Sonderdruck aus Professional System - IFBsoftUmsetzung von typischen Architektenzeich-nungen sein....

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Sonderdruck aus Professional System: ULYSSES IM TEST

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ULYSSES IM TEST

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In nahezu allen öffentlichen Räumen und Gebäuden werdenheute Lautsprecheranlagen unterschiedlichster Art und Größezur Übertragung von Musik oder Sprache eingesetzt. TypischeEinsatzbereiche sind hier Versammlungsräume, Sitzungssäle,Sportarenen, Bahnhofshallen oder Kirchen. Meist steht dieSprachübertragung im Vordergrund, womit auch schon klareAnforderungen an die Übertragungsqualität, d.h. an dieSprachverständlichkeit gestellt sind. Auch durch die Gesetz-gebung wurden in den letzten Jahren einige Richtlinien fürdie Leistungsfähigkeit solcher Anlagen vorgegeben, mit de-nen unter anderem sichergestellt werden soll, daß in Krisen-situationen noch Durchsagen an das Publikum gemacht wer-den können. Nicht weniger interessant und natürlich auchproblematisch können die Anforderungen bei der Übertra-gung von Musik sein. Soweit es sich um eine Hintergrundbe-

schallung (z. B. in einem Kaufhaus) handelt, wird der primä-re Aspekt eine unauffällige Installation mit möglichst gleich-mäßiger Beschallung einer großen Fläche sein. Nicht nur Mu-sik, sondern auch angenehm klingende Klangkompositionensollen über solche Lautsprecheranlagen wiedergegeben wer-den. Ein gutes Beispiel kommt hier aus dem Bereich des Aku-stik-Designs, wo gezielt versucht wird, durch Einspielung be-stimmter Klänge ein passendes akustisches Umfeld zu erzeu-gen. In einem architektonisch sehr offen gestaltetenKundenbereich einer Bank mag dem ein oder anderen Kun-den, wenn es um Kreditverhandlung geht, das ungute Gefühlbeschleichen, vom Nachbartisch könnte jemand mithören.Unauffällig eingespielte Klang- und Geräuschkulissen könnenin solchen Fällen mehr oder weniger unbewußt den Eindruckder akustischen Abgeschlossenheit erzeugen und das Wohl-

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Raumakust ische S imulat ion

U l y s s e sVom Ingenieurbüro für Bescha l lungstechnik ( I FB-Soft ) in B i schofshe im g ibt es das

e lekt ro- und raumakust i sche S imulat ionsprogramm Ulysses . D ie Anwenderz ie lgruppe

wird in den P lanungs- und Pro jekt ie rungsbüros für Bescha l lungsan lagen a l le r Art

gesehen, denen mit U lysses e in schne l les H i l f smi t te l zur Vorhersage der Ergebnisse

ihrer Entwürfe an d ie Hand gegeben werden so l l .

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befinden der Kunden wieder herstellen. Dieses vielleicht einwenig exotisch anmutende Beispiel ist durchaus nicht so welt-fremd, wie es zunächst erscheint. Immer häufiger wird dasakustische Design neuer Räume, Gebäude und auch öffentli-cher Plätze nicht dem Zufall überlassen, sondern aktiv beein-flußt. Nach diesem kurzen Exkurs über Einsatzmöglichkeiten vonLautsprecheranlagen wird der Wunsch der hiermit beschäf-tigten Künstler und Techniker klar, ein Werkzeug an der Handzu haben, mit dem sich die Ergebnisse einer neuen Installati-on in gewissen Grenzen vorhersagen lassen. Auch bei mobi-len Aufbauten für Konzerte oder Filmvorführungen wird im-mer häufiger in der Planungsphase von akustischen CAD-Pro-grammen Gebrauch gemacht. In verschiedenen Hochschuleinrichtungen und Entwicklungs-abteilungen von Firmen wird seit vielen Jahren bereits eifrigan der Konzeptionierung und Programmierung solcher aku-stischen CAD-Software gearbeitet. Dank immer leistungs-fähigerer PCs ist der Einsatz dieser rechenintensiven Pro-gramme schon vor etlichen Jahren auch auf bezahlbarer PC-Hardware möglich geworden, womit einer weiten Ver-breitung der Weg geebnet war. In ihrer Zielsetzung sind die-se Programme in zwei Gruppen zu unterteilen, die ihre Er-gebnisse nur optisch präsentieren oder aber auch eine soge-nannte Auralisation des simulierten Raumes erlauben. Für dieAuralisation wird neben der Schallfeldverteilung auch die

Impulsantwort eines Übertragungsweges zwischen einer Sen-der- und Empfängerposition berechnet. Damit wird eintatsächliches Hineinhören in einen Raum, der ja evtl. noch garnicht existiert, möglich gemacht. Über DSP-Systeme kanndann ein beliebiges und natürlich möglichst nachhallfrei auf-genommenes Musikmaterial in Echtzeit abgehört werden.Der Anspruch an die berechnete Impulsantwort ist dabeirecht hoch, was mit längeren Rechenzeiten einhergeht undnatürlich auch entsprechend genaue Daten über den Raumund die akustischen Beschaffenheiten der dort verwendetenMaterialien verlangt.Ulysses stellt hier eine Variante der Auralisation ohne Echt-zeitbearbeitung bereit, die dafür aber auf dem PC in kurzerZeit berechnet und über ein Audiointerface abgehört werdenkann. Näheres hierzu später.Der nächste Schritt zur virtuellen Realität, wo dann auch be-wegte Sender und Empfänger oder auch Kopfbewegungendes Hörers in Echtzeit berücksichtigt werden können, gewinntim Zusammenhang mit neuen Medien und Kommunikations-möglichkeiten zunehmend an Bedeutung. Zur Zeit benötigendiese Verfahren jedoch noch leistungsstarke externe Hard-ware neben dem eigentlichen PC, so daß sie sich noch in ei-nem Stadium befinden, wo die Anwendung auf einige For-schungslabors beschränkt ist. Die rasante Entwicklung aufdem Computermarkt dürfte aber auch dieses alsbald dem PC-User zugänglich machen.

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BEISPIELSIMULATION:SCHRITT FÜR SCHRITT

Anhand eines einfachen Beispieles soll ein-mal die Arbeitsweise mit Ulysses kurz veran-schaulicht werden. Zu Beginn einer jeder Be-rechnung steht die von Fall zu Fall recht ar-beitsintensive Eingabe der Raumdaten,soweit keine Dateien in einem importfähi-gen Format vorliegen. Typische Bauzeich-nungen mit sehr vielen Details, die akustischnicht relevant sind, helfen hier leider auchnicht weiter, da meist der Aufwand zur Auf-arbeitung einer solchen Datei die Neueinga-be sogar noch übertrifft. Der entscheidendeFaktor aber dürfte die Erfahrung im Um-gang mit dem Ulysses-Editor und bei derUmsetzung von typischen Architektenzeich-nungen sein. Hat man nach kurzer Zeit ersteinmal die prinzipielle Vorgehensweise desgrafischen 3D-Editors in der Design Engineüberblickt, so kommt man sehr schnell zu ei-ner routinierten Arbeitsweise, mit der dieRaumeingabe dann zügig von der Handgeht. Vorab sollte man sich allerdings schonGedanken dazu machen, wie der Aufbau desRaumes am Rechner möglichst einfach von-statten geht und wie man durch Kopier- undSpiegelfunktionen die Arbeit beschleunigenkann. Neben der grafischen Eingabe könnenalle Positionierungen im Ulysses auch nume-

RAUMSIMULATIONS-THEORIEDie einzig wirklich exakte Beschreibung der Schallausbreitungist über die wellentheoretische Betrachtung unter Beachtungaller Randbedingungen möglich. Randbedingungen sind da-bei die auf den Raumbegrenzungen erzwungenen Zustände,z. B. ein Schalldruckmaximum auf einer schallharten Wand.Eine analytische oder auch nur numerische Lösung der Wel-

lengleichung ist aber nur für sehr einfache Fälle, z. B. einenQuaderraum, überhaupt praktikabel. Anwendungen in derForschung finden sich zur Zeit mit der Finite-Elemente-Me-thode (FEM) zur Untersuchung von Beugungseffekten bei tie-fen Frequenzen. Für diejenigen Frequenzbereiche, bei denen die Raumabmes-sungen als groß gegenüber der Wellenlänge betrachtet wer-

den können, bieten die einfacheren Modell-vorstellungen der geometrischen Akustik dieeffektivste Möglichkeit einer Berechnung desSchallfeldes. Die Schallausbreitung wird hierauf Spiegelquellen bzw. Strahlengänge be-schränkt, deren Position bzw. Verlauf nachgeometrischen Gesetzen verfolgt werdenkann.Bei der Strahlenverfolgung kann eine Schall-quelle anschaulich als Sender von Schallteil-chen betrachtet werden, deren richtungsab-hängige Dichte das Richtverhalten der Quellebeschreibt. Die Schallteilchen gelangen dannauf direktem Wege – das wäre der Direkt-schall – oder über eine oder mehrere Wand-reflexionen zum Empfänger. Abhängig vonder Beschaffenheit des Wandmateriales undder Frequenz werden dann die Schallteilchen

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Eine einfache Bauzeichnung (Beispiel) ist oft erste Grundlage zur Ermittlung der Raumdaten.

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bei der Reflexion mehr oder weniger stark absorbiert. Die Re-flexion kann rein geometrischen Charakter haben oder auchdiffus streuend sein. Soll nun für einen gegebenen räumlichenBereich die Schallfeldverteilung berechnet werden, so ist die-ses gleich der Bestrahlungsdichte durch die Schallteilchen.Wandabsorption und Luftdämpfung können in diesem Modelldurch eine frequenzabhängige Verminderung der Schallteil-chenenergie bedacht werden.

ULYSSES’ SIMULATIONS-ENGINEUlysses verwendet die beiden Verfahren der geometrischenAkustik mit Spiegelquellen bzw. Strahlenverfolgung in Kom-bination. Für das Spiegelquellenverfahren ist jede Quelle imersten Durchlauf an jeder von ihrer Position aus sichtbarenBegrenzungsfläche zu spiegeln, um alle Reflexionen ersterOrdnung zu erfassen. Im zweiten Durchlauf für die Reflexio-nen zweiter Ordnung sind nun all dieses Spiegelquellen ih-rerseits wieder an allen für sie sichtbaren Begrenzungs-flächen zu spiegeln, womit die Anzahl der Quellen exponen-tiell ansteigt. Für einen Beispielraum mit 36 Wandflächen(Anzahl W) und vier Quellen (Anzahl Q) sind somit für denDirektschall vier Quellen, für die Reflexionen 1. Ordnung 144Quellen, für die Reflexionen 2. Ordnung schon 5184 Quellenzu berücksichtigen, womit sich leicht erkennen läßt, daß derRechenaufwand sehr schnell unermeßliche Formen anneh-men kann. Für die n-te Ordnung läßt sich die Anzahl der Re-chenoperationen damit zu

berechnenDas Verfahren der Strahlenverfolgung verhält sich hier weni-ger kritisch, wo der Rechenaufwand nur linear mit der Ord-nung wächst. Für den Fall, daß von der Quelle die Schallstrahlen im 1-Grad-Raster ausgesandt werden, starten ca. 65.000 Strahlen (An-zahl S) pro Quelle, die über eine bestimmte Anzahl Reflexio-nen bis zum gewünschten Ordnungsgrad verfolgt werden.

Für die n-te Ordnung ist jetzt die Anzahl der Rechenopera-tionen mit

zu berechnen. Bezüglich des Rechenaufwandes bietet dieStrahlenverfolgung so schon bei recht geringen Ordnungendeutliche Vorteile bezüglich des Rechenaufwandes, der al-lerdings mit dem Nachteil einer geringeren Genauigkeit er-kauft werden muß, da die Schallstrahlen nicht unendlichdicht sind und unter Umständen daher auch nicht alle Be-grenzungsflächen treffen. Ulysses macht daher einen gutenKompromiß und berechnet die ersten und besonders wich-tigen Reflexionen nach der 100% genauen Spiegelquellen-methode und die späteren Reflexionen mit der Strahlenver-folgung, beginnend mit der Ordnung, bei der die Strahlen-verfolgung eine geringere Rechenleistung erfordert als dieSpiegelquellen. In einer Formel ausgedrückt heißt das, ab ei-ner Ordnung n, für die gilt:

wird die Strahlenverfolgung verwendet und für alle geringe-ren Ordnungen die Spiegelquellenmethode.

EINSTIEG INS PROGRAMMDie Ulysses-Software besteht aus vier Windows-basierten Ein-zelprogrammen und bietet die üblichen Funktionen, die manhier auch von anderen Programmen kennt. Angenehm fälltallerdings die hohe Arbeitsgeschwindigkeit auf, insbesonde-re der Grafikaufbau und der auffällig geringe Speicherplatz-bedarf. Sowohl das eigentliche Ulysses-Programm wie auchdie zugehörigen Dateien sind so kompakt, daß sie problem-los auf eine Diskette passen. Ebenso angenehm und eigent-lich untypisch geht die Installation vonstatten, wo lediglichein Zip-File im gewünschten Verzeichnis zu entpacken ist unddamit schon alles erledigt wäre. Das IFB bietet eine Demo-Ver-

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sion kostenlos an, die alle Funktionen beinhaltet, aber nichtspeichern kann. Beim Kauf des Programmes wird die Demo-Version durch einen rechnerspezifischen Freischaltcode in ei-ne Vollversion verwandelt, und der Arbeit steht nichts mehrim Wege. Wie bereits zu Beginn erwähnt, handelt es sich umvier einzelne Programme:

– Absorber Base– Speaker Builder– Viewer– Design Engine

Das eigentliche Kernprogramm mit allen Rechenfunktionenist die Design Engine, in der die Räume editiert, die Laut-sprecher plaziert und alle Berechnungen ausgeführt undderen Resultate dargestellt werden. Als Ausgangsdatenbenötigt die Design Engine eine Lautsprecher- und eineAbsorber-Datenbank, die mit den entsprechenden Hilfs-

programmen Speaker Builder und Absorber Base erstellt und bearbeitet werden können. Für die eigentliche Arbeitmit Ulysses wird daher nur die Design Engine benötigt. Spea-ker Builder und Absorber Base dienen dagegen dem nor-malen Anwender eher zur Darstellung einer Übersicht, wasalles in den Datenbanken enthalten ist. Hersteller vonLautsprechern können den Speaker Builder in einer speziel-len Version beziehen, mit dem geschützte Datenbankenerstellt werden können, die bei einer späteren Anwendungnicht mehr zu verändern sind. Auf der anderen Seite gibt esden Ulysses Viewer, der alle Darstellungen sämtlicherBerechnung erlaubt. Der Viewer ist kostenlos und kann be-liebig weitergegeben werden, so daß ein mit Ulysses erstell-tes Konzept zusammen mit dem Viewer an Kunden, Archi-tekten oder ausführende Firmen weitergereicht werdenkann, die dann alle Resultate, Raumzeichnungen, Laut-sprecherverteilungen usw. beliebig anschauen, kopieren undausdrucken können.

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Abb. 1a: Drahtgittermodell des Raumes mit Lautsprechern

Abb. 1b: Blick in den Raum aus dem Lautsprecher mit Isobarenlinien

risch absolut oder relativ vorgenommen wer-den, was sich als sehr praktisch erwiesen hat,insbesondere da alle Methoden beliebig ge-mischt miteinander verwendet werden kön-nen. Abb. 1a zeigt den Beispielraum mit nur36 Wandflächen, der mit vier Lautsprechernbestückt wurde. Die Ausrichtung der Laut-sprecher kann über die Eingabe eines Zielpunktes für dieMittelachse oder über die nette Variante eines Blickes durchden Lautsprecher erfolgen. Im zweiten Fall befindet mansich perspektivisch in der Lautsprecherbox und blickt in Rich-tung der Mittelachse aus der Box in den Raum hinein. Alsfarbliche Linien werden dabei die Isobaren des Richtverhal-tens für ein gewähltes Frequenzband eingeblendet, so daßman mit dem Lautsprecher auf einen bestimmten Raumbe-reich zielen kann (siehe Abb. 1b). Noch vor der Lautsprechereingabe erfolgt in der regulärenArbeitsabfolge die Festlegung der Wandmaterialien. Ist derRaum erst einmal eingegeben, so muß jeder Fläche eine aku-stische Beschaffenheit zugewiesen werden, indem die Flächezunächst mit einem einfachen Mausklick aktiviert und dannein vorher ausgewähltes Material aus der Absorberdaten-bank zugewiesen wird. Bei sehr vielen Flächen verliert manleider schnell die Übersicht, welche Fläche schon definiert

wurde und mit welchem Material. Hilfreich wäre die Mög-lichkeit, aus dem Innern des Raumes sich in einer 3D Dar-stellung, vergleichbar dem Blick aus dem Lautsprecher, um-schauen zu können, wobei verschiedene Wandmaterialienunterschiedlich farblich dargestellt würden. Als kleine Hilfebietet Ulysses hier die Liste der Begrenzungsflächen an, wodie gerade aktivierte Fläche dann in der 3D-Darstellung desRaumes rot hervorgehoben wird.

ERGEBNISSESobald der Raum eingegeben ist und alle Begrenzungs-flächen definiert sind, kann unabhängig von den Lautspre-chern zunächst einmal die Nachhallzeit des Raumes für dieOktavbänder von 125 Hz bis 8 kHz berechnet werden. Fürden Beispielraum wurden zwei Varianten verfolgt: In der er-sten Ausführung werden Wand- und Deckenflächen als un-

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t e s t.ABSORBER BASE

Baumaterialien für Fußböden, Decken und Wänden sowie an-dere Gegenstände zur Raumausstattung, wozu Vorhänge,Leinwände, Bestuhlung oder auch Publikum gehören, sindunter akustischen Gesichtspunkten über ihren frequenzab-hängigen Absorptionsgrad definiert. Es gibt es dabei zweiwichtige Ursachen für die Schallabsorption: Reibungsverlustedurch Luftbewegung in den Poren des Materials bei den porö-sen Absorbern und das Mitschwingen von Platten oder Wän-den bei den Resonanzabsorbern. Poröse Absorber zeigen ei-ne mit steigenden Frequenzen zunehmende Wirkung, woge-gen Resonanzabsorber nur im Bereich der Resonanzfrequenzeine nennenswerte Wirkung aufweisen. In gut besetztenSälen muß zudem das Publikum als starker Absorber beachtetwerden, dessen Absorptionsgrad bei sehr dichter Besetzungbei tiefen Frequenzen von 125 Hz von ca. 50% auf nahezu100% oberhalb von 500 Hz ansteigen kann. Bei höheren Fre-quenzen und größeren Laufstreckenmacht sich außerdem die Ausbrei-tungsdämpfung in Luft bemerkbar,die eine sehr starke Abhängigkeit vonder Temperatur und Luftfeuchtigkeitaufweist.Zusammen mit dem Ulysses-Programm-paket wird eine Absorber-Datenbankgeliefert, die bereits eine Reihe übli-cher Wandmaterialien enthält, derenAbsorptionsgrade in Oktavschrittenvon 125 bis 8000 Hz angegeben sind.Insgesamt ist die Vielfalt der Baumate-rialien aber so groß und unterschied-lich, daß niemals alle erfaßt werdenkönnen. Für den Raumakustiker gibt esdaher ausführliche Katalogwerke, ausdenen sich die Werte bei Bedarf ab-lesen und in die Datenbank übertra-gen lassen. Spezielle Werkstoffe undDämmaterialien, wie sie von Firmenwie G+H geliefert werden, sind ohne-hin bereits in ihren Datenblättern mitden entsprechenden Werten beschrie-ben. Ein wenig kritisch wird es, wenn esum z. B. durch Farbauftrag veränderteBaustoffe oder um bereits bestehendeunbekannte Wand-, Boden- oderDeckenbeläge geht. Hier bleibt dannnur die Möglichkeit, eine Probe desMaterials auf einem Prüfstand zu ver-messen oder mit einer sogenanntenIn-Situ-Messung das Material vor Ortzu prüfen.

SPEAKER BUILDERDie zweite wichtige Datenbank imUlysses enthält die Lautsprecherda-ten. Bisher erfolgen bei Ulysses alleAngaben zum Lautsprecher oktavge-mittelt von 125 Hz bis 8 kHz, als dasind: Sensitivity in dB bei 1 W/1 m, Be-lastbarkeit in W, Nennimpedanz inOhm, der Bündelungsfaktor, das Bün-delungsmaß in dB, der Wirkungsgrad

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in % und das räumliche Abstrahlverhalten. Der Bündelungs-faktor und der Wirkungsgrad werden nach der Messung vomSpeaker Builder automatisch errechnet. Das räumliche Rasterentsteht durch eine Kugelfläche um den Lautsprecher, die voneinem äquidistanten Rasternetz in 5-Grad-Schritten unterteiltist. Abgespeichert werden für die betreffenden Positionen im-mer nur die Pegelwerte, bezogen auf 1 W/1 m. Der frequenz-abhängige Phasenverlauf des Lautsprechers wird zur Zeitnoch nicht mit abgespeichert. Für zukünftige Programmver-sion ist dieses allerdings schon geplant. Ebenso sind auch nochhöhere räumliche Auflösungen und terzbreite Frequenzbän-der in der Diskussion.In der Praxis bedeutet aber selbst das gegenwärtige Formatschon die Messung von 2.738 Einzelfrequenzgängen, diedann gleitend oktavgemittelt und abgespeichert werdenmüssen. Ist der Lautsprecher symmetrisch zu seiner vertikalenMittelachse aufgebaut oder sogar zur horizontalen und ver-

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tikalen Mittelachse symmetrisch (wie bei einem Koaxsystem),so kann die Messung auf eine Halb- bzw. Viertelkugel be-schränkt werden. Die restlichen Werte ergeben sich danndurch Spiegelung an den Symmetrie-Ebenen. Recht aufwen-dig gestaltet sich auch der mechanische Aufbau der Meßein-richtung, um den Lautsprecher um zwei Drehachsen zuschwenken. Einige Lautsprecherhersteller haben sich eigensfür diese Messungen bereits große mechanische Aufbautenkonstruiert, die voll- oder halbautomatisch die Meßreihen inmehrstündigen Prozeduren aufnehmen. Der Speaker Buildererlaubt zwar dem Ulysses-Anwender nicht, selber Dateien zu

erstellen oder bestehende abzuändern, was ja auch durchaussinnvoll ist, wenn sich der Hersteller für die Richtigkeit derMessung verbürgt. Aber es besteht die Möglichkeit, sich überdie mitgelieferte Datenbank einen schnellen Überblick überdie Abstrahleigenschaften der verschiedensten Systeme zumachen. Die Darstellung im Speaker Builder kann über klassi-sche Polardiagramme (siehe Abb. 11) oder über die sehr schö-nen dreidimensionalen Balloons (siehe Abb. 12) erfolgen. Die Lautsprecherdaten kann der Anwender aus den mitgelie-ferten Dateien oder von den Lautsprecherherstellern teilwei-se auch direkt beziehen. Neue Datensätze können kostenlos

verkleidete Betonflächen belassen und lediglich der Bodenmit Nadelfilz belegt und die Publikumsfläche mit leicht ge-polstertem Gestühl mit Personen auf den Stühlen besetzt.Die Kurve für die frequenzabhängige Nachhallzeit in Abb. 2zeigt hier deutlich die sehr langen Nachhallzeiten bei tiefen

Frequenzen, wo es kaum absorbierende Flächen gibt. Für die125-Hz-Oktave liegt der Wert schon bei beachtlichen 3,5 s,obwohl von einer 100%-Besetzung der Publikumsflächenausgegangen wurde. Die zweite Variante sieht gut absor-bierende Wand- und Deckenverkleidungen vor, die teilwei-

se durch mit Dämmaterial hinterlegteLochrasterplatten realisiert werden. Das Er-gebnis in Abb. 3 sieht nun deutlich andersaus mit wesentlich kürzeren Nachhallzei-ten. Grundsätzlich sollte man hier einenvon den tiefen zu den hohen Frequenzenkontinuierlich abfallenden Verlauf anstre-ben, so daß hier durch die großflächig ver-teilten Lochplattenabsorber schon ein we-nig zu viel des Guten getan wurde. An die-sem krassen Beispiel wird sehr schön dieWirkung unterschiedlicher Wandverklei-dungen verdeutlicht.Bei der Nachhallzeit handelt es sich um ei-ne ausschließlich raumbezogene Größe, dienicht von den Lautsprechern abhängt. So-bald diese nun plaziert sind und mit insSpiel gebracht werden, können verschiede-ne Schallfeldverteilungen berechnet wer-den. Die Berechnung erfolgt in unserem

Abb. 2: Nachhallzeiten mit unverkleideten Wänden (Var1)

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von der IFB-Homepage http://members.aol.com/ifbcon/home.htm geladen werden.

CLUSTER-BERECHNUNG Da ein Lautsprecher häufig nicht alleine,sondern zu mehreren im sogenanntenCluster eingesetzt wird, bietet Ulyssesauch die Möglichkeit der Cluster-Berech-nung. Das Ergebnis kann anschließend inähnlicher Form wie eine Lautsprecherda-tei abgespeichert und per Polardia-gramm oder auch im Balloon (siehe Abb.13) dargestellt werden. Rechnerisch läuftdieser Vorgang so ab, daß das Programmzunächst einen neuen geometrischenMittelpunkt für das Cluster ermittelt unddann die komplexe Summe des Schall-

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Abb. 11: Horizontale und vertikale Polardiagramme

Abb. 12: Directivity in der 3D-Balloon-Darstellung

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Abb. 13: Balloon für ein neu berechnetes Cluster auszwei Lautsprechern

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druckpegels im 5-Grad-Raster für die Oktavbänder von 125 Hzbis 8 kHz neu berechnet; berücksichtigt werden dabei alsonicht nur einfach die Beträge, sondern auch die Phasenlage.Jede Oktavband-Summe wird dabei als Mittelwert aus dendrei zugehörigen Terzen berechnet. Das Kugelrasternetz wirdfür die Berechnung mit einem Radius von 100 m angenom-men. Durch das geschickte Verfahren, den Pegel zunächst fürjedes Oktavband über die drei zugehörigen Terzmittenfre-quenzen komplex zu berechnen und diese dann energetischzu mitteln, wird ein guter Kompromiß zwischen einer reinenergetischen Betrachtung und einer komplex frequenzse-lektiven Berechnung gemacht, der sehr gut mit dem letzt-endlichen Höreindruck korreliert. Bei der Projektierung des neuen Plenarsaales im Reichstags-gebäude in Berlin hat der Autor für die Planung der Beschal-lungsanlage ebenfalls Ulysses eingesetzt, wo die beiden aus

je fünf Lautsprechersystemen bestehenden Halbampeln alsCluster berechnet wurden. Um allen möglichen Eventualitä-ten vorzubeugen, wurden von ihm neben der Cluster-Berech-nung auch noch sehr aufwendige Messungen am bereits imPlenarsaal installierten Cluster ausgeführt, welche die Ergeb-nisse der Simulation bestens bestätigte. Die guten Resultatebei diesem völlig unsymmetrischen und schwierig zu berech-nenden Gebilde bestätigen den im Ulysses verwendeten Al-gorithmus der Cluster-Berechnung.

PROJEKTENTWICKLUNG MIT DERDESIGN ENGINE

Die Ulysses Design Engine ist das eigentliche Kernprogramm,mit dem alle Berechnungen, die Auralisation und auch dieRaumeingabe, ausgeführt werden. Speaker Builder, Absorber

Abb. 3: Nachhallzeiten mit stark absorbie-render Wandverkleidung (Var2)

Beispiel für die in Abb. 1a blau umrandete Hörfläche, diehier ca. 1,6 m oberhalb der Bodenfläche liegt, die als Publi-kumsfläche definiert wurde. Die erste Größe, die es hier zuberechnen gilt, ist die Direkt-schallverteilung. Abbildung 4zeigt das Ergebnis für den Fall,daß der längliche Raum mit zweiLautsprechern für den vorderenund zwei Lautsprechern für denhinteren Bereich versorgt wird,die für eine gleichmäßigere Be-schallung 1,5 m über dem Publi-kum plaziert wurden. Mit dieserAufteilung wird erreicht, daß diePegelunterschiede über die ge-samte Hörfläche betrachtet fürden Direktschallanteil nicht mehrals ca. 6 dB betragen. Würde mandagegen nur die beiden vorderenLautsprecher benutzten, so wäredie Pegeldifferenz für den Direkt-schall deutlich größer. Die Direkt-schallverteilung wird von Ulyssesin wenigen Sekunden berechnet,

so daß man hier sehr schnell verschiedene Varianten ver-gleichen kann. Im selben Vorgang wird auch die Diffusfeld-verteilung berechnet, die hier über die Nachhallzeit und den

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Die fertigen und komplett installier-ten Lautsprecher-Cluster im Plenar-

saal wurden zur Überprüfung der Be-rechnungen noch einmal vor Ort ver-

messen. Dazu bauten Schlossereigens einen halbkreisförmigen Arm,der an zwei Genies fixiert und in derKuppel verspannt wurde. Auf diesemArm waren 19 Mikrofonkapseln von

AKG in 10-Grad-Schritten befestigt.Durch Auswerten der Meß-signale

von den Kapseln über das FFT-Meß-system Monkey Forest (links unten imBild) und durch das Drehen des gesam-

ten Arms ebenfalls in 10-Grad-Schrit-ten ergab sich somit ein komplettes

Kugelraster mit Daten im UNF-Format,das dann mit dem Ulysses Speaker

Builder dargestellt werden konnte.Dieser von den PROFESSIONAL SYSTEM-

Autoren Anselm Goertz undChristoph Moldrzyk erfaßte

Datensatz bestätigte die Ergebnisseder vorherigen Simulation des

Clusters bestens.

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Abb. 15: Beispiel für einen sehrkomplexen Raum, der mit Ulys-ses berechnet wurde.

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Base und Viewer sind dagegen eher als zusätzliche Tools zurÜbersichtsdarstellung bei der Lautsprecherauswahl oder fürdie Kundenpräsentation zu sehen.Alle folgend beschriebenen Funktionen und Berechnungenbeziehen sich auf die Design Engine. Die Nachhallzeit als um-fassende raumakustische Größe kann im Ulysses nach Sabine,Eyring oder nach Fitzroy aus den Raumdaten und Tabellen derWandabsorptionsgrade berechnet werden. Diese einfachenBerechnungen führen zu einer Kurve der frequenzabhängi-gen Nachhallzeit, die mit oder ohne Luftabsorption darge-stellt werden kann (siehe z. B. Abb. 2). Alternativ dazu kön-nen für bereits existierende Räume auch die gemessenenNachhallzeiten für die Oktavbänder eingegeben werden.Der wohl wichtigste Punkt im Ulysses ist die Berechnung desSchallfeldes in bestimmten Raumbereichen, die hier als Hör-

flächen zu definieren sind. Für diese ausgewählten Flächen,die frei im Raum plaziert werden können, kann sowohl derDirektschallpegel wie auch das Verhältnis von Direkt- zu Dif-fusschall zueinander berechnet werden. Zur Berechnung desDirektschallfeldes werden neben der Abstrahlcharakteristikder Lautsprecher einzig noch das Abstandsgesetz und dieLuftdämpfung benötigt.Für die reflektierten Schallanteile unterscheidet Ulysses zweiMethoden. Zum einen wird ein sehr schneller Berechnungs-vorgang nach statistischen Verfahren der Raumakustik an-geboten, wo aus der insgesamt in den Raum abgestrahltenakustischen Leistung, der vorhandenen Absorptionsflächeund dem Raumvolumen das diffuse Schallfeld berechnetwird. Streng genommen sind die Ergebnisse aber nur dannrichtig, wenn alle Quellen als Kugelstrahler betrachtet wer-

Abb. 6: Verhältnis von Direktschall zu Diffusschall (Var2)

Abb. 5: Verhältnis von Direktschall zu Diffusschall (Var1)

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t e s t.den dürfen und die Absorptionsfläche völlig gleichmäßigüber den Raum verteilt ist. Da diese Voraussetzungeneigentlich nie erfüllt sind, kommt es hier zu mehr oderweniger großen Fehlern in der Berechnung. Das Ausrichtender Lautsprecher auf die stark absorbierende Publikums-fläche in einem halligen Raum würde bei dieser Berech-nungsvariante keinerlei Beachtung finden, woran sich leichterkennen läßt, daß hier eine gewisse Skepsis angebracht ist,was natürlich keinesfalls dem Programm anzulasten ist.Angemessen erscheint diese Berechnungsmethode dage-gen, wenn es um die Berechnung des Pegels durch gleich-mäßig verteilte Quellen, z. B. Deckenlautsprecher in großerStückzahl, geht.Grundsätzlich wird jeder Lautsprecher hier als Kugelschall-quelle betrachtet, die eine aus dem Wirkungsgrad und dereingespeisten elektrischen Leistung berechnete Schalleistungabstrahlt. Diese entspricht der des tatsächlichen Lautspre-chers, nur daß dieser aufgrund seines Richtverhaltens denSchall mehr oder weniger gerichtet abstrahlt.Die zweite Möglichkeit, dem Diffusschallfeld auf die Spur zukommen, ist die vorab schon beschriebene Methode derStrahlenverfolgung mit Berechnung der Wandreflexion bis zueinem gewissen Grad. Hier geht das Richtverhalten des Laut-sprechers, so wie es in der Lautsprecherdatenbank vorliegt,vollständig in die Berechnung ein. Leider ist diese wesentlichgenauere Berechnungsform deutlich zeitaufwendiger undkann durchaus einige Minuten bis Stunden in Anspruch neh-men. Mit dieser Berechnung wird auch kein flächendecken-des Resultat für die ganze Hörfläche erzielt, sondern immernur der Energiezeitverlauf (ETC) für einen bestimmten Emp-fängerpunkt berechnet.Für diese Position im Raum liefert der Algorithmus der Strah-lenverfolgung dann nicht nur den Pegel an dieser Stelle, son-dern auch den zeitlichen Verlauf der eintreffenden Schallan-teile. Das sogenannte ETC Echogram zeigt das Eintreffen desDirektschalls und der anschließenden Reflexionen mit ihrer In-tensität über einer Zeitachse an. Besonders gut eignet sich die-se Darstellungsform zur Auffindung möglicherweise vorhan-dener Echos im Raum, die sich als starke und spät eintreffen-de Reflexionen zeigen. Will man nun die Ursache einerbestimmten Reflexion nachvollziehen, so kann ein Reflekto-gramm den Verlauf der Strahlenverfolgung im Raum sichtbarmachen.Für eine mögliche Auralisation kann aus der ETC die Im-pulsantwort für die Faltung mit einer Musik- oder Sprachpas-sage erzeugt werden.

SIMULIERTE RÄUME HÖRENDas Signal, das man nun in dem simulierten Raum virtuell wie-dergeben und abhören möchte, muß auf dem PC in Form ei-ner einkanaligen WAV-Datei im Format 16 Bit und 44,1 oder22,05 kHz vorliegen. Für Sprachsignale dürften auch die22,05 kHz vollkommen ausreichen, womit sich die Berech-nungszeit immerhin halbiert. Besonders gut geeignet sind fürdas Hineinhören Aufnahmen, die selber nachhallfrei sind, sodaß man wirklich nur den Nachhall des berechneten Raumeshört. Die Rechenzeit für die Faltung mit der simulierten Im-pulsantwort kann für einen 200 MHz Pentium MMX-Rechnerals X-faches der Länge der WAV-Quelldatei angegeben wer-den, wobei × gleich der Anzahl der Reflexionen geteilt durch16 ist. Nach der erfolgten Berechnung kann sowohl die Ori-ginaldatei, wie auch die für den simulierten Raum berechne-

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Abb. 7: ETC-Kurve für eine Empfängerpositionhinten in der Mitte des Raumes (Var1)

Abb. 8: ETC-Kurve für eine Empfängerpositionhinten in der Mitte des Raumes (Var2)

Abb. 9: STI-Werte auf der Zuhörer-fläche (Var1)

Abb. 10: STI-Werte auf derZuhörerfläche (Var2)

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te Datei direkt aus der Ulysses Design Engine abgespielt wer-den. Voraussetzung ist natürlich eine unter Windows korrektinstallierte und bekannte Soundkarte.Was man nun dort hört, ist für eine ausgewählte Empfänger-position das Signal aus der ursprünglichen Quelldatei - abge-spielt über die Lautsprecher in dem betreffenden Raum. DerEmpfänger wird hier vereinfacht als monaural mit Kugelcha-rakteristik angenommen. Auf die kompliziertere Methode der binauralen Simulationmit zwei richtungsabhängigen Empfängern, die vom Richt-verhalten den menschlichen Ohren entsprechen, wurdezunächst einmal verzichtet. Für diesen Fall würde der Emp-fänger vergleichbar den Lautsprechern in einem dichten Ra-sternetz vermessen und sein Richtverhalten für sogenannteRichtungsgruppen frequenzabhängig angegeben. In der Si-mulation wäre nun zu prüfen, aus welcher Richtung dieSchallstrahlen auf die beiden den Ohren entsprechendenEmpfänger treffen, so daß sie anschließend entsprechend fre-quenzabhängig bewertet werden können. Ebenso ginge derLaufzeit- bzw. Phasenunterschied zwischen den beidenräumlich versetzten Empfängern in die Berechnung ein. Füreine exakte Simulation mit Richtungseindruck ist dieses Ver-fahren unumgänglich, da die Ortung einer Schallquelleprimär über interaurale Laufzeitdifferenzen und eine rich-

tungsabhängige Filterung des Schallereignisses durch dieAußenohrübertragungsfunktion erfolgt. Ebenso wird bei der Auralisation in der aktuellen Version 1.38von Ulysses darauf verzichtet, den berechneten Anfang derRaumimpulsantwort durch einen statistisch ermittelten Nach-hallverlauf zu ergänzen. Die zur Zeit in einer Testphase be-findliche nächste Version wird dann schon um diese Fähigkeiterweitert sein, wie ganz aktuell von IFB-Soft zu erfahren war.Um den Rechenaufwand bei der Strahlenverfolgung in Gren-zen zu halten, wird hier ein Schallstrahl nicht mehr weiter ver-folgt, wenn er um einen bestimmten Wert gegenüber dem Di-rektschall abgefallen ist. Dieses sogenannte Abbruchkriteri-um bewirkt, daß der in Natura unendlich lange abklingendeNachhallverlauf unnatürlich früh abgebrochen wird. Umtrotzdem den Höreindruck eines ausklingenden Nachhalls zuvermitteln, wird versucht, diesen durch einen Hallalgorithmusnachzubilden. Insgesamt ist damit die Auralisation in Ulysses eher einfacherNatur, was auch in der Betriebsanleitung deutlich gemachtwird. Der Sinn und Zweck hier liegt darin, es zu ermöglichen,sehr schnell für einen akustischen Überblick ein hörbares Re-sultat zu liefern, das auf jeden Fall korrekt ist, aber eben kei-nen Richtungseindruck vermittelt und auch den späten leisenNachhall nicht wiedergibt. Eine praktische Erprobung der

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Auralisation zeigte jedoch, daß der Höreindruck für die Beur-teilung der akustischen Eigenschaften des Raumes völlig aus-reichend ist. Klanglich war der Eindruck sehr natürlich und freivon den sonst gelegentlich zu beobachtenden tonalen Ver-färbungen. Als Fazit dürfte die Ulysses-Auralisation daher alsgelungener Kompromiß zwischen Rechenaufwand respekti-ve Rechenzeit und verwertbaren Ergebnissen betrachtet wer-den.

HÖREN UND STAUNENUm den Unterschied dieser beiden Raumvarianten jetzt nichtnur in Zahlen zu fassen, kann für ausgewählte Hörpositionendie Auralisation erfolgen. Es empfiehlt sich dabei, eine wohl

bekannte, möglichst nachhallfreie und nicht zu lange Musik-oder Sprachaufnahme zu verwenden. Für die beiden Beispie-le wurden kurze Sprachausschnitte und einige Musikpassagenverwendet, die in einer WAV-Datei mit 16-Bit-Auflösung und44,1-kHz-Abtastrate zusammengefaßt waren. Die Hörergeb-nisse fielen tonal ausgewogen und plausibel aus, so daß es an-schaulich gut möglich war, die Unterschiede im Höreindruckund vor allem bei der Sprachverständlichkeit deutlich zu ma-chen.

KOMPATIBILITÄT ZU FREMDDATENDa jedes Simulationsprogramm auf Lautsprecherdaten undAbsorberdatenbanken in größerem Rahmen angewiesen ist,

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Schalleistungspegel der Lautsprecher bestimmt wird. Nähe-res hierzu wurde bereits vorab erläutert. Für den Beispiel-raum finden sich in Abb. 5 und Abb. 6 für die beiden Vari-anten der Wandverkleidung die Verhältnisse von Direkt-schall zu Diffusschall. Ebenfalls aus diesen Daten lassen sichfür die Hörfläche die Alcons- und STI-Werte zur Beurteilungder Sprachverständlichkeit herleiten. Abb. 9 und 10 zeigendie STI-Werte, die für die Variante ohne Wandverkleidungmit Größen von 0,47 bis 0,64 eher schlecht ausfallen, was ei-ne nur mäßige Sprachverständlichkeit bedeuten würde. Mitden gut absorbierenden Wandverkleidungen wandelt sichdas Bild drastisch, und die STI-Werte liegen nun zwischen0.84 und 0.94, was eine exzellente Sprachverständlichkeitbedeutet.

Abschließend wurde noch eine Raytracing-Berechnung füreinen kritischen Hörerplatz ganz am hinteren Ende der Pu-blikumsfläche gestartet. Die ETC-Kurven sind in Abbildung7 und 8 dargestellt. Aus dieser ETC-Berechnung lassen sichnun auch die exakten Werte für die Direktschall- und Dif-fusschallwerte ermitteln. Sehr wichtig ist es auch, im ETC-Verlauf nach gefährlichen Echos Ausschau zu halten, die alsherausragende späte Reflexionen zu erkennen sind. Jedeeinzelne Reflexion läßt sich im ETC-Diagramm markierenund anschließend in der Raumdarstellung zurückverfolgenüber die reflektierenden Wandflächen bis hin zur Quelle. EinBeispiel für eine späte Reflexion, die in der 4-kHz-Oktaveauftrat, zeigt Abb. 14. Der Weg kann hier über drei Wand-reflexionen bis zur Quelle zurückverfolgt werden.

Abb. 14: Rückverfolgung einer in der ETC auf-fälligen Reflexion in der 4-kHz-Oktave

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stellt sich natürlich die Frage nach der Kompatibilität zu an-deren Programmen. Ebenso könnte es nützlich sein, wennganze Räume zum Vergleich der Simulationen zwischen denProgrammen ausgetauscht werden könnten. So wurde auchder Plenarsaal zunächst mit EASE editiert, unter anderem, umhier eine Auralisation zu berechnen und auszuführen.Für den Import der Lautsprecherdaten wurde für Ulysses dasUNF-Format definiert, das eine leichte Konvertierung ausdem für CADP2 und EASE üblichen GDF-Formates erlaubt.Der Ulysses-Speakerbuilder ermöglicht aber auch den direk-ten Import von EASE- oder AcoustaCadd-Datenbanken sowievon Dateien im UNF- oder GDF Format mit 5° oder 10° Auf-lösung.

ANWENDUNGENDie Anwenderzielgruppe von Ulysses liegt klar bei allen Fir-men und Planungsbüros, die sich mit der Beschallung vongrößeren Räumen und Freiflächen beschäftigen. Ein Schwer-gewicht wurde bei der Programmierung auf die schnelle Be-dienbarkeit, auf schnelle Grafikroutinen und auf kurze Re-chenzeiten gelegt. Sobald man einmal geübt ist im Umgangmit Ulysses, dürfte man dazu geneigt sein, selbst für kleinere

Projekte vorab am Rechner das Beschallungskonzept zu opti-mieren. Geht man einmal alle Menüpunkte im Ulysses und den zu-gehörigen Tools durch, so kann man eine überraschende Fest-stellung machen: Es gibt nichts was überflüssig wäre und ei-gentlich kaum etwas, was man vermissen würde. Für 90% al-ler Standardanwendungen bei der alltäglichen Planung vonLautsprecheranlagen dürfte das Programm damit optimalausgelegt sein. Sicherlich gibt es eine Menge Punkte bei der Schallfeldbe-rechnung, wie die Streuung an Oberflächenstrukturen, Beu-gung an Kanten oder die Schallausbreitung über Publikums-flächen, die in Ulysses keine Beachtung finden. Solche Fein-heiten dürften aber mehr den Raumakustiker interessieren,der bei sehr aufwendigen und teuren Projekten darauf ange-wiesen ist, perfekte Simulationen vorzulegen und diese auchnoch durch entsprechende Auralisationen zu unterstützen.Für diese Aufgaben bedarf es dann wesentlich aufwendige-rer Programme, die meist ein Mehrfaches in der Anschaffungkosten und auch an Zeit für die Bedienung in Anspruch neh-men. Man sollte daher klar unterscheiden zwischen einerkomplizierten raumakustischen Planung, wie sie z. B. für ei-nen Konzertsaal angebracht wäre und die durchaus einige

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Monate an Arbeitszeit beanspruchen kann und der Planung einesBeschallungskonzeptes, wo es in erster Linie um den optimalen Ein-satz einer Lautsprecheranlage im Zusammenspiel mit der Raumakus-tik geht. Das Letztere ist die Domäne von Ulysses, die es optimal be-herrscht.

HANDBUCH UND SCHULUNGENDie zugehörige Online-Hilfe ist zur Zeit die einzige Unterstützung, dieder Ulysses-Käufer mit dem Programmpaket erhält. Die Erläuterungenhier beziehen sich zum größten Teil auf die eigentliche Bedienung desProgramms, was ja auch der Sinn einer Online-Hilfe sein sollte. WeitereBackground-Informationen zu den Rechenvorgängen und einegrundsätzlich Einführung sucht man hier aber leider vergebens. Eine kur-ze Einführung anhand eines Beispieles wäre für den Anfänger ebensowünschenswert wie eine genauere Erläuterung der Berechnungsmetho-den für den erfahrenen Akustiker. Zum Glück weiß man nun aber, daß Ulysses von IFB-Soft, einer Partner-gesellschaft von IFB, vertrieben wird, die eines ihrer Hauptaufgaben inSchulungen und Seminaren zur Beschallungstechnik sieht. Hier gibt esdaher einen 1 1/2-tägigen Ulysses-User-Workshop, in dem der Umgang mitdem Programm, die akustischen Grundlagen dazu sowie die Interpreta-tion der Ergebnisse ausführlich behandelt werden. Die nächste Veran-staltung dieser Art findet am 11. und 12. 10. 1999 in Aschaffenburg stattund kostet ca. 1.450 DM. Alternativ dazu gibt es auch eine eintägige In-tensivschulung, bei der ein Mitarbeiter des IFB im Hause des Käufers ei-ne detaillierte Einführung gibt und für alle Fragen bereit steht. Das Pro-gramm selber schlägt mit ca. 2.260,– DM für eine Einzelplatzversion incl.einer Backupversion zu Buche. In den USA erfolgt der Vertrieb über IRPProfessional Sound Product. Ulysses ist sowohl mit deutscher wie auchmit englischer Oberfläche und Online-Hilfe erhältlich.

FAZITUlysses ist ein unter Windows zu betreibendes Softwarepaket zur aku-stischen Simulation von Räumen und Beschallungsanlagen. Die Funktio-nen und die Bedienung sind dabei optimal an den praktischen Bedürf-nissen orientiert und werden durch keinerlei unnötige Features gestört,was sich in kurzen Rechenzeiten und sehr schnellen Grafikausgaben wi-derspiegelt. Der Umgang mit dem Programm wird einem sehr schnell ver-traut, so daß man sich bereits nach kurzer Zeit ausschließlich auf die ei-gentliche Aufgabenstellung der Planungsarbeit konzentrieren kann.Lange Wartezeiten, umständliche Eingaberoutinen, gigantische Mengenvon Datenmüll und Programmabstürze gibt es bei Ulysses kaum oder garnicht, was manchen Benutzer moderner Softwarepakte überraschenmag. Seine Qualitäten konnte Ulysses bei der Simulation der Beschal-lungsanlage im neuen Plenarsaal des Reichstagsgebäudes unter Beweisstellen, wo sowohl die Berechnung der beiden Halbampeln als Cluster,wie auch die Simulation für einige im Saal verteilte Plätze zu einer er-freulich hohen Übereinstimmung mit den realen Meßergebnissen führ-te, was letztendlich eine hohe Planungssicherheit garantiert. Ebensoerfreulich ist der Preis, so daß es heute schon über 60 registrierte Ulysses-Anwender gibt. Ausschlaggebender als der eigentliche Anschaffungs-preis dürfte allerdings sein, daß man mit Ulysses sehr schnell zu genauenErgebnissen kommt, was letztendlich eine viel größere Bedeutung be-züglich der entstehenden Kosten hat.

.. TEXT UND GRAFIKEN:

ANSELM GOERTZ

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