Sonnenlicht,VitaminD,Inkarnation · (2000IE)VitaminD 3...

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Reckert | Sonnenlicht, Vitamin D, Inkarnation 577 Sonnenlicht, Vitamin D, Inkarnation Till Reckert Sonnenlicht, Vitamin D, Inkarnation Zusammenfassung Vitamin D und Rachitisprophylaxe sind in der Anthro- posophischen Medizin wichtige Themen, berühren sie doch den Umgang des menschlichen Organismus mit dem Licht. In den letzten 10–20 Jahren haben sich die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Vitamin D erheblich erweitert, dies gilt es wahrzunehmen und zu reflektieren. Es betrifft insbesondere die Abhängig- keit der Bildung des Vitamin D in der Haut von der Qualität des Sonnenlichtes, die Epidemiologie des Vitamin-D-Mangels und damit zusammenhängende Erkrankungsneigungen, die gemeinsam dem west- lichen Lebensstil zugeschrieben werden können, sowie eine Vielzahl neu erforschter Aufgaben, die das Vitamin D außer der gesunden Knochenbildung im menschlichen Organismus erfüllt. Vor diesem Hintergrund erscheinen menschenkund- lich insbesondere folgende Aspekte wichtig: 1. Die Vitamin D-Wirksamkeit wird über 4 Ebenen gebildet und reguliert: Haut, Leber, Nieren und Erfolgsorgane, 2. Vitamin D wirkt an der Strukturierung des mensch- lichen Organismus im Sinne des Lichtes mit, daher bewirkt ein Licht- bzw. Vitamin-D-Mangel einen vielschichtigen Inkarnationswiderstand, 3. Die in der Anthroposophischen Medizin häufig geäußerte Vermutung, dass Vitamin D generell eine Alterung/ Verhärtung/Sklerosierung des menschlichen Organis- mus bewirke, muss vor dem Hintergrund derzeitiger Erkenntnisse einer differenzierteren Einstellung und fachlichen Diskussion Raum geben. Diese werden einen guten, risikoadaptierten Umgang mit substi- tuierbarem Vitamin D bewirken. Schlüsselwörter Sonnenlicht, Sonnenschutz, Vitamin D, Rachitis, Sklerose, Knochenstoffwechsel, Immunsystem, Infektionserkrankungen,Tuberkulose, Autoimmun- erkrankungen, Zivilisationskrankheiten, westlicher Lebensstil Sunlight, vitamin D, incarnation Abstract Vitamin D and rickets prevention are important topics in anthroposophic medicine, for they refer to the way the human organism relates to light. Over the last 10–20 years, scientific knowledge of vitamin D has grown considerably, something we must take note of and reflect on. It concerns above all the dependence of vitamin D production in the skin on the quality of the sunlight, the epidemiology of vitamin D defi- ciency, and hence related morbid tendencies that may together be ascribed to the western lifestyle, and a large number of newly established functions which vitamin D has in the organism in addition to healthy bone development. In the light of this, the following aspects seem partic- ularly important from the anthroposophic point of view: 1) Vitamin D actions develop at 4 levels and reg- ulate skin, liver, kidney and effector organs; 2) vitamin D is involved in structuring the human organism in terms of light, and light or vitamin D deficiency there- fore means resistance to incarnation at many levels; 3) the assumption, frequently referred to in anthropo- sophic medicine, that vitamin D generally effects aging, hardening and sclerosis in the human organ- ism must in view of present knowledge give way to a more differentiated view and discussion among experts. This should lead to good, risk-adapted use of vitamin D substitution. Keywords Sunlight Protection from sun Vitamin D Rickets Sclerosis Metabolism of bone Immune system Infectious diseases Tuberculosis Autoimmune diseases Diseases of civilization Western lifestyle

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R e c k e r t | S o n n e n l i c h t, V i ta m i n D, I n k a r n at i o n 577

Sonnenlicht, Vitamin D, InkarnationTi l l R e c k e r t

Sonnenlicht,Vitamin D, Inkarnation� ZusammenfassungVitamin D und Rachitisprophylaxe sind in der Anthro-posophischen Medizin wichtige Themen, berührensie doch den Umgang des menschlichen Organismusmit dem Licht. In den letzten 10–20 Jahren haben sichdie wissenschaftlichen Erkenntnisse zumVitamin Derheblich erweitert, dies gilt es wahrzunehmen undzu reflektieren. Es betrifft insbesondere die Abhängig-keit der Bildung des Vitamin D in der Haut von derQualität des Sonnenlichtes, die Epidemiologie desVitamin-D-Mangels und damit zusammenhängendeErkrankungsneigungen, die gemeinsam demwest-lichen Lebensstil zugeschrieben werden können,sowie eine Vielzahl neu erforschter Aufgaben, diedas Vitamin D außer der gesunden Knochenbildungimmenschlichen Organismus erfüllt.Vor diesem Hintergrund erscheinen menschenkund-lich insbesondere folgende Aspekte wichtig: 1. DieVitamin D-Wirksamkeit wird über 4 Ebenen gebildetund reguliert: Haut, Leber, Nieren und Erfolgsorgane,2. Vitamin D wirkt an der Strukturierung des mensch-lichen Organismus im Sinne des Lichtes mit, daherbewirkt ein Licht- bzw.Vitamin-D-Mangel einenvielschichtigen Inkarnationswiderstand, 3. Die inder Anthroposophischen Medizin häufig geäußerteVermutung, dass Vitamin D generell eine Alterung/Verhärtung/Sklerosierung des menschlichen Organis-mus bewirke,muss vor dem Hintergrund derzeitigerErkenntnisse einer differenzierteren Einstellung undfachlichen Diskussion Raum geben. Diese werdeneinen guten, risikoadaptierten Umgang mit substi-tuierbaremVitamin D bewirken.� SchlüsselwörterSonnenlicht, Sonnenschutz,Vitamin D, Rachitis,Sklerose, Knochenstoffwechsel, Immunsystem,Infektionserkrankungen,Tuberkulose, Autoimmun-erkrankungen, Zivilisationskrankheiten,westlicherLebensstil

Sunlight, vitamin D, incarnation� AbstractVitamin D and rickets prevention are important topicsin anthroposophic medicine, for they refer to the waythe human organism relates to light. Over the last10–20 years, scientific knowledge of vitamin D hasgrown considerably, something wemust take note ofand reflect on. It concerns above all the dependenceof vitamin D production in the skin on the qualityof the sunlight, the epidemiology of vitamin D defi-ciency, and hence related morbid tendencies that maytogether be ascribed to the western lifestyle, and alarge number of newly established functions whichvitamin D has in the organism in addition to healthybone development.In the light of this, the following aspects seem partic-ularly important from the anthroposophic point ofview: 1) Vitamin D actions develop at 4 levels and reg-ulate skin, liver, kidney and effector organs; 2) vitaminD is involved in structuring the human organism interms of light, and light or vitamin D deficiency there-fore means resistance to incarnation at many levels;3) the assumption, frequently referred to in anthropo-sophic medicine, that vitamin D generally effectsaging, hardening and sclerosis in the human organ-ismmust in view of present knowledge give way toa more differentiated view and discussion amongexperts. This should lead to good, risk-adapted useof vitamin D substitution.� KeywordsSunlightProtection from sunVitamin DRicketsSclerosisMetabolism of boneImmune systemInfectious diseasesTuberculosisAutoimmune diseasesDiseases of civilizationWestern lifestyle

1. Einleitung

Wir brauchen zum Leben das Himmelslicht:Nicht nur als in der Natur bereits in den Stoffgebundenes Licht in derNahrung (z. B. in Form

der aus der Photosynthese hervorgegangenen Kohlen-hydrate); wir brauchen es auch direkt. Fehlt es uns, inder durch unsere Erdatmosphäre wohl abgestimmtenDosierung, werden wir krank. Ein Kind bekommt imExtremfall Rachitis. Diese bezeichnete Steiner unter an-derem als einen entzündlichen Zustand, der von einer„von der Ich-Wesenheit emanzipierten Bluttätigkeit“her-kommt (1). Die Ich-Wesenheit braucht also das Sonnen-licht, um sich im Leib regelhaft inkarnieren zu können,die Bluttätigkeit zu beherrschen undmit ihr und aus ihrheraus seinen Leib regelhaft und frei gestaltet auf-zubauen.Dieser Zusammenhang war bis zum Ende des vor-

letzten Jahrhunderts weitgehend unbekannt (2), erst abden 1920er Jahren wurde sicher nachgewiesen, dass diedamals vor allem in den Industriestädten höherer Brei-ten weithin grassierende Rachitis (3) durch künstlichesUV-Licht (4) oder dem Sonnenlicht (5) geheilt werdenkann. Gleichzeitig war aus der Volksheilkunde bekannt,dass Lebertran Rachitis verhindernundheilen kann:Dieshatte schon Anfang des 19. Jahrhunderts Eingang in diemedizinische Fachliteratur gefunden (3). 1922 konntedurch systematische Forschung erstmals in denUSA ge-zeigt werden, dass ein bis dahin unbekanntes Vitamin –der damaligen Systematik folgend Vitamin D genannt -hierfür verantwortlich ist (6). Der Zusammenhang zwi-schen dem im Lebertran enthaltenen neuen Vitaminund dem Sonnenlicht konnte 1927 durch den GöttingerAdolf Windaus erhellt werden, als es ihm erstmals ge-lang, Vitamin D photochemisch zu synthetisieren. 1932wurde es chemisch charakterisiert und in den 1930erJahren erstmals in die Rachitisbehandlung und -prophy-laxe eingeführt. 1936 wurde gezeigt, dass es durch UV-Bestrahlung des in dermenschlichenHaut vorkommen-denVorläufers 7-Dehydrocholesterol entsteht. 1968wur-de die Speicherform im Menschen, das 25(OH)Vita-min-D entdeckt, 1971 dann seine aktive Form, das1α,25(OH)2Vitamin-D und 1975 dessen Vitamin-D-Rezeptor. Ab 1970 setzte sich die kontinuierliche Rachi-titsprophylaxe inWestdeutschland durch und löste dieStoßtherapie mit wenigen hochdosierten Einzelgabenab, die in der ehemaligen DDR noch bis zum Mauerfallweitergeführt wurde (7).Von den 80er Jahren an gelanges, den 25(OH)-Vitamin-D-Spiegel im Blut zu messen, inder Folge ein Barometer für den Vitamin-D-Status. Seitden 1980er Jahren bis heute werden immer mehr Funk-tionen des Vitamin D bekannt, die mit der Kalzium-homöostase und der Rachitis nicht direkt etwas zutun haben und die man „nichtklassische Vitamin-D-Wirkungen“ nennt. Ein Beispiel ist die Unterstützungder angeborenen Infektabwehr: 1985 fand man zuerstden Zusammenhang zwischen Vitamin-D-Mangel undder Neigung zur Tuberkulose, in weiterer Folge wurdendie Zusammenhänge zwischen vielen Infektionskrank-

heiten der Luftwege und dem lichtmangelbedingtenVitamin-D-Mangel imWinter/Frühjahr deutlich (8).Auch diese Zusammenhänge zwischen Lichtkuren

und Infektabwehr beschrieb Steiner schon sehr dezi-diert, so 1920: „…Wir sind von diesem Lichte umgeben.An der Grenze zwischen uns und der Außenwelt ge-schieht abermit diesemLichte,alsomit etwas rein Äthe-rischem, etwas sehr Bedeutsames: Es wird umgewan-delt. … Suchenwir daher das Licht imMenschen,somusses etwas anderes sein, so muss es eine Metamorphosedes Lichtes sein.…Nun,eswird ja nicht schwer sein,…he-rauszubekommen, dass dasjenige,was da eintritt,wennder Mensch ein geeigneter Mutterboden für die Tuber-kelbazillenwird,darinnenbesteht,dass derMensch ent-weder nicht genügend fähig ist, Sonnenlicht aufzuneh-men, oder durch seine Lebensweise nicht genügendbekommt, so dass nicht ein ordentlicher Ausgleichzwischen dem auf ihn eindringenden Sonnenlicht undseiner Verarbeitung des Sonnenlichtes zu einer Meta-morphose besteht, sondern dass er genötigt ist, Reser-ven zu holen aus dem immer in ihm aufgespeichertenmetamorphosierten Licht. Das bitte ich Sie zu berück-sichtigen, dass der Mensch einfach dadurch, dass erMensch ist, fortwährend aufgespeichertes metamor-phosiertes Licht in sich hat.Das ist nötig zu seiner Orga-nisation. Vollzieht sich dieserWechselprozess zwischendem Menschen und dem äußeren Sonnenlicht nicht inder richtigen Weise, dann wird ebenso, wie bei derAbmagerung dem Körper Fett entnommen wird, daser für sich braucht, ihm unter solchen Einflüssen dasmetamorphosierte Licht entzogen. Und der Menschsteht in einemsolchen Falle vor demDilemma,entwedersein Oberes erkranken zu machen oder seinem Unterenzu entziehen dasjenige, was er für das Obere braucht,das heißt, das Untere erkranken zu machen, indem erihm das metamorphosierte Licht entzieht. … Daraus er-sehen Sie aber, wie wir durch solche Grundlagen dieMöglichkeit schaffen, gerade eine richtige Anschauungauszubauen für die heilendeWirkungdes Sonnenlichtes,zum Beispiel auf der einen Seite dadurch, dass wir denMenschen dem Sonnenlichte aussetzen, um wiederumzu regulieren seinen inUnordnunggekommenenWech-selprozess mit dem umgebenden Sonnenlicht, oder ihnandererseits auszusetzen innerlich solchen Substanzen,welche dasjenige ausgleichen, was sich in Unregel-mäßigkeit abspielt als Entziehen des metamorphosier-ten Lichtes. Dieses Entziehen des metamorphosiertenLichtes muss man paralysieren mit dem, was aus denHeilmitteln kommen kann“ (9).Aus heutiger Sicht könnte man meinen, dass Steiner

in diesem Zusammenhang über das Vitamin D spricht,dennwie gerade herausgefundenwird, ist esmöglicher-weisewirklich so,dass bei einer chronisch entzündlichenoder gar einer granulomatösen Erkrankung (dies gilt al-so auch z. B. für Sarkoidose oderMorbusCrohn) demKör-per Vitamin D entzogen bzw. vermehrt aktiviert unddamit auch verbraucht wird (s. u.).Anthroposophische Ärzte sind gegenüber der Sup-

plementierung des Menschen und insbesondere des

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Säuglings mit Vitamin D kritisch eingestellt. Neben all-gemeinen Erwägungen (unnatürlich, da die Eigenbil-dung des Vitamin D durch die Lichtmetamorphose ab-genommen wird) spielen spezielle anthroposophisch-menschenkundliche Erwägungen (Förderung einer früh-zeitigen Sklerosierung insbesondere im Säuglingsalter)und imAnschluss daran ein historisch gewachsenerDis-kurs der anthroposophischen Ärzteschaft untereinan-der (im Anschluss an Wilhelm zur Linden und seinePublikationen vonVitamin-D-Vergiftungen (10) im Zeit-alter derVigantolstöße in den 1930–60er Jahren) hierbeieine Rolle. Soldner und Stellmann nehmen dem gegen-über eine ausgleichendeHaltung ein,sie stellen in ihremaktuellen Buch:„Individuelle Pädiatrie“ (11) in dem Kapi-tel zur Rachitisprophylaxe auf Seite 72 unter anderemfolgende Gleichgewichtsfrage: „Kann mein Kind auseigenen Kräften sein Skelett, seine Zähne ausreichendformenundmineralisieren?Wie kann ich diesen Prozessgrundsätzlich fördern, wie kann ich ihn gegebenenfalls(z. B. durch homöopathische Mittel) anregen und wannmuss ich ihn durch Substitution unterstützen?“. Zu die-ser Frage möchte dieser Beitrag neue Gesichtspunkteliefern.Ich möchte die Vitamin-D-Physiologie anhand neue-

rer Literatur zusammenfassen und vor diesem Hinter-grund einige Empfehlungen aus der Praxis der Anthro-posophischen Medizin zur Rachitisprophylaxe und zumUmgangmitVitaminDhinterfragen.Dieser Beitrag gehtnicht auf denUmgangmit potenziertenMedikamentenin der Rachitisprophylaxe ein, Andere mögen auf Grundihrer Erfahrung weitere Beiträge leisten. Unter demStichwort „Vitamin D“ bietet die Medline am 26.5.200945.674 Einträge (davon 8.041 frei verfügbare Volltext-artikel), allein in den letzten zwei Jahren wurden 4.197

Artikel (699 frei verfügbar) veröffentlicht. Es kann hieralso nicht um eine vollständige oder gar systematischeLiteraturübersicht gehen.Dieser Beitrag ist vielmehr da-zu gedacht, evtl. eine erneuerte kollegiale Diskussion zudiesem wichtigen und interessanten Thema anzusto-ßen, und diese gleichzeitig etwas näher an das Zeitge-schehen in der medizinischen Forschung heranzufüh-ren. Diese ist im Fluss, vielleicht gilt schon morgen derEindruck nicht mehr uneingeschränkt, der sich heutenoch aus einer Literaturübersicht zu ergeben scheint.

2. Photosynthese des Vitamin D in der Hautoder Aufnahmemit der NahrungInsgesamt wird die Photosynthese des Vitamin-D in

der Evolution seit über 750 Millionen Jahren von Orga-nismen genutzt und kommt schon bei Planktonartenvor (12). Einerseits kommtVitamin D vor allem via plank-tonfressender fetthaltiger Ozeanfische in die Nah-rungskette (die dasVitaminDwohl selber nochnicht fürihre Kalziumhomöostase benötigen (13, 14)).Hauptsäch-lich aber bilden die meisten Wirbeltiere einschließlichdes Menschen einen Großteil ihres D-Vitamins direktüber eine Sonnenbestrahlung ihrer Haut. Bildung in derHaut und Aufnahmemit der Nahrung sind zwei Prozes-se, die füreinander eintreten können. So konnte zumBeispiel am Pantherchamäleon gezeigt werden, dassReptilien sich instinktiv solange sonnen, bis ihre Vita-min-D-Bildung in der Haut exakt die Aufnahme aus derNahrung ausgleicht (15), das heißt, sie sonnen sichdosisabhängig kürzer, wenn sie vorher Vitamin D3 mitder Nahrung aufgenommen haben.

2.1 Photosynthese des Vitamin D in der HautDer Vorläufer, das 7-Dehydrocholesterol ist u.a. im

Stratum spinosum und Stratum basale der Haut des

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Abb. 1Bildung vonVitamin D3 undunwirksamerBegleitprodukteaus 7-Dehydro-cholesterol in derHaut. DBP = Vita-min-D-bindendesProtein.

Menschen und dermeisten Säugetiere reichlich vorhan-den. Vermittelt durch die 7-Dehydrocholesterol-Reduk-tase kann es zu Cholesterin reduziert oder durch Be-strahlung mit kurzwelligem UVB-Licht im Wellenlän-genbereich von 290–315 nm mit einer Stärke von min-destens 18 mJ/cm2 photochemisch aufgebrochen wer-den. Dann entsteht Provitamin D3, welches in der Hautspontan zu Vitamin D3 isomerisiert und an das Blut ab-gegeben wird, um dort von dem Vitamin-D-bindendenProtein (VDBP) gebunden und abtransportiert zu wer-den (16). Die wesentlichen Schritte vom 7-Dehydrocho-lesterol zum Vitamin D3 finden in der Haut ähnlich wieim Reagenzglas statt und unterliegen keiner aktiven Re-gulation durch den Organismus (Abb. 1). Sie hängen vonder Menge des normalerweise im Überschuss vorhan-denen 7-Dehydrocholesterols (welches im Alter ab-nimmt, weswegen der ältereMensch vonNatur auswe-niger Vitamin D bildet) und der Intensität und Qualitätdes Lichtes ab. Das Reaktionsgleichgewicht in der Hautist gegenüber dem Reagenzglas lediglich vom Prävita-min D3 zum Vitamin D3 verschoben, weil aus der Hautletzteres abtransportiert wird.Wie kommt es nun, dass trotz exzessiver Sonnenbe-

strahlung keine Vitamin-D-Vergiftungen beschriebensind?Wenn eine bestimmteMenge 7-Dehydrocholeste-rol im Reagenzglasversuch mit simuliertem äquatoria-lem Sonnenlicht bestrahlt wird, findet man schon nacheinigen Minuten ca. 20% der Ausgangsmenge zu Prävi-tamin D3 umgewandelt. Diese Menge an Prävitamin D3bleibt dann bei weiterer Bestrahlung konstant, dennauch Prävitamin D3 ist photolabil und wird durch wei-tergehende UVB-Bestrahlung zu den physiologisch in-aktiven Lumisterol und Tachysterol abgebaut, bevor eszu Vitamin D3 isomerisiert.Währenddessen sinkt das 7-Dehydrocholesterol auf ca.30%der Ausgangsmenge ab.Im Reagenzglaswerden 80%des entstandenen Prävita-min-D3 innerhalb von 3Tagen zuVitaminD3 isomerisiert,(in der Haut geschieht dies schon nach 8 Stunden, alsoüber Nacht).Auch das aus Prävitamin D3 entstandene Vitamin D3

ist photolabil: Kann das VitaminD3 nicht schnellgenug im Blut abtransportiert werden, entstehen ausihm durch UVB- undUVA-Strahlung (bis zu 345 nm) dreiweitere,unwirksame Produkte:Suprasterol-1 und -2 und5,6-Transvitamin-D3.So wird bei einer kurzen intensiven Sonnenlicht-

bestrahlung (mit genügend hohem UVB-Anteil) übereinige Minuten ähnlich viel Vitamin D3 gebildet wie beieiner gleich intensiven Bestrahlung über längere Zeit.Hierdurch schützt sich der Körper kurzfristig vor einerVitamin-D-Intoxikation durch zu viel Licht, während erschonwenig Licht adäquat ausnutzt. Langfristig schütztsich der Körper vor einer Vitamin-D-Intoxikation durcheine vermehrte Bildung von Melanin in der Haut, wel-ches UV-Licht derWellenlängen 290–320 nm resorbiert(Bräunung, dunkler Hauttyp in südlichen Ländern) (16).Die Vitamin-D3-Bildung vollzieht sich in der Haut al-

so in einem sich selbst begrenzenden Fließgleichge-wicht, welches hauptsächlich durch fein abgestimmte

naturgemäßebiochemischeVorgänge zustande kommt,die der menschliche Organismus in seiner Hautober-fläche benutzt ohne sie aktiv selber zu bilden oder we-sentlich zu gestalten bzw. aktiv zu regulieren. Der Orga-nismus nutzt vielmehr ein stabiles biochemisches Fließ-gleichgewicht, welches er im Gleichgewicht mit derQualität des uns umgebenden Lichtes evolutionär ent-wickelt und seine weitere Physiologie darauf abge-stimmt hat.Welche Mengen an Vitamin D3 können so gebildet

werden? Für die blasse Haut eines jungen hellhäutigenErwachsenen ist die minimale Erythemdosis (MED,wenn die Haut anfängt, rot zu werden) an einem sonni-gen Sommermittag auf 42° Breite in Meereshöhe (ent-sprechend Boston, Barcelona oder Rom) nach 10 bis 12Minuten erreicht, ein dunkelhäutiger Mensch benötigtüber 120 Minuten.Wird die Haut dieser Menschen ent-sprechend ganzkörperbestrahlt, gibt sie innerhalb dernächsten 24 Stunden eineMengeVitamin-D3 andas Blutab,allerdings etwas langsamer, vergleichbar mit 10.000bis 20.000 IE (250µg bis 500µg) Vitamin D3 aus Nah-rungsmitteln. Eine starke Vitamin-D3-Bildung in derHaut (verglichenmit den üblichen verzehrten oder sub-stituierten Mengen) ist also schon bei einer kurzen undintensiven Sonnenbestrahlung mit hohem UVB-Anteil(Sommermittagssonne!) möglich (17).Je tiefer aber der Sonnenstand ist,desto länger ist der

Weg ihres Lichts durch die Atmosphäre und derenOzon-schicht und umso stärker ist die Absorption. Das kürzer-wellige UVB-Licht wird durch die Atmosphäre wesent-lich stärker absorbiert als längerwelligesUVA- und sicht-bares Licht. Deshalb ist die Höhe des Sonnenstandesein entscheidender und in der alltäglichen Beratung vielzu selten berücksichtigter Faktor für die Vitamin-D3-Bildung in der Haut (16):Wird sie bei sonst guten Licht-bedingungen ganztägig so unterschritten, dass keinVitamin-D3 mehr in der Haut gebildet werden kann,spricht man von dem „Vitamin-D-Winter“ (18), der ei-gentlich ein „Vitamin-D-Polarwinter“ ist. Des weiterenspielt für die Lichtintensität die Bewölkung eine Rolle,die Höhe über dem Meeresspiegel, die Beschaffenheitder Erdoberfläche usw. Ab einer bestimmten SummeUVB-Licht absorbierender Faktoren ist die Lichtintensitätzu gering,umnoch nennenswert VitaminD3 in der Hautbilden zu können.Es existiert ein internetbasierter Rech-ner (unter http://zardoz.nilu.no/~olaeng/fastrt/VitD.html), der für einen einzugebenden Ort, Zeit und ande-re Bedingungenberechnet,wie langedie täglichen Licht-verhältnisse eine Vitamin-D-Bildung in der Haut maxi-mal erwarten lassen.Nach diesem Rechner beginnt ein Vitamin-D-

Polarwinter sicher oberhalb des 52. Breitengrades (Lon-don, Ruhrgebiet); es kann also nördlich dieser Grenzeim Winter (November bis Februar) hier ganztägig keinVitamin D3 mehr in der Haut gebildet werden, egal, wieviel man an der Sonne ist. Das diesem Rechner zugrun-de liegende Modell habe aber noch unsichere Voraus-setzungen (18), so dass möglicherweise der Vitamin-D-Winter doch schon weiter südlich beginnen könne, wie

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amerikanische Forscher publizierten:Sie schreiben,dasswährend dieser vier dunkelsten Monate oberhalb einerBreite von 42° (Boston, Rom, Barcelona) auch mittagskein nennenswertes Vitamin-D3mehr über die Haut ge-bildet werden könne, oberhalb des 52. Breitengrades(Edmonton, London, Düsseldorf, Berlin) sistiere die Vita-min-D-Bildung in der Haut während der sechs dunklenMonate (Oktober bis März) weitgehend. Erst unterhalbdes 37. Breitengrades (Los Angeles, Sizilien) sei dagegeneine ausreichende Vitamin-D-Biosynthese in der Hautsicher über das ganze Jahr möglich. In den gemäßigtenBreiten steigt dieVitamin-D-Bildung in der Hautmit derHöhe des Sonnenstandes exponentiell an und ist daherstark jahreszeitabhängig. Bei niedrigem Sonnenstandmit vorwiegendem UVA-Anteil des Sonnenlichts ist dieGrenze zwischen effektiver Vitamin-D-Bildung in derHaut und Sonnenbrand schmal oder eben gar nichterreichbar.Anthroposophische Ärzte sagen den Eltern häufig,

dass es ausreiche,dasGesicht oder denganzen Säuglingnach dem 1. Lebensmonat mindestens eine halbe biseine Stunde dem blauen Himmelslicht auszusetzen,damit er selbst genügendVitaminDbilden könne (19).Esfragt sich, ob diese Empfehlung heute noch so geltenkann und wie sie weiter differenziert werden muss, umdie neuen Erkenntnisse adäquat in die Praxis umzuset-zen. Tatsächlich konnte 1985 gezeigt werden, dass es füreinen 25(OH)D-Spiegel > 11 ng/ml (ein 25(OH)Vitamin-D-Spiegel, der zwar eine akute Rachitis verhindert aberheute nicht mehr als ausreichend angesehen wird, s. u.)bei Säuglingen ausreicht, wenn sie nur für kurze Zeitenwöchentlich an der Sonne sind. Die zugehörigen relativkleinen Studien wurden aber in Ohio und Peking durch-geführt, Städte, die wie Athen auf dem 39. Breitengradliegen (20). Eine systematisch gesicherte Aussage zurDauer, wie lange Säuglinge und Kinder dem Tageslichtausgesetzt sein müssen, damit sie einen derzeit als ge-sund angesehenen 25(OH)Vitamin-D-Spiegel > 20ng/mlhalten, kann in Abhängigkeit vom Breitengrad, der Ta-ges- und Jahreszeit, der Hautfarbe und den Nahrungs-gewohnheiten von Eltern und Kind, derzeit nicht ge-troffen werden (21).Da eine ausreichendeVitamin-D-Versorgung für sehr

viele physiologische Funktionen wichtig ist, vermutetman heute, dass die Hautfarbe während der Evolutionabblasste, als vor ungefähr 35.000 Jahren kleine, wahr-scheinlich zunächst dunkelhäutige Gruppen von Homosapiens ausAfrika langsamRichtungNordenmigrierten,sodass sie das Sonnenlicht besser nutzen konnten. Dieeinzige Ausnahme bilden die Inuit, die erst seit relativkurzer Zeit die Arktis bewohnen und ihren Vitamin-D-Bedarf durch die Nahrung decken (Fettfische).Evolutionär sicherlich nicht angepasst sind wir dem-

gegenüber an vergleichsweisemoderne Lebensumstän-de: Weitgehend leben wir in geschlossenen Räumen(relevant auch mittags in heißen Ländern), hinter Glas(welches UVB-Licht komplett filtert), bei künstlichemLicht, unter einer UVB-Licht-absorbierenden Smog-glocke,mit konsequenter Benutzung von Sonnencreme

(mangeht davonaus,dass ein Sunblockermit demLicht-schutzfaktor 8 dieVitamin-D-SyntheseleistungderHautum 95% vermindert, Lichtschutzfaktor 15 bereits um98%, während ein Aufenthalt im schattigen Freien die-se nur um 60% vermindert (21) oder weitgehend voll-ständige Bedeckung der Haut mit Kleidern unter freiemHimmel (insbesondere relevant bei muslimischen, tra-ditionell gekleideten Frauen, die auch in sonnigen Län-dern einen endemischen Vitamin-D-Mangel haben undbei Geburt an ihren Nachwuchs weitergeben).Ein Vitamin-D-Mangel kommt in zivilisierten Gesell-

schaften häufig vor (s.u.). Er ist deswegennochnicht einnaturgewollter ZustandweiterTeile derMenschheit,derals„normal“ oder gar„gesund“ angesehenwerden kann.

2.2 Aufnahme von Vitamin D3 aus der NahrungErst in den letzten 10 Jahren wird zunehmend er-

kannt, mit welchen Zivilisationskrankheiten (außer derRachitis undOsteomalazie,sieheunten) der endemischeLichtmangel dermodernenGesellschaften einhergehenkönnte (22). Daher wird der öffentlich zu empfehlendeTagesbedarf an ersatzweisemit der Nahrung aufzuneh-mendem Vitamin-D3 unter Wissenschaftlern und Ver-antwortlichen für die Gesundheitsversorgung lebhaftdiskutiert. Die derzeitigen Empfehlungen (200–600 IEtgl.) werden von vielen Forschern auf dem Gebiet alsentweder irrelevant (für ausreichend UVB-lichtexpo-nierte Personen) oder unzureichend (für die Mehrzahlder Bevölkerung in zivilisierten Gesellschaften höhererBreiten) angesehen (23, 24, 26).Wie viel Vitamin D3 braucht man über die Nahrung,

um bei Abwesenheit von UVB-Licht einen als geradenoch ausreichend angesehenen 25(OH)Vitamin-D3-Serumspiegel über einen UVB-strahlungsarmenWinterzu erhalten? Für diese kurze Frist seien nur 500–1.000 IUnötig, weil der Rest des Bedarfs hierfür aus den körper-eigenen Speichern gedeckt werde (23). Eine absoluteLichtdeprivation während eines U-Booteinsatzes mit ei-ner Standarddiät (incl. Cerealien undMilch) bewirkte ei-nen Abfall des 25(OH)Vitamin-D-Spiegels um ca. 30% inden ersten beiden Monaten (24). Man hat geschätzt,dass die tägliche Zufuhr von 1 IUVitamin D3 bei Erwach-senen und Jugendlichen den 25(OH)Vitamin-D3-Spiegelim Blut um ca. 0,007 bis 0,01 ng/ml steigert (unter-schiedlich je nach Vitamin-D-Status). Es bedürfe dem-nach bei einem ca.80 kg schweren Erwachsenen täglichca. 114µg (4600 IU)VitaminD3,umeinen 25(OH)Vitamin-D3-Spiegel von 80nmol/l = 32 ng/ml im Blut langfristigzu halten, sofern keine Vitamin-D-Bildung durch Lichthinzukomme (23, 25).

2.2.1 Vitamin-D-Aktivität in der MuttermilchDer Muttermilchgehalt an Vitamin-D-wirksamen

Komponenten ist knapp. Er ist sehr von dem Vitamin-D-Status der Mutter abhängig. Bereits hydroxyliertes25(OH)Vitamin-D3 macht den größten Anteil der antira-chitischen Aktivität der Muttermilch aus. Der Vitamin-D-Gehalt in der fetthaltigerenHintermilch (die der Säug-ling zuletzt trinkt) ist größer als in der Vordermilch.Wenn die in höheren Breiten lebenden Mütter 50 µg

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(2000IE) Vitamin D3 täglich im Winter einnehmen, er-reicht ihre Muttermilch die antirachitische AktivitätunsupplementierterMütter im Sommer,die Antwort istjedoch individuell sehr unterschiedlich.Wenn eine stil-lende Mutter täglich 100µg = 4.000 IU Vitamin D3 ein-nimmt (wenn sie keinem UVB-Licht ausgesetzt ist), er-scheint in ihrer Muttermilch genug Vitamin-D-Aktivi-tät, dass der Säugling vor einem Vitamin-D-Mangelohne weitere Zufuhr sicher geschützt ist. Bei 50µg =2.000 IU sei dies nochnicht sicher der Fall (die Anzahl deruntersuchten Frauen war aber gering) (27).Haben Mütter einen für sie subklinischen Vitamin-

D-Mangel (wie die meisten Frauen in zivilisierten Ge-sellschaften fernab des Äquators im Winter und vorallem auch in islamischen Gesellschaften oder auch inhöheren Breiten lebende Migrantinnen mit dunklerHautfarbe), so haben die Säuglinge ein wesentlichhöheres Risiko, rasch einen relevanten Vitamin-D-Mangel zu entwickeln (28).

2.2.2 Vitamin D3 in NahrungsmittelnUnter nicht immer undüberall gegebenenoptimalen

Lichtbedingungen (siehe oben) kann die Haut einesjungen erwachsenen Menschen täglich 10.000 bis20.000 IE (also 250 bis 500µg)Vitamin D3 bilden.Dage-gen enthaltennurwenigeNahrungsmittelVitaminD3 invergleichbaren Mengen. Es findet sich vor allem in Fett-fischen, Innereien, Pilzen, Eiern und in begrenztemMaße auch in Milchprodukten.DerVitamin-D3-Gehalt einiger ausgewählter Lebens-

mittel zeigt die meist zu geringe Rolle der Nahrung fürdie Vitamin-D-Versorgung (Tab. 1).Die EsKiMo-Studie hat in ganzDeutschland zwischen

2003 und 2006 das Ernährungsverhalten von Kindernund Jugendlichen im Alter von 6–17 Jahren untersucht(31). Dabei wurde für die tägliche Vitamin-D3-Auf-nahme der niedrigste Wert aller untersuchten Nähr-stoffe in Bezug zum jeweils empfohlenenWert gemes-sen. Demnach beträgt die tatsächliche Vitamin-D3-Aufnahme etwa 30% der Empfehlungen der deutschenGesellschaft für Ernährung, welche derzeit vom 2.–65.

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Tab. 1

Nahrungsmittel µg/100g Referenz(1 µg entspr. 40 IE)

Lebertran 437 (21)

Atlantischer Hering roh 41 (21)

Räucheraal 21 (29)

Lachs (gekocht) 9 (21)

Thunfisch,Makrele, Sardine in Öl (Konserve) 5,4–8,3 (21)

Kalbfleisch 3,8 (29)

Hühnerei 2,9 (29)

Champignons 1,9 (29)

Leber (Rind) 1,7 (29)

Butter 1,2 (29)

Sahne 1,1 (29)

Emmentaler 1,1 (29)

Gorgonzola 1 (29)

Edamer 40% Fett i. Tr. 0,29 (29)

Speisequark 40% Fett i. Tr. 0,19 (29)

Vollmilch mind. 3,5% Fett 0,088 (29)

Joghurt mind. 3,5% Fett 0,062 (29)

industriell hergestellte Säuglingsmilchin Deutschland 1–2 µg/100 kcal (30)

Muttermilch (bei gutemVitamin-D-Statusder Mutter) 0,04–0,12 (21)

Tab. 2

Bevölkerungsgruppe Tägl. Vitamin-D3- supplementiertes ReferenzAufnahme Vitamin D3

junge,weiße,amerikanische Männer 8,1 µg 5,1 µg (32)

junge,weißeamerikanische Frauen 7,3 µg 3,1 µg (32)

schwarze amerikanischeErwachsene 6,2 µg 4,3 µg (32)

britische Männer 4,2 µg 1,4 µg (32)

britische Frauen 3,7 µg 1,1 µg (32)

japanische Frauen 7,1 µg 0 µg (32)

norwegische Männer 6,8 µg 2,9 µg (32)

norwegische Frauen 5,9 µg 2,9 µg (32)

spanische Männer ca. 4 µg (32)

spanische Frauen ca. 3 µg (32)

italienische Haushalte 3,0 µg (30)

deutsche Männer 2,9 µg 0 µg (30)

deutsche Frauen 2,2 µg 0 µg (30)

deutsche 6–11-jährige Kinder ca. 1,4 µg 0 µg (31)

deutsche 12–17-jährige Jungen ca. 2,3 µg 0 µg (31)

deutsche 12–17-jährige Mädchen ca. 1,7 µg 0 µg (31)

Tab. 1:Vitamin-D Gehalt typischer Lebensmittel. Man bemerke,dass die Methode der Zubereitung ganz wesentlich mitent-scheidet, wieviel Vitamin D enthalten bleibt. Beispielsweisereduziert das Einfrieren eines Herings seinen Vitamin-D-Gehaltum ~50%,während Backen nichts ausmacht (••). Bei den An-gaben muss berücksichtigt werden, dass nicht alle Lebensmittelin gleicher Menge konsumiert werden. Auf der Basis dieserDaten können neben fettreichen Fischen auch Pilze,Milchpro-dukte und angereicherte Speisefette einen guten Beitrag zurVitamin-D3-Versorgung leisten.

Tab. 2: Ungefähre Vitamin-D-Aufnahme mit der Nahrung unddurch Supplemente in verschiedenen Verzehrstudien. Innerhalbdieser Bevölkerungsgruppen und zwischen den ausgewertetenStudien variieren diese Durchschnittsangaben aber erheblich.In Deutschland ist die Vitamin-D3-Supplementierung jenseitsdes Säuglingsalters bislang nicht üblich. In den USA und inKanada wird die Trinkmilch regelmäßig mit 10 µg Vitamin-D3pro Liter supplementiert. In Großbritannien, Irland und Austra-lien dürfen Frühstückscerealien und Margarine mit Vitamin-D3supplementiert werden. In Norwegen und Japan trägt der Fett-fischkonsum zur Vitamin-D-Versorgung durch die Nahrung bei.

Lebensjahr bei 5 µg/Tag (entspr. 200 IE tgl.) liegen sowieimersten Lebensjahr undbei > 65-Jährigenbei 10µg/Tag(einzusehen auf www.dge.de). Die tägliche Vitamin-D-Aufnahme mit der Nahrung in verschiedenen Ländernist ungefähr wie folgt (1 µg entspricht 40 IE Vitamin D3).Es zeigt sich hierbei, dass Deutschland eines der Länderist, in denen am wenigsten Vitamin-D mit der Nahrungaufgenommen wird (Tab. 2).

3. Leberprozess: 25-Hydroxylierungdes Vitamin D3Vitamin D3 wird, nachdem es in der Haut gebildet

oder aus dem Darm in die Lymphe aufgenommen wur-de, vor allemandasVitamin-D-bindende Protein (VDBP)gebunden, über das Blut unter anderem in die Lebertransportiert. Es hat eine Halbwertzeit von 19–25 std. imSerum,wird aber auch in geringemMaße im Fettgewe-be gespeichert.Vor allem in der Leber wird es von evolu-tionär hochkonservierten Enzymen mit Vitamin-D-25-Hydroxylaseaktivität (von den Cytochrom-P450-abhän-gigen Enzymen CYP2R1 und CYP27A1) zu 25(OH)Vitamin-D3 hydroxyliert. Diese enzymatische Reaktion ist bei derüblichen Vitamin-D3-Zufuhr keiner nennenswerten Re-gulation unterworfen (33), da der 25(OH)Vitamin-D3-Spiegel im Blut ziemlich genau die längerfristige Vita-min-D3-Versorgung der letzten 3–4 Monate widerspie-gelt,währendderVitamin-D3-Spiegel dieVersorgungderletzten Stunden bis Tage anzeigt. 25(OH)Vitamin-D3 istalso eine SpeicherformdesVitamin-D3.Eine solchemusses geben, um die großen Spitzen und Pausen der haupt-sächlichen Vitamin-D-Versorgung durch das Licht aus-gleichen zu können. Die mittel- bis längerfristige Vita-min-D-Versorgung eines Organismus lässt sich am bes-ten über die Bestimmung des Blutspiegels des 25(OH)Vitamin-D3 finden, welche seit Anfang der 1980er Jahremöglich ist und einweiter gehendesVerständnis für diePhysiologie des Vitamin-D3 ermöglichte.

3.1 25(OH)Vitamin-D3-BlutspiegelMenschen aus südlichen Ländern, die viel der Sonne

ausgesetzt sind und ihre Haut nicht komplett bedecken,haben 25(OH)Vitamin-D3-Serumkonzentrationen von50 bis 90 ng/ml (entsprechend 120–216 nmol/l). Liegtder Vitamin-D-Spiegel unter 30 ng/ml (entsprechend72 nmol/l) so verringert sich die Kalziumabsorbtion ausdem Darm und der Körper beginnt, die geringeren Vita-min-D-Wirkungen auf den Kalziumhaushalt durch einenAnstieg des erhöhten Parathormons zu kompensieren(s. u.) (22). Bis zu einem Serumspiegel von 40ng/ml wirdalles verfügbareVitaminDungeregelt zu 25(OH)Vitamin-D3 verstoffwechselt; erst bei darüber liegendem Serum-spiegeln verlangsamt sich dieser Aktivierungsschritt (33,34). Eine optimale athletische Performance wird beiSerumspiegeln um 50ng/ml erreicht (35).Man kann also verschiedeneGesichtspunkte geltend

machen, wenn man einen Vitamin-D-Spiegel bewertet,entsprechend variieren die Empfehlungen in der Litera-tur. Man geht heute von folgender Bewertung der Se-rumkonzentration für 25(OH)Vitamin-D3 aus:

• Werte unter 11 ng/ml (26 nmol/l) bedeuten eineernste Rachitisgefahr für Kleinkinder und Säuglinge.

• Werte unter 20 ng/ml (48 nmol/l) bedeuten einenlangfristig relevantenVitamin-D-Mangel (auchwenneine manifeste Rachitis oder Osteomalazie nichtzwangsläufig auftritt).

• Werte zwischen 30–60ng/ml (72–144 nmol/l) bedeu-ten eine physiologisch gute Versorgung.

• Werte über 88 ng/ml (210 nmol/l) bedeuten eineVitamin-D-Überversorgung

• Werte über 150 ng/ml (360nmol/l) bedeuten eine be-ginnende Vitamin-D-Intoxikation.

• Werte über 280ng/ml (670nmol/l) führen zu akuten,ernsten Störungen in der Kalziumhomöostase.

Der Blutspiegel wird über einen weiten Dosisbereichtäglicher Vitamin-D-Zufuhr von 20 µg (800 IE) bis zu250µg (10.000 IE) bei Erwachsenen in einemBereich vonetwa 30 bis 88 ng/ml gehalten und steigt erst bei nochhöherer Zufuhrweiter an.Diese obereGrenze entsprichtder maximalen täglichen Bildung des Vitamin-D3 in derHaut (30).

3.1.1 Epidemiologie der 25(OH)Vitamin-D3-SpiegelJe nach Jahreszeit, geographischer Breite, Nahrungs-

gewohnheiten, Bevölkerungsgruppe und Lebensstilsind die 25(OH)Vitamin-D3-Spiegel unterschiedlich.Tab. 3 zeigtWerte aus verschiedenen Studien.Insgesamt liegen die 25(OH)Vitamin-D3-Spiegel im

unteren physiologischenBereich,sehr oft darunter.Parisist ein typisches Beispiel mitteleuropäischer Verhältnis-se bezüglich geographischer Breite, Nahrungsgewohn-heitenund Supplementation.Hier fällt insbesondere deräußerst niedrige Wert im Winter auf. In dem KiGGS inDeutschland wurde leider nicht nachWinter und Som-mer differenziert. Dies wurde in einer kleinen Studie

R e c k e r t | S o n n e n l i c h t, V i ta m i n D, I n k a r n at i o n 583

Tab.3Durchschnittliche25(OH)Vitamin-D3 -Serumspiegel unterverschiedenenBedingungen.(P5–P95 bei denAngaben ausDeutschland be-deutet, dass die5.– 95. Percentileangegeben ist, d. h.je 5% der Bevölke-rung hattenWerteunter der P5 und5% hattenWerteüber der P95).

Tab. 3

Ort geogr. Gruppe, Alter Sommer/ Winter/ ReferenzBreite Herbst Frühjahr

(ng/ml ± SD) (ng/ml ± SD)

Miami 26° Männer > 18. Lj. 26,8 ± 10,3 23,3 ± 8,4 (22)

Boston 43° weiße Frauen20.–40. Lj. 34,2 ± 13,2 24,0 ± 8,6 (22)

Boston 43° schw. Frauen20.–40. Lj. 16,4 ± 6,6 12,1 ± 7,9 (22)

Paris 49° männlicheJugendliche 23,4 ± 8,0 8,2 ± 2,8 (22)

Calgary 51° 27.–89. Lj. 28,6 ± 9,4 22,9 ± 8,5 (22)

Kinder/ Median P5–P95Jugendliche in ng/ml in ng/ml

Deutschland 47°–54° 1.–2. Lj. 25,8 8–48 (36)

3.–6. Lj. 18,4 6,3–39,9

7. – 10. Lj. 17,4 6,2–37,1

11. – 13. Lj. 15,8 5,3–33,7

14. – 17. Lj. 16,4 5,1–40,1 (36)

einer Kinderarztpraxis inMühlheim (Ruhr, 51°) gemacht:Der mittlere Blutspiegel von 21 Proben in den MonatenSeptember bis Januar lag bei 21 ng/ml, eine Probe zeigteeinenWert < 10 ng/ml (5%); von 24 Proben in denMona-ten Februar und März hatten 9 einen Wert < 10 ng/ml(38%), nur 3 erreichten einenWert > 20ng/ml, der mitt-lereWert lag bei 13 ng/ml (37). DieseWerte stimmen be-denklich, weil die Kindheit und Jugend die Zeit ist, in derdas menschliche Skelett spezifisch auf- und umgebautwird. Auch bei Kindern und Jugendlichen ist ein hierfürnotwendiger ausreichender Kontakt zur Sonne schonlange nicht mehr selbstverständlich.Schwangere Frauen hatten in verschiedenen Studien

einenVitamin-D-Mangel in folgenderHäufigkeit: 18% inEngland, 25% in den Vereinigten Arabischen Emiraten,80 % im Iran, 42% in Nordindien, 61% in Neuseeland,und60–84%derMigrantinnen in denNiederlanden (38)konnte gezeigt werden, dass Mütter rachitischer Säug-linge häufig selbst einen deutlichen Vitamin-D-Mangelhaben und behandelt werden sollten (38). Andererseitssind schon Neugeborene von Müttern mit Risikofakto-ren gefährdet: In Rotterdam hatten Neugeborene ver-schleierter oder dunkelhäutiger Mütter zu 63% einen25OHD-Spiegel unter 10 ng/ml verglichen mit 16% derNeugeborenen von Müttern ohne diese Risikofaktoren.Dieses Ergebnis schwankte nicht signifikant mit derJahreszeit (39).Adipöse Menschen haben häufig einen niedrigeren

25(OH)Vitamin-D-Spiegel. Naheliegend ist die Vermu-tung, dass dies vor allem am Lebensstil liege: WenigerBewegung im Freien, mehr Fernsehen. Ferner sind Adi-positas und ein Vitamin-D-Mangel für viele Zivilisa-tionserkrankungen ein gleichgerichteter Risikofaktor.Dennoch gibt es auch einen experimentell nachgewie-senen direkten Zusammenhang zwischen AdipositasundVitamin-D-Mangel: Es wird nämlich das in der Hautgebildete oder mit der Nahrung aufgenommenes Vita-minD teilweise imFettgewebe eingelagert,und ist dannnicht verfügbar (40).

4.Nierenprozess: Aktivierung von 25(OH)-Vitamin-D3 zu 1αα,25(OH)2-Vitamin-D3Das 25(OH)Vitamin-D3 wird aus der Leber wieder in

das Blut abgegeben, wieder an VDBP gebunden und hatso eine biologische Halbwertzeit von ca. 19 Tagen. Es wirdnun zu seinen Zielgeweben transportiert, wo es danndurch die 1α-Hydroxylase (Cytochrom-P450-abhängigesEnzym CYP27B1) zu 1α,25(OH)2Vitamin-D3 aktiviert wird.Dies geschieht in den Nieren für endokrine (den ganzenOrganismus betreffende) Aufgaben und in verschiede-nen anderen Geweben für autokrine (lokal das aktivie-rende Gewebe betreffende) Aufgaben. Diese Aktivierun-gen werden jeweils unterschiedlich und fein reguliert: In den Nieren werden die Vitamin-D-Metabolite in

den Glomerula zusammen mit dem VDBP primär fil-triert, dann in die proximalen Tubuluszellen mit Hilfedes Megalins zurück resorbiert und dort intrazellulärfreigesetzt. In den Mitochondrien der Zellen des proxi-malen Tubulus der Nieren kann das 25(OH)Vitamin-D3:

1.) durch 1α-Hydroxylase zum biologisch aktiven1α,25(OH)2Vitamin-D3, weiter hydroxyliert,

2.) durch die gegensätzlich regulierende 24-Hydroxy -lase zum 24R,25(OH)2Vitamin-D3 inaktiviert werdenoder

3.) unverändert wieder die Nierenzelle in das Blut verlassen (um dort erneut an VDBP gebunden zuwerden). Die Bildung des 1α,25(OH)2Vitamin-D3 wird in der

Niere fein reguliert: Die wichtigsten Faktoren, die seineenzymatische Bildung über eine Aktivierung der 1α-Hy-droxylase direkt fördern sind unabhängig voneinan-der:Ein erhöhtes Parathormon, ein erniedrigter Kalzi-umspiegel und ein niedriger Phosphatspiegel im Blut.1α,25(OH)2Vitamin-D3 selbst hemmt die 1α-Hydroxylaseund aktiviert die 24-Hydroxylase. Indirekt, zumeist überdas Parathormon, beeinflussen unter anderem Kalzium,Östrogene, Glukokortikoide, Calcitonin, Somatotropinund Prolactin die Calcitriolbildung. All diese Regulatio-nen dienen dazu, gerade soviel Vitamin zu synthetisie-ren, wie der Körper in seiner momentanen Situation anKalzium- und Phosphat braucht. Die Regulation der24R,25(OH)2-Vitamin-D3-Bildung erfolgt durch die glei-chen Faktoren, jedoch in umgekehrter Richtung (41). In zahlreichen anderen Geweben (z. B. Placenta, Pros-

tata, Mammae, Kolon, Lunge, Beta-Zellen des Pankreas,Monozyten, dendritische Zellen, parathyreoidale Zellen)kommt die 1α-Hydroxylase ebenfalls vor; hier wird sie vor allem durch Wachstumsfaktoren und Zytokine lokalreguliert, wie dies genau geschieht, wird derzeit er-forscht (41).

5. Strukturierung des Organismus im Sinnedes Lichts: Funktionen von 1αα,25(OH)2Vitamin-D3Im Blut liegt 1α,25(OH)2Vitamin-D3 in sehr viel gerin-

gerer Konzentration als 25(OH)Vitamin-D3 vor und istauch hauptsächlich an VDBP gebunden. Die Konzentra-tion insbesondere von freiem 1α,25(OH)2Vitamin-D3 iststreng geregelt und korreliert mit seiner Aktivität. Sie istferner weitgehend unabhängig von der Konzentrationseines Vorläufers 25(OH)Vitamin-D3 oder des VDBP (41).Es hat eine geschätzte Halbwertzeit von 3-5 Tagen.Nimmt man es als Medikament zu sich, wird es rasch imDünndarm absorbiert. 1α,25(OH)2Vitamin-D3 gelangt wahrscheinlich meist

passiv in das Zellinnere (der oben beschriebene aktivemegalinvermittelte Transport vom Primärharn in die pro-ximale Tubuluszelle ist ein Sonderfall in der Niere (41).In der Zelle aktiviert 1α,25(OH)2Vitamin-D3 den intra-

zellulären Vitamin-D-Rezeptor (VDR) und wirkt dann wieein Steroidhormon: Der 1α,25(OH)2Vitamin-D3-VDR-Komplex wird in den Zellkern transportiert, assoziiertdort an die DNA und verändert die Transkription ver-schiedener Vitamin-D-sensitiver Gene, was schließlichzu Änderungen in der Proteinsynthese mit entspre-chenden biologischen Wirkungen führt. Die Vitamin-D-Wirksamkeit ist also auch von der Rezeptordichte ab-hängig; diese wiederum wird in unterschiedlichen Ge-

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weben unterschiedlich reguliert. Insgesamt sind bisherweit über 200 verschiedene Gene in verschiedenen Ge-weben bekannt, deren Regulation von der Vitamin-D-Wirksamkeit abhängt, ein Vitamin-D-Mangel scheint ei-ne hintergründige Rolle in der Pathogenese vieler Zivili-sationskrankheiten zu spielen (34). 25(OH)Vitamin-D3 kann selber auch, jedoch ca. 100-

mal weniger als Calcitriol, den Vitamin-D-Rezeptor akti-vieren. Dies kommt bei einer Vergiftung mit sehr hohenVitamin-D3-Dosen zum Tragen. Dann wird die Regelungder Aktivierung des Vitamin-D3 durch überhöhte 25(OH)Vitamin-D3-Spiegel übergangen (41), der Organismuskann sich dann die Wirksamkeit des Vitamin D nichtmehr zueigen machen.

5.1 Die Rolle des 1αα,25(OH)2Vitamin-D3-VDR-Komplexes im KalziumhaushaltZunächst wurde der Zusammenhang zwischen Vita-

min D und dem Kalziumhaushalt bekannt, da die sicht-barsten Auswirkungen eines gravierenden Vitamin-D-Mangels die Knochenkrankheiten Rachitis und Osteo-malazie sind. Bezüglich der Kalziumhomöostase hat1α,25(OH)2Vitamin-D3 vier Zielorgane: Darm, Knochen,Nieren und Nebenschilddrüsen.

5.1.1 Kalziumaufnahme aus dem DarmDie Vitamin-D-Aktivität ist essentiell, um die Absorp-

tion von Kalzium und Phosphat aus dem Dünndarm zuermöglichen. Kalzium wird darmseitig mithilfe zweierKalziumkanalproteine in die Dünndarmzelle aufgenom-men, von Calbindin D durch die Zelle transportiert undblutseitig durch eine membranständige Ca2+-ATPase(PMCA1b) bzw. einen Na+/Ca2+-Austauscher (NCX1) in dasBlut abgegeben. Die initiale Kalzium-Aufnahme ist der geschwindig-

keitslimitierende Schritt des Gesamtprozesses und die-ser ist hoch abhängig von ausreichendem Vorkommendes 1α,25(OH)2Vitamin-D3-VDR-Komplexes, der die Tran-skription der Kalziumkanäle TRPV5 und TRPV6 in denDarmzellen induziert. Die Kalzium-Absorption aus demDarm erreicht ein Maximum ab einem 25(OH)VitaminD3-Spiegel von > 32 ng/ml (> 77 nmol/l) im Blut (17). Ferner steigert 1α,25(OH)2Vitamin-D3 die aktive Phos-

phat-Aufnahme, indem es die Expression des Na-Pi-Kotransporters steigert. Die genauen Mechanismen desPhosphattransportes durch die Darmzelle sind wenigerbekannt.

5.1.2 KnochenmineralisierungDas zweite wichtige Zielorgan für die 1α,25(OH)2Vita-

min-D3-Wirkung ist der Knochen; für die Entwicklungund Erhaltung eines gesund mineralisierten Skelettesist 1α,25(OH)2Vitamin-D3 essentiell. Das Knochengewebe ist einem dauernden Abbau

durch Osteoklasten und einem Neuaufbau durch Os-teoblasten ausgesetzt. Hierbei wirken der 1α,25(OH)2Vitamin-D3-VDR-Komplex, das Parathormon und der Kalziumblutspiegel in komplexer Weise zusammen.Wenn man in Tierversuchen den Effekt eines isolierten1α,25(OH)2Vitamin-D3-VDR-Komplex-Mangels (bei aus-

geglichenem Parathormon- und Kalziumspiegel) unter-sucht, zeigt sich, dass die Anzahl der Osteoblasten, dieKalziumappositionsraten und das Knochenvolumen abnehmen (41). Genauso nimmt bei einem isolierten1α,25(OH)2Vitamin-D3-VDR-Komplex-Mangel aber auchder Knochenabbau durch die Osteoklasten ab. Das Zu-sammenspiel zwischen Osteoblasten und Osteoklastenist dabei folgendermaßen geregelt: Osteoblasten bildenan ihrer Zelloberfläche einen Liganden (RANKL), der anzwei verschiedene Rezeptoren binden kann: 1. an einenebenfalls im Osteoblasten gebildeten löslichen RezeptorOsteoproteregin (OPG) oder 2. an einen Rezeptor (RANK)an der Oberfläche von Osteoklasten-Progenitor-Zellen.Im ersten Fall bleibt RANKL unwirksam, im 2. Fall bewirkter eine Reifung der Osteoklasten-Progenitor-Zelle zumOsteoklasten. Der 1α,25(OH)2Vitamin-D3-VDR-Komplexin den Osteoblasten erhöht die Bildung von RANKL undunterdrückt die Bildung von OPG und fördert damit in-direkt auch den Knochenabbau durch Osteoklasten (41).Insgesamt sorgt also das Vitamin D dafür, dass der Kno-chenstoffwechsel lebendig und der Knochen so einerfunktionalen Formung zugänglich bleiben.Die scheinbare Stimulierung der Knochenmineralisa-

tion durch 1α,25(OH)2Vitamin-D3 die eintritt, wenn bei ei-nem Vitamin-D-Mangel Vitamin-D gegeben wird, er-folgt also vor allem nur indirekt 1.) durch die vermehrteBereitstellung von Kalzium und Phosphat aufgrund derdurch 1,25(OH)2D3 gesteigerten Resorption in Darm undNieren und 2.) durch die Unterdrückung von Parathor-mon, welches knochensubstanzabbauend wirkt. WennVitamin D in starken Überdosen gegeben wird wie zuZeiten der Vigantolstösse in den 50er Jahren – damalswaren Einzeldosen bis zu 600.000 IE üblich – bekommt25(OH)Vit3 in geringem aber ausreichendem Masse dieWirksamkeit des 1,25(OH)2VitD3 ohne jedoch durch denKörper genauso regelbar zu sein. Es kann sich dann eineinsgesamt eher knochensubstanzabbauende Wirkungdes Vitamin D zeigen (welche schon in den Zeiten zurLindens beschrieben wurde (10). Vitamin D selbst be-wirkt also nicht einfach eine (vorzeitige) Knochenver-festigung, wie es häufig in der anthroposophisch-medi-zinischen Literatur dargestellt wird.

5.1.3 NebenschilddrüseDas endokrine Vitamin-D-System ist ein potenter

Modulator der Nebenschilddrüsenfunktion. Vitamin-D-Mangel führt zu einer Nebenschilddrüsenhyperplasieund über andere Mechanismen zu einer vermehrten Pa-rathormonsynthese und -exkretion. Der 1α,25(OH)2Vita-min-D3-VDR-Komplex unterdrückt die Transkription desParathormon-Gens. 1α,25(OH)2Vitamin-D3 selbst indu-ziert die vermehrte Bildung seines eigenen RezeptorsVDR in der Nebenschilddrüse. Die Parathormonbildungwird auch indirekt durch die Erhöhung des Serumkalzi-ums (die durch die erhöhte Resorption des Kalziumdurch 1α,25(OH)2Vitamin-D3 an Darm und Niere bewirktwird) unterdrückt. Beide Wirkungen ergänzen sich undkönnen füreinander eintreten (41).

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Die Beziehung zwischen 1α,25(OH)2Vitamin-D3 unddem Zielorgan Nebenschilddrüse ist insgesamt wech-selseitig: Parathormon stimuliert die 1α-Hydroxylase in der Niere; erhöhtes 1α,25(OH)2Vitamin-D3 senkt im Gegenzug die Ausschüttung von Parathormon in der Nebenschilddrüse.

5.1.4 Niere Der wichtigste Effekt des 1α,25(OH)2Vitamin-D3 an

der Niere ist die strenge Kontrolle seiner eigenen Ho-möostase: Es hemmt einerseits die 1α-Hydroxylase unddamit seine eigene Bildung und fördert gleichzeitig denAbbau des Vorläufers 25(OH)Vitamin-D durch die Sti-mulierung der 24-Hydroxylase.Die direkte Rolle des 1α,25(OH)2Vitamin-D3 im Um-

gang der Niere mit Kalzium und Phosphat ist nicht klarund einfach darstellbar wegen der gleichzeitigen Effek-te des 1α,25(OH)2Vitamin-D3 auf das Serumparathormonund den Kalzium- und den Phosphatblutspiegel:1α,25(OH)2Vitamin-D3 erhöht die Kalziumreabsorpti-

on im proximalen Nierentubulus durch eine Aktivierungder Transkription des renalen Transportproteins TRPV5und des Calbindin (analog zum Darm). 1α,25(OH)2Vita-min-D3 beschleunigt andererseits die parathormonab-hängige Kalziumsekretion im distalen Tubulus. 1α,25(OH)2Vitamin-D3 verbessert die Phosphatreab-

sorption in Gegenwart von Parathormon.

5.2 Weitere so genannte „nichtklassische“ Wirkungen des 1αα,25(OH)2Vitamin-D3Neben den klassischen Zielorganen Darm, Niere, Kno-

chen und Nebenschilddrüse hat man seit Ende der 80erJahre eine Vielzahl von Geweben und Zellen gefunden,die den Vitamin-D-Rezeptor und die 1α-Hydroxylase besitzen. Für die so genannten „nichtklassischen“ Wir-kungen aktivieren die betreffenden Gewebe ihr 1α,25(OH)2Vitamin-D3 autokrin für ihren eigenen Bedarf, eineRegulation der Wirkungen findet durch verschiedeneFaktoren lokal im betreffenden Gewebe statt. Zum Bei-spiel sind sie nicht durch Parathormon induzierbar undhängen damit möglicherweise stärker von einem aus-reichenden 25(OH)Vitamin-D3-Spiegel ab. Diese verschiedenen Funktionen lassen Vitamin D

jenseits der Rachitisprophylaxe für verschiedene Prä-ventionsüberlegungen wichtig erscheinen.

5.2.1 SchwangerschaftFrauen haben eine geringere natürliche Hautpig-

mentation als Männer. Man denkt, dass dies evolutions-biologisch auf einen erhöhten Vitamin-D-Bedarf wäh-rend Schwangerschaft und Stillzeit hinweisen könnte. Eines der Wunder während einer Schwangerschaft

ist, dass das mütterliche Immunsystem den eigentlichfremden Fetus nicht abstößt. Während der Schwangerschaft steigen die mütter -lichen 1α,25(OH)2Vitamin-D3-Spiegel an, um direktnach der Geburt wieder auf normale Wertel zu fallen.Das fetale Blut enthält niedrigere 1α,25(OH)2Vitamin-D3-Spiegel. Eines der ersten Gewebe nach der Niere,in dem der Vitamin-D-Rezeptor und die 1α-Hydroxy-

lase nachgewiesen werden konnte, war die Plazenta.Die 1α-Hydroxylase-Aktivität steigt insbesondere imersten Trimenon in der Dezidua an. Mäuse, die keine1α-Hydroxylase bilden können, sind unfruchtbar(auch wenn man die Folgen für den Kalziumstoff-wechsel ausgleicht). Man vermutet heute, dass lokalin der Plazenta gebildetes 1α,25(OH)2Vitamin-D3 füreine lokale Immuntoleranz und die Einnistung desFetus in der frühen Schwangerschaft wichtig ist (42).

Vitamin-D-Mangel während der Schwangerschaft führtferner zu einem erhöhten Risiko für intrauterine Wachs-tumsverzögerung, vorzeitige Wehen, Bluthochdruck und(zu) leichte Neugeborene (small for gestational age in-fants) (22, 43). Eine ausreichende Versorgung der Mutterund des Neugeborenen mit Vitamin D reduziert das spä-tere Risiko einen Diabetes mellitus Typ 1 zu entwickeln.Dies betrifft wohl insbesondere die Versorgung der Mut-ter mit Vitamin D im 3.–6. Schwangerschaftsmonat,wenn sich die Bauchspeicheldrüse entwickelt. So habenKinder mit Diabetes mellitus Typ 1 häufiger im SommerGeburtstag (22). Ähnliche Vermutungen gibt es für an-dere Erkrankungen mit einer Häufung bei bestimmtenGeburtstagsmonaten der Erkrankten: Bipolare Depres-sionen, Angstneurosen und andere psychische Erkran-kungen (22). Im Verlaufe der Schwangerschaft entwickelt sich

umso häufiger ein Gestationsdiabetes, je niedriger der25(OH)Vitamin-D-Spiegel in der Frühschwangerschaftist (44). Ferner ist ein Vitamin-D-Mangel bei Schwange-ren ein unabhängiger Risikofaktor für Kaiserschnitte (45)und Infektionen (46, 47).

5.2.2 Unterdrückung von malignem Zellwachstum, Regulation der ApoptoseÖkologische Studien zeigten eine mögliche protekti-

ve Rolle von UVB-Licht und Vitamin D für einige Krebs-erkrankungen (u. a. Mammakarzinom, Ovarialkarzinom,Non-Hodgkin-Lymphomen, Dickdarm- und Prostata-krebs) (22, 48). Wenn ein Tumor diagnostiziert ist, ist dieÜberlebenswahrscheinlichkeit größer bei guten Vita-min-D-Spiegeln als bei schlechten (34, 48). Physiologischkann dies durch verschiedene Auswirkungen des1α,25(OH)2Vitamin-D3 auf die intrazelluläre Regulationder Zellproliferation und des Zellzyklus erklärt werden(41), ferner durch Hemmung der Tumorangiogenese (48)und durch Verbesserung des Kontaktes der Zellen unter-einander (48). Vitamin D hat proapoptotische und anti-apoptotische Eigenschaften, abhängig von den Zellenund Geweben. Während es unter einigen Bedingungennormale Gewebe vor der Apoptose schützt (z. B. Haut-zellen unter UV-Bestrahlung), wirkt es auf Tumorgewe-be und bei nichtmalignen proliferativen Erkrankungenhäufig proapoptotisch (41). Seit einigen Jahren wird daher intensiv an der Frage

geforscht, inwiefern der Vitamin-D-Status wichtig fürdie Krebsprävention und adjuvante Krebstherapie ist, obaus diesem Grund eine Vitamin-D-Supplementationempfohlen werden soll und mit welcher Dosis; pro-spektive Studien werden erwartet. Für die Praxis emp-

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fiehlt es sich einstweilen, den Vitamin-D-Status zu be-stimmen und Mängel auszugleichen (34).

5.2.3 Modulation der ImmunantwortNormale Infekte der oberen Luftwege treten bei nied-

rigeren 25OHD-Spiegeln häufiger auf (49), dies wirddeutlicher, wenn als chronische Grunderkrankung Asth-ma oder eine COPD vorliegt (50). In einer placebokon-trollierten randomisierten Studie konnte eine Gabe von800 IE Vit D täglich bei schwarzafrikanischen Amerika-nerinnen die Saisonalität von Erkältungskrankheiten reduzieren, bei 2.000 IE täglich wurden fast keine Erkäl-tungskrankheiten mehr beobachtet (51). Ein niedriger25(OH)D-Spiegel unter 22,5 nmol/l (< 9 ng/ml) bei indi-schen Kindern bis zu 5 Jahren war ein Risikofaktor fürPneumonien (52). Man denkt heute, dass dieser Effekt durch eine ro-

buste Aktivierung des angeborenen Immunsystems in Makrophagen und Epithelzellen (Defensine, Catheli-cidine, cAMPs…) durch das Vitamin D entsteht, welchevor einigen Jahren nachgewiesen wurde (8, 53, 54).Gleichzeitig hemmt Vitamin D die Bildung proinflam-matorischer Zytokine in den Makrophagen (Interferon-gamma, TNF-alpha, IL-12), welche für die Krankheits-symptomatik verantwortlich sind. Wichtig erscheint dieVitamin-D-vermittelte gute Funktion des angeborenenImmunsystems für die Abwehr der Tuberkulose (55) undauch der Pseudomonas aeruginosa Infektionen bei Patienten mit Zystischer Fibrose (53). 1α,25(OH)2Vitamin-D3 kann die Reifung von Monozy-

ten zu reifen Makrophagen unterstützen und ist für dieImmunfunktionen der Makrophagen wichtig. In krank-heitsaktivierten Makrophagen wird lokal vermehrt1α,25(OH)2Vitamin-D3 aus 25(OH)Vitamin-D3 umgewan-delt. γ-Interferon induziert kraftvoll die Transkription der1α-Hydroxylase in Makrophagen. γ-Interferon ist z. B. inRelation zum Schweregrad einer Tuberkulose erhöht vor-handen. In Anwesenheit von �-Interferon ist die Herab-regulation der 1α-Hydroxylase durch ihr Produkt1α,25(OH)2Vitamin-D3 in den Makrophagen außer Kraftgesetzt. Auch dies kann möglicherweise erklären, wa-rum ein Mangel an 25(OH)Vitamin-D3 (also im Grunde„Lichtmangel“) mit einer erhöhten Empfänglichkeit fürz. B. Tuberkulose und andere Infektionen vergesellschaf-tet ist. Beim Morbus Crohn ist ebenfalls die 1α,25(OH)2Vita-

min-D3-Bildung in dem entzündeten Darm erhöht, wasdie entzündungsabhängige Osteoporoseneigung beidieser Grunderkrankung teilweise erklärt (durch denKnochensubstanz abbauenden Effekt des überschüssiggebildeten 1α,25(OH)2Vitamin-D3) (56). (Dies gilt wahr-scheinlich auch für andere chronisch entzündliche Er-krankungen). Im Gegensatz zu den immunstimulierenden Effek-

ten auf das Monozyten-Makrophagen-System wirkt1α,25(OH)2Vitamin-D3 immunsuppressiv auf die Lym-phozyten: Verschiedene Zytokine, die die T-Zell-Funk-tion beeinflussen, werden durch 1α,25(OH)2Vitamin-D3

beeinflusst, unter anderem wird die Bildung von Inter-leukin-2 durch den 1,25(OH)2D3-VDR-Komplex unter-drückt. Wahrscheinlich verschiebt Vitamin D das immu-nologische Gleichgewicht der Lymphozyten hin zu einervermehrten Th2-Differenzierung (und führt daher mög-licherweise zu einer verstärkten Allergieneigung) (7). Dendritische Zellen werden durch 1α,25(OH)2Vita-

min-D3 in einem unreiferen, undifferenzierten Stadiumgehalten, was wichtig für die Immuntoleranz und dieimmunologische Selbsttoleranz ist. Es hemmt die Ober-flächenmarkerexpression und die Interleukin-12 Bildungbei gesteigerter Interleukin-10 Bildung (7). So wird ver-mutet, dass 1α,25(OH)2Vitamin-D3 über verschiedeneWege die Entstehung einiger Autoimmunkrankheitenhemmt, wie z. B. chronisch-entzündliche Darmerkran-kungen, Thyreoiditis, Diabetes mellitus Typ 1, multipleSklerose (57) oder systemischen Lupus erythematodes. 1,25(OH)2D3 hemmt ferner die Abstoßung von trans-

plantiertem Gewebe (in einem Tierversuch mit experi-mentell herztransplantierten Ratten als mit einer höhe-ren Potenz wie Cyclosporin A ohne jedoch die Empfäng-lichkeit für Pilz- oder Virusinfektionen zu erhöhen) (41).

5.2.4 Diabetes mellitus 1 und 2In einer prospektiven Studie über 10 Jahre konnte ge-

zeigt werden, dass das Risiko, einen gestörte Glukose-toleranz und einen Diabetes mellitus Typ II zu entwi-ckeln mit einem niedrigen 25(OH)D-Spiegel zunahm (58). In einer longitudinalen Kohortenstudie des Geburts-

jahrganges 1966 in Nordfinnland mit einer Nachbeob-achtungszeit bis 1997 entwickelten von 10.821 Personen81 einen Diabetes mellitus Typ 1 (0,8%). Kinder mit Rachitisverdacht im ersten Lebensjahr hatten in dennächsten 30 Jahren ein ca. dreifach erhöhtes Risiko (95%-KI: 1,0–9,0), an Diabetes mellitus Typ 1 zu erkranken.Wenn die Kinder regelmäßig 2.000 IE Vitamin D tgl. zusich nahmen, sank ihr relatives Risiko um den Faktor 0,16 (95%-KI: 0,03–0,51) gegenüber den Kindern, die keinVitamin D bekamen (59).

5.2.5 Allergie und AsthmaIn einer großen und langfristig angelegten finni-

schen Longitudinalstudie konnte gezeigt werden, dassdie Prävalenz von allergischer Rhinitis, Atopie und Asthma im Erwachsenenalter zunahm, wenn im erstenLebensjahr eine Vitamin-D-Supplementierung mit2.000 IE tgl. stattgefunden hatte (60). In einer kleinenStudie aus Southampton (Südengland, 51. Breitengrad)wurden der 25(OH)D-Spiegel der Mütter in der Spät-schwangerschaft gemessen und deren Kinder mit 9 Mo-naten und 9 Jahren nachbeobachtet. Kinder der Müttermit einem niedrigen Vitamin-D-Spiegel im unteren Vier-tel (< 12 ng/ml) hatten verglichen mit den Kindern derMütter mit einem Vitamin-D-Spiegel im oberen Viertel(> 30 ng/ml) ein niedrigeres Neurodermitisrisiko sowieseltenere Atemwegs- und Magendarminfekte (eigent-lich erstaunlich) in den ersten 9 Monaten und seltenerAsthma mit 9 Jahren (61). Diese Erfahrungen, epidemio-logische Beobachtungen und auch die neueren Erkennt-

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nisse aus der Laborforschung lassen vermuten, dass ein stärkerer Vitamin-D-Einfluss insbesondere in derZeit, in der das Immunsystem geprägt wird, unter be-stimmten Bedingungen zu einer verstärkten Atopienei-gung führt; größere Studien, die diese gut begründeteHypothese testen, stehen aus (7). In einer großen welt-weiten epidemiologischen Studie wurde gezeigt, dassHeuschnupfen bei Erwachsenen tendenziell in äquator-ferneren Breiten seltener vorkommt; es gab aber vieledeutliche Ausnahmen von dieser Tendenz (z. B. die be-kannte verstärkte Atopieneigung in den englischspra-chigen Ländern) (62).

5.2.6 Bluthochdruck und kardiovaskuläre ErkrankungenDas Renin-Angiotensin-Aldosteron-System spielt

eine zentrale Rolle in der Regulation von Blutdruck, Serumelektrolyten und Blutvolumen. Eine schwächere1α,25(OH)2Vitamin-D3-Wirksamkeit bewirkt eine Aktivie-rung des Renins. Es gibt einen epidemiologischen Zu-sammenhang zwischen Lichtmangel bzw. niedrigen1α,25(OH)2Vitamin-D3-Werten und hohem Blutdruckbzw. erhöhter Reninaktivität (41). Ferner konnten Asso-ziationen zwischen niedrigem 25(OH)Vitamin D-Statusund hohem Blutdruck (63) sowie weiterer kardiovasku-lärer Erkrankungen gefunden werden. Hierbei behält derVitamin-D-Status seinen Einfluss, auch wenn andere kar-diovaskuläre Risikofaktoren herausgerechnet werden,obwohl er selbst negativ mit ihnen korreliert (64). Dasmetabolische Syndrom als Risikofaktor für Herzkreis-lauferkrankungen scheint ebenfalls häufiger bei niedri-gen 25(OH)Vitamin-D-Spiegeln bzw. sekundär erhöhtenParathormonspiegeln vorzukommen (65). Mögliche zu-grunde liegende Ursachenketten sind komplex und Ge-genstand derzeitiger Forschung. Es deutet alles daraufhin, dass eine Vitamin D-Gabe nicht mit einer vermehr-ten Skleroseneigung erkauft wird sondern dass eher dasGegenteil der Fall ist.

5.2.7 MuskelnEin 25(OH)Vitamin-D3-Mangel bei Rachitis, als Ne-

benwirkung von Antikonvulsiva oder bei chronischerNierenerkrankung geht mit Muskelschwäche und/ oder -atrophie einher. Im Herzmuskel kontrolliert1α,25(OH)2Vitamin-D3 die Hypertrophie der Herzmuskel-zellen und die Synthese und Ausschüttung von atrialemnatriuretischem Faktor (ANF). Bei Nierenerkrankungenim Endstadium kann eine Therapie mit 25(OH)Vitamin-D3 oder gar 1α,25(OH)2Vitamin-D3 die Funktion des Her-zens und der Muskeln verbessern. Die Wirkungsmecha-nismen sind unklar (41). Die athletische Performance hatihr Maximum bei einem 25(OH)Spiegel von 50 ng/ml(35). Ältere Menschen stürzen seltener, wenn sie VitaminD bekommen oder einen höheren 25(OH)Vitamin-D-Spiegel haben. Eine motorische Entwicklungsverzöge-rung aufgrund einer muskulären Hypotonie kann daseinzige Symptom eines Vitamin-D-Mangels im Säug-lings- und Kleinkindalter sein und wird dann durch eineVitamin-D-Supplementation rasch aufgeholt (eigene Er-fahrung).

5.2.8 Nerven1α,25(OH)2Vitamin-D3 erhöht die Nervenleitge-

schwindigkeit in den Motoneuronen. Es induziert dievermehrte Synthese neurotropischer Faktoren wie desNerve Growth Factors in Nervenzellen und Gliazellen.Im Embryo beeinflusst es die regelrechte Gehirnent-wicklung. Niedriges 25(OH)Vitamin-D3 in der Schwan-gerschaft führt bei Ratten zu einem vergrößerten Hirn-volumen, vergrößerten Ventrikeln und einer reduziertenExpression von Nerve Growth Factor bei den neugebo-renen Ratten sowie zu motorischer Hyperaktivität, wennsie erwachsen sind (41). Es gibt ernstzunehmende Hin-weise darauf, dass Vitamin-D bei Älteren antidepressiveEigenschaften hat (66).

5.2.9 Vitamin D und Gesamtmortalität2007 wurde in einer systematischen Übersichtsar-

beit über randomisierte Studien zur Vitamin-D-Supplementation eine leicht geringere Gesamtmortali-tät in den supplementierten (300–2.000 IU tgl.) Inter-ventionsgruppen verglichen mit ihren Kontrollgruppenfestgestellt (67, 34), obwohl die verwendeten Dosen zu-meist niedrig und die Studiendauern in der Regel kurzwaren. Ein niedriger 25(OH)Vitamin-D-Spiegel (unteresQuartil < 17,8 ng/ml) geht mit einer höheren Gesamt-mortalität bei über 20-Jährigen in den nächsten 8–9Jahren einher als ein hoher 25(OH)Vitamin-D-Spiegel(oberstes Quartil). Dabei war ein niedriger Vitamin-D-Spiegel unter anderem mit niedrigerer köperlicher Akti-vität und einem höheren BMI assoziiert sowie weiterentraditionellen Risikofaktoren für eine Herzkreislaufer-krankung. Andererseits blieb er aber als ein unabhängi-ger Risikofaktor bestehen, wenn anderen Risikofaktorenherausgerechnet wurden (68). Von durchschnittlich 62-jährigen Senioren, die in

einem tertiären Zentrum in Süddeutschland angiogra-phiert wurden, starben in den folgenden 8 Jahren 23%.Ein 25(OH)Vitamin-D3-Spiegel in dem unteren Viertel deruntersuchten Gruppe (durchschnittlich 7,6 ng/ml) führ-te zu einer doppelten Wahrscheinlichkeit, in dem be-treffenden Zeitraum zu versterben. Kardiovaskuläre Todesursachen waren dabei überrepräsentiert (69).

6. Fragen an die ärztliche Haltung Ein anthroposophischer Arzt entwickelt seine medi-

zinische Weltsicht in Polaritäten und fühlt sich dazu auf-gerufen, zwischen ihnen den Mittelweg zu suchen, derdem vor ihm stehenden Patienten in seiner gegenwärti-gen Lebensphase gerecht wird. Eine Polarität ist immerunter einem bestimmten Aspekt als solche zu betrach-ten. Wenn der anthroposophische Arzt Rachitis und Ra-chitisprophylaxe hört, denkt er gegenwärtig meist Skle-rose hinzu. Eine solche Polarität findet sich anscheinendin „Grundlegenden für eine Erweiterung der Heilkunst“im Kapitel über Aufbau und Absonderung im menschli-chen Organismus beschrieben. Hier geht es um die Ge-staltung der menschlichen Organe durch die Ich-Orga-nisation, die ganz in Wärmezuständen lebt und den Wär-mezustand eines sich vorbereitenden Organs entweder

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erhöht oder vermindert: „Vermindert sie ihn, so tretenunorganische Substanzen in einem sich verhärtendenVorgang in die Substanz ein, und es ist die Grundlage zurKnochenbildung gegeben. Es werden Salzsubstanzenaufgenommen. Erhöht sie ihn, so werden Organe gebil-det, deren Tätigkeit in einer Auflösung des Organischenbesteht, in einer Überführung in Flüssiges oder Luftför-miges. Man nehme nun an, die Ich-Organisation findeim Organismus nicht so viel Wärme entwickelt, dass dieErhöhung des Wärmezustandes für die Organe, denen ernötig ist, im hinreichenden Maße erfolgen kann. Es ge-raten dadurch Organe, deren Tätigkeit nach der Richtungder Auflösung hin erfolgen soll, in die Tätigkeit des Ver-härtens. Sie erhalten die Neigung als krankhafte, die inden Knochen die gesunde ist … Die Organe, die aus demangegebenen Grunde in eine knochenähnliche Bil-dungstätigkeit übergehen können, sind die Adern. Bei ihnen tritt dann die sogenannte Verkalkung (Sclerosis)auf … Der entgegengesetzte Fall tritt ein, wenn die Ich-Organisation nicht auf die notwendige Verminderungdes Wärmezustandes für das Knochengebiet trifft. Dannwerden die Knochen den Organen ähnlich, die eine auflösende Tätigkeit entwickeln … Man hat es mit den ra-chitischen Erkrankungen zu tun.“ (70) Hier ist zunächst gesagt, dass in einem Organgebiet

gesund sein kann, was in einem anderen krank ist. Wennwir ein Röntgenthoraxbild eines alten Menschen an-schauen, so freuen wir uns über eine gute Verkalkungder Knochen und blicken besorgt auf sichtbare Verkal-kungen der Aorta. Blut-Gefäßsystem und Knochensys-tem bilden unter diesem Aspekt eine Polarität. Inwiefern der Aspekt des Wärmezuflusses und –ab-

flusses für die Organbildung, der hier herangezogenwird um die Polarität Rachitis und Sklerose aufzubauen,etwas mit Vitamin D und Licht zu tun hat, ist mir nichtklar. Mir bleibt daher die Frage, ob deswegen auch Ra-chitis und Sklerose eine wirkliche Polarität sind in demSinne, dass wir tendenziell eine vorzeitige Sklerose (ein-hergehend mit einer vorzeitigen Alterung im seelisch-leiblichen kindlichen Organismus) fördern, wenn wir ei-ne Rachitis prophylaktisch mit Licht und/oder Vitamin Dzu verhindern trachten? So wurde und wird es vielfach inder anthroposophisch-medizinischen Literatur darge-stellt, so z. B. im Husemann/Wolff: Das Bild des Men-schen als Grundlage der Heilkunst (S. 250): „Die Akzele-ration und die Zunahme sklerotischer Erkrankungen dür-fen nicht schon beim Säugling durch ‚prophylaktische‘Medikamente konstitutionell verstärkt bzw. eingeleitetwerden. Die Auswirkung einer Überdosierung – die jedesMal geschieht, wenn keine Rachitis vorliegt, also prak-tisch bei jeder Prophylaxe – erstreckt sich nicht nur aufdie Beeinflussung physiologischer Prozesse im Sinne ei-ner Begünstigung der Alterungsvorgänge, sondern ver-ändert auch die Denkqualität und geistige Entwicklungin Richtung einer Erstarrung und eines schemenhaftenAblaufes bei Erhaltung der groben intellektuellen Funk-tionen.“ (71)

Eine Vigantol-Stoßtherapie überrennt die physiolo-gische Regulation, vergiftet also den kindlichen Orga-nismus und führt wirklich zu einer Art Sklerose (ektopeVerkalkungen, Nephrocalcinose etc). Wie sieht es unterheutiger Kenntnis mit einer dosisgerechten kontinuier-lichen Vitamin-D-Prophylaxe aus, gibt es Hinweise dafür,dass sie „sklerosierend“ wirken könnte? Trifft die ge-schilderte Befürchtung zu, dass prophylaktisch gegebe-nes Vitamin-D vorzeitige Alterungsvorgänge begünstigt,ist dies von den derzeitig verfügbaren Erkenntnissen ge-deckt? Diese geben nochmals zusammengefasst ein an-deres Bild vom Vitamin D: 1. Aktiviertes Vitamin-D3, also 1α,25(OH)2Vitamin-D3

wirkt zusammen mit seinem Rezeptor VDR endokrin inder Kalzium- und Phosphathomöostase. Es wirkt am Knochen nicht in erster Linie einfach mineralisierendoder gar vorzeitig „knochenverhärtend“. Im Knochen fördert es vielmehr die Osteoblasten- wie auch die Osteoklastentätigkeit (und zwar letztere wahrscheinlichsogar stärker), es hält den Knochen so formbar für die Gestaltungskraft der sich in die Schwere eingliedernden,inkarnierenden höheren Wesensglieder. Ein gesunderKnochen ist formgewordene Funktion, eine organisch geformte Leichtbaukonstruktion, an der man direkt dieBewegungsstatik und -dynamik ablesen kann, die sichaus der direkten und aktiven Auseinandersetzung mitder Schwere und ihre Überwindung ergibt. In den durch das Licht formbar gehaltenen Knochen müssendie höheren Wesensglieder also dann auch durch aktive Bewegung eingreifen können, um ihn gesund zu formen! 2. Erst in den letzten 20 Jahren gerät zunehmend

in den wissenschaftlichen Blick, dass aktiviertes1α,25(OH)2Vitamin-D3 auch Werkzeug ist für zahlreicheFunktionen im ganzen Organismus, die es höchstdiffe-renziert und lokal unterschiedlich auf autokrinem Wegeerfüllt. Auch ein ( jenseits der Rachitisschwelle) subkli-nischer 25(OH)Vitamin-D3-Mangel wird in einen ernst-zunehmenden epidemiologischen und physiologisch-biochemischen Zusammenhang mit einer Neigung zuvielen Erkrankungen gebracht, die man als „Zeitkrank-heiten“ ansehen muss. Sicherlich werden nicht alle ver-muteten Zusammenhänge der weiteren Überprüfungauf klinische Relevanz standhalten und möglicherweisewird es um das Vitamin D in der wissenschaftlichen Weltwieder ruhiger werden, aber dennoch sind sie faszinie-rend . Bei vielen dieser Erkrankungen handelt es sich um Inkarnationsstörungen, die langfristige Folgen fürdie „Physiologie der Freiheit“ des Menschen haben. Vie-le von ihnen können menschenkundlich mit einem nichtrichtigen Inkarniertsein der Ich-Organisation in den Ge-samtorganismus in Verbindung gebracht werden. 3. So erscheinen derzeit auch langfristige Gefahren

für die Gesundheit der uns anvertrauten Kinder undschwangeren Mütter (in Form verschiedener Inkarnati-onsstörungen) auch durch einen „subklinischen“ Vita-min-D-Mangel in der Embryonalzeit und frühen Kind-heit nach gegenwärtiger Literaturlage möglich. Meines

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Erachtens bleibt nicht die Sorge vor einer „irreversiblenvorzeitigen Sklerosierung“, die bei einer richtig dosiertenVitamin-D-Supplementierung (ob nun in Tablettenformoder in Lichtform gegeben) nicht beobachtbar ist, son-dern die vor einer verstärkten Allergieneigung. 4. Natürlich stellt sich immer die Frage: „Wie wird

richtig dosiert?“. Dazu muss man folgendes beachten:Die eigentliche Regulation des Vitamin-D-Stoffwech-sels findet nicht mit der Bildung des Vitamin D in derHaut und bei unseren Lebensverhältnissen auch nichtmit dessen erstem Verstoffwechselungsschritt zu25(OH)Vitamin-D3 statt, sondern auf der Ebene der Akti-vierung des 25(OH)Vitamin-D3 zu 1α,25(OH)2Vitamin-D3und auf der Ebene des Umganges mit diesem aktivier-ten Hormon (Hormonempfindlichkeit, Hormonabbau,Rezeptoren etc.). Diese bewundernswert feinen, vom Or-ganismus frei gehandhabten und aufeinander abge-stimmten Regelungen sind wesentlich außer Kraft ge-setzt, wenn dem Körper kein oder zu wenig 25(OH) Vita-min-D3 zur Verfügung steht (was bei dem Vitamin-D-Mangel der Fall ist und dann zu verschiedenen, langsamzunehmenden Sekundärproblemen führt, die dann alsein chronisch-akutes Endstadium evt. das Krankheits-bild der Rachitis ausmachen). Im Gegensatz dazu scheintder Körper mit 25(OH)Vitamin-D3-Schwan-kungen imSerum im relativ weiten Normalbereich von ca.20–80ng/ml nach derzeitiger Ansicht recht frei umge-hen zu können. Das 25(OH)Vitamin-D3 im Serum er-scheint physiologisch wie ein „Lichtspeicher“, wie eine„Lichtbatterie“, die ihre Energie nur wohldosiert auf phy-siologische „Nachfrage“ freisetzt, relativ unabhängig da-von, wie gefüllt sie über einen weiten Normalbereichist. Selbstverständlich ist ihre Funktion gestört, wenn sieleer ist, aber auch wenn sie überladen wird. Klinisch re-levante Vitamin-D-Intoxikationen gibt es. Dann kann imÜbermaß auftretendes 25(OH)Vitamin-D3 ungeregeltFunktionen des aktivierten 1α,25(OH)2Vitamin-D3 teil-weise übernehmen. Die typischen Symptome sind Ver-stopfung, verminderter Appetit, Lethargie, Polyurie, De-hydratation und eine Wachstumsverminderung. Im La-bor findet man eine Hyperkalzämie, eine Hyperkalzurieund eine Nephrokalzinose neben weiteren ektopen Verkalkungen (73). Eine Vitamin-D-In-toxikation ist abereine Rarität und tritt nicht im Rahmen einer normalenRachitisprophylaxe auf. Vor Vitamin-D-Intoxikationendurch Licht schützt sich der Körper z. B. durch das ange-gebene Fließgleichgewicht zwischen Auf- und Abbauvon Vitamin-D in der Haut und durch die Hautpigmen-tierung, und zwar ontogenetisch wie phylogenetisch(verschieden pigmentierte Rassen je nach geographi-scher Herkunft). Bis dieser Schutz zum Tragen kommt,kann allerdings ein Vielfaches an Vitamin D gebildetwerden als es dem entspricht, worüber wir uns bei derDiskussion über eine „übertriebene“ Rachitisprophylaxemit oralem Vitamin D Sorgen machen. Dessen thera-peutische Breite scheint recht hoch zu sein. Die Argumentation, dass wir mit einer Rachitispro-

phylaxe durch Vitamin-D-Gaben einer Skleroseneigung

systematisch Vorschub leisten, ist also meines Erachtensnicht sachgemäß; das allermeiste spricht dagegen. Wie sieht es mit dem Einwand aus, dass eine Vitamin-

D-Substitution „unnatürlich“ sei? Natürlich kommt Vitamin D in der Nahrung wenig vor und man kann sichberechtigterweise fragen, ob es „natürliche Medizin“ ist,es in Tablettenform zu substituieren, wo der natürlicheWeg doch die Bildung in der Haut über das Licht ist. Odermit anderen Worten: Ist der Mensch nördlich der Alpenein Fremdling, eine Fehlkonstruktion, die von Tablettenabhängig ist, um gesund überleben zu können? DieseVorstellung weckt eine gesunde Skepsis. Aber die Natur,die uralte Evolution und die vergleichsweise junge kul-turelle Entwicklung sprechen hier auch eine deutlicheSprache: Vitamin-D-Mangel ist eben auch weitgehendunserer Zivilisation geschuldet, die Glas, Glühbirne undSonnencreme erfunden hat, die sich vor dem Sonnen-licht weitgehend abschließt und Innenräume bildet. DenMenschen derselben Zivilisation ist es aber auch mög-lich, im Rahmen dieser Innenraumbildung die Zusam-menhänge zwischen Licht und Stoffwechsel immer bes-ser zu erkennen, ja erkennen zu müssen und sie dann be-wusst zu handhaben. Das hat auch eine grandiose, eineprometheushafte Dimension. Man kann sich natürlichfragen, ob wir es mit unserer zivilisatorischen Innen-raumbildung nicht übertreiben, auf diese Weise zu naturfern werden, zu „autark“, und ob Vitamin D in Tab-lettenform die physischen Auswirkungen dieses Pro-blems eigentlich nur zudeckt ohne es selber an der Wur-zel zu packen. Dies wäre eine wirklich anthroposophi-sche Frage (Sie beträfe z. B. den für unseren Kulturkreischarakteristischen Wechsel zwischen äußerem Licht imSommer und den im Inneren aufscheinenden Licht imWinter – siehe z. B. den anthroposophischen Seelenka-lender). Auch unabhängig vom Vitamin D sollten wir un-sere Patienten immer wieder zum Aufenthalt im Freienwährend der Sonne anregen, es ist noch wichtiger als wirbisher schon immer glaubten. Wenn eine ausreichendeBesonnung gegeben ist (bei genügend hohem Sonnen-stand), kann auf Vitamin D verzichtet werden. Ein weiteres, klinisch relevantes Problem mit der in-

dividuellen, abwartenden „Rachitisprophylaxe“ (ggf. mithomöopathischen Substanzen und einer regelmäßigenärztlichen Wahrnehmung) ist, dass sich auch eineschwere Rachitis nicht unbedingt erkennbar langsamüber Knochenveränderungen anbahnen muss; sie prä-sentiert sich bei bis zu der Hälfte der Kinder (vor allembei jenen < 3 Jahren oder seltenen Einzelfällen wieder bei> 10 Jahren in Phasen schnellen Wachstums) scheinbarunvermittelt als ein hypokalzämischer Krampf unterdem Bild eines epileptischen Anfalls, eines Pseudo-kruppanfalles usw. (72). Auch in der Filderklinik werdenjedes Frühjahr eine Handvoll Kinder behandelt, die auf-grund einer Vitamin-D-Mangel-Rachitis kommen. Siepräsentieren sich unterschiedlich mit akuten Krampf -anfällen, neuropädiatrisch relevanten Entwicklungsstö-rungen, pseudokruppartigen Atemstörungen und nurselten mit einer am Knochensystem abzulesenden, also

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im Vorfeld eindeutig klinisch zu erkennenden Rachitis(Rosenkranz, Kraniotabes etc.). In der Regel kommen sieaus einem besorgten anthroposophischen Umfeld, dasdas Beste für diese Kinder wollte und glaubte, eine gute,individuell abgestimmte Rachitisprophylaxe durchzu-führen und die Kinder dabei gut zu überwachen. Häufigsind diese dann akut und schwer klinisch auffällig ge-wordenen Kinder zusätzlich alternativ (fehl-)ernährtund/oder wegen vermehrten Infekten im Vorfeld (wasauch schon ein wichtiges Zeichen für eines Vitamin-D-Mangels sein kann, siehe u. a. (11) eher wenig an der frischen Luft gewesen. Ein erneutes systematisches Aufarbeiten dieser Kinder (vergleichbar der Arbeit vonMadeleyn vor 14 Jahren (19) stünde aus. Die medizinische Praxis betreffend habe ich ab-

schließend folgende Fragen: • Inwiefern ist die Empfehlung mancher anthroposo-

phischen Ärzte, mindestens das Gesicht des Babies täg-lich eine Stunde dem blauen Himmelslicht auszusetzen,(zusammen mit potenzierten Substanzen) um so eineRachitis zu vermeiden, durch die derzeitigen Erkenntnis-se gedeckt, inwiefern taugt sie für den deutschen Winter? (Diese Empfehlung wird nach meinem Eindruckin der Praxis teilweise noch zu undifferenziert weiter -gegeben). • Wie müßte eine „alternative“ Rachitisprophylaxe

ohne Vitamin-D-Substitution überwacht werden, Ge-nügt die empfohlene Qualitätssicherung (vierwöchent-liche klinische Kontrollen im ersten Winter) aus? Wie zuverlässig sind Anamnese und Befund? Oder wäre docheine gelegentliche Bestimmung von 25(OH)Vitamin-D3im Serum (ergänzend/ersetzend) notwendig? Wie wäredann die therapeutische Konsequenz bei einem (wie?)niedrigen Spiegel und (scheinbar?) gesundem Kind. Wasist, wenn die Kinder älter werden (Kindergarten- / Schul-alter), ist dieses Thema dann wirklich kein Thema mehr? • Was heißt konkret „in Maßen“ in der Vitamin-D-

Substitution im Rahmen einer Rachitisprophylaxe? Dieamerikanischen Empfehlungen für den empfohlenen Vitamin-D-Tagesbedarf eines Säuglings (früher 200 IEoder 5 µg tgl), auf die früher oft verwiesen wurde, wur-den aktuell nach oben gesetzt (obwohl die USA geogra-phisch viel südlicher liegen). Haben wir eine begründe-te Meinung zu dem richtigen Maß, ist diese Meinungnoch richtig? Dies ist ein derzeit viel diskutiertes Themain der Präventionswissenschaft im Allgemeinen. Wenn wir eine Rachitisprophylaxe individualisieren

wollen, nach welchen Kriterien wollen wir dabei vorge-hen? Die Praxis zeigt (z. B. wenn man Spiegel bestimmt),dass nicht alle Kinder Vitamin D zwingend benötigen,wie würden wir diese treffsicher ohne zu großen Auf-wand (also „kassenarztkompatibel“) herausfinden? Gibtes darüber hinaus Kinder, denen Vitamin D beobachtbar„konstitutionell“ schadet (z. B. quirlige, gut tonisierteKinder?), deretwegen sich der Aufwand einer Individua-lisierung lohnen würde? Auch diese Frage der Wirt-schaftlichkeit ist angesichts des real existierenden Ge-sundheitswesens in Deutschland wichtig geworden.

Und schließlich: Was bedeuten die neueren Erkennt-nisse über die Vitamin-D-Physiologie menschenkund-lich? Inwiefern können wir Menschenkunde hierdurchbesser verstehen? Ich vermute, dass Rudolf Steiner sichin vielem bestätigt sehen würde, wenn er die vorhande-ne gegenwärtige Literatur dazu lesen könnte, ich glaubeaber auch, dass er noch wesentlich Weiterführendes dazu zu sagen hätte.

7. Konkrete Schlussfolgerungen für die PraxisDie Forschung zum Vitamin D ist im Fluss, dieses

Vitamin wird zur Zeit mit „D-lightful hypotheses“ (74)gefeiert, man merkt, dass viele Forscher, die sich damitbefassen, begeistert sind über die entdeckten Zusam-menhänge. Wahrscheinlich wird es in absehbarer Zeitwieder ruhiger werden, sobald man merkt, dass sichdoch nicht alle gesundheitlichen Probleme, die die Zivi-lisation mit sich bringt, durch ein „Vitamin“ erklären undlösen lassen und dass manche Zusammenhänge dochkomplexer sind, als man in der gegenwärtigen Euphorievermutete. Dennoch lassen sich auch bei vorsichtigerSicht auf die Zusammenhänge Schlussfolgerungen fürdie Praxis ableiten:1. Der regelmäßige Aufenthalt im Freien und am Son-

nenlicht ist physiologisch noch notwendiger als wir esimmer schon vermuteten. Wir sollten Eltern und Kinderaktiv und immer wieder dazu anhalten, denn es handeltsich keineswegs um eine Selbstverständlichkeit. ZumBeispiel sollten Schulkinder erst mittags draußen seindürfen, und später ihre Hausaufgaben machen. Es istberechtigt, dass jedem Strafgefangenen in Deutschlandeine Stunde Hofgang zusteht. Dies sollten sich unserePatienten auch gönnen und wir sollten sie immer wie-der daran erinnern (ich danke Herrn Soldner für diesenplastischen Hinweis). 2. Ein weiterer Faktor ist die Bewegung. Sie ist zwar

wahrscheinlich nicht direkt Vitamin-D-wirksam, jedochein weiterer ganz wichtiger Impuls für eine harmoni-sche Inkarnation (Wirkung auf das Knochensystem, Adipositas, metabolisches Syndrom, Bluthochdruck, Depression etc.). 3. Sonnencreme hat auch ihre problematischen Sei-

ten: Die Empfehlung muss individuell sein. Eine gleich-mäßig verteilte, normale, intermittierende Aktivität ander heimischen Sonne führt in der Regel (bei vernünfti-ger Kleidung und zeitlich begrenztem Aufenthalt imFreien) zu einer Adaptation an das einfallende Sonnen-licht am Wohnort. Auf Ausnahmen (ein Tag beim Badenim Freien) kann mit Sonnencreme reagiert werden; not-wendig ist sie immer dann, wenn Reisen in Gegendenmit deutlich stärkerem Lichteinfall unternommen wer-den (Sonnencreme als Begleiter der Mobilität im westli-chen Lebensstil). Es wurde auch gezeigt, dass die not-wendige Sonnenbrandprophylaxe stark vom Hauttypabhängt. Die tägliche aktive Bewegung im Freien führtin der Regel gerade nicht zu Sonnenbränden und damitnicht zum malignen Melanom, das als Krankheit v. a. beiSeefahrern beobachtet wurde, nicht bei Landwirten.Sollte eine Sonnencreme notwendig sein, könnte man

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empfehlen, sie erst nach 10–15 Minuten aufzutragen.Wir sollten also immer auch nach der Benutzung vonSonnencreme fragen, insbesondere, wenn wir einenhellhäutigen Menschen vor uns haben, Es gibt immerwieder Menschen, die Sonnencreme wie Pflegecremebenutzen, also an jedemTag und zu jeder Gelegenheit.4.Wichtig und bisher viel zu wenig beachtet ist der

Vitamin-D-Status (schwangerer) Mütter; dies gilt insbe-sondere für Migrantinnen mit dunkler Haut oder mitislamischem Hintergrund.5.Wir müssen bezüglich der Vitamin-D-Substitution

im Säuglingsalter zwei Faktoren viel stärker gewichten:a.) Wie ist der Vitamin-D-Status der Mutter vermutlich,hat sie Risikofaktoren? Wenn ja, ist das Kind auch stär-ker gefährdet. b.) Der deutsche Winter muss deutlichvom deutschen Sommer unterschieden werden.Wahr-scheinlich wird im deutschen Winter kaum nennens-wert Vitamin in der Haut gebildet.6. Ich glaube,dasswir bei einer vernünftigenVitamin-

D-Substitution bei Säuglingen keine Bedenken habenmüssen, größere Schäden zu setzen. Eine vorzeitige„Sklerosierung“,wie von anthroposophischenÄrzten oftbefürchtet, erscheint mir nicht beobachtbar.Möglicher-weise gibt es sogar Kinder, die auch später im Leben –über eine Rachitisprophylaxe hinaus – davon profitieren.Nach üblichen medizinischen Maßstäben scheint derNutzen nach derzeitigem Kenntnisstand den Schadendeutlich zu überwiegen. Auf die mögliche allergieför-dernde Wirkung einer Vitamin D-Substitution wurdehingewiesen.7. Die Bestimmung des 25(OH)Vitamin-D3-Spiegels im

Blut zeitgleich mit der des Kalziumwerts ist die sichers-te Methode einen Vitamin-D-Mangel auszuschließen.Die alleinige klinische Beobachtung ist unsicherer wiedie Anamnese, beide zusammen sind oft unspezifisch(was aber ebenso von der konkreten Erfahrung des Arz-tes abhängt).Die Bestimmung der alkalischen Phospha-tase kann hinweisgebend sein, kann uns aber auch ver-lassen. Wir sollten vielleicht häufiger das 25(OH)Vita-min-D3 bestimmen und bei einem deutlichen Mangelsubstituieren.Die 1α,25(OH)2Vitamin-D3-Bestimmung istergänzend nur nützlich bei chronisch entzündlichenErkrankungen (Morbus Crohn, TBC, Sarkoidose, evtl.aktive rheumatoide Arthritis) oder bei v. a. eine selteneVitamin-D-resistente Rachitis, es wäre dann – relativ ge-sehen – erhöht.8. Wichtig sind die besondere Berücksichtigung der

Risikogruppen auch über das Säuglingsalter hinaus: z. B.Menschen mit schweren Mehrfachbehinderungen,Mukoviszidose, Anfällen und Antiepileptikagaben,Mig-ranten mit dunkler Hautfarbe, unter Säuglingen auchFrühgeborene und Mangelgeborene. Eine große Risiko-gruppe stellen alle Menschen mit Mobilitätseinschrän-kungendar, insbesonderewenn sie inHeimenoder Pfle-geeinrichtungen leben.Hier ist das Risiko einesVitamin-D-Mangels hoch,da der Aufenthalt dieserMenschenun-ter freiem Himmel oft nur sehr eingeschränkt möglichund für eine ausreichende Vitamin-D-Bildung ungenü-gend ist.

DanksagungIch danke Georg Soldner, Rene Madeleyn und Jan

Vagedes für die kritische Durchsicht des Manuskriptsund viele wertvolle Anregungen. Ich versichere, keinemInteressenskonflikt zu unterliegen. Ich binmir aber nichtsicher, ob dies auch für alle Autoren der zitierten Arbei-ten gilt. Bei folgendenMeinungsführern wurden in ein-zelnen Artikeln potentielle Interessenskonflikte ange-geben: Holick (beteiligt bei 15, 16, 22, 23, 40, 45, 48) undVieth (24, 25, 26).

Till ReckertGemeinschaftspraxisDr.med. T. Reckert, A.Marx und A. J. RotarKinder- und Jugendärzte – AkupunkturLederstraße 118–120, D-72764 [email protected]

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