Sonntag, 6. Juli, 11 Uhr Schloss Eggenberg Der Traum vom … ·  · 2014-07-03Hendel von Halle die...

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Sonntag, 6. Juli, 11 Uhr Schloss Eggenberg Der Traum vom Schäferland Georg Friedrich Händel (1685 –1759) Kantate „Saeviat tellus inter rigores“, HWV 240 Saeviat tellus inter rigores Recitativo: Carmelitarum ut confirmet ordinem O nox dulcis, quies serena Stellae fidae nobis sit cura Recitativo: Sub tantae virginis tutela Alleluia Georg Muffat (1653 –1704) Passacaglia Aus: „Armonico Tributo“, Sonata V in G, 1682

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Sonntag, 6. Juli, 11 Uhr Schloss Eggenberg

Der Traum vom Schäferland

Georg Friedrich Händel (1685 –1759)Kantate „Saeviat tellus inter rigores“, HWV 240

Saeviat tellus inter rigoresRecitativo: Carmelitarum ut confirmet ordinemO nox dulcis, quies serenaStellae fidae nobis sit curaRecitativo: Sub tantae virginis tutelaAlleluia

Georg Muffat (1653 –1704)Passacaglia

Aus: „Armonico Tributo“, Sonata V in G, 1682

Georg Friedrich Händel Kantate „Un’alma innamorata“, HWV 173

Recitativo: Un’alma innamorataAria: Quel povero coreRecitativo: E pur benché egli vedaAria: Io godo rido e speroRecitativo: In quanto a me, ritrovoAria: Ben impari come s’ama

Georg Friedrich Händel Aus: „Il trionfo del Tempo e del Disinganno“, HWV 46a

Ouvertüre Arie der Bellezza: Un pensiero nemico di paceArie der Bellezza: Tu del ciel ministro eletto

Gemma Bertagnolli, Sopran

Contrasto Armonico:Enrique Gómez-Cabrero Fernandez, Éva Posvanecz & Annegret Hoffmann, ViolinenEszter Draskóczy, Viola Balázs Máté, VioloncelloMarco Lo Cicero, KontrabassGeorg Frits & Renata Duarte, OboeLeitung: Marco Vitale, Cembalo

Der Traum vom Schäferland

Im Rom des frühen 18. Jahrhunderts

wurde der Traum vom Schäferland Wirk­

lichkeit: In der „Accademia dell’Arcadia“

begegneten Kardinäle, Fürsten, Musiker

und Dichter einander ohne Standes­

schranken. Unter arkadischen Pseudo­

nymen frönten sie einem neuen Ideal

von Einfachheit und pastoraler Unschuld

in Literatur und Musik. In ihrer Mitte:

ein junger Sachse namens Händel.

Ad notam

Händel in Arkadien

DORT, WO ROM HEUTE AM LAUTESTEN IST, AUF DEM ESQUI­lin rund um die Stazione Termini, herrschte im 18. Jahrhundert ländliche Abgeschiedenheit und himmlische Ruhe. Im so ge­nannten „Disabitato“, dem unbewohnten Teil der Stadt, hatten die Fürsten und Kardinäle ihre Gärten. In einem von ihnen, an der Via Merulana gelegen, beherbergte der Marchese Francesco Maria Ruspoli seine Freunde und Mitschäfer von der „Accade­mia dell’Arcadia“. Seit einem spektakulären Erbschaftsprozess verfügte der Marchese über ein unermessliches Vermögen, was ihn zum Mäzenatentum im größten Stil förmlich verpflichtete.

Die Musik gehörte selbstverständlich dazu, weshalb Ruspoli Ende 1706 – wahrscheinlich auf Empfehlung der Medici in Flo­renz – einen jungen deutschen Cembalisten engagierte: Georg Friedrich Händel. Der „Sássone“, wie ihn die Römer nannten, weil für sie alle Lutheraner Sachsen waren, versetzte schon am 13. Januar 1707 die versammelte römische Komponistenelite durch seine Cembalokünste in Erstaunen. Am nächsten Tag erwies er sich auch als Meister an der Orgel, und zwar auf jenem ehrwürdigen Instrument, das man noch heute im Querschiff der Lateransbasilika bewundern kann. Als er einen knappen Monat später den Kantatentext „Delirio amoroso“ des Kardinals und Arkadiers Benedetto Pamphilj in der denkbar brillantesten Weise vertonte, war seine römische Karriere so gut wie gemacht, zumal er es nicht unterließ, in dieser einen Kantate gleich

mehreren römischen Virtuosen die dankbarsten Partien auf den Leib zu schreiben: dem Soprankastraten Francesco Besci, dem Geiger Antonio Montanari, dem Oboisten und Flötisten Ignazio Rion und dem Cellisten Giuseppe Perroni.

Hinter den Werken, die Gemma Bertagnolli am heutigen Vor­mittag für uns singen wird, steht immer wieder diese Schar von Musikern: Sowohl die extrem anspruchsvolle Solomotette „Saeviat tellus“ als auch die Partie der Bellezza in seinem ersten Oratorium „Il trionfo del Tempo“ hat Händel wohl für den blutjungen Francesco Besci geschrieben, den man „Checchino“ nannte, und der als der neue Stern am römischen Sängerhimmel galt. An seiner Seite brachte Händel immer wieder die wunder­bare Oboe des Ignazio Rion zur Geltung, was in Rom umso sen­sationeller wirken musste, als man dort das virtuose Solospiel auf der Oboe erst seit wenigen Jahren kannte. Die Brillanz der römischen Streichorchester lernte Händel rasch schätzen, sei es unter der Leitung des „Capo“ Arcangelo Corelli, sei es unter der Führung seiner wichtigsten Schüler wie Montanari, Castrucci oder Rotondi.

Man muss nur die Musik unserer Matinee hören, um zu begrei­fen, wie sehr sich Händel von der Kunst dieser Ausnahme­solisten inspirieren ließ, wie sie ihn zu einem Feuerwerk an Ideen animierten, das er gleichermaßen über alle Gattungen aus­streute, die ihm seine Mäzene auftrugen: lateinische Kirchen­musik, italienische Kantaten, Oratorien und Serenaden. Alles verwandelte sich unter Händels Händen zu Gold, was seinen römischen Frühwerken eine Faszination ohnegleichen verleiht. Händel selbst ist dem jugendlichen Charme dieser Werke und ihrer Themen lebenslang erlegen: Immer wieder tauchen melo­dische Einfälle, ja ganze Arien aus den römischen Werken in seinen Londoner Opern und Oratorien auf.

Händels italienische Mäzene müssen die Jugendfrische seiner römischen Werke, ihr kraftvoll zupackendes Wesen als frischen Wind in den leicht abgestandenen Zirkeln der „Arcadia“ empfun­den haben. Nur wenige Monate vor seinem Eintreffen hatten sie

die drei führenden Musiker der Ewigen Stadt in ihren exklusiven Zirkel aufgenommen: Corelli, Pasquini und Alessandro Scarlatti. Alle drei Maestri waren über 50, ehrwürdige Repräsentanten des erhabenen römischen Stils und die unbestrittenen Meister in den Bereichen Orchestermusik, Vokalmusik und Cembalomusik. Nun kam der junge Sachse und forderte sie in allen diesen Genres heraus, was den Mäzenen im Kreis der Arkadier nur recht sein konnte.

Folgen wir also den Spuren des jungen Händel im Kreise der römischen Arkadier anhand dreier wundervoller Werke.

Motette für die Karmeliter: „Saeviat tellus“

ALLE ROMTOURISTEN KENNEN SIE: DIE BEIDEN ZWIL­lingskirchen an der Piazza del Popolo. Sie gehören zu den am häufigsten fotografierten Motiven der Ewigen Stadt, weil sie so malerisch vom „Tridente“, dem „Dreizack“ der drei römischen Hauptstraßen, umrahmt werden. Als Händel in Rom eintraf, waren ihre Fassaden und Kuppeln die ersten Zeugnisse des römischen Barock, die er zu sehen bekam, nachdem er – wie alle Reisenden aus dem Norden – von der Via Flaminia kommend die Porta del Popolo durchschritten hatte. An jenem Wintertag konnte er nicht ahnen, dass er schon im folgenden Sommer in der linken der beiden Zwillingskirchen einen seiner größten römischen Erfolge feiern würde.

Bis heute ist S. Maria di Montesanto, zwischen Via del Babuino und Corso gelegen, eine Karmeliterkirche. Zu Händels Zeit war das Fest der Muttergottes vom Berg Karmel am 16. Juli samt Vorabend eines der kirchenmusikalischen Hauptereignisse im römischen Kalender. Die Kutschen der Vornehmen drängten sich vor den Säulen der Kirche, weil alle die Festmesse und Vesper hören wollten, die alljährlich bei einem anderen römischen Maestro in Auftrag gegeben wurde. 1707 fiel die Wahl auf den jungen Händel, obwohl er Lutheraner war. Zwei Psalm­vertonungen, zwei Antiphonen und die Solomotette „Saeviat

tellus“ hat er zweifelsfrei für seine so genannte „Karmeliter­vesper“ geschaffen. Ob auch der große Psalm „Dixit Dominus“ dazu gehörte und das „Salve Regina“, wissen wir nicht, obwohl es bei zyklischen Aufführungen heutzutage meist so gehand­habt wird. Sicher ist aber, dass seine Festmusik schon 1707 auf­geführt wurde und nicht erst ein Jahr später, wie auch schon gemutmaßt wurde. Rashid­S. Pegah fand im Reisetagebuch des Prinzen Anton Ulrich von Sachsen­Meiningen folgenden Eintrag zum 15. Juli 1707: „und als ich mich um 6 uhr wieder angethan, bin ich gefahren auf die Piazza del Populo, wo mich in die runde Kirche rechter Handt begeben, ... diese heißt Madonna del Carmi, wo ein Fest und eine schöne Music war, darbey der Teutsche Hendel von Halle die Music dirigirte.“

In der Motette „Saeviat tellus“ hatte Händel als Dirigent alle Hände voll zu tun: In der stürmischen ersten Arie musste er den atemberaubenden Schlagabtausch zwischen Solo­Oboe und Sopran koordinieren, dazu die rasenden Läufe und Tremoli der Streicher. Die extremen Tonmalereien illustrieren den Aufruhr des Erdkreises und die Wut der Hölle, von denen sich die Karme­litinnen nicht einschüchtern lassen sollen. Dabei war die Bedro­hung anno 1707 weit realer, als man vermuten könnte: Der junge Habsburgerkaiser Joseph I. hatte den Spanischen Erbfolgekrieg bis an die Grenze des Kirchenstaats getragen. Eine Woche vor dem Karmeliterfest hatten die Österreicher Neapel erobert, was den mit Frankreich verbündeten Papst Clemens XI. in höchste Bedrängnis brachte. In Rom sah man schon die Fackel des Krieges am Horizont aufleuchten. Umso mehr war man auf himmlischen Beistand angewiesen – auf die Gottesmutter, die schon vier Jahre zuvor die Stadt vor den schlimmsten Folgen eines schweren Erdbebens bewahrt hatte. Die zweite Arie beschwört in den wunderbar friedlichen Klängen einer Pasto­rale die „süße Nacht und heitere Ruhe“, die den Karmelitinnen unter dem Licht der Madonna beschieden ist. In der nächsten Arie kehren die aufgeregten Motive im Orchester wieder. Ihnen stellt der Sopran den „festen und sicheren Frieden“ gegenüber,

mit dem die Gestirne die Menschen auf Erden beschenken sollen. Ein dramatisches Rezitativ bereitet den Boden für das abschlie­ßende triumphale „Alleluja“. Es war Händels erste mitreißende Vertonung des österlichen Jubelrufs lange vor dem „Hallelujah“ im „Messias“ – eine einzige, atemlose Triolenkette für Sopran und Oboe.

Kantate für den Marchese: „Un’alma innamorata“

WENN MAN VON ROM AUS RICHTUNG VITERBO FÄHRT, kommt man 60 km nördlich der Ewigen Stadt unweit des Lago di Vico nach Vignanello, in eines jener typischen Städtchen, wie sie sich auf den Hügelrücken des Lazio entlangziehen, mehr wehrhaft als einladend. Ebenso trutzig wirkt das Castello Rus­poli, das den Marktplatz von Vignanello beherrscht und noch heute von den Nachfahren des Marchese Francesco Maria bewohnt wird. Dank ihres illustren Vorfahren dürfen sie sich „Principi di Cerveteri“ nennen. In den Räumen des Castello, die mehr streng als üppig ausgestattet sind, fand Anfang 1707 die Uraufführung von Händels Kantate „Un’alma innamorata“ statt. Nur wenige Musiker hatte der Marchese in seine „villeggiatura“ mitgenommen, in die obligatorische Sommerfrische, die 1707 schon zu Pfingsten begann. Mit von der Partie waren nur zwei Geiger, ein Cellist, die Primadonna Margherita Durastanti und Händel.

Für diese kleine Besetzung und die Aufführungen im sommer­lichen Vignanello hat Händel einige seiner intimsten römischen Werke komponiert: das Salve Regina und zwei lateinische Solomotetten sowie einige Solokantaten, darunter „Armida abbandonata“ und „Un’alma innamorata“. Man kann sich gut vorstellen, wie die Geigenklänge der Letzteren durch die offenen Fenster des Palazzo hinaus in den „giardino segreto“ getragen wurden, jenen ringsum abgeschlossenen Barockgarten, der sich bis heute hinter dem Castello befindet. Die sanfte, melancho­lische Melodie der ersten Arie illustriert vollkommen die milde

Traurigkeit des Textes, ein klassisches Beispiel für arkadische Liebesdichtung. Freilich dient das arme Herz, das sich hier in Seufzern der Sehnsucht und in treuer Liebe verzehrt, nur als Gegenbild zur eigentlichen Botschaft der Kantate. Die zweite Arie nämlich feiert ganz unverhohlen den häufigen Wechsel in der Liebe, den „vagabondo amore“: „Ich freue mich, lache und hoffe, denn ich liebe mehr als nur ein Herz.“ Es fiel dem San­guiniker Händel nicht schwer, für das Lachen und Scherzen die rechten Töne zu finden. Noch anmutiger ist ihm das abschlie­ßende Menuett gelungen, ein beschwingtes Bekenntnis zur Galanterie: „Wer in der Liebe nur die Freude sucht, hat seine Liebeslektion gut gelernt.“

Oratorium für den Kardinal

NICHT NUR DIE EINSTMALS SO IDYLLISCHEN HÜGEL ROMS ersticken heute im Straßenverkehr. Auch das Ufer des Tiber, der so genannte „Lungotevere“, verwandelt sich zu Stoßzeiten in einen einzigen Stau – in beide Richtungen. Zu Händels Zeit hätte an dieser Stelle nicht mal ein einziges Fuhrwerk Platz gehabt, mündeten die Fassaden der Palazzi und ihre Gärten doch direkt in die Uferböschungen. Erst im frühen 20. Jahrhundert mussten diese idyllischen Bauten den Gesetzen des modernen Straßen­verkehrs und breiten Uferstraßen weichen. Dazu gehörte auch das Collegio Clementino, eines der vielen geistlichen Kollegien der Stadt, das sich unter Papst Clemens XI. besonderer Förde­rung erfreute. Von dem stolzen Bau ist heute ebenso wenig geblieben wie von der „Ripetta“ unmittelbar davor, dem barock gestalteten kleinen Tiberhafen mit seinen grandiosen Frei­treppen. Heute ballt sich hier der Verkehr, zwischen der Tiber­brücke, dem Richard Meyer­Museum der „Ara Pacis“ und der Verbindung zum Corso.

Als Händel im Mai 1707 in den Räumen des Collegio Clementino sein erstes Oratorium aus der Taufe hob, sah es an dieser Stelle noch viel idyllischer aus. „Il trionfo del Tempo e del Disinganno“,

„Der Triumph von Zeit und Wahrheit“, lautet der Titel dieses zweistündigen italienischen Oratoriums für vier Solisten und Orchester ohne Chor, das Nikolaus Harnoncourt vor mehr als 15 Jahren bei der styriarte höchst eindrucksvoll dirigiert hat. Damals schon fielen zwei Arien in der Partie der Bellezza beson­ders auf: die stürmische Arie „Un pensiero nemico di pace“ und die Schlussarie „Tu del ciel ministro eletto“. Während in der ersten Arie Streicher und Sopran die flüchtige Zeit in rasenden Sechzehntelläufen malen, ist die Schlussarie ein reines Bild der ungetrübten, geläuterten Ruhe: Nach langen inneren Kämpfen hat sich Bellezza, die Allegorie der Schönheit, endlich dazu durchgerungen, sich von den weltlichen Vergnügungen abzu­wenden und den Weg geistlicher Erbauung und moralischer Läuterung einzuschlagen – für die Zöglinge eines geistlichen Kollegs eine unmissverständliche Moral, zumal, wenn die Arie nicht von einer Sopranistin, sondern von einem jungen Mann gesungen wurde. Entscheidend an diesem himmlisch schönen Largo sind aber zwei andere Elemente: das Geigensolo, das Händel für keinen Geringen als Corelli geschrieben hat, und der Text. Hinter dem „gewählten Diener des Himmels“ verbirgt sich nämlich widerum kein Geringerer als Papst Clemens XI. selbst, dem der Lutheraner Händel hier zwangsläufig eine arkadisch verklau sulierte Huldigung darbringen musste. So wollte es der Textdichter und Auftraggeber des Oratoriums, Kardinal Bene­detto Pamphilj. Als Großneffe des Papstes Innozenz X. wusste er, was die Kardinäle dem Heiligen Vater schuldig waren.

Instrumentale Intermezzi

ALS ORCHESTRALE ZWISCHENSPIELE HAT MARCO VITALE eine Passacaglia und eine Sinfonia ausgewählt. Letztere stammt von Händel: Seine Ouvertüre zum Oratorium „Il trionfo del Tempo“ ist ein ausgewachsenes römisches Concerto grosso mit konzertierenden Oboen und virtuoser Solovioline. Laut Händels erstem Biographen John Mainwaring war es Corelli, der bei der Uraufführung des Oratoriums als Konzertmeister das Orchester

leitete und die Geigensoli spielte. Angeblich soll Händel erst eine Ouvertüre im französischen Stil komponiert haben, die Corelli aber im angemessenen französischen Stil nicht ausführen konnte: „Die Ouvertüre vor Il Trionfo del Tempo war es, welche dem Corelli die meiste Schwierigkeit verursachte. Auf sein Verlangen machte also Händel an deren Statt eine Sinfonie, die mehr nach dem italienischen Stil schmeckte.“

Genau ein Vierteljahrhundert früher hatte ein anderer Besucher aus dem Norden in Rom sein kompositorisches Gesellenstück abgeliefert: der Salzburgische Hoforganist Georg Muffat. Auf „Roma, 4 di Settembre 1682“ datierte er die Widmung seiner Sammlung „Armonico tributo“ an den Fürsterzbischof Max Gangolf von Kuenburg. Ein „harmonischer Tribut“ waren diese Streichersonaten deshalb, weil sie zur 1100­Jahr­Feier des Erz­bistums Salzburg erschienen, weshalb sie Muffat ausdrücklich noch vor seiner Abreise aus Rom zum Druck beförderte. Der Untertitel der Sammlung lautet: „Sonate di Camera, commo­dissime a pochi, ò a molti stromenti“, also: „Kammersonaten, bequem für wenige oder viele Instrumente.“ Die verschiedenen Varianten der Besetzung von der Triosonate bis hin zum Concer­to grosso hat Muffat im Vorwort erläutert. Gekrönt wird die Sammlung durch die riesenhafte Passacaglia der fünften Sonate, die nichts anderes ist als ein Rondeau, dessen Thema immer wiederkehrt, mit diversen Episoden alternierend. Der absteigende Bass unter dem Thema liegt auch fast allen Episo­den zugrunde, dabei kommt es zu kunstvollen harmonischen Ausweichungen und rhythmischen Verschränkungen im majes­tätischen Dreihalbetakt. Die Tempoanweisung „Grave“ belegt, wie sehr sich auch Muffat – wie später Händel – den feierlichen Ernst und die Erhabenheit des römischen Stils zu Herzen nahm. Was fehlt ist die arkadische Süße, die Händels römische Werke so häufig ausstrahlen. Die „Accademia dell’Arcadia“ wurde nämlich erst 1690 gegründet.

Josef Beheimb

Die Texte

SAEVIAT TELLUS INTER RIGORES

Saeviat tellus inter rigoresDas Land tobt unter Härte:vor Angriff, vor Sturm, Karmeliter, habt keine Angst,Luzifer schnaubt mit Kriegskünsten,verlacht die Drohungen des Gottes der Unterwelt!

Recitativo: Carmelitarum ut confirmet ordinemUm den Orden der Karmeliter zu festigen,erscheint die Jungfrau dem schlafenden Hororius,durch dessen Licht die Nacht funkelnd und der Tag heller wird,um diese zu einem zusammenzubringen,dagegen sind Sonne und Mond fahl.

O nox dulcis, quies serenaOh, süße Nacht, mögest du den Karmeliterneine lange und unerschütterliche ruhige Erholung sein.Möge dich die zornige Megäre nicht verwirren,während Mariens Licht lieblich glänzt.

Stellae fidae nobis sit curaTreue Sterne, Euch sei es die Sorge,die Karmeliter vor der Menschheit zu beschützen,möge euer Friede stark und sicher sein,mit welchem die Sterblichen beschenkt werden müssen.

Recitativo: Sub tantae virginis tutelaUnter dem Schutz einer so bedeutenden Jungfrau– triumphiert, Karmeliter! – ist Luzifer feige, harmlos sind seine Machenschaften,jubiliert, Karmeliter!

Alleluia

UN’ALMA INNAMORATA

RezitativEine verliebte Seele,die Amors Gefangene ist,lebt allzu unglücklich.Immer größer wird das Übel,das sie nicht begreift,bis sie im Lieben zur Sklavin wird.

ArieArm ist das Herz,Das die Liebe verwundet hat!Es seufzt und es brennt,Wenn es auch treu bleibt.

Sein einziger SchmerzIst die Eifersucht,Die Ketten der LiebeSind grausame Marter.

RezitativUnd obwohl es sieht, dass trotz all seiner Treuedie Hoffnung selbst schon stirbt,möchte es, in all seinem Elendweiter mit ihr leben.

ArieIch freu mich, ich lache und hoffeUnd liebe mehr als nur ein Herz,Und kann dir sagen, warum.

Wenn mein Gedanke wandertWie ein Vagabund der Liebe,Dann ratet mal, wohin!

RezitativWas mich angeht, macht mir das Lachen das größte Vergnügen, wenn ich der harten Gesetze desLiebesgottes und seiner Strenge spotte.

ArieAufgepasst: Wer sich an der Liebe freuen will, Der lerne auch, was Lieben heißt!Nie kann der göttliche Bogenschütze mit seinem ErnstMein heiteres Liebesehnen übertrumpfen.

IL TRIONFO DEL TEMPO E DEL DISINGANNO

Un pensiero nemico di paceEin dem Frieden feindlicher Gedanke machte die Zeit unbeständig zehrend und gab ihr mit den Flügeln die Sense.

Geboren wurde ein anderer leichter Gedanke, um diese strenge Macht zu verneinen, wodurch die Zeit keine Zeit mehr ist.

Ein dem Frieden feindlicher Gedanke ...

Tu del ciel ministro elettoDu, auserwählter Botschafter des Himmels, wirst in meinem Herzen nie mehr untreuen Wunsch oder sinnloses Begehren sehen.

Und wenn ich gegenüber Gott undankbar lebte, sollst du, Wächter meines Herzens, ihm das neue Herz zutragen.

Du, auserwählter Botschafter des Himmels …

Die Interpreten

Gemma Bertagnolli, Sopran

GEBOREN IN BOZEN, BEGANN DIE SOPRANISTIN GEMMA Bertagnolli ihre Karriere schon sehr jung am Konservatorium ihrer Heimatstadt. Die Absolventin zahlreicher Meisterkurse ist vielfache Preisträgerin nationaler und internationaler Wett­bewerbe, darunter der Francesco Viñas Sonderpreis für die beste Mozart­Interpretation.

Ihre Laufbahn führte sie auf die großen Bühnen und zu den bedeutenden Festivals weltweit, wie zu den Salzburger Festspie­len, zu Maggio Musicale Florenz, ins Teatro Scala in Mailand, das Teatro Regio Torino, das Opernhaus in Zürich, die Berliner Staats­oper, in die Accademia Santa Cecilia in Rom, das Théâtre Champs Elysées in Paris, das Amsterdamer Concertgebouw oder die Baye­rische Staatsoper München, um nur einige zu nennen. Gemma Bertagnolli ist vor allem als Sängerin barocker Musik sehr gefragt und gefeiert und gilt als wichtige Interpretin spe ziell der italie­nischen Barockmusik. Auf diesem Gebiet hat sie mit Dirigenten wie Rinaldo Alessandrini (Concerto Italiano), Giovanni Antonini (Giardino Armonico), Alfredo Bernardini (Ensemble Zefiro), Fabio Biondi (Europa Galante), Ivor Bolton, Christophe Coin, Ottavio Dantone (Accademia Bizantina), Alessandro de Marchi (Academia Montis Regalis), René Jacobs, Ton Koopman, Trevor Pinnock, Christophe Rousset oder dem Freiburger Barockorchester und der Akademie für Alte Musik Berlin zusammengearbeitet.

Neben einem sehr großen Konzertrepertoire, das von Bach, Händel, Pergolesi über Mozarts geistliche Musik bis zu Beet­hovens Neunter Symphonie sowie der zweiten und vierten Sym­

phonie von Mahler reicht, umfasst ihr Opernrepertoire die Rollen von Sophie („Der Rosenkavalier“), Amenaide („Tancredi“), Pamina („Die Zauberflöte“), Ismene („Mitridate“) oder Susanna („Le Nozze di Figaro“). Zahlreiche renommierte Dirigenten stan­den bei ihren Auftritten in Oper und Konzert am Pult (Daniele Gatti, Fabio Luisi, Lorin Maazel, Zubin Mehta, Ennio Morricone, Riccardo Muti, Wolfgang Sawallisch …).

Auch in ihren CD­Einspielungen nimmt die barocke Musik den wichtigsten Platz ein. Sie ist auf der Vivaldi­Edition von Naïve vertreten. Zu den grenzüberschreitenden Produktionen zählen jene mit Ennio Morricone und Dulce Pontes. Ihre neuesten Einspielungen sind Händels „Venus & Adonis“ (Kantaten und Sonaten) mit dem Ensemble Zefiro, Alessandro Scarlattis „Nisi Dominus / Salve Regina“, „Passionate Baroque Arias“ mit dem Ensemble Cordia, „Christmas at San Marco“ mit dem Vocal Concert Dresden sowie „Cantate e Sonate“ von B. Vinaccesi.

Darüber hinaus engagiert sich Gemma Bertagnolli als UNICEF­Botschafterin.

Contrasto ArmonicoCONTRASTO ARMONICO, DAS ENSEMBLE FÜR ALTE MUSIK, wurde 2004 von Marta Semkiw und Marco Vitale gegründet und konzentriert sich in erster Linie auf im italienischen Stil kompo­nierte Musik. Zur Gründung des Orchesters kamen im nieder­ländischen Delft die beiden Händel­Opern „Siroe, Re di Persia“ und „Lotario“ zur Aufführung.

Das Orchester besteht aus entsprechend ausgebildeten Musi­kerinnen und Musikern unterschiedlichster Nationen, vereint durch dieselben Ideale und Vorstellungen in Bezug auf die Inter­pretation Alter Musik. Das Ziel des Ensembles ist es, an den Wurzeln der historischen Aufführungspraxis zu forschen.

Die MusikerInnen verstehen ihre Arbeit an den Werken als ein „work in progress“, stetig wachsend und sich entwickelnd, eine Philosophie anstelle festgeschriebener Traditionen.

Unter Verwendung von Originalklanginstrumenten, alten Stim­mungen und Besetzungen versuchen sie, möglichst nahe an die originale Interpretationsweise heranzukommen. Das Ensemble kann bereits auf eine reiche Diskographie verweisen, so erschien das komplette Kantatenwerk Händels in italienischer Sprache sowie „La Resurrezione“, „Aci, Galatea e Polifemo“ und „Il Secon­do Libro di Toccate“ von Händel.

Marco Vitale, Cembalo & LeitungMARCO VITALE WURDE 1980 IN PALERMO (ITALIEN) GEBO­ren. Er studierte Klavier, Orgel, Cembalo und Komposition am Konservatorium „Vincenzo Bellini“ in Palermo. Ab 2002 besuchte er das Königliche Konservatorium in Den Haag (Niederlande). Er erlangte einen Bachelor im Fach Orgel bei Jos van der Kooy und einen Master für Alte Musik (Cembalo) bei Ton Koopman und Tini Mathot.

Seine ersten Auftritte absolvierte er schon im Alter von 15 Jah­ren und seit damals brachten ihn seine musikalischen Akti­vitäten als Solist und Kammermusiker auf die Konzerthäuser­podien und Festivals quer durch ganz Europa. Marco Vitale ist Mitbegründer und Leiter von Contrasto Armonico. Er ist außer­dem regelmäßiger Gast in Jordi Savalls Concert des Nations.

Derzeit beschäftigt er sich mit der Aufnahme des kompletten italienischen Kantatenwerks von Händel (für Brilliant Classics), einem spannenden Projekt, das Licht auf viele unentdeckte Juwelen des Komponisten wirft, die es teilweise weder be ar­beitet noch aufgezeichnet gibt.

Zugleich entwickelte Marco Vitale ein besonderes Interesse am Vermitteln von Musik, so gibt er regelmäßig Meisterkurse in Frankreich, Deutschland, Tschechien und Syrien und ist musi­kalischer Leiter der Damascus Baroque Soloist (Syrien).

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