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„So geht es nicht weiter!“ Die Ethische Fallbesprechung Eine Methode zum Umgang mit Konflikten im Gesundheitsbereich und in der Altenhilfe

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„So geht es nicht weiter!“

Die Ethische Fallbesprechung

Eine Methode zum Umgang mit Konflikten im Gesundheitsbereich und in der Altenhilfe

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Begleiten

Zu begleiten ist ein Wagnis.Wenn du begleitest,veränderst du dich und dieGesellschaft.Denn –die Welt wird durchsichtiger underfüllter.Feineres Gespür läßt Wege finden,die zu anderen führen.Frage dich,ob du diesen ganzen Einsatz für dich und andere leisten willst.

Pearl S. Buck

Die Autoren

Dr. med Hans Schottky, Anästhesist,Ehrenamtlicher bei Hospiz Horn e.V.

Erika Nola, Vorstand undKoordinatorin, Hospiz Horn e.V.,

Petra Scholz, pädagogischeMitarbeiterin, Bremer Heimstiftung

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Vorwort

Dieses Heft ist für alle im Ge sund -heitswesen Tätigen geschriebenworden, die Verantwortung für diewürdevolle Pflege und Versorgungalter, kranker und schwerstkrankersowie sterbender Menschen inBremen tragen.

Angesprochen sind Ärzte, Pflege -kräfte und Mitarbeiter/innen derPflegeeinrichtungen, der Kranken -häuser und ambulanten Dienste,Therapeuten, Sozialarbeiter/innen,Seelsorger/innen sowie Mitarbei -ter/innen der Behörden und In sti -tutionen, die für die Qualität undRechtmäßigkeit der Gesund heits -versorgung in den ambulanten undstationären Einrichtun gen desGesund heitswesens zuständig sind.

Dieses Heft ist auch für Ange hörigegedacht, die in Sorge um ein er -kranktes oder sterbendes Familien -mitglied sind, das sich selbst nichtfür seine Belan ge einsetzen kann,sowie für Freunde und Ehrenamt -liche, die diese Menschen begleiten

und die das Gespräch mit dem be -handelnden Arzt und den Pflege -kräften suchen.

Die Methode der ethischen Fall -besprechung kann zu einem gutenMiteinander und zum Wohl allerBetroffenen beitragen.

Ingelore Rosenkötter

Senatorin für Arbeit, Frauen,Gesundheit, Jugend und Soziales

Die Ethische Fallbesprechung

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Ein Fallbeispiel

Hans Wiese1 ist 90 Jahre alt undlebt seit Jahren in einer Einrich tungder Altenhilfe. Seine Ehefrau ist be-reits vor Jahren verstorben. HansWiese vermisst sie sehr, sie hat fürihn den Kontakt nach außen auf -rechterhalten. Die Ehe blieb kinder-los.

Hans Wiese ist als freundlich undzugänglich bekannt. In letzter Zeithat sich allerdings gezeigt, dass sei-ne Orientierungsfähigkeit zeitweiseeingeschränkt ist. Er hat jetzt keinesozialen Kontakte mehr, außer zuseinem Betreuer, einem langjährigenBekannten. Seit geraumer Zeit ver-lässt er auch sein Zimmer nichtmehr.

Er leidet unter einer Prostataver -größerung, die verhindert, dass dieBlase schmerzfrei und voll ständigentleert werden kann. Deshalb wur-de Hans Wiese eine sogenannte

Suprapubische Fistel* (SPF)2 gelegt;ein Katheter, der durch die Bauch -decke in die Harnblase führt, umden Urin daraus in einen Beutel ab-zuleiten.

Er verweigert zunehmend die not-wendige Pflege des Blasenkathe ters,was bereits zur Infektion der Hautund des darunter liegenden Gewe -bes geführt hat. Während des Ver -bandswechsels ist er mehrmals ag-gressiv geworden, hat geschrien undnach den Pflegekräften geschlagen.Er versuchte, den Blasenkatheter zuentfernen, was zu großen Schmer -zen und Problemen bei der Blasen -entleerung geführt hätte.

Sein Verhalten ist so schwierig undunberechenbar, dass es Überlegun-gen gibt, ihn in eine gerontopsych -iatrische Abteilung zu verlegen.

Was ist zu tun?

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1 Name geändert.2 Wörter, die mit einem * versehen sind,

finden Sie im Glossar im Anhang erklärt.

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Die Ethische Fallbesprechung

Die gesellschaftlichen Anfor-derungen an die Fürsorge undPflege schwerkranker und alterMenschen steigen.

Hans Wiese ist kein Einzelfall. Alle,die für ihn sorgen und ver antwort -lich sind, suchen in dieser schwieri-gen Situation nach einer Lösung. Siebrauchen dafür Un ter stützung undBeratung.

In den modernen Industriestaatenwächst der Anteil älterer Men schenan der Gesamtbevölkerung. Mit demAnstieg der Lebens erwar tung habenchronische Erkrankungen starkzugenommen, und damit steigt dieWahrschein lichkeit, im hohen Alterfür eine längere Zeit Pflege in An -spruch nehmen zu müssen. Früherübernahmen Angehörige in derRegel die Pflege und Versorgung al-ter und kranker Menschen.

Familienmitglieder leben heute oftweit voneinander entfernt, vieleMenschen leben allein. Eine vertrau-te Person fehlt dann be sonders,wenn schwierige Ent scheidungen zutreffen sind und der Kranke oderPflegebedürftige nicht selbst fürsich sprechen kann. Vor allem abersind viele Angehörige mit der Be -treuung und Sorge für ein Familien -mit glied überfordert und fühlen sichmit dieser Aufgabe allein.

In der Stadtgemeinde Bremen3 leb-

ten Anfang des Jahres 2004 etwa542.700 Bewohner. Etwa 141.700Personen von ihnen waren 60 Jahreund älter. Das ent spricht etwa 26 %der Einwohner. 47.350 Menschenwaren 75 Jahre und älter. Unter denBundeslän dern nimmt Bremen da -mit eine Spitzenstellung ein. Inmanchen Stadtteilen beträgt derAnteil der Älteren um die 30 %. DieZahl der älteren Menschen wird sichin den nächsten 10 Jahren auf ca.150.000 erhöhen und dann insge -samt 30 % der WohnbevölkerungBremens ausmachen.

Rund 43 % der älteren Menschenwohnten im Jahr 2004 in Ein-Per -sonenhaushalten. Von den über 85-jährigen lebten über 60 % allein.Rund 15.000 Menschen warenregelmäßig pflegebedürftig. DiePflegeheime versorgten fast 5.000Menschen. Gegenwärtig wohnen ca.10 % der über 75-jährigen Einwoh -ner in einem Alten- und Pflegeheim.Die Zahl der Wohnheimplätze be -trug 1.055 im Jahr 2004 und die derPflege heimplätze 4.683.

In Bremen leben ca. 7.500 Men -schen, die an einer mittelschwerenbis schweren Demenz er krankt sind.Es wird eine jährliche Zunahme vonrund 1.670 älteren Menschen er war-tet, die an einer Demenz erkranken.

3 Zahlen stammen aus dem Altenplan derStadtgemeinde Bremen 2005/2006.

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„Hören wir auf, uns selbst zu belü-gen; der Sinn unseres Lebens ist inFrage gestellt durch die Zukunft, dieuns erwartet; wir wissen nicht, werwir sind, wenn wir nicht wissen, werwir sein werden; erkennen wir unsin diesem alten Mann, in jener altenFrau.

Das ist unerlässlich, wenn wir unse-re menschliche Situation als Ganzesakzeptieren wollen. Dann werden

wir das Unglück des Alters nichtmehr gleichgültig hinnehmen, wirwerden uns betroffen fühlen: wirsind es...

Dass ein Mensch während der letz-ten 15 oder 20 Jahre seines Lebensnur noch Ausschuss ist, offenbartdas Scheitern unserer Zivilisation.“

(Loewi, Ethische Fragen in derMedizin, 1995, S. 8/9)

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Die Ethische Fallbesprechung

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Die Frage stellt sich: Wie werden wirunseren alten Mitbürgern in ihrerschwierigen Lage gerecht? Was istjeweils gut und richtig für sie? DieMeinungen dazu sind häufig kontro-vers. Es kommt zu Konflikten.

Wie gehen wir mit Konflikten um?

Ethik stellt die Frage nach den Wer -ten und Normen in einer Gesell -schaft. Wir orientieren uns bei Ent -scheidungen daran und richten un-ser Verhalten danach aus. Ethi scheKonflikte* sind so alltäglich, dass wirsie manchmal kaum noch wahrneh-men. Wenn wir zum Bei spiel eineEntschei dung nicht richtig findenoder meinen, dass eine vor geschla -gene Behandlung nicht durchführ -bar ist, uns andererseits aber grund-sätzlich an unsere An weisungenoder Prinzipien halten wollen, liegteine ethische Konflikt situation vor.

Eine angemessene Bewältigung vonKonflikten muss Bestandteil einerprofessionellen Berufsaus übungsein. In ihrer Ausbildung sind dieMitarbeiter/innen der verschiedenenBerufe des Ge sundheitswesens oftnicht ausreichend auf die vielfälti -gen alltäglichen Herausforderungenvorbereitet, die es zu klären gilt. Umschwerwiegenden Konflikten ge -recht werden zu können, brau chensie ergänzende Methoden. Eine sol-che Methode ist die Ethische Fall -besprechung.

Die Praxis der ethischenFallbesprechung.

Initiative:Die Initiative für eine interne ethi -sche Fallbesprechung kann von allenBeteiligten ausgehen, ganz unab -hängig von ihrer Stel lung in derHierarchie der Institu tion, zumBeispiel� von den Pflegekräften, die eineangeordnete medizinische Maß -nahme nicht für sinnvoll halten, mitAngehörigen nicht überein stimmenoder Zweifel über das weitereVorgehen in pflegerischer Hinsichthaben;� vom behandelnden Arzt, der eineBehandlung/Therapie vorschlagenoder einstellen möchte;� von Angehörigen oder Betreu ern,die Maßnahmen wünschen odernicht wünschen oder die sich mit ei-ner Entscheidung überfor dert fühlen.

Möglich wäre auch die routinemä-ßige Einberufung in einer speziellenBehandlungssituation durch einenArzt oder eine verantwortliche Pfle -gefachkraft, zum Beispiel vor Anlageeiner PEG* oder vor einer geplantenAmputation.

Zeit und Ort: Die erste Phase zur Durchführungeiner ethischen Fallbesprechung istdie Planung und Vorbereitung. Derzeitliche Vorlauf sollte nicht zu langsein, um die Nähe zum Problem zu

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Aufhebung

Sein Unglück ausatmen könnentief ausatmenund vielleicht auchsein Unglück sagen könnenin Worten

in wirklichen Worten,die zusammenhängenund Sinn habenund die man selbst nochverstehen kannund die vielleicht sogar

irgendwer sonst verstehtoder verstehen könnteund weinen können.Das wäre schonfast wieder Glück.

Erich Fried(aus: Erich Fried, Beunruhigungen,Verlag Klaus Wagenbach, Berlin1984)

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Die Ethische Fallbesprechung

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wah ren. Langes Zögern und Disku -tie ren können ein Problem verschär-fen. Mit wachsender Erfahrung wirddie Schwelle zur Einberufung einerethischen Fallbesprechung sinken,so dass der Zeitpunkt angemessenge wählt werden kann.

Für die ethische Fallbesprechungselbst muss ausreichend ungestörteZeit zur Verfügung stehen. Hektikund Störung durch den Dienst -betrieb sind zu vermeiden. Dazu ge-hört natürlich auch die Wahl einesungestörten Ortes.

Wer nimmt an einer ethischenFallbesprechung teil?� Pflegekräfte, Pflegedienstleitung,� behandelnde Ärzte,� Betreuer oder Betreuungsrichter,� Physiotherapeuten oder andereMitarbeiter des therapeutischenTeams,� Seelsorger, Mitarbeiter des sozia-len Dienstes,� Grüne Damen, Hospizbegleiter, an-dere Ehrenamtliche, Besucher,� eventuell auch die Angehörigen,� Moderatoren.

Die Eingeladenen sollten anwesendsein. Abwesende werden leicht zuSündenböcken gemacht. Besser istes, wenn die Einwände, Vorwürfe,Argumente persönlich vorgebrachtund gehört werden. Die Anwesen -heit von ein oder zwei externen Mo -deratoren ist sinnvoll und nützlich.

Es ist nicht so sehr ihr Expertenwis -sen, das die Lösung vorantreibt, alsder „Blick von außen“ auf dasProblem.

Sofern Angehörige nicht an derEthischen Fallbesprechung teilneh-men, werden sie vor und nach derFallbesprechung durch ein ausführ-liches Gespräch in den Entschei -dungsprozeß einbezogen.

Wie geht man vor?Eine strukturierte Sammlung derFakten anhand eines Fragebogenshat sich bewährt. Dafür gibt es ge-eignete Vorlagen, die lokal ange -passt werden können. Eine möglichstvollständige Sammlung und Dar -stellung der Voraussetzungen istwichtig, wobei die Person, um die esgeht, stets im Mittelpunkt des Blick-feldes bleibt.

Ein Grundschema sieht in Anleh -nung an die Nimwegener Methodewie folgt aus: � Vorstellung der Person/Situation,� Anlass und Fragestellung,� medizinische Gesichtspunkte,� pflegerische Gesichtspunkte,� psychosoziale und weltanschauli-che Gesichtspunkte,� organisatorische/ökonomischeGesichtspunkte,� Bewertung der Fakten.

Zum Schluss wird eine Handlungs -empfehlung formuliert. Alle Punkte

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Höchste Güte ist wie das Wasser.Des Wassers Güte ist es,allen Wesen zu nützen ohne Streit....Beim Wohnen zeigt sich die Güte an dem Platze.Beim Denken zeigt sich die Güte in der Tiefe.Beim Schenken zeigt sich die Güte in der Liebe.Beim Reden zeigt sich die Güte in der Wahrheit.Beim Walten zeigt sich die Güte in der Ordnung.Beim Wirken zeigt sich die Güte im Können.Beim Bewegen zeigt sich die Güte in der rechten Zeit.Wer sich nicht selbst behauptet,bleibt eben dadurch frei von Tadel.

Laotse: Tao Te King(Übersetzung von Richard Wilhelm)

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Die Ethische Fallbesprechung

– und das ist wichtig – werden do-kumentiert und damit Bestandteilder Kranken- oder Pflegeakte. DieErfahrung zeigt, dass in aller Regelein Konsens gefunden wird. Manch -mal ist er vorläufig – wenn weitereFakten oder Entscheidungen einge-holt werden müssen, oder die Ent -wicklung abgewartet wird. Es kanndurchaus sein, dass ein zweiterTermin nötig ist.

Die große Bereitschaft von Gruppenzum Konsens* ist vielleicht erstaun-lich, aber zu erklären dadurch, dasses nicht um die Interessen der An -wesenden, sondern um die einesDritten geht.

Die Handlungsempfehlung ist nichtrechtsverbindlich. Die Handlungs -kompetenz und -verantwortungbleibt bei den jeweils juristisch Zu -ständigen: Die medizinische Verant -wortung beim Arzt, die pflegerischebeim Pflegeteam usw. Trotzdem istdas Besprechungsergebnis rich -tungsweisend und damit handlungs-anleitend für die Beteiligten.

Das Bewusstsein dafür, dass� es nicht eine einzige Lösung gebenmuss,� nicht ich alleine die Lösung findenmuss,� auch andere Recht haben können,� Irrtümer möglich sind,

� manche Situationen nicht zuändern sind,entlastet und schafft die nötigeFrei heit für kreative Entscheidungenim Sinne der betroffenen Person.Manchmal ist es schon nützlich, dievorhandene Meinungsverschieden -heit klar auszuformulieren, um siebearbeiten zu können.

Anlässe für eine Ethische FallbesprechungEinige Anlässe für die Einberufungeiner Ethischen Fallbesprechungwurden schon angesprochen. Wei -tere Anlässe könnten sein:� Nichteinwilligungsfähigkeit desPatienten oder Unklarheiten überseinen Willen,� Wünsche von Angehörigen, Be -treuern oder behandelnden Ärzten,� unerträgliche Pflegesituation, zumBeispiel aufbrechende Tumore, zer-fallendes, übel riechendes Gewebe,� Verweigerung von Essen undTrinken,� Aggressivität oder grob störendesVerhalten,� Entscheidung zwischen palliati -vem* oder curativem* Behandlungs -ansatz,� Entscheidung über den Sinn le -bensverlängernder Maßnahmen.Die Aufzählung ist unsystematischund unvollständig. Sie soll nur einenEindruck über häufige und typischeAnlässe geben.

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geschenk

vielleicht ist das größte geschenkdas wir einem anderen menschengeben könnenihm bedingungslos zuzuhörenohne vorurteileohne beurteilungohne verurteilungihn so anzunehmensowie er sich uns in diesem moment zeigt

diese geschenke sollte manunter naturschutz stellen

sie sind vom aussterben bedroht

Inge Ittermann

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Die Ethische Fallbesprechung

Langfristige WirkungenVon einer Ethischen Fallbesprechungprofitiert natürlich in erster Linieder Kranke selbst. Aber auch die un-mittelbar Beteiligten (Ärzte, Pflege -kräfte, Ehrenamtliche, Betreuer/in-nen, Angehörige) haben von dieserMethode einen Gewinn: EigeneWertvorstellungen und Ziele könnenmit denen anderer verglichen wer -den. Erst die gewonnene Klarheitüber den vorhandenen Dissens* unddie Ausarbeitung verschiedenerPerspektiven erschließen die Mög -lichkeit der Konfliktbearbeitung. Die gemeinsame Suche nach einerLösung entlastet die Beteiligten vonihrer Gewissensnot. So bleibt nie -mand mit seiner Not allein. Aggres -sionen untereinander werden in derRegel durch das Gespräch gemin -dert. Die entwickelte Gemeinsamkeitverbessert das Klima und die Für -sorglichkeit – für alle Beteiligten.

Sozusagen am Horizont befindetsich eine ganze Reihe von Institu -tionen, die häufig unsichtbar amTisch sitzen, und über deren Ein -beziehung nachzudenken ist. IhreVertreter können durchaus zu Ethi -schen Fallbesprechungen hinzuge -zogen werden:� die Vertreter der Krankenkassen,� die Betreuungsrichter,� die Mitarbeiter/innen des Medizi -nischen Dienstes der Krankenkassen,� die Mitarbeiter/innen der Heim -aufsicht.

Sie alle „sitzen mit im Boot“ undkönnen, sollen oder müssen gele -gent lich an konfliktbehafteten Ent -scheidungen beteiligt werden.

Erfahrungen in der Bremer HeimstiftungIn der Bremer Heimstiftung gibt esseit 2004 Ethische Fallbesprechun -gen. Nach einführenden Kolloquienin allen Häusern der BHS haben dieMitarbeiter/innen und auch einigeAngehörige zunehmend von derneuen Methode Gebrauch gemacht.Bis Juni 2006 wurden 31 ethischeFallbesprechungen durchgeführt.Eine anonymisierte Kurzdarstellungder Fälle wird zentral dokumentiert,um die gemachten Erfahrungen aus-werten zu können.

Die Initiative zur ethischen Fallbe -sprechung ging von Hospiz Horn e.V.aus. Hospiz Horn e.V. ist ein ambu-lanter Hospizdienst und seit neunJahren Kooperationspartner derBremer Heimstiftung. Gemeinsamwurden Konzepte für die Sterbe-und Trauerbegleitung entwickelt, dieder Entlastung aller Betroffenendienen.

Mitarbeiter/innen von Hospiz Hornwurden in der Methode der ethi -schen Fallbesprechung ge schult undkonnten sie zusammen mit einerMitarbeiterin der Bremer Heim -stiftung in deren Häusern vorstellenund einführen.

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Erfahrungsbericht einer leitenden Pflegekraft

Manchmal werden überraschend ein-fache Lösungen gefunden.Hilde Krämer4 wohnt seit einem Jahrim Wohnbereich der Bremer Heim -stiftung. Ihr Gesundheitszustand ver-schlechterte sich an einem Mitt -woch nachmittag so sehr, dass siedurch den Notarzt ins Krankenhauseingewiesen wurde. Dort wurde dieDiagnose Exsikkose* gestellt. DieTochter sorgte sich sehr um den Ge -sundheitszustand der Mutter. ImKrankenhaus wurde eine Flüssig-keits zufuhr von zwei Litern in 24Stunden für notwendig erachtet.

Nach dem Krankenhausaufenthaltschaffte es Hilde Krämer mit viel Un -terstützung, einen Liter Flüssig keit in24 Stunden zu sich zu neh men. Eswurde ein Flüssigkeitsproto koll ge -führt. Hilde Krämer fühlte sich durchdie Kontrollen stark be vormundetund verweigerte das Trinken immermehr. Die Tochter war sehr verunsi -chert, ob die Mutter genug zu trin kenbekäme. Die Pfle ge kräfte standen imKonflikt, sowohl mit den Wün schender Tochter als auch der Ver -weigerung der alten Dame umzuge-hen. Der einbezogene Hausarzt standeiner Reduktion der vom Kranken -haus vorgeschlagenen Trinkmenge zu -stimmend gegenüber.

Eine ethi sche Fallbesprechung wurdeeinberufen. Die dokumentierte Hand -lungs empfe h lung schlug, dem Willender Betrof fenen folgend, eine Flüs -sig keitsmen ge von 1 Liter/24 Stun -den vor. Es wurde empfohlen, eine„Flüs sigkeits uhr“ zu konstruieren, diedie Flüssig keitsmenge in 24 Stundenanzeigt und an der abzulesen war,wie viel Flüssigkeit bereits einge -nommen wurde und wie viel noch zutrinken sei. Das war einfach undkonnte sofort umgesetzt werden.

Hilde Krämer war mit dem Vorschlagschnell einverstanden und ihr Trink -verhalten besserte sich mit der selb-ständigen Bedienung der „Trinkuhr“zusehends. Durch die gemeinsameAbsprache des weiteren Vorgehensfühlten sich die Tochter und die Pfle -genden sehr erleichtert, alle sahensich mit ihrem Problem ernst genom-men und erhielten Hand lungs sicher -heit für die neue Vor gehensweise.

In der Beurteilung der bisherigen Er -fahrungen führt die Anwen dung desInstrumentes der ethi schen Fall -be sprechung zu einer In dividuali -sierung der therapeu tischen Maß -nahmen und der pflegerischen Be -treuung, zur bestmöglichen Wah -rung der Autono mie der Bewohner,zu einer Verbesse rung der Koope -ra tion mit den Ange hö rigen, zur kreativen Problemlö sung und einerverbesserten inter professionellenZusammenarbeit.4 Name geändert.

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Die Ethische Fallbesprechung

Die Bitte um die Durchführung einerethischen Fallbesprechung ging bis-her überwiegend von den Pflegen -den aus. Moderatoren waren imWechsel zwei Koordinatorinnen undein ehrenamtlicher Arzt von „HospizHorn e. V.“ sowie eine pädagogischeMitarbeiterin der Bremer Heimstif -tung – meistens nahmen zwei vonihnen an einer Sitzung teil.

Es zeichnete sich rasch ab, dass eseinige typische Konfliktkonstella -tionen in den verschiedenen Berei -chen der stationären Altenhilfe gibt: � Probleme Angehöriger, zum Bei -spiel bei Unsicherheit über Aus -übung einer Vollmacht oder schwererfüllbare Wünsche an die Pflegeoder Behandlung etc.; � Essen und Trinken am Lebensende,zum Beispiel nicht erfüllbare Vor -gaben;� unzureichende Palliativmaßnah -men;� Angst vor Komplikationen derGrundkrankheit, zum Beispiel Krebs -erkrankungen;� inakzeptables Verhalten von Be -wohnern, zum Beispiel Aggressivi -tät;� Rechtsunsicherheit.

Im Allgemeinen sind diese Konfliktemit einfachen, beratenden Gesprä -chen zu lösen. Ist dies nicht der Falloder sind mehrere Personen an einerEntscheidung zu beteiligen, bietetsich die ethische Fallbesprechung

als geeignetes Instrument der Kon -fliktlösung an. Die bisherigen Erfah -rungen mit der Ethischen Fallbe -spre chung zeigen: Es wurden Hand -lungsempfehlungen ausgesprochen,die fast immer zu konkreten Lösun -gen eines Problems oder Konfliktesbeigetragen haben. Die Akzeptanzder Methode ist hoch.

Welchen Lösungsansatz hatte dieEthische Fallbesprechung bei HansWiese? Gab es einen Erfolg?Im Gesprächsverlauf der ethischenFallbesprechung wurde das Verhal -ten von Hans Wiese aus seiner zu -nehmenden sozialen Isolation undseiner damit verbundenen Verzweif -lung abgeleitet. Als Empfehlungwurde ausgesprochen, den Versuchzu unternehmen, den alten Herrndurch vermehrte Zuwendung undehrenamtliche Begleitung zu entla-sten.

Durch die häufigen, kurzen Besucheeines Ehrenamtlichen von HospizHorn e.V. konnte die soziale Isola -tion des alten Herrn etwas gemildertwerden. Die Anwesenheit des Ehren -amtlichen trug zur Entlastung derPflegenden bei. Das Pflegeteamkonnte nach der ethischen Fallbe -sprechung mit neuem Blick, mehrSicherheit und Verständnis auf HansWiese zugehen. Sicher trat auch ei-ne Abnahme der Aggression wegender zunehmenden Schwäche undApathie des Kranken ein. Hans Wie -

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Menschen zu finden, die mit uns fühlen und empfinden, ist wohl das schönste Glück, das diese Welt bereit hat.

Samuel Johnson

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Bremer Heimstiftung

se konnte in seiner gewohnten Um -gebung verbleiben und wurde nichtin eine gerontopsychiatri sche Ein -richtung* oder ins Kran kenhaus ver-legt. Er verstarb zwei Monate nachder Fallbesprechung in seiner Woh -nung im Senioren heim.

Ausblick und EinladungUnsere Vision ist es, mit dieserSchrift zu einer breiteren Akzep tanzder Ethischen Fallbespre chung invielen Einrichtungen in Bremen bei-zutragen.

Eine verstärkte Kooperation undKom munikation zur Lösung ethi -scher Konflikte im Gesundheits- und Altenhilfebereich, auch einrich -

tungsübergreifend, ist wünschens -wert. Nicht jeder ethische Konfliktlässt sich einfach und einrichtungs-intern lösen. Für die langfristigeEntwicklung der Methode ethischerFallbespre chun gen ist es empfeh -lenswert, ein einrichtungsexternesGre mium als Ansprechpartner zuhaben. Eine solche Institution istallerdings nur dann sinnvoll, wenndafür Bedarf in vielen Ein richtungengesehen wird.

Wir kommen gerne mit Ihnen insGespräch und bieten Informationund Fortbildung zur Einführung undModeration der ethischen Fallbe -sprechung an.

Kontakt:Bremer Heimstiftung Hospiz Horn e.V.Kundenzentrum Riekestraße 2Marcusallee 39 28359 Bremen28359 Bremen

Telefon: 0421 – 24 34-0 0421 – 235 235Mail: Info@bremer-heimstiftung [email protected]

www.bremer-heimstiftung.de www.hospiz-horn.de

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Die Nimwegener Methode

Die heute am meisten eingesetzteMethode der ethischen Fallbespre -chung ist die sogenannte Nimwe ge -ner Methode, wie sie in Deutschlandvor allem in den Einrichtungen derMalteser durchgeführt und gelehrtwird. Es ist eine interne prospektiveFallbesprechung, das heißt die fürden Fall Verantwortlichen beratenselbst, sie beraten eine zu fällendeEntscheidung, im Gegensatz zurAufarbeitung eines abgeschlossenenFalles. Der externe Moderator istebenso Bestandteil der NimwegenerMethode wie das strukturierteVorgehen (siehe Abbildung).Die zahlreichen Einzelfragen, wie sie

das Nimwegener Protokoll vorgibt,lassen sich in folgender Weise struk-turieren (Steinkamp und Gordijn2005): 1. Bestimmung des ethischenProblems;2. die Analyse der medizinischen,pflegerischen, sozialen, weltan -schau lichen und organisatorischenFakten;3. die Bewertung und Entwicklungvon Argumenten aus dem Blick -winkel ethischer Normen;4. die Beschlussfassung einschließ-lich der Zusammenfassung derwichtigsten Gründe, die zu ihrgeführt haben.

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Anhang

Was ist Ethik?

Ethik bedeutet im Alltag die Ant -wort auf die schlichte Frage:Was soll ich tun?

Jeder Mensch trifft jeden Tag hun-derte von Entscheidungen. Meistenstreffen wir sie in Bruchteilen vonSekunden, ohne großes Nachdenken.Zu entscheiden, was richtig oderfalsch ist, fällt uns nicht schwer. Wirhaben dies im Umgang mit anderengelernt und oft geübt.

Diese Alltagserfahrung verführt zuder Vorstellung, dass unsere Ent -scheidungen immer so gefällt wer-den müssten. Das ist aber nicht so.Wenn andere abweichende Ziel-und Wertvorstellungen vertreten,sind wir erst einmal ratlos, vielleichtauch in unserem Selbstwertgefühlverletzt und frustriert. Wie soll esnun weitergehen? Das Nachdenkendarüber, was wir tun sollen, was wirpersönlich für richtig halten und wiewir in der Gemeinschaft verantwor-tungsvoll handeln können, istethisch geleitetes Handeln.

Der Begriff Ethik leitet sich vomgriechischen Begriff „Ethos“ (ge -wohnter Lebensort, Charakter) ab.Damit war die Einheit des Guten,dessen, was sich gehört sowie dasGerechte gemeint.

Moral leitet sich vom lateinischenBegriff „moralis“ ab, was „die Sittebetreffend“ heißt. Die Moral bestehtaus einem System von Werten undNormen, das im Lauf des Lebens er-worben wird. Diese Werte und Nor -men wirken wie ein Filter, durch denalle unsere Eindrücke und Hand -lungsabsichten laufen und bewertetwerden. Wie wir uns entscheidenund was wir tun, hängt von dieserBewertung ab.

Ethik als Wissenschaft ist ein Teil-gebiet der Philosophie und richtetsich auf die Beobachtung mensch -licher Haltungen, des Verhaltensund der Frage nach dem richtigenund guten Handeln.

Aber niemand muss erst Philosophiestudieren, um verantwortlich zuhandeln oder praktische ethischeProbleme zu lösen. Wichtig sind dreiDinge:� Sich das Problem bewusst zu ma-chen.� Sich nach kompetenter Hilfe um-zuschauen.� Mit anderen darüber zu reden.

Die ethische Fallbesprechung ist ei-ne bestimmte Form der Kommuni -kation und gehört zur Gruppe derpsychologischen Arbeitsmittel inEinrichtungen, wie etwa das Team-gespräch und die Supervision.

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Bremer HeimstiftungFrage- und Protokollbogen zurethischen Fallbesprechung5

Datum:

Moderation:

Protokoll:

Teilnehmer/innen:

Name des Bewohners/der Bewohnerin:

1.ProblemstellungWas ist der Anlass des Gespräches?Wie lautet die Fragestellung?

2.Medizinische Fragen2.1 Was ist aus der medizinischen

Vorgeschichte bekannt?2.2 Wie lautet die aktuelle

Diagnose?2.3 Welche Maßnahmen sind

möglich/geplant?2.4 Wie lautet die Prognose ohne

diese Maßnahmen?2.5 Wie verändert sich die Prog -

nose durch die geplanten Maßnahmen?

2.6 Können die Maßnahmen schaden?

2.7 Wie verhalten sich positive und negative Auswirkungen zueinander?

3. Pflegerische Gesichtspunkte3.1 Wie sieht die pflegerische

Situation des Bewohners aus?3.2 Gibt es besondere Pflege -

probleme?3.3 Welcher Pflegeplan besteht,

wie sieht das Ziel aus?

4. Psychosoziale Gesichtspunkte4.1 Was ist über die psychische

Befindlichkeit und die Bewäl -tigung der Lebenssituation bekannt?

4.2 Was ist über die religiöse oderweltanschauliche Einstellung des Bewohners bekannt?

4.3 Wie prägt diese seinen Umgang mit der derzeitigen Lebenssituation?

4.4 Hat der Bewohner ein Be -dürfnis nach seelsorgerischer oder spiritueller Begleitung?

4.5 Was ist über das soziale Umfeld und seine Ressourcen bekannt?

4.6 Welche Erwartungen hat der Bewohner an die pflegerische und medizinische Versorgung?

4.7 Welche Erwartungen haben die Familie/andere Bezugs -personen an die pflegerische und medizinische Versorgung?

4.8 Welchen Einfluss hat der der-zeitige Gesundheitszustand auf die Lebensqualität des

5 In Anlehnung an: Wolfgang Heinemann: EthischeFallbesprechung. Eine interdisziplinäre Form klinischerEthikberatung. Malteser Trägergesellschaft gGmbH(Hrsg.) Köln 2005

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Anhang

Bewohners und sein soziales Umfeld?

4.9 Welche Auswirkungen haben die geplanten Maßnahmen auf das Wohlbefinden des Bewohners?

5. Autonomie des Bewohners5.1 Ist der Bewohner einwilli -

gungsfähig?5.2 Wenn nicht: Welche Quellen

zur Erschließung des mut -maßlichen Willens haben wir?

5.3 Liegt eine Patientenverfügung,eine Vorsorgevollmacht vor? Mit welchem Inhalt?

5.4 Wurde ein Gespräch mit dem Bewohner über seinen Gesundheitszustand geführt? Von wem?

5.5 Versteht der Bewohner seine Situation? Wie sieht er sie?

5.6 Was möchte der Bewohner von den vorgeschlagenen Maßnahmen?

5.7 Welche Werte und Auffassun-gen des Bewohners sind in diesem Zusammenhang wichtig?

6. Findung des Votums/Absprachen und weiteres Vorgehen

6.1 Ist die Ausgangsfrage gleich geblieben oder wie hat sie sich verändert?

6.2 Sind alle zur Entscheidung wichtigen Informationen bekannt?

6.3 Welche legalen Handlungs -konsequenzen entsprechen am ehesten dem (mutmaß -lichen) Willen des Bewohners?

6.4 Zu welchem Ergebnis kommendie Beteiligten des Gesprä -ches?

6.5 Handlungsempfehlung

6.6 Konkrete Schritte/Absprachen?

6.7 In welcher Situation muss es ein neues Gespräch geben?

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Literaturhinweise

1 Wolfgang Heinemann: EthischeFallbesprechung. Eine interdiszipli-näre Form klinischer Ethikbera tung.Malteser Trägergesellschaft gGmbH(Hrsg.) Köln 20052 Harald Blonski (Hrsg.): Ethik inGerontologie und Altenpflege.Brigitte Kunz-Verlag, Hagen 19983 Schröck, Ruth: Zum moralischenHandeln in der Pflege. Drittes In -ternationales Osnabrücker Sym -posium Pflegewissenschaft 17./ 18.November 1994, In: Pfle ge, Band 8,Heft 4/1995, 315-323)4 Hoffmann-Gabel, Barbara: Ethikfür die Altenhilfe. Vincentz-Ver lag,Hannover 19975 Körtner, Ulrich, H.J.: GrundkursPflegeethik. Facultas UTB, Wien2004.6 Lay, Reinhard: Ethik in der Pfle ge.Schlütersche Verlagsgesell schaft,Hannover 2004.7 Sperl, Dieter: Ethik der Pflege.Kohlhammer, Stuttgart 20028 Norbert Steinkamp, Bert Gor dijn:Ethik in Klinik und Pflegeein -richtung. 2. Auflage Luchterhand,Neuwied Köln München 20059 Arbeitsgruppe „Pflege und Ethik“der Akademie für Ethik in derMedizin e. V.: „Für alle Fälle...“.Brigitte Kunz Verlag, Hannover 2005

Glossar

curativ = Auf Heilung einer Erkran -kung zielend

Dissens = Meinungsverschie denheit

Exsikkose = Austrocknung, Ab nahmedes Gesamtkörper wassers durchmangelnde Flüssigkeits aufnahmeoder Wasserverlust

Ethische Konflikte = Wie soll, mussoder darf ich handeln? Widerstreitzwischen persönlichen Werten, gülti-gen Normen, Rech ten und Pflich ten.Ethische Kon flikte können in einerPerson oder durch Interessens gegen -sätze meh rerer Personen auftreten.

Konsens = Übereinstimmung

gerontopsychiatrische Einrichtung= Psychiatrische Abteilung einerEinrichtung für ältere Menschen mitpsychischen oder geistigen Erkran -kungen

palliativ = Auf Linderung der Be -schwerden zielend, unter Verzichtauf die Heilungsabsicht

PEG = Perkutane endoskopischeGastrostomie, Sonde zur künst lichenErnährung, die durch die Bauch -decke in den Magen führt

SPF = Blasenfistel, Katheteröff nungoberhalb des Schambeins

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Die Ethische Fallbesprechung

Impressum

Herausgeber:Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit,Jugend und SozialesReferat Ältere MenschenBahnhofsplatz 2928195 Bremen

In Kooperation mit:Hospiz Horn e.V. und Bremer Heimstiftung

Fotos: Frank Pusch, Bremen

Produktion:Redaktionsbüro Schulz, Bremen

Druck:Druckerei Schintz, Bremen

Erscheinungsdatum: Januar 2007

Schutzgebühr: 3,- Euro

Bezugsadresse/Kontakt:Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit,Jugend und SozialesReferat Ältere MenschenBahnhofsplatz 2928195 Bremen

[email protected]

Die Broschüre steht kostenlos als pdf-Dateizur Verfügung unter:

www.bremen.de/sozialsenator

www.hospiz-horn.de

www.bremer-heimstiftung.de

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Man weiß und macht innerlicheigentlich immer, was man wissenund machen will. Diese Handlungzu fassen ist nur unendlich schwer.

(Novalis)