Skriptum Analysis 1 mit Professor Dobrowolski - lohnt … · Vorwort: To be or not to be Ja, ja,...

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Skriptum Analysis 1 mit Professor Dobrowolski urzburg, 1998 c by M E

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Skriptum

Analysis 1mit Professor Dobrowolski

Wurzburg, 1998c©by ME

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Vorwort: To be or not to be

Ja, ja, ”sein oder nicht sein, das ist hier die Frage.“ Deshalb also hier gleich dieKlarung der Frage, was dieses Schriftstuck ist und was es eben nicht ist, vielleichtauch gar nicht (noch nicht?) sein will. Also, das vorliegende Manuskript ist imwesentlichen eine moglichst vollstandige Mitschrift der Analysis I Vorlesung desWintersemesters 1998/99, und kein von einem Fachmann erstelltes Skript. Daraus,und auch aus anderen Gegebenheiten, ergeben sich gewisse Einschrankung bezuglichder Verwendbarkeit und des Nutzens dieses Textes.

Erstens ist das Skriptum nur so verstandlich wie die Vorlesung selbst und auchder oft verkurzte Satzbau wurde in den allermeisten Fallen beibehalten, daruber-hinaus befinden sich hier keine uber die Vorlesung hinausgehende Erklarungen oderErganzungen zum behandelten Stoffgebiet. Zweitens kann nicht garantiert werden,das diese Mitschrift auch nur annahernd fehlerfrei ist (selbst grobe Fehler sind viel-leicht unentdeckt geblieben!). Dies liegt zum einen daran, dass immer wieder malTippfehler passieren konnen und zum anderen daran, dass ich selbst nicht wirk-lich alles verstande habe und daher eventuell gar nicht in der Lage bin, Fehler zuentdecken und auszumerzen. Und drittens sind vereinzelt anzutreffenden Skizzenoder Funktionsgraphen leider nicht mit entsprechendem Profi-Werkzeug, notigemKnow-how und entsprechender Sorgfalt erstellt worden und sind daher nur als gro-be Anhaltspunkte zu gebrauchen. Speziell die Funktionsgraphen bedurften eigent-lich einer Uberarbeitung (keine Achsenbeschriftung, vollig unterschiedliche und irreMassstabe in x- und y-Richtung, etc). Fur Hilfe, nicht nur in diesem Bereich wareich dankbar. Noch ein Hinweis zum Index: Der ist nicht mehr als ein (sehr schlech-ter) Witz, fur die richtige Erstellung eines solchen fehlt mir wohl die notige Geduldund vor allem Sachkenntnis.

Kurz gesagt: Dies ist kein Lehrbuch! Wer in der Vorlesung war, dort nichtskapiert hat, wird auch dies hier hochstwahrscheinlich nicht vollstandig erfassen.

So, noch eine kleine Bemerkung zum Schluss: Fur Hinweise auf Fehler,Verbesserungsvorschlage, mogliche Erganzungen und ahnliches (auch Kleinigkei-ten!!) ware ich sehr dankbar. Solche Dinge konnen mir jederzeit per Telefon(0931/8041200), e-mail ([email protected]) oder auf normalem Postweg (Zeppelinstras-se 56a, 97074 Wurzburg) mitgeteilt werden.

Die aktuellste Version dieses Dokuments liegt auf meiner Festplatte. Also einfachmal melden. Alternativ hilft vielleicht auch ein Blick unterhttp://www.lohnt-nicht.de/studium/index.html

Marcel Schuster

Version: 0.92 Last typeset: 18. September 2005Copyright (c) 2000–05 by Marcel Schuster. This material may be distri-

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Inhaltsverzeichnis

1 Die naturlichen Zahlen 11.1 Induktionsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Kombinatorik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

2 Rationale und reelle Zahlen 52.1 Axiomensystem des angeordneten Korpers . . . . . . . . . . . . . . . 5

2.1.1 Anordnungsaxiome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82.1.2 Intervalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92.1.3 Der Absolutbetrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92.1.4 Das Vollstandigkeitsaxiom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102.1.5 Verneinung von Aussagen mit Quantoren . . . . . . . . . . . 11

2.2 Einbettung der naturlichen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112.2.1 Machtigkeit von Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

2.3 Elementare Ungleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

3 Folgen 163.1 Haufungswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203.2 Die Zahl e . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213.3 Unbeschrankte Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213.4 Cauchy-Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

4 Reihen 244.1 Alternierende Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254.2 Cauchy-Kriterium und absolute Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . 264.3 Konvergenzkriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

4.3.1 Umordnung von Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284.4 Produkte von Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294.5 G-adische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

5 Stetige Funktionen 325.1 Polynome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325.2 Haufungspunkte von Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335.3 Grenzwert und Stetigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345.4 Monotone Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385.5 Stetigkeitsmodul . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395.6 Konvergenz von Funktionenfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

6 Komplexe Analysis 426.1 Komplexe Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

6.1.1 Rechenregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436.2 Polynome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446.3 Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

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6.4 Stetigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466.5 Potenzreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466.6 Exponential-, Sinus- und Cosinusfunktion . . . . . . . . . . . . . . . 476.7 Reelle e-Funktionen und Logarithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . 486.8 Reeller Sinus und Cosinus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506.9 Komplexe e-Funktion und Polarkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . 51

6.9.1 Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 516.10 Spezielle reelle Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

6.10.1 Tangens und Cotangens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 516.10.2 Arcusfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 526.10.3 Hyperbelfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

7 Das Riemannsche Integral 547.1 Eigenschaften des Integrals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 577.2 Mittelwertsatze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 597.3 Gliedweise Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 607.4 Stammfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

8 Differentiation 628.1 Mittelwertsatze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 658.2 Hauptsatze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 668.3 Hohere Ableitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 678.4 Gliedweise Differentiation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 678.5 Integrationstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

9 Der Satz von Taylor 739.1 Numerische Differentiation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 749.2 Numerische Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 759.3 Taylor-Reihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

10 Erganzungen 7810.1 Die Regeln von de l’Hospital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7810.2 Abelscher Grenzwertsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

10.2.1 Potenzreihenmethode fur Grenzwerte der Form ”00“ . . . . . 80

10.3 Partialbruchzerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8110.4 Reelle Partialbruchzerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

10.4.1 Stammfunktionen fur die reelle Partialbruchzerlegung . . . . 8210.5 Uneigentliche Integrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

A Index 86

B Alle Satze im Uberblick 90

C The Definitions 102

D Open Publication License 109

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Kapitel 1

Die naturlichen Zahlen

Wir gehen mal davon aus, dass jeder zumindest so ungefahr weiss, was die naturli-chen Zahlen sind. Fur uns beginnen die naturlichen Zahlen mit der Zahl 0, also:

N = {0; 1; 2; . . .}

Das ist durchaus etwas ungewohnlich und viele Lehrbucher machen das auch anders,aber: Es spielt keine Rolle, wo wir anfangen zu zahlen, das heisst wie wir denAusgangspunkt nennen. Schliesslich ist N mehr durch seine Eigenschaften, als durchseine Elemente gekennzeichnet (zumindest mathematisch), siehe etwas weiter unter.

Auf der Menge N ist eine Additon ”+” und eine Multiplikation ”·” definiert mit(l,m, n sind hierbei Elemente aus N):

n + m = m + n, n ·m = m · n (Kommutativitat)(l + m) + n = l + (m + n), (l ·m) · n = l · (m · n) (Assoziativitat)

n + 0 = n, m · 1 = m (Neutrale Elemente)l(m + n) = l ·m + l · n (Distributivitat)

Die Menge N ist durch die Relation ”<” total geordnet , das heißt es gelten:

T1: Es gilt nicht m < m fur alle m ∈ N. (Antisymmetrie)

T2: Aus l < m und m < n folgt l < n. (Reflexivitat)

T3: Fur alle m,n ∈ N ist genau eine Bedingung erfullt: m < n oder m > n oderm = n. (Totalitat)

(Eine Relation ist eine Abbildung der Grundstruktur, die als Ergebnis wahr oderfalsch hat.)a

1.1 Induktionsprinzip

Ein sehr wichtiges Beweismittel – nicht nur in der Analysis – ist die vollstandi-ge Induktion, sie beruht auf folgender Uberlegung: Hat eine Menge M ⊂ N dieEigenschaften:

a) 0 ∈ M ,

b) Aus n ∈ M folgt auch n + 1 ∈ M ,

aEine etwas andere (und wie ich finde genauere/bessere) Definition von Relation gibts in”Li-

neare Algebra“.

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2 KAPITEL 1. DIE NATURLICHEN ZAHLEN

so gilt M = N. (N ist also die kleinste Menge, fur die das Axiomensystem erfulltist.)b

Sei jetzt A(n) eine Aussagec, die von einem Parameter n ∈ N abhangt. Wennnun

a) A(0) richtig ist,

b) aus der Richtigkeit von A(n) die Richtigkeit von A(n + 1) folgt,

so gilt A(n) fur alle n ∈ N.

Beweis 1.1 Setze einfach M = {n ∈ N;A(n) ist richtig} und zeige, dass M = Nist, was nach dem vorher gesagten aber eigentlich klar sein sollte. ]

Beispiel 1.1 Beweise die Formeln∑

m=0m = 1

2n(n + 1) fur alle n ∈ N.

a) Die Aussage A(0) ist richtig. (Induktionsverankerung oder auch Induktions-vorraussetzung):

”n = 0“: 0 = 12 · 0 · 1

b) Ist A(n) richtig, so folgt auch A(n + 1) richtig (Induktionsschluss):n+1∑m=0

m =n∑

m=0

m + (n + 1) =12n(n + 1) + (n + 1) =

(12n + 1

)(n + 1)

=12(n + 1)(n + 2) ]

1.2 KombinatorikDefinition 1.1 Wenn fur zwei Mengen A und B gilt

Aus x ∈ B folgt x ∈ A,

so heisst B Teilmenge von A. Schreibweise: B ⊂ A (in manchen Buchern: B ⊆ A).

Beachte: Es ist A ⊂ A fur alle Mengen A.

Definition 1.2 Die leere Menge ∅ ist charakterisiert durch:

Es gilt x /∈ ∅ fur alle nur moglichen Elemente x.

Beachte: Fur alle Mengen A ist ∅ ⊂ A.d. Dies folgt aus der Wahrheitstafel furdie Folgerung ”⇒” (hier a ⇒ b):

a/b w fw w ffe w w (Dies ist eine Definition)

Hier: Aus x ∈ ∅︸ ︷︷ ︸immer falsch

folgt x ∈ A.

Definition 1.3 Sei A eine endliche Menge. Dann heisst die Anzahl der Elementevon A, geschrieben |A|, die Kardinalitat von A.

bZur Axiomatisierung von N nach Peano siehe”Lineare Algebra“.

cEine Aussage ist ein Satz (im deutsch-grammatikalischen Sinn), der entweder wahr oder falschist.

dDas ist ein (mathematischer) SatzeIm Alltag oft als hypothetische Aussage bezeichnet.

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1.2. KOMBINATORIK 3

Definition 1.4 Die Menge P (A) = {B : B ⊂ A} heisst Potenzmenge von A.

Beispiel 1.2 Es sei A = {0, 1, 2}. Dann ist die dazugehorige Potenzmenge P (A) ={∅, {0}, {1}, {2}, {0, 1}, {0, 2}, {1, 2}, {0, 1, 2}

}.

Satz 1.1 Fur alle endlichen Mengen A ist |P (A)| = 2|A|.

Beweis 1.2 Durch Induktion uber n = |A|.

”n = 0“: A = ∅ ⇒ P (∅) = {∅}, es ist also |P (∅)| = 1 = 20.

”n ⇒ n + 1“: Sei A = {a1, . . . , an+1}.Setze: B1 = {B ⊂ A : an+1 ∈ B} und B2 = {B ⊂ A : an+1 /∈ B}.Offenbar ist |P (A)| = |B1| + |B2|. Sei A = A\{an+1}. Dann gehort jedesElement von B1, wenn es um an+1 verringert wird, zu einer Teilmenge vonA und umgekehrt. Also: |B1| = |P (A)| = 2n nach Induktionsvorraussetzung.Analog erhalt man |B2| = |B1| und damit:

|P (A)| = |B1|+ |B2| = 2 · 2n = 2n+1 ].

Das Pascalsche Dreieck ist folgendermassen aufgebaut:n = 0 : 1

↙ ↘n = 1 : 1 1

↙ ↘ ↙ ↘n = 2 : 1 2 1

↙ ↘ ↙ ↘ ↙ ↘n = 3 : 1 3 3 1

↙ ↘ ↙ ↘ ↙ ↘ ↙ ↘n = 4 : 1 4 6 4 1

Das k-te Element in der n-ten Zeile bezeichnet man als Binomialkoeffizienten undschreibt dafur(

n

k

), k = 0, 1, . . . , n.

Es gilt(

n

0

)=(

n

n

)= 1 sowie

(n + 1

k

)=(

n

k

)+(

n

k − 1

), fur k = 1, . . . , n.f

Wir setzen 0! := 1 und ansonsten n! := 1 · 2 · · ·n fur n ∈ N, gemeinhin alsFakultat von n bezeichnet. Es gilt dann:(

n

k

)=

n!k! · (n− k)!

, fur alle n ∈ N, 0 ≤ k ≤ n.

Beweis 1.3 Durch Induktion uber n.

”n = 0“: 1 = 1, ok.

”n ⇒ n + 1“: Es gilt:(n + 1

k

)=(

n

k

)+(

n

k − 1

)=

n!k!(n− k)!

+n!

(k − 1)!(n + 1− k)!

=n!(n + 1− k) + n!k

k!(n−+1− k)!=

n!(n + 1)k!(n + 1− k)!

=(n + 1)!

k!(n + 1− k)!]

fMan veranschauliche sich diesen Sachverhalt mit Hilfe des Pascalschen Dreiecks. Die Richtig-keit der rekursiven Definition kann durch vollstandige Induktion gezeigt werden.

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4 KAPITEL 1. DIE NATURLICHEN ZAHLEN

Satz 1.2 Die Zahl der k-elementigen Teilmengen einer n-elementigen Menge istgegeben durch

(nk

).

Beweis 1.4 Durch Induktion uber n.

”n = 0“: Geht klar, weil ∅ ⊂ ∅ ist.

”n ⇒ n + 1“: Das machen wir wie im Beweis von Satz 1.1. (Es sei An+1 ={a1, . . . , an+1})Sei P1 = {B ⊂ A : |B| = k, an+1 ∈ B} und P2 = {B ⊂ A : |B| = k, an+1 /∈B}.Die Kardinalitat |P1| ist die Zahl der (k − 1)-elementigen Teilmengen einern-elementigen Menge, also nach Induktionsvoraussetzung

(nk−1

), weil wir k−1

Elemente auswahlen konnen, an+1 ∈ B ist ja fest vorgegeben.

Die Kardinalitat |P2| ist die Zahl der k-elementigen Teilmengen einer n-elementigen Menge, also laut Induktionsverankerung

(nk

).

Insgesamt daher |P1|+ |P2| =(nk−1

)+(nk

)=(n+1k

).

Beispiel 1.3 Die Zahl der Tipreihen im Lotto ist(496

)= 1.3983816 · 107, also ei-

ne ziemlich große Zahl. Das durfte die Chancen eines signifikanten Lottogewinnserahnen lassen.

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Kapitel 2

Rationale und reelle Zahlen

2.1 Axiomensystem des angeordneten Korpers

Korper : K = (K; +; ·; 0; 1)K ist eine Menge,

+; ·: Abbildung von K ×K nach K (Operationen)0, 1 ∈ K: Neutrale Elemente bezuglich “+” bzw. “·”

(a + b) + c = a + (b + c)(K1)a + 0 = a(K2)

Zu a existiert − a mit a + (−a) = 0(K3)a + b = b + a(K4)

(a · b) · c = a · (b · c)(K5)a · 1 = a und 1 6= 0(K6)

Zu a 6= 0 existiert a−1 mit a · a−1 = 1(K7)a · b = b · a(K8)

a · (b + c) = a · b + a · c(K9)

(Sind die Axiome K1 bis K3 erfullt, so spricht man von einer Gruppe, gilt zusatz-lich K4 spricht man von einer kommutativen Gruppe).

Beispiel 2.1 K = {0, 1}+ 0 10 0 11 1 0

· 0 10 0 01 0 1

Damit hat man den einfachsten Korper.

Folgerungen: a) Die neutralen Elemente 0,1 sind eindeutig (K2,K6)

b) Die inversen Elementej sind eindeutig (K3,K7)

c) Schreibe: a− b := a + (−b); ab := ab−1 ∧ b 6= 0

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6 KAPITEL 2. RATIONALE UND REELLE ZAHLEN

2− (−a) = a (−a) + (−b) = −(a + b)

(a−1)−1 = a a−1 · b−1 = (a · b)−1 fur a, b 6= 0a · 0 = 0 a · (−b) = ab

(−a)(−b) = a · b a · (b− c) = a · b− a · c

d) Aus a · b = 0 folgt a = 0 oder b = 0, das heißt K ist nullteilerfrei.

Beweis 2.1 a) Sei zu a ∈ K

a + 0′ = 0⇔ (−a) + (a + 0′) = (−a) + a

⇐⇒K1

((−a) + a) + 0′ = (−a) + a

⇐⇒K3

0 + 0′ = 0

⇐⇒K2

0′ = 0

Fur “·” analog.

b) Sei a + b = 0, a + c = 0

Dann:(−a) + a + b = (−a) + a + c

⇐⇒K3

0 + b = 0 + c

⇐⇒K2

b = c

c) Wegen a + (−a) = (−a) + a = 0 ist a das inverse Element zu (−a), also:−(−a) = a

Es gilt a + b + (−a) + (−b) = 0, also auch:(a + b) + (−(a + b)) = 0also aufgrund der Eindeutigkeit des inversen Elements:(−a) + (−b) = −(a + b)

Es gilt:a · 0 = ·(0 + 0) = a · 0 + a · 0also a · 0 = 0

Weiter:0 · b = (a− a)b = a + b + (−a)b

⇒ (−a) · b = −ab

⇒ (−a) · (−b) = −a(−b) = −(−ab) = ab

d) Sei a 6= 0. Dann folgt aus

a · b = 0,

a−1 · a · b = a−1 · 0 aus c): a−1 · 0 = 0b = 0

und analog fur die Annahme b 6= 0.

Regeln fur die Bruchrechnung

(Fur alle weiteren Betrachtungen gilt b, d 6= 0)

a) ab + c

d = a·d+c·bb·d

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2.1. AXIOMENSYSTEM DES ANGEORDNETEN KORPERS 7

b) ab ·

cd = d·c

b·d

c) 1ab

= ba ; a, b 6= 0

Die Beweise hierfur erfolgen in den Ubungen.

Definition 2.1 Setze a0 := 1 und

(2.1) an = a · a · · · · · a︸ ︷︷ ︸n-mal

fur alle a ∈ K

Beachte: 00 := 1

Satz 2.1 (Binomische Formel) Fur alle a, b ∈ K, n ∈ N gilt:

(2.2) (a + b)n =n∑k=0

(n

k

)an−kbk

Beweis 2.2 Durch vollstandige Induktion uber nn = 0: 1 = 1 ok.n → n + 1:

(2.3) (a + b)n+1 = (a + b)n · (a + b) =Ind.vor.

(n∑k=0

(n

k

)an−kbk

)(a + b) =

=K9,K8

n∑k=0

(n

k

)an+1−kbk +

n∑k=0

(n

k

)an−kbk+1 =

an+1 +n∑k=1

(n

k

)an+1−kbk +

n−1∑k=0

(n

k

)an−kbk+1 + bn+1 =

an+1 +n∑k=1

(n

k

)an+1−kbk +

n∑j=1

(n

j − 1

)an+1−jbj + bn+1 =

an+1 +n∑k=1

(n+1k )︷ ︸︸ ︷((

n

k

)+(

n

k − 1

))an+1−kbk + bn+1 =

n+1∑k=0

(n + 1

k

)(an+1bk)

Satz 2.2 (Geometrische Summenformel) Fur alle q 6= 1 gilt:

(2.4)n∑k=0

qk =1− qn+1

1− a

Beweis 2.3 n = 0: 1 = 1−q1−q = 1 ok.

n → n + 1:

n+1∑k=0

qk =n∑k=0

qk + qn+1

=1− qn+1

1− q+ qn+1 =

1− qn+1 + qn+1 − qn+2

1− q=

1− qn+2

1− q

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8 KAPITEL 2. RATIONALE UND REELLE ZAHLEN

2.1.1 Anordnungsaxiome

Es gibt eine Menge P ⊂ K (”positive Zahlen“) mit

A1: Es gilt genau eine der folgenden Bedingungen:a ∈ P , −a ∈ P , a = 0 fur alle a ∈ K.

A2: Fur a, b ∈ P ist auch a + b ∈ P und a · b ∈ P

Definition 2.2 Fur a, b ∈ K setze a < b ⇔ b− a ∈ P .a ∈ P heißt ”a positiv“, −a ∈ P heißt ”a negativ“.Eine Struktur, die K1 bis K9, A1, A2 erfullt, heißt angeordneter Korper.

Folgerungen:

a) ”<“ ist eine totale Ordnung auf K.

b) a < b ⇒ a + c < b + c

c) a < b ⇒ −b < −a

d) a < b, c > 0 ⇒ a · c < b · ca < b, c > 0 ⇒ a · c > b · c

e) a2 > 0 fur alle a 6= 0.

f) 1 > 0

g) a > 0 ⇒ 1a > 0, a < 0 ⇒ 1

a < 0

h) 0 < a < b ⇒ ab < 1, ba > 1, 1

a > 1b

i) a < b und c < d ⇒ a + c < b + d

j) 0 < a < b und 0 < c < d ⇒ ac < bd

Beweis 2.4 a) T1 a < a ist falsch, a < a ⇐⇒ a− a ∈ P : Widerspruch zu A1

T2 a < b, b < c ⇒ a < c

a < b ⇐⇒ b− a ∈ P, b < c ⇐⇒ c− b ∈ P

⇒A2

b− a + c− b ∈ P ⇐⇒ a < c

T3 a < b, a > b oder a = 0 ist A1

b) a < b ⇐⇒ b− a ∈ P ⇐⇒ (b + c)− (a + c) ∈ P ⇐⇒ a + c < b + c

c) a < b ⇐⇒ b− a ∈ P ⇐⇒ −(−b) + (−a) ∈ P ⇐⇒ −b < −a

d) a < b ⇒ b− a ∈ P ⇒A2

(b− a)c ∈ P ⇒ ac < bc

a < b ⇒ b− a ∈ P ⇒c<0,A2,A1

(b− a)(−c) ∈ P ⇒ bc < ac

e) a > 0 ⇒ a2 > 0a < 0 ⇒

A1−a > 0 ⇒ (−a)2 ∈ P ⇒ a2 > 0

f) Setze a = 1 in e): 12 = 1 > 0

g) a > 0. Wegen a · a−1 = 1 ist a−1 6= 0.Angenommen a−1 < 0Dann −a−1 > 0 ⇒ −a−1 ∈ P ⇒

A2−1 ∈ P Widerspruch in f)

Rest als Ubung

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2.1. AXIOMENSYSTEM DES ANGEORDNETEN KORPERS 9

2.1.2 Intervalle12.11.98

(a, b) = {x ∈ K : a < x < b} ”offen“[a, b) = {x ∈ K : a ≤ x < b} ”halboffen“[a, b] = {x ∈ K : a ≤ x ≤ b} ”abgeschlossen“

(−∞, b) = {x ∈ K : x < a} ”unbeschranktes[a,∞) = {x ∈ K : x ≥ a} Intervall“

2.1.3 Der Absolutbetrag

Definition 2.3 |a| := a falls a ≥ 0|a| := −a falls a < 0

Es gilt: −|a| ≤ a ≤ |a| fur alle a ∈ K.

Satz 2.3 Der Absolutbetrag ist eine Norm auf K, das heißt

a) |a| ≥ 0 und |a| = 0 gerade dann wenn a = 0

b) |ab| = |a||b| (positiv homogen)

c) |a + b| ≤ |a|+ |b| (Dreiecksungleichung)

Beweis 2.5 a) klar

b) a > 0, b > 0: |ab| = ab |a||b| = aba < 0, b > 0: |ab| = −ab|a||b| = −aba < 0, b < 0: |ab| = (−a)(−b) = ab |a||b| = ab

c) Aus −|x| ≤ x ≤ |x| folgt fur x = a, b−|a| − |b| ≤ a + b ≤ |a|+ |b| ]

Folgerungen:

|a| ≥ |b| − |a− b|(2.5)|a| ≥ |b− a| − |b|(2.6)

Beweis 2.6 |b| = |b− a + a| ≤ |b− a|+ |a|Setze hier b′ = a− b, erhalte die 2.Ungleichung. ]

Satz 2.4 (Bernoulli-Ungleichung) Fur a > −1 gilt

(2.7) (1 + a)n ≥ 1 + na

fur alle n ∈ N.

Beweis 2.7 Durch vollstandige Induktion

n = 0: 1 ≥ 1 ok.

n ⇒ n + 1:

(1 + a)n+1 = (1 + a)n(1 + a) ≥Ind.vor a≥−1

(1 + na)(1 + a)

= 1 + na + a + na2︸︷︷︸≥0

≥ 1 + (n + 1)a

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10 KAPITEL 2. RATIONALE UND REELLE ZAHLEN

2.1.4 Das Vollstandigkeitsaxiom

Definition 2.4 M ⊂ K heißt nach oben beschrankt, wenn es ein s ∈ K gibt mitx ≤ s fur x ∈ M .

s heißt dann obere Schranke, s0 heißt kleinste obere Schranke, wenn s0 ≥ s furalle oberen Schranken s und s0 selber obere Schranke ist.

Bezeichnung: s0 = supM (sup = Supremum)

Beispiel 2.2 Die Intervalle (1, 2) und (1, 2] haben beide das Supremum 2. Es gilt2 /∈ (1, 2), aber 2 ∈ (1, 2], das heißt 2 ist hier auch Maximum.

Begriffe: ∈ M /∈ Moben Maximum Supremumunten Minimum Infinum

Jedes Maximum ist auch Supremum, aber nicht unbedingt umgekehrt.

Axiom 1 (V) ”Jede nichtleere nach oben beschrankte Teilmenge von K besitzt einekleinste obere Schranke.“heißt Vollstandigkeitsaxiom. Der (eindeutig bestimmte) Korper, der die AxiomeK1–K9, A1, A2, V erfullt, heißt Korper der reellen Zahlen. Bezeichnung: R, R := R.

Exkurs: N = (N,′ , =)

a) 0 /∈ Bild von

b) n′ = m′ ⇒ n = m

c) Fur alle M ⊂ N

(a) 0 ∈ M

(b) n ∈ M ⇒ n′ ∈ M

dann ist M = N

Die rationalen Zahlen Q = {x ∈ R : x = ±pq , p, q ∈ N, q 6= 0} bilden einen

angeordneten Korper.

Beispiel 2.3 M = {x : x2 < 2}M ist nach oben beschrankt, denn

(32

)2 = 94 > 2, also gilt fur die kleinste obere

Schranke 1 < s0 ≤ 32

Zu zeigen: s20 = 2

Angenommen, s20 < 2. Fur ε = 2−s20

4 > 0 gilt

(s0 + ε)2 = s20 + 2εs0 + ε2

!< 2

⇔ 0!< 2− s2

0 −2− s2

0

2s0 +

(2− s2

0

16

)2

= (1− s0

2− 2− s2

0

16︸ ︷︷ ︸>0

)(2− s20︸ ︷︷ ︸

0

)

Damit s0 keine obere Schranke. Widerspruch!! Analog widerlegt man s20 > 2. Damit

ist s0 mit s20 = 2 kleinste obere Schranke.

Zu zeigen: s0 /∈ QAnnahme: s0 ∈ Q, s0 = p

q fur q 6= 0.

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2.2. EINBETTUNG DER NATURLICHEN ZAHLEN 11

p, q konnen als teilerfremd angenommen werden:s20 = p2

q2 = 2 ⇒ p2 = 2q2

Da das Quadrat einer ungeraden Zahl ungerade ist, muß p = 2l fur l ∈ N gelten.

(2l)2 = 2q2 ⇐⇒ 2l2 = q2

Nach gleichem Argument ist auch q gerade, q = 2m. Widerspruch zu p, q teilerfremd!Also:

√2 ist irrational. Q erfullt V nicht.

Satz 2.5 s0 ist genau dann Supremum von M , wenn

a) x ≤ s0 fur alle x ∈ M .

b) Zu jedem ε > 0 gibt es ein x ∈ M mit s0 − ε < x

Beweis 2.8 Sei s0 = supM . Dann ist s0 obere Schranke, also a) erfullt. Angenom-men b) ist nicht erfullt. Dann gibt es ein ε > 0, so daß s0− ε < x fur kein x. Damitist s0 − ε obere Schranke. Widerspruch!!

Umgekehrt: Seien a),b) erfullt. Nach a) ist s0 obere Schranke. Nach b) muß dieseauch die kleinste sein. ].

2.1.5 Verneinung von Aussagen mit Quantoren

∀ ”fur alle . . .“∃ ”es existiert . . .“

}Quantoren

Die Aussage b) im Satz 2.5 heißt dann ∀ε>0∃x∈Ms0 − ε < xVerneinung:

∃ε > 0 ¬(∃x ∈ M : s0 − ε < x)⇐⇒ ∃ε > 0 ∀x ∈ M¬(s0 − ε < x)⇐⇒ ∃ε > 0 ∀x ∈ Ms0 − ε ≥ x

Verneinungsregeln

¬(∃xα(x)) ⇐⇒ ∀x¬α(x)¬∀xα(x) ⇐⇒ ∃x¬α(x)

2.2 Einbettung der naturlichen Zahlen

N ∈ N → n · 1 ∈ R

Satz 2.6 Sei n ∈ N\{0}, a ≥ 0. Dann gibt es genau ein n√

a ∈ R. n√

a ≥ 0 mit

( n√

a)n = a

Fur diese n-te Wurzel gilt:n√

an√

b = n√

ab

Beweis 2.9 Setze M = {x ∈ R : x ≥ 0, xn ≤ a}Wie beim Beweis fur

√2 zeigt man, daß (supM)n = a. Wenn es zwei Losungen

b, c mit b < c von bn = cn ≤ an gibt, so bn < cn. Widerspruch!!Klar, daß ( n

√a n√

b)n = ab

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12 KAPITEL 2. RATIONALE UND REELLE ZAHLEN

Fur a > 0; m,n ∈ N\{0}, r = mn setze

amn := ( n

√a)m, a−

mn =

1( n√

a)m

Dann gilt(ar)s = ars arbr = (ab)r aras = ar+s

fur alle a > 0; r, s ∈ Q.

Satz 2.7 Die reellen Zahlen sind archimedisch angeordnet, das heißt die Menge dernaturlichen Zahlen ist unbeschrankt in R, das heißt es gibt kein s ∈ R mit

n ≤ s fur alle n ∈ N

Beweis 2.10 Andernfalls gibt es eine kleinste obere Schranke (Vollstandigkeitsaxi-om!!) s0 fur N. Satz 2.5 liefert fur ε = 1

s0 − 1 < n ≤ s0 fur ein n ∈ N

Dann s0 < n + 1 ∈ N. Widerspruch!!

Satz 2.8 Zu a > 0, b ∈ R gibt es ein n ∈ N mit na > b.

Beweis 2.11 Andernfalls ware ba ≥ n fur alle n ∈ N. Widerspruch zu Satz 2.7. ]

Satz 2.9 Sei a ≥ 0. Wenn a ≤ 1n fur alle n ∈ N, so ist a = 0.

Beweis 2.12 Andernfalls ware a > 0 und 1a ≥ n fur alle n. Widerspruch zu Satz

2.7! ]

Satz 2.10 Zu a, b ∈ R mit a < b gibt es ein r ∈ Q mit

(2.8) a < r < b

Beweis 2.13 Satz 2.8 liefert n(b− a) > 1, also

(2.9) 0 <1n

< b− a

Sei zunachst a > 0. Nach Satz 2.8 gibt es ein m ∈ N mit mn > a.

Die Menge M = {m ∈ N : mn > a} hat ein kleinstes Element k, also

(k − 1)n

≤ a <k

n

Ware kn ≥ b, so

k − 1n

≥ b− 1n

>2.9

b− (b− a) = a

Widerspruch!! r = kn ist die gesuchte Zahl. Der Fall a < 0 als Ubung. ]

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2.2. EINBETTUNG DER NATURLICHEN ZAHLEN 13

2.2.1 Machtigkeit von Mengen

Definition 2.5 Seien A,B Mengen, f : A → B eine Abbildung

f(A) = {b ∈ B : f(a) = b fur ein a ∈ A}f−1(C) = {a ∈ A : es gibt b ∈ C mit f(a) = b}

f heißt surjektiv, wenn f(A) = B. f heißt injektiv, wenn aus f(a) = f(a) folgta = a. f heißt bijektiv, wenn f surjektiv und injektiv ist. In diesem Fall haben wireine 1-1 Zuordnung der Elemente von A zu den Elementen von B.

Definition 2.6 Fur n ∈ N heißt An = {m ∈ N : m < n} der n-te Abschnitt dernaturlichen Zahlen.

Definition 2.7 Eine Menge A heißt endlich, wenn es eine Bijektion eines An aufA gibt. Wir schreiben dann Kardinalitat von A = |A| = n.

A heißt abzahlbar, wenn es eine Bijektion von N auf A gibt. Wenn A wederendlich noch abzahlbar ist, heißt A uberabzahlbar.

Vorsicht: Bei unendlichen Mengen gibt es Bijektionen der Menge auf eine echteTeilmenge, z. B.: f : n 7→ 2n

Satz 2.11 Die abzahlbare Vereinigung abzahlbarer Mengen ist abzahlbar.

Beweis 2.14 Seien Bk fur k ∈ N abzahlbar, das heißt es gibt Bijektionen fk : N →Bk.

Schreibe:f0 : f0(0) f0(1) f0(2) f0(3) . . .f1 : f1(0) f1(1) f1(2) f1(3) . . .f2 : f2(0) f2(1) f2(2) f2(3) . . ....

Durch dieses 1. Cantorsche Diagonalargument haben wir eine Bijektion von N →⋃∞k=0 Bk gefunden. ]

Satz 2.12 Q ist abzahlbar.

Beweis 2.15 Schreibe:11

21

31

41 . . .

12

22

32

42 . . .

13

23

33

43 . . .

Damit ist die Menge der positiven rationalen Zahlen abzahlbar. Die Vereinigungzweier abzahlbarer Mengen ist abzahlbar. ]

Satz 2.13 Die Menge der reellen Zahlen ist uberabzahlbar.

Lemma 2.14 Die Menge F der unendlichen Folgen der Zahlen 0 oder 1, das istF = {f : N → {0; 1}}, ist uberabzahlbar.

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14 KAPITEL 2. RATIONALE UND REELLE ZAHLEN

Beweis 2.16 Angenommen, g : N → F ist bijektiv, das heißt F = {f0, f1, . . .}Schreibe:f0 : f0(0) f0(1) f0(2) . . .f1 : f1(0) f1(1) f1(2) . . .f2 : f2(0) f2(1) f2(2) . . ....

Definiere ϕ ∈ F durch

g(m) =

{0 falls fm(m) = 11 falls fm(m) = 0

Widerspruch dazu, daß ϕ eine Bijektion ist. (Dies ist das 2. Cantorsche Diago-nalargument). ]

Beweis 2.17 (zu Satz 2.13) Jede Dezimalzahlx : 0.n1n2 . . . nk ∈ {0, 1, . . . , 9}reprasentiert eine reele Zahl im Intervall [0, 1], denn mit

M = {x(k) = 0, n1n2 . . . nk, k ∈ N}ist x = supM .Betrachte A = {x : x = 0, n1n2 . . . nk, nk ∈ {0, 1}} ⊂ [0, 1]Nach dem Lemma ist schon diese Menge uberabzahlbar. ]

2.3 Elementare Ungleichungen

Satz 2.15 (Youngsche Ungleichung) Mit ε) Fur a, b ∈ R, ε > 0 gilt

(2.10) |ab| ≤ ε

2a2 +

12ε

b2

Beweis 2.18 0 ≤ (a± b)2 = a2 ± 2ab + b2 ⇒ |ab| ≤ 12a2 + 1

2b2

Schreibe: a =√

εa b = ε−12 b

|ab| ≤ ε2a2 + 1

2εb2

Satz 2.16 (Cauchy-Ungleichung) Fur a1, . . . , an ∈ R; b1, . . . , bn ∈ R gilt

(2.11)n∑i=1

aibi ≤

(n∑i=1

a2i

) 12(

n∑i=1

b2i

) 12

Beweis 2.19 Durch Induktion uber n.

n = 1:√

n ⇒ n + 1:

n+1∑i=1

aibi =n∑i=1

aibi + an+1bn+1

≤Ind.vor.

( n∑i=1

a2i︸ ︷︷ ︸

e

) 12( n∑i=1

b2i︸ ︷︷ ︸

f

) 12

+ |an+1|︸ ︷︷ ︸√g

|bn+1|︸ ︷︷ ︸√h

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2.3. ELEMENTARE UNGLEICHUNGEN 15

Zu zeigen:

√e ·√

f +√

g√

h!≤√

e + g√

f + h

⇐⇒ ef + gh + 2√

efgh ≤ (e + g)(f + h)

⇐⇒ 2√

efgh < eh + g · f

Das ist Satz 2.15 mit a =√

eh, b =√

gf .

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Kapitel 3

Folgen

Definition 3.1 Eine Abbildung a : N → R heißt Zahlenfolge. Schreibe: an = a(n)sowie a = (an)n∈N oder a = (an).

Eine Folge heißt monotonsteigendfallend falls an+1

≥≤ an fur alle n ∈ N.

Eine Folge heißt streng monotonsteigendfallend falls an+1

><

fur alle n ∈ N.

Eine Folge heißt beschrankt, falls es ein M ∈ R gibt mit

|an| ≤ M fur alle n ∈ N

Eine Folge heißt konvergent gegen a ∈ R, wenn es zu jedem ε > 0 ein N ∈ N gibt,das von ε abhangen darf, mit

|an − a| < ε fur alle n ≥ N

Schreibweise: limn→∞ an = a (”Limes“)oder an → a (”konvergent gegen“)

Beispiel 3.1 a) an = 1n , n ≥ 1

a1 = 1, a2 = 12 , a3 = 1

3

Zu jedem ε > 0 gibt es nach Archimedes ein N mit1N

< ε

Dann: |an − 0| = an = 1n < 1

N < ε fur alle n > N .

Es gilt also limn→∞ an = 0.

b) an = (−1)n

a0 = 1, a1 = −1, a2 = 2

Die Folge (an) ist beschrankt, weil |an| ≤ 1

-1 0 1− ε 1 1 + ε

Aber an konvergiert nicht.

Definition 3.2 Sei ε > 0, a ∈ R. Dann heißt Uε(a) = {x ∈ R : a− ε < x < a + ε}(offene) ε-Umgebung von a.

a− ε a a + ε Uε(a) = {x : |a− x| < ε}

16

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17

Satz 3.1 Jede der folgenden Aussagen ist zu limn→∞ an = a aquivalent.

a) Zu jedem k ∈ N gibt es ein N ∈ N mit |an − a| < 1k fur alle n ≥ N .

b) In jeder ε-Umgebung von a liegen ”fast alle“ Folgenglieder, das sind alle bisauf endlich viele.

Beweis 3.1 a) Aus der Definition folgt a

a ⇒ Definition: Zu ε > 0 gibt es ein k ∈ N mit 1k < ε (nach Archimedes)

Dann folgt fur das N = N(k) aus a

|an − a| < 1k < ε fur alle n ≥ N .

b) Aus der Definition folgt b, weil die Definition besagt an ∈ Uε(a) fur alle n ≥ N ,und das sind fast alle. Umgekehrt genauso. ]

Analog: limn→∞

an = a ⇐⇒ |an − a| ≤ bn fur alle n ≥ N , wobei limn→∞

bn = 0 ]

Satz 3.2 Jede konvergente Folge ist beschrankt.

Beweis 3.2 Wahle ε = 1 in der Definition. Dann|an − a| < 1 fur alle n ≥ N .Also |an| ≤ |an − a|+ |a| < 1 + |a|.Setzte M = max{|a0|, |a1|, . . . , |aN−1|, 1 + |a|}, also |an| ≤ M fur n ∈ N. ]

Satz 3.3 Wenn (an) konvergiert, so ist der Grenzwert eindeutig bestimmt.

Beweis 3.3 Sei lim an = b, lim an = c, b 6= c-

b− ε b b + ε c− ε c c + εWiderspruch zu: In jeder ε-Umgebung mussen fast alle Folgenglieder liegen. ]

Definition 3.3 Sei (an)n∈N eine Folge, ϕ : N → N eine streng monoton steigendeFolge, insbesondere ϕ(n) ≥ n. Dann heißt die Zahlenfolge (aϕ(n))n∈N Teilfolge vona.

Anschaulich: Streiche beliebige Folgenglieder aus an heraus, aber lasse noch unend-lich viele ubrig.

Beispiel 3.2 an = (−1)n a2n = 1, a2n+1 = −1

Satz 3.4 Eine Folge ist genau dann konvergent, wenn jede Teilfolge konvergiert.Enthalt eine Folge zwei Teilfolgen, die gegen verschiedene Grenzwerte konvergie-ren oder eine Teilfolge, die nach oben oder unten unbeschrankt ist, so ist sie nichtkonvergent.

Beispiel 3.3 (i) Sei p ∈ N\{0}. Dann ist limn→∞1

p√n

= 0.

Beweis 3.4 1p√n

!< k ⇐⇒ kp = N − 1

(ii) Sei q ∈ R. Betrachte an = qn.

|q| < 1 : lim an = 0

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18 KAPITEL 3. FOLGEN

q = 1 : an = 1 lim an = 1

q = −1 oder |q| > 1 : an divergiert. (das heißt konvergiert nicht)

Beweis 3.5 Fur |q| < 1 ist 1|q| > 1 also 1

|q| = 1 + h mit h > 0.

Nach Bernoulli gilt:

(1|q|

)n = (1 + h)n ≥ 1 + nh ≥ nh

= n1− |q||q|

⇒ |q|n ≤ |q|1− |q|

· 1n

]

q = −1: 1,−1, 1, . . . klar

|q| > 1: folgt aus dem nachsten Satz. ].

(iii) Sei |q| < 1, p ∈ N. Dann ist limn→∞ npqn = 0

(iv) Sei a > 0. Dann ist limn→∞q√

a = 1.

Beweis 3.6 Sei a ≥ 1. Dann n√

a ≥ 1. Betrachte bn = n√

a− 1 ≥ 0.

a = (1 + bn)n ≥ 1 + nbn

Also bn ≤ a−1n → 0 und daher n

√a → 1.

Der Fall 0 < a < 1 folgt wieder aus dem nachsten Satz.

(v) limn→∞n√

n = 1

Beweis 3.7 bn = n√

n− 1 ≥ 0, n ≥ 2

n = (bn + 1)n ≥ 1 +(n2

)b2n(nach der binomischen Formel) ⇒ b2

n ≤ 2n → 0

(vi) lim an

n! = 0 fur alle a ∈ R

Beweis 3.8 Sei m so gewahlt, daß∣∣ am

∣∣ < 12

Dann gilt:∣∣an

n!

∣∣ ≤ ∣∣am

m!

∣∣ · |a|n−m

mn−m < c ·(

12

)n−m → 0

(vii) n√

n! ist unbeschrankt.

Beweis 3.9 Angenommen n√

n! ≤ a fur ein a ∈ R. Dann ist n! ≤ an ⇔ an

n! ≥ 1Dies ist ein Widerspruch zu (vi)!!

Satz 3.5 Seien (an), (bn) Folgen mit lim an = a, lim bn = b. Dann sind auch(λan), (an + bn), (an · bn), (an

bn) (falls bn, b 6= 0) konvergent mit

a) lim λan = λ lim an

b) lim(an + bn) = lim an + lim bn

c) lim(anbn) = lim an · lim bn

d) lim an

bn= lim an

lim bn

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19

Beweis 3.10 a) ist Spezialfall von c) mit bn = λ

b) Sei ε2 vorgegeben. Dann gibt es Na, Nb ∈ N mit

|an − a| < ε2 fur alle n ≥ Na

|bn − b| < ε2 fur alle n ≥ Nb

Fur n ≥ N = max(Na, Nb) gilt

|(an + bn)− (a + b)| ≤ |an − a|+ |bn − b|

2+

ε

2= ε

c) Da (an), (bn) konvergent sind, sind sie auch beschrankt, also |an| ≤ A, |bn| ≤B. Zu ε

2B , ε2A gibt es Na, Nb mit

|an − a| < ε2B fur alle n ≥ Na

|bn − b| < ε2A fur alle n ≥ NB

Fur n ≥ N = max(Na, Nb) gilt

|anbn − ab| = |anbn − anb + anb− ab|≤ |anbn − anb|+ |anb− ab|≤ |an||bn − b|+ |b||an − a|

≤ A · ε

2A+ B · ε

2B= ε

d) Wegen c) zeige die Behauptung nur fur an = 1. Es gibt ein N mit |bn − b| <|b|4 ∀n ≥ N

Aus der inversen Dreiecksungleichung folgt

|bn| ≥ |b| − |b− bn| > |b| − |b|4 = 3

4 |b|Daher 1

|bn| ≤4

3|b|

Fur n ≥ N gilt:∣∣∣∣ 1bn− 1

b

∣∣∣∣ = ∣∣∣∣b− bnbnb

∣∣∣∣≤ |b− bn|

43|b|2

→ 0 ]

Nachtrag: n√

a fur 0 < a < 1

Wir hatten bereits gezeigt, daß lim√

1a = 1, weil 1

a > 1. Nach d) folgt dann

lim n√

a = lim 1n√

1a

= 1. ]

Satz 3.6 Wenn (an), (bn) konvergent sind mit an ≤ bn, dann ist lim an ≤ lim bn.

Beweis 3.11 Klar! (Trivial)

Beachte: Ahnliches gilt nicht fur die ”<“-Relation, zum Beispiel an = 1, bn =1 + 1

n . Es gilt an < bn, aber lim an = lim bn. ]

Satz 3.7 Sei (an) monoton wachsend/fallend und nach oben/unten beschrankt.Dann konvergiert (an).

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20 KAPITEL 3. FOLGEN

Beweis 3.12 Sei (an) monoton wachsend und nach oben beschrankt. Setze a =sup{an : n ∈ N}.

Nach Satz 2.5 gibt es zu jedem ε > 0 ein aN mit a−ε < aN < a. Da (an) monotonwachsend, folgt a − ε ≤ an ≤ a ∀n ≥ N . Damit liegen fast alle Folgenglieder injeder ε-Umgebung von a, also lim an = a. ]

Schreibweise: an ↗ a (”konvergiert von unten“)an ↘ a (”konvergiert von oben“)

Beispiel 3.4 (Babylonisches Wurzelziehen) Sei a > 0, a0 > 0 ein beliebigerStartwert. Dann

an+1 = 12 (an + a

an) fur alle n ∈ N.

Zum Beispiel a = 2:a0 = 1, a1 = 1

2 (1 + 21 ) = 3

2a2 = 1

2 ( 32 + 2

32) = 1

2 ( 32 + 4

3 ) = 9+812 = 17

12 = 1.416√

2 = 1.4142 . . .Die Youngsche Ungleichung (Satz 2.15) liefert:

√a =

√an · a

an≤ 1

2an + 12aan

= an+1 also an ≥√

a fur alle n ≥ 1.

Daraus folgt aan≤ an, also an+1 = 1

2an + 12aan

+ 12an = an, das heißt (an) ist

monoton fallend. Nach Satz 3.7: lim an = c. Nach Satz 3.6 ist lim 12an = 1

2c undlim a

2an= a

2c . Nach der Definition ist c = 12c + a

2c . Daher ist c =√

a. ].

Satz 3.8 (Intervallschachtelung) Seien J0, J1, . . . eine Folge von Intervallenmit Jn ⊃ Jn+1

Wenn anbn die Endpunkte von Jn sind, so sei lim(bn − an) = 0. Dann gibt esgenau ein a ∈ R mit a ∈

⋂∞n=0 Jn.

Beweis 3.13 Die linken Eckpunkte aN sind monoton steigend, die rechten bn mo-noton fallend. Nach Satz 3.7 ist ak ≤ limn→∞ an ≤ limn→∞ bn ≤ bk fur alle k ∈ N.Wegen bk − ak → 0 sind die Grenzwerte gleich. ]

3.1 Haufungswerte

Definition 3.4 Sei (an) eine Folge. a ∈ R heißt Haufungswert (Haufungspunkt),wenn in jeder Umgebung von a unendlich viele Folgenglieder liegen, das heißt furalle ε > 0 ist |an − a| < ε fur unendlich viele n. (Aus Grenzwert folgt naturlichsofort Haufungswert)

Beispiel 3.5 an = (−1)n = (1,−1, 1,−1, . . . )(an) hat die Haufungswerte −1 und 1, aber keinen Grenzwert.

Satz 3.9 Zu jedem Haufungswert von (an) gibt es eine Teilfolge von (an), die gegenden Haufungswert konvergiert.

Beweis 3.14 Wahle ϕ(0) beliebig. Zu n ∈ N\{0} wahle ein ϕ(n) mit ϕ(n) >ϕ(n − 1), |aϕ(n) − a| < 1

n , wobei a der Haufungswert der Folge (an) sei. Dann istlimn→∞ aϕ(n) = a. ]

Satz 3.10 (Bolzano-Weierstraß) Jede beschrankte Folge hat einen Haufungs-wert.

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3.2. DIE ZAHL E 21

Korollar 3.11 Jede beschrankte Folge hat eine konvergente Teilfolge.

Beweis 3.15 Es |an| ≤ M fur ein M ∈ R, da (an) beschrankt ist. Sei nun J0 =[−M,M ]. Sei Jn = [an, bn] bereits konstruiert. Setze

Jn+1

{[an, an+bn

2 ], falls in diesem Intervall unendlich viele Folgenglieder sind[an+bn

2 , bn], sonstInduktiv erhalte: Jn enthalt unendlich viele Folgenglieder Jn ⊃ Jn+1, |an−bn| →

0.Nach den beiden letzten Eigenschaften gibt es genau ein a mit a ∈

⋂∞n=0 Jn

(Intervallschachtelung). Sei jetzt Uε(a) eine beliebige ε-Umgebung von a: Uε = (a−ε, a + ε), ε > 0. Da die Lange der Jn gegen 0 geht, gibt es zu jedem ε > 0 ein n ∈ Nmit Jn ⊃ Uε, das heißt auch Uε enthalt unendlich viele Folgenglieder. ]

3.2 Die Zahl e

Ein Kapital verdoppelt sich nach 1 Zeiteinheit. Wie groß ist das Kapital, wenn dieZinsen bei gleichem Zinssatz haufiger gezahlt werden? (Zinseszinseffekt!)

Bei 2 Zahlungen: Nach 12 Zeiteinheit: 1 + 1

2

Nach 1 Zeiteinheit: (1 + 12 )2

Nach n Zahlungen: (1 + 1n )n

Satz 3.12 Die Folge an = (1 + 1n )n ist streng monoton steigend mit 2 ≤ an < 3.

Sie besitzt daher einen Grenzwert

lim an =: e (e = 2.718 . . . )

Beweis 3.16

anan−1

=(

n + 1n

)n·(

n− 1n

)n−1

=(

n2 − 1n2

)n· n

n− 1=(

1− 1n2

)nn

n− 1

>Ber. mit a 6= 0

(1− n

n2

)( n

n− 1

)= 1

Also ist an streng monoton steigend.

an =(

1 +1n

)n=

n∑k=0

(n

k

)1nk

= 1 +n∑k=1

(n

k

)1nk

Da:(nk

)1nk = n(n−1)(n−2)...(n−k+1)

n·n·n...n1k! < 1

k! ≤1

2k−1 , gilt:

an ≤ 1 +n∑k=1

(12

)k−1

= 1 + 1 +12

+14

+ · · · ≤ 3 ]

3.3 Unbeschrankte Folgen

Definition 3.5 Wir schreiben lim an = ±∞, falls es zu jedem K > 0 ein N ∈ Ngibt mit

an

{> K bei +∞< K bei −∞

Solche Folgen heißen auch bestimmte Divergenz.

Satz 3.13 Sei lim an = ∞, lim bn = b ∈ R. Dann gilt

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22 KAPITEL 3. FOLGEN

a) lim(λan) = ∞ falls λ > 0= −∞ falls λ < 0

b) lim 1an

= 0 falls an 6= 0

c) lim(an + bn) = ∞

d) lim(anbn) = ∞ falls b > 0

Definition 3.6 Sei (an) beschrankt. Dann heißt a∗ = kleinster Haufungswert von(an) der Limes inferior von (an),

lim infh→∞

an = a∗

Der großte Haufungswert a∗ heißt Limes superior.

lim supn→∞

an = a∗

Begrundung: Ein Haufungswert von Haufungswerten ist immer auch Haufungs-wert der Folge.

Beispiel 3.6 (i) an = (1 + −1n )n

n gerade: an = (1 + 1n )n → e.

n ungerade:

an =(

1− 1n

)n=(

n− 1n

)n=(

n

n− 1

)n=

n′=n−1

(n′ + 1

n

)−n′−1

=(

1 +1n′

)−n′· n′

n′ + 1=

=1

(1 + 1n′ )

n′· n′

n′ + 1→ 1

e= e−1

Deshalb: lim inf = e−1 und lim sup an = e.

(ii) Lemma 3.14 Die rationalen Zahlen liegen dicht in R, das heißt zu jedem a ∈ Rund ε > 0 gibt es ein q ∈ Q mit |a− q| < ε.

Beweis 3.17 Satz 2.10 besagt: Zu a, b ∈ R gibt es ein q ∈ Q mit a < q < b.

Wahle bn = a + 1n , erhalte qn mit a < an < bn.

Betrachte die Folge 1, 12 , 2

2 , 32 , 1

3 , 23 , 3

3 , 43 , 5

3 , 14 , . . . , 7

4 , 15 , . . . , 9

5 , . . .

oder an = jk+1 fur n = k2 + j, j = 1, . . . , 2k + 1

denn∑n+1j=0 (2j + 1) = (n + 1)2 (Beweis durch Induktion)

Da jede rationale Zahl zwischen 0 und 2 unendlich oft vorkommt, ist jede auchHaufungswert. Nach dem letzten Lemma ist jedes r ∈ [0, 2] Haufungswert vonHaufungswerten. Also sind alle r ∈ [0, 2] Haufungswert der Folge,

lim inf an = 0 lim sup an = 2 ]

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3.4. CAUCHY-FOLGEN 23

3.4 Cauchy-Folgen

Definition 3.7 Eine Folge (an) heißt Cauchy-Folge, wenn es zu jedem ε > 0 einN ∈ N gibt mit

|an − am| < ε fur alle n, m ≥ N.

Satz 3.15 Eine Folge ist genau dann konvergent, wenn sie eine Cauchy-Folge ist.

Vorteil: Grenzwert kommt in der Definition nicht vor.

Beweis 3.18 a) ⇒: Sei lim an = a. Fur m,n ≥ N gilt

|an − am| = |an − a + a− am| ≤ |an − a|+ |a− am| < 2ε

b) ⇐: Sei (an) eine Cauchy-Folge. Wahle ε = 1. Fur n ≥ N gilt dann |an−aN | <1.

Damit ist (an) eine beschrankte Folge und hat nach Bolzano-Weierstraß einenHaufungswert a. Sei jetzt ε > 0 beliebig. Dann ist |an − am| < ε fur allen, m > N . Es gibt ein k ≥ N mit |ak − a| < ε. Daher

|an − a| = |(an − ak) + (ak − a)|≤ |an − ak|+ |ak − a| < 2ε ∀n ≥ N. ]

Beispiel 3.7∑nk=1

1k

|a2n − an| = | 1n + 1

+1

n + 2+ · · ·+ 1

2n| ≥ 1

2n· n =

12

Die Folge ist keine Cauchy-Folge, daher auch nicht konvergent. ]

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Kapitel 4

Reihen

Definition 4.1 Die Summe∞∑k=p

an = ap + ap+1 + . . .

heißt Reihe. Eine Reihe heißt konvergent, wenn die Folge der Partialsummen

sn =n∑i=p

ai, n ≥ p

konvergiert.

Beispiel 4.1 Es sei an = (−1)n. Dann ist∑∞n=0 = 1 − 1 + 1 − 1 + . . . . Welcher

Summenwert?

(1− 1) + (1− 1) + . . . = 01− (1− 1)− (1− 1)− . . . = 1

Es gilt offensichtlich sn

{1 wenn n gerade0 sonst

Also: Die Definition der Konvergenz ist sinnvoll, weil sie uns vor Widerspruchenbewahrt.

Beispiel 4.2 Es sei an = qn mit |q| < 1. Dann ist

∞∑n=0

qn = limk→∞

k∑n=0

qn = limk→∞

1− qk+1

1− q=

11− q

Zum Bespiel fur q = 12 ist

∑= 2. ]

Analog zu den Zahlenfolgen setze

∞∑n=p

an = ±∞

wenn die Folge der Partialsummen bestimmt divergiert.

Beispiel 4.3 (harmonische Reihe)∑∞n=1

1n = ∞ da bereits

∑2nk=n+1

1k = 1

n+1 +. . . 1

2n ≥ n · 12n

24

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4.1. ALTERNIERENDE REIHEN 25

Satz 4.1 Die Konvergenz oder Divergenz einer Reihe andert sich nicht, wenn manendlich viele Glieder weglasst oder hinzufugt.

Satz 4.2 (i) Die Reihen∑∞n=0 an und

∑∞n=0 bn seien konvergent. Dann sind

auch∑

(λan + µbn) fur λ, µ ∈ R konvergent mit∑∞n=0(λan + µbn) = λ ·

∑∞n=0 an + µ ·

∑∞n=0 bn.

(ii) Ist zusatzlich an ≤ bn fur alle n, so∑∞n=0 an ≤

∑∞n=0 bn

Beweis 4.1 (i) folgt direkt aus den Rechenregeln fur die Folge der Partialsum-men.

(ii) Hieraus folgt: sn ≤ tn mit sn =∑ni=0 ai und tn =

∑ni=0 bi. ]

Korollar 4.3 Aus der Konvergenz von∑n a2n und

∑n a2n+1 folgt die Konvergenz

von∑n an.

Beweis 4.2 Setze cn = a2n, dn = a2n+1. Dann folgt aus dem letzten Satz∑

an =∑(cn + dn).

Satz 4.4 Wenn∑

an konvergent, so ist limn→∞ = 0 und limn→∞ rn =limn→∞

∑∞i=n+1 ai = 0.

Beweis 4.3 Verwende Satz 3.5 in der Form lim un = lim vn = s ⇒ lim(un − vn) =0.

Setze speziell un =∑ni=0 ai und vn =

∑n−1i=0 , n ≥ 1.

Dann lim un = lim vn =∑∞n=0 an und 0 = lim(un − vn) = lim an.

Setze un = si und vn =∑ni=0 ai. Dann gilt lim un = lim vn = s und 0 =

lim(un − vn) = lim an. ]

4.1 Alternierende Reihen

Definition 4.2 Die Summe∑∞n=0 an heißt alternierend, wenn anan+1 ≤ 0 fur alle

n ∈ N, das heisst die Glieder wechseln also das Vorzeichen.

Satz 4.5 (Leibniz-Kriterium)

Sei∑∞n=0 an alternierend mit (|an|)n∈N ist streng monoton fallend und lim an = 0.

Dann ist die alternierende Reihe konvergent undνn =

∑∞i=n+1 ai = Θan+1

mit0 < Θ = Θn < 1.

Bemerkung: Es gilt also die Fehlerabschatzung

|∑ni=0 ai −

∑∞i=0 ai| = Θ|an+1| < |an+1|

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26 KAPITEL 4. REIHEN

Beweis 4.4 OBdA sei bn > 0, (bn) streng monoton fallend mit lim bn = 0 undan = (−1)nbn. Es gilt:

s2n+1 = (b0 − b1︸ ︷︷ ︸>0

) + (b2 − b3︸ ︷︷ ︸>0

) + · · ·+ (b2n − b2n+1)

das heißt s2n+1 ist streng monoton steigend. Andererseits

s2n = b0 − (b1 − b2︸ ︷︷ ︸>0

)− (b3 − b4︸ ︷︷ ︸>0

)− · · · − (b2n−1 − b2n︸ ︷︷ ︸>0

)

das heißt sn ist streng monoton fallend.Offenbar ist:

(4.1) 0 < s2n+1 < s2n < b0

Da (s2n), (s2n+1) monoton und beschrankt sind, gilt

lim s2n = S; lim s2n+1 = S′.

Wenn s2n+1 − sn = −b2n+1 →V or.

0 folgt S = S′. Durch Grenzubergang erhalte aus

(4.1):0 ≤ S ≤ b0

Die Falle S = 0, S = b0 sind nach dem Beweisanfang ausgeschlossen, also

0 < S < b0 = a0

alsoS = Θa0

mit einem Θ ∈ (0, 1). Das gleiche Argument gilt auch fur die Reihe∑∞i=n+1 ai, das

ist der Reihenwert.

Beispiel 4.4 (i) (alternierende harmonische Reihe)∑∞n=1

(−1)n

n = −1+ 12−

13 +

14 − . . . ist konvergent, weil 1

n streng monoton fallend und Nullfolge ist.

(ii) 1− 122 + 1

3 −142 + 1

5 −162 + . . .

Fur n ≥ 5 gilt: 1n −

1(n−1)2 ≥

12n

Fur die Partialsummen gilt entsprechend: s2n ≥ 1− 122 + 1

3−142 + 1

5 +∑ni=5

12i →

∞, weil∑

1i →∞

4.2 Cauchy-Kriterium und absolute Konvergenz

(sn) konvergiert ⇐⇒ ∀ε∃N |sn − sm| < ε fur ∀n, m ≥ N .Die Reihe sn =

∑ni=0 ai erfullt das Cauchy-Kriterium, wenn es zu jedem ε > 0

ein N gibt mit ∣∣∣∣ m∑i=n+1

ai

∣∣∣∣ < ε ∀m ≥ n ≥ N.

Definition 4.3 Eine Reihe heißt absolut konvergent, wenn∑|an| konvergent ist.

Beispiel 4.5∑ (−1)n

n ist konvergent, aber nicht absolut konvergent.

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4.3. KONVERGENZKRITERIUM 27

Satz 4.6 Eine absolut konvergente Reihe ist auch konvergent mit∣∣∣∣ ∞∑n=0

an

∣∣∣∣ ≤ ∞∑n=0

|an|

Beweis 4.5 Setze sn =∑ni=0 ai und sn =

∑ni=0 |ai|

Fur m ≥ n gilt

|sm − sn| −∣∣∣∣ m∑i=n+1

ai

∣∣∣∣ ≤ m∑i=n+1

|ai|

= |sm − sn| < ε ∀m,n ≥ N.

(4.2)

Also ist auch (sn) Cauchy-Folge und hat einen Grenzwert. Nach (4.2) ist:

limn→∞

∣∣∣∣ n∑i=0

ai

∣∣∣∣ ≤ limn→∞

n∑i=0

|ai| ]

4.3 Konvergenzkriterium

Satz 4.7 (i) (Majorantenkriterium) Wenn |an| ≤ bn und∑

bn konvergiert, dannkonvergiert

∑an absolut.

(ii) (Wurzelkriterium) Wenn n√|an| ≤ q < 1 fur fast alle n, so konvergiert

∑an

absolut.

Wenn n√|an| ≥ 1 fur unendlich viele n, so divergiert

∑an.

(iii) (Quotientenkriterium) Wenn∣∣∣an+1an

∣∣∣ ≤ q < 1 fur fast alle n, so ist auch∑

an

absolut konvergent.

Wenn∣∣∣an+1an

∣∣∣ ≥ 1 fur fast alle n, so divergiert∑

an.

Beweis 4.6 (i) klar

(ii) n√|an| ≤ q < 1 ⇒ |an| ≤ qn fur fast alle n ⇒ nach (i) ist

∑|an| konvergent.

n√|an| ≥ 1 fur unendlich viele n ⇐⇒ |an| > 1 fur unendlich viele n. Damit

Widerspruch lim an = 0.

(iii)

∣∣∣∣an+1

an

∣∣∣∣ ≤ q < 1 ∀n ≥ p

⇒ |an+1| ≤ q|an| ≤ q2|an+1| ≤ qn + 1− p|ap|, n + 1 ≥ p

⇒∞∑n=0

|an| ≤∞∑n=0

|an|+ q1−p|ap|∞∑k=p

qk

Wenn∣∣∣∣an+1

an

∣∣∣∣ ≥ 1 ∀n ≥ p so ist |an| ≥ |ap| ∀n ≥ p ]

Beispiel 4.6 (i)∑∞n=0 npqn mit p ∈ N fest, |q| < 1.

Wurzelkriterium: an = npqn

n√|an| = n

√np|q|

Wegen n√

n → 1 gilt n√

np = ( n√

n)p → 1

Fur genugend grosses N gilt daher: n√|an| ≤ |q| · (1 + ε) < 1 ∀n ≥ N

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28 KAPITEL 4. REIHEN

(ii)∑

n!nn

Quotientenkriterium:∣∣∣an+1an

∣∣∣ = (n+1)!·nn

(n+1)nn! = nn

(n+1)n = 1( n+1

n )n= 1

(1+ 1n )n → 1

e ≤12

Nachtrag: limn→∞ npqn = 0 falls p ∈ N, |q| < 1.

Satz 4.8 (Kriterium von Raabe) Sei an 6= 0. Wenn fur fast alle n gilt∣∣∣an+1an

∣∣∣ ≤1− c

n+1a mit c > 1, so ist

∑an absolut konvergent.

Beweis 4.7 Sei die Bedingung fur n ≥ p erfullt.

(n + 1)|an+1| ≤ (n + 1− c)|an|⇐⇒ (c− 1)|an| ≤ n · |an| − (n + 1)|an+1|

⇒ (c− 1)n∑k=p

|ak| ≤n∑k=p

(k|ak| − (k + 1)|ak+1|) =

=Teleskop Effekt

p|ap| − (n + 1)|an+1| ≤ p|ap|

⇒∞∑k=p

|ak| ≤1

c− 1p|ap| ]

Beispiel 4.7∑

1n2∣∣∣ an

an−1

∣∣∣ = (n−1)2

n2 = n2−2n+1n2 = 1− 2

n + 1n2 ≤ 1−

32n ∀n ≥ N .

Analog (aber aufwendiger) zeige fur an = 1nα , α > 1:∣∣∣ an

an−1

∣∣∣ ≤ 1− 1+ε(α)n . ]

4.3.1 Umordnung von Reihen

Definition 4.4 ϕ : N → N sei bijektiv. Fur die Reihe∑∞n=0 an heisst

∑∞n=0 bn mit

bn = aϕ(n) eine Umordnung der Reihe∑

an.

Satz 4.9 Die Reihe∑

an sei konvergent.

(i) (Riemannscher Umordnungssatz)

Wenn die Reihe nicht absolut konvergent ist, also∑|an| = ∞, so gibt es zu

jedem a ∈ R eine Umordnung mit∑∞n=0 bn = a.

(ii) Wenn∑

an absolut konvergent ist, dann konvergiert auch jede Umordnungund besitzt den gleichen Grenzwert.

Beweis 4.8 Wir beweisen nur (ii), das andere ist uns zu trivial.

a) ⇒: Sei∑

an absolut konvergent,∑

bn eine Umordnung, also bn = aϕ(n).

Aus dem Cauchy-Kriterium fur∑|an| folgt:

(4.3) |aN+1|+ |aN+2|+ · · ·+ |aN+p| < ε

fur alle p ∈ N und N genugend gross.aDie +1 im Nenner dient nur der Beweistechnik, strenggenommen darf man das c

nnicht einfach

so verwenden, wie wir es tun, aber man darf nicht alles so eng sehen.

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4.4. PRODUKTE VON REIHEN 29

Wahle M = M(N) so gross, dass unter den Zahlen ϕ(0), ϕ(1), . . . , ϕ(M) alleZahlen 0, . . . , N vorkommen.

M∑k=0

bk =n∑k=0

ak + Rest

Aus (4.3) folgt:

|Rest| < ε

⇒ limN→∞

M(N)∑k=0

bk = limN→∞

∞∑k=0

ak =: a

Damit haben wir fur eine Teilfolge von tn =∑nk=0 bk Konvergenz gegen a.

Die analoge Uberlegung fur |an| statt an liefert

limN→∞

M(N)∑k=0

|bk| = limN→∞

N∑k=0

|ak| < ∞

Da∑nk=0 |bk| monoton steigend, ist die Reihe damit absolut konvergent.

Nach Satz 4.6 ist daher∑

bk konvergent und∑

bk muss mit dem Grenzwerteiner jeden Teilfolge der Partialsummen ubereinstimmen. Also

limN→∞

N∑k=0

bk = a. ]

4.4 Produkte von Reihen( m∑i=0

ai

)( n∑j=0

bj

)=

m∑i=0

n∑j=0

aibj

Bei m,n = ∞ entsteht das Problem, in welcher Reihenfolge wir die Summe uberN × N auswerten sollen. Produkte von Reihen sind im Allgemeinen nur sinnvollwenn

∑∞i,j=0 aibj auch aufsummiert werden kann.

Definition 4.5 Das Cauchy-Produkt der Reihen∑∞i=0 ai,

∑∞i=0 bi besteht in der

Wahl einer speziellen Bijektion ϕ : N → N× N:( ∞∑i=0

ai

)( ∞∑i=0

bi

)=

∞∑n=0

n∑i=0

aibn−i =:∞∑n=0

dn

mit dn =∑ni=0 aibn−i.

Dies entspricht der Anordnung nach Schragzeilen:a0b0 a0b1 a0b2 a0b3

� � �a1b0 a1b1 a1b2 a1b3

� � �a2b0 a2b1 a2b2 a2b3

� � �Gut: dn besteht nur aus einer endlichen Summe.

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30 KAPITEL 4. REIHEN

Satz 4.10 Die Reihen∑

ai,∑

bi seien absolut konvergent. Dann ist auch∑∞n=0 dn

absolut konvergent und es gilt:( ∞∑i=0

ai

)( ∞∑i=0

bi

)=

∞∑n=0

dn

mit dn =∑ni=0 aibn−i.

Beweis 4.9 Sei zunachst aibj ≥ 0. Sei sn =∑ni=0 ai; tn =

∑ni=0 bi; Un =

∑ni=0 di

Es gilt: sntn ≤ U2n ≤ s2nt2nAus limn→∞ erhalte die behauptete Formel.

Sei an beliebig, bn ≥ 0. Setze a+i = ai+|ai|

2 und a−i = −ai+|ai|2 .

Dann gilt a+i , a−i ≥ 0 und ai = a+

i − a−i . Setze dann d+n =

∑ni=0 a+

i bn−i undd−n =

∑ni=0 a−i bn−i

Wende den ersten Teil an:∞∑n=0

d+n =

( ∞∑n=0

a+n

)( ∞∑n=0

bn

)und

∞∑n=0

d−n =( ∞∑n=0

a−n

)( ∞∑n=0

bn

)Erhalte die Formel durch Bildung der Differenz. Der Fall bn beliebig analog. ]

4.5 G-adische Entwicklung

Eine Dezimalzahl hat die Form

a = z−i, z−i+1 . . . z0, z1, z2

mit zi ∈ {0, 1, . . . , 9}.Sie reprasentiert die Zahl

a =∞∑

n=−izn10−n

Wegen ∣∣∣∣ ∞∑n=−i

zn10−n∣∣∣∣ ≤ 9 ·

∞∑n=−i

10−n

und der Konvergenz der geometrischen Reihe konvergiert die Summe absolut.

1− 0.9 = 0, weil∣∣1−∑m

n=1 9 · 10−n∣∣ = 10−m → 0.

Satz 4.11 Sei g ∈ N, g > 2. Jede nichtnegative Zahl a ∈ R hat eine g-adischeEntwicklung

a =∞∑

n=−izng

−n mit zn ∈ {0, . . . , g − 1}

Die zn sind eindeutig, wenn man den Fall zn = g − 1 fur fast alle n ausschließt.

Beweis 4.10 Fur m ∈ N gilt m =∑0n=−i zng

−n (=Division mit Rest). Sei nun fura ∈ R [a] := grosste ganze Zahl ≤ a (z. B.: [0.9] = 0)

Sei a ∈ (0, 1). Definiere a0 := a

z1 = [g · a0], a1 = a0 − z1g−1

z2 = [g2 · a1] a2 = a1 − z2g−2

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4.5. G-ADISCHE ENTWICKLUNG 31

oder allgemein:zn = [gn · an−1], an = an−1 − zng

−n

Durch Induktion zeige:

0 ≤ an ≤ g−n; an ≥ an+1, zn ∈ {0, . . . , g − 1} an = a− 0.z1z2 . . . zn

Es gilt dann: ∣∣∣∣∣a−∞∑n=1

zng−n

∣∣∣∣∣ = |an| → 0

Eindeutigkeit: Es sei a = m+0.x1x2 . . . und b = n+0.y1y2 . . . mit m,n ∈ N, m > n.Dann ist a ≥ b und

b− a = n−m +∞∑i=1

yi − xigi

≤ −1 + (g − 1)∞∑i=1

1gi

=

= −1 + 1 = 0mit Gleichheit genau dann, wenn n − m = −1, yi − xi = g − 1 ⇔ m = n + 1,yi = g − 1, xi = 0

Den allgemeinen Fall fuhre auf diesen zuruck. Wenn a, b ∈ R sich in der Zifferzi, aber nicht in den Ziffern z1, . . . , zi−1 unterscheiden, multipliziere sie mit gi undwende den 1.Fall an. ]

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Kapitel 5

Stetige Funktionen

Wir betrachten Funktionen (das sind Abbildungen) der Form

f : D → R, D ⊂ R

Zwei Funktionen f, g : D → R heissen gleich, also f = g (f ≡ g) wenn f(x) = g(x)fur alle x ∈ D.

Erklare die Operationen und Relationen (f, g : D → R)

(f + g)(x) = f(x) + g(x)(λf)(x) = λf(x) fur λ ∈ R(fg)(x) = f(x) · g(x)

f

g(x) =

f(x)g(x)

falls g(x) 6= 0 in D

|f |(x) = |f(x)|min(f, g)(x) = min(f(x), g(x))max(f, g)(x) = max(f(x), g(x))

f ≤ g ⇐⇒ f(x) ≤ g(x) ∀x ∈ D

”<“, ”≥“, ”>“ analog

Eine Funktion f heisst beschrankt , beziehungsweise nach oben beschrankt , wenn|f(x)| ≤ M beziehungsweise f(x) ≤ M fur ein M ∈ R gilt.

Ist eine Teilmenge V von Funktionen abgeschlossen bezuglich Additon und Sk-alarmultiplikation, so ist V ein linearer Vektorraum, der Funktionenraum genanntwird.

Ist V zusatzlich abgeschlossen bezuglich der Multiplikation, so ist V eine Algebra,die Funktionenalgebra genannt wird.

5.1 Polynome

Definition 5.1 Eine Funktion der Form

p(x) = a0 + a1x + a2x2 + · · ·+ anx

n =n∑i=0

aixi, ai ∈ R

heisst Polynom. Wenn an 6= 0, so ist n der Grad des Polynoms, grad p = n. Setzegrad 0 = −1

Mit Polynomen p, g sind auch p+ q, λp fur λ ∈ R, pq Polynome. Also bilden diePolynome eine Algebra.

32

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5.2. HAUFUNGSPUNKTE VON MENGEN 33

Lemma 5.1 Fur jedes ξ ∈ R lasst sich das Polynom

p(x) = a0 + a1x + · · ·+ anxn

eindeutig in der Form

p(x) = b0 + b1(x− ξ) + · · ·+ bn(x− ξ)n

schreiben mit bk =∑ni=k ai

(ik

)ξi−k, insbesondere b0 = p(ξ)

Beweis 5.1 Setze x = ξ + η und wende binomische Formel an:

p(x) = p(ξ + η) =n∑i=0

ai(ξ + η)i =

=∑i

∑k

(i

k

)ηkξi−k =

∑k

ηk∑i

ai

(i

k

)ξi−k

Wegen η = x− ξ ist das die Behauptung. ]

Satz 5.2 (Nullstellen- und Identitatssatz) Ein Polynom vom Grade n hathochstens n Nullstellen (n > −1). Polynome vom Grad ≤ n, die n + 1 gemein-same Werte haben, sind identisch, das heisst sie haben die gleichen Koeffizienten.

Bemerkung: ”Gemeinsame Werte“ heisst: p(ξi) = q(ξi) fur ξ1, . . . , ξn+1 ∈ R.

Beweis 5.2 Durch vollstandige Induktion uber n.

n = 0: p(x) = a a 6= 0 ok.

n ⇒ n + 1: Sei grad p = n + 1, ξ sei Nullstelle von p. Wende Lemma 5.1 an:p(x) = p(ξ) + b1(x− ξ) + · · ·+ bn(x− ξ)n+1 =

= (x− ξ)q(x) mit grad q = n

Nach Induktionsvoraussetzung hat q hochstens n Nullstellen, damit hat phochstens n + 1.

Angenommen, grad p, grad q ≤ n und p(ξi) = q(ξi) fur i = 1, . . . , n + 1. Seid(x) = p(x)− q(x).

Dann grad d ≤ nd(ξi) = 0 fur i = 1, . . . , n + 1

Nach dem ersten Teil ist d = 0 und daher p = q. ].

5.2 Haufungspunkte von Mengen

Definition 5.2 Sei D ⊂ R. ξ heisst Haufungspunkt von D, wenn es eine Folge(xn)n∈N gibt mit xn ∈ D\{ξ} und xn → ξ.

Beachte: Die Haufungspunkte einer Folge (an)n∈N konnen verschieden seinvon den Haufungspunkten der zugehorigen Menge A = {an : n ∈ N}.

Beispiel 5.1 (i) Es sei D = Q. Wir haben bewiesen: Zu ξ ∈ R\Q gibt es xn ∈ Qmit xn → ξ. Zu a ∈ Q ist auch a + 1

n ∈ Q mit a + 1n → a. Ganz R ist

Haufungspunkt.

(ii) Definiere die Folge 0, 0, 1, 0, 1, 1, 0, 1, 2, 3, . . . Die Haufungspunkte der Folgeist ganz N. Die Menge A = {an : n ∈ N} = N besitzt keinen Haufungspunkt.

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34 KAPITEL 5. STETIGE FUNKTIONEN

5.3 Grenzwert und Stetigkeit

Definition 5.3 Sei f in Uε(ξ)\{ξ} definiert fur ein ε > 0. Wir sagen: ”f konver-giert gegen a fur x gegen ξ“, wenn es zu jedem η > 0 ein δ > 0 gibt mit

|f(x)− a| < η fur alle x ∈ Uε(ξ)\{ξ} mit |x− ξ| < δ.

Sei f in Uε(ξ) definiert. f heisst stetig in ξ, wenn es zu jedem η > 0 ein δ > 0 gibtmit

|f(x)− f(ξ)| < η fur alle x ∈ Uε(ξ) mit |x− ξ| < δ.

Schreibweise: limx→ξ f(x) = a fur ”f konvergiert gegen a“ und limx→ξ f(x) =f(ξ) fur ”f stetig in ξ“

Kurz: f ist stetig in ξ, wenn limx→ξ f(x) existiert und mit f(ξ) ubereinstimmt.

Bemerkung: Verwende die Definition auch, wenn f nicht in Uε(ξ)\{ξ} bezie-hungsweise in Uε(ξ) definiert ist. Walter verlangt, dass ξ Haufungspunkt desDefinitionsbereiches D von f ist.

Im Fall der Definition der Stetigkeit konnte dies auch entfallen, denn wenn ξkein Haufungspunkt von D ist, liefert die Definition: ∀η > 0∃δ > 0∀x ∈ D mit|x − ξ| < δ ist |f(x) − f(ξ)| < η nichts, denn {x ∈ D\{ξ} : |x − ξ| < δ} = ∅falls δ genugend klein. Damit ist jede Funktion f in isolierten Punkten stetig!!

Beispiel 5.2 (i) (Heavyside-Funktion)

H(x) =

{1 fur x > 00 fur x ≤ 0

y

1

x0

Fur ξ = 0 ist |f(x)− f(0)| = 1 falls x > 0. Also ist f unstetig in 0.

(ii) (Dirichlet-Funktion)

f(x) =

{1 falls x ∈ Q0 falls x /∈ Q

Zu ξ gibt es ein x mit |x− ξ| < δ und |f(x)− f(ξ)| = 1.a f ist daher fur allex ∈ R unstetig.

Definition 5.4 f heisst von rechts stetig in ξ ∈ D, wenn (nach Walter) die MengeD+ = {x ∈ D : x ≥ ξ} ξ als Haufungspunkt hat und f |D+ in ξ stetig ist.

Schreibweise: f(ξ+) = f(ξ+0) = limx→ξ+ f(x) Die entsprechende Schreibweisegilt auch fur Stetigkeit von links: f(ξ−) = f(ξ − 0) = limx→ξ− f(x)

Beispiel 5.3 f(x) = [x] = grosste ganze Zahl ≤ x

aWeil es zu jedem x ∈ Q ein beliebig nahes x /∈ Q gibt und umgekehrt.

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5.3. GRENZWERT UND STETIGKEIT 35

1

0-1-2 21

Unstetigkeitspunkte sind die ganzen Zahlen. Alle rechtsseitigen Grenzwerte exi-stieren und stimmen mit f(ξ) uberein, das heisst f ist in ganz R von rechts stetig.

Satz 5.3 (Folgenkriterium) D ⊂ R, ξ sei Haufungspunkt von D. f : D → R istgenau dann in ξ stetig, wenn fur alle Folgen (xn)n∈N mit xn ∈ D und xn → ξ gilt:limn→∞ f(xn) = f(ξ)

Stetige Funktionen sind also ”grenzwerterhaltende“ Funktionen.

Beweis 5.3 a) Sei f stetig in ξ, sei xn ∈ D mit xn → ξ. Sei η > 0, δ > 0 das δaus der Definition der Stetigkeit.

|f(x) − f(ξ)| < η ∀x mit |x − ξ| < δ

Es gibt ein N ∈ N mit |xn− ξ| < δ ∀n ≥ N . Fur dieses xn gilt aufgrund derStetigkeit: |f(xn)− f(ξ)| < η. Also: f(xn) → f(ξ).

b) Sei das Folgenkriterium erfullt. Angenommen f ist unstetig in ξ, also

¬(∀η > 0∃δ > 0∀x ∈ D mit |x− ξ| < δ, |f(x)− f(ξ)| < η)⇐⇒ ∃η∀δ > 0∃x ∈ D mit |x− ξ| < δ, |f(x)− f(ξ)| ≥ η

Wahle speziell δ = 1n . In der Teilaussage: ∃x ∈ D|x − ξ| < 1

n nenne einesdieser x xn.

Fur die Folge (xn) gilt xn → ξ, aber aus der Verneinung der Stetigkeit |f(xn)−f(ξ)| ≥ η, also f(xn) 9 f(ξ). Widerspruch!! ]

Das analoge Kriterium fur limx→ξ f(x) = a ist: Fur alle Folgen (xn) mit xn ∈D\{ξ} und xn → ξ gilt f(xn) → a.

Fur rechtsseitige Stetigkeit gilt entsprechend: f von rechts stetig in ξ ⇔ Fur alleFolgen (xn) mit xn ∈ D, xn ≥ ξ, xn → ξ gilt f(xn) → f(ξ).

Satz 5.4 Seien f, g in x ∈ D stetig. Dann sind auch f + g, λf fur λ ∈ R, f · g inξ stetig. Falls g(ξ) 6= 0, so ist g(x) 6= 0 in einer Umgebung von ξ und f

g in ξ stetig.

Beweis 5.4 Folgt aus dem Folgenkriterium, zum Beispiel: limx→ξ(f(x) + g(x)) =limx→ξ f(x) + limx→ξ g(x) = f(ξ) + g(ξ).

Sei nun g(ξ) 6= 0. In der Definition der Stetigkeit, wahle η = |a|, falls g(ξ) = a 6=0. Erhalte δ > 0. Fur x ∈ D mit |x− ξ| < δ gilt dann:

|f(x)| ≥ |f(ξ)| − |f(x)− f(ξ)| > |a| − |a| = 0

Mit dem Folgenkriterium folgt fur xn → ξ : f(xn)g(xn) →

f(ξ)g(ξ) ]

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36 KAPITEL 5. STETIGE FUNKTIONEN

Beispiel 5.4 (i) Polynome: p(x) = a0 + a1x + · · ·+ anxn

Da f(x) = x stetig ist, ist auch f(x) = xn stetigb, deshalb sind auch aixi und

dementsprechend∑

aixi stetig.

(ii) Rationale Funktionen: r(x) = p(x)q(x) mit p, q Polynomen. D = {x ∈ R : q(x) 6=

0}. Die Funktion r ist in D stetig, wegen Satz 5.4 fur fg . ]

Definition 5.5 Sei f.Df → R, g : Dg → R mit f(Df ) ⊂ Dg. Dann ist die Kom-position g ◦ f : Df → R definiert durch

g ◦ f(x) := g(f(x)).

Satz 5.5 Sei f stetig in ξ, g stetig in f(ξ), dann ist auch h(x) = g ◦ f(x) in ξstetig.

Beweis 5.5 Sei xn → ξ. Da f stetig ist: f(xn) → f(ξ), weil g stetig in f(ξ) ist:g(f(xn)) → g(f(ξ)). ]

Definition 5.6 Eine Menge D ⊂ R heisst folgenkompakt, wenn jede Folge in Deine konvergente Teilfolge mit Grenzwert in D besitzt.

Unbeschrankte Intervalle sind nicht folgenkompakt, zum Beispiel: J = (a,∞),wahle xn = n fur n > a.

Wenn J beschrankt, aber zum Beispiel J = (a, b], wahle xn = a + 1n → a /∈ J .

Also: J folgenkompakt ⇐⇒ J beschrankt und abgeschlossen.Abgeschlossene und beschrankte Intervalle nennt man daher auch kompakt .

Satz 5.6 Eine auf einem kompakten Intervall J stetige Funktion f nimmt dortMaximum und Minimum an, das heisst es gilt: x∗, x

∗ ∈ J mit f(x∗) ≤ f(x) ≤f(x∗) ∀x ∈ J .

Beweis 5.6 (typischc) Setze M = supx∈J f(x) ∈ R oder∞. Es gibt dann eine Folge(xn), xn ∈ J mit f(xn) → M oder f(xn) →∞. Da J kompakt, gibt es eine Teilfolge(xnk

mit xnk→ x∗ fur k →∞ mit x∗ ∈ J . Da f in x∗ stetig, f(xnk

) → f(x∗), alsoM = f(x∗), insbesondere M < ∞. ]

Bemerkung: Der Beweis funktioniert fur jede folgenkompakte Menge D.

Korollar 5.7 Sei f : J → R stetig auf dem kompakten Intervall J und f(x) > 0 inJ . Dann gibt es ein α > 0 mit f(x) ≥ α in J .

Beweis 5.7 (Ha-ha) f nimmt sein Minimum x∗ in J an. Ware f(x∗) = 0, waredas ein Widerspruch zu f(x) > 0. ]

Definition 5.7 f : D → R heisst gleichmassig stetig, wenn es zu jedem ε > 0 einδ > 0 gibt, so dass fur x, y ∈ D mit |x− y| < δ gilt: |f(x)− f(y)| < ε.

bSehr einfacher Beweis durch vollstandige Induktion.cDieser Beweis ist also massgeblich fur die ganze Mathmatik und irgendwie unheimlich wichtig

und kommt standig (in abgewandelter) Form vor.

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5.3. GRENZWERT UND STETIGKEIT 37

Bemerkung: Bei der Stetigkeit darf das δ von x abhangen, bei der gleichmassigenStetigkeit nicht.

Beispiel 5.5 (i) f(x) = x2, f : R → R|f(x)− f(y)| = |x2 − y2| = |x + y||x− y|Wahle zum Beispiel ε = 1, fur jedes δ > 0 gibt es x, y mit |x + y|δ ≥ 1.

(ii) s(x) = |x− [x]− 12 |

1 2

0,5

x

f(x) = s( 1x ) auf J = (0, 1]d

0,5

0,5 1x

Da s stetig, 1x fur x 6= 0 stetig, ist auch f stetig fur x > 0, aber f( 1

n ) −f( 1

n+ 12) = 1

2 und | 1n −1

n+ 12| → 0 fur n → ∞. Also ist f nicht gleichmassig

stetig. f ist unstetig fur x = 0, genauer: es gibt keine Zuordnung f(0) = a, sodass die auf [0, 1] definierte Funktion dort stetig ist. ]

Satz 5.8 Jede auf einem kompakten Intervall stetige Funktion ist dort gleichmassigstetig.

Beweis 5.8 (indirekt) Sei f auf J stetig, aber nicht gleichmassig stetig:

¬(∀ε > 0 ∃δ > 0 ∀x, y ∈ J |x− y| < δ |f(x)− f(y)| < ε)⇐⇒ ∃ε > 0 ∀δ > 0 ∃x, y ∈ J |x− y| < δ |f(x)− f(y)| ≥ ε

Es gibt also so ein ε0. Wahle speziell δ = 1n , erhalte ein xn ∈ J , yn ∈ J mit

|xn − yn| < 1n und

(5.1) |f(xn)− f(yn)| ≥ ε0.

Aufgrund der Kompaktheit gibt es eine in J konvergente Teilfolge: xnk→ x∗ ∈ J .

Wegen |yn − xn| < 1n ist auch ynk

→ x∗. Da f in x∗ stetig gilt f(xnk) →

f(x∗), f(ynk) → f(x∗). Aus der Dreiecksungleichung folgt:

|f(xnk)− f(ynk

)| ≤ |f(xnk)− f(x∗)|+ |f(ynk

)− f(x∗)| → 0

Dies ist ein Widerspruch zu 5.1.

Satz 5.9 (Zwischenwertsatz) Ist f stetig in J = [a, b], so nimmt f jeden Wertzwischen f(a) und f(b) an.

dEs wird darauf hingewiesen, dass die Funktionsgraphen lediglich Naherungen darstellen undnicht so richtig exakt sind!!

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38 KAPITEL 5. STETIGE FUNKTIONEN

Satz 5.10 (Nullstellensatz) Ist f stetig in J = [a, b] mit f(a) > 0 und f(b) < 0,so besitzt f in (a, b) eine Nullstelle.

Beweis 5.9 Durch Intervallschachtelung J0 = [a, b] = [a0, b0]. Sei Jn = [an, bn]bereits konstruiert. Setzte cn = 1

2 (an + bn)

an+1 = an; bn+1 = cn falls f(cn) < 0an+1 = cn; bn+1 = bn sonst

Durch Induktion erhalte: Jn+1 ⊂ Jn, (an) ist monoton steigend, (bn) monotonfallend und |bn − an| → 0, f(bn) < 0, f(an) ≥ 0.

Es existiert genau ein ξ ∈ [a, b] mit an → ξ, bn → ξ (Prinzip der Intervall-schachtelung). Da f in ξ stetig ist: 0 ≤ f(an) → f(ξ) und 0 > f(bn) → f(ξ), alsof(ξ) = 0. ]

Beweis 5.10 (zu Satz 5.9) OBdA sei f(a) > f(b). Fur d ∈ (f(b), f(a)) betrachteg(x) = f(x)− d. Nach Satz 5.10 existiert ξ mit g(ξ) = 0, also f(ξ) = d. ]

Beispiel 5.6 Ein Polynom ungeraden Grades bildet R auf R ab, das heisst istsurjektiv.

Beweis 5.11 Sei p(x) = a0 + a1x + · · · + anxn, n ungerade, an 6= 0. Wir konnen

durch an teilen, das heisst an = 1 voraussetzen. Sei c = max(|ao| + . . . |an−1|, 1).Fur x > c gilt dann:

p(x) = xn + a0x0 + · · ·+ an−1x

n−1

≥ xn − (|a0|x0 + · · ·+ |an−1|xn−1)

≥ xn − xn−1(|a0|+ · · ·+ |an−1|) (x > 1!!)> 0

Fur x < −c erhalte p(x) < 0. Nach Zwischenwertsatz gibt es ein ϕ ∈ (−c, c) mitp(ϕ) = 0. Um p(x) = a zu losen betrachte q(x) = p(x)− a.

Bemerkung: Die Nullstellen eines Polynoms liegen alle im Intervall (−c, c). ]

Definition 5.8 f : [a,∞) → R. Wir schreiben limx→∞ f(x) = a, wenn es zu jedemε > 0 ein K ∈ R gibt mit |f(x)− a| < ε fur alle x > K.

Analog: limx→−∞ f(x) = a.

Es gibt wieder ein Folgenkriterium:limx→∞ = a ⇔ ∀(xn) mit xn →∞ f(xn) → a.

5.4 Monotone FunktionenDefinition 5.9 f : D → R heisst monoton wachsend/fallend, wenn x < y ⇔

f(x)≤≥ f(y), ∀x, y ∈ D. f heisst streng monoton, wenn entsprechend f(x)

<> f(y)

gilt.

Satz 5.11 Sei f monoton. Dann existieren fur alle inneren Punkte ξ des Definiti-onsbereiches die einseitigen Grenzwerte und

limx→ξ−

f(x) =

{sup f(D−

ξ ) falls f wachsendinf f(D−

ξ ) falls f fallend

wobei D−ξ = {x ∈ D : x < ξ}. Fur limx→ξ+ f(x) analoges Verhalten.

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5.5. STETIGKEITSMODUL 39

Beweis 5.12 Sei f monoton wachsend. Fur α < sup f(D−ξ ) gibt es ein c < ξ mit

α < f(c) ≤ sup f(D−ξ ). Da f monoton wachsend gilt: α < f(x) ≤ sup f(D−

ξ ) ∀c ≤x < ξ ]

Satz 5.12 Sei J ein beliebiges Intervall, f : J → R stetig und streng monoton.Dann existiert die Umkehrfunktion f−1 : f(J) → J (f−1 ◦ f = id).

Die Umkehrfunktion f−1 ist stetig und streng monoton.

a b

f(a)

f(b)

Beweis 5.13 Das stetige Bild eines Intervalls ist ein Intervall. Wegen x < y ⇐⇒f(x)

<> f(y) ist f injektiv. Damit existiert f−1 : f(J) → J .

Zu zeigen: f−1 ist stetig.Sei α = f(ξ). Sei oBdA f streng monoton wachsend. Sei ξ aus dem Innern des

Intervalls. Fur genugend kleines ε sind auch ξ − ε und ξ + ε aus dem Intervall.Mit y1 = f(ξ − ε) und y2 = f(ξ + ε) gilt y1 < α < y2. Es gibt ein δ > 0 mity1 < α− δ < α + δ < y2. Dann gilt

|y − a| < δ ⇒ |f−1(y)− f−1(α)| < ε

Wenn ξ Randpunkt ist, schliesse genauso mit halbseitigen Umgebungen. ]

Beispiel 5.7 f : [0,∞) → [0,∞), f(x) = xn. f ist streng monoton steigend undstetig. Daher ist f−1(y) = n

√y ebenfalls streng monoton und stetig.

5.5 Stetigkeitsmodul

Definition 5.10 Sei J kompakt, f : J → R stetig, also auch gleichmassig stetig.Fur genugend kleines s > 0 setze

δ(s) = sup{|f(x)− f(y)| : x, y ∈ J |x− y| ≤ s}

Es gilt aufgrund der gleichmassigen Stetigkeit δ(s) → 0 fur s → 0.

∀ε > 0 ∃δ supx,y:|x−y|≤δ

|f(x)− f(y)| ≤ ε

δ(s) heisst der (kleinste) Stetigkeitsmodul von f .

Beispiel 5.8 f : [0, 1] → [0, 1], f(x) =√

x. Es sei x = 0, y = s. f(x + s)− f(s) istmonoton fallend, also wird das Supremum angenommen fur x = 0, y = s |

√0−√

s| =√

s = δ(s).(Fur spater: Ist f stetig differenzierbar, so ist δ(s) ≤ c · s)

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40 KAPITEL 5. STETIGE FUNKTIONEN

5.6 Konvergenz von Funktionenfolgen

Definition 5.11 Seien fn : D → R, n ∈ N.(fn) konvergiert punktweise gegen f : D → R, falls limn→∞ fn(x) = f(x) ∀x ∈

D.(fn) konvergiert gleichmassig, wenn es zu jedem ε > 0 ein N ∈ N gibt mit

|fn(x)− f(x)| < ε fur alle n ≥ N , fur alle x ∈ D.

Also: fn → f punktweise konvergent ist aquivalent zu:∀x ∈ D ∀ε > 0 ∃N ∈ N ∀n ≥ N |fn(x)− f(x)| < ε

fn → f gleichmassig konvergent ist aquivalent zu:∀ε > 0 ∃N ∈ N ∀n ≥ N ∀x ∈ D |(fn(x)− f(x)| < ε

fn → f gleichmassig bedeutet also, dass fast alle fn in jedem ε-Schlauch von fliegen mussen:

a b

y

x

Beispiel 5.9 (i) fn(x) = xn D = [0, 1]

f(x) =

{0 falls 0 ≤ x < 11 fur x = 1

Offensichtlich ist fn(x) → f(x) punktweise konvergent. Wahle zum Beispielε = 1

3 . Dann ist der ε-Schlauch um f unterbrochen. Es gibt also immer einx ∈ (0, 1). Es gibt immer ein x ∈ (0, 1), so dass fn(x) nicht im 1

3 -Schlauch umf liegt. Also ist die Konvergenz nicht gleichmassig.

(ii) g(x) =

{|1− x| fur |x| ≤ 10 sonst

0-1 1

1

Es sei fn(x) = g(x− h), D = R

n

f(n+1)

Fur jedes x ∈ R gibt es ein N mit fn(x) = 0 ∀n ≥ N . Also ist fn → 0punktweise konvergent!!

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5.6. KONVERGENZ VON FUNKTIONENFOLGEN 41

Satz 5.13 Der Limes einer gleichmassig konvergenten Folge stetiger Funktionenist stetig. Also: fn stetig fn → f gleichmassig ⇒ f stetig.

Beweis 5.14 Sei fn → f gleichmassig. Zu ε > 0 gibt es ein N ∈ N mit

|fn(x)− f(x)| < ε ∀n ≥ N.

Da fn stetig, gibt es zu ε > 0 ein δ > 0 mit

|fn(x)− fn(y)| < ε ∀y ∈ D mit |x− y| < δ.

Fur diese y gilt dann:

|f(x)− f(y)| ≤ |f(x)− fn(x)|+ |fn(x)− fn(y)|+ |fn(y)− f(y)|< 3ε

Also ist f stetig in x. ]

Bei Reihen von Funktionen ubernehme die Begriffe fur die Partialsummensn(x) =

∑ni=1 fi(x).

Zum Beispiel konvergiert∑∞n=0 fn(x) punktweise, wenn sn(x) punktweise kon-

vergiert. Die Reihe∑

fn(x) heisst (gleichmassig) absolut konvergent , wenn auch die∑|fn(x)| (gleichmassig) konvergiert.

Satz 5.14 Wenn |fk(x)| ≤ ak fur alle x ∈ D mit ak ∈ R und die Reihe∑

akkonvergiert, dann ist die Reihe

∑fk(x) gleichmassig absolut konvergent.

Beweis 5.15 Mit rn(x) =∑∞k=n+1 fk(x) gilt |rn(x)| ≤

∑∞k=n+1 |fk(x)| ≤∑∞

k=n+1 ak → 0 fur n →∞. ]

Fur Folgen und Reihen von Funktionen gibt es immer auch ein aquivalentesCauchy-Kriterium, zum Beispiel:

fn → f punktweise ⇐⇒ ∀x ∈ D ∀ε > 0 ∃N ∀n, m ≥ N

|fn(x)− fm(x)| < ε

fn → f gleichmassig ⇐⇒ ∀ε > 0 ∃N ∈ N ∀n, m ≥ N ∀x ∈ D

|fn(x)− fm(x)| < ε

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Kapitel 6

Komplexe Analysis

6.1 Komplexe Zahlen

Sei R2 = {(a, b) : a ∈ R, b ∈ R}Fur α = (a, b), β = (c, d) ∈ R2 definiere eine Summe und ein Produkt:

α + β = (a + c, b + d)α · β = (ac− bd, ad + bc)

Die Addition ist die ubliche Vektoraddition. Die neutralen Elemente sind 0 = (0, 0)und 1 = (1, 0). Dann gilt α + 0 = α und α · 1 = (a · 1− b · 0, a · 0 + b · 1) = α.

Es ist: −α = (−a,−b) und α−1 = ( aa2+b2 , −b

a2+b2 ) mit α 6= 0, denn es gilt:

(a, b) · ( aa2+b2 , −b

a2+b2 ) = ( a2

a2+b2 − b · −ba2+b2 , −ab

a2+b2 + aba2+b2 ) = (1, 0)

C = (R2,+, ·, 0, 1) erfullt die Axiome K1–K9 und heisst Korper der komplexenZahlen.

Betrachte die Abbildung R → C mit a 7→ (a, 0). Es gilt:

(a, 0) + (c, 0) = (a + c, 0)(a, 0) · (b, 0) = (ac− 0, 0) = (ac, 0)

Daher hat R∗ = {(a, 0) ∈ R2 : a ∈ R} die gleiche Struktur wie R und kann mit Ridentifiziert werden. (Das kleine unscheinbare) i = (0, 1) heisst imaginare Einheit.Es gilt i2 = (0, 1) · (0, 1) = (0 · 0− 1 · 1, 0 · 1 + 1 · 0) = (−1, 0).

(Die Menge {1 = (1, 0), i = (0, 1)} ist die naturliche Basis des R2. Also gilt(a, b) = a · 1 + b · i)

Stattdessen schreibe kurzer fur α = (a, b): α = a + bi. Mit dieser Notation kannunter Beachtung von i2 = −1 genauso gerechnet werden wie mit reellen Zahlen(α = (a, b) β = (c, d)):

α · β = (a + bi)(c + di)

= ac + ad · i + bc · i + bd · i2

= (ac− bd) + (ad + bc)i

Setze

<α = a (Realteil von α)=α = b (Imaginarteil von α)

Es gilt dann: α = <α + =α · i.

42

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6.1. KOMPLEXE ZAHLEN 43

6

-

−i

i

−1 1

Gaußsche Zahlenebene

Fur α = a+ bi setze α = a− bi ∈ C (zu α komplex konjugierte Zahl). Weiterhin:|a| =

√a2 + b2 (der Absolutbetrag von α)

Die Operation ” “a ist die Spiegelung an der reellen

-b

b

α

α

-

Achse.C lasst sich nicht anordnen wegen i2 = −1 < 0.

b

aαRe

αIm

|α| ist die Lange des zugehorigen Ortsvektors. Der Betrag | | ist eine Bewertungauf C.

6.1.1 Rechenregeln

(i) α−1 = 1α = α

|α|2

(ii) |α|2 = α · α

(iii) <α =12(α + α)

=α =12i

(α− α)

(iv) (α± β) = α± β

αβ = α · β und(αβ

)= α

β

(v) |αβ| = |α||β| und∣∣∣αβ ∣∣∣ = |α|

|β|

(vi) |α + β| = |α|+ |β|

Merke: Algebraische Ausdrucke werden gequert, indem jede vorkommende Ein-zelvariable gequert wird (siehe (v)).

Beweis 6.1(i),(ii) Sei α = a + ib. Dann gilt:

αα = (a + ib)(a− ib) = a2 + b2 = |α|21α = 1·α

α·α = α|α|2

(iii) (Kopfrechnen, wirklich mehr als trivial)

aHiermit ist wohl die konjugierte Zahl gemeint, anders gab’s namlich wenig Sinn. Andererseitsist mir das sowieso irgendwie egal. So wichtig wird dieser Satz hier wohl nicht sein.

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44 KAPITEL 6. KOMPLEXE ANALYSIS

(iv) α + β = α + β, is klar!

αβ = (a + ib)(c + id) = ac− bd− i(bc + ad) = α · β

(v) |αβ|2 = (αβ)(αβ) = ααββ = |α|2|β|2∣∣∣αβ ∣∣∣ = (αβ)(αβ) = ααββ

= |α|2|β|2

(vi) |α + β|2 = (α + β)(α + β)

= αα + ββ + αβ + βα =

= |α|2 + |β|2 + 2<αβ

≤ |α|2 + |β|2 + 2|α||β| = (|α|+ |β|)2

Die Division 1α = α

|α|2 ist Vektor der Lange 1|α| und der Richtung α.

Die AbbildungαIm

Reα

α

α|α|

1

2

α 7→ α

|α|2= s(α)

heisst Spiegelung am Einheitskreis wegen|s(α)| = 1

|α| . Die Richtung von s(α) ist Rich-tung von α.

1α ist Komposition der Spiegelung am Ein-

heitskreis und der Querung.Nachtrag: |α| = |α| wegen |α|2 = α α =

αα = |α|2

6.2 Polynome

Definition 6.1 Eine Funktion der Form

p(z) = a0 + a1z + · · ·+ anzn, ak ∈ C

heisst komplexes Polynom. Wie im Reellen setze grad p = n falls an 6= 0. Jedesrelle Polynom (das heisst ak ∈ R) ist auch ein komplexes Polynom.

Satz 6.1 (Fundamentalsatz der Algebra, Gauß) Jedes nichtkonstante kom-plexe Polynom hat eine Nullstelle.

Beweis 6.2 Folgt spater in Funktionentheorie I oder Analysis IV.

Lemma 5.1 ist auch im Komplexen richtig: Zu jedem ξ ∈ C gibt es b0, . . . , bn ∈ Cmit

p(z) = a0 + a1z + · · ·+ anzn =

= b0 + b1(z − ξ) + · · ·+ bn(z − ξ)n

mit b0 = p(ξ).Sei also p(z) 6= 0. Nach Satz 6.1 hat p eine Nullstelle ξ1. Nach Lemma 5.1 gilt:

p(z) = b0=0

+ b1(z − ξ1) + · · ·+ bn(z − ξ)n =

= (z − ξ1)(b1 + · · ·+ bn(z − ξ1)n−1) == (z − ξ1)p1(z)

mit grad p1 = n− 1. Iteriere das Argument und erhalte

p(z) = an(z − ξ1)(z − ξ2) . . . (z − ξn)

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6.3. KONVERGENZ 45

(Produktdarstellung des Polynoms)Jedes komplexe Polynom von Grad n hat also genau n Nullstellen, wenn man

mehrfache Nullstellen auch mehrfach zahlt.

Satz 6.2 Ist ein Polynom reell, so treten nichtreelle Nullstellen paarweise auf. Mitξ ∈ R Nullstelle ist auch ξ Nullstelle.

Beweis 6.3 p(ξ) = 0 ⇐⇒ p(ξ) = 0 = 0 ⇐⇒ ao + a1ξ + a2ξ + · · ·+ anξk = 0.Mit ak = ak folgt p(ξ) = 0.

Beispiel 6.1 p(z) = z3 + z2 − 2. Gib zu diesem Polynom die Produktdarstellungan!

ξ1 = 1: Polynomdivision liefert (z3 + z2 − 2) : (z − 1) = z2 + 2z + 2.Durch quadratische Erganzung: (z + 1)2 = −2 + 1 = −1, also z = −1± i.Damit Produktdarstellung: p(z) = (z − 1)(z + 1− i)(z + 1 + i)

6.3 Konvergenz

Definition 6.2Bε(α) = {z : |z − α| < ε} ⊂ C

heisst ε-Umgebung von α.

εB (α)

α

ε

Eine Folge (zn), zn ∈ C konvergiert genau dann gegen α ∈ C, wenn in jederε-Umgebung von α fast alle Folgenglieder liegen.

Wie im Reellen zeige:

zn → α ⇐⇒ ∀ε > 0 ∃N |zn − α| < ε∀n ≥ N

Lemma 6.3 Fur alle z = x + iy gilt |x|, |y| ≤ |z| ≤ |x|+ |y|

Beweis 6.4 x2 ≤ x2 + y2 = |z|2

|z| = |x + iy| ≤ |x|+ |y|

Satz 6.4 zn → α ∈ C ⇐⇒ <zn → <α ∈ R und =zn → =α ∈ R.

Beweis 6.5 • zn → α

⇐⇒ |zn − α| < ε ∀n ≥ N

Wegen Lemma 6.3 gilt:

|<zn −<α|, |=zn −=α| < ε ∀n ≥ N

Also <zn → <α und =zn → =α.

• Wenn |<zn − <α| < ε und |=zn − =α| < ε fur alle n ≥ N , dann gilt nachLemma 6.3: |zn − α| < 2ε fur alle n ≥ N . Also zn → α in C. ]

Analog zur Definition im Reellen:∑∞n=0 zn = ξ in C bedeutet sn =

∑nk=0 zn → ξ

in C. Entsprechend:∑∞n=0 zn heisst absolut konvergent , wenn auch

∑|zn| konver-

giert. Nach Lemma 6.3 ist absolute Konvergenz aquivalent zur absoluten Konver-genz der Reihen

∑xn und

∑yn (zn = xn + iyn). Das Majoranten-, Quotienten-

und Wurzelkriterium bleiben richtig. Der Umordnungssatz fur absolut konvergenteReihen bleibt richtig.

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46 KAPITEL 6. KOMPLEXE ANALYSIS

6.4 Stetigkeit

Definition 6.3 Sei D ⊂ C, f : D → C. f heisst in ξ ∈ D stetig, wenn fur alleFolgen (zn) mit zn ∈ D, zn → ξ gilt: f(zn) → f(ξ).

Dies ist aquivalent zum ε, δ-Kriterium:

∀ε > 0∃δ > 0 ∀z mit z ∈ D, |z − ξ| < δ ist |f(z)− f(ξ)| < ε.

Seien fk : D → C, D ⊂ C. Ubernehme weiter die Definitionen aus dem Reellen:

fk → f punktweise ⇐⇒ fk(z) → f(z) ∀z ∈ D

fk → f gleichmassig ⇐⇒ ∀ε > 0 ∃K |fk(z)− f(z)| < ε ∀z ∈ D.

Satz 5.13, 5.14 bleiben mit gleichem Beweis richtig. Verwende die Satze in derForm:

Satz 6.5 fk : D → C seien stetig in D fur alle k ∈ N. Ferner sei |fk(z)| ≤ akfur alle z ∈ D mit

∑∞k=0 ak < ∞. Dann konvergiert auch die Reihe

∑∞k=0 fk(z)

gleichmassig absolut in D und stellt eine stetige Grundfunktion dar.Mit anderen Worten: sn(z) =

∑nk=0 fk(z), sn → f gleichmassig in D, f ist in

D stetig.

6.5 PotenzreihenDefinition 6.4 Seien ak ∈ C, k ∈ N. Dann heisst

∞∑k=0

akzk

eine (komplexe) Potenzreihe.Falls ak ∈ R so sprechen wir von einer reellen Potenzreihe

∑akx

k, x ∈ R. Einerelle Potenzreihe ist immer auch eine komplexe.

Satz 6.6 Sei L = lim supn→∞n√|an| und sei der Konvergenzradius

r =

0 falls L = ∞1L falls 0 < L < ∞∞ falls L = 0.

.

Dann ist∑∞n=0 anz

n (absolut) konvergent fur |z| < r, divergent fur |z| > r. Fur|z| = r lasst sich keine Aussage machen. In jeder Menge Ms = {|z| ≤ s}, s < r istdie Konvergenz gleichmassig. f(z) =

∑∞n=0 anz

n ist nach Satz 6.5 stetig fur |z| < r.

Konvergenz gleichm"assig

Divergenzr

Beweis 6.6 Nach dem Wurzelkriterium ist∑

anzn absolut konvergent oder diver-

gent, je nachdem, ob lim supn→∞n√|an||z|n = |z|L kleiner oder grosser als 1 ist.

]

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6.6. EXPONENTIAL-, SINUS- UND COSINUSFUNKTION 47

Bemerkung: Wenn r′ = limn→∞

∣∣∣ an

an+1

∣∣∣ existiert, so ist r′ = r.

Beweis 6.7 Fur |z| < r′ folgt∣∣∣ anz

n

an+1zn+1

∣∣∣ = |an||an+1||z| → a < 1. Umgekehrt: fur

|z| > r′, folgt die die Divergenz genauso. ]

Beispiel 6.2 Betrachte die Reihe∑∞n=0 znnα fur α ∈ R. Es ist L =

lim supn→∞n√

nα = lim( n√

n)α = 1.Fur |z| < 1 konvergiert die Reihe. Fur zum Beispiel α = −1:∞∑n=0

zn

n:

{konvergiert fur z = −1divergiert fur z = 1

6.6 Exponential-, Sinus- und Cosinusfunktion

Die Potenzreihen

exp z =∞∑n=0

zn

n!sin z =

∞∑n=0

(−1)nz2n+1

(2n + 1)!cos z =

∞∑n=0

(−1)nz2n

(2n)!

konvergieren wegen n√

n! → ∞ (vergleiche (vii) vor Satz 3.5 auf Seite 18) auf ganzC, das heisst r = ∞. Alle 3 Reihen stellen fur z ∈ R reellwertige Funktionen dar.

Satz 6.7 (i) exp(x + y) = exp(x) · exp(y) ∀x, y ∈ CEs gilt exp(x) 6= 0 fur alle x ∈ C und 1

exp(x) = exp(−x).

(ii) exp(ix) = cos x + i sinx ∀x ∈ C(Daher auch die beruhmte Eulersche Formel: e2πi = 1)

(iii) cos x =12(exp(ix) + exp(−ix)) ∀x ∈ C

sinx =12i

(exp(ix)− exp(−x)) ∀x ∈ C

(iv) sin(−x) = − sinx, cos(−x) = cos x ∀x ∈ C

(v) sin2 x + cos2 x = 1 ∀x ∈ C

(vi) sin(x + y) = sin x cos y + cos x sin y

cos(x + y) = cos x cos y − sinx sin y ∀x, y ∈ C

Beweis 6.8 (i) Da Potenzeihen (absolut) fur |z| < r konvergieren, konnen sie inihrem Konvergenzbereich mit dem Cauchy-Produkt multipliziert werden. Furexp(x) exp(y) =

∑∞n=0 dn erhalte:

dn =n∑k=0

xk

k!yn−k

(n− k)!=

1n!

n∑k=0

n!k!(n− k)!

xkyn−k =

=1n!

n∑k=0

(n

k

)xkyn−k

=1n!

(x− y)n

Es gilt exp(0) = 1. Daher 1 = exp(x− x) = exp(x) exp(−x).

(ii) Folgt wie

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48 KAPITEL 6. KOMPLEXE ANALYSIS

(iii) aus i4k = 1, i4k+1 = i, i4k+2 = −1, i4k+3 = −i

(iv) sin besitzt nur ungerade Potenzen, cos nur gerade.

(v) sin2 x + cos2 x =(

12i

(eix − e−i))2

+(

12(eix + e−ix)

)2

=

= −14(e2ix + e−2ix − 2e0) +

14(e2ix − e−2ix + 2e0) = 1

(vi) sin(x + y) =12i

(ei(x+y) − e−i(x+y)) =

=12i

(eixeiy − e−ixe−iy) =

=14i

(eix − e−ix)(eiy + e−iy) +14i

(eix + e−ix)(eiy − e−iy) =

= sinx cos y + cos x sin y

Fur cos verfahrt man analog.

Beachte: Aus (i) folgt: exp(nx) = exp(x)n und exp(−nx) =1

exp(x)n∀x ∈ C,

aber: (ea)b (= exp(ab)????) ist fur komplexes a, b nicht definiert und wurdezu Widerspruchen fuhren.

Aus (ez)n = enz und (ii) folgt: (cos x + i sinx)n = cos(nx) + i sin(nx), n ∈ N.(Das ist die Formel von Moivre.)

6.7 Reelle e-Funktionen und Logarithmus

Satz 6.8 Die reelle Exponentialfunktion ist positiv und streng monoton wachsendmit

limx→∞

ex = ∞ limx→−∞

ex = 0

Die Exponentialfunktion bildet R bijektiv auf (0,∞) ab.

Beweis 6.9 Aufgrund der Definition der Exponentialfunktion ist exp(0) = 1,exp(x) > 1 fur x > 0. Weiter ist exp(x) > 0 wegen exp(−x) = (exp(x))−1. Furk > 0 folgt daher: exp(x + k) = exp(x) exp(k) > exp(x). Daher ist exp strengmonoton steigend. Wegen exp(1) > 1 ist exp(n) = exp(1)n →∞.

Da exp streng monoton steigend ist, ist limx→∞ exp(x) = ∞. Die andere Rich-tung ergibt sich zu: limx→−∞ exp(x) = limx→∞ exp(−x) = 0. ]

Definition 6.5 Die eindeutig bestimmte, stetige, streng monoton wachsende Um-kehrfunktion der e-Funktion heisst Logarithmus.

lnn : (0,∞) ↔ R

Es gilt: limx→∞ lnx = ∞ und limx→0+ lnx = −∞. Weiterhin ist ln(ab) = ln a+ln b, a, b > 0, denn (a = ex, b = ey) ln(ab) = ln(exey) = ln ex+y = x+y = ln a+ln b.

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6.7. REELLE E-FUNKTIONEN UND LOGARITHMUS 49

y

x

exp(x)

x

log(x)

y

Abbildung 6.1: Die Exponential- und Logarithmus-Funktion

Rechnen mit Logarithmen

Grundlage ist Rechnen mit Logarithmentafel (fur log10):log10

1 02 0.3013 0.477...

...9 0.954

xn

↓log xn = n log x

↓n log → xn

Satz 6.9 Es giltexp(x) = lim

n→∞

(1 +

x

n

)ninsbesondere

exp(1) = limn→∞

(1 +

1n

)n= e

Beweis 6.10 Fur y > 1 betrachte ln(1+y)y =

y=exp(x)−1

xexp(x)−1

exp(x)−1x = 1 + x

2! + x2

3! → 1 fur x → 0.

Also: limy→0

ln(1 + y)y

= 1

Daher: limn→∞

ln(1 +x

n)n = lim

n→∞

ln(1 + xn )

1n

=y= x

n

x · limy→0

ln(1 + y)y

= x.

Da die exp-Funktion stetig ist, folgt limn→∞

(1 +x

n)n = expx. ]

Definition 6.6 Sei a > 0. Erklare die allgemeine Potenz durch

ak = ex ln a, x ∈ R.

Dies stimmt fur x ∈ Q mit der alten Definition uberein.

Denn es gilt:exp(n · ln a) = exp(ln a) . . . exp(ln a)︸ ︷︷ ︸

n Faktoren

= a . . . a = an und

exp( ln am )m = exp( ln a

m ) . . . exp( ln am ) = exp(ln a) = a

Satz 6.10 Es gilt fur jedes a > 0

(i) limx→∞

x−aex = ∞, limx→∞

xae−x = 0

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50 KAPITEL 6. KOMPLEXE ANALYSIS

(ii) limx→0+

xa lnx = 0, limx→∞

x−a lnx = 0

Beweis 6.11 (i) Fur a < m ∈ N folgt

x−aex > x−mex > x−mxm+1

(m + 1)!=

x

(m + 1)!→∞ fur x →∞.

Da xae−x =1

x−aexfolgt daraus lim

n→∞xae−x = 0.

(ii) limx→0+

xa lnx = limy→∞

1ya

ln1y

= − limy→∞

1ya

ln y =y=et/a

− limt→∞

1et

ln et/a =

− limt→∞

t

aet= 0. ]

6.8 Reeller Sinus und Cosinus

cos x =∞∑n=0

(−1)nx2n

(2n)!, sinx =

∞∑n=0

(−1)nx2n+1

(2n + 1)!

sinx

cosx

B

x

y

Es sei x die ”Lange“ des Kreisbogens von A nach B (ver-gleiche Zeichnung). Dann parametrisieren (cos x, sinx) denEinheitskreis. Wenn zu B der Winkel x ∈ [0, 2π) gehort, soist B = (cos x, sinx)T .

Satz 6.11 Fur B auf dem Einheitskreis mit Winkel x ∈ [0, 2π) ist B =(cos x, sinx)T .

Beweis 6.12 In Analysis III

Folgerungen:

(i) sin π2 = 1, sinπ = 0, sin 2π = 0, cos π2 = 0, cos π = −1, cos 2π = 1.

(ii) sin(x + π2 ) = cos x, sin(x + π) = − sinx

Beweis 6.13 (i) Sieht man direkt aus Zeichnung. Braucht wirklich nicht bewie-sen zu werden.

(ii) folgt aus den Additionstheoremen.

So, jetzt noch die Graphen zu den reellen Sinus- und Cosinusfunktionen, damitwir eine Vorstellung haben, wie die Dinger aussehen:

x

y

1

-1

sin(x)

π

(a) Sinus-Funktion

cos(x)

-1

1

πx

y

(b) Cosinus-Funktion

Abbildung 6.2: Graphen der reellen Sinus- und Cosinusfunktion

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6.9. KOMPLEXE E-FUNKTION UND POLARKOORDINATEN 51

6.9 Komplexe e-Funktion und Polarkoordinaten

Fur z = x + iy gilt ez = ex+iy = ex · eiy = ex(cos y + i sin y)Also: Wegen |eiy| = | cos y + i sin y| = 1 gilt: e<z gibt den Betrag von ez an und

e=z gibt die Richtung in der komplexen Ebene. Oder so zum Merken:

ez = ex(cos y + i sin y)

Also ist ez+2kπi = ez ∀k ∈ Z, insbesondere

e2πi = 1 (Euler)

Weiter folgt eiy = e−iy, y ∈ R

Re z

z

Fur z 6= 0 setze arg(z) = Winkel im Bogenmass zwi-schen positiver reeller Achse und z und arg(0) = 0. Daherist arg(z) ∈ [0, 2π). Dann gilt z = r · eiϕ mit r = |z| undϕ = arg(z). (Das ist die Polardarstellung von z)

Fur z = r·eiϕ, w = s·eiψ gilt z·w = r·s·eiϕ·eψ = rsei(ϕ+ψ).Bildlich dargestellt:

1

w

zwz

ϕ

ϕ

Bei der Multiplikation zw werden die Betrage multipliziert und die Winkel ad-diert.

6.9.1 Wurzeln

Lose die Gleichung zn = a fur a ∈ C. Fur a = 0 ist z = 0 die n-fache Losung. Fura 6= 0 schreibe a = reiϕ. Daher ist z = n

√rei(ϕ+2kπ)/n fur k = 0, . . . , n − 1 mit

zn = a.

Beispiel 6.3 Es sei zn = 1. Dann liegen die Losungen auf den Eckpunkten einesregelmassigen, (durch den Einheitskreis) einbeschriebenen n-Ecks. (Im Bild darge-stellt fur z3 = 1)

Im

Rez

z2

z1

0

6.10 Spezielle reelle Funktionen

6.10.1 Tangens und Cotangens

Der Tangens und Cotangens sind erklart durch:

tanx =sinx

cos x, x 6= (2k + 1)

π

2, k ∈ Z cot x =

cos x

sinx, x 6= kπ, k ∈ Z

So, auch hierzu ein kleines Bildchen:

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52 KAPITEL 6. KOMPLEXE ANALYSIS

y

Abbildung 6.3: Die Tangens- und Cotangensfunktion

asin(x)

x-1 1

y

π/2

(a) Arcussinuns

acos(x)

π/2

y

x1-1

(b) Arcuscosinus

Abbildung 6.4: Die Arcusfunktionen

6.10.2 Arcusfunktionen

Die Arcusfunktionen sind die Umkehrungen der trigonometrischen Funktionen. Dadiese nicht streng monoton sind, wird willkurlich ein ”Hauptwert“ definiert.b

a) Arcussinus:

Umkehrung der Sinusfunktion sin : [−π2 , π2 ] → [−1, 1].

b) Arcuscosinus:

Umkehrung der Cosinusfunktion cos : [0, π] → [1,−1]

Es gilt arcsin x + arccos x = π2 ∀x ∈ [−1, 1]

c) Arcustangens:

Umkehrung der Tangensfunktion tan x : [−π2 , π2 ] → R

6.10.3 Hyperbelfunktion

Betrachten wir folgende beiden Funktionen:

sinhx =ex − e−x

2coshx =

ex + e−x

2

(Der Verlauf der Funktionen ist in Abbildung 6.6 zu sehen)Analog zu den Additionstheoremen fur Sinus und Cosinus gilt:

bSoll wohl im Klartext so was heissen wie: Einschrankung des Definitionsbereiches

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6.10. SPEZIELLE REELLE FUNKTIONEN 53

y

x

atan(x)

π/2

Abbildung 6.5: Die Arcustangensfunktion

cosh(x)

sinh(x)

y

x

Abbildung 6.6: Die sinh- und cosh-Funktion

sinh(x + y) = sinhx cosh y + coshx sinh y

cosh(x + y) = coshx cosh y + sinhx sinh yAusserdem gilt:

coshx + sinhx = ex

cosh2 x− sinh2 x = 1So, und was haben die Funktionen jetzt mit der Hyperbel zu tun? Ganz einfach,

ahnlich wie Sinus, Cosinus parametrisieren sinh und cosh nicht den Einheitskreis,sondern die Einheitshyperbel (mit der Eigenschaft x2 − y2 = 1). Fur einen PunktP auf der Einheitshyperbel gilt also: P = (cosh x, sinhx)T . (Vergleiche hierzu auchdie Zeichnung)

1

y

x

P = (cosh t , sinh t)

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Kapitel 7

Das Riemannsche Integral

Definition 7.1 Es sei I = [a, b] mit a < b ein kompaktes Intervall und a = x0 <x1 < · · · < xn−1 < xn = b.

z = (x0, x1, . . . , xn) heisst Zerlegung von I. |z| = maxk=1,...,n

|Ik| heisst Feinheits-

mass der Zerlegung, wobei Ik = [xk−1, xk] und |Ik| = xk−xk−1. z heisst aquidistant,falls |Ij | = |Ik|, das heisst Ik = b−a

n

Sei f beschrankt, mk = inf f(Ik) und Mk = sup f(Ik). Dann heisst

s(z) = s(z, f) =n∑k=1

|Ik|mk Untersumme und

S(z) = S(z, f) =n∑k=1

|Ik|Mk Obersumme.

����

� �� �� �� �

� �� �� �� �

� �� �� �� �� �

� �� �� �� �� �

� �� �� �� �� �

� �� �� �� �� �

� �� �� �� �� �

� �� �� �� �� �� �

�� � �� ���� �� �� �� � � �� �� �

� �� �� �� �� �� �� �� �

� �� �� �� �� �

� �� �� �� �� �

� �� �� �� �� �

� �� �� �� �� �

� �� �� �� �� � ����S(z)s(z)

x1 x2 x3a x4 x5 b

Abbildung 7.1: Zur Definition von Ober- und Untersumme

Seien Z,Z ′, Z ′′ Zerlegungen. Z ′ heisst Verfeinerung von Z (Z < Z ′), wenn Z ′

alle Teilungspunkte von Z enthalt. Z heisst Uberlagerung von Z ′, Z ′′, wenn Z genauaus den Teilungspunkten von Z ′, Z ′′ besteht.

Lemma 7.1 Sei |f(x)| ≤ K auf I = [a, b]. Z ′ besitze genau p innere Teilungspunk-te. Dann gilt fur jede Zerlegung Z:

s(Z) ≤ s(Z + Z ′) ≤ s(Z) + 2Kp|Z|S(Z) ≥ S(Z + Z ′) ≥ S(Z)− 2Kp|Z|

54

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55

Beweis 7.1 Die erste Ungleichung ist wohl klar. Sei p = 1, ξ sei innerer Tei-lungspunkt von Z ′. Wenn ξ = xk ∈ Z, dann sind die Ungleichungen richtig. Seiξ ∈ (xk−1, xk)

Im folgenden: I ′ = [xk−1, ξ], α′ = |I ′| und I ′′ =

xξI’’

xk-1 kx

I’

[ξ, xk], α′′ = |I ′′]. Dann α′ + α′′ = |Ik|. Weiterhin:m′ = infx∈I′ f(x) und m′′ = infx∈I′′ f(x).

s(Z) und s(Z + Z ′) unterscheiden sich nur in Ik,also

s(Z + Z ′) − s(Z) = m + α + m′′α′′ − mk|Ik| =α′(m′ −mk) + α′′(m′′ −mk)

Wegen |m′−mk|, |m′′−mk| ≤ 2K gilt s(Z +Z ′)−s(Z) ≤ 2K|Ik| ≤ 2K|Z|. ]

Lemma 7.2 Fur beliebige Zerlegungen Z,Z ′ gilt

s(Z) ≤ S(Z ′).

Beweis 7.2 Mit Lemma 7.1: s(Z) ≤ s(Z + Z ′) ≤ S(Z + Z ′) ≤ S(Z ′). ]

Definition 7.2

J∗ = J∗(f) = supZ

s(Z) (Unterintegral)

J∗ = J∗(f) = infZ

S(Z) (Oberintegral)

wobei das sup beziehungsweise inf uber alle Zerlegungen gebildet wird. Wegen Lem-ma 7.2 gilt:

J∗ ≤ J∗

Die Funktion f heisst integrierbar, wenn J∗ = J∗. In diesem Fall schreibe

J∗(f) = J∗(f) =:∫ b

a

f(x) dx =:∫I

f(x) dx

Anschaulich:∫ ba

f(x) dx ist der Flacheninhalt unterhalb der Kurve, sofern dasIntegral existiert.

Beispiel 7.1 D(x) =

{0 x irrational1 x rational

und I = [0, 1]

Hier gilt mk = 0 und Mk = 1. Also J∗(D) = 0, J∗(D) = 1. Demnach ist D(x)nicht integrierbar.

Satz 7.3 Sei Zk eine Zerlegungsfolge mit |Zn| → 0 (Zerlegungsnullfolge). Dann giltfur f : [a, b] → R beschrankt:

limn→∞

s(Zn, f) = J∗(f)

limn→∞

S(Zn, f) = J∗(f)

Insbesondere gilt: Ist f integrierbar, so folgt daraus s(Zn, f) →∫ ba

f(x) dx.

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56 KAPITEL 7. DAS RIEMANNSCHE INTEGRAL

Beweis 7.3 Nehme zunachst an, dass limn→∞ s(Zn) = α fur eine Zerlegungsnull-folge Zn. Sei Z eine beliebige Zerlegung mit p inneren Punkten. Nach Lemma 7.1gilt:

s(Zn) ≤ s(Zn + Z) ≤ s(Zn) + 2pK|Zn|wobei K = sup |f(x)|. Also s(Zn+Z) → α. Da Z beliebig und s(Z) ≤ s(Z+Zn),

muss α = J∗ sein.Da s(Z) ≤ K(b − a) ist die Folge (s(zn)) beschrankt. Fur jede konvergente

Teilfolge gilt s(Znk) → Zk, also ist die ganze Folge konvergent. ]

Satz 7.4 (Riemann-Kriterium) Die beschrankte Funktion f : I → R ist genaudann integrierbar, wenn es zu jedem ε > 0 eine Zerlegung Z gibt mit:

S(Z)− s(Z) < ε.

Beweis 7.4 Sei S(Z)− s(Z) < ε. mit Lemma 7.1s(Z) ≤ J∗ ≤ J∗ ≤ S(Z)also ist J∗ = J∗ und f integrierbar.Sei f integrierbar. Dann gilt fur jede Zerlegungsnullfolge (Zn) (Satz 7.3):s(Zn) → J∗ = J und S(Zn) → J∗ = Jalso S(Zn)− s(Zn) < ε ∀n ≥ N . ]

Beispiel 7.2 Sei I = [0, 1], f(x) = x3. Wahle Zn als aquidistant: xk = k · h mith = 1

n . Dann ist s(Zn) =∑n−1k=0(kh)3 · k und S(Zn) =

∑nk=1(kh)3 · h.

S(Zn) − s(Zn) = (n3h3)h = h → 0. Nach Satz 7.4 ist f integrierbar. Beweisedurch Induktion:

13 + 23 + · · ·+ n3 = 14n4 + 1

2n3 + 14n2.

S(Zn) =∑nk=1 k3h4 = 1

n4

(14n4 + 1

2n3 + 14n2)→ 1

4 .Allgemeiner:

∫ 1

0xn dx = 1

n+1

Satz 7.5 Jede im Intervall I = [a, b] beschrankte Funktion, die hochstens an endlichvielen Stellen unstetig ist, ist integrierbar. Jede monotone Funktion ist integrierbar.

Beweis 7.5 Sei f : I → R zunachst stetig. Da I kompakt, ist f gleichmassig stetig,also

|f(x)− f(y)| < ε ∀x,y|x− y| < δ.Sei (Zn) mit |Zn| → 0. Fur |Zn| < δ gilt daher Mk −mk < ε, alsoS(Zn)− s(Zn) =

∑nk=1(Mn,k −mn,k)|Ik| < ε

∑nk=1 |In,k| = (b− a)ε

Nach Satz 7.4 ist f integrierbar.Sei nun |f(x)| ≤ K, f in y1, . . . , ym unstetig. Schliesse die Unstetigkeitsstellen

in Intervalle I ′1, . . . , I′m ein, mit

∑mk=1 |I ′k| = ε

- xa y1 y2 b

[ ] [ ]

I ′1 I ′2

Es gilt dann∑mk=1(M

′k −m′

k)|I ′k| ≤∑mk=1 2K|I ′k| = 2Kε.

Sei f monoton, zum Beispiel monoton wachsend. Dann istf(a) ≤ f(x) ≤ f(b), ∀x ∈ Ialso |f(x)| ≤ K, K = max(|f(a)|, |f(b)|).Es gilt mk = f(xk−1) und Mk = f(xk), fur eine aquidistante Zerlegung mit

|Ik| = k:

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7.1. EIGENSCHAFTEN DES INTEGRALS 57

S(Z)− s(Z) =∑k

(Mk −mk)h = h ·n∑k=1

(f(xk)− f(xk−1)

)=

= h · (f(b)− f(a)) → 0. ]

Bemerkung: Der Satz ist nicht ganz scharf. Wenn f zum Beispiel abzahlbar vieleUnstetigkeitspunkte hat, ist f integrierbar. (siehe Analysis III).

Nach der Darboux Definition (1854) ist f in-

xbξ3

x1ξ1a ξ2x2

Abbildung 7.2: Zur Definitionder Riemannschen Summe

tegrierbar, wenn supZ s(Z, f) = infZ S(Z, f).Die Riemannsche Definition ist dazu aquiva-

lent:Sei Z eine Zerlegung mit Punkten

x0, . . . , xn. ξ1, . . . , ξn seien Zwischenpunk-te, das heisst ξi ∈ [xi−1, xi]. Dann ist dieRiemannsche Summe:

σ(Z, ξ) =n∑k=1

fk(ξk)|Ik|

wobei ξ = (ξ1, . . . , ξn).

Satz 7.6 Eine Funktion f ist genau dann (Darboux) integrierbar mit Integral∫ ba

f(x) dx, wenn f Riemann integrierbar ist, das heisst wenn fur jede Zerlegungs-nullfolge Zn bei beliebiger Wahl von ξn

σ(Zn, ξn) →∫ b

a

f(x) dx

Beweis 7.6 (nur fur f stetig) Zn bestehe aus Teilintervallen In,k. Fur |Zn|genugend klein folgt aus der gleichmassigen Stetigkeit von f

|f(x)− f(y)| < ε ∀x, y ∈ In,kFur x = ξnk , y = Argument des Minimums von f uber In,k:|f(x)− f(y)| < ε und |σ(Z, ξ)− s(Z)| < ε(b− a)Analog fur S(Z). ]

Beispiel 7.3 Wogegen konvergiert an = 1n

n√∏n

k=1(n + k)?So, erstmal wird der ln des Ausdrucks bestimmt:ln an = − lnn + 1

n

∑nk=1 ln(n + k) = 1

n

∑nk=1 ln

(n+kn

)Das ist eine Riemannsche Summe fur lnx im Intervall I = [1, 2] mit xk = 1+ k

n ,k = 0, . . . , n und ξk = xk, k = 1, . . . , n.

Aus Satz 7.6 folgt ln an →∫ 2

1lnx dx. Da die exp-Funktion stetig ist folgt: an →

eR 21 ln x dx.

7.1 Eigenschaften des Integrals

Definition 7.3 Sei D ⊂ R. Eine Funktion ϕ : D → R heisst lipschitzstetig, wenn

|ϕ(x)− ϕ(y)| ≤ L|x− y|

L heisst dann Lipschitzkonstante.

Die Langenverzerrung, die eine Teilstrecke [a, b] erfahrt, ist beschrankt. EineLipschitzfunktion ist stetig, weil fur xn → ξ folgt: f(xn) → f(ξ).

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58 KAPITEL 7. DAS RIEMANNSCHE INTEGRAL

Beispiel 7.4 (i) f(x) =√

x, D = [0, 1]. Wahle x = 0, y = 0.√

y!< Ly ∀y ∈ [0, 1]. Also ist f zwar stetig, aber nicht lipschitzstetig.

(ii) f(x) = x2

|f(x)− f(y)| = |x2 − y2| = |x + y||x− y|Fur D = R ist f nicht lipschitz, mit einer beschrankten Definitionsmenge Dgilt dagegen: L = 2K, wenn |x| ≤ K fur x ∈ D.

Definition 7.4 R(I) = {f : I → R : f beschrankt und uber I integrierbar}

Satz 7.7 (i) R(I) ist eine Funktionenalgebra. Der Operator∫ ba(·) ist linear auf

R(I), das heisst∫ b

a

(αf(x) + βg(x)) dx = α

∫ b

a

f(x) dx + β

∫ b

a

g(x) dx

(ii) Ist f ∈ R(I), ϕ lipschitzstetig auf dem Bildbereich von f , so ist ϕ(f) ∈ R(I).

(iii) Mit f, g ∈ R(I) ist auch f+ = max(f, 0), f− = max(−f, 0), |f |, f · g,min(f, g), max(f, g) in R(I). Falls f(x) ≥ δ > 0 in I, so ist auch 1

f ∈ R(I).

(iv) Andert man f an endlich vielen Punkten ab, so verandert sich J∗(f) undJ∗(f) nicht. Insbesondere bleibt eine integrierbare Funktion integrierbar mitgleichem Integral.

Beweis 7.7 (i) σ(Z, ξ, f) ist linear in f , also

σ(Z, ξ, αf + βg) = α σ(Z, ξ, f)↓∫ b

af dx

+ β σZ, ξ, g↓∫ b

ag dx

fur eine beliebige Zerlegungsnullfolge. fg ist (iii).

(ii) Wegen |ϕ(f(x)) − ϕ(f(y))| ≤ L|f(x) − f(y)| gilt fur eine Zerlegung mitS(Z, f)− s(Z, f) < ε, dass S(Z,ϕ(f))− s(Z,ϕ(f)) < Lε.

Die Behauptung folgt aus Satz 7.4.

(iii) Betrachte die folgende Funktion:

ϕ(y)

y

Diese Funktion ϕ(f) = f+. Die Funktion ϕ ist lipschitz mit der Konstante 1.Ist f ∈ R(I) so ist auch ϕ(f) = f+ ∈ R(I) nach (ii). Fur f− analog. |f | =f+ + f−.

Sei f ∈ R(I) und |f | ≤ K. Die Funktion ϕ(y) = y2 ist lipschitz auf [−K, K].(siehe Beispiel (ii)). Daher ist ϕ(f) = f2 ∈ R(I) nach (ii). Es gilt 4fg =(f + g)2 − (f − g)2 ∈ R(I), also auch fg ∈ R(I).

Die Funktion max(f, g) = f + (g − f)+ ∈ R(I), min(f, g) analog.

Sei f(x) ≥ δ > 0. Setze ϕ(y) = 1y . Dann ist |ϕ(y)−ϕ(z)| =

∣∣∣ 1y − 1z

∣∣∣ = ∣∣∣ z−yyz ∣∣∣ ≤1δ2 |z − y| fur y, z ≥ δ. Nach (ii) ist auch ϕ(f) = 1

f ∈ R(I).

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7.2. MITTELWERTSATZE 59

(iv) zeigt man wie in Beweis von Satz 7.5

Satz 7.8 Ist f, g ∈ R(i) und f ≤ g in I, so ist∫I

f(x) dx ≤∫I

g(x) dx

insbesondere∣∣∣∣∫I

f(x) dx

∣∣∣∣ ≤ ∫i

|f(x)| dx und∣∣∣∣∫I

f(x) dx

∣∣∣∣ ≤ K|I| falls |f | ≤ K.

Beweis 7.8 Sei f ≤ g ⇒ s(Z, f) ≤ s(Z, g). f ≤ |f | und |f | ist integrierbar.|f | ≤ K = g ist auch integrierbar. ]

7.2 Mittelwertsatze

Es gilt mit Satz 7.8 auch

(7.1) infI

f(x) ≤ 1b− a

∫I

f(x) dx︸ ︷︷ ︸(Integral-)Mittelwert von f

≤ supI

f(x)

� � � � � �� � � � � �� � � � � �� � � � � �� � � � � �

� � � � � �� � � � � �� � � � � �� � � � � �� � � � � � � �

� ������ � � � � � �

� � � � � � �� � � � � � �� � � � � � �

f(b-a)sup

inf f(b-a)

Fläche (Integral)

a b

Satz 7.9 (Mittelwertsatz der Integralrechnung) Ist f stetig auf I = [a, b], sogibt es ein ξ ∈ (a, b) mit

f(ξ) =1

b− a

∫ b

a

f(x) dx

Beweis 7.9 Wende den Zwischenwertsatz auf f(x)− 1b−a

∫ ba

f(x) dx an, verwende(7.1) (Infimum und Supremum in (7.1) wird fur stetiges f angenommen).

Satz 7.10 (Verallgemeinerter Mittelwertsatz) Seien f, g ∈ R(I), f stetig,g ≥ 0 in I. Dann gibt es ein ξ ∈ (a, b) mit

f(ξ)∫ b

a

g(x) dx =∫ b

a

f(x)g(x) dx.

Vorsicht: g ≥ 0 (oder auch g ≤ 0) ist entscheidend, betrache zum BeispielI = [−1, 1], g(x) = x, f(x) = x + 1.

Beweis 7.10 Es gilt min f(x)g(x) ≤ f(x)g(x) ≤ max f(x)g(x). Nach Satz 7.8 lasstsich dies uber x integrieren:

min f(x)∫Ig(x) dx ≤

∫If(x)g(x) dx ≤ max f(x)

∫Ig(x) dx

Analog zum vorigen Beweis folgt die Behauptung aus dem Zwischenwertsatz.]

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60 KAPITEL 7. DAS RIEMANNSCHE INTEGRAL

7.3 Gliedweise Integration

Satz 7.11 Seien fn ∈ R(I), fn → f gleichmassig. Dann ist auch f integrierbarund ∫

I

f(x) dx =∫I

limn→∞

fn(x) dx = limn→∞

∫I

fn(x) dx

Beweis 7.11 Zu ε > 0 gibt es ein n ∈ N mit fn(x)− ε ≤ f(x) ≤ fn(x) + ε fur allex ∈ I = [a, b].

Da fn integrierbar ist, gibt es eine Zerlegung Z mit S(Z, fn)− s(Z, fn) < ε. MitS(Z, ε)− s(Z, ε) = ε(b− a) folgt

S(Z, f)− s(Z, f) ≤ S(Z, fn)− s(Z, fn) + 2ε(b− a) ≤ ε + 2ε(b− a)Nach Satz 7.4 ist f integrierbar.

Bei Potenzreihen: Da diese im Inneren des Konvergenzbereichs gleichmassigkonvergieren, konnen wir dort Integration und Grenzwertbildung vertauschen.

Beispiel 7.5 (i) Betrachte die Funktion ex. Verwende∫ ba

xn dx = 1n+1 (bn+1 −

an+1). Fur das Integral gilt:∫ b

a

ex dx =∫ b

a

∞∑n=0

xn

n!dx =

S-7.11

∞∑n=0

∫ b

a

xn

n!dx

=∞∑n=0

bn+1 − an+1

(n + 1)!= (eb − 1)− (ea − 1)

= eb − ea

(ii)∫ b

a

sinx dx =∫ b

a

∞∑n=0

(−1)nx2n+1

(2n + 1)!dx =

∞∑n=0

(−1)nx2n+2

(2n + 2)!

∣∣∣∣∣b

a

=∞∑n=0

(−1)n(b2n+2 − a2n+2)(2n + 2)!

= (− cos b− 1)− (cos a− 1)

= − cos b + cos a

7.4 Stammfunktionen

Wenn f ∈ R(I), I = [a, b] und c ∈ [a, b] dann ist

(7.2)∫ c

a

f(x) dx +∫ b

c

f(x) dx =∫ b

a

f(x) dx

Definition 7.5 Falls f ∈ R([a, b]), setze∫ a

b

f(x) dx := −∫ b

a

f(x) dx

(Das Integral bekommt sozusagen eine Orientierung)

Definition 7.6 Sei f ∈ R([a, b]) und u ∈ [a, b].

F (x) :=∫ x

u

f(x) dx

heisst (eine) Stammfunktion von f .

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7.4. STAMMFUNKTIONEN 61

Es gilt dann:∫ dc

f(x) dx = F (d)− F (c) fur a ≤ c und d ≤ b.

Beweis 7.12

� �� �� �� �� �

� �� �� �� �� �

� �� �� �� �� �� �

� �� �� �� �� �� �

-F(c), weil c < u

��� �� �� �� �

F(d)

a bc u d

� �� �� �� �

� �� �� �� �

� � �� � �� � �� � �� � �� � �

� � �� � �� � �� � �� � �� � � � �� �

F(d)� �� �F(c),

a bcu d

Dritter Fall analog.

Satz 7.12 Sei f ∈ R(I), F eine Stammfunktion von f . Dann ist F lipschitzstetig:

|F (x)− F (y)| ≤ K|x− y|

mit K = supx∈I |f(x)|. Ist f nichtnegativ, so ist F monoton wachsend.

Beweis 7.13 F (x) =∫ xu

f(x) dx

|F (x)− F (y)| =(∫ xu−∫ yu

)f(x) dx

7.2=∣∣∣∫ xy f(x) dx

∣∣∣= sup |f ||x− y|

]

Beispiel 7.6 (i) Integralsinus

Si(x) =∫ x

0

sin ξ

ξdξ =

∫ x

0

∞∑n=0

(−1)nξ2n

(2n + 1)!dξ =

∞∑n=0

(−1)nξ2n+1

(2n + 1)(2n + 1)!

(ii) Das Fehlerintegral

Φ(x) =2√π

∫ x

0

e−t2dt =

2√π

∫ x

0

∞∑n=0

(−1)nt2n

n!=

=2√π

∞∑n=0

(−1)nx2n+1

(2n + 1)n!

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Kapitel 8

Differentiation

Beispiel 8.1

s(t) = zurückgelegter Weg

s

tt0 t1

s

t

Wenn s linear ist, dann ist s(t)t = const = Geschwindigkeit.

s(t1)−s(t0)t1−t0 = Durchschnittsgeschwindigkeit in [t0, t1]. Geht t1 gegen t0, so wird

die Durchschnittsgeschwindigkeit allmahlich zur Momentangeschwindigkeit.

Definition 8.1 Sei f eine Funktion.

m =∆f

∆x=

f(x)− f(ξ)x− ξ

=GegenkatheteAnkathete

= tan α

heisst Differenzenquotient. Er gibt die Steigung der Sekanten durch A,B an.

ξ x

∆ x

∆ fα

A

B

Definition 8.2 Sei f in einer Umgebung von ξ definiert. f heisst in ξ differenzier-bar, wenn der Grenzwert

f ′(ξ) = limx→ξ

f(x)− f(ξ)x− ξ

= limh→0

f(ξ + h)− f(ξ)h

existiert. f ′(ξ) heisst dann Ableitung von f in ξ.

Physikalisch ist f ′(ξ) die Momentangeschwindigkeit (vergleiche Beispiel). Geo-metrisch gibt f ′(ξ) die Steigung der Tangenten im Punkt (ξ, f(ξ)) an. Die Tangen-tengleichung ist:

62

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63

y(x) = f(ξ) + f ′(ξ)(x− ξ)(aus den Bedingungen: y(ξ) = f(ξ), y′(ξ) = f ′(ξ), y(x) soll linear sein.)

Beispiel 8.2 (i) f(x) = ax + b1h (f(x + h)− f(x)) = 1

h (a(x + h) + b− (ax + b)) = ahh = a → a.

(ii) f(ξ) = eξ

1h (eξ+h − eξ) = eξ

(eh−1h

)eh−1h = 1+h+ 1

2h2+···−1

h −→h→0

1.

Also ist (eξ)′ = eξ.

Definition 8.3 Definiere die einseitigen Ableitungen

f ′+(ξ) = limh→0+

f(ξ + h)− f(ξ)h

rechtsseitige Ableitung

f ′−(ξ) = limh→0−

f(ξ + h)− f(ξ)h

linksseitige Ableitung

Wenn f ′+(ξ), f ′−(ξ) existieren und f ′+ = f ′−, so ist f differenzierbar.

Beispiel 8.3 f(x) = |x|f ′+(0) = limh→0+

0+h−0h = 1

f ′−(0) = limh→0−|0+h|−0

h = −1

Satz 8.1 Sei f in ξ differenzierbar. Dann erfullt f eine lokale Lipschitzbedingung

|f(x)− f(ξ)| ≤ K|x− ξ|

fur x in einer Umgebunga von ξ. Insbesondere ist f stetig in ξ. Ist f ′(ξ) > 0, so gilt

(8.1) f(ξ − h) < f(ξ) < f(ξ + h)

fur genugend kleines h > 0.

Beweis 8.1 Es gilt∣∣∣ f(x)−f(ξ)

x−ξ

∣∣∣ ≤ |f ′(ξ)| + 1 =: K fur genugend kleines |x − ξ|.

Wenn f ′(ξ) > 0, so f(x)−f(ξ)x−ξ > 0 fur |x− ξ| genugend klein.

Satz 8.2 Die Funktion f besitze in ξ ein lokales Maximum oder Minimum, dasheisst f(ξ) T f(x) fur x in einer Umgebung von ξ. Wenn f in ξ differenzierbar, sogilt f ′(ξ) = 0.

Beweis 8.2 Folgt direkt aus (8.1).

Satz 8.3 Seien f, g in ξ differenzierbar. Dann sind auch λf, λ ∈ R; f + g; f · g; fg

(sofern g(ξ) 6= 0) differenzierbar und es gilt:

(i) (λf(ξ) + µg(ξ))′ = λf ′(ξ)− µg′(ξ) (Linearitat)

(ii) (fg)′(ξ) = f ′(ξ)g(ξ) + f(ξ)g′(ξ) (Produktregel)aWenn es heisst Umgebung, ist immer eine genugend kleine Umgebung gemeint.

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64 KAPITEL 8. DIFFERENTIATION

(iii)(

f

g

)′(ξ) =

f ′(ξ)g(ξ)− f(ξ)g′(ξ)g2(ξ)

(Quotientenregel)

insbesondere(

1f

)′(ξ) =

−f ′(ξ)f2(ξ)

Beweis 8.3 (i) Is klar!

(ii)f(ξ + h)g(ξ + h)− f(ξ)g(ξ)

h=

1h

(f(ξ + h)g(ξ + h)− f(ξ)g(ξ + h) + f(ξ)g(ξ + h)− f(ξ)g(ξ)

)=

=1h

g(ξ + h)(f(ξ + h)− f(ξ)

)+

1h

f(ξ)(g(ξ + h)− g(ξ)

)−→

Satz 8.1g(ξ)f ′(ξ) + g′(ξ)f(ξ)

(iii)1h

(1

f(ξ + h)− 1

f(ξ)

)=

1h

f(ξ)− f(ξ + h)f(ξ + h)f(ξ)

=

=1

f(ξ + h)f(ξ)f(ξ) 6= 0, Satz 8.1 ↓

1f2(ξ)

· f(ξ)− f(ξ + h)h↓

−f ′(ξ)

Die Quotientenregel folgt dann aus der Produktregel:(fg

)′=(f · 1

g

)′.

Satz 8.4 Sei f : I → R, g : J → R, f(I) ⊂ J . Wenn f in ξ differenzierbar, g inf(ξ) differenzierbar, ist h = g ◦ f von ξ differenzierbar mit

h′(ξ) = g′(f(ξ)) · f ′(ξ) = g′(y)|y=f(ξ) · f ′(ξ)

(entspricht: aussere Ableitung mal innere Ableitung)

Beweis 8.4 Sei zunachst f ′(ξ) 6= 0. Sei xn → ξ. Da f in ξ stetig ist, gilt: f(xn) =yn → f(ξ) = y. Da xn 6= ξ ist nach Satz 8.1 yn 6= y.

h(xn)− h(ξ)xn − ξ

=

(g(yn)− g(y)

)(f(xn)− f(ξ)

)(yn − y) (xn − ξ)

→ g′(f(ξ))f ′(ξ)

Fur f ′(ξ) = 0 verwende den 1. Teil von Satz 8.1:∣∣∣∣h(x)− h(ξ)x− ξ

∣∣∣∣ = ∣∣∣∣g(f(x))− g(f(ξ))x− ξ

∣∣∣∣≤

Satz 8.1K ·

∣∣∣∣f(x)− f(ξ)x− ξ

∣∣∣∣→ 0.

]

Beispiel 8.4 (i) (xn)′ = n · xn−1, n ∈ N. Der Beweis erfolgt durch Induktion:

n = 0: (x0)′ = 1′ = 0; passt.

n → n + 1: (xn+1)′ = (x · xn) = 1 · xn + x · n · xn−1 = (n + 1)xn

(ii) (x−n)′ =(

1xn

)′ = 1′·xn−1·nxn−1

x2n = −nx−n−1

(iii)((f(x))n

)′ = (zn)′|z=f(x) = n · zn−1z′ = n(f(x)

)n−1f ′(x)

(iv)(e(ex)

)′= (ez)′|z=ex = ez · z′ = e(ex) · ex

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8.1. MITTELWERTSATZE 65

Satz 8.5 Sei f im Intervall I stetig und streng monoton. Ist die Umkehrfunktionϕ := f (−1) in η = f(ξ) differenzierbar mit ϕ′(η) 6= 0, so ist f in ξ differenzierbar

unddf

dx(ξ) =

1dϕdy (η)

oderf ′(ξ) =

1ϕ′(f(ξ))

Beweis 8.5 Sei xn → ξ, xn 6= ξ. Analog zum Beweis des letzten Satzes ist wiederyn = f(xn) → η, yn 6= η.

f(xn)− f(ξ)xn − ξ

=yn − η

ϕ(yn)− ϕ(η)(gilt, weil xn = ϕ(yn): Umkehrfunktion)

→ 1ϕ′(η)

η=f(ξ)

]

Merkregeln: Schreibe f ′ = dfdx (= lim ∆f

∆x )

Fur Kettenregel g(y(x)): dgdx = dg

dy ·dydx

Fur Umkehrfunktion f(ϕ(x))′: dfdx = 1

dxdf

Beispiel 8.5 (i) Uns bereits bekannt ist, dass (ey)′ = ey. Dementsprechend gilt:

(lnx)′ =1

(ey)′|y=ln x=

1elnx

=1x

(ii) xα = (elnx)α = eα ln x fur x > 0.

Also (xα)′ = (eα ln x)′ = (ez)′ = ez · z′ = eα ln x · αx = xα · αx = α · xα−1. ]

Formal stimmt Satz 8.5 mit der Kettenregel uberein:

ϕ(f(x)) = x?f,g diff.?⇐⇒ ϕ′(y)f ′(x) = 1

ϕ′(y) 6=0⇐⇒ f ′(x) = 1ϕ(y)

Beispiel 8.6 Betrachte f(x) =√

x.

Es gilt (√

x)2 = x ⇒ 2√

x(√

x)′ = 1 ⇒ (√

x)′ =1

2√

x.

8.1 Mittelwertsatze

Satz 8.6 (Satz von Rolle) Sei f in [a, b] stetig, in (a, b) differenzierbar undf(a) = f(b). Dann gibt es ein ξ ∈ (a, b) mit f ′(ξ) = 0.

Beweis 8.6 Wenn f = const, so ist f ′(x) = 0 fur alle x. Sei also f 6= const, oBdAsei x ein Punkt mit f(x) > f(a). Dann nimmt f das Maximum im Inneren desIntervalls an. Nach Satz 8.2 ist f ′(ξ) = 0. ]

Satz 8.7 (Mittelwertsatz der Differentialrechnung) Sei f in [a, b] stetig, in(a, b) differenzierbar. Dann gibt es ein ξ ∈ (a, b) mit

f(b)− f(a)b− a

= f ′(ξ)

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66 KAPITEL 8. DIFFERENTIATION

a ξ bx

Beweis 8.7 Setze g(x) := f(x) − α(x − a) mit α = f(b)−f(a)b−a . Es gilt g(a) = g(b),

also 0 = g′(ξ) = f ′(ξ)− α. ]

Satz 8.8 (Verallgemeinerter Mittelwertsatz, Cauchy) Die Funktionen f, gseien in [a, b] stetig, in (a, b) differenzierbar. Ferner sei g′(x) 6= 0 in [a, b). Danngibt es ein ξ ∈ (a, b) mit

f(b)− f(a)g(b)− g(a)

=f ′(ξ)g′(ξ)

Beweis 8.8 Es ist g(b) 6= g(a) wegen Satz von Rolle. Setze h(x) = f(x)−α(g(x)−g(a)) mit α = f(b)−f(a)

g(b)−g(a) . Weiter wie in Beweis zu Satz 8.7. ]

8.2 Hauptsatze

Satz 8.9 (1.Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung) Die Funk-tion f sei in [a, b] integrierbar, in ξ ∈ [a, b] stetig. Dann ist

F (x) =∫ x

c

f(t) dt, c ∈ [a, b]

in ξ differenzierbar mit F ′(ξ) = f(ξ.

Beweis 8.91h

(f(ξ + h)− F (ξ)

)=

1h

∫ ξ+h

ξ

f(t) dt

⇐⇒ 1h

(F (ξ + h)− F (ξ)

)− f(ξ) =

1h

∫ ξ+h

ξ

(f(t)− f(ξ)

)dt

Da f in ξ stetig, ist |f(t)− f(ξ)| < ε fur |h| genugend klein. Fur diese h ist∣∣∣∣ 1h(F (ξ + h)− F (ξ))− f(ξ)

∣∣∣∣ = 1h

∫ ξ

ξ

|f(t)− f(ξ)| dt

<1h· h · ε = ε → 0. ]

Bemerkung: Wenn f stetig in [a, b] ist, verwende einfacher den Mittelwertsatz:

1h

(F (ξ + h)− F (ξ)

)=

1h

∫ ξ+h

ξ

f(t) dt =Mittelwertsatz

1h· hf(t′) → f(ξ)

Satz 8.10 (2.Hauptsatz) Sei F in [a, b] stetig differenzierbar, das heisst F istdifferenzierbar mit stetiger Ableitungsfunktion F ′. Dann

F (b)− F (a) =∫ b

a

F ′(t) dt,

oder auchF (x) = F (c) +

∫ x

c

F ′(t) dt.

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8.3. HOHERE ABLEITUNGEN 67

Beweis 8.10 Sei G(x) =∫ xa

F ′(t) dt. G ist nach Satz 8.9 stetig differenzierbar mitG′(x) = F ′(x). Fur H(x) = G(x)−F (x) folgt aus dem Mittelwertsatz wegen H ′ = 0:H(x) = const = G(a)− F (a)⇐⇒ G(x)− F (x) = −F (a)⇒ G(x) = F (x)− F (a)

8.3 Hohere Ableitungen

Ist f auf [a, b] differenzierbar, so ist f ′ ebenfalls auf [a, b] definiert und kann eventuellweiter differenziert werden. Notation: f ′ = df

dx , f (n) = ddxf (n−1).

Beispiel 8.7 (i) p(x) = anxn + an−1x

n−1 + · · ·+ a0

p′(x) = n · anxn−1 + (n− 1)an−1xn−2 + · · ·+ a1

p′′(x) = (n− 1)nanxn−2 + (n− 2)(n− 1)an−1x

n−3 + · · ·+ 2a2

...

p(n)(x) = n! an

p(n+1)(x) = 0

(ii) f(x) = eαx fur α ∈ R.

f (n)(x) = αneαx

Definition 8.4 Sei I ein beliebiges Intervall.Cm(I) = {f : I → R : f ist m-mal differenzierbar mit stetigen Ableitungen

f (1), . . . , f (m)}insbesondere C(I) = C0(I) = stetige Funktionen auf I.

dm

dxm := m-ter Ableitungsoperator.Die Funktion dm

dxm : Cm(I) → C0(I) ist linear auf Cm(I), das heisst (αf +βg)(m) = αf (m) + βg(m). Daher ist Cm(I) ein linearer Vektorraum. Nach der Pro-duktregel gilt:

(fg)′ = f ′g + fg′

(fg)′′ = f ′′g + f ′g′ + f ′g′ + fg′′ = f ′′g + 2f ′g′ + fg′′

(fg)′′′ = f ′′′g + 3f ′′g′ + 3f ′g′′ + fg′′′

Offenbar gilt also allgmein die Leibniz-Regel :

(fg)(n) =n∑k=0

(n

k

)f (k)g(n−k)

Beweis 8.11 Wie bei der binomischen Formel (Satz 2.1 auf Seite 7). ]

Beispiel 8.8 d100

dx100 (x2 sin 2x) = x2 · 2100 sin 2x +(1001

)· 2x · (− cos 2x) +

(1002

)· 2 ·

298(− sin 2x) = 2100((x2 − 2475) sinx− 100x cos 2x

).

8.4 Gliedweise DifferentiationSatz 8.11 Seien fn, n ∈ N stetig differenzierbar und fn → f gleichmassig. Wennauch f ′n → g gleichmassig konvergiert, so ist f differenzierbar mit f ′ = g oder(lim fn)′ = lim f ′n.

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68 KAPITEL 8. DIFFERENTIATION

10

1x

y

Beispiel 8.9 fn(x) = (x2 + 1n )

12

fn konvergiert gleichmasig gegen |x|, aber f ′n konvergiert nicht, weil |x| nichtdifferenzierbar ist.

Beweis 8.12∫ xa

g(t) dt =7.11

limn→∞∫ xa

f ′n(t) dt =8.10

limn→∞(fn(x) − fn(a)

)=

f(b)− f(a)Nach dem Hauptsatz ist f differenzierbar mit f ′ = g. ]

Analog:∑

fn,∑

f ′n gleichmassig konvergent ⇒(∑

fn)′ =

∑f ′n.

Potenzreihen:∑∞n=0 anx

n

Wie ist der Radius von∑∞n=1 nanx

n−1 =∑∞n=0(n + 1)an+1x

n ?Betrachten wir also n

√(n + 1)|an+1| = n

√n + 1 n

√|an+1|

Es gilt n√

n + 1 ≥ 1 sowie n√

n + 1 ≤ n√

2n = n√

2 n√

n → 1. Zusammen ergibt sich:n√

n + 1 → 1.n√|an+1| =

(n+1√|an+1|

)n+1n . Also ist lim sup n

√|an| = lim sup

(n+1√|an+1|

)n+1n

Also: Eine Potenzreihe ist in ihrem Konvergenzbereich unendlich oft differen-zierbar und kann dort gliedweise differenziert werden. Alle Ableitungen haben dengleichen Konvergenzradius wie die Ausgangsreihe.

Beispiel 8.10 (i) sinx =∑∞n=0

(−1)nx2n+1

(2n+1)!

(sinx)′ =∑∞n=0

(−1)n(2n+1)x2n

(2n+1)! =∑∞n=0

(−1)nx2n

(2n)! = cos x

(cos x)′ =∑∞n=1

(−1)nx2n−1

(2n−1)! = − sinx

(ii) (tanx)′ =(

sin xcos x

)′= cos x·cos x−sin x(− sin x)

cos2 x = 1cos2 x = 1 + tan2 x

(cot x)′ =(

cos xsin x

)′ = sin x(− sin x)−cos x·cos xsin2 x

= −1sin2 x

= −1− cot2 x

(iii) (arcsin x)′ = 1cos y

∣∣∣y=arcsin x

= 1√1−sin2(arcsin x)

= 1√1−x2

(arccos x)′ = −1sin y

∣∣∣y=arccos x

= −1√1−cos2(arccosx)

= −1√1−x2

(iv) (arctanx)′ = 11+tan2 y = 1

1+x2

(arccot x)′ = −11+cot2 y = −1

1+x2

(v) (sinhx)′ = cosh x, (coshx)′ = sinh x

(vi) (xa)′ = ((eln x)a)′ = (ea ln x)′ = ea ln x · ax = axa · 1x = axa−1, a 6= 0, x > 0.

(vii) (xx)′ = (ex ln x)′ = ex ln x(lnx + 1) = xx(lnx + 1)

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8.5. INTEGRATIONSTECHNIKEN 69

8.5 Integrationstechniken

Definition 8.5 Die Funktion f sei integrierbar. Jede Funktion F mit F ′ = f heisstStammfunktion von f .

Hierfur schreibt man oft F (x) =∫

f(x) dx und bezeichnet dies als unbestimmtesIntegral.

Wenn F und G (verschiedene) Stammfunktionen von f sind, so ist F ′ = G′ undnach dem Mittelwertsatz ist F (x) = G(x) + const. Zwei Stammfunktionen unter-scheiden sich also nur durch eine Konstante. Nach Satz 8.9 gilt fur jede Stamm-funktion

F (x)∣∣ba

:= F (b)− F (a) =∫ b

a

f(x) dx.

Funktionf Stammfunktion F Bemerkung

xα1

α + 1· xα+1 α 6= 1, x > 0

1x + a

ln |x + a| x 6= −a

11 + x2

arctanx

11− x2

12

ln∣∣∣∣x + 1x− 1

∣∣∣∣ x 6= ±1

1√1− x2

arcsin x −1 < x < 1

1√1 + x2

ln(x +√

x2 + 1) = Arsinhx

1√x2 − 1

ln |x +√

x2 − 1| |x| > 1

ex ex

ax1

ln aax a > 0

sinx − cos xcos x sinxtanx − ln | cos x| x 6= (k + 1

2 )π, k ∈ Zcot x ln | sinx| x 6= kπ, k ∈ Zsinhx coshxcoshx sinhxtanh x ln coshxcoth x ln | sinhx| x 6= 0

1cos2 x

tanx x 6= (k + 12 )π, k ∈ Z

1sin2 x

− cot x x 6= kπ, k ∈ Z

Tabelle 8.1: Einige wichtige Stammfunktionen im Uberblick

Satz 8.12 (Partielle Integration) Die Funktionen f, g seien in [a, b] differen-zierbar mit Ableitungen f ′, g′. Dann ist∫ b

a

f(x)g′(x) dx = −∫ b

a

f ′(x)g(x) dx + f(x)g(x)∣∣ba.

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70 KAPITEL 8. DIFFERENTIATION

Die unbestimmte partielle Integration ist:∫f(x)g′(x) dx = −

∫f ′(x)g(x) dx + f(x)g(x).

Beweis 8.13 Es gilt ddx (fg) = f ′g +fg′, das heisst fg ist eine Stammfunktion von

f ′g + fg′. ]

Beispiel 8.11 (i) Es ist∫lnx dx =

∫lnx · 1 dx =

∫lnx · x′ dx = −

∫(lnx)′x + lnx · x

= x(lnx− 1).

(ii) Es gilt∫sin2 x dx = −

∫sinx

d

dxcos x dx =

∫d

dxsinx cos x dx− sinx cos x

=∫

cos2 x dx− sinx cos x =∫

(1− sin2 x) dx− sinx cos x.

Und daher folgt∫

sin2 x dx =12(x− sinx cos x).

Nach dem gleichen Verfahren kann man folgende Rekursionsformel beweisen:∫sinn dx = − sinn−1 x cos x + (n− 1)

∫sinn−2 x cos2 x dx

⇐⇒ n

∫sinn x dx = − sinn−1 x cos x + (n− 1)

∫sinn−2 x dx.

(iii) Es ist∫xnex dx =

∫xn

d

dxex dx = −n

∫xn−1ex dx + xnex

= n(n− 1)∫

xn−2ex dx + xnex − nxn−1ex

= xnex − xn−1ex + n(n− 1)xn−2ex − · · ·+ (−1)nnex.

Satz 8.13 (Integration durch Substitution) Sei f eine in [a, b] stetige Funk-tion, ϕ in [α, β] stetig differenzierbar mit ϕ([α, β]) = [a, b], insbesondere ϕ(α) = a,ϕ(β) = b. Dann gilt ∫ b

a

f(x) dx =∫ β

α

f(ϕ(t))ϕ′(t) dt.

Wenn nur ϕ([α, β]) ⊂ [a, b], dann gilt∫f(x) dx

∣∣x=ϕ(t)

=∫

f(ϕ(t))ϕ′(t) dt.

Ist ϕ zusatzlich streng monoton, so gilt∫f(x) dx =

∫f(ϕ(t))ϕ′(t) dt

∣∣t=ϕ−1(x)

.

Bemerkung: Fur die tatsachlich Berechnung gilt: Kummer dich nicht zu sehr umden genauen Wortlaut des Satzes, verwende lieber einfach folgendes Schema:

Zur Berechnung von∫

f(x) dx kann man entweder x = x(t) benutzen, dann

ist dxdt = x′, also

∫f(x) dx =

∫f(x(t))

dx

dtdt.

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8.5. INTEGRATIONSTECHNIKEN 71

Oder man benutzt t = t(x). Dann ist dtdx = t′, also

∫f(x) dx =∫

f(x−1(t))dt

dx· dx.

Beweis 8.14 Sei F (x) eine Stammfunktion von f . Dann gilt ddtF (ϕ(t)) = f(ϕ(t)) ·

ϕ′(t), das heisst F (t) = F (ϕ(t)) ist eine Stammfunktion von f(ϕ(t))ϕ′(t). Nach demHauptsatz gilt:

F (β)− F (α) =∫ β

α

f(ϕ(t))ϕ′(t) dt = F (b)− F (a) =∫ b

a

f(x) dx.

Die ersten beiden Formeln sind damit bewiesen. Die letzte Formel ist eine Identitatin t, namlich

F (ϕ(t)) =∫ t

t0

f(ϕ(s))ϕ′(s) ds.

Da ϕ streng monoton ist, ersetze t durch ϕ−1(x):

F (x) =∫ t

t0

f(ϕ(s))ϕ′(s) ds∣∣s=ϕ−1(x)

. ]

Bemerkung: Da die Uberprufung der Voraussetzung von Satz 8.13 muhsam ist,am Ende der Rechnung eine Probe machen!

Beispiel 8.12 (i) Wir wollen∫e3x+3ex+1 dx berechnen.

Dazu setzen wir t = ex. Dann ist dtdx = ex, also dx = 1

ex dx = 1t dt und es folgt∫

e3x + 3ex + 1

dx =∫

t3 + 3(t + 1)t

dt.

Integrale dieser Art werden wir spater (mit Hilfe der Partialbruchzerlegung,siehe Abschnitt 10.3) behandeln konnen.

(ii) Zur Berechnung von∫ √

1− x2 dx kann man zum Beispiel die Substitutionx(t) = cos t verwenden. (Dies bietet sich an, weil man dann die Differenz 1−x2

mit Hilfe der Additionstheoreme fur die trigonometrischen Funktionen in dasQuadrat einer Funktion umwandeln kann). Dann ist dx

dt = − sin t, folglichdx = − sin t dt. Es gilt somit∫ √

1− x2 dx = −∫

sin2 t dt =12(sin t cos t− t) =

12(√

1− x2 · x− arccos x).

Wie in der Bemerkung erwahnt, kann man jetzt ein Probe machen, um zusehen, dass die (formale) Rechnung korrekt ist.

Merke: Bei Integralen, die einen Term der Form 1−x2 oder ahnliches enthalten,kann die Substitution x = cos t oder x = sin t hilfreich sein.

(iii) Schauen wir uns mal das Integral∫ √

x2 + 1 dx an. Hier ist die Substitutionx(t) = sinh t mit dx

dt = cosh t, also = cosh t · dt hilfreich. Denn mit demAdditionstheorem 1 + sinh2 t = cosh2 t fur die Hyperbelfunktionen erhaltenwir∫ √

x2 + 1 dx =∫

cosh t cosh t dt =∫

cosh td

dtsinh t dt

= −∫

sinh2 t dt︸ ︷︷ ︸t−

Rcosh2 t dt

+cosh t sinh t.

Also gilt∫cosh2 t dt =

12(sinh t cosh t + t) =

12(x√

1 + x2 + ln(x +√

x2 + 1)).

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72 KAPITEL 8. DIFFERENTIATION

Auch hier kann man durch eine Probe die Korrektheit der Rechnung uber-prufen.

Merke: Bei Integralen, die einen Term der Form 1+x2 oder ahnliches enthalten,ist oft die Substitution x = sinh t von (großem) Nutzen.

Beachte: In (i) hatten wir t = ϕ−1(x), in (ii),(iii) hatten wir x = ϕ(t) verwen-det. Beides geht!

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Kapitel 9

Der Satz von Taylor

Satz 9.1 (Taylor) Es sei I ein Intervall und f ∈ Cn+1(I). Fur a, x ∈ I gilt

(9.1) f(x) = f(a)+f ′(a)(x−a)+12f ′′(a)(x−a)2+· · ·+ 1

n!f (n)(a)(x−a)n+Rn(x; a)

mit dem Restglied

Rn(x; a) =1n!

∫ x

a

(x− t)nf (n+1)(t) dt (Integral-Darstellung)

oder

Rn(x; a) =(x− a)n+1

(n + 1)!f (n+1)(ξ) mit ξ ∈ (a, x) (Lagrange-Darstellung).

Bemerkung: Die Funktion f(x) = Tn(a;x) + Rn(a;x) mit Tn =∑nk=1

1k!f

(k)(a)(x − a) besteht aus einem Polynom vom Grad hochstens nund einem Rest Rn(a;x). Fur den Rest gilt: |Rn(a;x)| ≤ c|x − a|n+1, dasheisst f ∈ Cn+1(I) lasst sich durch ein Polynom vom Grade hochstens n bisauf einen Fehler n + 1 approximieren.

Beweis 9.1 Wende partielle Integration auf das Restglied Rn(x; a) an:

Rn(x; a) =∫ x

a

(x− t)n

n!f (n+1)(t) dt

= −∫ x

a

ddt (x− t)n

n!f (n)(t) dt +

(x− t)n

n!f (n)(t)

∣∣∣∣xa

=∫ x

a

(x− t)n−1

(n− 1)!f (n)(t) dt− (x− a)n

n!f (n)(a).

Die Aussage mit der Integral-Darstellung des Integrals folgt jetzt durch Induktionuber n.Aus dem verallgemeinerten Mittelwertsatz (Satz 7.10) erhalt man daruberhinaus:∫ x

a

(x− t)n

n!︸ ︷︷ ︸g(t)

f (n+1)(t)︸ ︷︷ ︸f(t)

dt = f (n+1)(ξ)∫ x

a

(x− t)n

n!dt = f (n+1)(ξ)

(x− a)n+1

(n + 1)!

mit einem ξ ∈ (a, x). ].

Spezialfalle: Fur n = 0 erhalt man:

f(x) = f(a) +∫ x

a

f ′(t) dt

73

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74 KAPITEL 9. DER SATZ VON TAYLOR

also den Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung beziehungsweise mit derLagrange-Darstellung des Restglieds:

f(x) = f(a) + f ′(ξ)(x− a),

also den Mittelwertsatz.

Bemerkung: Fur die Integraldarstellung des Restglieds genugt die Vorausset-zung f (n+1) integrierbar.

Definition 9.1 (Landausche Symbole) Die Funktionen f und g seien in einerUmgebung des Punktes ξ definiert. Wir schreiben

f(x) = O(g(x)), x → ξ

wenn∣∣∣ f(x)g(x)

∣∣∣ ≤ M , wobei M eine Konstante, in einer Umgebung von ξ ist und

f(x) = o(g(x)), x → ξ

falls limx→ξf(x)g(x) = 0 gilt.

Wenn zum Beispiel g(x) → 0 fur x → 0, dann bedeutet f(x) = O(g(x)): ”f gehtgenauso schnell gegen Null wie g“ und f(x) = o(g(x)): ”f geht schneller gegen Nullals g“.

Beispiel 9.1 (i) Die Schreibweise f(x) = o(|x|), x → 0 bedeutet: ∀ε > 0 ∃δ > 0mit |f(x) ≤ ε|x| oder

∣∣∣ f(x)x

∣∣∣→ 0.

(ii) Die Schreibweise f(x) = O(x2), x → ∞ bedeutet |f(x)| ≤ x2: ”f gehthochstens so schnell gegen ∞ wie x2.“

So, und nachdem wir noch keine Beispiele hatten:

Beispiel 9.2 (i) Die Differenzierbarkeit einer Funktion lasst sich mit Hilfe derLandauschen Symbole auch folgendermaßen formulieren: Eine Funktion f istim Punkt ξ genau dann differenzierbar, wenn es ein h(x) gibt mit f(x) =f(ξ) + f ′(ξ)(x − ξ) + h(x) mit h(x) = o(|x − ξ|), das heißt f(x) = f(ξ) +

f ′(ξ)(x−ξ)+o(|x−ξ|) oder anders geschrieben: f(x)−f(ξ)(x−ξ) = f ′(ξ)+

o(|x− ξ|)|x− ξ|︸ ︷︷ ︸

→0 fur x−ξ

.

Interpretation: Die Funktion f(ξ)+f ′(ξ)(x−ξ) (das entspricht der Tangente)approximiert f(x) bis auf einen Fehler o(|x− ξ|).

(ii) Nach dem Satz von Taylor gilt: f(x) = Tn(x; a) + Rn(x; a), das heißt f(x) =Tn(x; a)+O(|x−a|n+1), oder etwas anders formuliert: ”Tn approximiert f bisauf einen Fehler ≤ c|x− a|n+1.“

9.1 Numerische Differentiation

Fur die numerische Berechnung einer Ableitung benutzt man naturlich die Naherungf ′(ξ) ≈ 1

h

(f(ξ + h)− f(ξ)

).

Um die Konvergenzgeschwindigkeit festzustellen, verwendet man den Satz von Tay-lor. Es gilt f(ξ+h) = f(ξ)+f ′(ξ)h+ 1

2f ′′(ξ)h2, also folgt |f ′(ξ− 1h (f(ξ+h)−f(ξ))| ≤

12f ′′(ξ)h ≤ 1

2M2h mit M2 = max |f ′′(t)|, f ∈ C2.

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9.2. NUMERISCHE INTEGRATION 75

Problem bei der heutigen Computergeneration: Fur kleine h ist f(ξ + h) ≈ f(ξ)und damit f(ξ + h)− f(ξ) num.= 0. Fur den Rundungsfehler r gilt: r ∈ [−εM0, εM0]mit ε: Maschinengenauigkeit (z. B. 10−6, 2−23) und M0 = max |f(t)|.

Der Rundungsfehler bei f(ξ + h) − f(ξ) sei r. Man erhalt f ′num(ξ) = 1h

(f(ξ +

h)− f(ξ)+ r)

(Dabei wird der Rundungsfehler bei Division durch h vernachlassigt)Es gilt also:|f ′(ξ)− f ′num(ξ)| ≤ |f ′(ξ)− 1

h (f(ξ + h)− f(ξ))|+∣∣ rh

∣∣ ≤ 12M2h + εM0

h

Der Fehler wird minimal bei 12M2h = εM0

h ⇒ h = O(√

ε) ⇒ |f ′(ξ) −f ′num,h=O(

√ε)| ≤ c ·

√ε

Alternative zur numerischen Berechnung der Ableitung:f ′(ξ) ≈ 1

2h (f(ξ + h)− f(ξ − h))Nach Taylor gilt:f(ξ ± h) = f(ξ)± f ′(ξ)h + 1

2f ′′(ξ)h2 ± 16h3f ′′′(ξ)

12h (f(ξ + h)− f(ξ − h)) = f ′(ξ) + 1

6h2(

12f ′′′(ξ1)− 1

2f ′′′(ξ2))

= f ′(ξ) + s(h) mit|s(h)| ≤ 1

6h2M3 und M3 = max |f ′′′(t)| fur f ∈ C3.

Endergebnis: |f ′num − 12h (f(ξ + h)− f(ξ − h))| ≤ 1

6M3h2 + εM0

h

Dabei ist hopt = O(ε13 ), der Fehler ist dann O(ε

23 ).

9.2 Numerische Integration

Fur die numerische Integration kann man zum Beispiel folgendes machen: Manunterteile das Intervall [a, b] aquidistant, a = x0 < x1 < · · · < xn = b, das heissth = b−a

n und xi = a + ih (i = 0, . . . , n). Verwende nun auf jedem Teilintervall dieMittelpunktsformel: Mi(f) = hf(ξi) mit ξi = 1

2 (xi + xi+1).Die Anwendung von Taylor liefert dann:f(x) = f(ξ) + f ′(ξ)(x− ξ) + O(|x− ξ|2),

also

|Mi(f)−∫ xi+1

xif(x) dx| =∣∣∣hf(ξi)−

∫ xi+1

xif(ξi) dx−

∫ xi+1

xif ′(ξi)(x− ξi) dx︸ ︷︷ ︸

=0

−∫ xi+1

xiO(|x− ξi|2) dx

∣∣∣≤ ch3

Demnach gilt fur M(f) =∑n−1i=0 Mi(f):∣∣∣∫ ba f(x) dx−M(f)

∣∣∣ ≤∑n−1i=0

∣∣∣∫ xi+1

xif(t) dt−Mi(f)

∣∣∣ ≤∑n−1i=0 ch3 = ch2

Eine Alternative ist die Trapezregel: τi = h2

(f(xi)− f(xi+1)

)Durch die Taylorentwicklung zeige: |Ti(f)−Mi(f)| ≤ ch3

Analog fur T (f) =∑n−1i=0 Ti(f) = k

(12f(x0) + f(x1) + · · ·+ f(xn−1) + 1

2f(xn))∣∣∣∣∣

∫ b

a

f(x) dx

∣∣∣∣∣ ≤n−1∑i=0

∣∣∣∣∫ xi+1

xi

f(t) dt− Ti(f)∣∣∣∣

≤n−1∑i=0

(∣∣∣∣∫ xi+1

xi

f(t) dt−Mi(f)∣∣∣∣+ |Mi(f)− Ti(f)|

)≤ ch2.

Beispiel 9.3 Es ist ln 2 =∫ 2

1dxx . Wir wahlen jetzt h = 1

4 . Dann ergibt sich f(x0) =1, f(x1) = 4

5 , f(x2) = 23 , f(x3) = 4

7 , f(x4) = 12 .

Damit ist T (f) = 14

(12 · 1 + 4

5 + 23 + 4

7 + 12 ·

12

)= 0.697 . . . (Tatsachlich gilt

ln 2 = 0.693 . . . )

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76 KAPITEL 9. DER SATZ VON TAYLOR

9.3 Taylor-Reihe

Sei f(x) =∑∞n=0 an(x− a)n eine Potenzreihe mit Enwicklungspunkt a. Sie konver-

giert in D = {x ∈ R : |x− a| < r} mit 1r = L = lim supn→∞

n√|an|.

Es ist f ′(x) =∑n=1 nan(x− a)n−1 und damit f ′(a) = 1 · a1, f ′′(a) = 2 · 1 · a2,

allgemein f (n)(a) = n! an. Nach Taylor gilt dann fur x ∈ D:

f(x) =∞∑n=0

f (n)(a)n!

(x− a)n, Tk(x, a) =k∑

n=0

f (n)(a)n!

(x− a)n

da fur das Restglied gilt: limn→∞Rn(x, a) → 0 fur x ∈ D. Man beachte, dass dieseReihendarstellung nur gultig ist fur x ∈ D, also nur falls limn→∞Rn(x, a) → 0 ist.

Satz 9.2 Sei f(x) =∑

an(x − a)n in einer Umgebung des Entwicklungspunkteskonvergent. Dann stimmt das Taylorpolynom Tn(x, a) mit dem n-ten Abschnitt derPotenzreihe uberein, f (n)(a) = n! · an und

Tn(x, a) =n∑k=0

f (k)(a)k!

(x− a)k.

Ist umgekehrt f ∈ C∞(I) und in der Taylorentwicklung von f gilt Rn(x − a) → 0fur alle x in einer Umgebung von a, so gilt:

f(x) =∞∑n=0

f (n)(a)n!

(x− a)n.

Definition 9.2 Eine Funktion f ∈ C∞(I) heisst reell-analytisch, wenn die Taylor-Reihe um jeden Entwicklungspunkt a ∈ I einen positiven Konvergenzradius hat.

Beispiel 9.4 (i) Die Exponentialfunktion ist eine reell-analytische Funktion. Esgilt ex =

∑∞n=0

(ex)(n)|x=0n! xn =

∑∞n=0

xn

n! .

Mit Hilfe dieser Reihendarstellung lasst sich ein (beliebig genauer) Zahlenwertfur e bestimmen: Es ist e1 = 1 + 1 + 1

2 + 16 + 1

24 + 1120 + eξ

6! = 2.716 . . . + eξ

7!mit ξ ∈ (0, 1).

Weiterhin ist∣∣∣ eξ

6!

∣∣∣ ≤ e1

6! ≤36! = 0.595 . . . · 10−3 · 7 = 0.0042, das heißt der

Fehler dieses Zahlenwertes liegt bereits nach 6 Reihengliedern bei nur nochetwa 4 · 10−3. (Tatsachlich ist e = 2.718 . . .)

Wir zeigen, dass e irrational ist. Annahme: e = pq mit p, q ∈ N, q ≥ 2.

Die Reihenentwicklung liefert e = pq = 1 + 1

1! + · · ·+ 1q! + eξ

(q+1)! mit ξ ∈ (0, 1).Multiplikation mit q! und Subtraktion der Reihenglieder bis einschließlich q!· 1

q!auf beiden Seiten der Gleichung fuhrt dann auf der linken Seite zu einer ganzenZahl, wahrend auf der rechten Seite der Gleichung eξ

q+1 < 3q+1 ubrigbleibt, ein

Widerspruch (da q + 1 ≥ 3).

(ii) Sei f(x) = lnx, wir wahlen a = 1 als Entwicklungspunkt. Fur die Ableitungengilt: f ′(x) = 1

x , f ′′(x) = −x−2, f ′′′(x) = (−2)(−1)x−3, allgemein f (n)(x) =(−1)n−1(n− 1)!x−n.

Damit folgt lnx =∑∞k=1(−1)k−1 1

k (x− 1)k und ln(x + 1) =∑∞k=1

(−1)k−1

k xk.Hier ist der Konvergenzradius r = 1. (Vorsicht: Die Abschatzung fur das

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9.3. TAYLOR-REIHE 77

das Restglied in der Taylorentwicklung wurde hier unterschlagen, es gilt aberwirklich Rn → 0 fur n →∞, wenn |x| < 1.)

Merke: Bei reell analytischen Funktionen konvergiert die Taylor-Reihe immerbis zur nachsten komplexen Singularitat.

(iii) Sei f(x) = arctanx und a = 0. Hier bietet es sich nicht an, die allgemeine n-teAbleitung zu berechnen um eine Reihendarstellung zu erhalten. Stattdessenverwendet man die geometrische Reihe, genauer: Es gilt f ′(x) = 1

1+x2 undmit der geometrischen Summenformel erhalt man f ′(x) =

∑∞k=0(−1)nx2n fur

|x| < 1 und nach Integration samt Bestimmung der Integrationskonstanten(man sieht schnell, dass diese 0 sein muss, wegen arctan 0 = 0) folgt arctanx =∑∞n=0(−1)n x

2n+1

2n+1 . Der Konvergenzradius ist r = 1.

Bestimmung von π

Die Reihendarstellung von arctan kann man nun benutzen, um π zu bestim-men. Es ist tan π

6 =12√3

2

= 1√3, und somit erhalten wir:

π6 = arctan

(1√3

)= 1√

3

(1− 1

3·3 + 15·32 − 1

7·33 + 19·34 − . . .

)(Formel von

Sharp)

Damit folgt π ≈ 6√3

(1− 1

9 + 145 −

1567

)= 3.150 . . .

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Kapitel 10

Erganzungen

10.1 Die Regeln von de l’Hospital

Satz 10.1 Seien f, g in (a, b) (oder (b, a)) differenzierbar mit g′(x) 6= 0. Es liegeeiner der Falle vor

a) limx→a+

f(x) = limx→a+

g(x) = 0

b) limx→a+

g(x) = ±∞ oder −∞

Dann gilt:

limx→a±

f(x)g(x)

= limx→a+

f ′(x)g′(x)

sofern der rechte Grenzwert in R ∪ {∞} ∪ {−∞} existiert, a kann auch +∞ oder−∞ sein.

Beweis 10.1 Zunachst kummern wir uns um Fall a) mit a ∈ R und a < b. DieFunktionen f, g sind in [a, a + ε] stetig und in (a, a + ε) differenzierbar mit g′ 6= 0.Nach dem verallgemeinerten Mittelwertsatz 8.7 gilt (f(a) := 0, g(a) := 0):

f(x)g(x)

=f(x)− f(a)g(x)− g(a)

=f ′(ξ)g′(ξ)

, ξ ∈ (a, x)

Mit x → a gilt auch ξ → a und es folgt die Behauptung.Sei nun Fall a) mit a = ∞:

limx→∞

f ′(x)g′(x)

= limx→∞

ddxf(x)ddxg(x)

= limt→0+

ddxf

(1t

)ddxg(

(1t

) = limt→0+

ddxf ′

(1t

) (− 1t2

)ddxg

(1t

) (− 1t2

)= limt→0+

ddtf

(1t

)ddtg(

1t

) schon=bewiesen

limt→0+

f(

1t

)g(

1t

) = limx→∞

f(x)g(x)

Fall b): Sei oBdA limx→a− g(x) = ∞, g′(x) > 0. Sei weiterhin limx→a−f ′(x)g′(x) = α

mit α 6= −∞ (sonst ersetze f durch −f).Fur γ < α gibt es ein d < a mit f ′(x)

g′(x) > γ fur d ≤ x < a. Wende wieder Satz 8.7an:

f(x)− f(d)g(x)− g(d)

=f ′(ξ)g′(ξ)

> γ

⇐⇒ f(x) > f(d) + γ(g(x)− g(d)

)(weil g(x)− g(d) = g′(η) > 0)

⇐⇒lim g(x)=∞

f(x)g(x)

>f(d)− γg(d)

g(x)︸ ︷︷ ︸→0 weil g(x)→∞

78

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10.2. ABELSCHER GRENZWERTSATZ 79

Daher ist limx→a−f(x)g(x) ≥ γ sofern der linke Grenzwert existiert. Wenn α = ∞

ist, so kann γ beliebig gross gewahlt werden, also f(x)g(x) → ∞ fur x → a−. Wenn

α ∈ R, wende das gleiche Argument fur γ > α und f ′(x)g′(x) < γ an. Erhalte dann

limx→a−f(x)g(x) ≤ γ.

Beides zusammen ergibt: limx→a−

f(x)g(x)

= α. ]

Wenn limx→a+−

f ′(x)g′(x) auch unbestimmt ist, wende den Satz auf die Ableitung an.

Beispiel 10.1 (i) Berechne limx→∞

eαx

xn, a > 0

limx→∞

eαx

xn?= limx→∞

αeαx

nxn−1= limx→∞

αneαx

n!= ∞

(ii) limx→0

1− cos x

x2

?= limx→0

sinx

2x= limx→0

cos x

2=

12

(iii) limx→∞

sinhx

coshx

?= limx→∞

coshx

sinhx. Wie man sieht, bringt hier die Anwendung von

L’Hospital herzlich wenig. Verwende stattdessen lieber die Definition der

Funktionen: limx→∞

sinhx

coshx= limx→∞

ex − e−x

ex + e−x= 1.

(iv) limx→∞

x(ln(1 +

√x2 + 1)− lnx

)= limx→∞

11+√x2+1

· 12 ·

1√x2+1

· 2x− 1x

− 1x2

= limx→∞

(−x3

x2 + 1 +√

x2 + 1+ x

)= limx→∞

−x3 + x3 + x + x√

x2 + 1x2 + 1 +

√x2 + 1

= 1

(v) 0 ≤ a = limx→π

4

(tanx)tan 2x. Dies ist offensichtlich ein Grenzwert der Form ”1∞“,

wie gehen wir so etwas an? Ganz einfach, wir nutzen unseren besten Freund,den Logarithmus:

ln a?= limx→π

4

tan 2x ln(tanx) = limx→π

4

ln(tanx)1

tan 2x

= limx→π

4

1tan x (1 + tan2 x)

− 1tan2 2x (1 + tan2 2x) · 2

=2−2

= −1

Damit erhalten wir: limx→π

4

(tanx)tan 2x =1e

10.2 Abelscher Grenzwertsatz

Satz 10.2 Die Potenzreihe∑∞n=0 anx

n habe Konvergenzradius r > 0 und konver-giere fur x = r (oder x = −r). Dann konvergiert die Reihe gleichmassig in [0, r],insbesondere ist die Grenzfunktion von links stetig in r.

limx→r−

f(x) = f(r) =∞∑n=0

anrn

Beweis 10.2 Sei oBdA r = 1 (ansonsten betrachte einfach∑

anrnxn). Die Folge

der Partialsummen sn = a0 + a1 + · · ·+ an konvergiert, ist also beschrankt. Daherkonvergiert

∑snx

n fur |x| < 1

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80 KAPITEL 10. ERGANZUNGEN

(1− x)∞∑n=0

snxn =

∞∑n=0

(sn − sn−1)xn

=∞∑n=0

anxn |x| < 1

Das gleiche Argument gilt fur a0 = . . . am = 0,

rm(x) =∞∑

n=m+1

anxn = (1− x)

∞∑n=m+1

smn xm

mit smn = am+1 + · · ·+ an, m < n.Sei ε > 0. Dann gibt es ein N , so dass |smn | < ε ∀N ≤ m < n. (Cauchy-

Kriterium)

|rm(x)| ≤ (1− x)

∣∣∣∣∣∞∑

n=m+1

smn xn

∣∣∣∣∣≤ (1− x)ε

∞∑n=m+1

|x|n

(0 ≤ x < 1 :) ≤ 1− x

1− xε = ε

Jetzt gilt die Behauptung, weil:

∀ ε > 0 ∃N ∀0 ≤ x < 1

∣∣∣∣∣n∑k=0

akxk − f(x)

∣∣∣∣∣ < ε ∀n ≥ N

∧∀ ε > 0 ∃N1

∣∣∣∣∣n∑k=0

ak1k − f(1)

∣∣∣∣∣ < ε ∀n ≥ N1 ]

Beispiel 10.2 Greife das Beispiel nach Satz 9.2 auf:

(ii) ln(x + 1) =∑∞k=1

(−1)k−1

k xk, r = 1

Nach Leibniz ist die Reihe fur x = 1 konvergent, 1− 12 + 1

3 −14 + · · · = ln 2

(iii) arctanx =∑∞n=0

(−1)n

2n+1 x2n+1, r = 1

1− 13 + 1

5 −17 + 1

9 − · · · = arctan 1 = π4 (Leibnizsche Reihe)

10.2.1 Potenzreihenmethode fur Grenzwerte der Form”

00“

Beispiel 10.3 Gesucht ist L(a) = limx→0

e−x2 − 1 + x sinx√

1− x2 + ax2 − 1Wir verwenden hierzu

√1 + t = 1 + 1

2 t− 18 t2 . . . .

Fur den Zahler erhalten wir: 1 − x2 + 12x4 + O(x6) − 1 + x(x − 1

6x3 + O(x5)).Der Nenner ergibt sich dementsprechend zu: 1− 1

2x2− 18x4 + O(x6) + ax2− 1. Also

erhalten wir insgesamt:

( 12 −

16x4 + O(x6)

(a− 12 )x2 − 1

8x4 + O(x6)→

{0 fur a 6= 1

2

− 83 fur a = 1

2

(Anmerkung: x ·O(x5) = O(x6) und O(x5) = O(x6))

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10.3. PARTIALBRUCHZERLEGUNG 81

10.3 Partialbruchzerlegung

Satz 10.3 Seien p, q komplexe Polynome mit grad q < grad p. Dann lasst sich q(z)p(z)

in der Form

q(z)p(z)

=k∑i=1

(ai1

z − ξi+

ai2(z − ξi)2

+ · · ·+ aiνi

(z − ξi)νi

)schreiben, wobei ξ1, . . . , ξk Nullstellen von p(z) der Vielfachheit ν1, . . . , νk sind. (Esgilt dann

∑νj = grad p).

Die Koeffizienten aij , j = 1, . . . , νi sind in C eindeutig bestimmt.

Beweis 10.3 Durch Induktion uber n = grad p.

n = 1: Passt scho!

n− 1 ⇒ n: Sei n ≥ 2. Sei weiterhin ξ Nullstelle von p vom Grade ν. Dann istp(z) = (z − ξ)νs(z), ν ≥ 1 mit s(ξ) 6= 0.q(z)s(z)

− q(ξ)s(ξ)

=q(z)s(ξ)− q(ξ)s(z)

s(z)s(ξ)=

(z − ξ)t(z)s(z)s(ξ)

Wegen grad q ≤ n− 1 und grad s ≤ n− 1 ist grad t ≤ n− 2.q(z)

(z − ξ)νs(z)︸ ︷︷ ︸p

− q(ξ)(z − ξ)νs(ξ)

=t(z)

(z − ξ)ν−1s(ξ)s(z)

Eindeutigkeit: Wenn es zwei Zerlegungen gibt mit aij beziehungsweise bij ∈ C:∑i

∑j

aij(z − ξi)j

=∑i

∑j

bij(z − ξi)j

Multipliziere beide Seiten mit∏i(z−ξ)νi und bilde z → ξi. Erhalte aiνi

= biνi.

Ziehe diese Terme auf beiden Seiten ab und wiederhole das Argument. ]

10.4 Reelle Partialbruchzerlegung

Die reelle Partialbruchzerlegung leiten wir naturlich aus Satz 10.3 her. So, seien p, q

reelle Polynome und p(z)q(z) wie in Satz 10.3 zerlegt. Fur r(z) = p(z)

q(z) gilt r(z) = r(z).Fur eine reelle Nullstelle ξ gilt dann:

aij(z − ξi)j

↑r(z)

=aij

(z − ξi)j↑

r(z)also aij = aij , das heisst aij ∈ R. Fur komplex konjugierte Nullstellen ξ, ξ gilt:

aj(z − ξ)j

+bj

(z − ξ)j↑

r(z)

=aj

(z − ξ)j+

bj(z − ξ)j

↑r(z)

also aj = bj , das heist (aj , aj) sind die Koeffizienten von (ξ, ξ). Fur diesen Fallverwende

aj(z − ξ)j

+aj

(z − ξ)j=

aj(z − xi)j + aj(z − ξ)j((z − ξ)(z − ξ)

)jalso: Der Zahler ist 2<

(aj(z − ξ)j

)und der Nenner ist (z2 − 2<ξz + |ξ|2)j ∈ R.

Es gilt somit:

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82 KAPITEL 10. ERGANZUNGEN

aj(z − ξ)j

+aj

z − ξj

=s(z)t(z)j

mit grad s = j und grad t = 2. Erganze s(z) durch Terme niederer Ordnung,sodass sukzessive durch (t(z))t geteilt werden kann.

Beispiel: 2z2+z+1(z2+1)2 = 2z2+2+z−1

(z2+1)2 = 2z2+1 + z−1

z2+1

So, jetzt nochmal: Es sei r(z) = q(z)p(z) , grad p < grad q. Seien ξ1, . . . , ξk die reellen

Nullstellen von p mit Vielfachheiten ν1, . . . , νk, seien z2 + αiz + βi, αi, βi ∈ R, dieirreduziblen reellen Polynome, das heisst z2 + αizβi = (z−λi)(z−λi), wobei λi, λidie Vielfachheit µi besitzt. Dann gibt es eindeutig bestimmte aij , bij , cij ∈ R mit

q(z)p(z)

=k∑i=1

νi∑j=1

aij(z − ξi)j

+l∑i=1

µi∑j=1

bijz + cij(z2 + αiz + βi)j

Beispiel 10.4p(z)q(z)

=z5 + z4 + 4z3 + 2z2 − z + 1

(z2 + 1)2z

a) Ist grad p < grad q?

z(z2 + 1)2 = z5 + 2z3 + z, also p(z)q(z) = z4+2z3+2z2−2z+1

(z2+1)2z (*)

b) Komplexe Partialbruchzerlegung

q(z) = (z + 1)2(z − i)2. Daher Ansatz:

p(z)q(z)

− 1 =A

(z + i)2+

A

(z − i)2+

B

z + i+

B

z − i+

C

z=

=1

q(z)(A(z − i)2z + A(z + i)2z + B(z2 + 1)(z − i)z

+ B(z2 + 1)(z + 1)z + C(z2 + 1)2)

=

=1

q(z)(z4(B + B + C) + z3(A + A + B(−i) + Bi)

+ z2(−2iA + 2iA + B + B + 2C) + z(−A−A− iB + iB) + C)

Gleiche die Koeffizienten mit (*) ab: B + B + C = 1, . . . , C = 1. Erhalte:A = A = 1, B = B = 0, C = 1 und somit:p(z)q(z)

− 1 =1

(z + i)2+

1(z − i)2

+1z

c) Reelle Partialbruchzerlegung

p(z)q(z)

− 1 =(z − i)2 − (z + i)2

(z2 + 1)2+

1z

=(2z2)− 2(z2 + 1)2

+1z

=2

z2 + 1− 4

(z2 + 1)2+

1z

10.4.1 Stammfunktionen fur die reelle Partialbruchzerlegung

Die wichtigen Stammfunktionen sind in Tabelle 10.1 zu sehen:

Satz 10.4 Seien p, q Polynome in den Variablen x beziehungsweise x, y beziehungs-weise x, y, z und r = p

q . Dann sind die folgenden Stammfunktionen elementareFunktionen:

a)∫

r(x, k√

ax + b dx

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10.4. REELLE PARTIALBRUCHZERLEGUNG 83

∫dx

x− c= ln |x− c|∫

dx

(x− c)n=

1(1− n)(x− c)n−1

, n > 1∫dx

ax2 + bx + c=

2√D

arctan2ax + b√

D, mit D = 4ac− b2 > 0,

(weil ax2 + bx + c keine reellen Nullstellen besitzt)∫dx

(ax2 + bx + c)n+1=

1nD

· 2ax + b

(ax2 + bx + c)n+

2a(2n− 1)nD

∫dx

(ax2 + bx + c)n∫x dx

(ax2 + bx + c)n+1= − 1

an· 1(ax2 + bx + c)n

− b

2a

∫dx

(ax2 + bx + c)n+1

Tabelle 10.1: Stammfunktionen fur reelle Partialbruchzerlegung

b)∫

r(x k

√ax+bcx+d

)dx

c)∫

r(eαx) dx∫r(sinhx, coshx) dx

d)∫

r(sin ax, cos ax) dx

e)∫

r(x,√

ax2 + bx + c) dx

f)∫

r(x,√

ax + b,√

cx + d) dx

Beweis 10.4 Grundprinzip fur den Beweis ist einfach eine geschickte Substitution,sodass man eine gebrochen rationale Funktion als Integranden erhalt. Entscheidendist naturlich, welcher Ausdruck durch t substituiert wird:

a) t = k√

ax + b, x = 1a tk − b und dx

dt = ka tk−1∫

r(x, k√

ax + b) dx = ka

∫r( t

k

a − b, t)tk−1 dt

b) t = k

√ax+bcx+a , analog zum vorherigen.

c) t = eαx, dtdx = αeαx = αt ⇒ dx = dt

αt∫r(eαx) dx =

∫ r(t)αt dt

r(sinhx, coshx) = r(ex, e−x) = r(ex)

(Anmerkung r bzw. r bedeuten hier selbstverstandlich nicht sowas wie konjugiert

komplexe Zahl, sondern sollen andeuten, das wir wieder eine gebrochen rationale

Funktion in den angegebenen Variablen haben, die halt nur ein bisschen anders

aussieht.)

d) t = tan x2 , x = 2arctan t und dx

dt = 21+t2

Es ist cos2 x2 = (1 + tan2 x

2 )−1 = 11+t2 , ausserdem sin2 x

2 = 1 − cos2 x2 =

1 − 11+t2 = t2

1+t2 . Nach den Additionstheoremen gilt zudem cos x = cos2 x2 −

sin2 x2 = 1−t2

1+t2 und sinx = 2 sin x2 cos x2 = 2t

1+t2 . Damit erhalt man dann:∫r(sinx, cos x) dx =

∫r(

2t1+t2 , 1−t2

1+t2

)2

1+t2 dt

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84 KAPITEL 10. ERGANZUNGEN

e) Sei D = 4ac− b2. So, falls D > 0: t = 2ax+b√D

, dx = const dt und dann

1 + t2 = D+4a2x2+4ab+b2

D = 4a2x2+4abx+4acD = 4a

D (ax2 + bx + c)

Damit:∫

r(t,√

1 + t2), dt

Falls D < 0: t = 2ax+b√−D , 1− t2 = 4a

D (ax2 + bx + c) und man erhalt:∫r(t,

√1− t2) dt oder

∫r(t,

√t2 − 1) dt

Es entstehen also dann drei Falle:∫r(t,

√1 + t2) dt: Dann t = sinh s,

√1 + t2 = cosh s (entspricht Fall c))∫

r(t,√

t2 − 1) dt: Setze t = cosh s,√

t2 − 1 = sinh s (wieder Fall c))∫r(t,

√1− t2) dt: Setze t = sin s,

√1− t2 = cos s (entspricht Fall d))

f) t =√

ax + b, dann:∫r(x,

√ax + b,

√cx + d) dx =

∫r

(t2−ba , t,

√c t

2−ba + d

)2ta dt und das ist Fall

e).

Beispiel 10.5∫

ex+1ex−e−x dx =

t=ex

∫t+1t+ 1

t

1t dt =

∫t+1t2+1 dt = 1

2 ln(t2 + 1) + arctan t

10.5 Uneigentliche Integrale

Definition 10.1 Sei f auf [a,∞) definiert und auf [a, c] fur alle c > a integrierbar.Wenn (das uneigentliche Integral)∫ ∞

a

f(x) dx := limc→∞

∫ c

a

f(x) dx

existiert, so heisst f auf [a,∞) integrierbar oder ”das Integral konvergiert“. Wennlimx→∞

∫ ac

f(x) dx bestimmt divergiert, so heisst auch das uneigentliche Integralbestimmt divergent.

Anschaulich: Im letzten Fall ist der Flacheninhalt unterhalb der Kurve unendlichgross.

Beispiel 10.6 (i)∫∞0

dxx = limx→∞

∫ c1dxx = limc→∞ lnx

∣∣c1

= ∞

(ii)∫∞1

dxxa = limc→∞

x−a+1

1−a

∣∣∣c1

= 1a−1 , falls a > 1.

(iii)∫∞0

sinx dx = limc→∞ cos x∣∣c0

ist divergent.

Falls f auf R definiert ist und fur alle [a, b] f integrierbar ist, so setze fur belie-biges a ∈ R: ∫ ∞

−∞f(x) dx :=

∫ a

−∞f(x) dx +

∫ ∞

a

f(x) dx

Dies hangt nicht von a ab. Beide Integrale auf der rechten Seite mussen konvergie-ren, damit

∫∞−∞ f(x) dx existiert.

Bemerkung: Cauchy hat gesetzt:∫∞−∞ f(x) dx = limc→∞

∫ c−c f(x) dx. Zum Bei-

spiel:∫∞−∞ x dx = limc→∞

∫ c−c x dx = 0.

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10.5. UNEIGENTLICHE INTEGRALE 85

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Anhang A

Index

Rn(a; x), 74, 101Tn(a; x), 74, 101=, 42Q, 10, 12, 13, 92<, 42R, 10, 12, 13, 92∅, 2, 103∃, 11∀, 11↗, 20π, 78↘, 20e, 21, 77i, 42N, 1

Abel, 80Ableitung, 63, 108Ableitung¿Exponentialfunktion, 64Ableitung¿Gerade, 64Ableitung¿Kettenregel, 65, 99Ableitung¿Leibniz-Regel, 68Ableitung¿linksseitige, 64, 108Ableitung¿Logarithmus, 66Ableitung¿Produktregel, 64, 99Ableitung¿Quotientenregel, 65, 99Ableitung¿rechtsseitige, 64, 108Ableitung¿Umkehrfunktion, 66, 100Ableitungen¿wichtige, 64–66, 69Ableitungsoperator, 68Abscnitt, 13, 104absolut konvergent, 26, 41, 45, 105Absolutbetrag, 9Absolutbetrag¿komplexe Zahl, 43aequidistant=aquidistant, 55, 107Algebra, 32alternierende Reihe, 25analytische Funktion, 77, 109angeordneter Kor-

per¿Axiomensystem, 5Anordnungsaxiome, 8Antisymmetrie, 1Archimedes, 16Archimedische Anordnung, 12, 92

Arcuscosinus, 52Arcusfunktionen, 52Arcussinus, 52Arcustangens, 52Aussage, 2

Babylonisches Wurzelziehen, 20Bernoulli-Ungleichung, 9, 91beschrankt¿nach oben, 32bestimmte Divergenz, 21, 104Betrag, 9Bewertung, 43bijektiv, 13, 103Binomialkoeffizient, 3Binomische Formel, 7, 91Bolzano-Weierstraß, 20, 93Bruchrechnung¿Rechenregeln, 6

Cantor¿Diagonalargument (1.), 13Cantor¿Diagonalargument (2.), 14Cauchy, 67, 85, 100Cauchy-Folge, 23, 105Cauchy-Kriterium, 26, 81Cauchy-Kriterium¿Folge, 23, 94Cauchy-

Kriterium¿Funktionenfolgen,41

Cauchy-Kriterium¿Funktionenreihen,41

Cauchy-Kriterium¿Reihe, 26Cauchy-Produkt, 29, 47, 105Cauchy-Ungleichung, 14, 92Cm=Cm, 68, 108cosh=cosh, 52Cosinus, 47Cosinus¿Ableitung, 69Cosinus¿reeller, 50Cotangens, 52

Darboux, 58Dezimalzahl, 30Diagonalargumen (1.), 13Diagonalargument (2.), 14

86

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87

Differentialrechnung¿Haupsatz, 67,100

Differentiation¿gliedweise, 68Differentiation¿numerische, 75Differenzenquotient, 63, 108differenzierbar, 63, 108Dirichlet-Funktion, 34Divergenz¿bestimmte, 21, 104Dreiecksungleichung, 9, 19, 91Durchschnittsgeschwindigkeit, 63

e=e, 21, 77Element¿inverses, 5Element¿neutrales, 1, 5Entwicklung¿g-adische, 30Euler, 51Eulersche Formel, 47, 97Eulersche Zahl, 77exp=exp, 47Exponentialfunktion, 47, 48, 97Exponentialfunktion¿Ableitung, 64

fallend, 16, 104fast alle, 17, 92Fehlerintegral, 62Feinheitsmass, 55, 107Folge, 16, 104Folge¿beschrankt, 16, 104Folge¿Konvergenz, 16, 104Folge¿unbeschrankt, 21folgenkompakt, 36, 106Folgenkriterium, 35, 38, 95Fundamentalsatz, 44, 96Funktion, 32Funktion¿analytisch, 77, 109Funktion¿monoton, 38Funktion¿rationale, 36Funktion¿reell-analytisch, 77, 109Funktionenalgebra, 32, 59, 98Funktionenfolge¿Konvergenz, 40, 106Funktionenraum, 32

g-adische Entwicklung, 30, 30, 95Gauß, 44, 96Geometrische Summenformel, 7, 91geordnet¿total, 1Gleichheit¿Funktionen, 32gleichmassige Konvergenz, 40, 41,

106gliedweise Integration, 61Grad¿eines Polynoms, 32, 105Grenzwert, 34, 105Grenzwert¿Eindeutigkeit, 17, 93Grenzwerte¿Rechenregeln, 18, 93Grenzwerte¿wichtige, 17, 18, 28, 49,

50, 77, 97Grenzwertsatz¿Abel, 80Gruppe, 5Gruppe¿kommutativ, 5

harmonische Reihe, 24harmonische Reihe¿alternierende, 26Hauptsatz¿erster, 67, 100Hauptsatz¿zweiter, 67, 100Hauptwert, 52Heavyside-Funktion, 34Hyperbel, 53hypothetische Aussage, 2

i=i, 42Identitatssatz, 33, 95Induktion, 1Induktionsschluss, 2Induktionsverankerung, 2Induktionsvorraussetzung, 2injektiv, 13, 103Integral¿Mittelwert, 60Integral¿Mittelwertsatz, 60, 99Integral¿unbestimmtes, 70, 108Integral¿uneigentliches, 85, 109Integrale¿wichtige, 62, 70, 71, 84Integralrechnung¿Hauptsatz, 67, 100Integralsinus, 62Integration¿durch Substitution, 71,

101Integration¿gliedweise, 61Integration¿numerische, 76Integration¿partielle, 70, 100Integration¿Potenzreihe, 61integrierbar, 56, 57, 59, 98, 107Intervalle, 9Intervallschachtelung, 20, 93inverses Element, 5

Kettenregel, 65, 99kleinste obere Schranke, 10, 103Kombinatorik, 2kommutative Gruppe, 5kompakt, 36komplexe Analysis, 42komplexe Zahl¿Absolutbetrag, 43komplexe Zahlen, 42komplexe Zahlen¿Rechenregeln, 43komplexes Polynom, 44, 106Komposition, 36, 106konjugierte Zahl, 43Konvergenz, 16, 45–47, 96, 97, 104Konvergenz¿absolute, 26, 26, 41, 45,

46, 96, 97, 105, 105Konvergenz¿Folge, 16, 104Konvergenz¿Funktion, 34, 105Konvergenz¿Funktionenfolge, 40, 106Konvergenz¿gleichmassig, 40, 41, 46,

96, 97, 106Konvergenz¿punktweise, 40, 41, 46,

106Konvergenz¿Reihe, 24, 25, 94, 105Konvergenz¿Teilfolge, 17, 93

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88 ANHANG A. INDEX

Konvergenz¿uneigentliches Integral,85, 109

Konvergenzkriterium, 27Konvergenzradius, 46, 97Korper¿angeordnet, 8, 103Korper¿Axiome, 5Korper¿komplexe Zahlen, 42Korper¿rationale Zahlen, 10Korper¿reelle Zahlen, 10Korper¿reelle Zahlen¿Einbettung N,

11Kriterium¿Folgen, 35, 38, 95Kriterium¿Leibniz, 25, 94Kriterium¿Majoranten, 27, 94Kriterium¿Quotienten, 27, 94Kriterium¿Riemann, 57, 98Kriterium¿von Raabe, 28, 94Kriterium¿Wurzel, 27, 94

l’Hospital, 79, 101Lagrange, 74, 101Landau-Symbole, 75, 108leere Menge, 2, 103Leibniz-Kriterium, 25, 94Leibniz-Regel, 68Leibnizsche Reihe, 81Limes, 16, 104Limes inferior, 22, 104Limes superior, 22, 104linksseitige Ableitung, 64, 108lipschitz, 58, 107Lipschitzkonstante, 58, 107lipschitzstetig, 58, 107Logarithmus, 48, 107Logarithmus¿Ableitung, 66

Majorantenkriterium, 27, 94Maximum, 10, 36, 96Menge¿Haufungspunkt, 33, 105Mengen¿Machtigkeit, 13Minimum, 36, 96Mittelwert¿Integral, 60Mittelwertsatz¿Differentialrechnung,

66, 100Mittelwertsatz¿Integralrechnung, 60,

99Mittelwertsatz¿verallgemeinerter,

60, 67, 99, 100Moivre, 48Momentangeschwindigkeit, 63monoton, 16, 104monoton¿fallend, 16, 38, 104, 106monoton¿steigend, 16, 104monoton¿streng, 16, 38, 104, 106monoton¿wachsend, 38, 106

n-te Wurzel, 11, 92N=N, 1N=N¿Abschnitt, 13, 104

N=N, 1naturliche Zahlen, 1naturliche Zahlen¿Abschnitt, 13, 104neutrales Element, 1, 5Norm, 9, 91Nullstellensatz, 33, 38, 95, 96nullteilerfrei, 6

O(x)=O(x), 75, 108o(x)=o(x), 75, 108obere Schranke, 10, 103Oberintegral, 56, 107Obersumme, 55, 107

Partialbruchzerlegung, 82, 102Partialbruchzerlegung¿reelle, 82Partialbruchzerlegung¿Stammfunktionen,

84Partialsummen, 24, 105partielle Integration, 70, 100Pascalsches Dreieck, 3Polardarstellung, 51Polynom, 32, 44, 105, 106Polynom¿Grad, 32, 105Polynom¿komplexes, 44, 106positiv homogen, 9, 91positive Zahlen, 8Potenzmenge, 3, 103Potenzreihe, 46, 61, 69, 77, 107Potenzreihe¿Grenzwertberechnung

mit Hilfe von, 81Produkt¿Reihen, 29Produktregel, 64, 99punktweise Konvergenz, 46

Q=Q, 10, 12, 13, 92Quantoren, 11Quantoren¿Verneinungsregeln, 11Quotientenkriterium, 27, 94Quotientenregel, 65, 99

R(I)=R(I), 59, 107R=R, 10, 12, 13, 92Raabe, 28, 94rationale Zahlen, 5, 12, 13, 92Realteil, 42Rechenregeln¿komplexe Zahlen, 43rechtsseitige Ableitung, 64, 108reell-analytisch, 77, 109reelle Zahlen, 5, 12, 13, 92Reihe, 24, 105Reihe¿alternierend, 25Reihe¿alternierende harmonische, 26Reihe¿harmonische, 24Reihe¿Konvergenz, 24, 25, 94, 105Reihe¿Produkt, 29Reihe¿Umordnung, 28, 105Relation, 1Riemann-Kriterium, 57, 98

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89

Riemannsche Summe, 58Riemannscher Umordnungssatz, 28,

95Rolle, 66, 100

Satz von Rolle, 66, 100Schranke¿obere, 10, 103Sekante, 63, 108Sharp, 78Si=Si, 62sinh=sinh, 52Sinus, 47Sinus¿Ableitung, 69Sinus¿reeller, 50Spiegelung¿am Einheitskreis, 44Stammfunktion, 61, 70, 108Stammfunktionen¿reelle Partial-

bruchzerlegung, 84Stammfunktionen¿wichtige, 70, 71,

84steigend, 16, 104Steigung, 63stetig, 34, 46, 46, 97, 105, 106stetig¿gleichmassig, 36, 106stetig¿lipschitz, 58, 107Stetigkeitsmodul, 39, 106streng monoton, 16, 38, 104, 106Substitutionsregel, 71, 101sup, 10Supremum, 10, 11, 91surjektiv, 13, 103

Tangens, 52Tangens¿Ableitung, 69Tangente, 63Tangentengleichung, 63Taylor, 74, 101Taylor-Reihe, 77Teilfolge, 17, 104Teilmenge, 2, 103total geordnet, 1Trapezregel, 76

ueberabzaehlbar=uberabzahlbar,13, 104

Umgebung (ε), 16, 104Umkehrfunktion¿Ableitung, 66, 100Umordnung, 28, 105unbeschrankte Folgen, 21unbestimmtes Integral, 70, 108uneigentliches Integral, 85, 109Ungleichung¿Cauchy, 14, 92Ungleichung¿Young, 14, 92Unterintegral, 56, 107Untersumme, 55, 107

Verallgemeinerter Mittelwertsatz, 60,99

Verfeinerung, 55

Verneinungsregeln, 11vollstandige Induktion, 1

wichtige¿Ableitungen, 64–66, 69wichtige¿Grenzwerte, 17, 18, 28, 49,

50, 77, 97wichtige¿Integrale, 62wichtige¿Stammfunktionen, 70, 71,

84Wurzel, 11, 51, 92Wurzelkriterium, 27, 94

Youngsche Ungleichung, 14, 20, 92

Zahlenfolge, 16, 104Zerlegung, 55, 107Zerlegungsnullfolge, 56, 98Zwischenwertsatz, 37, 96

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Anhang B

Alle Satze im Uberblick

Satz 1.1 Fur alle endlichen Mengen A ist |P (A)| = 2|A|.

Satz 1.2 Die Zahl der k-elementigen Teilmengen einer n-elementigen Menge istgegeben durch

(nk

).

Satz 2.1 (Binomische Formel) Fur alle a, b ∈ K, n ∈ N gilt:

(2.2) (a + b)n =n∑k=0

(n

k

)an−kbk

Satz 2.2 (Geometrische Summenformel) Fur alle q 6= 1 gilt:

(2.4)n∑k=0

qk =1− qn+1

1− a

Satz 2.3 Der Absolutbetrag ist eine Norm auf K, das heißt

a) |a| ≥ 0 und |a| = 0 gerade dann wenn a = 0

b) |ab| = |a||b| (positiv homogen)

c) |a + b| ≤ |a|+ |b| (Dreiecksungleichung)

Satz 2.4 (Bernoulli-Ungleichung) Fur a > −1 gilt

(2.7) (1 + a)n ≥ 1 + na

fur alle n ∈ N.

Satz 2.5 s0 ist genau dann Supremum von M , wenn

a) x ≤ s0 fur alle x ∈ M .

b) Zu jedem ε > 0 gibt es ein x ∈ M mit s0 − ε < x

90

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91

Satz 2.6 Sei n ∈ N\{0}, a ≥ 0. Dann gibt es genau ein n√

a ∈ R. n√

a ≥ 0 mit

( n√

a)n = a

Fur diese n-te Wurzel gilt:n√

an√

b = n√

ab

Satz 2.7 Die reellen Zahlen sind archimedisch angeordnet, das heißt die Menge dernaturlichen Zahlen ist unbeschrankt in R, das heißt es gibt kein s ∈ R mit

n ≤ s fur alle n ∈ N

Satz 2.8 Zu a > 0, b ∈ R gibt es ein n ∈ N mit na > b.

Satz 2.9 Sei a ≥ 0. Wenn a ≤ 1n fur alle n ∈ N, so ist a = 0.

Satz 2.10 Zu a, b ∈ R mit a < b gibt es ein r ∈ Q mit

(2.8) a < r < b

Satz 2.11 Die abzahlbare Vereinigung abzahlbarer Mengen ist abzahlbar.

Satz 2.12 Q ist abzahlbar.

Satz 2.13 Die Menge der reellen Zahlen ist uberabzahlbar.

Lemma 2.14 Die Menge F der unendlichen Folgen der Zahlen 0 oder 1, das istF = {f : N → {0; 1}}, ist uberabzahlbar.

Satz 2.15 (Youngsche Ungleichung) Mit ε) Fur a, b ∈ R, ε > 0 gilt

(2.10) |ab| ≤ ε

2a2 +

12ε

b2

Satz 2.16 (Cauchy-Ungleichung) Fur a1, . . . , an ∈ R; b1, . . . , bn ∈ R gilt

(2.11)n∑i=1

aibi ≤

(n∑i=1

a2i

) 12(

n∑i=1

b2i

) 12

Satz 3.1 Jede der folgenden Aussagen ist zu limn→∞ an = a aquivalent.

a) Zu jedem k ∈ N gibt es ein N ∈ N mit |an − a| < 1k fur alle n ≥ N .

b) In jeder ε-Umgebung von a liegen ”fast alle“ Folgenglieder, das sind alle bisauf endlich viele.

Satz 3.2 Jede konvergente Folge ist beschrankt.

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92 ANHANG B. ALLE SATZE IM UBERBLICK

Satz 3.3 Wenn (an) konvergiert, so ist der Grenzwert eindeutig bestimmt.

Satz 3.4 Eine Folge ist genau dann konvergent, wenn jede Teilfolge konvergiert.Enthalt eine Folge zwei Teilfolgen, die gegen verschiedene Grenzwerte konvergie-ren oder eine Teilfolge, die nach oben oder unten unbeschrankt ist, so ist sie nichtkonvergent.

Satz 3.5 Seien (an), (bn) Folgen mit lim an = a, lim bn = b. Dann sind auch(λan), (an + bn), (an · bn), (an

bn) (falls bn, b 6= 0) konvergent mit

a) lim λan = λ lim an

b) lim(an + bn) = lim an + lim bn

c) lim(anbn) = lim an · lim bn

d) lim an

bn= lim an

lim bn

Satz 3.6 Wenn (an), (bn) konvergent sind mit an ≤ bn, dann ist lim an ≤ lim bn.

Satz 3.7 Sei (an) monoton wachsend/fallend und nach oben/unten beschrankt.Dann konvergiert (an).

Satz 3.8 (Intervallschachtelung) Seien J0, J1, . . . eine Folge von Intervallenmit Jn ⊃ Jn+1

Wenn anbn die Endpunkte von Jn sind, so sei lim(bn − an) = 0. Dann gibt esgenau ein a ∈ R mit a ∈

⋂∞n=0 Jn.

Satz 3.9 Zu jedem Haufungswert von (an) gibt es eine Teilfolge von (an), die gegenden Haufungswert konvergiert.

Satz 3.10 (Bolzano-Weierstraß) Jede beschrankte Folge hat einen Haufungs-wert.

Korollar 3.11 Jede beschrankte Folge hat eine konvergente Teilfolge.

Satz 3.12 Die Folge an = (1 + 1n )n ist streng monoton steigend mit 2 ≤ an < 3.

Sie besitzt daher einen Grenzwert

lim an =: e (e = 2.718 . . . )

Satz 3.13 Sei lim an = ∞, lim bn = b ∈ R. Dann gilt

a) lim(λan) = ∞ falls λ > 0= −∞ falls λ < 0

b) lim 1an

= 0 falls an 6= 0

c) lim(an + bn) = ∞

d) lim(anbn) = ∞ falls b > 0

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93

(ii) Lemma 3.14 Die rationalen Zahlen liegen dicht in R, das heißt zu jedem a ∈ Rund ε > 0 gibt es ein q ∈ Q mit |a− q| < ε.

Satz 3.15 Eine Folge ist genau dann konvergent, wenn sie eine Cauchy-Folge ist.

Satz 4.1 Die Konvergenz oder Divergenz einer Reihe andert sich nicht, wenn manendlich viele Glieder weglasst oder hinzufugt.

Satz 4.2 (i) Die Reihen∑∞n=0 an und

∑∞n=0 bn seien konvergent. Dann sind

auch∑

(λan + µbn) fur λ, µ ∈ R konvergent mit∑∞n=0(λan + µbn) = λ ·

∑∞n=0 an + µ ·

∑∞n=0 bn.

(ii) Ist zusatzlich an ≤ bn fur alle n, so∑∞n=0 an ≤

∑∞n=0 bn

Korollar 4.3 Aus der Konvergenz von∑n a2n und

∑n a2n+1 folgt die Konvergenz

von∑n an.

Satz 4.4 Wenn∑

an konvergent, so ist limn→∞ = 0 und limn→∞ rn =limn→∞

∑∞i=n+1 ai = 0.

Satz 4.5 (Leibniz-Kriterium)

Sei∑∞n=0 an alternierend mit (|an|)n∈N ist streng monoton fallend und lim an = 0.

Dann ist die alternierende Reihe konvergent undνn =

∑∞i=n+1 ai = Θan+1

mit0 < Θ = Θn < 1.

Satz 4.6 Eine absolut konvergente Reihe ist auch konvergent mit∣∣∣∣ ∞∑n=0

an

∣∣∣∣ ≤ ∞∑n=0

|an|

Satz 4.7 (i) (Majorantenkriterium) Wenn |an| ≤ bn und∑

bn konvergiert, dannkonvergiert

∑an absolut.

(ii) (Wurzelkriterium) Wenn n√|an| ≤ q < 1 fur fast alle n, so konvergiert

∑an

absolut.

Wenn n√|an| ≥ 1 fur unendlich viele n, so divergiert

∑an.

(iii) (Quotientenkriterium) Wenn∣∣∣an+1an

∣∣∣ ≤ q < 1 fur fast alle n, so ist auch∑

an

absolut konvergent.

Wenn∣∣∣an+1an

∣∣∣ ≥ 1 fur fast alle n, so divergiert∑

an.

Satz 4.8 (Kriterium von Raabe) Sei an 6= 0. Wenn fur fast alle n gilt∣∣∣an+1an

∣∣∣ ≤1− c

n+1a mit c > 1, so ist

∑an absolut konvergent.

aDie +1 im Nenner dient nur der Beweistechnik, strenggenommen darf man das cn

nicht einfachso verwenden, wie wir es tun, aber man darf nicht alles so eng sehen.

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94 ANHANG B. ALLE SATZE IM UBERBLICK

Satz 4.9 Die Reihe∑

an sei konvergent.

(i) (Riemannscher Umordnungssatz)

Wenn die Reihe nicht absolut konvergent ist, also∑|an| = ∞, so gibt es zu

jedem a ∈ R eine Umordnung mit∑∞n=0 bn = a.

(ii) Wenn∑

an absolut konvergent ist, dann konvergiert auch jede Umordnungund besitzt den gleichen Grenzwert.

Satz 4.10 Die Reihen∑

ai,∑

bi seien absolut konvergent. Dann ist auch∑∞n=0 dn

absolut konvergent und es gilt:( ∞∑i=0

ai

)( ∞∑i=0

bi

)=

∞∑n=0

dn

mit dn =∑ni=0 aibn−i.

Satz 4.11 Sei g ∈ N, g > 2. Jede nichtnegative Zahl a ∈ R hat eine g-adischeEntwicklung

a =∞∑

n=−izng

−n mit zn ∈ {0, . . . , g − 1}

Die zn sind eindeutig, wenn man den Fall zn = g − 1 fur fast alle n ausschließt.

Lemma 5.1 Fur jedes ξ ∈ R lasst sich das Polynom

p(x) = a0 + a1x + · · ·+ anxn

eindeutig in der Form

p(x) = b0 + b1(x− ξ) + · · ·+ bn(x− ξ)n

schreiben mit bk =∑ni=k ai

(ik

)ξi−k, insbesondere b0 = p(ξ)

Satz 5.2 (Nullstellen- und Identitatssatz) Ein Polynom vom Grade n hathochstens n Nullstellen (n > −1). Polynome vom Grad ≤ n, die n + 1 gemein-same Werte haben, sind identisch, das heisst sie haben die gleichen Koeffizienten.

Satz 5.3 (Folgenkriterium) D ⊂ R, ξ sei Haufungspunkt von D. f : D → R istgenau dann in ξ stetig, wenn fur alle Folgen (xn)n∈N mit xn ∈ D und xn → ξ gilt:limn→∞ f(xn) = f(ξ)

Stetige Funktionen sind also ”grenzwerterhaltende“ Funktionen.

Satz 5.4 Seien f, g in x ∈ D stetig. Dann sind auch f + g, λf fur λ ∈ R, f · g inξ stetig. Falls g(ξ) 6= 0, so ist g(x) 6= 0 in einer Umgebung von ξ und f

g in ξ stetig.

Satz 5.5 Sei f stetig in ξ, g stetig in f(ξ), dann ist auch h(x) = g ◦ f(x) in ξstetig.

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95

Satz 5.6 Eine auf einem kompakten Intervall J stetige Funktion f nimmt dortMaximum und Minimum an, das heisst es gilt: x∗, x

∗ ∈ J mit f(x∗) ≤ f(x) ≤f(x∗) ∀x ∈ J .

Korollar 5.7 Sei f : J → R stetig auf dem kompakten Intervall J und f(x) > 0 inJ . Dann gibt es ein α > 0 mit f(x) ≥ α in J .

Satz 5.8 Jede auf einem kompakten Intervall stetige Funktion ist dort gleichmassigstetig.

Satz 5.9 (Zwischenwertsatz) Ist f stetig in J = [a, b], so nimmt f jeden Wertzwischen f(a) und f(b) an.

Satz 5.10 (Nullstellensatz) Ist f stetig in J = [a, b] mit f(a) > 0 und f(b) < 0,so besitzt f in (a, b) eine Nullstelle.

Satz 5.11 Sei f monoton. Dann existieren fur alle inneren Punkte ξ des Definiti-onsbereiches die einseitigen Grenzwerte und

limx→ξ−

f(x) =

{sup f(D−

ξ ) falls f wachsendinf f(D−

ξ ) falls f fallend

wobei D−ξ = {x ∈ D : x < ξ}. Fur limx→ξ+ f(x) analoges Verhalten.

Satz 5.12 Sei J ein beliebiges Intervall, f : J → R stetig und streng monoton.Dann existiert die Umkehrfunktion f−1 : f(J) → J (f−1 ◦ f = id).

Die Umkehrfunktion f−1 ist stetig und streng monoton.

Satz 5.13 Der Limes einer gleichmassig konvergenten Folge stetiger Funktionenist stetig. Also: fn stetig fn → f gleichmassig ⇒ f stetig.

Satz 5.14 Wenn |fk(x)| ≤ ak fur alle x ∈ D mit ak ∈ R und die Reihe∑

akkonvergiert, dann ist die Reihe

∑fk(x) gleichmassig absolut konvergent.

Satz 6.1 (Fundamentalsatz der Algebra, Gauß) Jedes nichtkonstante kom-plexe Polynom hat eine Nullstelle.

Satz 6.2 Ist ein Polynom reell, so treten nichtreelle Nullstellen paarweise auf. Mitξ ∈ R Nullstelle ist auch ξ Nullstelle.

Lemma 6.3 Fur alle z = x + iy gilt |x|, |y| ≤ |z| ≤ |x|+ |y|

Satz 6.4 zn → α ∈ C ⇐⇒ <zn → <α ∈ R und =zn → =α ∈ R.

Satz 6.5 fk : D → C seien stetig in D fur alle k ∈ N. Ferner sei |fk(z)| ≤ akfur alle z ∈ D mit

∑∞k=0 ak < ∞. Dann konvergiert auch die Reihe

∑∞k=0 fk(z)

gleichmassig absolut in D und stellt eine stetige Grundfunktion dar.Mit anderen Worten: sn(z) =

∑nk=0 fk(z), sn → f gleichmassig in D, f ist in

D stetig.

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96 ANHANG B. ALLE SATZE IM UBERBLICK

Satz 6.6 Sei L = lim supn→∞n√|an| und sei der Konvergenzradius

r =

0 falls L = ∞1L falls 0 < L < ∞∞ falls L = 0.

.

Dann ist∑∞n=0 anz

n (absolut) konvergent fur |z| < r, divergent fur |z| > r. Fur|z| = r lasst sich keine Aussage machen. In jeder Menge Ms = {|z| ≤ s}, s < r istdie Konvergenz gleichmassig. f(z) =

∑∞n=0 anz

n ist nach Satz 6.5 stetig fur |z| < r.

Satz 6.7 (i) exp(x + y) = exp(x) · exp(y) ∀x, y ∈ CEs gilt exp(x) 6= 0 fur alle x ∈ C und 1

exp(x) = exp(−x).

(ii) exp(ix) = cos x + i sinx ∀x ∈ C(Daher auch die beruhmte Eulersche Formel: e2πi = 1)

(iii) cos x =12(exp(ix) + exp(−ix)) ∀x ∈ C

sinx =12i

(exp(ix)− exp(−x)) ∀x ∈ C

(iv) sin(−x) = − sinx, cos(−x) = cos x ∀x ∈ C

(v) sin2 x + cos2 x = 1 ∀x ∈ C

(vi) sin(x + y) = sin x cos y + cos x sin y

cos(x + y) = cos x cos y − sinx sin y ∀x, y ∈ C

Satz 6.8 Die reelle Exponentialfunktion ist positiv und streng monoton wachsendmit

limx→∞

ex = ∞ limx→−∞

ex = 0

Die Exponentialfunktion bildet R bijektiv auf (0,∞) ab.

Satz 6.9 Es giltexp(x) = lim

n→∞

(1 +

x

n

)ninsbesondere

exp(1) = limn→∞

(1 +

1n

)n= e

Satz 6.10 Es gilt fur jedes a > 0

(i) limx→∞

x−aex = ∞, limx→∞

xae−x = 0

(ii) limx→0+

xa lnx = 0, limx→∞

x−a lnx = 0

Satz 6.11 Fur B auf dem Einheitskreis mit Winkel x ∈ [0, 2π) ist B =(cos x, sinx)T .

Lemma 7.1 Sei |f(x)| ≤ K auf I = [a, b]. Z ′ besitze genau p innere Teilungspunk-te. Dann gilt fur jede Zerlegung Z:

s(Z) ≤ s(Z + Z ′) ≤ s(Z) + 2Kp|Z|S(Z) ≥ S(Z + Z ′) ≥ S(Z)− 2Kp|Z|

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Lemma 7.2 Fur beliebige Zerlegungen Z,Z ′ gilt

s(Z) ≤ S(Z ′).

Satz 7.3 Sei Zk eine Zerlegungsfolge mit |Zn| → 0 (Zerlegungsnullfolge). Dann giltfur f : [a, b] → R beschrankt:

limn→∞

s(Zn, f) = J∗(f)

limn→∞

S(Zn, f) = J∗(f)

Insbesondere gilt: Ist f integrierbar, so folgt daraus s(Zn, f) →∫ ba

f(x) dx.

Satz 7.4 (Riemann-Kriterium) Die beschrankte Funktion f : I → R ist genaudann integrierbar, wenn es zu jedem ε > 0 eine Zerlegung Z gibt mit:

S(Z)− s(Z) < ε.

Satz 7.5 Jede im Intervall I = [a, b] beschrankte Funktion, die hochstens an endlichvielen Stellen unstetig ist, ist integrierbar. Jede monotone Funktion ist integrierbar.

Satz 7.6 Eine Funktion f ist genau dann (Darboux) integrierbar mit Integral∫ ba

f(x) dx, wenn f Riemann integrierbar ist, das heisst wenn fur jede Zerlegungs-nullfolge Zn bei beliebiger Wahl von ξn

σ(Zn, ξn) →∫ b

a

f(x) dx

Satz 7.7 (i) R(I) ist eine Funktionenalgebra. Der Operator∫ ba(·) ist linear auf

R(I), das heisst∫ b

a

(αf(x) + βg(x)) dx = α

∫ b

a

f(x) dx + β

∫ b

a

g(x) dx

(ii) Ist f ∈ R(I), ϕ lipschitzstetig auf dem Bildbereich von f , so ist ϕ(f) ∈ R(I).

(iii) Mit f, g ∈ R(I) ist auch f+ = max(f, 0), f− = max(−f, 0), |f |, f · g,min(f, g), max(f, g) in R(I). Falls f(x) ≥ δ > 0 in I, so ist auch 1

f ∈ R(I).

(iv) Andert man f an endlich vielen Punkten ab, so verandert sich J∗(f) undJ∗(f) nicht. Insbesondere bleibt eine integrierbare Funktion integrierbar mitgleichem Integral.

Satz 7.8 Ist f, g ∈ R(i) und f ≤ g in I, so ist∫I

f(x) dx ≤∫I

g(x) dx

insbesondere∣∣∣∣∫I

f(x) dx

∣∣∣∣ ≤ ∫i

|f(x)| dx und∣∣∣∣∫I

f(x) dx

∣∣∣∣ ≤ K|I| falls |f | ≤ K.

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98 ANHANG B. ALLE SATZE IM UBERBLICK

Satz 7.9 (Mittelwertsatz der Integralrechnung) Ist f stetig auf I = [a, b], sogibt es ein ξ ∈ (a, b) mit

f(ξ) =1

b− a

∫ b

a

f(x) dx

Satz 7.10 (Verallgemeinerter Mittelwertsatz) Seien f, g ∈ R(I), f stetig,g ≥ 0 in I. Dann gibt es ein ξ ∈ (a, b) mit

f(ξ)∫ b

a

g(x) dx =∫ b

a

f(x)g(x) dx.

Satz 7.11 Seien fn ∈ R(I), fn → f gleichmassig. Dann ist auch f integrierbarund ∫

I

f(x) dx =∫I

limn→∞

fn(x) dx = limn→∞

∫I

fn(x) dx

Satz 7.12 Sei f ∈ R(I), F eine Stammfunktion von f . Dann ist F lipschitzstetig:

|F (x)− F (y)| ≤ K|x− y|

mit K = supx∈I |f(x)|. Ist f nichtnegativ, so ist F monoton wachsend.

Satz 8.1 Sei f in ξ differenzierbar. Dann erfullt f eine lokale Lipschitzbedingung

|f(x)− f(ξ)| ≤ K|x− ξ|

fur x in einer Umgebunga von ξ. Insbesondere ist f stetig in ξ. Ist f ′(ξ) > 0, so gilt

(8.1) f(ξ − h) < f(ξ) < f(ξ + h)

fur genugend kleines h > 0.

Satz 8.2 Die Funktion f besitze in ξ ein lokales Maximum oder Minimum, dasheisst f(ξ) T f(x) fur x in einer Umgebung von ξ. Wenn f in ξ differenzierbar, sogilt f ′(ξ) = 0.

Satz 8.3 Seien f, g in ξ differenzierbar. Dann sind auch λf, λ ∈ R; f + g; f · g; fg

(sofern g(ξ) 6= 0) differenzierbar und es gilt:

(i) (λf(ξ) + µg(ξ))′ = λf ′(ξ)− µg′(ξ) (Linearitat)

(ii) (fg)′(ξ) = f ′(ξ)g(ξ) + f(ξ)g′(ξ) (Produktregel)

(iii)(

f

g

)′(ξ) =

f ′(ξ)g(ξ)− f(ξ)g′(ξ)g2(ξ)

(Quotientenregel)

insbesondere(

1f

)′(ξ) =

−f ′(ξ)f2(ξ)

Satz 8.4 Sei f : I → R, g : J → R, f(I) ⊂ J . Wenn f in ξ differenzierbar, g inf(ξ) differenzierbar, ist h = g ◦ f von ξ differenzierbar mit

h′(ξ) = g′(f(ξ)) · f ′(ξ) = g′(y)|y=f(ξ) · f ′(ξ)

(entspricht: aussere Ableitung mal innere Ableitung)aWenn es heisst Umgebung, ist immer eine genugend kleine Umgebung gemeint.

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Satz 8.5 Sei f im Intervall I stetig und streng monoton. Ist die Umkehrfunktionϕ := f (−1) in η = f(ξ) differenzierbar mit ϕ′(η) 6= 0, so ist f in ξ differenzierbar

unddf

dx(ξ) =

1dϕdy (η)

oderf ′(ξ) =

1ϕ′(f(ξ))

Satz 8.6 (Satz von Rolle) Sei f in [a, b] stetig, in (a, b) differenzierbar undf(a) = f(b). Dann gibt es ein ξ ∈ (a, b) mit f ′(ξ) = 0.

Satz 8.7 (Mittelwertsatz der Differentialrechnung) Sei f in [a, b] stetig, in(a, b) differenzierbar. Dann gibt es ein ξ ∈ (a, b) mit

f(b)− f(a)b− a

= f ′(ξ)

Satz 8.8 (Verallgemeinerter Mittelwertsatz, Cauchy) Die Funktionen f, gseien in [a, b] stetig, in (a, b) differenzierbar. Ferner sei g′(x) 6= 0 in [a, b). Danngibt es ein ξ ∈ (a, b) mit

f(b)− f(a)g(b)− g(a)

=f ′(ξ)g′(ξ)

Satz 8.9 (1.Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung) Die Funk-tion f sei in [a, b] integrierbar, in ξ ∈ [a, b] stetig. Dann ist

F (x) =∫ x

c

f(t) dt, c ∈ [a, b]

in ξ differenzierbar mit F ′(ξ) = f(ξ.

Satz 8.10 (2.Hauptsatz) Sei F in [a, b] stetig differenzierbar, das heisst F istdifferenzierbar mit stetiger Ableitungsfunktion F ′. Dann

F (b)− F (a) =∫ b

a

F ′(t) dt,

oder auchF (x) = F (c) +

∫ x

c

F ′(t) dt.

Satz 8.11 Seien fn, n ∈ N stetig differenzierbar und fn → f gleichmassig. Wennauch f ′n → g gleichmassig konvergiert, so ist f differenzierbar mit f ′ = g oder(lim fn)′ = lim f ′n.

Satz 8.12 (Partielle Integration) Die Funktionen f, g seien in [a, b] differen-zierbar mit Ableitungen f ′, g′. Dann ist∫ b

a

f(x)g′(x) dx = −∫ b

a

f ′(x)g(x) dx + f(x)g(x)∣∣ba.

Die unbestimmte partielle Integration ist:∫f(x)g′(x) dx = −

∫f ′(x)g(x) dx + f(x)g(x).

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100 ANHANG B. ALLE SATZE IM UBERBLICK

Satz 8.13 (Integration durch Substitution) Sei f eine in [a, b] stetige Funk-tion, ϕ in [α, β] stetig differenzierbar mit ϕ([α, β]) = [a, b], insbesondere ϕ(α) = a,ϕ(β) = b. Dann gilt ∫ b

a

f(x) dx =∫ β

α

f(ϕ(t))ϕ′(t) dt.

Wenn nur ϕ([α, β]) ⊂ [a, b], dann gilt∫f(x) dx

∣∣x=ϕ(t)

=∫

f(ϕ(t))ϕ′(t) dt.

Ist ϕ zusatzlich streng monoton, so gilt∫f(x) dx =

∫f(ϕ(t))ϕ′(t) dt

∣∣t=ϕ−1(x)

.

Satz 9.1 (Taylor) Es sei I ein Intervall und f ∈ Cn+1(I). Fur a, x ∈ I gilt

(9.1) f(x) = f(a)+f ′(a)(x−a)+12f ′′(a)(x−a)2+· · ·+ 1

n!f (n)(a)(x−a)n+Rn(x; a)

mit dem Restglied

Rn(x; a) =1n!

∫ x

a

(x− t)nf (n+1)(t) dt (Integral-Darstellung)

oder

Rn(x; a) =(x− a)n+1

(n + 1)!f (n+1)(ξ) mit ξ ∈ (a, x) (Lagrange-Darstellung).

Satz 9.2 Sei f(x) =∑

an(x − a)n in einer Umgebung des Entwicklungspunkteskonvergent. Dann stimmt das Taylorpolynom Tn(x, a) mit dem n-ten Abschnitt derPotenzreihe uberein, f (n)(a) = n! · an und

Tn(x, a) =n∑k=0

f (k)(a)k!

(x− a)k.

Ist umgekehrt f ∈ C∞(I) und in der Taylorentwicklung von f gilt Rn(x − a) → 0fur alle x in einer Umgebung von a, so gilt:

f(x) =∞∑n=0

f (n)(a)n!

(x− a)n.

Satz 10.1 Seien f, g in (a, b) (oder (b, a)) differenzierbar mit g′(x) 6= 0. Es liegeeiner der Falle vor

a) limx→a+

f(x) = limx→a+

g(x) = 0

b) limx→a+

g(x) = ±∞ oder −∞

Dann gilt:

limx→a±

f(x)g(x)

= limx→a+

f ′(x)g′(x)

sofern der rechte Grenzwert in R ∪ {∞} ∪ {−∞} existiert, a kann auch +∞ oder−∞ sein.

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101

Satz 10.2 Die Potenzreihe∑∞n=0 anx

n habe Konvergenzradius r > 0 und konver-giere fur x = r (oder x = −r). Dann konvergiert die Reihe gleichmassig in [0, r],insbesondere ist die Grenzfunktion von links stetig in r.

limx→r−

f(x) = f(r) =∞∑n=0

anrn

Satz 10.3 Seien p, q komplexe Polynome mit grad q < grad p. Dann lasst sich q(z)p(z)

in der Form

q(z)p(z)

=k∑i=1

(ai1

z − ξi+

ai2(z − ξi)2

+ · · ·+ aiνi

(z − ξi)νi

)schreiben, wobei ξ1, . . . , ξk Nullstellen von p(z) der Vielfachheit ν1, . . . , νk sind. (Esgilt dann

∑νj = grad p).

Die Koeffizienten aij , j = 1, . . . , νi sind in C eindeutig bestimmt.

Satz 10.4 Seien p, q Polynome in den Variablen x beziehungsweise x, y beziehungs-weise x, y, z und r = p

q . Dann sind die folgenden Stammfunktionen elementareFunktionen:

a)∫

r(x, k√

ax + b dx

b)∫

r(x k

√ax+bcx+d

)dx

c)∫

r(eαx) dx∫r(sinhx, coshx) dx

d)∫

r(sin ax, cos ax) dx

e)∫

r(x,√

ax2 + bx + c) dx

f)∫

r(x,√

ax + b,√

cx + d) dx

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Anhang C

The Definitions

Definition 1.1 Wenn fur zwei Mengen A und B gilt

Aus x ∈ B folgt x ∈ A,

so heisst B Teilmenge von A. Schreibweise: B ⊂ A (in manchen Buchern: B ⊆ A).

Definition 1.2 Die leere Menge ∅ ist charakterisiert durch:

Es gilt x /∈ ∅ fur alle nur moglichen Elemente x.

Definition 1.3 Sei A eine endliche Menge. Dann heisst die Anzahl der Elementevon A, geschrieben |A|, die Kardinalitat von A.

Definition 1.4 Die Menge P (A) = {B : B ⊂ A} heisst Potenzmenge von A.

Definition 2.1 Setze a0 := 1 und

(2.1) an = a · a · · · · · a︸ ︷︷ ︸n-mal

fur alle a ∈ K

Definition 2.2 Fur a, b ∈ K setze a < b ⇔ b− a ∈ P .a ∈ P heißt ”a positiv“, −a ∈ P heißt ”a negativ“.Eine Struktur, die K1 bis K9, A1, A2 erfullt, heißt angeordneter Korper.

Definition 2.3 |a| := a falls a ≥ 0|a| := −a falls a < 0

Es gilt: −|a| ≤ a ≤ |a| fur alle a ∈ K.

Definition 2.4 M ⊂ K heißt nach oben beschrankt, wenn es ein s ∈ K gibt mitx ≤ s fur x ∈ M .

s heißt dann obere Schranke, s0 heißt kleinste obere Schranke, wenn s0 ≥ s furalle oberen Schranken s und s0 selber obere Schranke ist.

Definition 2.5 Seien A,B Mengen, f : A → B eine Abbildung

f(A) = {b ∈ B : f(a) = b fur ein a ∈ A}f−1(C) = {a ∈ A : es gibt b ∈ C mit f(a) = b}

f heißt surjektiv, wenn f(A) = B. f heißt injektiv, wenn aus f(a) = f(a) folgta = a. f heißt bijektiv, wenn f surjektiv und injektiv ist. In diesem Fall haben wireine 1-1 Zuordnung der Elemente von A zu den Elementen von B.

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Definition 2.6 Fur n ∈ N heißt An = {m ∈ N : m < n} der n-te Abschnitt dernaturlichen Zahlen.

Definition 2.7 Eine Menge A heißt endlich, wenn es eine Bijektion eines An aufA gibt. Wir schreiben dann Kardinalitat von A = |A| = n.

A heißt abzahlbar, wenn es eine Bijektion von N auf A gibt. Wenn A wederendlich noch abzahlbar ist, heißt A uberabzahlbar.

Definition 3.1 Eine Abbildung a : N → R heißt Zahlenfolge. Schreibe: an = a(n)sowie a = (an)n∈N oder a = (an).

Eine Folge heißt monotonsteigendfallend falls an+1

≥≤ an fur alle n ∈ N.

Eine Folge heißt streng monotonsteigendfallend falls an+1

><

fur alle n ∈ N.

Eine Folge heißt beschrankt, falls es ein M ∈ R gibt mit

|an| ≤ M fur alle n ∈ N

Eine Folge heißt konvergent gegen a ∈ R, wenn es zu jedem ε > 0 ein N ∈ N gibt,das von ε abhangen darf, mit

|an − a| < ε fur alle n ≥ N

Schreibweise: limn→∞ an = a (”Limes“)oder an → a (”konvergent gegen“)

Definition 3.2 Sei ε > 0, a ∈ R. Dann heißt Uε(a) = {x ∈ R : a− ε < x < a + ε}(offene) ε-Umgebung von a.

a− ε a a + ε Uε(a) = {x : |a− x| < ε}

Definition 3.3 Sei (an)n∈N eine Folge, ϕ : N → N eine streng monoton steigendeFolge, insbesondere ϕ(n) ≥ n. Dann heißt die Zahlenfolge (aϕ(n))n∈N Teilfolge vona.

Anschaulich: Streiche beliebige Folgenglieder aus an heraus, aber lasse noch unend-lich viele ubrig.

Definition 3.4 Sei (an) eine Folge. a ∈ R heißt Haufungswert (Haufungspunkt),wenn in jeder Umgebung von a unendlich viele Folgenglieder liegen, das heißt furalle ε > 0 ist |an − a| < ε fur unendlich viele n. (Aus Grenzwert folgt naturlichsofort Haufungswert)

Definition 3.5 Wir schreiben lim an = ±∞, falls es zu jedem K > 0 ein N ∈ Ngibt mit

an

{> K bei +∞< K bei −∞

Solche Folgen heißen auch bestimmte Divergenz.

Definition 3.6 Sei (an) beschrankt. Dann heißt a∗ = kleinster Haufungswert von(an) der Limes inferior von (an),

lim infh→∞

an = a∗

Der großte Haufungswert a∗ heißt Limes superior.

lim supn→∞

an = a∗

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104 ANHANG C. THE DEFINITIONS

Definition 3.7 Eine Folge (an) heißt Cauchy-Folge, wenn es zu jedem ε > 0 einN ∈ N gibt mit

|an − am| < ε fur alle n, m ≥ N.

Definition 4.1 Die Summe

∞∑k=p

an = ap + ap+1 + . . .

heißt Reihe. Eine Reihe heißt konvergent, wenn die Folge der Partialsummen

sn =n∑i=p

ai, n ≥ p

konvergiert.

Definition 4.2 Die Summe∑∞n=0 an heißt alternierend, wenn anan+1 ≤ 0 fur alle

n ∈ N, das heisst die Glieder wechseln also das Vorzeichen.

Definition 4.3 Eine Reihe heißt absolut konvergent, wenn∑|an| konvergent ist.

Definition 4.4 ϕ : N → N sei bijektiv. Fur die Reihe∑∞n=0 an heisst

∑∞n=0 bn mit

bn = aϕ(n) eine Umordnung der Reihe∑

an.

Definition 4.5 Das Cauchy-Produkt der Reihen∑∞i=0 ai,

∑∞i=0 bi besteht in der

Wahl einer speziellen Bijektion ϕ : N → N× N:( ∞∑i=0

ai

)( ∞∑i=0

bi

)=

∞∑n=0

n∑i=0

aibn−i =:∞∑n=0

dn

mit dn =∑ni=0 aibn−i.

Definition 5.1 Eine Funktion der Form

p(x) = a0 + a1x + a2x2 + · · ·+ anx

n =n∑i=0

aixi, ai ∈ R

heisst Polynom. Wenn an 6= 0, so ist n der Grad des Polynoms, grad p = n. Setzegrad 0 = −1

Definition 5.2 Sei D ⊂ R. ξ heisst Haufungspunkt von D, wenn es eine Folge(xn)n∈N gibt mit xn ∈ D\{ξ} und xn → ξ.

Definition 5.3 Sei f in Uε(ξ)\{ξ} definiert fur ein ε > 0. Wir sagen: ”f konver-giert gegen a fur x gegen ξ“, wenn es zu jedem η > 0 ein δ > 0 gibt mit

|f(x)− a| < η fur alle x ∈ Uε(ξ)\{ξ} mit |x− ξ| < δ.

Sei f in Uε(ξ) definiert. f heisst stetig in ξ, wenn es zu jedem η > 0 ein δ > 0 gibtmit

|f(x)− f(ξ)| < η fur alle x ∈ Uε(ξ) mit |x− ξ| < δ.

Definition 5.4 f heisst von rechts stetig in ξ ∈ D, wenn (nach Walter) die MengeD+ = {x ∈ D : x ≥ ξ} ξ als Haufungspunkt hat und f |D+ in ξ stetig ist.

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Definition 5.5 Sei f.Df → R, g : Dg → R mit f(Df ) ⊂ Dg. Dann ist die Kom-position g ◦ f : Df → R definiert durch

g ◦ f(x) := g(f(x)).

Definition 5.6 Eine Menge D ⊂ R heisst folgenkompakt, wenn jede Folge in Deine konvergente Teilfolge mit Grenzwert in D besitzt.

Definition 5.7 f : D → R heisst gleichmassig stetig, wenn es zu jedem ε > 0 einδ > 0 gibt, so dass fur x, y ∈ D mit |x− y| < δ gilt: |f(x)− f(y)| < ε.

Definition 5.8 f : [a,∞) → R. Wir schreiben limx→∞ f(x) = a, wenn es zu jedemε > 0 ein K ∈ R gibt mit |f(x)− a| < ε fur alle x > K.

Analog: limx→−∞ f(x) = a.

Definition 5.9 f : D → R heisst monoton wachsend/fallend, wenn x < y ⇔

f(x)≤≥ f(y), ∀x, y ∈ D. f heisst streng monoton, wenn entsprechend f(x)

<> f(y)

gilt.

Definition 5.10 Sei J kompakt, f : J → R stetig, also auch gleichmassig stetig.Fur genugend kleines s > 0 setze

δ(s) = sup{|f(x)− f(y)| : x, y ∈ J |x− y| ≤ s}

Es gilt aufgrund der gleichmassigen Stetigkeit δ(s) → 0 fur s → 0.

∀ε > 0 ∃δ supx,y:|x−y|≤δ

|f(x)− f(y)| ≤ ε

δ(s) heisst der (kleinste) Stetigkeitsmodul von f .

Definition 5.11 Seien fn : D → R, n ∈ N.(fn) konvergiert punktweise gegen f : D → R, falls limn→∞ fn(x) = f(x) ∀x ∈

D.(fn) konvergiert gleichmassig, wenn es zu jedem ε > 0 ein N ∈ N gibt mit

|fn(x)− f(x)| < ε fur alle n ≥ N , fur alle x ∈ D.

Definition 6.1 Eine Funktion der Form

p(z) = a0 + a1z + · · ·+ anzn, ak ∈ C

heisst komplexes Polynom. Wie im Reellen setze grad p = n falls an 6= 0. Jedesrelle Polynom (das heisst ak ∈ R) ist auch ein komplexes Polynom.

Definition 6.2Bε(α) = {z : |z − α| < ε} ⊂ C

heisst ε-Umgebung von α.

εB (α)

α

ε

Eine Folge (zn), zn ∈ C konvergiert genau dann gegen α ∈ C, wenn in jederε-Umgebung von α fast alle Folgenglieder liegen.

Definition 6.3 Sei D ⊂ C, f : D → C. f heisst in ξ ∈ D stetig, wenn fur alleFolgen (zn) mit zn ∈ D, zn → ξ gilt: f(zn) → f(ξ).

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106 ANHANG C. THE DEFINITIONS

Definition 6.4 Seien ak ∈ C, k ∈ N. Dann heisst

∞∑k=0

akzk

eine (komplexe) Potenzreihe.Falls ak ∈ R so sprechen wir von einer reellen Potenzreihe

∑akx

k, x ∈ R. Einerelle Potenzreihe ist immer auch eine komplexe.

Definition 6.5 Die eindeutig bestimmte, stetige, streng monoton wachsende Um-kehrfunktion der e-Funktion heisst Logarithmus.

lnn : (0,∞) ↔ R

Definition 6.6 Sei a > 0. Erklare die allgemeine Potenz durch

ak = ex ln a, x ∈ R.

Dies stimmt fur x ∈ Q mit der alten Definition uberein.

Definition 7.1 Es sei I = [a, b] mit a < b ein kompaktes Intervall und a = x0 <x1 < · · · < xn−1 < xn = b.

z = (x0, x1, . . . , xn) heisst Zerlegung von I. |z| = maxk=1,...,n

|Ik| heisst Feinheits-

mass der Zerlegung, wobei Ik = [xk−1, xk] und |Ik| = xk−xk−1. z heisst aquidistant,falls |Ij | = |Ik|, das heisst Ik = b−a

nSei f beschrankt, mk = inf f(Ik) und Mk = sup f(Ik). Dann heisst

s(z) = s(z, f) =n∑k=1

|Ik|mk Untersumme und

S(z) = S(z, f) =n∑k=1

|Ik|Mk Obersumme.

Definition 7.2

J∗ = J∗(f) = supZ

s(Z) (Unterintegral)

J∗ = J∗(f) = infZ

S(Z) (Oberintegral)

wobei das sup beziehungsweise inf uber alle Zerlegungen gebildet wird. Wegen Lem-ma 7.2 gilt:

J∗ ≤ J∗

Die Funktion f heisst integrierbar, wenn J∗ = J∗. In diesem Fall schreibe

J∗(f) = J∗(f) =:∫ b

a

f(x) dx =:∫I

f(x) dx

Definition 7.3 Sei D ⊂ R. Eine Funktion ϕ : D → R heisst lipschitzstetig, wenn

|ϕ(x)− ϕ(y)| ≤ L|x− y|

L heisst dann Lipschitzkonstante.

Definition 7.4 R(I) = {f : I → R : f beschrankt und uber I integrierbar}

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Definition 7.5 Falls f ∈ R([a, b]), setze∫ a

b

f(x) dx := −∫ b

a

f(x) dx

(Das Integral bekommt sozusagen eine Orientierung)

Definition 7.6 Sei f ∈ R([a, b]) und u ∈ [a, b].

F (x) :=∫ x

u

f(x) dx

heisst (eine) Stammfunktion von f .

Definition 8.1 Sei f eine Funktion.

m =∆f

∆x=

f(x)− f(ξ)x− ξ

=GegenkatheteAnkathete

= tan α

heisst Differenzenquotient. Er gibt die Steigung der Sekanten durch A,B an.

Definition 8.2 Sei f in einer Umgebung von ξ definiert. f heisst in ξ differenzier-bar, wenn der Grenzwert

f ′(ξ) = limx→ξ

f(x)− f(ξ)x− ξ

= limh→0

f(ξ + h)− f(ξ)h

existiert. f ′(ξ) heisst dann Ableitung von f in ξ.

Definition 8.3 Definiere die einseitigen Ableitungen

f ′+(ξ) = limh→0+

f(ξ + h)− f(ξ)h

rechtsseitige Ableitung

f ′−(ξ) = limh→0−

f(ξ + h)− f(ξ)h

linksseitige Ableitung

Definition 8.4 Sei I ein beliebiges Intervall.Cm(I) = {f : I → R : f ist m-mal differenzierbar mit stetigen Ableitungen

f (1), . . . , f (m)}insbesondere C(I) = C0(I) = stetige Funktionen auf I.

Definition 8.5 Die Funktion f sei integrierbar. Jede Funktion F mit F ′ = f heisstStammfunktion von f .

Hierfur schreibt man oft F (x) =∫

f(x) dx und bezeichnet dies als unbestimmtesIntegral.

Definition 9.1 (Landausche Symbole) Die Funktionen f und g seien in einerUmgebung des Punktes ξ definiert. Wir schreiben

f(x) = O(g(x)), x → ξ

wenn∣∣∣ f(x)g(x)

∣∣∣ ≤ M , wobei M eine Konstante, in einer Umgebung von ξ ist und

f(x) = o(g(x)), x → ξ

falls limx→ξf(x)g(x) = 0 gilt.

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108 ANHANG C. THE DEFINITIONS

Definition 9.2 Eine Funktion f ∈ C∞(I) heisst reell-analytisch, wenn die Taylor-Reihe um jeden Entwicklungspunkt a ∈ I einen positiven Konvergenzradius hat.

Definition 10.1 Sei f auf [a,∞) definiert und auf [a, c] fur alle c > a integrierbar.Wenn (das uneigentliche Integral)∫ ∞

a

f(x) dx := limc→∞

∫ c

a

f(x) dx

existiert, so heisst f auf [a,∞) integrierbar oder ”das Integral konvergiert“. Wennlimx→∞

∫ ac

f(x) dx bestimmt divergiert, so heisst auch das uneigentliche Integralbestimmt divergent.

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Anhang D

Open Publication LicenseDraft v1.0, 8 June 1999

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110 ANHANG D. OPEN PUBLICATION LICENSE

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