Soli Deo Gloria Magazin 2013

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Das Magazin von »Soli Deo Gloria – Braunschweig Festival« mit vielen interessanten Beiträgen und Fotos, sowie allen Daten, Fakten, Künstlerbiografien und Werkbeschreibungen zu den Konzerten der Saison 2013.

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Kontakt: Karsten Sachse | [email protected] | Telefon (05 31) 58 100-22

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Brigitte HartungVertrieb & Marketing International Fleet

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wir freuen uns außerordentlich, Ihnen bereits zu Beginn »Eine Zauberflöte« nach Wolfgang Amadeus Mozart als er­ste szenische Produktion des Festivals ge­meinsam mit unserem Partner, dem nach aufwändiger Renovierung wieder eröff­neten Lessingtheater in Wolfenbüttel zu präsentieren. Diese Produktion eines der einflussreichsten und erfolgreich­sten Regisseure des zeitgenössischen eu­ropäischen Theaters Peter Brook hat nicht nur bei ihrer Premiere in Paris und ihrer deutschen Erstaufführung beim Musik­fest Bremen, sondern inzwischen welt­weit für Begeisterung gesorgt. Mit der »Kunst der Fuge« führen wir die Begeg­nung von zeitgenössischer Kunst und Al­ter Musik im Schafstall Bisdorf mit einer Installation von Andreas Slominski fort. »Das Jahr 1913 – Musik einer Zeiten­wende« ist der Beitrag des Festivals zum diesjährigen Kulturprojekt der Stadt Braunschweig mit ausschließlich in die­sem Jahr 1913 entstandenen Werken wie dem »Sacre du Printemps« von Igor Strawinsky in einer Fassung für vierhän­diges Klavier. Der weltweit gefeierte Gri­gory Sokolov ist zweifelsohne einer der größten Pianisten unserer Zeit und mit

seinem aktuellen Rezital im Staatstheater Braunschweig ein weiterer Höhepunkt des Festivals. Mit der »Reise durch das alte Europa« sind wir zum ersten Mal mit den Leipziger Blechbläsersolisten und ei­nem Familienkonzert zu Gast auf dem Rit­tergut Altenrode.Ein alter Bekannter ist Jochen Kowalski, der mit seinen »barocken Liebesarien« eine neue Reihe von Soli Deo Gloria mit namhaften international renommierten Countertenören eröffnet. Das diesjährige Abschlusskonzert gehört unserem Mit­gründer und ständigem Gast Sir John El­iot Gardiner, der anlässlich seines 70. Ge­burtstages nun schon zum zehnten Mal im Braunschweiger Land vertreten ist.Ein besonderes Augenmerk gilt dem Sonderkonzert mit der Staatskapelle Dresden unter der Leitung von Christian Thielemann mit dem Tenor Johan Botha, das in dieser Form nach Dresden, Paris, Venedig und Bayreuth sowie Luzern am 3. September im Braunschweiger Staats­theater stattfinden wird. Um ein solches Programm präsentieren zu können, bedarf es wie in jedem Jahr der großzügigen Unterstützung unserer Sponsoren und Förderer, die uns schon lange die Treue halten und ohne die Soli Deo Gloria als Festival in seiner nunmehr 8. Auflage nicht möglich wäre.Wir freuen uns mit Ihnen allen auf großar­tige gemeinsame musikalische Erlebnisse.

Günther Graf von der Schulenburg Künstlerischer Direktor

LiebeFestivalgäste,

b r a u n s c h w e i g f e s t i v a l

Soli Deo Gloria hat sich nach der Neu-orientierung im letzten Jahr als das Braun-schweig Festival in der Region hervor-ragend etabliert. Die Hinwendung zur Klassik und Romantik wird in diesem Jahr sogar noch um den Jubilar Richard Wagner und um Werke des 20. Jahrhunderts aus dem Jahr 1913 erweitert.

Kontakt: Karsten Sachse | [email protected] | Telefon (05 31) 58 100-22

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Freitag, 31. Mai 2013 | 20.00Sonnabend, 1. Juni 2013 | 20.00LeSSingtheater WoLFenbütteL »EINE ZAubErflötE« NAch W. A. MOZArtINSZENIEruNG: pEtEr brOOkPrÄSentiert von vOlkSWAGEN fINANcIAl SErvIcES AG

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Sonntag, 2. Juni 2013 | 17.00SchaFStaLL biSdorFkONStANtIN lIfSchItZkLavier ANdrEAS SlOMINSkIinStaLLationJOhANN SEbAStIAN bAch dIE kuNSt dEr fuGE bWv 1080

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MittWoch, 5. Juni 2013 | 20.00dornSe aLtStadtrathauS braunSchWeigEvGENI kOrOlIOvlJupkA hAdZIGEOrGIEvAkLavierduodAS JAhr 1913MuSik einer ZeitenWende PrÄSentiert von öffENtlIchE vErSIchEruNGbrAuNSchWEIG

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Freitag, 7. Juni 2013 | 20.00StaatStheater braunSchWeigGrIGOry SOkOlOv kLavier rEZItAlPrÄSentiert von brAuNSchWEIGISchE lANdESSpArkASSEdaS konZert Wird auS MitteLn der Lotterie SParen und geWinnen erMögLicht

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Sonntag, 9. Juni 2013 | 17.00rittergut aLtenrode-gieLdelEIpZIGErblEchbläSErSOlIStEN rEISE durch dASAltE EurOpAPrÄSentiert von prIcEWAtErhOuSEcOOpErS

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Sonntag, 16. Juni 2013 | 17.00StiFtSkirche SteterburgJOchEN kOWAlSkI aLtuS JuNGES bArOckOrchEStEr bErlIN bArOckE lIEbESArIENPrÄSentiert von SAlZGIttEr AG

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dienStag, 18. Juni 2013 | 20.00kaiSerdoM königSLutterSIr JOhN ElIOt GArdINErLeitung MONtEvErdI chOIrENGlISh bArOquE SOlOIStSJOhANN SEbAStIAN bAchOStEr-OrAtOrIuM bWv 249hIMMElfAhrtSOrAtOrIuM bWv 11PrÄSentiert von bS ENErGy

Seite 46alle termineund infos zu

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Die Mitwirkenden der diesjährigen Saison:

konstantin lifschitz | 20 Evgeni koroliovund ljupkahadzigeorgieva | 24

Grigory Sokolov | 28 die leipzigerblechbläsersolisten | 32 Jochen kowalski | 36 daniel trumbull | 37 Monteverdi choir | 44

English baroque Soloists | 45

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Douglas Gordons k364im Schafstall Bisdorf Seite 6

S p I E l S t ä t t E N

Das Lessingtheater erstrahltim neuen Glanz Seite 48

E I N E Z A u b E r f l ö t E

Peter Brooks Inszenierung im Lessingtheater Wolfenbüttel Seite 10

I N t E r v I E W

Benita von Maltzahn überdas VW-Kultursponsoring Seite 54

k u N S t u N d M u S I k

Andreas Slominskiund Konstantin LifschitzSeite 18

v O r S c h A u

Wagner-Gala mitChristian Thielemann Seite 56

J u b I l ä E N

Sir John Eliot Gardinerfeierte unlängst seinen 70. Geburtstag undist in diesem Jahrzum 10. Mal zu Gastin der RegionSeite 40

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Scotch Art6

An drei Abenden verfolgte das publikum im voll besetzten Schafstall bisdorf die parallele Aufführung von douglas Gordons videoarbeit k364 und Mozarts Sinfonia concertante kv364

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Scotch ArtS O l I d E O G l O r I A r Ü c k b l I c k 2 0 1 2

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Mit douglas gordon und dem kammerorchester »amadeus« des Polnischen rundfunks wurde bisdorf Schauplatz einer Symbiose aus bildender kunst und Musik – der auftakt zu einem sparten-übergreifenden Zyklus war ein überwältigender erfolg

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»dEr SchAfStAll AlS MAGISchEr OrtMIt lIvE-OrchEStEr WIrd EIN fIlM dES vIdEOkÜNStlErS dOuGlAS GOrdON ZuM bErÜckENdEN MOZArt-ErlEbNIS« Die Welt, 5. Juni 2012

1 | »Ich bin nur ein schlichter Schottenjunge«: Douglas Gordon am Schauplatz des Geschehens.2 | Old friends: Douglas Gordon mit Günther Graf von der Schulenburg und Gattin Véronique.3 | Oliver und Dina von Boch­Galhaumit dem Gastgeber.4 | Haben ein Auge auf die kulturellen Ereignisse der Region: Julius Graf von Ingelheim und Detlef Wittig.5 | Alexander Fürst zu Schaumburg­Lippe, Dr. Timm Golüke und Maria Caro­Bonilla erfreuen sich der Bisdorfer Abendsonne.6 | Prägende Figur der Volkswagen AG: Prof. Dr. Carl­Horst Hahn.7 | Auch Furtwängler ist nicht vor ihm sicher: Douglas Gordon präsentierte zu­sätzlich zum Konzert eine Auswahl von musikbezogenen Arbeiten in einer Aus­stellung im Erdgeschoss des Schafstalls.8 | Agnieszka Duczmal (Dirigentin) und Roi Shiloah (Violine) waren als Protago­nisten sowohl auf der Leinwand als auch beim Konzert zu sehen.9 | Hollywood trifft Couture: Schau­spielersohn Henry Hopper und Mode­designerin Agnès B. stärken sich nach dem Konzert.10 | Das Kammerorchester des Polnischen Rundfunks trug mit hohem musikalischen Niveau maßgeblich zum Gelingen des Abends bei.11 | Besuch eines großen Kollegen: Ge­org Baselitz mit den Kindern des Gastgebers Leopold und Pauline.12 | Gruppenbild mit Künstlern: Philipp Herzog von Württemberg, Ulrike Treptow, Georg Baselitz, Elke Baselitz, Véronique Gräfin von der Schulenburg, Douglas Gordon, Alexander Fürst zu Schaumburg­Lippe, Leopold Graf von der Schulenburg, Günther Graf von der Schulenburg.

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das Lessingtheater erstrahlt mit Mozart

»Mozart erfindet sich in jedem Moment aufs Neue.«peter brook

Mit der ersten szenischen oper in der geschichte von Soli deo gloria ist das Festival erstmalig im Lessingtheater zu gast. die soeben nach jahrelanger renovierung neu eröffnete Spielstätte steht sinnbildlich für die theatertradition der Stadt Wolfenbüttel und ist gleichzeitig idealer rahmen für eine reduzierte Fassung der Mozart-oper.

peter brook gibt auskunft über seine Sicht auf die inszenierung

Eine Zauberflöte

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das Lessingtheater erstrahlt mit Mozart

leila benhamza als königin der Nacht

peter brookverzichtet auf narrative dekoration

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peter brook: Dieses Verlangen schlum­mert schon seit sehr langer Zeit in mir. Ich habe die Oper nach mehreren Jahren Erfahrung am Covent Garden und der Metropolitan Opera von New York auf­gegeben, voller Hass auf diese erstarrte Form – nicht nur die »Opern­Form«, son­dern auch die »Opern­Einrichtungen«, das »Opern­System«, das alles blockiert (...) Ich hatte das Gefühl, meine Ener­

gie zu vergeuden: Im Theater, abgese­hen von der Oper, kann man mit der­selben Energie sehr viel weiter gehen, also warum sie in einer so harten Form verschwenden? Gegen Ende der 1950er Jahre habe ich die Oper für immer auf­gegeben. Fünfundzwanzig Jahre später, als Bernard Lefort (Direktor der Oper von Paris, Anm. d. Red.) mir vorschlug, am Bouffes du Nord Aus einem Toten-haus zu inszenieren, bekam ich plötz­lich Lust darauf: Ich sagte ihm, an Stelle der Oper von Janacek wurde ich es als großes Glück empfinden, mich, in voll­kommener Freiheit, mit Carmen befassen zu können. Ich war nämlich davon über­zeugt, dass man etwas völlig anderes da­raus machen könnte, wenn man die ab­solute Freiheit hätte, die Kontrolle über sämtliche Bedingungen zu übernehmen. Zuerst die Engagements der Sänger – mit der Idee, wie beim Theater zu verfahren und ein ganzes Jahr lang mit dem glei­chen Team zu arbeiten: Ein ganzes Jahr lang an einem einzigen Werk zu arbei­ten, hat es möglich gemacht, es e norm weiterzuentwickeln. Dann die Partitur und das Libretto: Meine Partner, Marius Constant und Jean­Claude Carriere, und ich selbst mussten über die Freiheit ver­fügen, sie zu ändern und nach unserem Geschmack zu organisieren; nicht um zu modernisieren, auf »modern« zu ma­chen, sondern um sie von der Anhäu­fung all dieser Konventionen zu befrei­en, die so viele Jahre lang von der Form vorgeschrieben wurden. Drittens: Die Musik und die Sänger, ohne Orchester­graben, in eine unmittelbare Beziehung mit dem Publikum zu stellen – damit die erste Beziehung, für den Zuschauer, di­rekt mit der Anwesenheit der Personen zusammenhängt, die sich durch den Gesang ausdrücken, unterstützt durch das Orchester. Die letzte Bedingung war, drei Monate lang proben zu können! All das habe ich getan, da meiner Meinung nach Bizets Musik eine Musik ist, die Sie

tief berührt, die von einer seltenen Quali­tät ist und sich nur in einem intimen Rah­men entfalten kann. Und was die Zau­berflöte anbelangt, war ich der gleichen Überzeugung. Und so habe ich ein paar Wochen, nachdem ich begonnen hatte, Carmen zu spielen, am Bouffes du Nord eine ganz einfache Arbeitssitzung mit einem kleinen Sängerteam und einem Pianisten organisiert: Wir haben im Raum bestimmte Teile der Zauberflöte improvi­siert – sie konnten sich in vollkommener Freiheit bewegen, manchmal zwei Schritte von der ersten Reihe entfernt. Es war sehr aufwühlend – die Beziehung zwischen dem Gesang und der Musik war derart eng, dass es ein anderes Werk wurde. Ich habe mehrmals angekündigt, dass ich die Zauberflöte inszenieren wür­de, das war zusammen mit der Tragödie der Carmen und den Pelleas-Impressi-onen unser großes Projekt. Zwischenzeit­lich kam dann das Angebot für eine ande­re Oper, die ich sehr liebe, Don Giovan-ni. Und da Stephane Lissner, für den es seine erste Saison in Aix­en­Provence war, alle Konventionen und Barrieren nieder­reißen wollte, konnten wir die gleichen Bedingungen durchsetzen. So kam es, dass zwischen der Premiere und der Wie­deraufnahme ein Jahr später das gesamte Team – Sänger, Orchester, Dirigent – das gleiche geblieben ist und wir auf eine lange Tournee gegangen sind. Dani­el Harding dirigierte jeden Abend, wir probten ständig, um uns an die verschie­denen Räume anzupassen, und die Sän­ger arbeiteten immer besser zusammen: Zum Schluss waren sie zu einem echten Ensemble geworden, und so etwas ist in einem traditionellen Opernhaus, wo für fünf Aufführungen zwei Wochen lang geprobt wird, einfach nicht zu erreichen. Mein Verlangen, die Zauberflöte zu in­szenieren, entspricht also dem Wunsch, Mozart immer näher zu kommen, nach unseren Konventionen, unserer Einstel­lung, am Bouffes du Nord.

Was hat Sie dazu bewogen, zwölf Jahre nach don Giovanni zu Mozart zurückzukehren und die Zauberflöte in Angriff zu nehmen?

betsabée haasals papagena

und virgile frannais als papageno

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peter brook: In Freiheit! Sie wird den Stempel von drei Personen tragen: von Franck Krawczyk, dem Komponisten, Ma­rie­Helene Estienne und mir. Mit Franck Krawczyk werden wir versuchen, etwas »Mozartisches« zu schaffen, in dem Sinn, in dem Mozart selbst es meinte. Er sagte immer, dass dort, wo Tiefe ist, Leich­tigkeit und Improvisation sind, und er zögerte nicht, seine Partituren neu zu schreiben, abzuändern, umzusetzen, sie jemand anderem zu geben, sie wie­der aufzugreifen (...). Und gleichzeitig erreichte er so die Reinheit, in der sich diese Tiefe befand. Ich habe es bei Don Giovanni gespürt: Akademisch an die Werke heranzugehen, scheint mir im Wi­derspruch zu der Natur der Mozartschen Kunst zu stehen. Ich habe in den letzten dreißig Jahren viele Inszenierungen der Zauberflöte gesehen. Und ich konnte feststellen, dass der erste Zwang, für den Regisseur und den Dekorateur, in dieser ganzen Bilderflut besteht, die ich zu be­eindruckend finde: Ähnlich wie im Fall

von Carmen lastet das Bild, das man pro­jiziert und das man erwartet, sehr schwer auf dem Rest. Es geht darum, zu errei­chen, dass die Sänger – junge Sänger – sich auf natürliche Weise, lebendig und geliebt durch die Handlung des Stücks bewegen, ohne Projektionen, Bauten, Vi­deos oder rotierende Kulissen... Wir wer­den also ohne jedes Dekorationselement, ausgehend von der Musik, mit der Arbeit beginnen und versuchen, herauszufin­den, wie es gelingen kann, sie ohne das Gewicht, die Schwere und Feierlichkeit einer großen Oper zur Geltung zu brin­gen. Und auf spielerische Weise an sie heranzugehen. Mozart erfindet sich in jedem Moment aufs Neue, und in dieser Richtung, mit größter Achtung für das Wesentliche, werden wir arbeiten. Mit dieser Intuition, die es bei Mozart nicht zu verhüllen oder zu modernisieren, son­dern zum Vorschein zu bringen gilt (...).

Die Fragen stellte David Sanson.Deutsche Übersetzung: Sybille Jung

Aus welcher per spektive werden Sie an der Adaptation des librettos von Schikaneder und der Musik arbeiten?

franck krawczykhat Mozarts Musik für die Inszenierung adaptiert

pEtEr brOOk regieDer Ausnahme­Regisseur, 1925 als Sohn russischer Emigranten in London geboren, begann seine Karriere 1945 in Birmingham, Stratford­upon­Avon und London, wo er hauptsächlich William Shakespeare inszenierte und die Sicht auf diesen Dramatiker und die Weise, wie er gespielt wird, grundlegend veränderte. 1971 gründete er in Paris das Centre International de Recherche Théâtrale (C.I.R.T.), aus dem nach Eröffnung des Théâtre des Bouffes du Nord das Centre International de Créations Théâtrales (C.I.C.T.) als eines der wichtigsten Zentren der europäischen Theater­kunst entstand. Peter Brook hat zahl­reiche Schriften veröffentlicht, darunter seine 1968 als Buch herausgegebenen Vorträge über modernes Theater unter dem Titel Der leere Raum, die die Arbeit einer ganzen Generation europäischer Regisseure maßgeblich beeinflussten. Peter Brook wurde mit zahlreichen Prei­sen ausgezeichnet, u. a. 2005 mit dem Dan­David­Preis, 2008 mit dem Interna­tionalen Ibsen­Preis und 2011 mit einem Ehren­Molière für sein Lebenswerk.

frANck krAWcZyk koMPoSitionDer 1969 geborene französische Kom-ponist und Pianist Franck Krawczyk studierte Klavier bei Stefan Popovici und Serge Petitgirard, Harmonie und Kontrapunkt bei Alain Bernaud und Michel Merlet, Analyse bei Claude Hef-fer – und damit nicht genug, er belegte auch elektro-akustische Komposition bei Philippe Manoury und Denis Lorrain. Am Conservatoire National Supérieur Musique et Danse de Lyon gewann er den ersten Preis in Komposition, wei-tere Auszeichnungen erhielt er für seine Kompositionen »Ruines« und »Jeux d’enfants«. Franck Krawczyk unterrich-tet Klavier im Fachbereich Kammermu-sik am Conservatoire National Supéri-eur de Musique et Danse in Lyon.

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lEIlA bENhAMZA königin der nachtDie 1980 geborene Leila Benhamza begann mit zehn Jahren mit dem Kla­vierspiel, bevor sie sich dem Gesang zuwandte. Mit 16 sang sie die Titelrolle in der Produktion Vivre von Odile Perceau, die sie unter anderem auf eine Tournee in die USA und an die Elfenbeinküste führte. Sie studierte Gesang am Konservatorium von Sète sowie am Conservatoire Nati­onal Supérieur de Musique in Lyon bei Isabelle Germain. Unter ihren jüngsten Engagements sind 60 Aufführungen am Théâtre de Paris als Sophie in Masterclass de Maria Callas unter der Regie von Di­dier Long hervorzuheben.

ANNE-EMMANuEllE dAvy PaMinaAnne­Emmanuelle Davy studierte Flöte und Gesang am Conservatoire National Supérieur in Lyon. Engagements als Flöti­stin führten sie zu Orchestern nach Lyon und Montpellier. Ihr Debüt als Soprani­stin gab sie 2006 am Théâtre Bourg­en­Bresse. Mit dem Kammerorchester Carpe Diem war sie u.a. als Pamina in Mozarts Die Zauberflöte und als Nanetta in Verdis Falstaff zu hören. Außerdem singt sie in dem von William Christie gegründe­ten Musikensemble Les Arts Florissants sowie in den Ensembles Les Musiciens du Louvre unter der Leitung von Marc Minkowski und L’Ensemble Pygmalion. 2009 brachte sie mit ihrem eigenem Ensemble Alterduft Schönbergs Pierrot Lunaire heraus.

ANtONIO fIGuErOA taMinoDer Kanadier Antonio Figueroa stu­dierte Gesang in Montréal und war im Anschluss Ensemblemitglied der dortigen Oper sowie des International Vocal Art Institute. Sein Europadebut gab er 2007 als Nadir in Bizets Perlenfi-schern in Avignon. Seitdem hat er auf der Opernbühne zahlreiche Rollen vor allem in Frankreich und Kanada verkörpert. Einen besonderen Schwerpunkt legt er aber auch auf das barocke und geistliche Repertoire.

Abdou Ouologuem

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vIrGIlE frANNAIS PaPagenoDer Bariton Virgile Frannais studierte in Paris am Conservatoire de région und am Conservatoire national supérieure de musique et de danse. Im Jahr 2000 gründete er gemeinsam mit Martine Midoux und Cécile Romieux das »Trio des Lyriques FMR« und wirkt an der Inszenierung Chabada mit. 2004/2005 arbeitete er an der renommierten Insti­tution für Nachwuchssänger Jeunes Voix du Rhin in Colmar u.a. mit Emmanuelle Haim und Rinaldo Alessandrini und geht seitdem sehr erfolgreich seiner Opern­karriere nach.

bEtSAbéE hAAS PaPagenaBetsabée Haas studierte zunächst Geographie an der Sorbonne, bevor sie sich ganz der Musik widmete. Seit ihrem Abschluss an der Londoner Royal Academy of Music 2000 ist sie freischaf­fend als Sängerin tätig und wird sowohl auf der Opernbühne als auch im Konzert gefeiert. Auch als Schauspielerin hat sie sich bereits einen Namen gemacht – sie spielte die Titelrolle in Walk the walk (Regie Robert Kramer).

AlEx MANSOOrI MonoStatoSDer in Seattle geborene Alex Mansoori studierte an der renommierten New Yor­ker Juilliard School und gastierte unter anderem bereits in der Carnegie Hall und beim Fringe Festival in Edinburgh. An der Oper Seattle verkörperte er zahl­reiche Rollen in Werken von Cavalli über Tschaikowsky und Wagner bis hin zu zeitgenössischen Kompositionen. Auch auf der Konzertbühne ist er international präsent.

Als Autorin und Assistentin hat Marie­Hélène Estienne bereits in zahlreichen Produktionen sowohl für das Theater wie auch für den Film mitgewirkt. Seit ihrem ersten gemeinsamen Projekt 1974, »Ti-mon d’Athènes«, hat die Journalistin im­mer wieder mit Peter Brook zusammen­gearbeitet, so zum Beispiel als Assistentin

für »La tragédie de Carmen«, »Le Mahab-harata«, als Dramaturgin für »Qui est là«, »L’homme qui« und »Woza Albert!«. Als Co­Autorin begleitete sie Peter Brook am Théatre des Bouffes du Nord in »Je suis un phénomène«, und sie adaptierte di­verse Produktionen für die französischen Fassungen.

MArIE-hélèNE EStIENNE textbearbeitung

Marie-hélène Estienne

vincent pavesi

rémi Atasay

vINcENt pAvESI SaraStroDer französisch­italienische Bass Vin­cent Pavesi studierte Gesang am Pariser Konservatorium und in London. Sein Debut gab er als Sarastro in der Zauber-flöte an der British Youth Opera, darauf folgten Engagements in Wien, Berlin, Amsterdam, Zürich, Lissabon und Süd­afrika. Vincent Pavesi sang Pulcinella im Concertgebouw Amsterdam und war u. a. zu hören in Beethovens Die Ruinen von Athen mit der Dresdner Philharmonie und in Halévys La Juive an der Pariser Oper. Weitere Rollen führten ihn nach Lyon (Zuniga in Carmen) und nach Turin (Frate in Don Carlo).

AbdOu OuOlOGuEM ZaubererAbdou Ouologuem wurde zwar bereits mehrfach von Peter Brook als Schau­spieler engagiert; der aus Mali stam­mende Künstler ist aber vor allem Maler, Bühnenbildner, Kostümdesigner und Bildhauer, der seine ungewöhnlichen Werke weltweit ausstellt. Er arbeitet vorzugsweise mit Holz, Rinde, Stein und anderen Naturmaterialien, aus denen er mit traditionellen Techniken unge­wöhnliche Eindrucke schafft, die er sehr erfolgreich für Theater­ und Filmproduk­tionen einsetzt.

réMI AtASAy kLavier, LeitungRémi Atasay begann im Alter von fünf Jahren mit dem Klavierspiel und studier­te in Tours sowie am CRR in Saint Maur des Fosses bei Romano Pallottini, wo er mehrfach mit Preisen ausgezeichnet wurde. 2010 kam er ans Conservatoire national supérieure de musique de Lyon zu Denis Pascal. Zurzeit studiert er bei Georges Pludermacher.

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Für Mozarts Opern gilt nicht, was für Bach­Interpretationen den Maßstab setzt: Werktreue. Johann Sebastian Bach setzt die Norm – originale Instrumente, originale Besetzung, originale Spiel­weisen usw. »Romantische« Interpreta­tionen mit modernen Orchester­ und Chorstärken ohne Rücksicht auf das ba­rocke Klangbild, wie sie bis in die 60er Jahre üblich waren, findet man heute nur selten. Bei Mozart verhält sich das in der Regel noch anders. Seine Parti­turen werden zwar nicht angetastet, aber auch nicht »original« gespielt, sondern in modernen Besetzungen, mit moder­nen Instrumenten und Spielweisen. Bei seinen Opern existiert überhaupt keine »Originaltreue«. »Regie« besteht in der Kunst, die von den Autoren gewünsch­ten Szenenanweisungen zu missachten. Aber ist das ein Nachteil? »Originaltreue« würde ein Meisterwerk wie die »Zauber­flöte« höchstwahrscheinlich verzopfen, und verstehen würden wir es auch nicht besser. Das hat die Mozart­Forschung bewiesen, die hinter die »Zauberflöte« leuchtete und dort kein »ägyptisches Märchen« fand. Die Sprache der Oper ist in Wirklichkeit das Rotwelsch der Frei­maurer und Illuminaten des 18. Jahrhun­derts, die wir nicht mehr ohne weiteres verstehen. Peter Brook hatte allen Grund und jede Berechtigung – denn er ist ein großer Künstler –, die »Zauberflöte« des­halb umzustülpen und zu modernisieren.

Seine Inszenierung hatte am 9. Novem­ber 2010 im Théâtre des Bouffes du Nord in Paris eine umjubelte Premiere, das Lessingtheater Wolfenbüttel hat sie zwei Jahre später auf die eigene Bühne über­tragen. Die Kritik schrieb damals voller Begeisterung: »Er hat die Oper konsequent reduziert, entschlackt und befreit von jeglichem Ballast der Rezeptionsgeschichte des Freimaurer­Symbolismus zu Gunsten der Gefühle der handelnden Personen. Wie schon bei seiner legendären ›Car­men‹ (1981) hat er das Orchester durch eine Klavierbearbeitung ersetzt und das Dekor so minimalistisch wie mög­lich gehalten: Nur Bambusstangen, die den Raum gliedern und je nach Situati­on Kerkermauern, Tore, Gestrüpp oder Galgenbaum darstellen. Sieben Sänger, ein Klavier und zwei Schauspieler: Brook leitet und begleitet sie mit der typisch schwebenden Magie seiner Personen­führung. Ausgehend von der Musik strebt er nach der spielerischen Natür­lichkeit und Leichtigkeit, die im mozart­schen Sinne dort entsteht, wo es Tiefe gibt.«Dem Interpretationsgegensatz Bach/Mozart liegt der kulturhistorische Wider­spruch zwischen Barock und Rokoko zu­grunde. Sie sind Gegensätze, die wir ge­wöhnlich nicht reflektieren. Eher gilt das Rokoko als Coda des Barockzeitalters. Die Kunstepoche des Barock von 1600 und

Freitag, 31. Mai 2013 20.00 uhr

Sonnabend, 1. Juni 2013 20.00 uhr

lESSINGthEAtEr WOlfENbÜttEl

»EINE ZAubErflötE« nach WoLFgang aMadeuS MoZart

Frei adaPtiert vonpEtEr brOOk regie

frANck krAWcZyk koMPoSitionMArIE-hélèNE EStIENNE textbearbeitung

lEIlA bENhAMZA königin der nacht

ANNE-EMMANuEllE dAvy PaMinaANtONIO fIGuErOA taMino

vIrGIlE frANNAIS PaPagenobEtSAbéE hAAS PaPagena

AlEx MANSOOrI MonoStatoSvINcENt pAvESI SaraStro

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1750 war der künstlerische Ausdruck des Absolutismus und der Gegenreformation, die römische Antwort auf Luther und die Bauernkriege, ein Rekatholizierungspro­gramm. »Barock« begann nicht mit Peter Paul Rubens und Heinrich Schütz, son­dern mit dem 30jährigen Krieg, dessen malerische Schlachten und wechselnde Parteiungen das blutige Muster des neu­en Stils bildeten. Das Rokoko hingegen war der Stil der Aufklärung, deren Pro­gramm der Anti­Katholizismus. »Ecrasez l’infame!« schrieb Voltaire, »Rottet das Übel aus!« Das Übel war die Staatsreligi­on. Das war nicht nur Voltaires Ansicht, sondern auch die seines Schülers Fried­rich II., Lessings, Goethes ­ und Mozarts. Hatte die barocke Kunst die Jungfrau Ma­ria buchstäblich in den Himmel gehoben, so wurde sie bei Mozart zur grundbösen »Königin der Nacht«. Im Libretto der Oper, verfasst von den Freimaurern Schikaneder und Giesecke, findet sich die politische

Landkarte Europas wieder. »Ägypten« war in der Freimaurersprache das Code­Wort für Wien und die Habsburger Monarchie, und wenn man die Handlung auf das damalige Wien bezieht, tritt hinter dem Märchenzauber ihr eigentlicher Sinn her­vor. Jede Figur hat eine doppelte, eine märchenhafte und eine politische Kon­notation. »Papageno« ist der Vogelfän­ger, das Wort bedeutet aber »der Papst­geborene«, also auch einen von Rom gesandten Seelenfänger; »Monostatos« ist ein »Schwarzer«, das Wiener Spott­wort für die Mönche. In dem Paar Tami­no – Sarastro versus »Königin der Nacht« erahnte der Zuschauer den politischen Grundkonflikt Preußen – Österreich: der flötenspielende Prinz und König Friedrich II. mit seinem Mentor Voltaire versus die habsburgische »Sternenkönigin« Maria Theresia. Um das zu unterstreichen, ließ Mozart Sarastros Wachen (vor der Feu­er­ und Wasserprobe) mit einem »preu­

ßischen« Lutherchoral auftreten, dessen originaler Text lautete: Die Wiener Geheimpolizei erahnte das Doppelspiel, das sie »jakobinisch« nann­te, und wollte 1791 die »Zauberflöte« verbieten, nur ihre ungeheure Populari­tät verhinderte es.Das kann man heute nicht mehr inszenie­ren, aber man kann es wissen und Mo­zarts voltairianische Intentionen verste­hen. Der historische Kontext gibt Peter Brook und seinen Mitstreitern die Lizenz, in dem Werk eigene aktuelle Bezüge zu suchen – Werktreue des Geistes.

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»gott vom himmel sieh darein, und laß dich des erbarmen, gar wenig sind der treuen dein, hab Mitleid mit uns armen!«

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nachdem 2012 bereits douglas gordon im Schafstall bisdorf seine arbeit k364 parallel zum konzert mit dem amadeus kammerorchester des Polnischen rundfunks präsentiert hat, freuen wir uns in diesem Jahr an gleicher Stelle auf eine erneute begeg-nung von bildender kunst und alter Musik

der Schafstall gerät aus den FugenA N d r E A S S l O M I N S k I

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u n t e r S t ü t Z t d u r c h

Andreas Slominski (*1959 in Meppen) ist vor allem für seine »Fallen« bekannt. Seine trickreichen Vorrichtungen zum Fangen verschiedener Tierarten, die sich in einem Zwischenbereich von Skulptur und funktionalem Objekt bewegen, las­sen sich aufgrund ihrer enigmatischen Präsenz im Ausstellungsraum unter ande­rem als Kommentar zur verführerischen wie auch täuschenden Wirkung von Kunst lesen. Doch die Fallen sind nur ein Bestandteil von Slominskis Universum.

Andere Arbeiten hingegen sind vielmehr installative Arrangements alltäglicher Objekte mit performativem Charakter, wobei letzterer häufig unbeobachtet bleibt, denn das Vertraute ist stets nur ein äußerer Schein: Wenn zum Beispiel in der Serpentine Gallery lediglich eine Kerze ausgestellt ist, für deren Herstel­lung aus von Skiern abgekratztem Wachs gar temporär eine Skipiste im Hydepark installiert wurde, oder etwa im Museum Haus Esters in Krefeld ein Golfball, der zuvor einmal über den ganzen Mies van der Rohe Bau geschlagen wurde und über die gekippte Ladefläche eines LKW durch ein Fenster in den Ausstellungs­raum gesprungen ist, verbergen sich hinter vermeintlichen Readymades oder funktionalen Alltagsobjekten doch lako­nische Eingriffe, die absurde Hinter­ oder Abgründe zutage treten lassen. Im Schafstall Bisdorf wird Slominski mit drei oder vier oder fünf Skulpturen die Dachkonstruktion des ehemaligen Nutz­gebäudes und heutigen Konzertsaals auf­nehmen und somit auf Johann Sebastian Bachs »Kunst der Fuge« reagieren, die von Konstantin Lifschitz interpretiert wird.

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konstantin Lifschitz

Konstantin Lifschitz wurde 1976 in Charkow geboren. Seine ausgeprägte Bega­bung zeigte sich bereits in

frühestem Kindesalter, sodass er bereits mit fünf Jahren an der Moskauer Gnessin­Musikschule Unterricht bei Tatjana Zelik­man bekam. Danach führten ihn Studien in Russland, Italien und England unter anderem zu Alfred Brendel, Leon Fleisher, und Charles Rosen. Ein wichtiger För­derer in den ersten Jahren war Vladimir Spivakov, der Konstantin Lifschitz immer wieder zu den Moskauer Virtuosen ein­lud, ihn aber auch bei größeren Orche­stern im Westen vorschlug. Im Jahr 1995 erschienen seine ersten bei­den CDs. Die Aufnahme der Goldberg­Variationen von Bach für Nippon wurde für einen Grammy nominiert. Für seine eigentliche Debütaufnahme mit Werken von Bach, Schumann und Skrjabin er­hielt er im gleichen Jahr den deutschen Echo Klassik Musikpreis. Seitdem ga­stiert er sowohl in Rezitalen als auch mit Orchestern in fast allen wichtigen Musik­zentren der Welt, darunter Berlin, Ham­burg, London, New York, Los Angeles, Chicago, Mailand, Montreal, Madrid, Lissabon, Rom, Amsterdam, Moskau, St. Petersburg, Kopenhagen, Kapstadt, Bukarest, Sao Paulo, Shanghai, Hong Kong, Tel­Aviv, Tokio, Perth, Auckland, Seoul, Paris, Wien, Genf, Zürich, etc. Er spielte als Solist mit dem New York Phil­harmonic Orchestra, Chicago Symphony, London Symphony und dem New Japan Philharmonic (Mstislaw Rostropovitsch), dem Orchester der Academy St. Martin in the Fields (Sir Neville Marriner), den Moskauer Philharmonikern (Jurij Simo­now), dem Tokyo Symphony, Shang­hai Philharmonic, dem George Enescu Philharmonic (Emil Simon), und dem

Bournemouth Symphony (Lu Jia), dem Russischen Staatsorchester (Dmitry Sitko­vetsky), Orchestra della RAI (Jeffrey Tate), dem Gulbenkian Foundation Orchestra Lissabon, dem Danish National Radio Or­chestra (Christopher Hogwood), dem Symphonieorchester des MDR (Fabio Luisi und Mark Gorenstein), dem Berliner Symphonieorchester (Dietrich Fischer­Dieskau und Eliahu Inbal) und dem Mo­zarteum Orchester Salzburg (Dietrich Fischer­Dieskau), dem Minnesota Sym­phony (Eri Klaas), dem EUYO (Bernard Haitink), dem San Francisco Symphony (Sir Roger Norrington), dem Luzerner Festival Orchester (Vladimir Verbitsky), dem Berliner Radio Orchester (Marek Ja­nowski sowie Mikhail Jurowsky) und dem Berner Symphonieorchester (Andrey Bo­reyko), dem St. Petersburg Philharmonic (Yuri Temirkanov) und vielen weiteren. Konstantin Lifschitz ist auch ein passio­nierter Kammermusiker und spielt unter anderen zusammen mit Gidon Kremer, Dmitry Sitkovetsky, Maxim Vengerov, Leila Josefowicz, Misha Maisky, Mstis­lav Rostropovich, Lynn Harrell, Carolin Widmann, Eugene Ugorski, Daishin Kas­himoto, Bella Davidovich, Valery Afanas­siev, Talich Quartet, Szymanowski Quar­tet, Natalia Gutman, Jörg Widmann, Sol Gabetta. In den letzten Jahren war Kon­stantin Lifschitz zunehmend als Dirigent gefragt. Unter anderem leitete er die Moskauer Virtuosen, Lux Aeterna – zu­sammen mit dem Gabrieli Chor (Buda­pest), Musica Viva (Moskau), St. Kristu­pas (Vilnius), Arpeggione (Österreich) und I Solisti di Napoli. Bei dem Musikla­bel Orfeo erschienen einige Aufnahmen, darunter Bachs Musikalisches Opfer zu­sammen mit Präludium und Fuge Es­Dur BWV 552 und Frescobaldis Drei Toccaten (2007), das Klavierkonzert von Gottfried

von Einem mit dem RSO Wien unter Claudius Meister (2009), das 2. Klavier­konzert von Brahms mit dem Berliner Symphonieorchester unter der Leitung von Dietrich Fischer­Dieskau (2010), so­wie Bachs Kunst der Fuge (2010) – ein Werk, mit dem sich Konstantin Lifschitz seit etlichen Jahren stark verbunden fühlt. Zuletzt sind mit dem Stuttgarter Kammerorchester unter seiner Leitung alle sieben Klavierkonzerte von Bach er­schienen. In der Saison 2011/2012 wa­ren sie gemeinsam in etlichen Städten in Deutschland und Frankreich zu hören. Im September 2012 erschien im Rahmen der Salzburger Festspiel­Dokumente eine Aufnahme von Konstantin Lifschitz mit dem Mozarteum­Orchester Salzburg unter der Leitung von Dietrich Fischer­Dieskau (Mozart Klavierkonzert KV 456). Eine Neueinspielung der Bachschen Goldberg­Variationen ist in Planung Im Jahr 2008 gab VAI Company die Live­Mit­schnitte von Bachs Wohltemperiertem Klavier I und II heraus, die beim Miami In­ternational Piano Festival entstanden. Zahlreiche Aufnahmen seiner umfas­senden Discographie erhielten aus­gezeichnete Rezensionen. Konstantin Lifschitz ist Ehrenmitglied der Royal Academy of Music in London. Im Jahr 2008 übernahm er eine eigene Klasse an der Musikhochschule Luzern. Ausser­dem gibt er weltweit Meisterkurse und nimmt an verschiedenen Bildungspro­grammen teil. Zu den Höhepunkten von 2012 und 2013 gehören Auftritte in Japan, Taiwan und London (King’s Place). Im Juli 2013 setzt er beim Rheingau Musikfestival sei­ne Reihe mit Werken von Bach fort. In 2014 wird er unter anderem wieder bei dem Symphonieorchester in Bern zu hö­ren sein.

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Die »Kunst der Fuge« ist ein Zyklus von vierzehn Fugen und vier Kanons, an de­nen Bach in seinen letzten Lebensjahren arbeitete. Sie war als Druck für die die Correspondierende Societät der mu­sicalischen Wissenschaften in Leipzig bestimmt, der er 1747 beigetreten war. Das Werk war einer seiner rein »wissen­schaftlichen Beiträge« für die Akademie, die jedes Mitglied alljährlich einreichen musste. Es handelt sich um eine Art En­zyklopädie des Kontrapunkts, nicht um ein Gesamtkunstwerk, das – ähnlich ei­ner Kantate oder einer Orchestersuite

– zu einer zyklischen Aufführung dienen sollte. Die Sammlung besteht aus 14 »Contrapunctus« genannten drei­ und vierstimmigen Fugen und vier zweistim­migen Kanons. Bachs Fugen­Konvolut endete mit dem »Contrapunctus XIX«, der im 239. Takt abbrach. Das hat zu der Legende geführt, dass dieses Werk das »Vermächtnis« Bachs sei und dass ihm der Tod selbst an dieser Stelle, wo er kompositorisch gleichsam zum Him­mel strebte, die Feder aus der Hand ge­nommen habe. Sein Sohn Carl Philipp Emmanuel Bach, der die Druckausgabe fertigstellte, notierte darunter: »Über dieser Fuge, wo der Name B.A.C.H. im Contrasubject angebracht worden, ist der Verfasser gestorben.« Das stimmt nicht. Diese 19. Fuge hatte Bach schon wahrscheinlich schon 1747 niederge­schrieben, und es ist nicht klar, ob sie überhaupt in diese Sammlung gehört, und erst recht gilt das für die die ältere Choralbearbeitung »Wenn wir in höch­sten Nöthen sein«, die Carl Philipp Em­manuel als feierlich­religiöses Finale hin­zusetzte. Sie war niemals dafür bestimmt. Was wir als »Kunst der Fuge« kennen, war nicht Bachs letztes Werk, sondern der erste Druck nach seinem Tode. Freilich muss man dazu setzen, dass zu seinen Lebzeiten nur sehr wenig gedruckt wur­de, vor allem seine Klaviersachen, die so­genannten »Clavier­Übungen«, während die Kantaten und Oratorien wegen ihrer engen Zweckbestimmungen sich für den jungen bürgerlichen Musikalienmarkt nicht eigneten und in ihrer Gesamtheit

erst Ende des 19. Jahrhunderts vorlagen. Bachs letztes Werk war hingegen die h­Moll­Messe. Der »Kunst der Fuge« gingen drei an­dere Kompendien des Kontrapunkts vo­raus, die »Canonischen Veränderungen über das Weihnachtslied »Vom Himmel hoch da komm ich her« (BWV 769), die »Goldberg­Variationen« (BWV 1087) und das »Musikalische Opfer« (BWV 1079). Erst alle drei ergeben die erwähnte »En­zyklopädie«. Den »Canonischen Verän­derungen« lag ein Lied zugrunde, in den »Goldberg­Variationen« war es die Basslinie einer Aria (nicht die Melodie), im »Musikalischen Opfer« ein ziemlich willkürlich erfundenes (Friedrich II. zuge­schriebenes) Thema aus einem Dreiklang und einer absteigenden chromatischen Skala. Sie scheint dem musikalischen Ge­fühl zu widerstreben, doch Bach formte daraus nicht nur zwei Fugen (Ricercars), sondern auch eine Anzahl von Kanons und und eine galante Trio­Sonate für Flöte, Violine und Klavier (Basso conti­nuo), eine Geste gegenüber dem flöte­spielenden Potsdamer König. Das Thema der »Kunst der Fuge« ist demgegenüber noch abstrakter, trockener und simpler – ein zerlegter d­Moll­Dreiklang mit einem Dominant­Tonika­Schluss. Das war eigentlich ein Unding. Um 1747 herrschte längst das »galante Zeitalter«, Europa floss über von einem aufschie­ßenden, berückenden und faszinie­renden Melodienstrom. Vivaldi, Händel und nicht zuletzt Bach selbst hatte die melodische Kunst auf einen nie dagewe­senen Höhepunkt geführt. Und nun geht Bach weit dahinter zurück, bis zu seinem Lehrer Diedrich Buxtehude und noch weiter, bis zu Palestrina, und be ginnt damit zu musizieren. Und das ist das Wunder, das sich nun ereignet. Es be­steht nicht darin, dass er mit diesen paar Tönen zwei­, drei­ und vierstimmige Fu­gen schreibt, Krebs­ und Spiegelfugen, sondern dass er damit hinreißend musi­ziert. Johann Sebastian Bach ist der Win­kelmann der Musik. Wie dieser Künstler­Archäologe im römischen Boden nach Scherben suchte, um aus ihnen die klas­

Sonntag, 2. Juni 2013 17.00 uhr

SchAfStAll bISdOrf

kONStANtINlIfSchItZ

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SlOMINSkIinStaLLation

Johann SebaStian bach (1685 – 1750)

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die kunStder Fuge

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sische Antike neu zusammenzusetzen, so gräbt der »Musik­Archäologe« Bach auf historischem Gelände einen Ton­Scher­ben aus und lässt aus ihm eine ganze Epoche von überwältigender Schönheit wiedererstehen. Man kann dieses Werk reflektierend hören, achtend auf den Einsatz und die Fortführung der einzel­nen Stimmen, oder aber naiv, interessiert an dem Dialogisieren der Stimmen und dem schimmernden Gesamtklang, oder assoziativ, indem man in den einzelnen Phrasen Elemente des Chorals, des Me­

nuetts, der Gailliarde usw. aufspürt. Das alles gibt es darin auch. Die »Kunst der Fuge« ist kein Rechen­Exempel, sondern ein einzigartiger musikalischer Kosmos, der aus einem kleinen Samenkorn immer wieder neu entspringt.Dieses Fugenwerk hat die Bewunderung der Nachwelt hervorgerufen, die bis heute nicht verebbt ist. Dass Bach selbst keine Instrumentenangabe gemacht hat, führte zu einer Unzahl von Instrumen­talbearbeitungen: Klavier, Orgel, Streich­ und Bläserquartette, bis hin zum groß­

en Orchester und zur elektronischen Adaptation. Noch stärker wurde das Tonsymbol B.A.C.H. in der letzten Fuge ausgebeutet. Es ist eine geheiligte Klang­Ikone der Musik geworden. Von Robert Schumann und Franz Liszt bis Alban Berg, Hanns Eisler und Alfred Schnittke haben zahlreiche Komponisten darüber eigene Fugen oder Fantasien geschrieben, in der »Lukas­Passion« von Krzysztof Pende­recki, einem absolut avantgardistischen, aleatorischen Werk, bildet es das musika­lische Fundament.

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evgeni koroliov

vgeni Koroliov, 1949 in Moskau geboren, ist zwei­fellos eine herausragende Erscheinung der internati­

onalen Klavierszene. Nicht zuletzt seine grandiosen Aufführungen und Einspie­lungen der Bach­Zyklen lösten ein ge­waltiges Echo beim Publikum und in der Fachpresse aus. Koroliov war Student des legendären Tschaikowsky­Konservatoriums. Zu sei­nen Lehrern zählten Heinrich Neuhaus, Maria Judina, Lew Oborin und Lew Naumow. Er war Preisträger der Bach­Wettbewerbe in Leipzig und Toronto und gewann 1977 den »Grand Prix« des Clara­Haskil­Wettbewerbs. Mit Recitals war er im Konzerthaus Ber­lin, Concertgebouw Amsterdam, Théâ­tre des Champs­Elysées Paris und Tea­tro Olimpico Rom und ist alljährlich im Münchner Herkulessaal zu erleben. Er war zu Gast bei den Salzburger F estspielen, dem Chopin Festival War­schau, den Festivals Kuhmo, Montreux, Ludwigsburg, Schleswig­Holstein, Sett­ em bre Musica in Turin und La Roque d’Anthéron. In der Saison 2008/09 war er »artist in residence« der Duisburger Phil­harmoniker.Zahlreiche CDs hat er für Tacet, Hänssler Classic und Profil Edition aufgenommen. Das Konzert mit den »Goldberg­Variati­onen« beim Bachfest Leipzig 2008 wur­de von EuroArts auf DVD veröffentlicht.Ljupka Hadzigeorgieva wurde in Mazedonien geboren. Ihre Musikausbil­dung begann in Skopje und Zagreb. Als jüngste Stipendiatin ihres Heimatlandes studierte sie später am Moskauer Tschai­kowsky Konservatorium bei Lew Naumov und Alexej Lubimov. Bereits während des Studiums gewann sie mehrere Preise und begann eine umfangreiche Konzerttätig­keit mit namhaften Orchestern und als Kammermusikerin. Später unterrichtete

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Ljupka hadzigeorgieva

sie an verschiedenen Hochschulen. Ljup­ka Hadzigeorgieva und Evgeni Koroliov spielen als Klavierduo seit der Zeit ihres Studiums am »Tschaikowski­Konservatori­um« in Moskau in den 70er Jahren. Das Duo war Preisträger mehrerer Wettbe­werbe. Weitere Auszeichnungen wurden den Musikern beim 1. Internationalen Klavierduo­ Festival in St. Petersburg, so­wie beim Festival in Ekaterinburg zuteil: Sonderpreis des Moskauer Komponisten­verbandes für die beste Interpretation ei­ner Komposition des 20. Jahrhundert für Strawinskys »Le Sacre du Printemps«. 1978 übersiedelten beide nach Ham­burg, wo Evgeni Koroliov seitdem als Kla­vierprofessor lehrt.Konzertreisen führten die Künstler in zahl­reiche europäische Länder u.a. nach Rom, Lyon, Moskau, Mailand und in das Bee­thovenhaus Bonn. Das Duo gastierte bei internationalen Festspielen wie z.B. Kuh­mo Kammermusikfest, Settembre Musica in Turin, Elba – Isola musicale d’Europa, MDR Musiksommer, Rheingau Musik Fe­stival, Ludwigsburger Festspielen und beim Bachfest Stuttgart. Gemeinsam mit dem Bach­Collegium Stuttgart unter Hel­muth Rilling spielten sie im Herbst 2011 Bachs Klavierkonzerte in Hamburg, Han­nover, Frankfurt und München.CD­Aufnahmen dokumentieren das künstlerische Schaffen des Duos. Vor allem die CD mit Werken Schuberts (Fan­tasie f­Moll D 940 und Sonate »Grand Duo« D 812, Tacet) wurde von der Pres­se hervorragend besprochen. 2010 er­schien bei Tacet eine CD mit Solower­ken von Bach und Bach­Arrangements für Klavierduo von Kurtág, Liszt und Ko­roliov, die ausgezeichnete Kritiken und den »Preis der Deutschen Schallplatten­kritik« erhielt. 2013 gastiert das Duo u.a. in München, Antwerpen, Ferrara und beim Festival »Soli Deo Gloria« in Braun­schweig.

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1913 beging die konservative Musikwelt den 100. Geburtstag Richard Wagners. »Parsifal« wurde nach dreißigjähriger Schutzfrist frei, und seine Aufführungen außerhalb Bayreuths wurden zum Ereig­nis des Jahres. Aber es gab 1913 noch eine andere Sensation – die Urauffüh­rung von Igor Strawinskys Ballett »Le Sacre du Printemps«. Strawinskys Bru­talismus schockierte das Publikum. Mit diesem Paukenschlag begann die Früh­lingszeit der musikalischen Moderne, ehe 1914 mit dem ersten Weltkrieg die alte Welt versank, deren Untergang das Wagnersche Musikdrama prophezeit hat­te. Diese Zeitenwende spiegelt das Pro­gramm. Alle Klavierkompositionen von Debussy, Prokofjew und Strawinsky ent­stammen dem Jahr 1913, und die Kom­ponisten waren, jedenfalls verbal, ent­schlossene Anti­Wagnerianer. Paris zumal war seit 1900 von einer Wag­ner­Epidemie beherrscht. Wer als Kom­ponist wahrgenommen werden wollte, musste sich möglichst spektakulär davon abgrenzen. Doch Jean Cocteau, der alles in einen Topf warf, hatte wahrscheinlich recht: »Wagner, Strawinsky, sogar De­bussy sind schöne Tintenfische. Wer ih­

nen zu nahe kommt, hat Schwierigkeiten, sich aus ihren Fangarmen zu befreien«, schrieb er. Diese Schwierigkeiten hatten allerdings Debussy wie Strawinsky auch mit Wagner selbst. Sie studierten seine Partituren, Debussy spielte den ersten Parsifal­Akt in einem Pariser Salon, wo man sonst die Couplets des neuen Caba­rets »Chat noir« hörte. Mochte man sei­ne Musik auch, wie Strawinsky als »Kult der Unordnung, Willkür der Laune« be­schimpfen, die Partituren des »Tristan« und des »Parsifal« waren immer im No­tenschrank. Eine Anekdote erhellt die­ses Verhältnis. Thomas Mann, am »Dok­tor Faustus« arbeitend, und sein Freund Hanns Eisler diskutierten in Los Angeles über Wagner, und Eisler ließ eine Philip­piade gegen den Nationalisten und An­tisemiten los (nachdem er, auswendig, das Vorspiel zu »Parsifal« gespielt hatte), bis Thomas Mann fragte: »Und Tristan?« Eisler, verlegen, erklärte nach einer Pau­se: »Aber das ist doch Musik!«»Le Sacre« und »Parsifal« sind verwandte Phänomene, denn beide beschwören die Initiations­Rituale der Vorzeit, das Mäd­chen­Opfer in »Sacre« und die Krönung Parsifals. Beide Werke beginnen ähnlich:

MittWoch, 5. Juni 2013 20.00 uhrdOrNSE

AltStAdtrAthAuS brAuNSchWEIG

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dAS JAhr 1913MuSik einer

ZeitenWende

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daSJahr1913

SErGEJ prOkOfJEW (1891–1953)SArkASMEN Op. 17teMPeStuoSoaLLegro rubatoaLLegro PreciPitatoSManioSoPreciPitiSSiMo

clAudE dEbuSSy (1862–1918)préludES (auSWahL auS deM ZWeiten heFt)

II lENt Et MélANcOlIquE (...FeuiLLeS MorteS)III MOuvEMENt dE hAbANErA (...La Puerta deL vino)Iv rApIdE Et léGEr (LeS FéeS Sont d’exquiSeS danSeuSeS)vI dANS lE StylE Et lE MOuvEMENt d’uN cAkE-WAlk (...generaL Lavine-excentric)vII lENt (…La terraSSe deS audienceS du cLair de Lune)vIII SchErZANdO (…ondine)x trèS cAlME Et dOucEMENt trIStE (...canoPe)xI MOdéréMENt ANIMé (...LeS tierceS aLternéeS)xII MOdéréMENt ANIMé (...Feux d’artiFice)

P a u S e

IGOr StrAWINSky (1882–1971) lE SAcrE du prINtEMpS(FaSSung deS koMPoniSten Für kLavier vierhÄndig)

I tEIl: l‘AdOrAtION dE lA tErrE / dIE ANbEtuNG dEr ErdEintroduction.LentoLeS augureS PrintanierS (danSe deS adoLeScenteS)vorboten deS FrühLingS (tÄnZe der Jungen MÄdchen)Jeu du raPt / SPieL der entFührungrondeS PrintanierS / FrühLingSreigenJeux deS citeS rivaLeS / SPieLe der FeindLichen StÄMMecortege du Sage / ProZeSSion deS WeiSen aLtenadoration de La terre (Le Sage) / anbetung der erde (der WeiSe aLte)danSe de La terre / tanZ der erde

II tEIl:lE SAcrIfIcE/dAS OpfErintroduction.LargocercLeS MySterieux deS adoLeScenteS / geheiMniSvoLLe kreiSe der Jungen MÄdchengLoriFication de L‘eLue / verherrLichung der auSerWÄhLtenevocation deS ancetreS / anruFung der ahnenaction ritueLLe deS ancetreS / WeihevoLLe handLung der ahnendanSe SacraLe (L‘eLue) / oPFertanZ (die auSerWÄhLte)

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»Parsifal« mit dem Gralsmotiv der unisono spielenden Violi­nen, »Sacre« mit einem Fagott­Solo für die Geburt des Früh­lings. Diese zentralen Motive werden zu eindrucksvollen Steigerungen geführt. Dem Walzer der Blumenmädchen im zweiten »Parsifal«­Akt entsprechen die Mädchentänze des »Sacre«. Das Orchester Strawinskys übertrifft das Wagners le­diglich hinsichtlich des Schlagzeugs, sonst ist es das gleiche. Aber die Struktur ist anders. Gegen Wagners pastosen Stil setzte Strawinsky ein rhythmisches Feuerwerk. Unterschied­liche und gegenläufige Rhythmen werden übereinander ge­türmt, wodurch eine Art Polyphonie der Rhythmen entsteht, was in der vierhändigen Klavierfassung noch stärker hervor­tritt als im orchestralen Original. »Sacre« machte Schule. Der junge Sergej Prokofjew orientierte sich daran mit seinem Ballett »Ala und Lolli«, Carl Orff mit »Antigone« oder seinem »Trionfi«­Zyklus, Edgard Varèse mit seinem Orchesterstück »Amériques«, Hans Werner Henze in seinem Oratorium »Das Floß der Medusa«, um nur einige Beispiele zu nennen.Den Klavierzyklus »Sarkasmen« schrieb Sergej Prokofjew noch während seines Studiums am Petersburger Konserva­torium, er ist von Arnold Schönbergs atonalen Klavierstü­cken op. 11 beeinflusst, die er zuvor in Petersburg erstauf­geführt hatte. Diese kurzen Klavierstücke signalisierten eine bewusste Abwendung von der russischen Romantik Tschai­kowskis und Rachmaninows. Es war musikalischer Futuris­mus, »eine Ohrfeige für den öffentlichen Geschmack«,wie man mit dem Titel eines damals berühmten Poems des Futu­risten Wladimir Majakowski sagen könnte. Ein neues Kunst­verständnis brach sich Bahn. Seine Losungsworte hießen »Scherz, Lachen, Sport« (Prokofjews 1. Klavierkonzert ver­spottete die Kritik als »Fußballkonzert«). Der Typ des »bru­talen Scherzos« sollte in der modernen russischen Musikge­schichte noch eine andere Bedeutung erhalten. Prokofjew und Schostakowitsch charakterisierten mit diesem Modell 30 Jahre später die Stalinsche Diktatur. Mit Claude Debussy gelangen wir wieder in die Nähe Wag­ners. Kurz bevor seine beiden Hefte der »Préludes« entstan­den, schrieb er die »Iberia­Suite« für Orchester, deren zwei­ten Satz »Die Düfte der Nacht« hätte er auch »Hommage à Parsifal« nennen können, denn Klingsors Zaubergarten wird beschworen und sogar in einem Takt herbeizitiert. In den »Préludes« taucht diese Beschwörung, allerdings ohne Zitat, wieder auf. Diese Präludien (ohne Fugen) sind anders als bei Bach wirkliche Programm­Musik. Jedes hat ein Thema und eine entsprechende Überschrift: »Die Weinpforte«, »Die Feen sind erlesene Tänzerinnen« usw.; es gibt auch gro­teske Stücke im neuen Jazz­Stil, wie »General Lavine« (kein General, sondern ein Clown). Das letzte Prélude heißt »Feu d’artifice« (Feuerwerk), mit genialer Intuition verwandelte Debussy Raketenaufstieg und Sternenregen in Klänge, und dann tönt aus der Ferne sogar ein Fetzen der Marseillaise he­rüber; wir schreiben den 14. Juli, das Fest der Revolution.

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rigory Sokolov ist zweifels­ohne einer der größten Pianisten unserer Tage. An­ti­Star par excellence, zu­

rückhaltend und fern von Exzentrik und Glamour, wird Sokolov heute von einer begeisterten und geradezu frenetischen Anhängerschaft gefeiert. Die internatio­nale Kritik rühmt besonders die unend­liche Tiefe seiner musikalischen Welt, seine absolute technische Kontrolle so­wie die immer wieder überraschende Originalität seiner Interpretationen. In Leningrad geboren, beginnt Grigory So­kolov das Klavierstudium als Fünfjähriger. Schon im Alter von sechzehn Jahren er­regt er internationale Aufmerksamkeit, als er den ersten Preis des Tschaikowsky­Wettbewerbs in Moskau gewinnt. In all den Jahren seiner Karriere war Grigory Sokolov in den wichtigsten Konzertsä­len der Welt zu Gast und blickt auf eine Zusammenarbeit mit bedeutenden Or­chestern zurück wie London Philharmo­nic, Concertgebouw Amsterdam, New York Philharmonic, Münchner Philhar­moniker, Wiener Symphoniker, Montreal Symphony, Orchestra del Teatro alla Sca­

la, Philharmoniker in Moskau und St. Pe­tersburg. Über 200 Dirigenten sind Soko­lov während seiner Laufbahn begegnet, darunter Myung­Whung Chung, Vale­ry Gergiev, Herbert Blomstedt, Neeme Järvi, Sakari Oramo, Trevor Pinnock, An­drew Litton, Walter Weller sowie Moshe Atzmon. Vor einigen Jahren hat Grigory Sokolov beschlossen, sich ausschließlich auf Soloabende zu konzentrieren. Er ge­hört inzwischen zu den wenigen Pianis­ten, die von den großen europäischen Konzertsälen regelmäßig jede Saison eingeladen werden. In dieser Spielzeit ist Grigory Sokolov in folgenden Kon­zerthäusern zu hören: Konzerthaus Wien, Philharmonie Berlin, Herkulessaal Mün­chen, Laeiszhalle Hamburg, Théâtre des Champs­Elysées Paris, Concertgebouw Amsterdam, Tonhalle Zürich, Philharmo­nie Warschau, Auditorio Nacional de Ma­drid, Conservatorio di Milano, Santa Ce­cilia di Roma; sowie in den Städten Barce­lona, Stockholm, Helsinki, Lissabon und Luxemburg. Festivalgastspiele gibt er u.a. beim Klavier­Festival Ruhr, Kissinger Som­mer, Heidelberger Frühling, Festival Col­mar und Festival de La Roque d’Anthéron.

grigory Sokolov

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»Ganz da oben auf dem Gipfel der klavierkunst muss es einsam sein. pianistische kollegen trifft Grigory Sokolov dort sicher nicht.dafür hat er auf jenen höhen persönliche begegnungen mit all den unsterblichen Schöpfern von Sonaten, Intermezzi und variationen…«Peter Kraus, DIE WELT 10.5.2012

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»Ganz da oben auf dem Gipfel der klavierkunst muss es einsam sein. pianistische kollegen trifft Grigory Sokolov dort sicher nicht.dafür hat er auf jenen höhen persönliche begegnungen mit all den unsterblichen Schöpfern von Sonaten, Intermezzi und variationen…«Peter Kraus, DIE WELT 10.5.2012

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SchubErtS »IMprOMptuS«Die Vier Impromptus D 899 und die drei Klavierstücke D 946 entstanden in Franz Schuberts letztem Lebensjahr, zu­sammen mit der »Winterreise«, der Es­Dur­Messe, den beiden Klavier­Trios, den letzten Klaviersonaten, des C­Dur Streichquintetts und der großen C­Dur­Sinfonie. Dieses Jahr brachte auch Schu­berts einziges Wiener Konzert mit eige­nen Werken. Eigentlich wollte er sich von dem Honorar eine Sommerreise spen­dieren, aber als der Sommer kam, war es längst alle. Dafür komponierte er unent­wegt. Zugleich machte er die traurige Erfahrung, dass man ihn nicht mehr ver­stand. Die »Winterreise« befremdete die Freunde, Heine­ und die Rellstab­Lieder fanden keinen Verleger. Die Wiener »Ge­sellschaft der Musikfreunde« lehnte sei­ne Sinfonie ab; sie erklang erst 1839 in Leipzig. Keines seiner letzten Werke hat Schubert gehört. Im Herbst stellten sich Schwächeanfälle ein. an »Ich habe schon elf Tage nichts gegessen und getrunken, u. wandle matt und schwankend von Sessel zu Bett und zurück.« Das war sein letzter Brief. Am 19. November starb er, erst 31 Jahre alt.

Lied und Klavierstück waren seine Domä­nen. Lieber wäre er Opernkapellmeister gewesen, doch das Wien Metternichs bot ihm nicht mehr die große Bühne, die Mozart und Beethoven wenige Jahr­zehnte zuvor noch hatten. An die Stel­le der »Akademien«, der angesehenen öffentlichen wissenschaftlichen und künstlerischen Veranstaltungen, traten die kleinen privaten Zirkel, das bürgerli­che häusliche Musizieren gewann einen neuen Rang. Die »Schubertiaden« waren ein Spross dieser Zirkelkultur; dort mu­sizierte man nicht nur, es gab auch lite­rarische und politische Diskurse. In die­sem Umkreis müssen wir uns Schuberts Musik vorstellen, und zweifellos wären die letzten »Impromptus« dort auch er­klungen, wenn es noch eine Schubertia­de hätte geben können. 1827/28 schrieb Schubert insgesamt elf Klavierstücke und fasste je vier von ihnen in zwei Zyklen

von »Impromptus« (Improvisationen) zu­sammen. Den drei letzten gab er keinen Titel, doch zweifellos handelt es sich um einen sonatenähnlichen Zyklus. Es han­delt sich nicht um Salonstücke, sondern um Versuche, dem Klavier ein neues Ter­rain jenseits der klassischen Sonate zu er­obern, die der romantischen Phantasie Zügel auferlegte. Die Stücke sind Phanta­sie­Sonaten, die die »Lieder ohne Worte« von Mendelssohn, die Schumannschen Klavierstücke, die Balladen von Chopin und Brahms vorausnehmen und deren Muster bilden.

dIE »hAMMErklAvIEr-SONAtE«Die »Große Sonate für das Hammerkla­vier B­Dur op. 106« schrieb Beethoven 1817/18 und widmete sie dem Erzher­zog Rudolph (1788–1831). Der war seit 1803 Beethovens Schüler und wurde sein engster Freund und Förderer. Ab 1809 zahlte er ihm eine jährliche Rente von 1.500 Talern, die ihn finanziell un­abhängig machte. Beethoven dankte es ihm, indem dem Erzherzog mehr Kom­positionen als irgendeinem anderen widmete, darunter das 4. und 5. Klavier­konzert, das Tripelkonzert C­Dur für Kla­vier, Violine, Violoncello und Orchester, die Klaviersonate op, 81 a »Les Adieux«

­ und die »Missa solemnis«. Rudolph, der

Freitag, 7. Juni 2013 20.00 uhr

StAAtSthEAtEr brAuNSchWEIG

GrIGOry SOkOlOvkLavier

frANZ SchubErt (1797-1828)vIEr IMprOMptuS fÜr klAvIEr

Op. 90 d 899 (1827)c-MoLL: aLLegro, MoLto Moderato

eS-dur: aLLegrogeS-dur: andante

aS-dur: aLLegretto

frANZ SchubErtdrEI klAvIErStÜckE d 946 (1828)

eS-MoLL: aLLegro aSSai eS-dur: aLLegretto

c-dur: aLLegro

P a u S e

ludWIG vAN bEEthOvEN (1770-1827) klAvIErSONAtE Nr. 29 b-dur Op. 106

(»groSSe Sonate Für daS haMMerkLavier«)

i aLLegroii ScherZo. aSSai vivace

iii adagio SoStenuto. aPPaSSionato e con MoLto SentiMento

iv Largo - aLLegro riSoLuto. Fuga a tre voci, con aLcune LicenZe

PrÄSentiert von brAuNSchWEIGISchE

lANdESSpArkASSEdaS konZert

Wird auS MitteLn der Lotterie SParen und geWinnen

erMögLicht

reZitaL

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jüngste Sohn des Großherzogs der Tos­kana und späteren Kaisers Leopold II., begann seine Karriere als General, wech­selte 1805 in die Geistlichkeit und wurde 1818, im Jahr der Sonate, zum Kardinal und Erzbischof von Olmütz ernannt. Die »Missa solemnis« war für seine Amtsein­führung gedacht.

Die B­Dur­Sonate op. 106 ist Beethovens umfangreichste und schwierigste Klavier­sonate. Sie sprengt die Dimensionen der vorangegangenen Beethovenschen So­naten, und wenn der Erzherzog dieses Werk tatsächlich spielen konnte, dann muss er ein überragender Pianist gewe­sen sein. Der technisch schwierigste Satz ist die »fuga a tre, con alcune licenze« des Finales. Fugen könne jeder schreiben, meinte Beethoven. Das Problem bestehe darin, ihr einen neuen poetischen Inhalt zu verleihen. Ihm gelingt das Kunststück, eine Fuge zu schreiben, die für den un­befangenen Hörer gar nicht wie eine Fuge klingt, sondern in ihm das Gefühl eines dahinjagenden Sturmwinds, ei­ner unablässigen rasenden Bewegung hervorruft, die überraschend durch ein Menuett­Fragment unterbrochen wird. Es scheint nur kurz auf, der Fugensturm treibt die Tänzer auseinander und rast immer atemloser dem Ende zu. Es ist das großartigste Sonatenfinale, das Beetho­ven schrieb.

Aber auch der Beginn ist schon bemer­kenswert. Ein donnerndes Fanfarenmotiv eröffnet das Hauptthema, das mit dem dreistimmigen Gesang, dem zweiten Teil des Themas, kontrastiert. Ein zweites Thema schießt auf, schließlich ein drittes, und aus der Mixtur dieses Materials ent­faltet sich ein faszinierender Klangzauber. Das anschließende schattenhafte Scher­zo ist nur ein »Intermezzo«, während im »Adagio sostenuto« Musik wie aus dem Jenseits herüberzutönen scheint. In dreifachem Pianisso schließt ein Fis­Dur­Akkord das Adagio, attacca geht es ins Finale mit querstehenden Oktaven in F. Gewitterwolken bauen sich auf, ehe »presstissimo« der Sturm fegt.

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Mdr-kAMMErMuSIk-ENSEMblE die Leipzigerblechbläsersolisten

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ie Leipziger Blechbläser­solisten wurden 1992 von dem Hornisten Rainer Köhler, dem Posaunisten

Uwe Gebel sowie dem Tubisten Bernd Angerhöfer gegründet. Nachdem die drei Musiker bereits seit 1987 im ehema­ligen Leipziger Blechbläser­Quintett, zu

dessen Mitbe­gründern sie

zählen, er­folgreich

zusammengearbeitet hatten (zahlreiche Gastspiele im In­ und Ausland, Rundfunk­ und Plattenproduktionen, Konzerte zu internationalen Meisterkursen für Blech­bläser), erweiterten sie gemeinsam mit dem Solotrompeter des Gewandhaus­orchesters Roderick MacDonald sowie dem Trompeter des MDR­Sinfonieor­chesters Rainer Regner ihr musikalisches Tätigkeitsfeld. Inzwischen gehört der Solotrompeter des MDR Sinfonieorche­sters, Bernd Bartels, dem Ensemble an.

Das Repertoire umfasst Musik des baro­cken, klassischen sowie romantischen Erbes bis hin zur zeitgenössischen Musik und zu Ausflügen in die Gefilde des Folk, Pop und Jazz. Daneben bestimmt zuneh­mend die Arbeit mit Kammerorchestern sowie Chören und weiteren Solisten die Arbeit des Ensembles. Dabei werden sie vom Mitteldeutschen Rundfunk sowie der Firma Yamaha, mit der die Musiker bereits seit 1989 zusammenarbeiten, un­terstützt.

D

d i e k ü n S t L e r v o n S O l I d E O G l O r I A

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Wenn Lang Lang in China spielt, sind neunzig Prozent der Zuhörer jünger als zwanzig Jahre. Die klassische Musik ge­nießt bei der Jugend dort den Status eines europäischen Pop­Events. Hierzu­lande klagen Konzert­ und Opernhäuser über rückläufige Besucherzahlen. Beson­ders das Problem der fehlenden Jugend lässt sich aber beheben. Man nehme sich etwas Zeit, lege sich eine missionarische Eigenschaft zu, und mit ein wenig Ge­duld schafft man es dann, einen Termin für ein gemeinsames Konzert zu finden.

Einmal im Jahr gehe ich gemeinsam mit meiner Klavierklasse ins Konzert. Die Idee entstand, wie immer, durch einen Zufall. Ich besprach gerade mit einem Schüler das Programm für das nächste Klassenvorspiel. Um seiner Bühnenangst den Wind aus den Segeln zu nehmen, ar­gumentierte ich, dass selbst die großen Pianisten vor dem Auftritt mit dem Dä­mon Angst kämpfen müssen. Der Schüler glaubte es kaum, dass nicht jeder angst­frei die Bühne betritt. Dann stellte sich heraus, dass er noch nie ein klassisches Konzert besucht hatte. Und ausgerech­net aus diesem Gespräch entsprang die Idee, gemeinsam ins Konzert zu gehen. Ich sprach andere Schüler an, ob sie mit­gehen würden, freiwillig, ohne Zwang. Für die Mehrheit von ihnen (es handelte sich dabei ausschließlich um Gymnasi­asten), würde dies eine Premiere sein.Gute Konzerte sind schnell ausverkauft und oft recht teuer. Hinzu kommt, dass sie auch mitten in der Woche um 20 Uhr stattfinden. Wie viele Argumente es braucht, um Eltern zu überzeugen, dass 55 € pro Karte für ein am Dienstag um 20 Uhr stattfindendes Konzert akzeptiert werden müssen, damit das Projekt ge­lingt, hätte ich nie geglaubt. Das Ende des Konzerts um 22.40 Uhr habe ich

einfach verschwiegen. Es gibt zu viele Alltagsverpflichtungen, zu viel Schule, zu viele Hausaufgaben und Nachhilfeter­mine und scheinbar reizvollere Optionen für die knapp bemessene Freizeitgestal­tung eines Kindes. Ein klassisches Kon­zert muss sich erst seine Berechtigung erkämpfen. Es war meine Aufgabe, den Sinn dieser Aktion zu vermitteln.Das erste Konzert war im Mai 2008 mit Alfred Brendel bei seiner Abschiedstour­nee. Er beeindruckte meine Schüler lei­der nicht. Sie sahen einen alten Mann, der perfekt Klavier spielte, aber dabei recht schüchtern und unnahbar wirkte. Keine Figur, die die Jugend beeindru­cken konnte und deren Können sie zu schätzen wüsste. Ein Schüler sagte: »Nur alte Menschen«. Er meinte damit die be­reits ergraute Fangemeinde von Brendel. Aller Anfang ist schwer.Der nächste Versuch war ein Klaviera­bend mit Martha Argerich und Lilya Zil­berstein. Auf dem Programm stand Kla­viermusik für zwei Klaviere. Das passte hervorragend zum Schwerpunkt meines Schülerkonzerts, bei dem jeder Schüler sich zum ersten Mal mit dem vierhändi­gen Spiel auseinandersetzen sollte. In der Pause waren alle Schüler aufgeregt und sichtlich begeistert. Dann wurde ich von einem Schüler aus der 8. Klasse gefragt, wie man diesen Riesenflügel auf die Bühne geschafft hat. Den Schülern war es nicht klar, dass es sich um zwei ineinandergeschobene Flügel handelte, nicht um ein einziges Instrument. Eine andere sagte: »Die Argerich hat so ein schönes Glitzerkleid…«. Hier spätestens verstand ich meine missionarische Auf­gabe auf dem Gebiet der klassischen Mu­sik. Den Kindern war nicht klar, wer wer ist. Die Besonderheit von Martha Arge­rich als Künstlerin sagte ihnen ebenfalls nichts. Danach hörte ich nur »die Alte ist die Argerich, ohne Glitzer«. Der zwei­te Teil war für viele trotz Rachmaninoffs pompöser Klänge zu lang. Einige schlie­fen sogar ein. 2010 probierte ich noch die moderne Variante aus: Jamie Cullum, ein hervor­ragender englischer Jazzpianist und Sän­

Sonntag, 9. Juni 2013 17.00 uhr

rIttErGutAltENrOdE-GIEldE

rEISE durch dASAltE EurOpA

lEIpZIGErblEchbläSErSOlIStEN

PrÄSentiert von prIcEWAtErhOuSEcOOpErS

MuSikFür

Morgen

Es lohnt sich, um das klassik-publikum von morgen zu kämpfen: Ein bericht von einem basisarbeit-projekt aus braunschweig von claudia bigos

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ger, jung, mit wuscheligen Haaren und Turnschu­hen. Meine Schüler informierten sich auf youtube über ihn und waren begeistert! Das Konzert war super für sie, und als Jamie zwei Mal auf den Flü­gel kletterte und zuletzt unerwartet auf den Boden heruntersprang, fanden das natürlich meine Schü­ler einfach »super cool«. Die Generation »40 plus« hatte diesmal die grauen Köpfe aus dem Konzert­saal fast vollständig verdrängt und mischte sich zwanglos mit der ipod­Generation.Das Konzert bei Martin Stadtfeld 2012 zeigte dann die Früchte dieser Aktion. Die Schüler waren vorin­formiert, sie fanden auf Anhieb heraus, wo man ein Programm kaufen konnte, sie folgten aufmerksam den rasanten und mit makelloser Perfektion vorge­tragenen Bachschen Klavierkonzerten. Stadtfelds Erscheinung hat sie beeindruckt. Es war ein voller Erfolg!Neulich brachte mir eine Schülerin der Generati­on 70 plus eine CD Aufnahme von Jacques Lous­sier mit Improvisationen zu Bach. Die Aufnahme stammte aus dem Jahr 1959. Da war ich noch lange nicht auf der Welt. Sie war begeistert, ich hinge­gen reagierte wie meine Schüler etwas reserviert. Sie wollte mir etwas Besonderes vermitteln, was sie nachhaltig beeindruckt und geprägt hat. Mit diesem CD­Geschenk wurde mir die Bedeutung vom generationenübergreifenden Lernen und Ver­mitteln bewusst. Die Schnelllebigkeit unserer Zeit beschleunigt auch die Vergänglichkeit der Din­ge. Die Zeitfenster der Wahrnehmung sind immer kleiner und schließen sich immer schneller. Wie viele Sterne und Sternchen verglühen täglich im Pop­ und Klassikhimmel? Manche wahrhaftig zu Unrecht, denn das Zeitfenster war für sie im Musi­kuniversum zu kurz geöffnet.Versuchen Sie es, einen Konzertbesuch mit ihren Schülern oder den Freunden Ihrer Kinder zu orga­nisieren. Sie lernen sie neu kennen, machen dabei viele wunderbare Erfahrungen und tragen neben­bei dazu bei, eine neue Zuhörerschaft zu bilden, damit in diesem grauen Meer immer mehr bunte Fische schwimmen lernen und bald andere Ge­wässer selbständig zu erobern wagen. Es liegt an uns, ob wir den jungen Menschen den Gang ins klassische Konzert für so selbstverständlich erklä­ren, wie für sie ihre Mitgliedschaft in einem Hockey­ oder Fußballclub ist. Alles will gelernt werden, und man muss in dieser modernen Welt, wo ein Über­angebot an allem herrscht, das aussuchen, was man selber gerne an die junge Generation weiter­geben möchte. Für mich ist es die Musik.

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Ob im Konzert oder in der Beratung: Wer auf Zwischentöne achtet, kann besser mitreden. Wir freuen uns auf einen anregenden Dialog. Und wünschen Ihnen viel Vergnügen beim Festival Soli Deo Gloria.

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Jochen kowalskiA l t u S

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ochen Kowalski ist einer der außergewöhnlichsten und erfolgreichsten Altisten der Gegenwart. Seit 1983 ge­

hört er zum Ensemble der Komischen Oper Berlin und interpretierte an diesem Hause viele Titelpartien u.a. in Inszenie­rungen von Harry Kupfer und Antony Pilavachi. Kowalski war an allen bedeu­tenden Opernhäusern Deutschlands zu erleben, und erfolgreiche Gastspiele führten ihn an die Wiener Volks­ und Staatsoper. Ab Mitte der Neunziger Jah­re schlossen sich dann Engagements u.a. an der Pariser Grand Opera, am Royal Opera House Covent Garden London und an der New Yorker Metropolitan Opera an. Dort sang Jochen Kowalski ne­ben dem Prinzen Orlofsky in »Die Fleder­maus« auch den Oberon in Brittens »Ein Sommernachtstraum.« Kowalskis Reper­toire ist für einen Altisten sehr vielseitig und umfangreich. So begeistert er sein Publikum nicht nur in Barockopern und Oratorien Monteverdis, Händels, Bachs, Glucks und Mozarts – seine Interpreta­tionen des »Giustino« und »Giulio Ce­sare« von Händel sowie des »Orfeo« von Gluck sind in die Theatergeschichte ein­

gegangen –, sondern er überzeugt ge­nauso mit Liederabenden oder in Olga Neuwirths spektakulärer »Hommage à Klaus Nomi«. Schuberts Liederzyklus »Die Winterreise«, die Mitwirkung in Jo­hannes Kalitzkes Oper »Die Besessenen« im Theater an der Wien und der Orlofs­ky in einer Neuinszenierung der Fleder­maus in Osaka unter der musikalischen Leitung von Yutaka Sado, Konzerte in der Staatsoper in Berlin mit dem Salonorche­ster »Unter’n Linden« der Berliner Staats­kapelle und die Mitwirkung in »Giulio Cesare« bei den Salzburger Festspielen 2012 waren bzw. sind seine aktuellsten Projekte. Zurzeit gestaltet er die Partie des Max Wallstein in Johann Kresniks In­szenierung »Villa Verdi« in der Berliner Volksbühne. Mit Liederabenden und Solokonzerten – vom klassischen Barock­konzert bis zu Jazz und Swingprogram­men – gastierte Jochen Kowalski auf nati­onalen und internationalen Festivals.Die Konzertmetropolen Moskau, St. Pe­tersburg, Barcelona, Madrid, Paris, Lon­don, Wien, Prag, Lissabon, Kopenhagen, Salzburg und immer wieder Japan sind nur einige seiner bisherigen Gastspiel­orte. Durch zahlreiche TV­Auftritte, di­

verse CD­ und DVD­Einspielungen ist Jochen Kowalski einer großen Öffentlich­keit bekannt geworden. Er arbeitete mit den renommiertesten Dirigenten und Regisseuren zusammen und erhielt im Laufe seiner Karriere mehrere nationale und internationale Theater­ und Schall­plattenpreise. Für seine außergewöhn­lichen künstlerischen Leistungen erhielt der Berliner Kammersänger Jochen Ko­walski im Jahre 2004 den »Verdienstor­den des Landes Berlin«.

aniel Trumbull (*1991) spielt seit seiner frühen Kindheit Klavier und be­schäftigt sich seit 2005 mit

dem Cembalo. Derzeit studiert er an der Universität der Künste Berlin bei Mitzi Meyerson. Er ist schon jetzt ein gefragter Solist und Begleiter: er spielte zahlreiche Soloabende im In­ und Ausland, sowie mit Orchestern wie der Lautten Compa­gney Berlin oder der Berliner Camerata, bei den Händel­Festspielen Halle, dem Attention! und Impuls Festival. 2011 er­schien seine erste CD Memento, eine Er­steinspielung von Arrangements für drei Cembali, beim Label First Pulse. Als En­semblemitglied gewann Daniel Trumbull den 1. Preis der Tage Alter Musik im Saar­land. Er ist Stipendiat des Vereins Yehudi Menuhin Live Music Now Berlin, e.V. und

war Solo­Stipendiat der Jütting­Stiftung Stendal. Seit 2012 ist er musikalischer Lei­ter des Jungen Barockorchesters Berlin. Daniel Trumbull beschäftigt sich weiter­hin intensiv mit barockem und zeitge­nössischem Tanz; er ist Mitglied im En­semble Historischer Tanz von Jutta Voß

und wirkt in zahlreichen Projekten des Choreografen Klaus Abromeit mit. Zu­sammen mit der Choreografin Meritxell Campos Olivé schrieb er die Stücke Spe­culum (2010) und Vertigo (2011).

J

D

daniel trumbullc E M b A l OMuSIkAlISchEr lEItEr JuNGES bArOckOrchEStEr bErlIN

d i e k ü n S t L e r v o n S O l I d E O G l O r I A

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Mozart und Beethoven sind uns im­mer noch Zeitgenossen, ihre barocken Vorgänger, die Opernkomponisten des 18. Jahrhunderts, betrachten wir dage­gen als »historisch«. In unserer Phanta­sie entführt uns die Barockmusik in eine entfernte, märchenhafte und exotische Epoche. Um die Illusion zu verstärken, führte man vor einem halben Jahrhun­dert einen neuen Interpretationsstil ein

­ das originalgetreue Musizieren auf al­ten Instrumenten in alten Spielweisen, und man entdeckte den Belcanto­Stil von neuem. Was einst als verstaubt galt, zeigte plötzlich ein verjüngtes, geradezu frühlingshaftes Gesicht. Jochen Kowalski war einer der Pioniere dieser Wiederent­deckungen. Sein Talent als Altus entdeck­te er zufällig, doch er schulte und bildete er seine besondere Stimmveranlagung mit hartnäckiger Zielstrebigkeit.1981 verdiente sich der Student Kowalski im Extrachor der Komischen Oper ein Zu­brot, und nachts in der Kantine leistete er sich den Spaß, Alt­Arien in hoher Stimm­lage zu imitieren. Eigentlich sollte er Ten­or werden, und seine Traumrolle wäre der Lohengrin gewesen. Was als Jux be­

gann, brachte ihm überraschend ein An­gebot der Händel­Festspiele in Halle ein. Er fragte seine Lehrerin Marianne Fischer­Kupfer um Rat. Die war entsetzt: »Falsett? Das ist ja furchtbar!« Aber der beharrli­che Student bat, ihr etwas vorsingen zu dürfen. Sie hörte das, knallte den Kla­vierdeckel zu und sagte: »Du musst so­fort meinem Mann vorsingen.« Ihr Mann war Harry Kupfer, der Chefregisseur der Komischen Oper. So kam er an das da­mals bedeutendste deutsche Opernhaus, doch längst nicht auf die Bühne, weder in Halle noch in Berlin. Die Pädagogin, eine leidenschaftliche Perfektionistin, polierte Kowalskis Stimme wie einen Edelstein. 1984 war es so weit; die Oper kündigte Georg Friedrich Händels »Gius­tino« an – die Titelpartie besetzt mit dem unbekannten Jochen Kowalski. Nach der Premiere kannten ihn alle. Es war eine Sensation. So hatte man Händel noch nie gehört, und auch nicht gesehen. Kowalski sang und spielte leicht, elegant, mühelos, voller Ironie und Spott, doch auch empfindsam, mit lyrischem Gefühl, weich und zum Weinen schön. Er ver­band das stimmliche Wunder mit darstel­

georg Friedrich hÄndeL (1685-1759)OuvErtÜrE Zu dEr OpEr »rINAldO« hWv 7

chriStoPh WiLLibaLd gLuck (1714-1787)»chE fArò SENZA EurIdIcE«arie deS orFeo auS der oPer »orFeo ed euridice« (Wiener FaSSung von 1762)

antonio vivaLdi (1678–1741)kONZErt fÜr 2 vIOlINEN A-MOll Op. 3 Nr. 8 rv 522iii aLLegro

georg Friedrich hÄndeL (1685-1759)»dOlcE pur d’AMOr l’AffANNO« kantate Für aLto und baSSo continuo hWv 109ai aria: andanteii recitativoiii aria: aLLegro

FrançoiS couPerin (1668-1733)21èME OrdrE dEr pIEcES dE clAvEcIN E-MOll »lA rEINE dES cœurS«

WoLFgang aMadeuS MoZart (1756-1791)»OISEAux, SI tOuS lES ANS« kv 284d

LudWig van beethoven (1770-1827)»lA pArtENZA« Woo 124

WoLFgang aMadeuS MoZart (1756-1791)»AN chlOë« kv 524

georg Friedrich hÄndeL (1685-1759)»dOvE SEI, AMAtO bENE?«arie deS bertarido auS der oPer »rodeLinda« hWv 19

P a u S e

Johann SebaStian bach (1685-1750)»Ich WIll dIch NIcht hörEN, Ich WIll dIch NIcht WISSEN..«arie deS herkuLeS auS der kantate »LaSSt unS Sorgen,LaSSt unS Wachen«

,bWv 213.

georg Friedrich hÄndeL (1685-1759)cONcErtO GrOSSO b-dur Op. 6/7 hWv 325v hornPiPe

georg Friedrich hÄndeL (1685-1759)»Such hAuGhty bEAutIES…«arie deS david auS deM oratoriuM »SauL« hWv 53

Johann SebaStian bach (1685-1750)SuItE fÜr vIOlONcEllO SOlO G-dur bWv 1007iv Sarabande

Johann SebaStian bach (1685-1750)»bEkENNEN WIll Ich SEINEN NAMEN« aria Für aLto, ZWei vioLinen und baSSo continuo bWv 200

Johann gottLieb JanitSch (1708-1763)quartett nach deM choraL »Oh hAupt vOll blut uNd WuNdEN«iii adagio

henry PurceLL (1659-1695)»WhAt pOWEr Art thOu…«SZene und arie deS FroStgeiSteS auS der oPer »king arthur« Z. 628

Johann adoLPh haSSe (1699-1783)»pAllIdO Il SOlE…« arie deS artabano auS der oPer »artaSerSe«

Änderungen vorbehaLten

Sonntag, 16. Juni 2013 17.00 uhr

StIftSkIrchE StEtErburG

JOchENkOWAlSkI

aLtuS bArOckE lIEbESArIEN

JuNGES bArOckOrchEStEr

bErlIN

rAhEl rIllING dANIElA GubAtZ

vioLinen

dOrIAN WEtZEl vioLa

JulE hINrIchSENvioLonceLLo

MIrJAM WIttulSkIbaSS

dANIEl truMbullceMbaLo

und MuSikaLiSche Leitung

PrÄSentiert von SAlZGIttEr AG

Wo Wohnt

die Liebe?

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lerischer Perfektion und dem Charme eines Gérard Philipe. Unvergesslich war sein »Pas de trois« bei seiner Auftrittsarie mit zwei Kühen, die der berühmte The­aterplastiker Eduard Fischer täuschend echt (und komisch) konstruiert hatte. Als nächstes folgte »Orpheus und Eurydice«

– ein noch größerer Erfolg. Mit Glucks Orpheus­Arie »Che farò senza Euridice« eröffnet er auch sein heutiges Programm.Die »Oper« war einst (1597 in Flo­renz) erfunden worden, um die antike Tragödie originalgetreu wiederzube­leben. Aber die »Barock­Oper«, die wenig später daraus wurde, hat damit nichts mehr zu tun. Sie verwandelte das Bühnengeschehen in ein kostümiertes Konzert schöner Stimmen. Man spielte nicht, man sang. Die Sänger wurden zu Stars, ihre Kunst führte zu ungeahnten Höhen und verselbständigte sich auch gegenüber dem Notenbild; das manch­mal nur noch als Skizze diente, die der Sänger nach Gutdünken komplettierte. Die Komponisten schrieben später die

Verzierungen aus, um solchen Unfug zu verhindern, so Bach, Händel, Vivaldi, und als später Nachfahre auch Rossini. Das Arien­Regime war streng geregelt. Die Stars (prim’uomi oder primadonne) erhielten die meisten und effektvoll­sten Arien, mindestens drei, die oft bis zur Premiere geheim gehalten wurden. In London beispielsweise bestach ein Gastwirt Händels Notenkopisten und war stolz darauf, dass er die neuesten Opernarien des Maestro einen Tag vor der Premiere sozusagen als Caféhaus­Musik bieten konnte. Es gab Rache­Arien, Wut­Arien, Eifersuchts­Arien, Lach­Arien, Kampf­Arien, Verleumdungs­Arien, Trau­er­Arien – und Liebes­Arien. Oft werden sie von kostbaren Instrumentalsoli, meist der Violine oder der Flöte, nicht nur be­gleitet, sondern geradezu dekoriert. Jochen Kowalski ist ein universeller Sän­ger. Die Barock­Arie ist sein Zentrum, ihre Erfordernisse, ihr Ausdruck, ihre Äs­thetik entsprechen am meisten seinem künstlerischen Temperament. Das be­

trifft nicht nur die technische Seite des Belcanto­Gesangs. Bei Mozart, Verdi und Wagner sind Arien stets an den Bühnen­partner gerichtet, sie sind Teil der Büh­nenhandlung. Die barocken Opern­Ari­en sind Dialoge mit dem Publikum. Mit ihnen tritt der Sänger aus der Handlung heraus und wendet sich an seine Hörer, sie umwirbt und umschmeichelt er, mit ihnen streitet und zürnt er; die Hand­lung steht inzwischen still. Doch Kowal­skis Repertoire beschränkt sich nicht auf die Barock­Epoche. Er probiert und er­greift alles, was ihm in seiner Stimmlage möglich erscheint, und er zieht keine ak­ademischen Grenzen. Den Orpheus hat er genau so gesungen wie den Prinzen Orlowsky in der »Fledermaus«. Kowalskis ganz besonderes Faible gilt der Swing­musik der 20er bis 40er Jahre des ver­gangenen Jahrhunderts. Sie hat mit der Barock­Arie mindestens eines gemein: die Liebeserklärung an das Publikum.

Was auch immer Sie vorhaben.Leichtbaulösungen aus Stahl. Zum Beispiel für die Automobilindustrie.

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Sir John Eliot Gardinerer gab den anstoß für Soli deo gloria.

Zu seinen konzerten im braunschweiger Land kommen seit 2003

besucher aus aller Welt

Der Inspirator

SIR JOHN ELIOT GARDINERBEI SOLI DEO GLORIA2003 | KönigslutterJohannespassion2004 | Königslutterh-moll Messe2005 | KönigslutterMatthäuspassion2005 | BraunschweigMagnificat2006 | BraunschweigAdventskantaten2007 | HelmstedtBach-Familie2007 | BraunschweigKantaten zu St. Michael2008 | WolfenbüttelJohannespassion2010 | Königslutterh-moll Messe2013 | KönigslutterOster- und Himmel-fahrtsoratorium

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Probenimpressionen: John eliot gardiner mit den english baroque Soloists in braunschweig und königslutter, aufmerksam beobachtet von véronique gräfin von der Schulenburg und tochter Pauline

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ls einer der vielseitigsten Dirigenten unserer Zeit tritt Sir John Eliot Gardiner regelmäßig mit führenden

Symphonieorchestern wie dem London Symphony Orchestra, dem Concertge­bouworkest, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und dem Czech Philharmonic Orchestra auf. Das Zentrum seiner Opernengagements hat sich von der Opéra de Lyon, deren Künstlerischer Direktor er von 1983­88 war, nach Paris verlagert: zunächst an das Théâtre du Châtelet mit Glucks Orpheus und Alceste, Webers Oberon, Verdis Fal-staff und besonders Berlioz‘ Les Troyens 2003. An der Opéra Comique leitete er Neuproduktionen von L’Etoile (Chabrier),

Carmen, Pelléas et Mélisande und Le Frey-schütz (Weber/Berlioz).Er ist eine der Schlüsselfiguren in der Wiederbelebung der Alten Musik und der Gründer und Künstlerische Leiter des Monteverdi Choir, der English Baro­que Soloists und des Orchestre Révoluti­onnaire et Romantique. Die Bandbreite seines Repertoires wird durch über 250 Aufnahmen für die größ­ten europäischen Label dokumentiert, die zahlreiche internationale Auszeichnungen erhalten haben, darunter in jüngster Zeit den Special Achievement Award des Gra­mophone für die die während der Bach Cantata Pilgrimage 2000 live aufgenom­menen Bachkantaten auf seinem eigenen Label Soli Deo Gloria. Als Anerkennung

seiner Arbeit wurde John Eliot Gardiner vielfach geehrt. Er erhielt die Ehrendok­torwürde der Universität Lyon, des New England Conservatory of Music und der Universität Cremona. 1992 wurde er Honorary Fellow des Londoner King’s College und der Royal Academy of Mu­sic; 2007/8 Visiting Fellow in Peterhouse (Cambridge). 1990 erhielt er den Titel des Commander of the British Empire und wurde 1998 von der englischen Königin zum Ritter geschlagen. Die Royal Acade­my of Music/Kohn Foundation verlieh ihm im April 2008 den renommierten Bach Pri­ze. Zu seinen weiteren Titel zählen Com­mandeur dans l’Ordre des Arts et des Lettres (1996) und Chevalier de la Légion d’Honneur (2010). 

A

Lieber John Eliot,zu Deinem 70. Geburtstag nun nocheinmal auf diesem Wege meine herzlichs-ten Glückwünsche, Gesundheit und noch viele interessante Projekte für die Zukunft. Als wir uns im Jahr 2002 kennen gelernt haben, entwickelte sich durch Deine Beharrlichkeit »Graf, I don’t want to bother your ellbow but let us start with a concert in Königslutter« eine seit 2003 bestehende Verbindung, die nicht nur bis 2013 zehn gemeinsame Konzerte in der Region und zwei Konzerte in Berlin hervor-gebracht hat, sondern auch die gemein-same Idee und Gründung des Festivals Soli Deo Gloria im Jahr 2006.

Dir als Mitgründer, Ideengeber und ständigem Gast gilt daher mein Dank für die persönliche Freundschaft und Deine Verbindung zum Festival.

Konzerte mit Dir und Deinen English Baroque Soloists und Monteverdi Choir sind immer ein besonderes Ereignis im Programm von Soli Deo Gloria und wir freuen uns auch darüber, dass unsere erste gemeinsame Johannespassion aus dem Jahr 2003 im Kaiserdom zu Königs-lutter bei Deinem Label »Soli Deo Gloria« erschienen ist und somit unsere besondere Zusammenarbeit langfristig dokumentiert.

Mit Grüßen im Namen des ganzen Teams und der Familie Herzlichst Günther

Sir John Eliot Gardinerzum 70. Geburtstag

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er Monteverdi Choir, ge­gründet 1964, ist berühmt für seinen leidenschaft­lichen und virtuosen Ge­

sang. Im Lauf der letzten 45 Jahre wur­de er durchgehend zu den weltweit führenden Chören gezählt. Besonders hervorzuheben ist dabei seine Fähigkeit, Werke ganz unterschiedlicher Kompo­nisten in verschiedenen Sprachen und Ausdrucksformen stilistisch überzeu­gend zu präsentieren. Der Monteverdi

Choir ist auch ein Ort der Ausbildung für kommende Generationen von Chorsän­gern und Solisten: häufig werden Soli­stenpartien aus dem Chor heraus besetzt, und zahlreiche ehemalige Chorsänger konnten sich eine internationale Solisten­karriere erarbeiten. Seit 2007 trägt das Ausbildungssystem des Monteverdi Ap­prenticeship Scheme eine reizvolle neue Facette zum künstlerischen Profil des Chores bei.Der Chor unternahm zahlreiche vielbe­achtete Tourneen, unter denen die Bach Cantata Pilgrimage im Jahr 2000 anläss­

lich des 250. Todestages von Johann Se­bastian Bach eine absolute Sonderstel­lung einnimmt. 2004 feierte der Chor auf der Pilgrimage to Santiago das goldene Zeitalter der Polyphonie mit a cappella Konzerten in Kirchen entlang des Pil­gerwegs nach Santiago de Composte­la. Aufnahmen beider Pilgerfahrten sind auf dem eigenen Label Soli Deo Gloria erhältlich. Der Chor wurde vielfach mit Preisen ausgezeichnet und hat mittler­weile insgesamt mehr als 100 Einspie­

lungen aufzuweisen. Er ist regelmäßig an Opernproduktionen beteiligt, und zur­zeit ist er an einer fünfjährigen Residenz an der Pariser Opéra Comique beteiligt, innerhalb derer er bereits im Freischütz (Weber), L’Etoile (Chabrier) und Carmen (Bizet) aufgetreten ist. 2012 nahm der Chor an einer Vielzahl von Projekten mit unterschiedlichstem Repertoire teil. Im Frühjahr unternahm er eine Tournee mit englischer a cappella­Musik der Renais­sance sowie an Bachs Himmelfahrtskan­taten mit den English Baroque Soloists. Beide Programme wurden ebenso aufge­

nommen. Am Ende der Saison 2011/12 stand die Eröffnung der Salzburger Fest­spiele mit Haydns Schöpfung.2012 und 2013 hat der Chor neue mu­sikalische Partnerschaften begonnen, darunter mit dem Orchestre National de France / Choeur de Radio France mit Berlioz‘ Grande Messe des Morts, mit dem in Berlin beheimateten Mahler Chamber Orchestra und mit dem Leip­ziger Gewandhausorchester in Schu­manns Manfred.

Zu den weiteren Tourneeprojekten 2013 zählen die Fortführung der Zusammenar­beit mit dem London Symphony Orche­stra in Strawinskys Oedipus Rex sowie di­verse Bach­Konzerte. So wird der Chor am »Bach­Marathon« in London und anderen europäischen Städten teilnehmen sowie mit Bachs Oster­ und Himmelfahrtsorato­rium in Aldeburgh, Braunschweig, Leipzig und Versailles zu hören sein.

D

Monteverdi choir

d i e k ü n S t L e r v o n S O l I d E O G l O r I A

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45

ie English Baroque Soloists haben sich als eines der weltweit führenden auf hi­storischen Instrumenten

musizierenden Kammerorchester eta­bliert. Ihr Repertoire reicht von Mon­teverdi bis Mozart und Haydn, sie sind gleichermaßen in der Kammermusik so­wie im symphonischen und im Opernbe­reich zuhause, und ihr warmer und präzi­ser Ton ist unverwechselbar.Das Ensemble hat in zahlreichen groß­en Konzertsälen in aller Welt gespielt, darunter das Teatro della Scala in Mai­

land, das Sydney Opera House und das Amsterdamer Concertgebouw. In den 1990er Jahren führten sie Mozarts sieben große Opern auf und nahmen alle seine späten Symphonien sowie das komplette Klavierkonzert­Werk auf. Die jüngsten Aufnahmen der English Baroque Soloists auf dem Eigenlabel Soli Deo Gloria – da­runter die Brandenburgischen Konzerte und die Symphonien Nr. 39 und 41 von W. A. Mozart – wurden international ge­feiert.Regelmäßig treten die English Baroque Soloists mit dem Monteverdi Choir auf,

so auch im Rahmen der Bach Cantata Pil­grimage im Jahr 2000. Zuletzt arbeiteten beide Ensembles bei Aufnahmen und Tourneen von Bach­Motetten (2011) und Himmelfahrtskantaten (2012) zu­sammen. Am Ende der Saison 2011/12 stand die Eröffnung der Salzburger Fest­spiele mit Haydns Schöpfung.Zu den Tourneeprojekten 2013 zählen diverse Bach­Konzerte wie der »Bach­Marathon« in London und anderen eu­ropäischen Städten sowie das Oster­ und Himmelfahrtsoratorium in Aldeburgh, Braunschweig, Leipzig und Versailles.

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english baroque Soloists

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Vor hundert Jahren spielte und sang man die Musik von Johann Sebastian Bach mit romantischer Leidenschaft und fast schon wagnerianischem Orchester­Aufwand; heute gilt Originaltreue – alte Instrumente, alte, d.h. kleinere, Beset­zungen, alte Spielweisen, d.h. kein Vi­brato, »Terrassendynamik« (ohne cre­scendi oder decrescendi), alte »Manie­ren« (Verzierungen), und »alte«, nämlich tiefere Stimmung. Das ergibt ein anderes Klangbild, erstaunlicherweise ist es nicht ätherischer und entrückter, sondern dra­matischer und »moderner« als die ro­mantische Übermalung. Auch John Eliot Gardiner ist ein solcher »Modernisierer« aus dem Geiste des Barock.Bachs Oratorien und Kantaten sind in vie­lerlei Hinsicht geistliche Opern. Der musi­kalische Apparat der barocken Oper wird mobilisiert – die virtuosen Da­capo­Arien mit ihren kunstvollen Instrumentalsoli, die dramatischen Rezitative, die instrumen­talen Einleitungen und Intermezzi, die Di­aloge zwischen verschiedenen Personen. Aber gravierende Unterschiede trennen sie vom Theater und führen sie über die barocke Oper hinaus. An erster Stelle sind die grandiosen Chorsätze und Choräle zu nennen, die es in der Oper nicht gab.

Zweitens erzählten sie nicht erfundene antike Götter­ und Heldenmärchen, son­dern biblische Geschichten, und das war in den Augen der Zeitgenossen Realge­schichte. Ihre Helden waren verbindliche moralische Muster, denen es nachzule­ben galt. Und drittens ergab sich daraus eine andere Personal­Dramaturgie. Es tra­ten die neutestamentarischen Akteure auf

– Jesus und seine Jünger, Maria Magdale­na usw., doch mit ihnen, und oft in einer Person, die modernen Zeitgenossen, die das Geschehen kommentierten. Durch die Choräle war die Gemeinde als kollek­tiver Akteur in die Handlung einbezogen. Das gibt es auf dem Theater erst wieder bei Brecht. Das »Oster­Oratorium« BWV 249 und das »Himmelfahrtsoratorium« BWV 11 stehen im Schatten des »Weihnachtsora­torium« oder der großen Passionen. Das »Oster­Oratorium« war ursprünglich eine Geburtstags­Kantate für Herzog Christian von Sachsen­Weißenfels, uraufgeführt am 23. Februar 1725 auf Schloss Neu­Augu­stusburg. Doch schon am Ostersonntag 1725 erklang sie mit anderem Text als »Oster­Oratorium« in Leipzig. In der welt­lichen Kantate traten zwei Hirten auf, Da­moetas und Menalcas, die dem Herzog

JOhANN SEbAStIAN bAch (1685–1750)

OStEr-OrAtOrIuM bWv 249SINfONIA AdAGIO chor »kOMMt, EIlEt uNd lAufEt« reZitativ (aLt, SoPran, tenor, baSS) »O kAltEr MäNNEr SINN« arie (SoPran) »SEElE, dEINE SpEZErEIEN«reZitativ (tenor, baSS, aLt)»hIEr ISt dIE Gruft«arie (tenor) »SANftE SOll MEIN tOdESkuMMEr«reZitativ (SoPran, aLt) »INdESSEN SEufZEN WIr«arie (aLt) »SAGEt, SAGEt MIr GESchWINdE«reZitativ (baSS)»WIr SINd ErfrEut, dASS uNSEr JESuS WIEdEr lEbt«chor »prEIS uNd dANk«

hIMMElfAhrtSOrAtOrIuM bWv 11chor »lObEt GOtt IN SEINEN rEIchEN« reZitativ (tenor) »dEr hErr JESuS hub SEINE häNdE Auf«reZitativ (baSS) »Ach, JESu, ISt dEIN AbSchIEd SchON SO NAh?«arie (aLt) »Ach, blEIbE dOch, MEIN lIEbStES lEbEN« reZitativ (tenor) »uNd WArd AufGEhObEN ZuSEhENdS«choraL »NuN lIEGEt AllES uNtEr dIr«reZitativ (tenor, baSS) »uNd dA SIE IhM NAchSAhEN GEN hIMMEl fAhrEN«reZitativ (aLt) »Ach JA! SO kOMME bAld ZurÜck«reZitativ (tenor) »SIE AbEr bEtEtEN IhN AN«arie (SoPran) »JESu, dEINE GNAdENblIckE«choraL »WENN SOll ES dOch GESchEhEN«

dienStag, 18. Juni 2013 20.00 uhr

kAISErdOM köNIGSluttEr

SIrJOhN ElIOt GArdINEr

Leitung

hANNAh MOrrISON SoPran

MEG brAGlE aLt

NIchOlAS MulrOy tenor

pEtEr hArvEy baSS

MONtEvErdIchOIr

ENGlISh bArOquESOlOIStS

PrÄSentiert von bS ENErGy

bachSoratorien

Page 47: Soli Deo Gloria Magazin 2013

47

die Sorgen vertreiben sollten; der erste Chor begann mit den Zeilen »Entfliehet, verschwindet, entweichet, ihr Sorgen«. In der Kirche wurden daraus die Apostel Pe­trus und Johannes, und es hieß »Kommt, eilet und laufet, ihr flüchtigen Füße, er­reichet die Höhle, die Jesum bedeckt«. Vor den Eingangschor setzte Bach zwei Instrumentalstücke, eine »Sinfonia« und ein »Adagio«,die die Karfreitagsstimmung herbeirufen. Vermutlich waren das schon in Köthen komponierte Sätze für ein Con­certo grosso. Die drei großen Arien für Sopran, Tenor und Alt werden virtuos von obligaten Solo­Instrumenten, der Blockflöte und der Oboe d’amore, um­spielt. Bach lässt seine Solisten, auch die beiden Frauen als Maria Jakobi und Ma­ria Magdalena, als handelnde Personen wie im Theater auftreten. Die Musik, weit entfernt vom tragischen Ton der Passi­onen, klingt fröhlich und befreit, weil Je­sus dem Tod entronnen ist: »Höll und

Teufel sind bezwungen, ihre Pforten sind zerstört, vergesst den Schmerz und sinnt auf Freudenlieder, denn unser Heiland le­bet wieder.« Das Himmelfahrtsoratorium erklang zum erstenmal am 19. Mai 1735 zum Pfingstfest in Leipzig. Es umrahmte die Pfingst­Predigt. Der Eröffnungschor (»Lobet Gott in seinen Reichen«) war ei­ner 1732 komponierten Kantate für die Wiedereröffnung der Thomasschule ent­nommen. Auch andere Teile entstamm­ten früheren Werken, und andererseits ging die Alt­Arie »Ach, bleibe doch, mein liebstes Leben« in das »Agnus Dei« der h­Moll­Messe ein. Auch diese Kantate ist ein religiöses Theaterstück, eine Straßen­szene in Jerusalem. Ein Mann und zwei Frauen beobachten die Himmelfahrt des Heilands und kommentieren das Wunder­geschehen, während der Evangelist wie ein Reporter berichtet. Heute mutet es immer noch abwegig an, in Bachs Oratorien theatralische Mo­

mente aufzusuchen, denn lange hat man zwischen »geistlichen« und »weltlichen Werken eine strikte Trennungslinie ge­zogen. Zu Bachs Zeiten war das unnötig, weil es damals in Leipzig keine Oper gab. Der tonangebende Dramatiker war Jo­hann Christoph Gottsched (1700–1766), dessen Antiken­Stücke von der Trup­pe der Neuberin aufgeführt wurden. Er schrieb für Bach auch Kantatentexte. In der Theatralik berührten sich der gebil­dete Literaturprofessor und der univer­sale Thomaskantor. Die Trennung von Theater und Gottesdienst geht nicht nur an Bachs Kompositionspraxis vorbei, sie widerspricht auch seiner Aufführungs­praxis. Nicht in den sonntäglichen Kanta­ten, wohl aber in den Oratorien agierten die Sänger in Kostümen und waren im Kirchenraum verteilt. Sie standen nicht alle neben dem »Dirigenten«, den es nicht gab, denn Bach leitete die Auffüh­rungen vom Cembalo aus.

AZ Ein 210x135_ZW.indd 1 13.02.13 14:03

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lESSINGthEAtEr WOlfENbÜttEl

Mit den festwochen ab dem 24. Mai 2013 und der konzertanten Aufführung der Inszenierung »Eine Zauberflöte« von peter brook im rahmen von Soli deo Gloria wird das lessingtheater feierlich wiedereröffnet und ermöglicht dem Wolfenbütteler publikum nach Jahren des umbaus wieder den besuch des traditionsreichen hauses

der kunstneuen raum gegeben

d i e S P i e L S t Ä t t e n v o n S O l I d E O G l O r I A

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Page 50: Soli Deo Gloria Magazin 2013

50

Wolfenbüttel hat eine über 400 Jahre alte Theatertradition. Im 16. Jahrhun­dert gründete Herzog Heinrich­Julius in Schlossräumen das erste stehende Thea­ter Deutschlands – zu einer Zeit, in der es in Deutschland noch keine festen Theater gab. Die regelmäßig auftretende Thea­tergruppe mit englischen Berufsschau­spielern brachte Heinrich­Julius und der Stadt Wolfenbüttel daher den Ruf ein, Be­gründer des deutschen Theaters zu sein.Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erfolgt ein Einschnitt in diese Theatergeschich­te: Ende Dezember 1903 kommt es in Chicago zu einem verheerenden The­aterbrand mit über 600 Toten, der die Welt aufrüttelt. Es hat zuvor viele Brände in Theatern gegeben und ein eiserner Vorhang ist schon lange vorgeschrieben. Nach dem Brand in Chicago lässt Kaiser Wilhelm II. das Königliche Opernhaus in Berlin schließen und ordnet eine Über­prüfung aller Theater an.Dieser Überprüfung hält auch das Wolfenbütteler Schlosstheater nicht stand. Hier spielte das herzogliche En­semble aus Braunschweig zwanzig Mal im Jahr vor ausverkauftem Haus. Da die Vorstellungen jetzt nicht mehr stattfin­den können, bitten die Bürger den Re­genten um Erhalt der Aufführungen in Wolfenbüttel. Dieser sagt dies zu, wenn ein geeigneter Raum zur Verfügung steht. Da dies nicht der Fall ist, beschließen die Stadtverordneten am 23. März 1904 den Bau eines eigenen Theaters zu versuchen. Geplant durch den Braunschweiger Ar­chitekten Otto Rasche, wurde der Thea­terbau in Stahlbetonbauweise errichtet. Die Einweihung des im Stil des Jugendstil und Neoklassizismus errichteten Hauses erfolgte nach vierjähriger Planungsdauer

l E S S I N G t h E At E rW O l f E N b Ü t t E l

Bild oben: Der Blick in den Zuschauerraum im Jahre 1909.

Parkett und 2. Rang sind voll bestuhlt, der 1. Rang ist in Logen unterteilt

 Darunter:

Der Blick auf das Bühnenportal im Jahre 1909 vom 1. Rang aus

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frühjahr 2013: Goldverzierungen aus blattgold und die Schablonenmalerei im Saal und in den Wandelgängen lassen das theater wieder erstrahlen

Page 52: Soli Deo Gloria Magazin 2013

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Ein krater im theater:Im frühjahr 2011 wird mitten

im ehemaligen Zuschauerraum das bis dato nicht vorhandene

untergeschoss ausgehoben

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53

lESSINGthEAtEr WOlfENbÜttElHarztorwall 1638300 Wolfenbü[email protected] tElEfONISchEr kArtENSErvIcEMontag bis Freitag: 10 bis 18 UhrSamstag: 10 bis 14 UhrTelefon: 05331 86-501 und 86-502

thEAtErkASSEStadtmarkt 7A38300 WolfenbüttelÖffnungszeitenMontag bis Freitag: 10 bis 18 UhrSamstag: 10 bis 14 Uhr

Öffnungszeiten der Abendkasse am Theater jeweils eine Stunde vor der Vorstellung

und nach nur einjähriger Bauzeit am 25. September 1909 mit der Aufführung von Gotthold Ephraim Lessings Nathan der Weise. Erst 1929 erhielt es seinen heu­tigen Namen, bis dahin wurde es Stadt­theater genannt. Als Haus ohne eigenes Ensemble bot es regelmäßig Gastspiele mit wechselnden Programmen.Im Januar 2007 wurde das Theater geschlossen, weil es nicht mehr den gesetzlichen Brandschutzanforderungen entsprach. Auch musste stetig in die Ka­takomben eindringendes Wasser aufge­fangen und entsorgt werden. Vorausge­hende Planungen und ausgeschriebene Architektenwettbewerbe sahen diverse Umbauten und Erweiterungen in dem historischen Gebäude vor, um einen mo­dernen Theaterbetrieb zu ermöglichen.Im Rahmen der Sanierung wurde die An­zahl an Sitzplätzen im Parkett und in der Galerie reduziert, wobei lediglich die Plätze mit schlechter Sicht auf die Bühne ausgelassen wurden. Durch Anbauten aus Stahl und Glas und die Verlegung von funktionellen Bereichen wurden die Räumlichkeiten über Tage wie z.B. Foyer

und Galerie offener und geräumiger. Der um drei Meter tiefer gelegte und er­weiterte Keller bietet ausreichend Platz für Bühnenbilder, Technik und Lager. Ebenso finden dort die Bewirtschaftung, Toiletten und die Garderoben Platz. Für die Erweiterung wurde der Grundwas­serspiegel auf sieben Meter abgesenkt und eine Betonwanne unter das beste­hende Theatergebäude gebaut. Dazu wurden mit Spundwänden, Stahlstützen unter dem Gebäude, einer neuen Beton­sohle und Zementinjektionen in Mau­erwerk und umgebendes Gelände die Voraussetzungen für die Gebäudestatik geschaffen. Zu den Sanierungsarbeiten zählten sowohl der Tiefbau mit dem Aus­hub von Erdreich als auch die teilweise Entkernung und der Rohbau im Innern. Vom denkmalgeschützten Theater blieb außenwirksam die Gebäudehülle beste­hen, welche durch Glasanbauten ergänzt wurde. Im zwanzig Meter hohen Thea­ter­ bzw. Bühnenturm wurde erstmals in Deutschland eine Hochdruck­Sprüh­nebelanlage zur Minderung von Brand­ und Löschwasserschäden installiert.

das foyer bzw. der Wandelgang im 1. rang im Stadium zwischen Abriss und Wiederaufbau

Page 54: Soli Deo Gloria Magazin 2013

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In welchem rahmen enga-giert sich vW für kultur?

» Das international angelegte Volks­wagen Kulturengagement versteht

sich in erster Linie als »Gesellschaftliche Verantwortung«. Volkswagen ist auf der ganzen Welt präsent und unterstützt da­her zahlreiche kulturelle Projekte auf ganz unterschiedlichen Ebenen. Dazu gehört beispielsweise Musikunterricht für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche in Sao Paulo. In Deutschland und beson­ders am Standort engagieren wir uns für die unterschiedlichsten Themen, unter anderem für die klassische Musik wie beim Soli Deo Gloria Festival.  Schließ­lich pflegen wir eine enge Partnerschaft mit dem New Yorker Museum of Modern Art, eines der weltweit führenden Kun­stinstitutionen. Auch hier zählt für uns, dass sich die Marke auf anspruchsvolle Art und Weise mit Fragen der globalisier­ten Welt im Bereich der Kunst auseinan­dersetzt.

Warum hat sich vW für kul-tur-Sponsoring entschieden?

» Kultur ist ein lebendiger Teil der Gesellschaft. Sie eröffnet neue Ho­

rizonte, stellt Dinge in Frage, sie sorgt für glückliche Momente und für nachdenk­liche. Ein Unternehmen von der Größe Volkswagens ist ebenso ein wichtiger Be­standteil der Gesellschaft. Diese Position ist zugleich eine Verpflichtung, zu einer funktionierenden Gesellschaft beizutra­gen. Dazu gehört eben auch Kultur in all ihren Ausprägungen. Zum Volkswagen Kunst­ und Kulturengagement gehört auch die Förderung des Nachwuchses und die Förderung von Bildungspro­jekten. Die so genannten weichen Fak­toren wie die Haltung zu gesellschaft­lichen Themen, Kulturengagement, cor­porate social responsibility nehmen im­mer mehr Einfluss auf die Kaufentschei­dung und das Image einer Marke

Warum hat vW gerade die unterstützung von Soli deo Gloria - braunschweig festival ausgewählt?

» Hier in Niedersachsen hat sich in­nerhalb der letzten Jahrzehnte eine

sehr lebendige und hochkarätige Kunst­ und Kulturszene entwickelt. Das Soli Deo Gloria Festival ist zweifelsohne das jähr­liche Highlight und bringt international gefeierte Ensembles und Solisten nach Braunschweig. Diesen Erfolg und die weitere Entwicklung dieser Idee fördert Volkswagen. Braunschweig und Wolfs­burg gehören natürlich auch zu den zen­tralen Standorten des Konzerns.

Welche unternehmensziele verfolgt vW mit dem Sponsoring?

» Wir möchten dazu beitragen, dass das Konzertprogramm von Soli

Deo Gloria auch in diesem Jahr begeis­tert: die Musiker, die vielen Besucher und die Kritiker. Wir freuen uns, dass sich die Veranstaltungsreihe so fest etabliert und viele Stammbesucher gewonnen hat, und mit unserem Beitrag wollen wir helfen, dass in den kommenden Jahren weitere künstlerische Höhepunkte in der Region realisiert werden können.

Wie ist das feedback Ihrer kunden und Mitarbeiter?

» In der Region arbeiten viele tau­send Menschen unmittelbar und

mittelbar für Volkswagen. Zahlreiche von ihnen haben bereits die Soli Deo Gloria Konzerte besucht, und auch in diesem Jahr werden sicher viele wieder dabei sein. Die Verbindung von Elementen der klassischen Musik und moderner Kunst kam bisher sehr gut an. 

Ist kultursponsoring für vW eine unternehmerische chance … und verpflichtung?

S O l I d E O G l O r I A I N t E r v I E W

»volkswagen legt großen Wert auf Förderung von

kunst und kultur, sagt Benita von Maltzahn, die

Leiterin des ressorts ›kul-tur und gesellschaft‹ in der

volkswagen konzernkom-munikation, auch und vor allem im regionalen um-

feld unserer Standorte. die langfristige Partnerschaft mit Soli deo gloria ist für

uns ein idealer Weg.«

das Glanzlicht der region

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» Wir sehen dies definitiv als Chance. Kultur braucht Räume zur Entfal­

tung, um das Leben zu bereichern. Wir wollen helfen, den Rahmen zu schaffen, damit die Reflexion über Kultur möglich wird und neue Ideen sowie Denkweisen ihren Platz erhalten. Nur so gibt es eine Weiterentwicklung. Das kann ganz kon­kret z.B. das Design von Fahrzeugen und Technologien betreffen, aber auch die Gesellschaft insgesamt.

befruchtet die befassung mit kunst und kultur unter-nehmerische Exzellenz?

» Kunst und Kultur haben derart viele Facetten, dass es nicht richtig

wäre, nur in Richtung Exzellenz zu den­ken. Wir unterstützen beispielsweise den Starpianisten Lang Lang, und seine Kon­zerte sind ein großartiges Erlebnis. Für

unsere Zusammenarbeit mit dem Künst­ler zählt aber ebenso sein Engagement für die musikalische Bildung der Kinder in China. Das Verständnis für Kunst för­dert die Kreativität. Die braucht man, um die Lösungen für morgen zu entwickeln, und das wäre dann durchaus unterneh­merische Exzellenz.

Ist kultursponsoring für vW eine gesellschaftliche verantwortung?

» Ich erwähnte ja bereits, dass das Volkswagen Kulturengagement

sich in erster Linie als gesellschaft­liche Verantwortung versteht. Hier in Deutschland, aber auch in vielen ande­ren Ländern, in denen der Konzern Men­schen Arbeit gibt, für Mobilität und Inno­vation sorgt. Selbstverständlich erwächst daraus auch eine Verantwortung, sich in

das gesellschaftliche Leben einzubrin­gen. Die Förderung von Kunst und Kul­tur ist hierbei ein ganz wichtiger Beitrag und für Künstler und Kulturschaffende eine wichtige Quelle, um Projekte um­setzen zu können.

für welchen kulturellen bereich interessieren Sie sich persönlich?

» Ich habe in England Kunstgeschich­te studiert und dabei eine Vorliebe

für moderne und zeitgenössische Kunst entwickelt. Wenn es meine Zeit erlaubt, gehe ich zudem gern in Klassische Kon­zerte und besuche Vernissagen von jun­gen Künstlern.herzlichen dank für dieses Gespräch.

Das Interview mit Benita von Maltzahnführte Martin Winrich Becker.

Emilia Romagna WeimarAuf den Spuren von Verdi: „Aida“ in Verona „Lohengrin“ zum Wagner-JubiläumMusik liegt in der Luft bei dieser Reise. In Cremona hängt der italienische Himmel voller Geigen, dann wandeln Sie in lieblichen Landschaften auf den Spuren des genialen Kom-ponisten Verdi. Eines seiner Werke hören Sie vor einer Traumkulisse in lauer Sommer-nacht: Während sich der Himmel über der Arena von Verona allmählich nachtblau färbt, ertönen die grandiosen Klänge der „Aida“.

2013 jährt sich der Geburtstag Richard Wagners zum 200. Mal. Das muss gefeiert werden: Freuen Sie sich auf „Lohengrin“ im Deutschen Nationaltheater. Natürlich ist Weimar auch ein Hort der hohen Literatur. Ihr erstes Ziel hier ist der ovale Rokokosaal der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek. Die Weimarer Klassik lebt … in den bestens erhaltenen Wohnhäusern ihrer großen Geister Goethe und Schiller.

KuLTuRREISEN KuLTuRREISEN

13.09. – 15.09.2013Mindestteilnehmerzahl: 20 Personen

21.08. – 26.08.2013Mindestteilnehmerzahl: 20 Personen

ab 498,– €pro Person im DoppelzimmerEinzelzimmerzuschlag: 46,– €

ab 1.195,– €pro Person im DoppelzimmerEinzelzimmerzuschlag: 125,– €

Veranstalter:Veranstalter:

Buchung und Beratung im Leserreisen-Center, Schild 10, Braunschweig

oder telefonisch: 0531 / 3900-470 und -471 sowie in den Service-Centern unserer Zeitung.

Page 56: Soli Deo Gloria Magazin 2013

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WagnersWunderharfe

das Wagner-Jahr 2013 bildet den Anlass für ein Galakonzert mit der Sächsischen Staatskapelle dresden und Johan botha unter der leitung von christian thielemann im Staatstheater braunschweig

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das Wagner-Jahr 2013 bildet den Anlass für ein Galakonzert mit der Sächsischen Staatskapelle dresden und Johan botha unter der leitung von christian thielemann im Staatstheater braunschweig

Richard Wagner wird 1843 nach dem großen Erfolg seines »Rienzi« im Vorjahr am Königlichen Hoftheater zum Hof­kapellmeister ernannt – dies bedeutet für ihn den endgültigen musikalischen Durchbruch. Es folgte eine fünfjährige Zusammenarbeit mit dem Orchester, das er als seine »Wunderharfe« bezeichnete, und das heute unter dem Namen Säch­sische Staatskapelle Dresden fortlebt.Am 22. September 2008 feierte dieses Traditionsorchester ihr 460­jähriges Be­stehen: 1548 durch Kurfürst Moritz von Sachsen gegründet, ist es eines der älte­sten Klangkörper der Welt. Bedeutende Kapellmeister und international geschätz­te Instrumentalisten haben die Geschich­te der einstigen Hofkapelle geprägt. Zu ihren Leitern gehörten neben Wag­ner u.a. Heinrich Schütz, Johann Adolf Hasse, Carl Maria von Weber. Bedeu­tende  Chefdirigenten der letzten 100 Jahre waren Ernst von Schuch, Fritz Reiner, Fritz Busch, Karl Böhm, Joseph Keilberth, Rudolf Kempe, Otmar Suit­ner, Kurt Sanderling, Herbert Blom­stedt und Giuseppe Sinopoli. Ab 2002 standen Bernard Haitink (bis 2004) und Fabio Luisi (2007­2010) an der Spitze des Orchesters. Zu Beginn der Saison 2012/2013 übernahm Christian Thiele­mann  die Position des Chefdirigenten der Sächsischen Staatskapelle. Richard Strauss war der Staatskapelle mehr als sechzig Jahre lang freundschaft­lich verbunden. Neun seiner Opern, da­runter »Salome «, »Elektra« und »Der Ro­senkavalier«, wurden in Dresden urauf­geführt; seine »Alpensinfonie« widmete er der Staatskapelle. Auch zahlreiche an­

dere berühmte Komponisten schrieben

Werke, die von der Staatskapelle urauf­

geführt wurden bzw. ihr gewidmet sind.

An diese Tradition knüpft das Orchester

seit 2007 mit dem Titel »Capell­Compo­

siteur« an, den seither die Komponisten

Isabel Mundry, Bernhard Lang, Rebecca

Saunders, Johannes Maria Staud und Lera

Auerbach innehatten. Capell­Composi­

teur der Saison 2012/2013 war der vor

kurzem verstorbene Hans Werner Henze.

Die Sächsische Staatskapelle ist in der

Semperoper beheimatet und hier pro

Saison in etwa 260 Opern­ und Ballettauf­

führungen zu hören. Hinzu kommen ca.

50 symphonische und kammermusika­

lische Konzerte sowie Aufführungen in

der Dresdner Frauenkirche. Seit diesem

Jahr ist die Sächsische Staatskapelle Dres­

den das Orchester der Osterfestspiele

Salzburg, deren Künstlerischer Leiter

Christian Thielemann ist.

Partner der Sächsischen Staatskapelle

Dresden ist seit 2008 Die Gläserne Ma­

nufaktur von Volkswagen. Auf dem Pro­

gramm des Galakonzerts stehen Auszü­

ge aus »Lohengrin«, »Tannhäuser«, »Der

Fliegende Holländer« – und natürlich

»Rienzi«.

R

dienStag, 3. SePteMber 2013 20.00 uhrStAAtSthEAtEr brAuNSchWEIGSONdErkONZErtWAGNEr-GAlAStAAtSkApEllE drESdENchrIStIAN thIElEMANN LeitungJOhAN bOthA tenor

PrÄSentiert von vOlkSWAGEN

Page 58: Soli Deo Gloria Magazin 2013

M A G A Z I N

b r a u n s c h w e i g f e s t i v a l

Veranstalter:Soli Deo Gloria – Braunschweig FestivalVerein zur Förderung der Feste Alter Musik im Braunschweiger Land e.V.Haus der Braunschweigischen StiftungenLöwenwall 16, 38100 Braunschweigwww.solideogloria.de

in Kooperation mit:Cm Reimann GmbHAdlershofer Straße 612557 Berlin

Künstlerischer Direktor: Günther Graf von der Schulenburg

Einführungen:Dr. Gerhard Müller Redaktion: Birgit Niemeyer Layout: Siegmar Förster (www.sfbdesign.de) Bildnachweis:Andreas Greiner­Napp: Cover, S. 6­9, S. 42Colm Hogan: S. 10 (Peter Brook)Pascal Victor / Artcomart: S. 11­15 (Eine Zauberflöte)Günther Graf v. d. Schulenburg: S. 19Felix Broede: S. 20 (Konstantin Lifschitz)Barbara Frommann: S. 24/25 (Klavierduo Koroliov)AMC Verona: S. 29 (Grigory Sokolov)Christiane Höhne: S. 32/33 (Leipziger Blechbläser)Brigitte Dummer: S. 36 (Jochen Kowalski)Daniel Klaucke: S. 37 (Daniel Trumbull)Matthew Andrews: S. 44/45 (MCO & EBS)Chris Christodoulou: S. 40/41 (John Eliot Gardiner)Lessingtheater Wolfenbüttel: S. 48­53Benita von Maltzahn: S. 54Wilfried Beege: S. 56 (Johan Botha)Matthias Creutziger: S. 56 (Sächsische Staatskapelle Dresden)

Deutsche Übersetzung des Interviews mit Peter Brook mit freundlicher Genehmigung der Théâtres de la Ville de LuxembourgBiographien Peter Brook, Franck Krawczyk, Marie­Hélène Estienne, Vincent Pavesi und Abdou Ouologuem mit freundlicher Genehmigung des Musikfest Bremen.

Bild­ und Tonaufnahmen sind nicht gestattet.Redaktionsschluss: 8. Mai 2013Programm­ und Besetzungsänderungen vorbehalten.

W I R D A N K E N U N S E R E N F Ö R D E R E R N

U N D D E M F R E U N D E S K R E I S S O L I D E O G L O R I A

F Ü R D I E G R O S S Z Ü G I G E U N T E R S T Ü T Z U N G

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Die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz trägt die reiche Ge­schichte einer selbstbewussten Region in der Mitte Europas in die Zukunft. Sie ist lebendiges Beispiel dafür, dass traditionell und modern, zukunftsorientiert und historisch keine Gegensätze sind. Seit ihrer Gründung im Jahr 2005 vereint die Stiftung unter ihrem Dach den Braunschweigi­schen Vereinigten Kloster­ und

Studienfonds und die Braun­schweig­Stiftung. Aus den Erträgen des Teilvermö­gens Braunschweigischer Verei­nigter Kloster­ und Studienfonds unterstützt die Stiftung kirchliche, kulturelle und soziale Projekte. In den Genuss der Zuwendun­gen aus dem Teilvermögen der Braunschweig­Stiftung kommen die Technische Universität, das Braunschweigische Landesmuse­

um und das Staatstheater Braun­schweig. So bewahrt und fördert sie seit 1569 die kulturelle und historische Identität des ehema­ligen Landes Braunschweig und sichert die Grundlagen der gesell­schaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung in dieser Region.Außerdem hat sie für das Land Niedersachsen die Organisation der regionalen Kulturförderung übernommen. 

Tradition bewahren – Zukunft fördern

Erfolgsmodell StiftungDie Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz ist seit der Errich­tung des Klosterfonds 1569 eine Erfolgsgeschichte. Immer wieder hat die Intention Herzog Julius’ als Begründer der Stiftung ihre Kraft entfaltet: ein großes Ver­mögen zu widmen und nachhal­tig für die Zukunft zu bewahren. Und in eben dieser Tradition ist

auch die Entscheidung von Nie­dersächsischem Parlament und Landesregierung im Jahr 2004 zu sehen, als das neue Dach für die überkommenen Vermögen ge­schaffen worden ist.Die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz ist in jeglicher Hin­sicht ein Erfolgsmodell – ein Braun­schweigisches Erfolgsmodell!

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www.volkswagen.de

1 Touareg, V6-TSI Hybrid, 245 kW (333 PS) und 34,3 kW (46 PS), Kraftstoffverbrauch,

l/100 km, innerorts 8,7/außerorts 7,9/kombiniert 8,2; CO2-Emission, kombiniert 193 g/km.

Gemäß RL 1999/100/EG, abhängig von Fahrweise, Straßen- und Verkehrsverhältnissen.

Abbildung zeigt Sonderausstattung gegen Mehrpreis.

Der erste

der mit Adrenalin fährt.

Rocking the Hybrid. Der Touareg. Ausgestattet mit optionalen Technologien wie der dynamischen Fernlichtregulierung

„Dynamic Light Assist“, dem Spurhalteassistenten „Lane Assist“ oder der Distanz-

regelung ACC nimmt der Touareg seinem Fahrer viele Dinge ab, die das Fahren an-

strengend machen können. Schließlich soll Sie nichts davon ablenken, hinter dem

Steuer eines Autos zu sitzen, dessen außergewöhnlich leistungsstarker und umwelt-

schonender Hybrid1-Antrieb jede Strecke in ein unvergessliches Erlebnis verwandelt.

VW_NF_TOUAREG_Adrenalin 210x270_9218.indd 1 14.02.13 15:53