Monat!2) Das Unternehmen praktizierte bislang eine Vollkostenrechnung und verteilte die

Gemeinkosten mit Hilfe einer Zuschlagskalkulation auf die Produkte. Daraus resultierte folgende Situation:

Produkt A B CGesamtkosten [Fr./ME] 780 770 920

Die Unternehmungsleitung hat beschlossen die Produktion der nach Vollkostenkalkulation ungünstigsten Produkte einzustellen und nur jenen Reifen zu fertigen, der positiven Gewinn erbringt. Wie verändert sich das Unternehmensergebnis durch diese Massnahmen?

3) Bestimmen Sie das optimale Produktionsprogramm für das Unternehmen!

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Übung 13

In einer Unternehmung wird neben anderen Produkten A, B, C, D den Teil S produziert, der nur entweder hergestellt oder zugekauft werden muss. Der Fall mit Eigenerstellung und Fremdbezug des Teils S gleichzeitig ist ausgeschlossen.

A B C D SProduktions– und /oder Absatzmenge [ME]

500 400 600 350 700

Verkaufspreis [Fr./ME] 18 25 15 20Gesamte variable Kosten [Fr.] 2'800 5'200 2'100 2’450 6’300Fertigungszeit [Minute/ME] 8 15 5 10 10Kaufpreis [Fr./ME] 23

Kapazität der Maschine [Minute] 16'500Fixe Kosten [Fr.] 17'450

Soll das zusätzliche Teil eigengefertigt oder zugekauft werden? Bestimmen Sie das optimale Produktionsprogramm!

Übung 14

Ein Elektrounternehmen kann 4 Typen eines Autoradios produzieren. Zur Montage stehen dem Unternehmen 3 Fertigungsstrassen zur Verfügung, die zur Produktion eines jeden Typs eingesetzt werden können. Die variablen Kosten pro Zeiteinheit (ZE) sind für die Montagestrassen unabhängig vom produzierten Typ; aufgrund eines unterschiedlichen Automatisierungsgrades der Strassen betragen sie für die Strasse 1: 40 Fr/ZE, für 2: 35 Fr/ZE und für 3: 30 Fr/ZE. Alle Montagestrassen weisen jeweils eine Kapazität von 21'000 ZE/Monat auf.

Autoradiotyp A B C DPreis [Fr/ME] 360 550 700 860Maximale Absatzmenge [ME] 7'000 9'000 4'000 2'000Variable Materialkosten [Fr/ME] 245 280 430 500Produktionszeit [ZE/ME] 3 3 4 4.5

Man bestimmt das optimale Produktionsprogramm!

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6.3. Optimales Produktionsprogramm mit mehreren Engpässen

Die relative Deckungsbeitragsrechnung findet in der oben dargestellten Form ihre Grenze, wenn nicht nur ein programmabhängiger, sondern mehrere programmabhängige Engpässe gegeben sind. Für obige Datensituation kann unter Berücksichtigung des Grundgedankens des Deckungsbeitrages mit Hilfe der linearen Programmierung eine Lösung erreicht werden.

Übung 15

Es gilt die gleiche Datenkonstellation wie im Beispiel mit Fremdbezugsmöglichkeiten, jedoch sind zusätzlich noch folgende Kapazitäten und Produktionskoeffizienten zu berücksichtigen.

Produkt Stufe I Stufe II Stufe III Stufe IV1 1 2.0 1.0 42 5 3.0 0.5 23 2 2.0 0.2 34 3 0.5 1.2 1Stufenkapazität [ZE/ME]

6'200 4'800 2'200 7'100

Formulieren Sie das Problem mathematisch! Wie lautet das optimale Produktionsprogramm?

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7. Marketing

7.1. Marketingforschung

Die Hauptaufgabe der Marketingforschung ist die zielbezogene und planmässige Informationsgewinnung und - aufbereitung zur Lösung von Marketing-Problemen. Die Marketingforschung im weiteren Sinne lässt sich in eine interne Marketingforschung und eine externe Marketingforschung unterteilen. Gegenstände einer internen Marketingforschung sind beispielsweise Vertriebskostenrechnungen, Lagerkapazitäten, Logistik, Qualität der Aussendienstmitarbeiter. Gegenstände einer externen Marketingforschung sind beispielsweise die Absatzmarktforschung (Marktpotential, Marktvolumen, Absatzpotential) und die Beschaffungsmarktforschung (Arbeitsmarkt, Kapitalmarkt, Rohstoffmarkt)

Damit das Management einer Unternehmung den optimalen Marketingmix bestimmen kann, benötigt es folgende Informationen über:

1) die volkswirtschaftliche Situation: Trend der wirtschaftlichen Entwicklung, den Konjunkturverlauf, Zinsniveau, Sparquote, Sozialprodukt.

2) die zukünftige Entwicklung von Markt- und Absatzpotential, von Markt- und Absatz-volumen sowie des Marktanteils der Unternehmung.

Marktpotential: umschreibt die maximale Aufnahmefähigkeit eines Marktes für ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Leistung. Absatzpotential: ist der maximal mögliche Anteil am Marktpotential von einer Unternehmung.Marktvolumen: ist die realisierte (oder prognostizierte) Absatzmenge bzw. Umsatz aller Unternehmungen für ein bestimmtes Produkt oder für eine bestimmte Leistung.Absatzvolumen: ist die realisierte (oder prognostizierte) Absatzmenge bzw. Umsatz einer Unternehmung.Marktanteil: ist der prozentuale Anteil des Unternehmungsumsatzes (Absatzvolumen) am Marktvolumen eines bestimmten Marktes.

Page 46: Skript BW2 2008

Der Marktanteil gibt Auskünfte über die relative Stärke einer Unternehmung im Vergleich zu ihren Konkurrenten.

Der Anteil des Marktvolumens am Marktpotential gibt den Grad der Sättigung eines Marktes wieder:

3) das Konsumentenverhalten: Reaktionen der Kunden auf das Angebot.Das Verhalten der Kunden (Konsumentenverhalten) ist von grosser Bedeutung für die Bestimmung der Marketinginstrumente.

Nach Meffert können vier Grundverhaltenstypen unterschieden werden: o Rationales Verhalten : Der Kunde hat klare Vorstellung über das Kaufobjekt,

handelt nach dem ökonomischen Prinzip und entscheidet grundsätzlich nach dem oben beschriebenen Planungsprozess.

o Gewohnheitsverhalten : Es handelt sich um Entscheidungen, die früher schon

mehrmals getroffen sind. Diese Entscheidungen sind Routine-Entscheidungen.

o Impulsverhalten : Der Kunde lässt sich von seinen augenblicklichen Gefühlen

beeinflussen und entscheidet spontan. o Sozialabhängiges Verhalten : Der Kaufentscheid der Kunden richtet sich nach

dem Verhaltensmuster seiner Umgebung (Freunde, Vorgesetzte, Fans).

4) das Konkurrentenverhalten: das Angebot der Konkurrenz (Substitutionsgefahr des vorhandenen Produktes), Ziele, Strategien und Ressourcen der Konkurrenz

Übung 16

Als Gegenstand von Absatzprognosen wird die zukünftige Höhe bzw. das Wachstum von Markt- und Absatzpotential, Markt- und Absatzvolumen sowie des Marktanteils eines Unternehmens bezeichnet. Wenden Sie die Begriffe Markt- und Absatzpotential, Markt- und Absatzvolumen sowie Marktanteil auf das folgende Modellbeispiel an: Ein Hersteller für Gebissreiniger setzt im Jahr 10.5 Mio. Packungen seines Erzeugnisses ab. Es wird geschätzt, dass maximal 50 Mio. Packungen jährlich zu verkaufen sind. Der Hersteller hat sich zum Ziel gesetzt, davon 30% auszuschöpfen. Zum augenblicklichen Zeitpunkt deckt die gesamte Branche 70% des vermuteten Gesamtbedarfs ab.

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Page 47: Skript BW2 2008

7.2. Marketinginstrumente

Da der Markt für ein bestimmtes Produkt aus einer Vielzahl von verschiedenen Kunden besteht, versucht die Unternehmung, den Markt in homogene Kundengruppen aufzuteilen, damit eine effizientere Marktbearbeitung möglich ist.

Unter Marktsegmentierung versteht man die Aufteilung des Marktes in homogene, sozio-demographische Kundengruppen, die gleiche oder ähnliche Bedürfnisse besitzen.

Die Aufteilung des Marktes geschieht nach den folgenden Kriterien: geographisch: Länder, Regionen, Sprachen, Bevölkerungsdichte demographisch: Alter, Geschlecht, Einkommen, Beruf, Religion, Ausbildung sozial: Lebensstil, Kontaktfähigkeit, Denkweise, soziale Schicht in Bezug auf Verhalten: Lebensgewohnheit, Urlaub, Kaufverhalten

Für eine sinnvolle Marktsegmentierung sollen meist mehrere Kriterien herangezogen werden.

Die Marketinginstrumente werden mit dem Ziel benützt, das Kaufverhalten und dementsprechend den Kaufentscheid der Kunden zu beeinflussen. Sie lassen sich wie folgt charakterisieren:

Produktemix: Welche Produkte und wie sollen diese Produkte am Markt angeboten werden?

Kontrahierungsmix: Zu welchen Bedingungen sollen die Produkte verkauft werden?

Distributionsmix: Sollen die Produkte direkt an die Kunden oder über Grosshändler oder Detaillisten verkauft werden?

Kommunikationsmix: Durch welche Massnahmen sollen die Produkte bekannt gemacht werden?

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7 .3. Preispolitik

In der betrieblichen Praxis gibt es nach Kotler folgende Anlässe für Preisentscheidungen: erstmalige Preisfestlegung bei Neuprodukten oder bei vorhandenen Produkten in

einem neuen Absatzkanal oder in einer neuen geographischen Region. Preisanpassungen aufgrund von Nachfrageänderungen und/oder

Kostenänderungen Einführung von Sonderaktionen zur Belebung der Nachfrage Bestimmung des optimalen Preisverhältnisses von Produkten innerhalb einer

Produktlinie.

Der Preis eines Produktes hängt von den folgenden Faktoren ab: Preisvorstellungen des Anbieters Preisvorstellungen der potentiellen Kunden Ruf des Anbieters Handelspanne Vorhandene Preisklassen Qualität und Image des Produktes Psychologische Faktoren

Stimmen die Preisvorstellungen des Anbieters und des Kunden überein, dann ist der Preis festgelegt. Diese Art der Preisbildung ist bei börsenmässig gehandelter Ware (Rohstoffe, Wertschriften) zu finden. Es handelt sich dabei um einen fast "vollkommenen" Markt.

Ein Markt wird als vollkommen bezeichnet, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:Alle Marktteilnehmer handeln nach dem Ziel der Gewinnmaximierung, reagieren ohne Verzögerung auf Aenderungen der Marktdaten, besitzen vollkommene Informationen, besitzen keine Präferenzen (persönliche, sachliche, räumliche, zeitliche), die eine

nicht vom Preis allein determinierten Entscheidung veranlassen könnten.

Einen wirklich vollkommenen Markt existiert nicht. Je höher der Vollkommenheitsgrad eines Marktes , desto stärker ist die Wettbewerbsintensität. Ein Anbieter versucht deshalb, eine oder mehrere Bedingungen nicht zu erfüllen, um sich dem gewinnschmälernden Preiswettbewerber zu entziehen.

48

Page 49: Skript BW2 2008

Ist eine oder mehrere Bedingungen nicht erfüllt, dann spricht man von einem unvollkommenen Markt.

49

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Die Klassifikation von Märkten erfolgt nach den folgenden Kriterien: Vollkommenheitsgrad des Marktes Anzahl und Grösse der Marktteilnehmer (gemessen am Marktanteil)

Für unvollkommene Märkte ist der Begriff polypolitische oder monopolitische Konkurrenz für den Fall "vieler kleiner Anbieter und Nachfrager" zuverwenden. Auf unvollkommenen Märkten spielt die Preispolitik eine nachgeordnete, aber wichtige Rolle, da der Preis sowohl die Wert- als auch die Mengenkomponente des Umsatzes berührt. Die Anbieter bemühen sich zunächst, die Märkte durch Produktpolitik, Kommunikationspolitik, Distributionspolitik unvollkommen zu machen. Die praktische Preispolitik beschäftigt sich deshalb mit der Gestaltung des Preises auf unvollkommenen Märkten.Während bei dem vollkommenen Markt ein Einheitspreis für ein Produkt in einem bestimmten Zeitpunkt bezahlt wird, existieren verschiedene Preise für das gleiche Produkt wegen der Unvollkommenheit des Marktes.

Für die Preispolitik ist das Entscheidungsfeld üblicherweise durch die Preis-Absatz- funktion definiert.

In der Regel sind Preis-Absatzfunktionen statisch formuliert d.h. es besteht eine quantitative Beziehung zwischen der Absatzmenge und des Verkaufspreises in einer betrachteten Planungsperiode. Wenn der Preis steigt, dann sinkt die Absatzmenge und umgekehrt. Die Preis-Absatz-Funktion ist eine fallende Kurve. Ausnahmefälle ergeben sich bei psychologischen Funktionsverläufen (modische Produkte, Prestige-Produkte) oder bei der Vermutung eines Preis-Qualitäts-Zusammenhanges.

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Page 51: Skript BW2 2008

Wenn die Kunden erwarten, dass der Preis in der nächsten Periode steigen wird, dann kaufen sie viel in dieser Periode und umgekehrt. In diesem Fall spricht man von einer dynamischen Preis-Absatzfunktion.7.3.1. Preiselastizität

Die Preiselastizität der Nachfrage h ist ein zentraler Begriff der Preispolitik und spielt eine bedeutende Rolle bei den Preis-Absatz-Funktionen. Sie misst die Reaktion der Nachfrage auf Preisänderungen und ist definiert als das Verhältnis der relativen Änderung der Nachfragemenge Mi nach einem Produkt i zu der relativen Änderung des Preises pi dieses Produkts:

Die Preiselastizität bezieht sich zudem immer auf einen bestimmten Punkt der Preis-Absatzfunktion (Punktelastizität) und kann grundsätzlich alle Werte annehmen (-¥ £ h £ 0). Die Abbildung veranschaulicht dies für den Normalfall (a) und für die beiden Grenzfälle (b) einer vollkommenen unelastischen Nachfrage (h = 0) und einer vollkommen elastischen Nachfrage (h = -¥).

Mit Hilfe der Preiselastizität der Nachfrage lässt sich auch der Zusammenhang zwischen Preisänderung und Umsatzveränderung wie folgt erklären:

Fall 1: Ist h > -1

,

dann bewirkt eine Preissenkung (Preiserhöhung) einen Umsatzrückgang (eine Umsatzsteigerung).

Fall 2: Ist h < -1

,

dann bewirkt eine Preissenkung (Preiserhöhung) eine Umsatzsteigerung (einen Umsatzrückgang).

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Fall 3: Ist h = -1 d.h. pdM = -Mdp, dann bewirkt eine Preissenkung (Preiserhöhung) keine Umsatzveränderung.

Im Rahmen der betrieblichen Preispolitik interessieren vor allem die Bestimmungsfaktoren der Preiselastizität der Nachfrage. Nach Meffert verdienen die folgenden Determinanten besondere Beachtung: Verfügbarkeit von Substitutionsgütern: Kann ein Produkt durch ein anderes

ersetzt werden, so ist die Nachfrage nach ihm relativ elastisch. Die Nachfrage nach Heizöl ist relativ unelastisch.

Leichtigkeit der Bedürfnisse : Kann das Bedürfnis schwer befriedigt werden, so ist die Nachfrage nach ihm elastisch. Die Nachfrage nach Salz ist relativ unelastisch.

Dringlichkeit der Bedürfnisse: Hohe Dringlichkeit macht die Nachfrage weitgehend unelastisch (z.B. Medikamente).

Dauerhaftigkeit des Gutes: Je mehr dauerhaft ist das Produkt, um so elastischer ist die Nachfrage nach ihm. Die Nachfrage nach dem Auto ist elastisch.

Preislage eines Produktes: Eine merkliche Preissenkung bei teuren Produkten eröffnet neue Märkte, während Produkte mit relativ niedrigen Preisen durch Preissenkung nicht immer mehr verkauft werden.

Übung 17

Eine Preis-Absatz-Funktion der allgemeinen Form p = a + b*M hat die Steigung -1/6. Berechnen Sie im Punkt (p = 3; M = 6) die Preis-Elastizität der Nachfrage! Wie lautet die Preis-Absatz-Funktion?

Übung 18

Die Preis-Absatz-Funktion p = 4 - (1/6)*M wirda) um den Höchstpreis gedreht und lautet p = 4 - ½*M.b) um die Sättigungsmenge gedreht und lautet p = 12 - ½*M.c) parallel verschoben und lautet p = 6 - (1/6)*M.1. Berechnen Sie für alle vier Preis-Absatz-Funktionen die Preismengenkombination

mit einer Elastizität von -3!2. Ändert sich bei einem gegebenen Preis p = 3 die Preiselastizität der Nachfrage auf

den neuen Preis-Absatz-Funktionen?

52

Page 53: Skript BW2 2008

7.3.2. Preispolitische Modelle

a) Monopolistisches Modell

Für den Monopolisten lautet die optimale Bedingung: Grenzumsatz = Grenzkosten

p UKK'

U'

10

K = 10 + 2M

U = (10 - M)M

6

2

0 MM MM

10o uC

54

U' = 10 - 2M

Kfix

CournotpC

p = 10 - MK'

p : CournotpreisCM : CournotmengeCM ,M : Gewinnschwelleo C

Übung 19

Ein Monopolist sieht sich der Preis-Absatz-Funktion p = 5 - ¼*M und der Gesamtkostenfunktion K = 2 + ½*M gegenüber.1) Bestimmen Sie die gewinnmaximale Preismengenkombination!2) Begründen Sie, warum die Grenzerlösfunktion bei linear fallender Preis-Absatz-

Funktion stets die doppelte Steigung der Preis-Absatz-Funktion hat!3) Wie ändert sich die gewinnmaximale Absatzmenge, wenn

3.1. sich die Absatzfunktion verbessert und sich dadurch die Preis-Absatz-Funktion parallel nach rechts verschiebt? Ist eine Änderung der Absatzsituation denkbar, in der sich nur die optimale Absatzmenge, nicht aber der Preis ändert?

3.2. nur Fixkosten anfallen?3.3. sich die Fixkosten auf 3 Fr erhöhen?3.4. sich die variablen Stückkosten um ½ Fr erhöhen?3.5. keine Kosten entstehen?

53

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b) Modell bei atomistischer Konkurrenz

Für die Unternehmung ist der Marktpreis bei atomistischer Konkurrenz ein Datum. Die Unternehmung kann keine autonome Preispolitik betreiben. Aufgrund der Vollkommenheit des Marktes würde sie die gesamte Nachfrage verlieren (gewinnen), wenn sie ihren Preis oberhalb (unterhalb) des Marktpreises festlegen würde.

Die allgemeine Bedingung für das Gewinnmaximum lautet: Grenzumsatz = Grenzkosten

Übung 20

Ein Polypolist auf vollkommenem Markt sieht sich der Preis-Absatz-Funktion p = 16 und der Kostenfunktion K = 48 + 4*M gegenüber.1. Bestimmen Sie die Gewinnschwelle und das Gewinnmaximum!2. Untersuchen Sie graphisch sowohl für die Gesamtkostenfunktionen als auch für

die stückbezogene Betrachtung, wie sich2.1. ein sukzessiv sinkender Preis2.2. steigende Fixkosten2.3. unterschiedliche variable Kostenauf die gewinnoptimale Absatzmenge und die maximale Gewinnhöhe auswirken. Gehen Sie hierbei von einer maximalen Produktionskapazität von 48 ME aus!

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c) Modell bei polypolistischer bzw. monopolistischer Konkurrenz auf unvollkommenen MärktenIn der Unternehmungspraxis versucht der Anbieter, den Gewinn nicht nur durch Kostensenkung, sondern auch durch Umsatzsteigerung d.h. durch Preisvariationen zu erhöhen. Dies bedeutet, dass er versucht, den Markt unvollkommen zu machen. Viele Einzelhandelsbetriebe (Elektrogeräte, Lebensmittel, Kosmetikartikel, usw..) setzen alles daran, durch Einsatz der Marketinginstrumente (ausser dem Preis) die Bedingungen des vollkommenen Marktes zu verletzen. Bei unvollkommenen Märkten akzeptieren die Kunden eine Preisklasse für einen bestimmten Produkt. Innerhalb dieser Preisklasse dürfen die Anbieter den Preis so festlegen, ohne dass die Kunden zu der Konkurrenz wandern. Diese Preisklasse wird durch den Segment BC in der folgenden Abbildung dargestellt. Man spricht von einem monopolistischen Bereich. Würde der Anbieter ausserhalb dieser Preisklasse (zum Beispiel die Segmente AB und CD der folgenden Abbildung) eine geringfügige Preiserhöhung tätigen, dann würden alle Kunden zu der Konkurrenz gehen. Man spricht in diesem Fall von einem atomistischen Bereich. Die Steigung der Kurve hängt von der Reaktionsgeschwindigkeit der Kunden auf Preisänderungen und die Breite des Abschnittes BC von der Stärke des akquisitorischen Potentials des Anbieters ab.Die optimale Preisforderung wird aus der Bedingung Grenzumsatz = Grenzkosten abgeleitet.

Übung 21

Berechnen Sie eine aus linearen Abschnitten zusammengesetzte polypolistische Preis-Absatz-Funktion unter allen folgenden Annahmen:1) der obere monopolistische Grenzpreis liegt bei p = 7 und M = 6,2) die Preiselastizität der Nachfrage beträgt beim oberen monopolistischen

Grenzpreis für den monopolistischen Bereich -7/3,3) die dem unteren monopolistischen Grenzpreis zugeordnete Absatzmenge beträgt

M = 10,

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4) der Ordinatenabschnitt des oberen atomistischen Astes ist p = 8,5) die Sättigungsmenge beim unteren atomistischen Ast beträgt M = 60.

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7.3.3. Preisbestimmung

a) Kostenorientierte Preisbestimmung Die kostenorientierte Preisbestimmung beruht auf der Kostenrechnung des Rechnungswesens. Grundsätzlich ergibt sich der Preis p aus den Kosten k und einem

darauf berechneten Gewinnzuschlag g: . Die Höhe von g wird durch

mehrere Faktoren (Produktart, Umsatzrentabilität, Warenumschlag,...) bestimmt. In Handelsbetrieben steht k für den Einkaufspreis und in Industriebetrieben für die Selbstkosten pro Mengeneinheit. Bei einer Kalkulation auf Vollkostenbasis enthalten die Selbstkosten k die Gemeinkosten bzw. Fixkosten. Je kleiner die Absatzmenge ist, umso höher sind die in k enthaltenen Fixkosten (Fixkostendegression). Dies lässt die Problematik kostenorientierter Preisbildung deutlich werden: der Angebotspreis und die Absatzmenge sind voneinander abhängig. Legt der Anbieter den Preis aufgrund der Kalkulation auf Vollkostenbasis fest, dann besteht die Gefahr, dass er "aus dem Markt herauskalkuliert": mit einer Verringerung der Absatzmenge steigen die Fixkosten pro Mengeneinheit, die den Preis wiederum erhöhen und dadurch wird die Absatzmenge weiter vermindert. Diese Gefahr ist besonders gross, wenn der Fixkostenanteil an den Gesamtkosten hoch ist. Um diese Gefahr zu vermeiden, wird der Angebotspreis aufgrund der Kalkulation auf Teilkostenbasis ermittelt. Man geht dann von den variablen Kosten pro Mengeneinheit aus, die um einen Bruttogewinnzuschalg erhöht werden. Dieser Zuschlag enthält einen Fixkostenanteil und einen Gewinnanteil und ist eine variable Grösse, bei der nicht feststeht, wie hoch im Einzelfall die Anteile sind. Die kostenorientierte Preisbildung hat für die Unternehmung bei der Bestimmung des für ihre Existenz notwendigen Mindestpreises eine grosse Bedeutung. Bei der Ermittlung von Preisuntergrenzen werden nicht nur die Kosten , sondern auch der Marktpreis als gegebene Grösse betrachtet. Bei der Preisuntergrenze ist der Verkaufserfolg des Anbieters definitionsgemäss gleich Null. Die langfristige Preisuntergrenze liegt dort, wo der Preis sämtliche Kosten deckt. Dies

ist dann der Fall, wenn der Preis gleich den totalen Stückkosten k ist. Für die kurzfristige Preisuntergrenze gilt die Bedingung, dass der Preis den variablen

Stückkosten entspricht. Die fixen Kosten werden also nicht gedeckt. Jeder Preis, der über den variablen Stückkosten liegt, bringt einen Beitrag zur Deckung der Fixkosten. Auf kurze Sicht verursachen die Produktion eines Produktes nur variable Kosten, während Fixkosten aufgrund gesetzlicher Verträge nur innerhalb der Kündigungsfristen abgebaut werden können. Dies bedeutet, dass die Fixkosten kurzfristig immer anfallen, ob der Anbieter produziert oder nicht.

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Übung 22

Der Bauuntemehmer Rodolfi befindet sich wegen des Zusammenbruchs der Baukonjunktur in einer schwierigen Lage und bittet Sie um Ihren Rat. Im abgelaufenen Jahr 1996 hatte er viele Aufträge, dabei gut verdient und als Folge davon neue Baumaschinen gekauft. Seine Liquidität ist zur Zeit angespannt. Er rechnete dabei mit einer Auslastung der Maschinen von 4'500 Stunden/Jahr. Jetzt, im Jahr 1997, kann er nur noch mit einer Auslastung von 1'500 Stunden rechnen, und dies auch nur dann, wenn er, um überhaupt Aufträge zu erhalten, zu einem sehr tiefen Preis offeriert. Sorge bereiten ihm insbesondere seine hohen «Fixkosten». Darunter fallen nach seiner Meinung die Abschreibungen, die Zinsen, die Hälfte der Fertigungsgemeinkosten und in vollem Umfang die Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten.

Die Erfolgsrechnung für 1996 präsentiert sich wie folgt (Beträge in 1'000):

Erlös 5'300

Material 1'440Einzellöhne 2'000Fertigungsgemeinkosten (ohne Kapitalkosten) 600Abschreibungen (vom Anschaffungswert 4'000) 400Zinsen (8% von 2'000) 160

Herstellkosten 4'600

Bruttogewinn 700

Verwaltungs- und Vertriebskosten 400

Gewinn vor Steuern 300

Gerade jetzt sollte Herr Rodolfi eine Offerte für einen Tiefbauauftrag einreichen. Die Materialkosten dafür berechnete er mit 4, die Lohnkosten mit 22. Er müsste dafür eine Maschinengruppe (mit Anschaffungswert 3'000) während 120 Stunden einsetzen. Würden Sie ihm empfehlen, mit "Grenzkosten" zu kalkulieren, oder erachten Sie eine andere Lösung als besser?

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b) Nachfrageorientierte PreisbestimmungGrundlage dieser Preisfestsetzung sind nicht die Kosten des Anbieters, sondern die Vorstellung des Kunden über den Kaufpreis. Der Anbieter versucht, die Beurteilung des Kunden über Preis-Leistungs-Verhältnis festzustellen. Um dies zu realisieren, sammelt er Informationen über Marktdaten bzw. Nachfrageverhältnissen (Marktforschungsmethoden).

Marktpreis pro Mengeneinheit

- Erlösschmälerungen pro Mengeneinheit

= Nettopreis pro Mengeneinheit

- Variable Produktionskosten pro Mengeneinheit- Variable Vertriebskosten pro Mengeneinheit

= Deckungsbeitrag pro Mengeneinheit (Deckungsspanne)

Ist die Deckungsspanne positiv, dann kann der Anbieter den Preis bis zur kurzfristigen Preisuntergrenze senken, um die Nachfrage zu beleben.

c) Konkurrenzorientierte PreisbestimmungIn der Praxis verzichtet oft ein Anbieter auf eine aktive Preispolitik und richtet nach den Preisen der Konkurrenz oder dem Branchendurchschnittspreis (Leitpreis). Damit werden die Nachfrage und die Kosten bei der Preisfestlegung nicht berücksichtigt. Der Preis kann gleich, höher oder tiefer als der Leitpreis sein. Der einmal festgelegte Preis bleibt unabhängig von der jeweiligen Nachfrage- und Kostensituation unverändert. Die einzelnen Anbieter verändern erst den Preis, wenn der Leitpreis sich verändert.

Übung 23

Von einem Produkt mit variablen Kosten von 4 Fr konnten bisher 300 Stück pro Monat zu 16 Fr verkauft werden. Da die Kapazitäten nicht voll ausgelastet sind, möchte die Unternehmungsleitung die Absatzmenge vergrössern. Der Marketingchef schlägt deshalb vor, den Preis um 12.5% zu senken. Die damit erhoffte Absatzsteigerung lässt sich jedoch nur schlecht abschätzen.1) Welche neue Menge müsste mindestens verkauft werden, damit sich die

Preissenkung lohnt? Ermitteln Sie die Lösung algebraisch und graphisch.

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2) Von welchen Faktoren wird es abhängen, ob die neue Absatzmenge verkauft werden kann oder nicht?

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7.4. Produktpolitik

Bei gesättigtem Markt kann eine Unternehmung den Absatz umso leichter realisieren, je eher es ihr gelingt, den Bedürfnissen der Kunden gerecht zu werden. Ziel der Produktpolitik ist nicht nur die Entwicklung technisch hochwertiger Produkte, sondern auch die Befriedigung der Kundenbedürfnisse mit den Produkteigenschaften.a) ProduktinnovationTechnische Fortschritte und Nachfrageschwankungen haben die Entwicklung und die Einführung völlig neuer Produkte zur Folge. Man spricht in diesem Fall von einer Produktinnovation. Eine Unternehmung kann nur über Produktinnovation ein langfristiges Wachstum erreichen und überdurchschnittliche Gewinne erzielen. Andererseits kann die Produktinnovation zur Existenzfrage für die Unternehmung werden, da die Versagerquote neuer Produkte und die damit verbundene finanzielle Belastung hoch ist . Ausgangspunkt für die Produktinnovation ist die Produktpositionierung in einem Marktsegment.

b) Produktdifferenzierung

Wenn ein neues Produkt bei einer bestehenden Produktlinie eingeführt wird, dann spricht man von einer Produktdifferenzierung (beispielsweise ein BMW-Roadster in der Produktlinie BMW-3er).

b1) ProduktdiversifikationWenn eine neue Produktlinie eingeführt wird, dann spricht man von einer Produktdiversifikation (beispielsweise bringt ein Autohersteller kleine Flugzeuge auf den Markt).

b2) ProduktvariationNach Meffert liegt eine Produktvariation vor, wenn mindestens eine der folgenden Änderungen eintritt: funktionale Eigenschaften (Materialart, Qualität, Verderblichkeit, usw..), Farbe, Form, Verpackung, Markennamen, Garantie, Kundendienst.Die Produktvariation kommt in Frage, wenn sich die Marktbedingungen (Geschmackswecsel, Umweltschutz) verändert haben oder wenn die Attraktivität des

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Produktes aufgrund des Alters abnimmt. Wenn die Produktvariation im letzten Fall erfolgreich ist, dann spricht man von einem Relaunch.

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b3) Produktelimination

Solange der erwartete Deckungsbeitrag positiv ist, sollte man das Produkt im Produktionsprogramm weiter behalten. Bei dem Eliminationsprozess sollte man das Produkt nicht isoliert betrachten, wenn ein Absatzverbund vorhanden ist. In der Regel werden die älteren Produkte in der Degenerationsphase und/oder die neuen Produkte (flop) in der Einführungsphase geprüft. Die Methoden zur Produktbeurteilung sind in zwei Gruppen unterteilt: die quantitativen Methoden (zum Beispiel Investitionsrechnungen, Deckungsbeitragsrechnungen) und die qualitativen Methoden (Scoring-Modelle)

c) Absatzprogramm und Sortiment

Hauptproblem bei der Bestimmung des Absatzprogrammes (oder des Sortiments) ist die Beantwortung der Frage nach der optimalen Breite und Tiefe des Angebotsprogramms. Je tiefer und breiter ein Programm ist, um so mehr Varianten eines Produktes und verschiedene Produkte werden angeboten, um so besser können verschiedene Käufergruppen angesprochen werden und umso grösser ist der Verkaufserfolg. Andererseits je grösser das Angebotsprogramm ist, umso höher sind die Produktions- und Lagerkosten. Typische Beispiele für Sortimentsbreite und -tiefe sind bei Warenhäusern (breit und flach), bei Fachhandel (schmal und tief) und bei Discountgeschäft (schmal und flach) anzutreffen.Ein Produkt wird in das Produktionsprogramm aufgenommen, wenn der gewünschte Deckungsbeitrag positiv ist. Aber es kann vorteilhaft sein, das Produkt im Programm zu belassen, wenn sogar der Deckungsbeitrag negativ ist. Dieser Fall liegt beim Absatzverbund vor, wenn das sogenannte Verlustprodukt den Verkauf eines anderen gewinnbringenden Produktes unterstützt.

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d) Verpackung und Marken

Der Verpackung kommen in der Regel verschiedene Funktionen zu: technische Funktion (vor Beschädigung schützen), rechtliche Funktion (gesetzliche vorgeschriebene Informationen), wirtschaftliche Funktion (Werbung, Gebrauchsnutzensteigerung durch

Gebrauchsanweisung, Senkung der Kosten (Transport, Lager, Personal bei Selbstbedienung)).

Unter Markierung versteht man die Kennzeichnung eines Produktes mit einem speziellen Produktnamen, dem Firmennamen oder einem sonstigen Erkennungszeichen (Symbol, Farb- und Formgebung). Mit der Markierung will die Unternehmung ihr Produkt von den Konkurrenzprodukten unterscheiden. Daraus werden Markenartikel angeboten. Sie gewährleisten Qualität und die Unternehmung hofft dadurch, die Kundentreue zu bewegen. Den Kunden bieten die Markenartikel zum Beispiel folgende Vorteile an: Qualitätsgarantie, bedarfsgerechter Einkauf aufgrund der Produktidentifikation, Gewohnheitseinkauf. Markenbildung und Werbung sind voneinander abhängig. Markenbildung ist nur möglich, wenn das Produkt bekannt ist und Werbung ist nur sinnvoll, wenn sie die Marke zum Gegenstand hat.

e) Kundendienst

Beim Kauf von einem Produkt insbesondere von einem erklärungsbedürftigen Produkt erwartet der Kunde Nebenleistungen wie Garantie und Service vom Hersteller oder Händler. Die technische Aufgabe des Kundendienstes ist den Kunden fachkundig bei der Auswahl der bedarfsgerechten Angebote zu beraten, eine reibungslose Nutzung und Entsorgung des Produktes zu gewährleisten.Die kaufmännische Aufgabe des Kundendientes besteht in der Schaffung optimaler Einkaufsmöglichkeiten (Parkmöglichkeiten, Umtauschrecht, Lieferung der Ware).Die Nebenleistungen können entgeltlich oder unentgeltlich sein.

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7 .5. Distributionspolitik

Unter Distributionspolitik versteht man die Gestaltung des Vertriebssystemes und die Überführung eines Produktes vom Hersteller zum Endverbraucher. Dabei stehen im Mittelpunk die Entscheidungen über Absatzkanäle, Absatzorganisation, Transportmittel und Standort.

7.5.1. Physische Distribution

Die physische Distribution beschäftigt sich mit den Fragen nach Transportmitteln, Transportwegen, Lagerkapazität, Lagerstandort. Man spricht auch von einem Marketing-Logistik. Aufgabe der physischen Distribution ist die art-, mengen-, zeitgerechte kostenminimale Bereitstellung der Produkte am Ort des Endverbrauchers. Die Kosten der physischen Distribution bestehen im wesentlichen aus Lagerkosten und Transportkosten. Da die Lagermieten am Ort des Endverbrauchers (zum Beispiel im Stadtzentrum) teuer sind, wird in der Regel die Lagerfunktion vom Hersteller oder Grosshändler übernommen,. während die Transportfunktion in der Regel vom Fremdunternehmen ausgeübt.Selbsverständlich sind Lager- und Transportkosten voneinander abhängig. Es erhebt sich dann die Frage, ob es für den Hersteller kostengünstiger ist, die Produkte den Kunden (Grosshändler, Detailhändler, Konsumenten) direkt, sondern über Zwischenlager zu liefern. Dies hat zur Folge, dass die Transportkosten sinken, die Lagerkosten dagegen steigen. Ein Vorteil bei der Bildung der Zwischenlager liegt an der Verkürzung der Lieferzeit, die bei einigen Branchen (zum Beispiel bei verderblichen Waren, bei dringenden Bedürfnissen) von grosser Bedeutung ist.

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7.5.2. Akquisitorische Distribution

Die akquisitorische Distribution beschäftigt sich mit der Frage nach den Distributionsorganen und -organisationen, die für die Distribution der Güter verantwortlich sind.

Im Vordergrund steht dabei die Wahl des Absatzkanales. Der Hersteller kann entweder direkt den Kunden oder indirekt beliefern, indem er Absatzmittler bzw. Distributionsorganen und -organisationen (Absatzformen) (Grosshändler, Detailhändler) einschaltet, die die Distributionsfunktion ausüben.

Die Wahl des Absatzkanals ist eine strategische Entscheidung mit langfristigen Auswirkungen über den Distributionsgrad (Erhältlichkeit des Produktes), den Preis, das Produktimage und somit auch über die Absatzmenge.

a) Direkter und indirekter Absatz

Die wichtigste Problemstellung im Rahmen der akquisitorischen Distribution ist die Bestimmung der Zahl und die Art der Absatzmittler zwischen Hersteller und Konsumenten.

In der folgenden Abbildung ist ein Schema des Verkaufsnetzes eines Herstellers von Kosmetika gegeben, das mögliche Absatzkanäle aufzeigen soll.

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b) Franchising

In der Praxis findet eine bekannte Mischform - das Franchising - statt, die nicht eindeutig einem direkten oder indirekten Absatzweg zugeordnet werden kann. Bei dieser Mischform geschieht der Vertrieb indirekt über rechtlich selbständige Absatzmittler, die aber wirtschaftlich über Verträge an den Herstellern gebunden sind.

Unter Franchising (nach Thommen) versteht man eine vertraglich geregelte Kooperation zwischen zwei rechtlich selbständigen Unternehmungen, bei der der Franchise-Geber (engl. Franchisor) dem Franchise-Nehmer (engl. Franchisee) gegen ein Entgelt das Recht gewährt, Güter und Dienstleistungen er einem bestimmten Warenzeichen zu vertreiben.

Bekannte Beispiele für dieses System sind: Benetton, Body Shop, Coca Cola, Hertz, Holiday Inn, McDonald's.

Der Franchise-Nehmer erhält vom Franchise-Geber in der Regel: Handelsname des Herstellers,

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anzuwendende Instrumente des Management (Organisations-, Planungs- und Marketingkonzept),

Produktionsverfahren, Stücklisten, Warenlieferung, Personalschulung.

und der Franchise-Geber erhält eine einmalige Zahlung beim Eintritt und/oder periodischen Zahlungen (Royalties) (ca. 5 - 7 % des Umsatzes).

Vorteile für den Franchise-Geber: geringes Investitionskapital, grosse Expansionsmöglichkeiten, Kostensenkung durch zentralisierte Erledigung bestimmter Aufgaben, Synergieeffekt durch Zusammenarbeit mit dem Franchise-Nehmer.

Vorteile für den Franchise-Nehmer: Benützung von Know-how (Management-Techniken) des Franchise-Gebers, Zerstreuung des Unternehmerrisikos, Bewahrung der Unabhängigkeit, Konkurrenzfähig zu den Marktteilnehmern der gleichen Branche.

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7.6. Kommunikationspolitik

Die Kommunikationspolitik spielt eine wichtige Rolle beim Einsatz der Marketinginstrumente. Es genügt nicht, ein Produkt mit hoher Qualität zu entwickeln, die passende preispolitische Strategie festzulegen und die entsprechenden Absatzwege auszuwählen. Der Anbieter muss überlegen, wie er die potentiellen Kunden über die Produktqualität, Absatzbedingungen und Absatzort informiert. Gerade in einem Käufermarkt muss der Anbieter grosse Anstrengungen unternehmen, um die verwöhnten Kunden über sein Angebot genau zu informieren. Ziel der Kommunikationspolitik ist es, genaue Informationen über Produkte und Unternehmung den gegenwärtigen und potentiellen Kunden zu übermitteln, um durch gezielte Beeinflussung Kaufwiderstände zu überwinden.

7.6.1. Werbung

Das zentrale Gebiet der Kommunikationspolitik ist ohne Zweifel die Werbung. Alle Formen der Marktkommunikation haben den werbenden Charakter. Jedermann steht täglich in Kontakt mit Werbung. Sie ist das sichtbarste Marketinginstrument, ist aber nicht das wichtigste. Im Vordergrund steht zunächst die Frage, welche Funktion der Werbung bei der Kommunikation zwischen Hersteller, Händler und Kunden zukommt. Der Werbung kommt die Aufgabe zu, Informationen über die Existenz, Qualität, Erhältlichkeit (Absatzweg) und Absatzbedingungen (Preis) von Produkten und Dienstleistungen zu vermitteln und die Kunden mit gezielter Beeinflussung zum Kauf anzuregen.

7.6.2. Verkaufsförderung

Unter Verkaufsförderung, auch Sales Promotion genannt, versteht man alle absatzfördernden Massnahmen, die sich teilweise der Preis-, Produkt- oder Distributionspolitik zuordnen lassen, bei denen aber es sich vorwiegend um kommunikative Massnahmen handelt. Werbung und Verkaufsförderung werden gleichzeitg und kombiniert eingesetzt. Während aber die Werbung mehr auf langfristige Wirkung ausgerichtet ist, orientiert sich die Verkaufsförderung in erster

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Linie nach einem schnellen kurzfristigen Erfolg durch gezielte Beeinflussung eines kleinen Kundenkreises.

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7.6.3. Persönlicher Verkauf

Dem persönlichen Verkauf kommt innerhalb des Kommunikations-Mix insofern eine besondere Bedeutung zu, als es sich um eine Umwerbung der Kunden im direkten Verkaufsgespräch handelt. Aufgaben des persönlichen Verkaufs mittels eines eigenen Aussendienstes sind u.a. nach Hill: Gewinnung von Informationen über Kunden (Ermittlung von Kundenwünschen und

von potentiellen Kunden) Erlangung von Kaufaufträgen Beratung, Warenpräsentation Warenverteilung, LagerhaltungDer persönliche Verkauf ist die effizienteste und die teuerste Form der Kommunikationspolitik. Deshalb muss die Unternehmung den persönlichen Verkauf sorgfältig planen. Dabei sind nach Meffert folgende Entscheidungsprobleme, die teilweise bei der physischen Distribution erscheinen, zu lösen: Festlegung der Form des persönlichen Verkaufs (Kundenbesuch, Messeverkauf,

Telefonverkauf) Festlegung der Verkaufsorganisation nach Kunden, Gebiet, Produkt Festlegung des Verkaufsbudgets und seine Verteilung auf die einzelnen Teilbereiche Zahl der Aussendienstmitarbeiter Besuchshäufigkeit und -dauer Reiserouten

7.6.4. Public Relations

Die Öffentlichkeitsarbeit oder Public Relations versucht, ein positives Image der Unternehmung als Ganzes zu schaffen und zu erhalten. Obwohl sie nur indirekt an die Absatzschaffung beteiligt ist, ist ihre Bedeutung für das Marketing gross. Als Zielgruppe kommen alle möglichen Personen in Betracht: Kunden, Handel, Kapitalgeber, Mitarbeiter, Behörden und Verbände. Der Kommunikationsinhalt kann beispielsweise folgende Bereiche betreffen: Wirtschaft, Kultur, wissenschaftliche Entwicklung, Umwelt. Zur Gestaltung der Kommunikationsbeziehungen kommen verschiedene Massnahmen in Betracht, die teilweise in der Werbung und Verkaufsförderung verwendet sind: Informationen über die Unternehmung in verschiedenen Medien, Pressekonferenzen über Jahresabschluss, Neuentwicklungen,... Betriebsbesichtigungen,

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Geschäftsberichte, Firmenbroschüren, Stiftung, Spenden, Preisverleihung als Sponsor.

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8. Investitionsrechnungen

Investitionsrechnungen sind eine wesentliche Grundlage von Investitionsentscheidungen. Ihre Bedeutung darf jedoch nicht überschätzt werden, da ihrer quantitativen Ausrichtung wegen der weite Bereich der nicht quantifizierbaren Entscheidungsfaktoren (Prestige, Macht, Erhöhung der Unfallsicherheit) unberücksichtigt bleibt.

1) Klassische Partialmodelle Es sind Modelle mit einfachem Algorithmus, wobei die Optimierung durch schrittweise Abstimmung der partiellen Teilpläne erfolgt. Wegen ihres sukzessiven Vorgehens können die klassischen Partialmodelle die Interdependenzen zwischen Kapitalbedarfs- und Kapitalfondsplanung nicht zufriedenstellend berücksichtigen.

2) Simultane Modelle Es sind Optimierungsmodelle, wobei die Optimierung der Teilpläne gleichzeitig erfolgt.

3) Statische Modelle Es sind einfache Vergleichsverfahren. Sie berücksichtigen keine zeitlichen Unterschiede in Auftreten von Modellparametern.

4) Dynamische Modelle Es sind Modelle, die dem zeitlichen Ablauf der Investitionsvorgänge Rechnung tragen.

5) Bei der objektiven Unternehmensbewertung wird die Existenz eines "objektiven Unternehmenswertes" vorausgesetzt, den es unabhängig von spezifischen Interessenlagen eines Käufers oder Verkäufers zu ermitteln gilt.

6) Bei dem subjektiven Unternehmenswert wird ganz bewusst auf die Interessenlage und die Entscheidungssituation der Beteiligten abgestellt.

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8.1. Statische Verfahren

a) Kostenvergleichsrechnung

PeriodenkostenvergleichBedingungen: qualitative Leistung und quantitative Leistung identisch.

Kostenvergleich pro MengeneinheitBedingungen: qualitative Leistung identisch quantitative Leistung unterschiedlich.

In den Kostenvergleich einzubeziehen sind alle relevanten Betriebskosten (vor allem Material- und Personalkosten) und alle Kapitalkosten (Abschreibungen und Zinskosten).

Sofern es sich um Investitionen mit mehrperiodischer Nutzungsdauer handelt, werden die Durchschnittskosten pro Periode bzw. die daraus abgeleiteten Stückkosten zugrundegelegt.

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Übung 24

Variante I Variante IIAnschaffungsausgaben [Fr] 20'000 25'000Fixe Betriebskosten pro Jahr ohne Abschreibungen und Zinsen [Fr]

14'000 13'600

Variable Betriebskosten [Fr/km] 0.20 0.24Fahrleistung pro Jahr in km 30'000 33'000Geplante Nutzungsdauer [Jahre] 2 3Verkaufserlös am Ende der geplanten Nutzungsdauer [Fr]

6'000 5'500

Zinssatz [%] 10 10ÆGesamtkosten pro JahrKosten pro Mengeneinheit

Wie würden Sie entscheiden?

Bei einem Investitionsvergleich von Anlagen, die eine sehr unterschiedliche Kostenstruktur (gemessen am Anteil der fixen und variablen Kosten an den Gesamtkosten pro Periode) haben, ist zu prüfen, für welches Auslastungsintervall die Vorteilhaftigkeit einer Anlage Geltung besitzt.

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b) Gewinnvergleichsrechnung

Die Gewinnvergleichsrechnung ist anzuwenden, wenn die qualitativen Leistungsabgaben der verglichenen Investitionsprojekte unterschiedlich sind und auch entsprechend bewertet werden können.

Der durchschnittliche Investitionsgewinn pro Periode ist definiert als Saldo der durchschnittlichen Kosten und Erlöse pro Periode.

Übung 25

Alternative 1 Alternative 2 Alternative 3Anschaffungsausgaben [Fr] 100'000 50'000 150'000Geplante Nutzungsdauer [Jahre] 10 10 6Produktion pro Periode [ME] 20'000 10'000 20'000Fixe Betriebskosten pro Jahr [Fr] 700 250 850Variable Betriebskosten [Fr/ME] 0.40 0.55 0.24Zinssatz [%] 10 10 10Erlös [Fr/ME] 1.86 2.15 2.72Gewinn pro JahrGesamtgewinn des Projektes

Wie würden Sie entscheiden?

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c). Amortisationsrechnung

Gefragt wird bei der Amortisationsrechnung (pay off in Jahren) nach der Zeitdauer, die bis zur Wiedergutmachung der Anschaffungsausgaben aus den Einnahmeüberschüssen des Projekts verstreicht (Amortisationsdauer).Einnahmeüberschüsse (Cash Flow) pro Periode »

Periodengewinn bzw. Kostenersparnis + Periodenabschreibung

Die Amortisationsdauer eines Investitionsvorhabens bildet eine Grundlage für die Abschätzung des Investitionsrisikos, das in der Unsicherheit über die Rückgewinnung des Kapitaleinsatzes seinen Ausdruck findet: je kürzer die Amortisationsdauer ist, um so geringer wird das Investitionsrisiko eingeschätzt.

Übung 26

Alternative 1 Alternative 2 Alternative 3Anschaffungskosten 100'000 50'000 150'000Geplante Nutzungsdauer [Jahr] 10 10 6Abschreibungen pro Periode 10'000 5'000 25'000Periodenkosten 24'200 13'500 39'400Stückkosten 1.21 1.35 1.97Periodengewinn 13'000 8'000 15'000Gesamtgewinn des Projekts 130'000 80'000 90'000Investitionsrentabilität 23.6% 29.1% 17.1%Amortisationsdauer

Wie würden Sie entscheiden?

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8.2. Dynamische Verfahren

Es wird hier 2 Methoden unterschieden: die Kapitalwertmethode und die Interne-Zinssatz-Methode. Diese Methoden arbeiten alle mit der Annahme eines vollkommenen und unbeschränkten Kapitalmarktes, d.h. das Kapital kann zu einem einheitlichen Kalkulationszinsfuss bereitgestellt und gegebenenfalls auch jederzeit angelegt werden.

Grundvoraussetzung für die Anwendung aller Methoden ist, konkrete Zahlungsreihen für jede Investition aufzustellen.

Die wesentlichen Ausgaben- und Einnahmenkategorien sind im folgenden angegeben:

I) Investitionsausgaben

1) Forschung und Entwicklung

2) + Beschaffung von Grundstücken und Gebäuden sowie Erstellung von Gebäuden

3) + Beschaffung und Herstellung von Maschinen, maschinellen Anlagen

4) + künftige Ersatzinvestitionen und grosse Reparaturen

5) + Installation

6) + zusätzliches Umlaufvermögen

7) + sonstige Investitionsausgaben

= Brutto-Investitionsausgaben

8) - Erlöse aus dem Verkauf alter Anlagen

9) - Erlöse durch Freisetzung von Umlaufvermögen

= Netto-Investitionsausgaben vor Steuern

10) + Ertragssteuern auf Liquidationserlösen

11) - Steuerminderungen durch nicht aktivierbare Investitionsausgaben (leasing)

= Netto-Investitionsausgaben nach Steuern

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II) Rückfluss

1) Umsatzerlöse

2) + Innenleistung

= Erträge

3) - Personalaufwendungen

4) - Materialaufwendungen

5) - Energieaufwendungen

6) - Instandhaltungsaufwendungen

7) - Werkzeugaufwendungen

8) - sonstige Aufwendungen (betriebsfremde Aufwendungen)

= Rückfluss vor Ertragssteuern

- Ertragssteuern auf Rückfluss

+ Steuerminderung durch Abschreibung

+ Steuerminderung durch Fremdkapitalzinsen

= Rückfluss nach Abzug von Ertragssteuern

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8.2.1 Kapitalwertmethode

Bezeichnet man mit

Et : Einzahlungen am Ende der Periode t, t = 0,1,..,T,At : Auszahlungen am Ende der Periode t, t = 0,1,..,T,i : Kalkulationszinsfuss,

dann gilt für den Kapitalwert C0 als Summe der diskontierten Zahlungsüberschüsse.

a) Einzelne Investition

Die Höhe des Kalkulationszinsfusses wird durch die Finanzierungskosten bestimmt, die bei Durchführung der Investition entstehen bzw. durch die Rendite, die bei alternativer Anlage der finanziellen Mittel erzielt werden könnte. Der Kalkulationszinsfuss ist also in jedem Fall Ausdruck der geforderten Mindestverzinsung des durch die Investition gebundenen Kapitals. Ein positiver Kapitalwert bringt dann zum Ausdruck, dass die Investition über die geforderte Mindestverzinsung und die Amortisation des eingesetzten Kapitals hinaus einen Überschuss erwirtschaftet.Das Kriterium der Kapitalwertmethode für eine einzelne Investition lautet: Die Investition kann als vorteilhaft eingestuft werden, wenn ihr Kapitalwert positiv ist.

Übung 27

i = 5%; I0 = 75'000

Jahr Rückflüsse

1 40'000

2 30'000

3 20'000

Lohnt es sich zu investieren?

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b) Alternativenvergleich

Bei Vorteilsvergleich von sich technisch ausschliessenden Alternativen entsteht die Notwendigkeit einer Berücksichtigung von Differenzinvestitionen. Für die Kapitalwertmethode gilt:

Ist C01-02 > 0, dann ist Investition 1 vorteilhafter als Investition 2.

Übung 28

i = 10%

Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4E1t-A1t 500 500 500 500E2t-A2t 700 600

Investitionsausgaben der Alternative 1 1'400Investitionsausgaben der Alternative 2 1'000Kapitalwert C01-02

Welche Investition ist vorteilhafter als die andere?

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8.2.2. Die Interne-Zinssatz-Methode

Der interne Zinsfuss r einer Investition ist derjenige Zinsfuss, bei dessen Anwendung als Kalkulationszinsfuss der Kapitalwert der Investition gleich Null ist:

Der interne Zinsfuss ist jener kritische Zinsfuss, bei dem der Barwert der Auszahlungen gleich dem Barwert der Einzahlungen wird.

Zur Bestimmung der Vorteilhaftigkeit einer Investition wird nach der internen Zinsfuss-Methode die Verzinsung r einer Investition einem Vergleichszinsfuss i gegenübergestellt (z.B. Kalkulationszinsfuss i der Kapitalwertmethode).Bei mehreren akzeptablen alternativen Investitionen wird nach der internen Zinsfussmethode die Investition mit dem grössten internen Zinsfuss r ausgewählt.

Für die weitere Erörterung der Interne-Zinssatz-Methode ist es zweckmässig, 2 Typen von Investitionen zu unterscheiden: reine Investitionen (pure investment) und zusammengesetzte Investitionen (mixed investment). Als reine Investition wird eine Investition bezeichnet, wenn die anfallenden Einnahmeüberschüsse während des Planungszeitraumes ausschliesslich zur Verzinsung und Amortisation des gebundenen Kapitals verwendet werden.

Investitionen dieses Typs haben die Eigenschaft, dass Reinvestitionen (Wiederholung der bisherigen Investition) während des Planungszeitraumes nicht getätigt werden müssen. Als zusammengesetzte Investition wird eine Investition mit den erforderlichen Reinvestitionen bezeichnet. Hier können mehrere positive interne Zinssätze auftreten. In diesem Fall ist die Interne-Zinssatz-Methode für die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit zusammengesetzter Investitionen ungeeignet. An ihrer Stelle sollte die Kapitalwertmethode angewendet werden.

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Page 83: Skript BW2 2008

Die Gleichung

ist ein Polynom T-ten Grades für die gesuchte Grösse r, das bis zu T reelle Nullstellen aufweisen kann. Nun haben aber reine Investitionen auch die Eigenschaft, dass sie höchstens eine Nullstelle im Bereich positiver Werte von r besitzen, d.h. der interne Zinssatz reiner Investitionen ist eindeutig. Da eine analytische Nullstellenbestimmung bei Polynomen T-ten Grades für T > 3 grundsätzlich nicht mehr möglich ist, muss man ein numerisches Verfahren zur näherungsweisen Bestimmung des (höchstens) einen positiven internen Zinssatzes anwenden. Dabei kann man wie folgt vorgehen:

1) Wahl eines beliebigen Kalkulationszinssatzes i1 und Berechnung von C01.2) Wahl eines zweiten Kalkulationszinssatzes i2, für den gilt:

i2 > i1, falls C01 > 0 oder i2 < i1, falls C01 < 0 und Berechnung von C02.3) Berechnung des 1. Näherungswertes für den internen Zinssatz durch lineare

Interpolation:

Will man verbessern, so berechnet man den zu gehörenden C03 und führt mit dem Wertepaar ( ,C03) sowie mit einem der Wertepaare (i1,C01), (i2,C02) eine weitere Interpolation durch usw...

Übung 29

I0 = 100'000

t 1 2 3 4 5Rt 30'000 40'000 30'000 20'000 20'000

Wie gross ist der interne Zinssatz?

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