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Sources in the History of Mathematics and Physical Sciences 2 Editors M. J. Klein G. J. Toomer

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Sourcesin the History of Mathematics and

Physical Sciences

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EditorsM. J. Klein G. J. Toomer

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April 1929 . Fahre von Warnemiinde: Pauli und Ehrenfest, aufdem Wege nach Kopenhagen.Aufnahme: SamGoudsmit

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WOLFGANG PAULI

WISSENSCHAFTLICHER BRIEFWECHSEL MIT

BOHR, EINSTEIN, HEISENBERG U.A.

BAND I: 1919-1929

SCIENTIFIC CORRESPONDENCE WITH

BOHR, EINSTEIN, HEISENBERG, A. O.

VOLUME I: 1919-1929

Herausgegeben von / Edited by

A. Hermann K. v. Meyenn V. F. Weisskopf

Springer-VerlagNew York Heidelberg Berlin

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A. HERMANN

K. v. MEYENN

Historisches Institut

Lehrstuhl f. Geschichte

d. Naturwissenschaften ·u. Technik

UniversiHit Stuttgart

7000 StuttgartFederal Republic of Germany

V. F. WEISSKOPF

Department of Physics

Massachusetts Institute of Technology

Cambridge, MA 02139

USA

Library of Congress Cataloging in Publication Data

Main entry under title:Wolfgang Pauli, wissenschaftlicher Briefwechsel mit Bohr, Einstein, Heisenberg, u. a.

= Wolfgang Pauli, scientific correspondence with Bohr, Einstein, Heisenberg, a. o.

(Sources in the history of mathematics and physical sciences; v. 2)CONTENTS: Bd. 1. 1919-1929.

1. Pauli, Wolfgang, 1900-1958.2. Physicists-Correspondence. 1. Pauli, Wolfgang, 1900-1958.II. Hermann, Armin, 1933- IlL Meyenn, K. v. IV. Titie.

V. Title: Wolfgang Pauli, scientific correspondence with Bohr, Einstein, Heisenberg, a. o.QC16.P37W64 530'.092'4 79-4654

All rights reserved.

No part of this book may be translated or reproduced in any form without written permissionfrom Springer-Verlag.

© 1979 by Springer-Verlag New York Inc.

Printed in the United States of America.

987 6 543 2 1

ISBN 0-387-08962-4 Springer-Verlag New YorkISBN 3-540-08962-4 Springer-Verlag Berlin Heidelberg

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Vorwort

Die vorliegende Briefsammlung enthalt Briefe von und an Wolfgang Pauli wahrendder Zeitspanne 1919 bis 1929. Viele Autoren haben diese Zeit mit Recht als die"goldene Periode der Physik" betrachtet. Bis zu dieser Zeit hatten die Physiker eineungeheure Menge von Fakten iiber die Eigenschaften der Atome angesammelt,insbesondere in den Resultaten der Spektralanalyse. AIle diese Resultate wider­sprachen den Erwartungen der klassischen Physik. Zwar war das BohrscheAtommodell, erganzt durch die Betrachtungen Sommerfelds, wohl im Stande,einige dieser Tatsachen zu beschreiben, solange es sich urn die einfachsten Atomehandelte, in denen man bloB die Bewegung eines Elektrons in Betracht zu ziehenhatte, wie in Wasserstoffatomen oder in den Alkaliatomen. In allen Mehr­Elektronensystemen und in den Fragen der Feinstruktur der Spektrallinienversagte aber dieses Modell vollig, und selbst in den Einzel-Elektron-Problemenerschienen die Grundlagen des Modells als plausible, aber willkiirliche Annahmen.Dan·n kam die Quantenmechanik und anderte alles mit einem Schlag. Die Ratselwaren gelost, das Verhalten der Atome konnte mit eindeutigen und logischenMitteln erklart und im Prinzip berechnet werden. Selten, vielleicht noch nie in derGeistesgeschichte, haben so wenig Leute soviel in so kurzer Zeit geleistet. Innerhalbweniger Jahre, von 1925 bis 1928, waren die Prinzipien festgelegt, auf denen dieSpezifitat und die Stabilitat der Atome beruhen; es wurden die Grundlagen derchemischen Bindung aufgedeckt und ebenso die Grundlagen der Struktur derMetalle und anderer Festkorper. Alles fiigte sich zusammen in ein logischesGebaude, das auf ganz neuartigen Ideen beruhte, die den Grundideen derklassischen Physik in revolutionarer Weise widersprachen. Es stellte aber doch einkoharentes Ganzes dar, das eine neue Einstellung zu den Begriffen der Realitat desphysikalischen Weltbildes erforderte. Vielleicht ist es sogar berechtigt, den Durch­bruch der Quantenmechanik als noch revolutionarer und erschiittender anzusehenals den der Relativitatstheorien Einsteins. Die letzteren sind eher als eine Kronungder klassischen Physik zu bezeichnen, die durch die Raum-Zeit-Symmetrie eineVereinigung der elektromagnetischen und mechanischen Erscheinungswelt erzielteund die dann in der allgemeinen Relativitatstheorie auch noch die Gravitation miteinbezog.Eine Anzahl von Physikern waren an der Schopfung der Quantenmechanikbeteiligt: Louis de Broglie, Niels Bohr, Werner Heisenberg, Max Born, ErwinSchrodinger, Paul A. M. Dirac, Pascual Jordan, Hendrik A. Kramers, und einigeandere. Aber Wolfgang Pauli spielte eine ganz besondere Rolle: Es gab kaum einen

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VI Vorwort

Schritt, kaum eine neue Einsicht, kaum eine Gedankenentwicklung, an der Paulinicht kritisch oder schopfersich beteiligt war. Die vorliegende Briefsammlung zeigtdies viel klarer als ein Studium der publizierten Literatur. Pauli hat unzahlige Malein den EntstehungsprozeB der Quantenmechanik eingegriffen. Er hat Ideenkritisiert, die auf Abwege fiihrten, er hat Anregungen fiir neue Ansatze gegeben,ohne je auf ein Urheberrecht Anspruch zu erheben. 1m Gegenteil, er war oft froh,seine Anregungen nicht selbst ausfiihren zu miissen. Ais Kritiker und Warner gegenirrefiihrende Gedanken war er wohlbekannt und weit geschatzt. Er wurde "DasGewissen der Physik" genannt. Gelegentlich hat seine scharfe und streng­puritanische Kritik allerdings neuen, noch unausgebildeten Begriffsbildungengeschadet. "Der Kronig hatt' den Spin entdeckt, hatt' Pauii ihn nicht abgeschreckt"lautete ein zynischer Vers, der unter den jungen Physikern dieser Zeit kursierte.Aber in den meisten Fallen hat seine scharfe Kritik und seine Insistenz aufklare undlogische Begriffsfiihrung seinen Freunden auBerordentlich geholfen und dieEntwicklung der Quantenmechanik im groBen MaBe gefordert.

Dazu kommt noch sein Witz und Humor, der seine scharfe Kritik vermenschlichthat. Die Briefe sind voll von iiberaus witzigen Bemerkungen und Analogien, dieseine Argumente schlagartig beleuchten. Die ungeheure geistige Spannung, unterder die Schopfer der Quantenmechanik damals lebten, wurde durch Paulis Humorertraglicher und durch die geistigen Kurzschliisse seiner Witze belebter undproduktiver gemacht. Ais treuer Freund und Berater Niels Bohrs hat Pauli viel zum"Kopenhagener Geist" beigetragen. Es war der Geist und die Stimmung, diedamals unter den "Quantenmechanikern" herrschten, eine Atmosphare desschopferischen Zusammenseins von jungen, optimistischen, witzigen, begeistertenLeuten, die die tiefsten Ratsel der Natur mit jugendlichem Ubermut angriffen, freivon konventionellen Bindungen, voller Enthusiasmus und einer iibersprudelndenFreude an den neuen Entdeckungen. Ais ich als ganzjunger Mann das Gluck hatte,mich dieser Gruppe in Kopenhagen anschlieBen zu diirfen, war ich von den Witzenund humorvollen Anspielungen, die die Diskussionen begleiteten, etwas verwirrt.Niels Bohr gab mir die folgende Erklarung: "Es gibt Dinge, die so ernst sind, daBman dariiber nur scherzen kann."

Dieser Ausspruch charakterisiert Paulis Witz und Humor. Sein Witz war nieverletzend gemeint, obwohl er manchmal verletzend gewirkt hat. Paulis Kritik warehrlich und klar. Er sagte frei, was er meinte, und verlangte das auch von anderen.Er duldete nichts unklares oder triviales. Er hatte hohe Anspriiche im Bezug aufBedeutung und Wesentlichkeit einer wissenschaftlichen Arbeit. Dies zeigt sich inseiner beriihmten kritischen Bemerkung, als ihm ein recht triviales Manuskriptvorgelegt wurde: "Es ist nicht einmal falsch!"

Pauli hatte eine spezielle Art, W,issenschaft zu treiben. Er hat einen eigenen Stil desDenkens und Forschens geschaffen, der die Physik tiefbeeinfluBt und geleitet hat.Es ist ein Stil, der das Wesentliche und das Symmetrische der Naturgesetze betont,und es ohne viel Worte und Gerede in mathematische Formeln faBt. Seine Art zu

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Vorwort VII

denken, und sein ganzes Wesen schwebt allen Physikern als etwas Ideales, Klaresund Reines vor.Aber es ist mehr als sein Werk selbst, es ist eine tiefe menschliche Klarheit und

Unbedingtheit, die von Pauli ausstrahlte und die alle Beziehungen zu seinenMitmenschen bestimmte. Die beriihmte Scharfe seiner Kritik, die Unbarmherzig­keit und Ironie, mit der er falsche Ideen bekampfte, der Witz und die Verachtung,mit denen er Dingen begegnete, die ihm halb und unecht schienen,waren derAusdruck seines Strebens nach letzter Klarheit und Reinheit in der Wissenschaftund in menschlichen Belangen.Die vorliegenden Briefe zeigen uns deutlich Paulis Personlichkeit. Nicht nur erwird lebendig vor unseren Augen, wenn wir diese Briefe Iesen, wir sehen auchweitere groBe Personlichkeiten vor uns, Bohr, Kramers, Ehrenfest und viele andere.Wir sehen die menschliche Seite des groBen Ringens mit den Ratseln des Atombaus,

das sich damals abgespielt hat. Wir sehen die Freuden und Leiden, die die Geburt

dieser groBen.Ideen mit sich gefuhrt hat. Das Dramatische, das Komische, und dasHerrliche dieses Erkenntnisprozesses steht vor uns auf. Jeder, der sich mit dieserFrage je beschaftigt hat, wird bei dem Lesen dieser Briefe die Entdeckungsgeschich­te der Quantenmechanik neu miterleben. Die Lekture wird fur ihn packender undaufregender sein als der spannendste Roman.

VICTOR F. WEISSKOPF

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung (ARMIN HERMANN). . . . . . . . . . . . . . . XI

I. Das Jahr 1919Auseinandersetzung mit der Allgemeinen RelativiHitstheorie .

II. Das Jahr 1920

"Relativitatsartikel" und erste Arbeiten zur Atomphysik . . . . . . 13III. Das Jahr 1921

Dissertation tiber das Wasserstoffmolektilion . . . . . . . . . . . 23IV. Das Jahr 1922

Gottingen - Hamburg - Kopenhagen. . . . . . . . . . . . . . . 53V. Das Jahr 1923

Anomaler Zeemaneffekt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77VI. Das Jahr 1924

Weg zum AusschlieBungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

VII. Das Jahr 1925

"Quantenartikel" und Gottinger Matrizenmechanik . . . . . . . . 201VIII. Das Jahr 1926

Rotierendes Elektron und Verallgemeinerungen der Quantenmechanik 277IX. Das Jahr 1927

Kopenhagener Interpretation und Quantenelektrodynamik . . . . '. 369X. Das Jahr 1928

Berufung nach Ziirich-Schwierigkeiten in der Quantenelektrodynamik 419XI. Das Jahr 1929

Systematischer Aufbau der Quantenfeldtheorie. . . . 481XII. Anhang . . . . . . . . . . 531

1. Nachwort . . . . . . . . . . . . . 5322. ZeittafeI1919-1929. . . . . . . . 5363. Literaturverzeichnis 1919-1929. . . . . 5424. Verzeichnis der Vorlesungsmanuskripte 1919-1929. . .. 5465. Chronologisches Verzeichnis der Korrespondenz 1919-1929. . . . 5476. Alphabetisches Verzeichnis der Korrespondenz 1919-1929 . 5537. Personenregister . 5618. Sachwortregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 567

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Die Funktion und Bedeutung von Briefen

ARMIN HERMANN*

Es gibt Phasen in der Geschichte, in denen einzelne Bereiche der Wissenschaft oderKunst weit tiber ihre Grenzen hinaus ausstrahlen und auf die ganze Menschheits­entwicklung EinfluB gewinnen. In der Renaissance wurden die begabten jungenMenschen von der Malerei und Bildhauerei angezogen; Ende des 18. lahrhundertsgingen sie nach lena und schufen sich einen Namen als Novalis, Schelling undHegel. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges war es die theoretische Physik, diedie groBe Faszination ausubte. Innerhalb weniger Jahre hatte sich die kleine,unbeachtete Spezialdisziplin zum Kern- und Grundlagenfach der gesamten Natur­wissenschaften entwickelt, und binnen kurzem sollte sich zeigen, daB die gewonne­nen Aussagen nicht nur die Untersuchungsobjekte betrafen, sondern daB dasmenschliche Denken selbst auf eine neue Grundlage gestellt war.1m Juli und August 1945 wurde dann, mit der Explosion der ersten Atombomben,der alte Satz bestatigt: Wissen ist Macht. Der Erweiterung des Denkens entsprachin der Dimension die Erweiterung der Macht. Die Welt war eine andere ge­worden.Nicht nur durch die technischen Folgen, sondern allein durch sich selbst hat der"Umsturz im Weltbild der Physik" groBes Interesse gefunden. Er ist heutebevorzugter Untersuchungsgegenstand fur die Wissenschafts- und Kulturgeschich­te und fur die Wissenschaftstheorie.Aber auch fur den Physiker selbst ist es zum VersHindnis seiner Wissenschaft notig,wenigstens solche entscheidenden Entwicklungsphasen zu kennen. "Wie soIl manbegreifen, was die Quantentheorie heute ist", meint John Wheeler, "wenn mannicht weiB, wie sie entstanden ist? Viele junge Wissenschaftler sind sich wichtigerProbleme der Quantentheorie, mit der sie standig umgehen, gar nicht bewuBt undkonnen ein tieferes Verstandnis nicht gewinnen, weil ihnen die Diskussionenunbekanntsind, mit denen die Schopfer der Theorie diese Probleme bewaltigthaben."1 **Die Geschichte der Wissenschaft ist die Wissenschaft selbst, hat schon Goethegesagt. "A thorough understanding of a physical theory can be reached only by thehistorical method"2, meint auch van der Waerden: Das soIl heiBen, man kann eineTheorie nur verstehen, wenn man den DenkprozeB, der zu dieser Theorie fuhrt,selbst noch einmal nachvollzieht: Wer den Zusammenhang von Spin und Statistik

* Karl von Meyenn sei herzlich fur seine Mithilfe gedankt.** Hochgestellte Ziffern verweisen auf die Literaturangaben auf S. XLIV ff., Ziffern in eckigenKlammern auf die in diesem Band abgedruckten und durchnumerierten Briefe.

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XII Die Funktion und Bedeutung von Briefen

der Elementarteilchen erfassen will, muB die historischen Arbeiten von Paulikennen.Viele zeitgenossische Gelehrte stehen zum Wort Goethes, daB man die groBenSchopfungen, urn sie ganz zu begreifen, nicht nur in ihrer Vollendung gesehen,sondern auch in ihrem Werden belauscht haben muB.

Ais die faszinierendste Schopfung galt den Physikern die Quantentheorie. Aufeinzelne Etappen und Episoden kam immer wieder das Gesprach, und der eine oderandere der "Alten", die dabeigewesen waren, griffbei Gelegenheit eines Jubilaumszur Feder. So erfuhr die nachfolgende Generation standig Neues iiber dieses"heroische Zeitalter", und sorglos erwartete man wohl, daB dies fiir aIle Zeiten sofortgehen wiirde."Selbstverstandlich", schrieb John Wheeler 1967, "sind die gedruckten Arbeiten, indenen die Grundziige der Relativitatstheorie und der Quantenmechanik zum erstenMal der wissenschaftlichen Welt bekanntgegeben wurden, leicht zuganglich.Jedoch kann eine wirkliche Ideengeschichte nur in den seltensten Fallen, wenniiberhaupt, allein auf der Grundlage der gedruckten Arbeiten geschrieben werden.Obwohl der Historiker mit den Publikationen beginnt, ist es ihm nicht moglich, dieEntwicklungslinien nachzuzeichnen, ohne auf unpublizierte Manuskripte zuriick­zugreifen, wie Notizbiicher, autobiographische Erinnerungen und Briefe."3Unabhangig von den "Sources" begann etwa urn die gleiche Zeit auf privateInitiative die Sammlung von Briefen Wolfgang Paulis. Vier Jahrzehnte hindurchhatte dieser die Entwicklung der Physik gepragt mit Ideen, Anregungen, Warnun­gen und Kritik. "Paulis groBe Beitrage", so hieB es in dem Rundschreiben an dieKollegen, mit dem die Sammelaktion eingeleitet wurde, "sind nicht nur in seinenPublikationen zu finden. Er hat den Lauf der Physik sehr personlich und in subtilerWeise durch Briefe an Freunde und Kollegen beeinfluBt. Diese Briefe sind geistigeDokumente; sie enthalten Ideen und Argumente von einzigartiger Bedeutung." Soentstand - zunachst in Zollikon bei Zurich - die sogenannte "Pauli LetterCollection" * mit etwa 2000 Briefen von und an Pauli.Die Sammlung von Briefen ist jedoch nur der erste Schritt: die Edition muB sichanschlieBen. Was fur Politik, Literatur, Philosophie und die fruhen Epochen derWissenschaft (etwa im Falle Galilei, Kepler, Huygens und Newton) langstselbstverstandlich ist, die groBe Briefedition, kommt nun endlich auch fur diePhysik des 20. Jahrhunderts.1972 hat die Herausgabe der "Collected Works of Niels Bohr"4 begonnen, die aufacht Gro13bande angelegt sind und neben den gedruckten Arbeiten auch seinerzeitunpubliziert gebliebene Manuskripte und eine Briefauswahl enthalten. Eine "AlbertEinstein Edition" wird vorbereitet, die groBe Teile des Briefwechsels mitumfassensoIl. Unabhangig davon liegt die Korrespondenz Einsteins mit einer Anzahl von

* Wortlaut dieses von Niels Bohr, RalfKronig,-Victor F. Weisskopfund Franca Pauli unterzeichnetenRundschreibens auf S. 532. dort auch weitere Informationen tiber die Pauli Letter Collection.

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Die Funktion und Bedeutung von Briefen XIII

Kollegen bereits vor; andere Briefe sind ausschnittsweise in Sammelbanden, wie

"Einstein on Peace", reproduziert.

1m Falle Wolfgang Pauli sind bereits 1964 in zwei Banden die "Collected ScientificPapers" 5 erschienen, also die zu Lebzeiten von Pauli selbst veraffentlichtenAbhandlungen. Die Vorlesungen Paulis liegen ebenfalls gedruckt vor. 6 Die mit demvorliegenden Band I beginnende Edition wird der wissenschaftlichen Korrespon­denz (von und an Pauli) gewidmet sein.

Warum sind Briefeditionen so wichtig fur die Geschichtsschreibung? Man kannte

doch die Meinung vertreten: Es seien schlieBlich bei dem bekannten Publikations­drang der Wissenschaftler praktisch aIle relevanten Ergebnisse und Zwischenergeb­

nisse veraffentlicht - folglich musse es maglich sein, allein an Hand derZeitschriftenaufsatze das Entstehen der modernen Physik zu rekonstruieren. Furdie Berechtigung dieser Auffassung gebe es sogar positive Belege. Vor Jahrenentstandene, durchaus griindliche und gediegene Analysen haben sich - imwesentlichen - nur auf publizierte Arbeiten gestutzt.

I.

Urn den Wert von Briefen fur die Geschichtsschreibung zu erfassen, muB man die

Frage beantworten: Welche Informationen kann man nicht aus den Zeitschrif­tenaufsatzen, wohl aber aus den Briefen gewinnen? Aus einem Referat von 19197

und einer - ebenfalls gedruckten - Diskussionsbemerkung bei der Versammlung derDeutschen Naturforscher und Arzte in Bad Nauheim 19208 geht hervor, daB Paulisich am Beispiel der elektrischen Feldstarke im Innern des Elektrons dafuraussprach, "in die Physik nur prinzipiell beobachtbare GraBen einzufuhren." DaBer aber .auch die Vorstellung von den Elektronenbahnen im Atom schon in denfruhen zwanziger Jahren zu den "prinzipiell nicht beobachtbaren GraBen"rechnete, geht nicht aus seinen Veraffentlichungen,. wohl aber seinen Briefenhervor. An Niels Bohr schrieb Pauli am 12. Dezember 1924: "Ich glaube, daBEnergie- und Impulswerte der stationaren Zustande etwas viel realeres sind als>Bahnen<. Das (noch unerreichte) Ziel muB sein, diese und aIle anderen physikalischrealen, beobachtbaren Eigenschaften der stationaren Zustande aus den (ganzen)Quantenzahlen und quantentheoretischen Gesetzen zu deduzieren" [74].Dem gleichen Brief ist zu entnehmen, daB Heisenberg damals Gast am Institut inKopenhagen war, und man darf schlieBen (wenn man noch andere Briefe oder auchInterviews9 heranzieht), daB Heisenberg diese Zeilen sehr aufmerksam gelesen hat.Damit fallt neues Licht auf die Anfange der Gattinger Quantenmechanik. 10

Unsere Behauptung ist: Aus Briefen lassen sich Informationen ziehen, die weit uberdas hinausgehen, was uns die gedruckten Abhandlungen an Kenntnissen vermit­teln. Urn die Behauptung abzustutzen, wollen wir fur ein ganzes Jahr Publikationenund Briefe miteinander vergleichen: Was sagen uns die Publikationen und was

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XIV Die Funktion und Bedeutung von Briefen

sagen uns die Briefe iiber das, was Pauli an Eigenem hervorgebracht hat? Wirwahlen als Beispiel das Jahr 1926.1926 sind zwei Publikationen erschienen. Eine davon, die Berechnung desWasserstoffspektrums auf der Grundlage der neuen Gottinger Quantenmechanik(1926a)*, ist bereits im Jahr zuvor fertiggestellt gewesen und kann also hier nichtgerechnet werden. Dafiir ist die 1927 im Druck vorgelegte Abhandlung iiberGasentartung und Paramagnetismus (1927a) zu berucksichtigen, weil sie 1926verfaBt wurde.Erarbeitet hat Pauli im Jahre 1926 also zwei Publikationen. Die erste (1926b) ist dieWiederholung einer Berechnung der Dielektrizitatskonstanten von Dipolgasen von1921, nun nach dem neuen Formalismus der Quantenmechanik. Die Arbeit istunter Paulis Anleitung von Lucy Mensing ausgefiihrt.Wichtiger ist die zum Jahresende 1926 fertiggestellte Abhandlung "Uber Gasentar­tung und Paramagnetismus" (1927 a). Hier wird das AusschlieBungsprinzip auf die,Elektronen im Metallgitter angewendet. Allein an Hand der Zeitschriften lieBe sichdurch Vergleich feststellen, daB es sich urn die erste diesbeziigliche Veroffentlichunghandelt. Urn aber zuverUissig zu erfahren, welche Wirkung diese Arbeit damalsgehabt hat, braucht man zusatzliche Informationen. Jedem Physiker bekannt sinddie schonen Ergebnisse, die Sommerfeld und seine Schiiler auf dem Gebiet"Elektronentheorie der Metalle" gewonnen haben. Zu Beginn seiner erstenVeroffentlichung11 geht Sommerfeld ausfiihrlich auf Paulis Ergebnisse ein. DaBgerade sie der AniaB fiir Sommerfeld waren, die neue Arbeitsrichtung aufzugreifen,laBt sich aber nur aus Briefen entnehmen, wie diesem von Pauli: "Sommerfeldpassed Hamburg in the spring of 1927, where I gave him proofs of my paper. Thenext day he said to me, that he was very much impressed by it and that one shouldmake further applications to other parts of metal-theory like Wiedemann-Franzlaw, thermoelektric effects etc. As I was not eager to do that, he made then thesefurther applications himself." 12

Paulis Abhandlung iiber Gasentartung und Paramagnetismus wiirde hinreichen,seinen Ruf als Physiker zu begriinden. Auf den groBeren Teil seiner Aktivitat imJahre 1926 aber gabe es kaum einen Hinweis, hatten wir nicht die Briefe. So wurdevon ihm der Formalismus zur Quantenmechanik der nicht-periodischen Bewegun­gen entwickelt und in einem Brief [118] an Heisenberg mitgeteilt. ,,1m Marzheft derProceedings of the Royal Society", schrieb er fiinfWochen spater [125], "steht einesehr schone Arbeit von Dirac, die alle Resultate enthalt, die ich mir seitWeihnachten betreffend die Erweiterung des Matrizenkalkiils auf nicht periodischeGroBen iiberlegt habe."1m April, wahrend eines Studienaufenthaltes in Kopenhagen, fand er denAquivalenzbeweis fiir die beiden konkurrierenden neuen Quantentheorien. Auchhier katn es zu keiner Veroffentlichung Paulis, weil Schrodinger schneller publizier­teo Ebenso ging es mit der Berechnung der Linienintensitaten beim Wasserstoff.

* Die in runde Klammern gesetzten Jahreszahlen verweisen auf in diesem Jahr erschienene Publikatio­nen Paulis. Ein Verzeichnis findet man auf S. 542 ff.

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Die Funktion und Bedeutung von Briefen xv

"Ich komme mir doch sehr ordinar vor", heiBt es in einem Briefe Schrodingers[151], "daB ich Dir immer schreiben muB: Was Du mir schreibst, ist bereits in einerAnnalennote im Druck."Die vielleicht wichtigste Leistung Paulis im Jahre 1926 war sein Beitrag zurphysikalisch-erkenntnistheoretischen Analyse der Quantentheorie. Der im Manu­skript zwolf Seiten lange Brief an Heisenberg yom 19. Oktober 1926 hat diesem dieRichtung zur spateren Unscharferelation gewiesen; schon bei Pauli aber finden sichcharakteristische Formulierungen wie diese: "Die erste Frage ist, warum denn nurdie p's, und jedenfalls nicht sowohl die p's als auch die q's, beide mit beliebigerGenauigkeit vorgeschrieben werden durfen" [143].Aus diesem Brief hat wahrscheinlich auch Dirac, der sich damals am BohrschenInstitut aufbielt, wesentliche Anregungen entnommen, und zwar fur seine Trans­formationstheorie.Wie von Kollegen und Schulern mehrfach festgestellt: Die VeroffentlichungenPaulis enthalten ("wie dies bei der ungewohnlich kritischen Einstellung Paulisbegreiflich ist") nur einen sehr kleinen Teil der von ihm geleisteten Arbeit. Wollteman Pauli allein auf der Grundlage der Publikationen beurteilen, gabe das ein volligfalsches Bild. Naturlich konnen auch die Briefe seine Bedeutung nicht vollstandigzeigen, denn seine Gesprache und seine personliche Oberzeugungskraft sind nichtmehr faBbar. Aber die Briefe lassen seine Wirkung doch wenigstens in den Umrissenerkennen.Die positiven Beitrage Paulis sind, soweit sie unpubliziert blieben, heute vielfachvergessen. In Erinnerung behalten haben die Physiker aber Paulis Widerstand - imgleichen Jahr 1926 - gegen die Interpretation des vierten Freiheitsgrades desElektrons als Eigenrotation: "Looking back", schreibt John C. Slater, "we canhardly regard Pauli's refusal at first to accept the spinning electron in any morecharitable way than as pure stubborness." 13 Paulis Haltung aber war nichts wenigerals das. Sie war konsequent vom Standpunkt der neuen Quantentheorie. Die ausder Anschauung entlehnte "Eigenrotation" des Elektrons muBte Pauli als Ruckfallin die alten "Modellvorstellungen" erscheinen, die doch jetzt so glucklichuberwunden waren. Die weitere Entwicklung des Spinkonzeptes erwies dieBerechtigung seiner Argumente. 14

Die Diskrepanz zwischen der tatsachlichen und der in den Publikationen faBbarenLeistung tritt bei Wolfgang Pauli besonders kraB hervor. Sie ist aber auch - imPrinzip - bei jedem anderen Gelehrten vorhanden.Auch bei Themen, uber die Publikationen vorliegen, sind die Kenntnisse betracht­lich, die der Historiker aus den Briefen zusatzlich gewinnen kann. Vor allem erhaltman Auskunfte uber die Zwischenstationen auf dem oft verschlungenen Weg zurErkenntnis und die vielfaltigen Anregungen durch den Dialog mit den Kollegen.Der tiefere Grund fur die (relative) Durftigkeit der in den gedruckten Abhandlun­gen gegebenen Informationen liegt darin, daB es sich bei dem Zeitschriftenwesen urnein hochgradig formalisiertes Informationssystem handelt. Wie etwa die Tischsit­ten eine lange Tradition besitzen und dem jungen Menschen erst muhsam

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XVI Die Funktion und Bedeutung von Briefen

beigebracht werden mussen, so gehort zur "Erziehung" des jungen Forschers dasWissen, was sich ziemt beim Publizieren.Seine Erziehungsaufgabe hat der Dokt~rvaterPaulis, Arnold Sommerfeld, in jederHinsicht sehr ernst genommen. 1m Marz 1921 intervenierte Sommerfeld, urn AlfredLande von einer Veroffentlichung abzuhalten. "Es schickt sich nicht' ,, erlauterte ersein Vorgehen, "dem Experimentator die SchluBfolgerung aus seinen Versuchenvorweg zu publizieren".15 Er machte kein Hehl aus seiner Verstimmung: "Ich binernstlich bose auf Lande."Der Wissenschaftler, der seine Gedanken offiziell einbringen wollte, muBte sich denNormen der "scientific community" unterwerfen. Die Einhaltung wurde durch diemeist sehr scharfe Reaktion der Kollegen erzwungen. Sommerfeld hatte selbsteinmal eine von Pauli brieflich mitgeteilte Information sogleich veroffentlicht,worauf er sich von seinem Schiiler sagen lassen muBte: "Sollte ich einmal zu faulsein, eine Sache selbst zu publizieren, so werde ich sie Ihnen brieflich mitteilen. Siewerden sie dann bestimmt in irgend einer Form friiher oder spater publizieren ...Es ist dies iiberhaupt eine sehr angenehme Methode der Veroffentlichung, die mirschon einmal Herr Lande so gut besorgt hat" [70].Auch fiir den Zeitschriftenredakteur galten Normen, bei deren Verletzung einescharfe Reaktion eintrat. "Sie sind nicht ermachtigt", heiBt es in einem Brief Paulisan Kramers, "irgendwelche Anderungen an meiner Arbeit vorzunehmen, ohnemich vorher zu fragen, ob ich auch einverstanden bin. Wenn Ihnen solcheAnderungen wiinschenswert erscheinen, dann miissen Sie sich schon die Miihemachen, mir zu schreiben" [97].Die im Zeitschriftenwesen geltenden Regeln haben sich durch eine lange historischeEntwicklung herausgebildet. In der Generation von Galilei und Kepler gab es nochkeine wissenschaftlichen Journale. Wohl aber gab es einen gut funktionierendenNachrichtenaustausch durch Briefe und Flugschriften. Ohne einen solchen literari­schen Betrieb hatte die "Nuova Scienza", die neuzeitliche Physik, gar nichtentstehen konnen. In der wissenschaftlichen Korrespondenz des 17. JahrhundertsstoBt man auf Gelehrte, die mehr als andere Briefe empfingen und hinausschickten.Sogenannte Polyhistoren waren es, die mit lebhaftem Interesse alles Neueaufnahmen und in groBen Kompendien zusammentrugen. So hat man MarinMersenne den "Generalsekretar des gelehrten Europa" genannt. Wollte man eineMitteilung zur Kenntnis der wissenschaftlichen Welt gelangen lassen, schrieb maneinen Brief an den Paulanerpater. Mersenne sorgte zuverHissig fUr die Weiter­gabe.Mit der Griindung der wissenschaftlichen Gesellschaften und der Zeitschriftenwurde das bestehende Kommunikationssystem institutionalisiert. Gegeniiber dembisherigen Gelehrtenbriefwechsel hatten die Zeitschriften entscheidende Vorteile:Es machte keine Schwierigkeiten, die laufend sich vergroBernde Zahl von Gelehrtenan das Informationsnetz anzuschlieBen. Die Wissenschaft, ehedem ein kultivierterZeitvertreib fur Individualisten, wurde zur Beschaftigung und schlieBlich zumBeruf fiir einen groBer werdenden Kreis. Es entstand die "scientific community".

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Die Funktion und Bedeutung von Briefen XVII

Mit der Beteiligung von immer mehr Menschen aus immer mehr Landernetablierten sich Spielregeln. Mit einem Zeitschriftenaufsatz sicherte man sich die

Prioritat einer Entdeckung. Nur der konnte Mitglied werden in der "GesellschaftDeutscher Naturforscher und Arzte", der neben seiner Dissertation wenigstens eine

wissenschaftliche Veroffentlichung vorwies.

In seiner Geschichte des Zeitschriftenwesens hat Joachim Kirchner konstatiert, daB

nach Grundung der gelehrten Journale in der zweiten Halfte des 17. Jahrhunderts

"die Zeitschriften die wissenschaftliche Korrespondenz abzulosen begannen" .16

Das ist ein Irrtum. Der Zeitschriftenaufsatz ist aus dem Brief entstanden; er hat

aber den Brief nicht verdrangt.

Der Grund dafur ist in den Konventionen zu suchen, die sich seit dem 17.Jahrhundert in der scientific community entwickelten. Man durfe einer Entdek­

kung, wenn man sie bekanntmache, pflegte Carl Friedrich GauB zu sagen, wie

einem vollendeten Bauwerk das Gerust nicht mehr ansehen. Dieser Grundsatz

spricht sich auch in dem Siegel aus, das GauB benutzte: Es zeigt einen Baum mit

wenigen Fruchten und der Umschrift: Pauca sed matura.

GauB war fur die folgenden Generationen von Mathematikern und Physikern dasVorbild, auch was den knappen Stil seiner Veroffentlichungen betrifft. Ais Alfred

Lande die Veroffentlichung von "Halbfertigfabrikaten" vorbereitete, die, wie

Sommerfeld meinte, "in der nachsten Publikation abgeandert werden", mahnte der

Geheimrat: "Pauca sed matura. Mit den Prioritaten ist's nicht so geHihrlich."17

1m Laufe des 20. Jahrhunderts wurde der Stil der wissenschaftlichen Abhandlung

womoglich noch unpersonlicher und knapper. Fast schon war der Gebrauch des

Wortes "ich" verpont, und es muBte in der 3. Person und abgekurzt "Verf." heiBen.Pauli hatte in einem Zeitschriftenaufsatz nicht mehr schreiben durfen (aber im Brief

konnte er es): "Jetzt halte ich schon auf Seite 12, und 2 Uhr 40 Nacht ist auch, ein

Zeitpunkt, wo ich in Ehren und mit gutem Gewissen schlafen gehen kann ... Ichfreue mich schon sehr auf Ihre Antwort. Jetzt konnen Sie einmal kritisieren undpobeln!" [143]

Der Zeitschriftenherausgeber verlangte Kiirze. "Der Materialandrang ist so stark",schrieb Ende 1909 der Redakteur der Physikalischen Zeitschrift, "daB ich ihn nurmit Miihe unterbringen kann auch bei starker Durchsiebung. So bin ich gezwungen,in bezug aufKnappheit und Kiirze der Darstellung die auBersten Anforderungen zustellen." 18

Die zum auBersten getriebene Kurze galt aber nicht etwa als ein durch die rasch

steigende Zahl der Physiker, die aIle in den wenigen Zeitschriften gedruckt seinwollten, bedingter Notstand, dem man sich fugen muBte, so gut es eben ging. Die

Knappheit war vielmehr das methodische Ideal, wie es, fast schon zum ExzeBgetrieben, Gustav Kirchhoff in seinen Lehrbuchern demonstriert hatte. Von

Kirchhoff schreibt sich wesentlich der Stil her: als vornehmstes Gesetz das

Vermeiden voreiliger Hypothesen anzusehen und jede personliche Anteilnahme,

Entdeckerfreude oder staunende Bewunderung vor der unerschopflich geheimnis­vollen Welt der Erscheinungen zu unterdrticken. 19

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XVIII Die Funktion und Bedeutung von Briefen

Dreihundert Jahre nach Kepler hatte eine Veraffentlichung seiner Art alsZumutung gegolten. Keine Spur mehr von der einstigen behaglichen Breite; keinpersonliches Wort, das den Leser ermunterte, kein Exkurs, der nicht direkt mit derSache zu tun hatte.

In den exakten Naturwissenschaften "schwebt als Ideal vor", so hat sich ErwinSchr6dinger einmal geauBert, "alles Personliche, Subjektive muB ausgeschaltetwerden, das Ziel ist ausschlieBlich die Auffindung reiner, objektiver Wahrheit, diejeder nachprufen kann mit demselben Ergebnis, unabhangig von seinem Tempera­ment. Oft hart man sogar: nicht nur der einzelne Mensch solIe als Subjektausgeschaltet werden, auch die Gattung Mensch als Subjekt des Forschens. Esmusse mit jeder Art von "Anthropomorphismen" aufgeraumt werden, so daBwenigstens hier [in den exakten Naturwissenschaften] nicht mehr, wie die Sophistenwollten, der Mensch das MaB aller Dinge sei."20

Galilei und Kepler hatten uber das geschrieben, was ihnen am Herzen lag. Seitherhat die 6f~entliche wissenschaftliche Mitteilung ihre Form vallig gewandelt. "Manlegte sich einen StH zu", konstatierte H. A. Kramers, "in dem aBe menschlichenRegungen von nicht rein verstandesmaBiger Art verboten waren."21 Mit derZusammendrangung der Ergebnisse auf engsten Raum fielen gerade die fur denLeser interessanten Angaben fort. Wer nach der Lekture selbst weiterarbeitenwollte, war fast immer auf zusatzliche Informationen angewiesen.

Eine groBe Ausnahme stellte eine Publikation Paul Ehrenfests dar, als er in denSpalten der Zeitschrift fur Physik "einige die Quantentheorie betreffende Erkundi­gungsfragen" publizierte. Er schrieb: "Wohl konnen diese Fragen als >sinnlos<beiseite geschoben werden, wenn man es sich bequem machen will. Der gute Tonverlangt das sogar." Dnd er setzte hinzu: "Ja selbst W. Pauli scheint es vermeiden zuwollen, schlafende Hunde wach zu machen."

Ehrenfest nahm "das Odium auf sich" und trug die unklar gebliebenen Punktevor.22 "Die erorterten Fragen", so schrieb ihm Pauli sogleich, "gehoren eben zudenjenigen, auf die ich selbst gestoBen bin, als ich meinen neuen Handbuchartikeluber die Prinzipien der Wellenmechanik zusammenschrieb und die fur mich einbrennendes Interesse haben." Einige Monate spater nahm Pauli auch affentlichStellung. Ein solches Verfahren war aber ganz unublich. Die Diskussionen uberGrund- und Grenzfragen der Wissenschaft, uber die wirklich wichtigen Probleme,"bei denen das Herz zittert", spielten sich nicht in den Spalten der Fachzeitschriftenabo

Wissenschaftstheoretiker unterscheiden zwischen dem "context of discovery" unddem "context of justification". In den Zeitschriftenaufsatzen erschienen dieErgebnisse nur im Rahmen des "Begriindungszusammenhanges". Sorgfaltig getilgtwaren die anthropomorphen Vorstellungen, die Analogien, die· Elemente derAnschauung, die zur Entdeckung gefuhrt hatten.

Wolfgang Pauli, der immer uber die engen Fachgrenzen hinausblickte, hat sichauch, angeregt durch Carl Gustav Jung, mit dem Geheimnis der geistigen

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Die Funktion und Bedeutung von Briefen XIX

Schopfung befaBt und dazu, wie wir heute sagen wurden, eine "Fallstudie" uberJohannes Kepler angefertigt. Entscheidend sind, wie Pauli konstatiert, die in derSeele praexististenten Urbilder oder Archetypen. Diese Urbilder durfen nicht in dasBewuBtsein verlegt oder auf bestimmte rational formulierbare Ideen bezogenwerden. Vielmehr handelt es sich urn Formen des unbewuBten Bereichs dermenschlichen Seele, Bilder von stark emotionalem Gehalt, "die nicht gedacht,sondern gleichsam malend geschaut werden."23Geistige Schopfung ist etwas dem Menschen Eigentumliches und folglich unabhan­gig von d~r Zeit. Sie Hiuft bei Kepler prinzipiell nach den gleichen Mustern ab wie beiPauli. Uber Emotionen und Affekte, die eine so groBe Rolle spielen, durfte aber ­das verlangten die Konventionen - in den Zeitschriften nicht die Rede seineErwin Schrodinger hat gesagt, daB in einem Aufsatz die eigentlichen Beweggriindedes Autors, die AniaB fur die Untersuchung waren, meist im Dunkel bleiben. Erstim personlichen Gesprach, "wenn wir dann uns bemuhen, die Zusammenhangeaufzudecken, unser Interesse zu verteidigen: dann zeigt sich deutlich an derplotzlich verstarkten Beteiligung des Gemuts, daB wir erst jetzt auf das zu sprechenkommen, was uns eigentlich am Herzen liegt."24Vieles Wesentliche war nur im Gesprach und im Brief - der Fortsetzung desGespraches mit anderen Mitteln - zu erfahren. Nur der Physiker konnte damitrechnen, die aktuellen Probleme zu verstehen und zu ihrer Losung beizutragen, deran den Diskussionen teilnahm und selbst Briefe schrieb und erhielt."Uber die neuesten Entwicklungen erfuhren wir", so erzahlte Heisenberg yomMunchener Institut fur theoretische Physik, "entweder durch die neuen Zeitschrif­ten, oder durch die Briefe, die Sommerfeld erhalten hatte. Wenn er einen Brief vonEinstein oder Bohr oder von anderen aus der Kopenhagener Gruppe erhalten hatte,dann gab er fur gewohnlich diesen Brief an Pauli und sagte: >Pauli, hier sehen Sie,Einstein schreibt das - - - was denken Sie daruber?<"Das galt fur die Jahre bis 1921. Spater waren es dann vor aHem Briefe Paulis (ausGottingen, Hamburg und Kopenhagen), die fur die Munchener wegen ihres hohenInformationsgehaltes Bedeutung hatten. So berichtete Pauli im Juni 1923 anSommerfeld, als dieser nach sechsmonatigem Aufenthalt in den USA wieder nachMunchen zUrUckgekehrt w'}r, uber die inzwischen in Kopenhagen erreichtenFortschritte [37].Auch in Kopenhagen spielten Pauli-Briefe eine entscheidende Rolle: "Vielen Dankfur Ihren langen Brief', schrieb Heisenberg am 28. Oktober 1926: "DaB ich so spatantworte, kommt daher, daB Ihr Brief dauernd hier die Runde macht und Bohr,Dirac und Hund uns darum raufen."1924 hatte Bohr zusammen mit Kramers und Slater auf sehr unkonventionelleWeise versucht, den Durchbruch zu erzielen: Die Erhaltung der Energie sollte furatomare Einzelprozesse nur im statistischen Mittel gultig bleiben. Born, Schrodin­ger und andere Kollegen stimmten lebhaft zu. Pauli aber hielt das fur einengefahrlichen Irrweg. In einem langen Brief [66] ubermittelte er seine und EinsteinsGegenargumente.

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xx Die Funktion und Bedeutung von Briefen

"A letter of·Pauli was quite an event", erzahlte Leon Rosenfeld: "Bohr would takeit with him when going about his business, and lose no occasion of looking it upagain or showing it to those who would be interested in the problem at issue. On thepretext of drafting a reply, he would for days on end pursue with the absent friendan imaginary dialogue almost as vivid as if he had been sitting there, listening withhis sardonic smile."25

Seinen Beweis fur die Aquivalenz der Gottinger Quantentheorie und der Schrodin­gerschen Wellenmechanik legte Pauli (damals Kopenhagen) in einem mit Schreib­maschine geschriebenen Brief [131] an Jordan in Gottingen dar. Dieser Brief warebenso fur Born bestimmt. Ein Durchschlag ging an Gregor Wentzel. Wie inMunchen Briefe aus Kopenhagen behandelt wurden, wuBte Pauli aus eigenerErfahrung."In den zwanziger Jahren", erinnerte sich Goudsmit, "war ein mit der Maschinegeschriebener Brief fur ein groBeres Publikum gedacht und deshalb besonderssorgfaltig uberlegt." Ais Vervielfaltigungsapparate zur selbstverstandlichen Ausru­stung von Forschungsinstituten gehorten, entwickelte sich aus dem Schreibmaschi­nenbrief der "Preprint".Fassen wir zusammen: Das Kommunikationssystem in der "scientific community"des 20. Jahrhunderts grundete sich auf Zeitschriften und Briefe. Das Zeitschriften­wesen war streng reglementiert. Deshalb ist der zusatzliche Informationswert derBriefe erheblich. "Informationswert" bedeutet zunachst Informationswert fur denEmpfanger des Briefes, also fur den zeitgenossischen Physiker, bedeutet aber auchInformationswert fur den heutigen Wissenschaftshistoriker. Eine Geschichtsschrei­bung, die lediglich die zeitgenossischen Publikationen benutzt, kann nur als ersterAnfang betrachtet werden. Die Briefeditionen ermoglichen die wissenschaftshi­storische Arbeit auf einem hoheren Informationsniveau.

II.

"Geschichte solI zeigen", sagte Hans Schimank, "wie Zeitprobleme sich in denEinzelpersonlichkeiten individualisierten und wie der Einzelne das beste Teil seinerKraft hergab, urn aus dem Chaos des UngewuBten und Unerkannten ein StuckchenKosmos zu schaffen."26 Wir wollen hinter dem Werk den MeRschen sehen, denganzen Menschen. Das ist legitim vom Standpunkt des Wissenschaftshistorikers:Spielen doch psychologische Faktoren bei der geistigen Produktion eine eminenteRolle. Auch Pauli war davon uberzeugt, am eigenen Beispiel und durch seineumfangreichen und immer wieder aufgenommenen psychologisch-philosophischenStudien.27

"Wer mit empfanglichem Sinn die Briefe liest und auf sich wirken laBt, wirdergriffen ... von der GroBe der Probleme, urn deren Losung unablassig sich zumuhen er wie eine auferlegte Pflicht empfunden hat; der Leser wird immer neugebannt von Leben und Werk des uberzeugungstreuen, gottesfurchtigen Man-

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Die Funktion und Bedeutung von Briefen XXI

nes. "28 So hatten Max Caspar und Walther von Dyck uber die Briefe Keplersgeschrieben, mit dem Pauli eine Wahlverwandtschaft verband, und so ist es auchmit den Briefen Paulis.

In der Tat wird man immer neu gebannt von Leben und Leistung: von der erstenBewunderung fur den 19jahrigen Studenten in Munchen, die ein so zuriickhalten­der und reifer Forscher wie Hermann Weyl ausspricht [1], uber die Stationen derakademischen Laufbahn, wie die Habilitation, urn die sich gleichsam Illcht Paulibewirbt, sondern in Konkurrenz gegeneinander die Fakultaten in Hamburg undMunchen [37].

Diese Ruckblicke in den Briefen Paulis gewahren uns auch Aufschlusse uber dieJugendjahre, und das von Pauli Mitgeteilte wird erganzt durch Briefe von fruherenKlassenkameraden. 29

Dabei sind es keineswegs nur die auBeren Lebensereignisse, die in der Korrespon­denz ihren Niederschlag finden: "Am Beginn dieses Semesters (Herbst 192_8) warmir die Physik ziemlich ferne", schrieb er an Oskar Klein, "zu meinem eigenenAmiisement machte ich damals einen kurzen Entwurfzu einem utopischen Roman,der den Titel >Gullivers Reise nach Uranien< haben sollte ... In solchen Traumenbefangen, kam mir im Januar plotzlich eine Nachricht von Heisenberg zu ... Sowurde ich plotzlich aus einer Periode traumerischer Faulheit in eine solcheintensiver Arbeit gesturzt; der utopische Entwurfwurde (sicher zu meinem Gluck)tief in meinem Schreibtisch vergraben" [216].

Ais die jungen Physiker die Quantentheorie zu einer allgemeinen Theorie der Felderausgestalten wollten, gab es neue, ganz unerwartete Schwierigkeiten, die nurgelegentlich trickreich umgangen, aber nicht wirklich gelost werden konnten. Mitdieser Grundlagenkrise der Physik fiel bei Pauli eine personliche Krise zusammen:

"Ich hatte groBe Angst vor allem GefiihlsmaBigen und habe daher dieses verdrangt.Dies bewirkte schlieBlich eine Anhaufung aller gefiihlsmaBigen Anspriiche imUnbewuBten und eine Revolte des letzteren gegen eine zu einseitig gewordeneEinstellung des BewuBtseins, was sich in Verstimmung, Werteverlust und sonstigenneurotischen Erscheinungen geauBert hat. Nachdem ich so etwa im Winter 1931/32zu einem ziemlichen Tiefpunkt gekommen war, ging es dann langsam wiederaufwarts. Dabei machte ich auch Bekanntschaft mit psychischen Dingen, die ichfruher nicht kannte und die ich unter dem Namen Eigentatigkeit der Seelezusammenfassen will. DaB es hier Dinge gibt, die spontane Wachstumsproduktesind und als Symbole bezeichnet werden konnen, ein Objektiv-Psychisches, dasnicht aus materiellen Ursachen erklart werden kann und solI, steht fur mich auBerZweifel."30

Wie der Briefzeigt, hatte sich Pauli damals (1934) bereits ausfiihrlich mit der Lehrevon Carl Gustav Jung beschaftigt. Bei Jung spielt der Begriff des "Symbols" einegroBe Rolle. Das "Symbol" in seinem Sinne driickt einen "geahnten, aber nochunbekannten Sachverhalt" aus, wie Pauli in einem spateren Brief - unter Hinweisauf das Werk von C. G. lung "Psychologische Typen" - selbst erlauterte. 31

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XXII Die' Funktion und Bedeutung von Briefen

In Zurich war es zu zahlreichen Begegnungen zwischen dem Physiker und demPsychologen gekommen. Pauli begann, sich mit dem Zusammenhang von Erkennt­nis und Psyche zu beschaftigen. Hieruber wird spater insbesondere der Briefwechselmit Markus Fierz Auskunft geben.Die Krise iiberwand Pauli, als er nach einer gescheiterten ersten Ehe mit FrancaBertram zusammentrafund am 4. April 1934 im wahrsten Sinne den "Bund fur dasLeben" schloB. "Pauli ist der anerkannt kritische Meister der modernen Theorien,jetzt in bester Verfassung an der Seite einer klugen und gewandten Frau"32,berichtete Sommerfeld an Fajans. "Mit meiner Frau habe ich doch ebenso Gluckgehabt im Leben wie mit meinem Berufund da muB man das iibrige als >20th centurynoise< betrachten (diesen Ausdruck habe ich erfunden)"33, auBerte er sich selbstgegeniiber Carl Alfred Meier.Nach dem Einbruch des Natiortalsozialismus war Pauli, auch das geht aus denBriefen hervor, urn das Schicksal der aus ihren Stellungen entlassenen Kollegenbesorgt. Insbesondere als durch den "AnschluB" Osterreichs nahestehende Freun­de und Verwandte von dem sogenannten "Gesetz zur Wiederherstellung desBerufsbeamtentums" und anderen "Gesetzen" betroffen wurden, fiihlte er sich zurHilfe aufgerufen.Am 1. September 1938 war Erwin Schrodinger, der die Lehrkanzel fur theoretischePhysik an der Universitat Graz innehatte, fristlos entla,ssen worden34, woriiberGeruchte bis nach Zurich drangen. "WeiBt Du, ob der Wellenmechaniker, den Dubei der Planck-Feier in Berlin getroffen hast, noch im Amte ist?"3

5, erkundigte ersich vorsichtig bei Heisenberg in Leipzig.Bei Einstein bemuhte er sich urn Hilfe fur Friedrich Kottler, der einstens, 1920, wieer einen Aufsatz uber die Relativitatstheorie fur die Mathematische Enzyklopadiegeschrieben hatte und mit dem er deshalb in Briefverbindung getreten war. 36 Jetzthatte Kottler "als Jude ... gleich nach dem Marzumsturz in Wien seine Stelleverloren",37 und sich an Pauli gewandt, da er dringend eine Stelle im Auslandsuchte."Sie konnen sich denken", antwortete Einstein, und auch dieser Brief ist einDokument, "daB bei der beispiellosen Harte des gegenwartigen judischen Schick­sals meine Bereitwilligkeit zu helfen, eine unbedingte ist"38. Aber auch Einsteinkonnte vorerst nichts erreichen: "Es ist zum Verzweifeln".Briefe Paulis an Dirac Ende 1938 behandeln die Quantisierung der Wellengleichun­gen von Teilchen mit beliebigem Spin, mit der sich insbesondere Markus Fierzbeschaftigte, und Bitten, einemjungenjudischen Verwandten, Felix Pauli, zu helfen(was Dirac bereitwillig tat).Mitte Juli 1938 erfuhr Pauli von Heisenberg, daB die Annalen der Physik einFestheft zum 70. Geburtstag von Sommerfeld vorbereiteten. Der Kreis der zurBeteiligung Eingeladenen war jedoch, wie Heisenberg formulierte, "durch politi­sche Nebenbedingungen eingeschrankt": "Der Verlag lehnt die Beteiligung >nichta­rischer< Forscher ab; ich brauche Dir hierzu wohl keinen Kommentar zuschreiben."39 Pauli antwortete: "Was die von Verlegern aufgestellten nicht-

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Die Funktion und Bedeutung von Briefen XXIII

wissenschaftlichen Nebenbedingungen fiir Autoren betrifft, so hoffe ich, daB dieZeitschriften solcher Verleger von einer zunehmenden Anzahl von Autoren nichtmehr zu Publikationen beniitzt werden mogen, gleichgultig ob die Autoren zurweiBen oder zur schwarzen Klasse von Theoretikern gezahlt werden. 1m vorliegen­den Fall von Sommerfelds 70. Geburtstag ist diese Konsequenz (ganz ohne meinZutun) schon eingetreten, und es werden ... verschiedene Schuler Sommerfelds... im Physical Review vom 1. Dezember Arbeiten publizieren."40

Sein tatiges Interesse fur die Opfer des Nazismus hat ihn aber nicht abgehalten, dasIdeal der reinen Wissenschaft weiter zu pflegen und hochzuhalten. "I think it is myjob to take care for the continuation of the spiritual life in a time like the presentone". schrieb er nach Ausbruch des Krieges. Noch wichtiger als friiher war es jetzt,Briefe zu schreiben: "I had some correspondence with Schrodinger, who is safe andhappy in Dublin, and with Belinfante (Leiden) Geheniau wrote me a letter ...Proca wrote me once from the French army On the other hand our famouscollegue H[eisenberg] in Germany, with whom I had a regular exchange of lettersabout physics until to the end of August, wrote a letter to Wentzel, that seemed toindicate that he doesn't venture more to write me, though he would like to do sovery much himself." Da blieb nichts als der Trost in der Physik: "Well, let's talkabout physics."41

Ais Inhaber eines osterreichischen Passes bekam Pauli nun auch selbst Probleme mitden "politischen Nebenbedingungen". Schwierigkeiten hatten sich schon vor demKrieg zuerst bei Reisen ergeben (woriiber er den Kollegen berichtete) und jetzt auchin der Schweiz selbst (woruber er nicht berichtete).1m Sommer 1940 entschloB er.sich, am Institute for Advanced Study in Princetoneine Gastprofessur anzunehmen. Der Aufsatz in der "Physical Review" uber denZusammenhang von Spin und Statistik war der Auftakt des USA-Aufenthaltes.42

Pauli hatte das Thema fur den Solvay-KongreB ausgearbeitet, der Ende Oktober1939 in Briissel stattfinden saUte. 1m Briefwechsel mit Heisenberg wird eingehenduber die Konzeption verhandelt.Die Briefe aus den Kriegsjahren sind meist in Englisch geschrieben. In dieserdunklen Zeit bemiihte er sich, so gut es ging, die Verbindungen zu halten. "FromBhabha I got a very peaceful letter from Bombay, which was written in January andreached me over Africa, South-America in about two months. "43 Immer schlimmerwurden die Nachrichten aus Deutschland, die Pauli an die Kollegen weitergab:"From Switzerland I heard just now that the collaborator of Heisenberg, Dr. Euler,was killed in action on the Russian front. "44

"I am very well here and belong to the very few people in the world, which arecontinuing their pure scientific work during the war. Of course, I am a bitlonesome", heiBt es am 3. November 1943 in einem Brief an Bohr. Die jungenAtomphysiker arbeiteten nun nicht mehr miteinander, urn die Ratsel des Mikro­kosmos zu lasen, sie arbeiteten gegeneinander: die einen am "Manhattan Dis­trict", dem amerikanischen Atomenergieprojekt, und die anderen im deutschenKonkurrenzunternehmen, dem "Uran-Verein."

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XXIV Die Funktion und Bedeutung von Briefen

Pauli war einer der wenigen, die keine Kriegsforschung betrieben. DaB dahinter einebewuBte Entscheidung stand, davon ist jeder uberzeugt, der Pauli kannte oder sichmit ihm historisch beschaftigt.45 "Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges",berichtete spater ein ehemaliger Mitschuler im Dablinger Gymnasium, "erwachtein ihm ein leidenschaftliches Interesse fur Politik, das sicherlich auch von seinersozialistisch orientierten und schriftstellerisch tatigen Mutter genahrt wurde. Jelanger der Krieg dauerte, desto scharfer wurde seine Opposition gegen ihn. ,,46

Pauli war also keineswegs unpolitisch. Er hat sich nur nicht offentlich zu politischenFragen geauBert. Mit Bohr fuhrte er - persanlich und in Briefen - eine heftigepolitische Debatte: SolI ein Wissenschaftler in die Politik eingreifen? BohrsAntwort war ein entschiedenes Ja, Paulis Antwort ein Nein47

: "Wer dem >Willenzur Macht< etwas anderes, Geistiges entgegensetzen will, darf nicht selbst einemMachtwillen so weit erliegen, daB er sich einen graBeren EinfluB auf dieWeltgeschichte zurechnet, als er der Natur der Sache nach haben kann. Einchinesisches Sprichwort sagt: )1st das rechte Mittel in der Hand des verkehrtenMannes, so wird das richtige Mittel verkehrt. Daher lege man kein Mittel in dieHand des verkehrten Mannes.<"481945 erhielt Pauli den Nobelpreis fur sein AusschlieBungsprinzip. In einer Feier imInstitute for Advanced Study sprach Einstein: Nun musse Pauli in der PhysikvOllenden, was ihm (Einstein) nicht mehr gelungen sei. "Nie werde ich die Redevergessen," schrieb Pauli anlaBlich des Todes von Einstein: "Er war wie ein Konig,der abdankt, und mich als eine Art ,Wahlsohn' zum Nachfolger einsetzt. Leiderexistieren keine Aufzeichnungen uber diese Rede Einsteins (sie war improvisiertund ein Manuskript existiert auch nicht)."49 Von den Ohrenzeugen dieser Redeleben heute nur noch wenige unter uns - und in zwanzig Jahren werden vielleichtdiese und ahnliche Stellen in den Briefen Paulis der einzige sichere Beleg sein fur diesymbolische Ubergabe der Konigswiirde in der Physik von Einstein auf Pauli.

Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der Befreiung der Niederlande,so berichtete H. B. G. Casimir, habe er an Pauli geschrieben und mitgeteilt, daB siesich ziemlich isoliert gefiihlt hatten, daB jetzt aber eine groBe Zahl von Zeitschriftenaus den letzten Jahren eintreffe. Kanne nicht Pauli die wichtigsten Entwicklungenbezeichnen, die sich wahrend des Krieges in den Vereinigten Staaten abgespielthatten? Pauli schrieb: "This country is ideal for large projects like radar, or nuclearweapons, but nothing ofany importance has happened here. So prepare yourself fora great disappointment when the journals arrive." Als er aber seine Antwort nocheinmal iiberdachte, anderte Pauli sein Urteil doch etwas und schickte einenSonderdruck von Onsager. "Let us be grateful", so resiimierte Casimir, "that therehave existed, that there still do exist, people who rate the theory of order-disordertransitions higher than nuclear weapons or nuclear power."50Ais die Universitaten wieder an die Zukunft der Wissenschaft denken konnten,gelangten drei Rufe an Pauli. 51 Insbesondere das Angebot der Columbia UniversityNew York hat ihn gereizt. Er kehrte jedoch nach Ziirich an die Eidgenossische

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Die Funktion und Bedeutung von Briefen xxv

Technische Hochschule zuruck. Physiker am notigsten, empfand er, hat jetzt dasmateriell und geistig niedergetrampelte Europa. 52Wie er erfreut bei der Ruckkehr konstatierte, war Zurich "keineswegs einAlpendorf'53 Die beiden Hochschulen gewannen - vor allem durch ihn - wieder diealte Anziehungskraft. "Unter meinen Mitarbeitern sind nicht nur Schweizer,sondern auch Schweden und Belgier."54Noch mehr als fruher wurde Pauli zum groBen Briefschreiber. Ais sich Elsassereinmal bei ihm entschuldigte, daB er das Englische benutze, weil er dann seinerSekretarin diktieren konne, antwortete Pauli: "Bei mir ist es so, daB ich in keinerSprache gern diktiere und in allen gerne mit eigener Hand schreibe."Allein am Schreibtisch, vor sich die Bogen mit dem Kopf "Physikalisches Institutder Eidg. Technischen Hochschule Zurich", konnte Pauli uber alles reflektieren,was ihn bewegte, und seine "Erkundigungsfragen" formulieren. Wenn er nochmehr Konzen~ration notig hatte, schrieb er zu Hause, auf seinem personlichenBriefpapier "Prof. Dr. W. Pauli, Zollikon-Zurich, BergstraBe 35". So setzte er sichauseinander mit den Gedanken der Kollegen, die in Sonderdrucken und Briefen anihn herangetragen wurden, und er erfaBte das Wesentliche. "Inzwischen habe ich zuNacht gegessen, habe langer und langer uber Ihr P. S. nachgedacht und schlieBlichbin ich dagegen", auBerte er sich: "Ich schreibe das Folgende nicht so sehr alsendgultige Meinung, als vielmehr in der Hoffnung, von Ihnen eines Besseren belehrtzu werden."55 So fuhrte Pauli das wissenschaftliche Gesprach, indem er dieAntithese entwickelte, und in diesem Sinne war er ungewohnlich dialogischveranlagt.In Amerika hatte er viele Kollegen kennengelernt und neue Beziehungen ange­knupft, mit dem Schriftsteller Hermann Broch, dem Geschichtsphilosophen Erichvon Kahler und dem Kunsthistoriker Erwin Panofsky. Neben der Physik pflegte ernunmehr auch seine anderen Interessen. "Inzwischen habe ich meinen Ausflug ins17. Jahrhundert weiter fortgesetzt", berichtete er Ende 1947 an Markus Fierz:"DaB Newton Raum und Zeit quasi zur rechten Hand Gottes gesetzt hat und zwarauf den leergewordenen Platz des von ihm von dort vertriebenen Gottessohnes, isteine besondere Pikanterie der Geistesgeschichte ... Bekanntlich hat es dann einerganz auBerordentlichen Anstrengung bedurft, urn Raum und Zeit aus diesemOlymp wieder herunterzuholen. Diese Aufgabe wurde noch kunstlich erschwertdurch Kants philosophischen Versuch, den Zugang zu diesem Olymp fur diemenschliche Vernunft zu sperren. Deshalb ist fur mich die Zeit besondersinteressant, wo Raum und Zeit noch nicht dort oben waren und zwar der Momentgerade vor dieser verhangnisvollen Operation. Daher mein Studium von Kep­ler."56

Besonders faszinierte ihn der unbewuBte Bereich der menschlichen Seele und dieMitwirkung des UnbewuBten beim ProzeB der geistigen Schopfung. Das galt furKepler wie fur seine eigene Person: "Ich habe bemerkt, daB in meinen eigenenTraumen physikalische Begriffe und Vorstellungen (wie Frequenz, Spektrallinienetc.) symbolisch benutzt wurden, urn offenbar noch unverstandene physikalische

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XXVI Die Funktion und Bedeutung von Briefen

Sachverhalte auszudriicken. Diese Art von Traumen kiimmert sich nicht darum,daB ich irgendetwas von Physik verstehe und scheint die physikalischen Begriffegleichsam >nach eigenem Gutdiinken< zu gebrauchen. Ich habe nun weiter bemerkt,daB Leute mit ungeniigender wissenschaftlicher Bildung (besonders solche mit>psychologischem< Einschlag) physikalische Begriffe oft sehr ahnlich anwenden wiedas in gewissen Traumen von mir der Fall ist. - Nun beginne ich mir langsam iiberdiesen Sachverhalt eine eigene Theorie zu bilden. Aber das wird zu lange fiir einenBrief."57

Seine inteIlektueIle Kraft konzentrierte sich, nach wie vor, auf sein eigenes Fach.Allerdings versetzte ihn die theoretische Physik oft "in einen auBerordentlichunbefriedigenden geistigen Zustand": "Ich habe zwar das bestimmte Gefiihl, daBaIle vorliegenden Vorschlage zur Verbesserung der Theorie gerade am Wesentli­chen vorbeigehen, weiB aber seIber keinen Weg, der weiter fiihrt."5~

So heiBt es in einem Brief 1947. Dnd zehn Jahre spater: "Man wird uns zurPhysikergeneration zahlen, der eine Synthese der allgemeinen Relativitatstheorieund der Quantentheorie nicht gelungen ist und die so wesentliche Probleme wieAtomistik der Elektrizitat (Feinstrukturkonstante), Selbstenergie des Elektrons(und der iibrigen sogenannten "Elementar"-teilchen) ungel6st zuriicklieB .Allmahlich gew6hne ich mich an den Gedanken, einen wirklichen Fortschritt .nicht mehr zu erleben. Meine wenn auch unbefriedigte Neugier ist allerdingsunverandert geblieben, und es erscheint mir als die Wurzel der Schwierigkeit, daBwir aIle, Alte und Junge, noch viel zu sehr in alten, iiberlieferten Denkgewohnheitenstecken".59

Aber es gab doch immer wieder Fortschritte. Am 15. Juni 1956 erhielt Pauli einTelegramm von Fred Reines und Clyde Cowan aus Los Alamos: "We are happy toinform you that we have definitely detected neutrinos from fission fragments byobserving inverse beta decay of protons. Observed cross-section agrees well withexpected 6 . 10- 44 .cm2 ."60

Damit war endlich das zur Erklarung des kontinuierlichen Energiespektrums derElektronen beim p-Zerfall von Pauli 1930 hypothetisch angenommene Elementar­teilchen experimentell nachgewiesen. Auf dem "CERN Symposium on high energyaccelerators and pion physics" im Juni 1956 gab Pauli diese Entdeckung offentlichbekannt: "I make this announcement because otherwise everybody would ask meseperately."Pauli nahm Anteil und Pauli hatte Anteil an allem Neuen. 1956 wurden Chen-NingYang und Tsung-Dao Lee darauf aufmerksam, daB das immer als richtigangesehene Gesetz der Erhaltung der Paritat, der Rechts-Links-Symmetrie, imFaIle der schwachen Wechselwirkungen noch niemals empirisch gepriift wordenwar. Pauli erwartete keine Sensation: "I believe in reflection invariance in contrastto Yang and Lee." Allerdings hatte Pauli hinzugefiigt: "Between believing andknowing is a difference and in the last end such questions must be decidedexperimentally."61

"Ich glaube nicht", bekraftigte er am 17. Januar gegeniiber Weisskopf, "daB der

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Die Funktion und Bedeutung von Briefen XXVII

Herrgott ein schwacher Linkshander ist und ware bereit, hoch zu wetten, daB dasExperiment symmetrische Winkelverteilung der Elektronen (Spiegelinvarianz)ergeben wird. Denn ich sehe keine logische Verbindung von Starke einer Wechsel­wirkung und ihrer Spiegelinvarianz."62Zwei Tage spater aber erhielt er einen Brief von John M. Blatt: Die Experimentevon Frau Wu zeigten eine asymmetrische Winkelverteilung der Elektronen, also

Verletzung der Paritat. "Sehr aufregend" war das: "Der Herrgott hat in der linkenHand (e_, v), in der rechten (e+, V)."63"Nun ist der erste Schock voriiber und ich beginne, mich wieder >zusammenzu­klauben< (wie die Leute in Miinchen sagten)", berichtete er am 27. Januar 1957:"Gut, daB ich keine Wette gemacht habe, das hatte schwer ins Geld gehen k6nnen(was ich mir nicht leisten kann), so habe ich mich nur blamiert (was ich mir, glaubeich, leisten kann) - iibrigens nur in Briefen und miindlich, nicht in etwasGedrucktem. Aber die Lacher sind mit Recht auf Seiten der anderen."64Eindeutig ergaben die Versuche von Lee und Yang, von Frau Wu und anderen, daBbei den schwachen Wechselwirkungen die Symmetrien C (Vertauschung vonTeilchen und Antiteilchen) und P (Raumspiegelung) nicht einzeln erfiillt sind. Urnganz zu verstehen, was diese Entdeckung fiir Pauli bedeutet hat, muB man sich seinwissenschaftliches Weltbild vor Augen fiihren (am besten, indem ma~ seine Briefeliest): "Noch wichtiger als die Erhaltungssatze von Energie und Impuls sind mir dieErhaltungssatze aller diskret quantisierten Gr6Ben",65 hatte er schon 1933 an

Heisenberg geschrieben.Deutlicher auch und umfangreicher als in den Publikationen ist in den Briefen dererkenntnistheoretische Standpunkt dargelegt und begriindet: "Urn zwingendeAussagen damber machen zu k6nnen, was - nicht nur technisch, sondern imPrinzip - >beobachtbar< ist, muB man bereits eine Theorie haben. Diese Aussagen

sind daher immer relativ zur akzeptierten Theorie. Bei der Beurteilung einerphysikalischen Theorie ist ihre logische und mathematische Struktur (mindestens)ebenso wichtig wie ihre Beziehung zur Empirie (fiir mich pers6nlich ist erstere nochwichtiger). Wenn ich dariiber nachdenke, wo eine Theorie verbesserungsbediirftigist, gehe ich nie von Betrachtungen iiber MeBbarkeit aus, sondern von solchenFolgerungen aus der Theorie, wo die Mathematik nicht stimmt (wie Unendlichkei­ten oder Divergenzen)".66

An geistiger Dramatik kaum mehr zu iiberbieten ist sein Ringen gemeinsam mitHeisenberg und gegen Heisenberg urn die "Einheitliche Theorie der Elementarteil­chen". Vielleicht wird dieser Briefwechsel spater einmal mit demjenigen zwischen

Leibniz und Newton verglichen werden.67

In seinen Lebenserinnerungen "Der Teil und das Ganze" hat Heisenberg Zitate ausseiner Korrespondenz mit Pauli angefiihrt. Liest man die Briefe im Zusammen­hang, tritt auch der sozusagen komplementare Gesichtspunkt hervor: Pauli wargewiB begeistert von einigen Ergebnissen, aber an vielen wichtigen Stellen schienihm eine weitere Klarung unabdingbar. "Wait with manuscript until matterclarified", ist eine typische Stellungnahme.

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XXVIII Die Funktion und Bedeutung von Briefen

Zu einer gemeinsamen Publikation, wie von Heisenberg erhofft, ist es nichtgekommen, wohl aber zu einem gemeinsamen "Preprint", der an 70 fuhrendePhysiker versandt wurde. Hier seine Zustimmung gegeben zu haben - gegen seinewarnende innere Stimme - hat Pauli bald tief bedriickt.Ais die Zeitungen die "Einheitliche Feldtheorie" als "AbschluB der Physik"feierten, sandte Pauli an einige Kollegen einen "Kommentar". Dieser bestand nuraus einem weiBen Briefbogen, auf dem mit vier Strichen ein groBes Rechteck gemaltwar. Dariiber war zu lesen: "This is to show the world that I can paint like Titian",und darunter: "Only technical details are missing. "68 Pauli wollte zum Ausdruckbringen, daB die Theorie vorHiufig nur den groBen Rahmen abstecke, daB aber voneinem "Abbild der Natur" noch keine Rede sein konne.Ais "echt Pauli" wurde diese Stellungnahme von vielen Physikern belacht; sie sahendamit aber nur die AuBenseite. Pauli hat schwer gerungen, urn mit sich, mitHeisenberg, mit der Sache ins reine zu kommen. Am 7. April teilte Pauli seine"definitive Entscheidung" mit: "Ich muB den Plan mit Dir zusammen eine Arbeit. . . zu publizieren, ganzlich fallen lassen. Es ist die einzige Entscheidung, die mirvon nun an logisch und ehrlich erscheint, da wesentliche Teile des Preprint sichnicht mehr mit meiner Meinung decken. Auch kann ich Dich nicht langerhinhalten, einmal muB man zu einem Punkt kommen ... Uns beiden ist nun volleFreiheit des Handelns wiedergegeben ... ,,69

So ist Pauli, wie er sich ausdriickte, "aus dem Heisenberg-Zug" ausgestiegen. Am 4.August unterzeichnete er ein Rundschreiben: "As essential parts of the preprintwith the title >On the Isospingroup in the Theory of Elementary Particles< don't anylonger agree with my opinion, I am forced to give up the plan t6 publish a commonpaper with Heisenberg on the subject in question.""Wer mit empfanglichem Sinn die Briefe liest und auf sich wirken HtBt, wirdergriffen von der GraBe der Probleme, urn deren Lasung unablassig sich zu miihener wie eine auferlegte Pflicht empfunden hat." Das hatten Caspar und Dyck iiberKepler geschrieben, und das wird auch von Pauli gelten, wenn einmal dieser Teilseiner Korrespondenz veraffentlicht sein wird.Wahrend er mit denjiingeren Kollegen im standigen Gedankenaustausch blieb undihren Enthusiasmus stimulierte, griffen gleichzeitig seine geistigen Interessen weiteraus. In Anspielung an Goethes Faust, der im hohen Alter den letzten Sinn desLebens darin sieht, neues Land zu gewinnen fur die kunftigen Generationen, meinteer: "Ich glaube nicht, daB ich bei zunehmendem Alter Sumpfe trocken legen werde(womoglich mit Atomenergie) ; ich muB mir etwas anderes aussuchen ... Bei mir istwohl immer noch die Mischung von Mystik und Mathematik dominant, die ihreHauptresultate in der Physik findet. Aber auch die Nachbargebiete wie Parapsy­chologie und Biologie interessieren mich in zunehmendem MaBe."70Wie es bei Pauli nicht anders sein konnte: Er fiihlte sich nicht gedrangt, mit seinenEinsichten an die Offentlichkeit zu treten. Heziiglich der Parapsycholog1e war erwohl ohnehin der Ansicht, daB es verfriiht sei, von einer Wissenschaft zu sprechen.In seinen Veroffentlichungen finden sich aber auch kaum Spuren der jahrzehntelan-

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Die Funktion und Bedeutung von Briefen XXIX

gen Auseinandersetzungen iiber das Konzept der biologischen Evolution; wohlaber legen davon Zeugnis ab Dutzende von Briefen an Bohr, Elsasser, Delbriick,Jordan, Gagnebin und andere. Immer war sein Streben darauf gerichtet, im Dialogmit Fachleuten moglichst scharf die Voraussetzungen der bisherigen Theorienherauszuarbeiten, kritisch zu priifen und zu neuen Ansatzen zu gelangen.Wilhelm Ostwald, der sich viel mit Biographien von Physikern und Chemikernbeschaftigt hat, versichert dem Leser seiner "GroBen Manner", daB er, wo es nurmoglich gewesen sei, Briefsammlungen benutzt habe. Fiir Wilhelm Ostwald sind dieBriefe deshalb eine hervorragende Quelle, weil der Gelehrte sich hier mit den"kleinen Ereignissen des taglichen Lebens" beschaftigte, und er uns damit alsMensch "wie Du und ich" verstandlich werde.Pauli jedoch behandelt die personlichen Ereignisse ganz als Nebensache. Wennuberhaupt erwahnt, werden sie mit ein paar Satzen abgetan. Wir finden nicht wie beiWilhelm Wien die Randszenen einer Tagung geschildert, nicht wie bei ErwinSchrodinger die Charaktereigenheiten eines Kollegen beschrieben. Pauli geht es fastausschlieBlich urn Wissenschaft; nur selten einmal wird ein besonders wichtigesoder besonders charakteristisches Ereignis erwahnt. In seinen Briefen konnen wireine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse einer Tagung erwarten und dieWiedergabe und kritische Wurdigung der erkenntnistheoretischen Position einesKollegen.Das Fehlen von Alltaglichkeiten tritt durch den Vergleich als besonders bemerkens­wertes Faktum hervor. Die Aussage Ostwalds, die Briefe seien eine hervorragendeQuelle fur das Leben eines Gelehrten, bleibt also auch im Falle Pauli richtig; nur dieBegriindung ist eine andere: Bei ihm stoBen wir auf einen Menschen, dessenExistenz gleichsam nur im geistigen Raum faBbar wird.In einer erst noch zu schreibenden Biographie Wolfgang Paulis wird es also kaumauf die "kleinen Ereignisse des taglichen Lebens" ankommen, denn sein Lebenbezieht die Dramatik aus der geistigen Auseinandersetzung, als vielmehr darauf, dieSpannweite der Interessen zu erfassen. Nichts jedoch ermoglicht einen besserenEinblick in die "Werkstatt des Geistes", hierin hat Wilhelm Ostwald Recht, als diewissenschaftliche Korrespondenz."Ich las noch die Ubersetzung eines alten chinesischen Romans", berichtete Paulivon einer Seereise. Der Roman schlieBt damit, "daB der Held der Geschichte (einjunger Intellektueller) zugleich zwei Madchen (Cousinen) aus gutem Hause heiratetund seine beiden Hochzeitsnachte in Freude verbringt (nachdem ihm dies alles mitHilfe der I Ging richtig vorhergesagt wurde). Moge dies nun ein gutes Omen sein furmeine Beziehung zur Physik und Psychologie, die sicherlich zu den Besonderheitenmeiner geistigen Existenz gehort." 71

Neben Physik und Psychologie (und neben der Biologie) waren bevorzugte Gebietedie Wissenschafts- und die Philosophiegeschichte. Er las die Naturphilosophen derAntike und des Mittelalters und insbesondere des 17. Jahrhunderts. 1m NachlaBgibt es philosophische und literarische Notizen, die seine eingehende Beschaftigungmit Schopenhauer zeigen. Von Schopenhauer heeinfluBt hahen "indische und

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xxx Die Funktion und Bedeutung von Briefen

chinesische Denkweisen" stets, eine starke Anziehungskraft auf ihn ausgeiibt:"Mehr noch Laotse als die Inder. ,,72Als er yom "Institut fiir europaische Geschichte" in Mainz zu einem Vortrag iiber"Die Wissenschaft und das abendlandische Denken" eingeladen wurde, sagte ergegeniiber Pascual Jordan: "Das Thema··"lockt mich. Denn es ist die Wissenschaft(und nicht die christliche Religion), die mich geistig ans Abendland fesselt. Sowohlfiir indische Mystik wie fiir Laotse habe ich gefiihlsmaBig viel iibrig, aber daswissenschaftliche Denken wird bei mir eine etwaige Konversion zum Osten (wiebeim Deutschen R. Wilhelm und beim Englander A. Huxley) mit Sicherheitverhindern. ,,73 Ein Brief an Gerhard Huber erganzt: "So ergibt sich von selbst dasVerlangen nach einem Gottesbegriff oder Gottesbild ("Chiffre" = Bild), dasoberhalb der Unterschiede des christlichen Gottes, des chinesischen Tao und desbuddhistischen >Pfades der Erlosung< steht.,,,Fiir ihn selbst der wichtigste Anreger in diesen allgemeinen Fragen war wohl NielsBohr. Dieser suchte sein fiir die Physik entwickeltes "Komplementaritatsprinzip"auf weitere Bereiche auszudehnen. Auch Wolfgang Pauli sah im "Komplementari­tatsprinzip" einen tragfahigen Ansatzpunkt fiir eine allgemeine Philosophie. Aisihm Karl Jaspers sein Buch "Die Atombombe und die Zukunft des Menschen"zusandte, urteilte Pauli gegeniiber einem Kollegen: "Jaspers Unterscheidung vonVerstand und Vernunft ist mir keineswegs entgangen ... Seine Unterscheidung istlehrreich, la8t aber bei mir den in dem Brief an ihn [Jaspers] formulierten Einwandfortbestehen. Die in Frage stehenden komplementaren (im Bohrschen odertaoistischen Sinne) Gegensatzpaare sind fiir mich:

BewuBtseinDenkenVernunftLogos

- UnbewuBtes- Fiihlen- Instinkt- Eros

Die sprachliche Fixierung zugunsten der einen Halfte eines solchen Gegensatzpaa­res ist nur ... das sichere Symptom, daB ... die menschliche Ganzheit psycholo­gisch nicht erreicht, oder sogar blockiert ist."74 Immer wieder formuliert Pauli inden Briefen "daB die >Einheit der Personlichkeit< auch eine Frage des Vorhanden­seins und des gesunden Funktionierens des UnbewuBten iSt."75Uber alles geben die Briefe Auskunft: iiber die philosophische und die politischeWeltanschauung, iiber Erlebnisse und Traume, Hoffnung und Resignation. WasPauli bewundert, wird uns klar und was er verachtet, wofiir er sich engagiert undworan er keinen Gedanken verschwendet.Die Zitate, die hier erwahnt werden, werfen ein helles Licht auf das auBere Lebenund die inneren Gedanken dieses Mannes und auf die Entwicklung seinerWissenschaft. Unsere Absicht ist nicht, hier eine Biographie in den Umrissenanzudeuten, sondern allein, den Satz zu demonstrieren: Die Briefe stellen einehervorragende historische Quelle dar.1m FaIle Pauli ist aus dieser Quelle noch kaum geschopft. Die vorliegende Edition,

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Die Funktion und Bedeutung von Briefen XXXI

so hoffen die Herausgeber, wird den Zugang offnen zum Verstandnis diesesgeheimnisvoll-anziehenden Menschen, dieses einzigartigen Denkers, der nach demUrteile Borns nur mit Einstein vergleichbar war, "ja wissenschaftlich vielleicht nochgroBer".76Zu den direkt mitgeteilten Fakten kommen die indirekt zu erschlieBenden. Nichtnur was gesagt wird, ist eine Information, sondern auch wie es gesagt wird. 1m Jahre1946 schrieb Heisenberg einen Aufsatz iiber die deutschen Arbeiten zur Verwertungder Kernenergie,77 eine Rechtfertigung gegeniiber den von den Kollegen aus denalliierten Landern erhobenen Vorwiirfen. Heisenberg sandte einen Sonderdruckauch an Pauli. "Deine Annahme", erwidert dieser, "ich wiirde mich fiir >DeutscheAtombomben< (bzw. fiir Artikel iiber dieses oder ahnliche Themen) interessieren,hat mich sehr erstaunt."78Die aus den Briefen zu ziehenden biographischen Informationen sind also einehervorragend wichtige QueUe fiir die Geschichtsschreibung. Dabei kann jedeEinzelheit wichtig sein oder spater einmal wichtig werden.Die Summe ist mehr als die Teile. Erst wenn man die Korrespondenz Paulis in ihrerGesamtheit vor sich hat, erkennt man die GroBe dieses Mannes und seine geistigeReinheit. Pathos kennt er nicht. Bedeutendes sagt er schlicht und spielt eswomoglich durch einen Scherz herunter. Er fiihlte nicht den Drang, standig in dieOffentlichkeit treten zu miissen. "Da diese Uberlegungen einen prinzipiellenFortschritt nicht bringen", heiBt es in einer typischen Briefstelle, "habe ich auchnicht die Absicht, sie ausfiihrlich zu publizieren'" [100].Er kampft unerbittlich, wenn die Physik auf Abwege kommt: Keinen Gedankenverschwendet er daran, daB man sich durch ungebetene Kritik Feinde, durch eingefalliges Lob gute Freunde machen kann. Kritik und Lob nach diplomatischenRiicksichten zu vergeben, war seine Art nicht. Wenn er bei Kollegen, eingeschlossenverehrungswiirdige Personlichkeiten, Ziige entdeckt, die er als "schlampig"empfand, dann bringt er das zum Ausdruck, und er war ungehalten, daB andere mitehrerbietigem Schweigen dariiber hinweggingen.Der Briefwechsel zeigt einen Mann, einzig in seiner Art. Weder Einstein nochHeisenberg, Manner, die man Pauli an die Seite zu stellen pflegt, haben sich so wie erfiir die Physik verantwortlich gefiihlt. Einstein und Heisenberg waren - dies giltzumindest fiir ihre schopferischen Phasen - absorbiert von ihren Problemenundvermochten dann nicht recht Anteil zu nehmen an den Vorgangen ringsum. Mansieht es an den Briefen Heisenbergs in der vorliegenden Edition: Leidenschaftlichinteressiert ihn alles, was ihm aufdem Wege liegt, was er zur Losung seiner Aufgabegerade braucht. Urn das andere sorgt er sichjetzt nicht; er schiebt es zur Seite undwird es, wenn notig, zur gegebenen Zeit wieder aufgreifen.Ganz anders Pauli. Injedem Augenblick nimmt er an allem in der Grundlagenphy­sik Anteil. Er weist hin auf fruchtbare Ansatze, hilft Kollegen bei Schwierigkeiten,warnt vor unklaren, mit Mathematik aufgeblahten Aufsatzen. Genau werden die"unbegrabenen Leichen" mit ihren "Mathematik-geschwollenen" Bauchen mitNamen genannt: "Der Leichenberg, ~inter dem allerlei Gesindel Deckung sucht,

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XXXII Die Funktion und Bedeutung von Briefen

hat einen Zuwachs erfahren: Es wird gewarnt vor der Arbeit von Levi-Civita,Diracsche und Schrodingersche Gleichungen. Berl. Ber. 1933. AIle sollten abgehal­ten werden, diese Arbeit zu lesen oder gar zu versuchen, sie zu verstehen. Fernergehoren samtliche auf S. 241 dieser Arbeit zitierten Arbeiten dem Leichenbergan."79

Viel deutlicher als jeder Zeitschriftenaufsatz zeigen die Briefe Paulis Denken. Zuden ihm vorgelegten Gedanken entwickelte er immer sogleich die Antithese. ,,1mLaufe meines langeren Umganges mit Ihnen", schrieb Pauli an den Freund ErichHeeke, "hat sich bei mir, als eine Art Opposition gegen Sie, die Uberzeugunggefestigt ... " In einem Briefan Heisenberg heiBt es: "Meine eigene Psychologie ist,daB ich leichter das sehe, was gegen das spricht; was der andere sagt. "80

"Seine Rolle als produktiver Kritiker war in der Entwicklung def Quantentheorieunentbehrlich", urteilte Carl Friedrich von Weizsacker in seinem Nachruf: "Nurwer ihn nicht gut kannte, konnte von seinen AuBerungen verletzt sein. Wahrschein­lich stand hinter ihnen eine sehr sensible Seele, die mit sich selbst oft genug inKonflikt lag, und ein uberklarer Verstand, der unter der Unklarheit anderergleichsam physisch zu leiden vermochte."81Pauli hat gefuhlt, daB er oft verletzte, auch wenn er es bewuBt nicht wollte. Er wardarum fast glucklichJ als ihm Hendrik Antony Kramers einmal sagte: "Pauli, DeinHerz ist besser als Dein Verstand." Oft hat er dieses Wort zitiert.Immer verfolgte Pauli sehr genau die Entwicklung der Grundlagenphysik undimmer griffer ein, wo es ihm notwendig schien. "Nun kommt ein Punkt", schrieb erqn Oskar Klein, "wo Du nach meiner Meinung einem Irrtum zum Opfer gefallenbist, der dringend Berichtigung erfordert. Es ist dies die Frage des Spinmomentes ineiner Theorie mit einem Vierervektor ... "82

"Um meiner alten Gewohnheit treu zu bleiben", heiBt es in einem Brief Heisen­bergs83, "unklare Gedanken durch Briefe an Dich zu verbessern, will ich Dirausfuhrlicher schreiben." So zwang Pauli auch im schriftlichen Dialog seinenPartner zur Klarheit, was fur das personliche Gesprach Markus Fierz84 konstatierthat: "In der Diskussion war er in keiner Weise bereit, und vielleicht sogar unfahig,ungenaue Formulierungen durchgehen zu lassen."Die Kritik Paulis ist streng sachlich und darum oft schonungslos. Sie ist aber immerkonstruktiv. Er will nicht vernichten, sondern klaren. Gehassigkeit oder Neid ­unter Menschen die wohl haufigste Triebfeder fur negative Urteile - gibt es nicht."Bei mir fallt das Ausdenken boshafter Bemerkungen", konstatiert er, "immerzusammen mit Nachdenken uber den Gegenstand." "Boshaft" ist jedoch nicht daspassende Wort. Witzig allerdings ist er auf Kosten anderer, sehr witzig (auch wohlaufeigene Kosten); er willjedoch nur die Sache treffen, nicht die Person. Nie setzt erherab, um etwa selbst groBer zu erscheinen. "Seine Art, sein Denken und sein Wesenschwebt jedem von uns vor als etwas Ideales, Klares und Reines", sagte Victor F.Weisskopf bei der Trauerfeier im Fraumunster zu Zurich. So waren PaulisMotive.Und die Reaktion bei den Kollegen? Fur Heisenberg und viele andere war er der

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Die Funktion und Bedeutung von Briefen XXXIII

"oberste Richter". Ehrenfest nannte ihn die "GeiBel Gottes" und liebte ihn. Vieleliebten ihn. Niels Bohr gehorte dazu, Arnold Sommerfeld, Leon Rosenfeld, IsodorRabi, Ralf Kronig und Victor F. Weisskopf.Freilich, es gehorte schon Format dazu, die unverbliimte Kritik Paulis zu nehmen,wie sie gedacht war: als heuristisches Hilfsmittel. Ein schones Dokument fiir dieAbgekHirtheit des fiinzigjahrigen Einstein ist seine Antwort [240] auf die Vorhal­tungen Paulis [239].Nicht aIle haben die geistige Uberlegenheit ertragen. Max Born war empfindlich. 85

Thomas und Goudsmit triumphierten, als sich Pauli einmal geirrt hatte, undThomas schrieb, "daB die Unfehlbarkeit des gottlichen Wesens sich nicht auf seinenselbstel'nannten SteIlvertreter auf Erden erstrecke."86 "Er selbst woIlte gar nicht alsunfehlbare Autoritat betrachtet werden", sagte dazu Oskar Klein, "sondern nurseine Freiheit bewahren, das zu meinen, was er meinte, und es zu sagen": Ais dieIdeen von Lee und Yang von den Versuchen bestatigt wurden, habe er beidebesonders gelobt, daB sie unbekiimmert urn seine Kritik ihre Arbeit fortgesetzthatten. 87

Man hat Leibniz den letzten Gelehrten genaIint, der noch alles Wissen seiner Zeit insich vereinte, Alexander von Humboldt den letzten, der wenigstens die Naturwis­senschaften noch voll iiberblickte. Wolfgang Pauli wird man den letzten Universali­sten der Physik nennen konnen, der in allen Grundlagenproblemen KompetenzbesaB. "Er war aIlmahlich zu einer Art Institution geworden", schrieb Oskar Kleinin seinem,Nachruf, "der man seine Einfalle vorlegte ohne ausweichende Hofllchkeitbefiirchten zu miissen."Da in die Edition nicht nur die Briefe Paulis aufgenommen werden, sondern auchdie Gegenstiicke, so lassen sich nicht nur iiber Wolfgang Pauli, sondern auch iiberdie Hauptkorrespondenten wesentliche Schliisse ziehen: Aus 61 Briefen Heisen­bergs allein in diesem ersten Band (aus den Jahren bis 1929 also) formt sich eindeutliches Bild des Forschers, und ahnliches gilt fur die 32 Briefe Bohrs.Alles was Rang und Namen hat in der theoretischen Physik - und zudem vielebedeutende Experimentalphysiker - sind unter den Korrespondenten vertreten.ReizvoIl ist es da, den Stil der Koryphaen zu. vergleichen. Man hat hier eine nochganz unausgeschopfte Quelle vor sich: fiir die Eigenart der Schreiber wir fiir ihrVerhaltnis zu Pauli."Mit ungeheurer Freude empfing und las ich gestern ihren Brief! Ich hatte ausAngst vor Bohr und Ihnen (>und sonst niemandem in der Welt<) mehr als ein Jahran dem EntschluB herumgewiirgt, die paar Zeilen drucken zu lassen, bis michschlieBlich eine Art Verzweiflung dazu trieb. Denn immer hilfloser fiihlte ich michals Schulmeister denjiingeren Leuten gegeniiber, die natiirlich iiberzeugt sind, daBich aIles wissen und alles verstehen mufJ." Das kann nur Paul Ehrenfest geschriebenhaben. 88

Oder: "Verzeih diese abgerissenen und etwas gehetzten Gedanken. 1m Ganzen habeich gleich Dir sehr gute Hoffnung. Wir werden uns nur alle und von allen Seiten hernoch tiichtig plagen miissen; wenn auch vorlaufig mit etwas verschiedenen

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XXXIV Die Funktion und Bedeutung von Briefen

nuancierter Grundeinstellung - zum SchluB kommen wir schon zusammen.Besonders da wir aIle nette Menschen sind und lediglich an der Sache interessiertsind, nicht daran, ob es schlieBlich so herauskommt, wie man selbst oder wie derandere von Anfang an vermutet hat." Das ist der (von Sommerfeld so genannte)"Schrodinger-Stil".89Und, als letzte Stilprobe, ein Dankschreiben auf die Gratulation zum 70. Geburts­tag aus der Feder von Arnold Sommerfeld: "Sie haben in Ihrem Briefe sofeingestimmte Tone angeschlagen, daB ich Sie lebhaft vor mir sehe, nachdenklichuna zugleich schalkhaft - ich meinerseits ganz ohne >ernstes Stirnrunzeln<. HinterIhrem Brief steht wohl auch der Gedanke, daB iiber die intellektuellen Bande dochnoch die charakterliche Verbundenheit geht und daB dies ein Geheimnis ist, das>sich selbst bewahrt<." 90"Wieviel vom lebendigen Autor fiihlt der Leser in einem Zeitschriftenartikel?"hatte H. A. Kramers in seiner Leidener Antrittsvorlesung gefragt und die Antwortgegeben: "AuBerst wenig natiirlich ... Die iibergroBe Mehrzahl der modernenArbeiten in der Fachliteratur ist nun einmal sehr sachlich und mehr oder wenigerunpersonlich geschrieben. Und so ist es eigenartig anzusehen, wie mancheFachkollegen aus dem Zwange ihrer eigenen Personlichkeit heraus nicht nachlassenkonnen, den Menschen zu suchen zwischen den Zeilen ... Und wie oft werden siedabei schwer getauscht."91

Ganz anders in den Briefen. Da ist der Schreiber gleichsam lebendig in seinenFormulierungen. Wiirde man nichts wissen von Pauli und hatte nur seine Briefe vorsich: Man schlosse unmittelbar auf eine geistig reiche Personlichkeit von genialerschopferischer und kritischer Kraft.

III.

1m 19. Jahrhundert und im 20. bis in die jiingste Vergangenheit haben die Historikerden groBen Einzelnen als wesentlich geschichtsbestimmende Kraft in die Mitte derwissenschaftlichen Betrachtung geriickt. Ais Reaktion darauf entwickelte sich inden letzten Jahren die Sozialgeschichte. Untersuchungsgegenstand ist eine abgrenz­bare Gruppe von Personen, in der politischen Geschichte meist eine soziale Schicht,in der Wissenschaftsgeschichte eine "scientific community". Anders als derpolitische Historiker hat es der Sozialgeschichte treibende Wissenschaftshistorikerim allgemeinen mit kleinen Zahlen zu tun.Wie ist im vorliegenden Fall die scientific community zu definieren? Die Schiilerund Mitarbeiter von Sommerfeld, von Bohr und von Born waren in ihrem eigenenSelbstverstandnis nicht schlechthin "Physiker", sondern "theoretische Physiker".Carl Friedrich von Weizsacker sprach von ihrem "besonderen Habitus" und RudolfPeierls davon, daB sie sich als "kleine Familie" ftihlen. 92

In der theoretischen Physik werden mit mathematischen Methoden physikalischeProbleme behandelt; aber theoretische Physik war nicht lediglich angewandte

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Die Funktion und Bedeutung von Briefen xxxv

Mathematik, sondern ein eigenstandiges Fach, das verwirklichte, was Philosophieund Erkenntnistheorie friiherer Jahrhunderte gewollt hatten. "Man klagt zuUnrecht", sagte Adolf von Harnack, "daB unsere Zeit keine Philosophen mehrhabe. Sie sitzen nur jetzt in der anderen Fakultat und ihre Namen sind Planck undEinstein." Sommerfeld zitierte gern dieses Wort, wobei er freilich zugab, daB erselbst "nur die Technik der Quanten fardern" kanne, aber Einstein und andereaufforderte, "die Philosophie der Quanten" zu machen.Pauli selbst dachte von Anfang an bewuBt philosophisch. Von Anfang an solIheiBen: seit wir seine Gedanken an Hand des wissenschaftlichen Briefwechselsverfolgen kannen. Sein Hauptvorbehalt gegen den jungen Heisenberg - den er imiibrigen hoch schatzte, sogar bewunderte - war dessen ~~unphilosophische Einstel­lung". An Bohr schrieb er: "Es geht mir immer sehr merkwiirdig mit Heisenberg.Wenn ich iiber seine Ideen nachdenke, so kommen sie mir graBlich vor und ichschimpfe innerlich sehr dariiber. Denn er ist sehr unphilosophisch; er achtet nichtaufklare Herausarbeitung der Grundannahmen und ihren Zusammenhang mit denbisherigen Theorien. Wenn ich aber mit ihm spreche, so gefallt er mir sehr gut undich sehe, er hat allerlei neue Argumente - wenigstens im Herzen. Ich halte ihn dann- abgesehen davon, daB er persanlich auch ein sehr netter Mensch ist - fiir sehrbedeutend, sogar fiir genial und glaube, daB er die Wissenschaft noch einmal sehrvorwarts bringen wird ... Hoffentlich wird Heisenberg eine philosophischeEinstellung seiner Gedanken mit nach Hause bringen" [54].Eineinhalb Jahre spater, als Heisenberg die Ansatze zur neuen Gattinger Quanten­mechanik vorgelegt hatte, schrieb Pauli begeistert an Kramers: "Was mich so sehran den Heisenbergschen Uberlegungen gefreut hat, das ist die Methode seinesVorgehens und die Bestrebung, aus der heraus er diese Uberlegungen angestellthat" [97]. Bekanntlich war von Heisenberg gezeigt worden, wie unter Verzicht aufunbeobachtbare GraBen (wie die Vorstellung von Elektronenbahnen) quanten­theoretische Ausdriicke konstruiert werden konnen und wie die Regeln fiir dasRechnen mit diesen Ausdriicken beschaffen sein miissen. So heiBt es in dem BriefPaulis an H. A. Kramers: "Uberhaupt glaube ich, daB ich jetzt hinsichtlich meinerwissenschaftlichen Ansichten Heisenberg sehr nahe gekommen bin und daB wirziemlich in aHem iibereinstimmende Meinungen haben, soweit dies iiberhaupt beizwei selbstandig denkenden Menschen m6glich ist. Mit Freude habe ich auchwahrgenommen, daB Heisenberg in Kopenhagen bei Bohr ein biBchen dasphilosophische Denken gelernt hat und sich vom rein Formalen doch merklichabwendet" [97].Heisenberg und Pauli ging es besonders urn den physikalisch-erkenntnistheoreti­schen Gehalt der neuen Quantentheorie: die Revision der kinematischen undmechanischen Grundbegriffe. Von den G6ttinger Mathematikern aber wurde diemathematisch-formale Seite ganz in den Vordergrund gestellt. Auch Born undJordan tendierten in diese Richtung. "Ich hab' mir aIle Miihe gegeben, dieDreimanner-Arbeit physikalischer zu machen, als sie war, und bin so halb zufriedendamit", schrieb Heisenberg an Pauli: "Aber ich bin immer noch ziemlich

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XXXVI Die Funktion und Bedeutung von Briefen

ungliicklich iiber die ganze Theorie und war so froh, daB Sie mit der Ansicht iiberMathematik und Physik so ganz auf meiner Seite stehen" [105].In seinem Brief an Ralf Kronig auBerte sich Pauli in ahnlichem Sinne; seine Wortesind von Physikern und Physikhistorikern unzahlige Male zitiert worden: "ManmuB versuchen, die Heisenbergsche Mechanik noch etwas mehr vom G6ttingerformalen Gelehrsamkeitsschwall zu befreien und ihren physikalischen Kern nochbesser bloBzulegen" [100].Den Unterschied von angewandter Mathematik und theoretischer Physik hat derjunge Einstein dem groBen Mathematiker Felix Klein einmal sehr direkt vorgehal­ten: "Es scheint mir doch, daB Sie den Wert formaler Gesichtspunkte sehriiberschatzen. Dieselben sind wohl wertvoll, wenn es gilt, eine schon gefundeneWahrheit endgiiltig zu formulieren, aber sie versagen fast stets als heuristischeHilfsmittel."93

In seinen spateren Jahren verfiel Einstein selbst in denselben Fehler. "Ich hoffe",schrieb Pauli 1938 an Einstein, "daB Ihnen Herr B. noch niitzlich sein wird. Er istein guter Mathematiker ... Seine Schwierigkeit war immer die, daB er keinrichtiges Gefiihl dafiir hatte, wie man ein physikalisches Problem mathematischanzusetzen hat; also eben das, was den Mathematiker vom theoretischen Physikerunterscheiden solI, fiel ihm schwer. Und in dieser Verbindung m6chte ich nun miteiner kleinen Bosheit schlieBen: Bei der Art Ihrer jetzigen Beschaftigung wird Ihnendas kaum sehr unangenehm auffallen."94Innerhalb der Physik war "die Theorie" eine kleine (zunachst geringgeschatzte)Sonderdisziplin geblieben. Die Heranfiihrung von Nachwuchs war darum beson­ders wichtig. Ais nach Heisenberg, Pauli und Wentzel auch Oskar Klein einenLehrstuhl erhielt, in Stockholm, da schickte ihm Pauli einen langen Brief mitRatschHigen: "Ich hoffe, Du wirst jetzt das Wort erfullen >Gehet hin und lehret dieV6Iker<. Deine groBen padagogischen Fahigkeiten waren immer eine Deinerstarksten Seiten und fur sie wird in Schweden ein weites Anwendungsfeldvorhanden sein. Bis jetzt gab es ja in Schweden praktisch fast keine theoretischePhysik - ein MiBverhaltnis besonders auch zur Experimentalphysik, die ja durchSiegbahn und Hulthen so glanzend vertreten ist. Nun braucht man in Schwedeneinen mit der modernen theoretischen Physik vertrauten Mann, der es versteht, diejungen Leute mit Begeisterung zu erfiillen und der der groBen Schule schwedischerExperimentalphysiker eine ebensogroBe und ebensogute von Theoretikern an dieSeite stellen sol1."9 5

Das Adjektiv "modern" bei dem Wort "theoretische Physik" hatte Pauli unterstri­chen. Es gab also noch eine altere Richtung. Man st6Bt auf Namen wie DesCoudres, Volkmann, Gans, Philipp Frank, Theoretiker zweifellos, die sich nichtmit den in den zwanziger Jahren aktuellen Fragen der Atomphysik befaBt habenund mit denen folglich auch keine wissenschaftliche Kommunikation bestand.Andererseits gab es einen engen Gedankenaustausch mit Experimentalphysikern,mit James Franck etwa (derbefreundet war mit Niels Bohr und Max.Born) und mitFriedrich Paschen in Tiibingen und Leonard Ornstein in Utrecht, fur deren

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Die Funktion und Bedeutung von Briefen XXXVII

spektroskopische Messungen Pauli sich brennend interessierte. Bei dem "besonde­ren Habitus" der jungen Theoretiker war das Verhaltnis freilich nicht ganz frei vongelegentlichen Verstimmungen. "Das vertrauensvolle Zusammenarbeiten mit derPraxis, insbesondere derjenigen des Paschenschen Instituts, darf im Interesse derTheorie nicht gestort werden", mahnte Arnold Sommerfeld 1921: "Ich fiirchte beidem sen~iblen Charakter von Paschen und der zarten Natur von Back, daB sich eindauernder MiBklang ergeben kann, wenn wir hier nicht mit aller Delikatessevorgehen."96 ~

Auch fur Pauli spielten haufig empirische Befunde eine wichtige Rolle. 1929endeten die Bemuhungen urn die Erklarung des kontinuierlichen f3-Spektrums ineiner Sackgasse, und Bohr suchte den Ausweg erneut - und erneut vergeblich - imVerzicht auf das Energieprinzip fiir den atomaren EinzelprozeB. Pauli unterbrachdie Reise zur Konferenz mit Bohr in Berlin, "urn, wenn moglich, Lise Meitner zusprechen zwecks Sammlung von empirischem Material gegen Kopenhagenertheoretischen Unfug" [218]. Das Experiment entschied tatsachlich gegen dieAuffassung Bohrs und das Tor zur Neutrino-Hypothese Paulis war geoffnet.Es ist also nicht empfehlenswert, die theoretische und die experimentelle Seite derPhysik auseinanderzureiBen und die "scientific community" iiber die gemeinsameMethode zu definieren. 1st es dann sinnvoller, das Gebiet als Kriterium zu wahlen,das Gebiet, auf dem sie gemeinsam forschten? Aber was war das gemeinsameGebiet? Die Atomphysik? Und was ist dann mit der Kosmologie, die sie auchinteressierte und die sie nur aus pragmatischen Griinden - weil hier ein Fortschrittiiber Einsteins Allgemeine Relativitatstheorie hinaus nicht in Sicht war - nichtderart nachdriicklich betrieben? Und auBerdem: Auch Wilhelm Wien arbeiteteiiber Atomphysik, der doch eine ganz andere Haltung einnahm in allen grundsatzli­chen Fragen.Wenn man konsequent sozialwissenschaftlich vorgehen will, so muB man dieZugehorigkeit zur Gruppe tiber die wissenschaftliche Kommunikation definieren.Die scientific community, der die Nuova Scienza zu danken ist, die neuzeitlichePhysik, bestand aus den Gelehrten, die im Umkreis von Galilei und Kepler, vonMersenne und Oldenburg lebten und mit ihnen Briefe wechselten. Genau so war esim 20. Jahrhundert. Die Mitglieder der scientific community, die die neueAtomphysik hervorgebracht hat, sind die Gesprachs- und Briefpartner von Bohr,Sommerfeld, Born, Pauli und Heisenberg. Neben einer Kerngruppe (der dieGenannten zugehoren) gibt es Physiker, die deutlich weniger eingeschaltet sind indiesen Gedankenaustausch, und Randfiguren, die nur selten einmal eine Meinungin die Debatte werfen oder Information einholen.So pflegte Planck iiber Fragen der Quantentheorie einen Briefverkehr mit Einstein,Lorentz, Wien, Sommerfeld und einigen anderen, der 1905 beginnt, angestoBen vonder Lichtquantenhypothese Einsteins, langsam intensiver wird und nach einemHohepunkt urn 1911 wieder abfallt. Bei Pauli setzt der Gedankenaustausch bereitsinjungen Jahren ein, steigert sich in kurzer Zeit zur maximalen Hohe und halt sichdart.

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XXXVIII Die Funktion und Bedeutung von Briefen

Man miiBte den Wissenstransfer in den Briefen informationstheoretisch analysie­ren: Ganz gewiB bleibt Planck in der Zahl der "bits" auch in seinem besten Jahr 1911weit unter Pauli in einem durchschnittlichen Jahr (etwa 1928). Nimmt man dasIntegral uber das ganze Leben, ist der Unterschied urn ein Vielfaches groB~r. ZumAusdruck kommt hier, daB Planck, der im Jahre 1900 mit seinem Quantenansatzdie Entwicklung eingeleitet hatte, im Aufbau der Theorie seit Ende des ErstenWeltkrieges nur noch eine Randrolle spielte."Naturwissenschaft beruht auf Experimenten", sagte Heisenberg, 97 "sie gelangt zuihren Ergebnissen durch die Gesprache der in ihr Tatigen, die miteinander uber dieDeutung der Experimente beraten." Die Quantenphysiker verstandigten sichdaruber, wie relevante Experimente zu interpretieren und neue Ideen zu beurteilensind: "Es ist Ihnen damals [an Ostern] gelungen", schrieb Pauli an Bohr, "meinwissenschaftliches Gewissen durch Ihre Argumente zum Schweigen zu bringen.Dies war aber nur fUr kurze Zeit der Fall, und heute stehe ich dieser Auffassung derStrahlungserscheinungen vollkommen ablehnend gegenuber. Ich wurde in dieserAnsicht auch sehr bestarkt, daB auch sehr viele andere Physiker, vielleicht sogar diemeisten, diese Auffassung ablehnen, wenn auch zum Teil aus anderen Grunden.Vnter diesen anderen Physikern ist vor allem auch Einstein. Sie sagten schon zuOstern wiederholt zu mir, Sie mochten gerne wissen, was Einsteins Argumente sind... Ich mochte bei dieser Gelegenheit so frei sein, auch meine eigenen Argumentemitzuteilen." [66]Die Einwande Einsteins waren fur Bohr "beunruhigend"98, und unter dem"katalytischen EinfluB von Pauli"99, wie Ralf Kronig urteilte, kam Bohr wieder abvon seiner Theorie. Die Ergebnisse der Experimente von Bothe und Geiger in Berlinund von Compton in Chicago bestatigten die neugewonnene Auffassung. "Es istzwar naturlich richtig, daB Bohr selbst, auch wenn diese Experimente nicht gemachtworden waren, nicht mehr an dieser Auffassung festgehalten hatte", urteilte Pauli:"Aber viele ausgezeichnete Physiker (wie etwa Ladenburg, Mie, Born) hatten daranfestgehalten, und diese ungluckselige Abhandlung von Bohr, Kramers und Slaterware vielleicht fur lange ein Hemmnis des Fortschrittes der theoretischen Physikgeworden." [97].Der Mechaniker erreicht eine perfekte Ebene (eine "Standard-Ebene" absoluterRichtigkeit nach Henry Maudslay) nur dadurch, daB er mindestens drei Ebenenzugleich herstellt und durch abwechselndes Aufeinanderreiben jeder mit jederanderen die vorspringenden Spitzen beseitigt. So entstand die richtige Form derAtomphysik durch standige Konfrontation der Argumente: Bohr mit Pauli, Paulimit Einstein, Einstein mit Heisenberg, Heisenberg mit Bohr. Bohr allein mit Paulikonnte (voriibergehend) dessen "wissenschaftliches Gewissen zum Schweigenbringen", aber Bohr war nur fur Tage oder hochstens Wochen allein mit Pauli.Danach ergaben sich unweigerlich Gesprache mit anderen, und ein emeutesUberpriifen der Argumente, der eigenen und der fremden. "Selbst wenn es fur michpsychologisch moglich ware, mir meine wissenschaftlichen Meinungen ,auf Grundeiner Art von Autoritatsglauben zu bilden", schrieb Pauli dazu an Bohr, "so ware

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Die Funktion und Bedeutung von Briefen XXXIX

dies doch logisch unmoglich, da die Meinungen zweier Autoritaten einander hier sosehr widersprechen" [66].

Das Verfahren zeigt, daB eine "scientific community" mehr ist als eine "wissen­schaftliche Schule". In einer wissenschaftlichen Schule dominiert eine Personlich­keit und in Streitfallen mag deren Autoritat oft entscheidend seine In der "scientificcommunity" existieren mehrere Autoritaten (groBere und kleinere) und Subjektivi­taten schleifen sich viel schneller abo

Bereits im 18. Jahrhundert gab es ein institutionalisiertes Verfahren, wie eine neueEntdeckung in die scientific community eingebracht wird. "Wenn ein Wissen­schaftler eine Ep.tdeckung gemacht hatte", schrieb Henry E. Sigerist, "wurde sievon ihm nicht sofort publiziert, wohl aber einigen Freunden in einem lateinischenBrief mitgeteilt. Diese pflegten dann diese Briefe mit ihren Kollegen und Schiilernzu diskutieren, die angegebenen Experimente zu wiederholen und iiber ihreErfahrungen zu berichten. Nachdem eine Entdeckung auf diese Weise iiberpriiftwar, wurde sie dann wohl auch veroffentlicht, entweder in einer Monographie oderden Mitteilungen einer Akademie."lOO

Nicht viel anders war es im 20. Jahrhundert. Seinen Aufsatz, mit dem er dasneuentdeckte AusschlieBungsprinzip bekannt machen wollte, hatte Pauli AnfangDezember 1924 fertiggestellt. Er reichte ihn aber noch nicht gleich bei der Zeitschriftfiir Physik ein. Pauli war daran gelegen, "erst einmal die Reaktion von Bohr undHeisenberg zu erfahren", und er wollte die Giiltigkeit des Prinzips auch bei denkomplizierteren Spektren iiberpriifen. Er sandte deshalb sein Manuskript und einenlangen Brief [74] nach Kopenhagen, und in den Weihnachtsferien besuchte er ErnstBack in Tiibingen, der den Zeemaneffekt der Bleilinien genau ausgemessen hatte.Erst als sich in beiden Fallen seine Erwartungen bestatigten, kam es zur Publika­tion.

Die dritte Moglichkeit, die "scientific community" der Quantenphysiker in denzwanziger Jahren zu definieren, ist der Vergleich mit einem politischen Gemeinwe­sen. In seinem Buch "Structure of Scientific Revolution" hat Thomas S. Kuhn dieseAnalogie herausgearbeitet: Deutlich scheiden sich - dies gilt wohl fur aIledemokratisch verfaBten Industriegesellschaften - die Konservativen von derReformpartei, und bei jeder in der Offentlichkeit stehenden Personlichkeit weiBder politisch Engagierte: Das ist einer von uns, oder: Das ist einer von den an­deren.

So war es damals in der Physik. Zu der scientific community gehorten alle Physiker,die iiberzeugt waren: Ohne eine grundlegende Reformation oder Revolutionkommen wir in der Physik nicht weiter; mit den tradierten Grundprinzipien lassensich die Eigenschaften der Atome nicht verstehen. "Wir diirfen nicht' ,, schrieb Paulian Bohr, "die Atome in die Fesseln unserer Vorurteile schlagen wollen (zu denennach meiner Meinung auch die Annahme der Existenz von Elektronenbahnen imSinne der gewohnlichen Kinematik gehort), sondern wir miissen umgekehrt unsereBegriffe der Erfahrun'g anpassen" [74].

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XL Die Funktion und Bedeutung von Briefen

Die Quantenphysiker sind gekennzeichnet durch die gemeinsame Oberzeugung,daB mit den Lehrbuchmethoden der "normal science" die Probleme nicht gelostwerden konnen. Da die klassische Physik mit stetig veranderlichen GroBenarbeitete, die neue Theorie aber offenbar auf abzahlbare Quantenzustande gegriin­det werden muBte, hatte Max Born 1923 die Aufgabe scherzhaft und doppelsinnigumrissen als "Diskretitierung der Atomphysik" [47].Es war eine kleine, sich durchaus elitar empfindende Gruppe, die wuBte, daB eineneue Physik geschaffen werden muBte. Die groBe Mehrheit hielt - aus welchenGriinden auch immer - an den bisherigen Denkkategorien fest. So beklagte sichWilhelm Wien im Juni 1922 iiber die von der Quantentheorie und der Relativitats­theorie ausgelosten Krisen. "Diese hangen untrennbar mit der Vorwartsentwick­lung unserer Wissenschaft zusammen, sind also sachlich unvermeidlich", antworte­te ihm Planck: "Es ist wahr, friiher war die Physik einfacher, harmonischer unddaher auch befriedigender. Man hatte schone Theorien und durfte auf sievertrauen. Heute ist das anders geworden. Neue Ideen sind aufgetaucht, nicht alsiiberfliissiger Luxus, sondern als unerbittliche Folgerungen aus neuen Tatsachen,und die alten Anschauungen lassen sich nun einmal nicht ganz unverandertaufrechterhalten, wenn auch noch keineswegs feststeht, welcher Art die Modifika­tionen sind, die man daran anbringen muB. Wiirde die Forschung vor diesenNeuerungen zuriickschrecken oder sie ignorieren, so wiirden wir stillstehen ...Jede Neuerung ist mit unbehaglichen Obergangserscheinungen verbunden, und wirstehen jetzt m. E. mitten in denselben drin."lOlUnbehagliche Ubergangserscheinungen: Auch Pauli empfand sie oft qualend. "DieAtomphysiker in Deutschland zerfallen jetzt in zwei Klassen", spottete er Anfang1924: "Die einen rechnen ein bestimmtes Problem zuerst mit halbzahligen Wertender Quantenzahlen durch und wenn es dann mit der Erfahrung nicht stimmt,rechnen sie es dann doch mit ganzen Quantenzahlen. Die anderen rechnen zuerstmit ganzen Zahlen und wenn es nicht stimmt, dann rechnen sie eben mit halben.Beide Klassen von Atomphysikern haben aber die Eigenschaft gemeinsam, daB ausihren Theorien a priori keinerlei Argumente zu gewinnen sind, bei welchenQuantenzahlen und bei welchen Atomen man mit halbzahligen Werten derQuantenzahlen und bei welchen man mit ganzzahligen Werten zu rechnen hat. Dieskonnen sie vielmehr bloB a posteriori durch Vergleich mit der Erfahrungentscheiden" [57].Urn die Krise zu charakterisieren und den endlichen Durchbruch hat Thomas S.Kuhn zwei Briefe Paulis nebeneinandergestellt, an Ralf Kronig und an AnthonyKramers. Am 21. Mai 1925 schrieb Pauli: "Die Physik ist momentan wieder einmalse~r verfahren. Fiir mich ist sie jedenfalls viel zu schwierig, und ich wollte, ich wareFilmkomiker oder so etwas undhatte nie etwas von Physik gehort" [89]. ZweiMonat~ spater, am 27. Juli 1925, dann eine ganz andere Stimmung: "Ich habeHeisenbergs kiihne Ansatze mit Jubel begriiBt" [97].Die Beschreibung der scientific community in Analogie zur groBeren politischenGemeinschaft entspricht dem Selbstverstandnis der jungen Physiker. Da das

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Die Funktion und Bedeutung von Briefen XLI

politische Leben in Deutschland sehr bewegt verlief und man viele Revolutionen ­von rechts und von links - erlebte, drangte sich ein solcher Vergleich von selbst auf.So nannte Pauli einmal die Theorie von Bohr, Kramers und Slater, die ihm ganzund gar nicht gefiel, "einen reaktionaren Kopenhagener Putsch".

"Eine neue wissenschaftliche Wahrheit pflegt sich nicht in der Weise durchzusetzen,daB ihre Gegner uberzeugt werden und sich als belehrt erklaren, sondern vielmehrdadurch, daB die Gegner allmahlich aussterben und daB die heranwachsendeGeneration von vornherein mit der Wahrheit vertraut gemacht iSt."102 Das hatteMax Planck geschrieben und dabei an Erfahrungen gedacht, die er in der Jugendgesammelt hatte. Jetzt gehorte er selbst mit Schrodinger, Laue und Einstein zuralteren Generation.

"Einstein hat sich wieder einmal zur Quantenmechanik offentlich geauBert",registrierte Pauli 1935: "Bekanntlich ist das jedesmal eine Katastrophe, wenn esgeschieht. >Weil, so schlieBt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf<(Morgenstern). Immerhin mochte ich ihm zugestehen, daB ich, wenn mir einStudent in jungeren Semestern solche Einwande machen wurde, diesen fur ganzintelligent und hoffnungsvoll halten wtirde."103 Der Zweck des Briefes anHeisenberg war, diesen zu einer Erwiderung zu veranlassen, urn der "Gefahr einerVerwirrung der offentlichen Meinung, namentlich in Amerika" entgegenzuwir­ken.

Uberzeugen lieBen sich die "alteren Herren" nicht, das wuBten sie. Es ging darum­wie in der Politik - die Restauration des uberwundenen Paradigmas zu verhindern.Das etwas makabere "Aussterben der Gegner", von dem Planck gesprochen hatte,HeB sich nun einmal nicht beschleunigen. (Ein Punkt, in dem die Analogie zurpolitischen Umwalzung nicht durchweg gilt.)

Unmittelbar nach der gegluckten Revolution haben die Revolutionare ihre groBeZeit; sie halten (zurnindest furs erste) noch fester zusarnrnen, urn die Friichte ihrerAnstrengungen zu ernten. In ahnlicher Lage verhielten sich die jungen Physikerahnlich. "Es war eine wirklich wundervolle Zeit", erinnerte sich Rudolf Peierls,"denn man muBte nur irgendein Problem nehmen, wo die klassische Mechaniknicht die richtige Antwort geben konnte und das niernand schon Zeit gehabt hattezu diskutieren, und dann kam im allgemeinen die richtige Antwort heraus. "

Nur dann kann .sich eine neue Forschungsrichtung behaupten, wenn ihre bestenVertreter auf Lehrstuhle gelangen und Nachwuchs heranbringen. Mit der BerufungHeisenbergs, Paulis und Wentzels auf Ordinariate in Leipzig und Zurich 1927/28festigte sich die institutionelle Verankerung der neuen Richtung. Paulis Briefe anRalfKronig [184] und Oskar Klein104 zeigen, wie bewuBt die neuen Lehrstuhlinha­ber Gleichgesinnte nachzogen: 1m FaIle Kronig ging es Pauli darum, fur seineAssistentensteIle, fur die er bei seiner Berufung sehr gekampft hatte, "einenvernunftigen Quantenmann zu finden".

Die Architekten der neuen Atomphysik verhielten sich ahnlich wie noch heutePolitiker, wenn sie ein moglicherweise umstrittenes Projekt gebiIligt haben wollen.

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XLII Die Funktion und Bedeutung von Briefen

Es gibt den sozusagen direkten Weg, die Vorstellungen, die man hat, fertig­auszuarbeiten und dem Entscheidungsgremium zur Abstimmung vorzulegen.Dabei Hiuft man das Risiko der offiziellen Ablehnung. Kliiger ist es, zunachsteinmal, gleichsam versuchsweise, die Reaktionen zu testen. So lassen sich gewisseAusgestaltungen noch korrigieren, Ausgestaltungen, die vielleicht nebensachlichsind, und das Projekt als Ganzes unnotig gefahrden. Erst wenn das Urteil

iiberwiegend positiv ausfallt, bringt der Politiker seinen Vorschlag als "Drucksa­che" offiziell vor das Parlament.

Ais Pauli zur Erklarung des kontinuierlichen p-Spektrums ein hypothetisches

Teilchen postulierte, das spater sogenannte Neutrino, "traute" er sich, wie erberichtete, zunachst nicht, "etwas iiber die Idee zu publizieren." Er schrieb stattdessen einen "Offenen Brief'. Empfanger waren die Teilnehmer einer kleinenPhysikertagung in Tiibingen. Ein halbes Jahr spater trug Pauli selbst seine Idee aufeiner Tagung der American Physical Society personlich vor: "Die Sache schien miraber noch recht unsicher, und ich lieB meinen Vortrag nicht drucken."Wie im 17. Jahrhundert einz~lnePolyhistoren es waren, die mehr als andere Briefeschrieben und empfingen, mehr als andere informiert waren iiber die neuesten

Entwicklungen, gab es auchjetzt Zentralfiguren, an die sich die Kollegen bevorzugt

wandten. Eine ganz einzigartige Rolle spielte in diesem KommunikationsnetzWolfgang Pauli. Er war eine Institution. "In kritischen Zeiten, wenn man nichterkennen konnte, ob neue Ideen ernst genommen werden muBten, neigten wir

dazu", so berichtete Rudolf Peierls, "zu fragen: >Was sagt Pauli?<""Ich habe nie eine Arbeit veroffentlicht, ohne daB Pauli sie vorher gelesen hatte",konstatierte Heisenberg 105. Man bedenke, welche intellektuelle Kraft von seitenPaulis das erforderte: Bis 1958 zahlt das Schriftenverzeichnis Heisenbergs 128Nummern. 106 Dazu kommen etwa 250 Briefe, die Heisenberg an Pauli gerichtethat. Vor allem in den letzten Jahren 1957 und 1958, als Heisenberg unter allenUmstanden den Durchbruch mit der "Einheitlichen Theorie der Elementarteil­chen" erzielen wollte, fiihlte sich Pauli mit dieser Aufgabe physisch und psychischschwer belastet.Und es gab nicht nur Heisenberg. Niels Bohr, Arnold Sommerfeld, Oskar Klein,

Ralf Kronig - aIle, aIle erwarteten und erhielten auf eine Anfrage eine profundeStellungnahme. Bis zu einem gewissen Grade ungewollt, sagte Hans Thirring, istPauli in die Rolle eines "obersten Richters" in Fragen von Wert und Richtigkeitphysikalischer Theorien hineingewachsen: "Ein anerkennende~Wort von Wolf­gang Pauli war ziemlich die hochste Auszeichnung, die einem jungen Theoretikerzuteil werden konnte/'107

Heroen- oder Sozialgeschichte der Wissenschaft? Trefflich laBt sich streiten iiberden "richtigen" Standpunkt. Historisch-kritisch durchgefiihrt miissen aber Analy­

sen, die den groBen Physiker in die Mitte stellen, und solche, die die scientificcommunity behandeln, einander erganzen: Zum Individuum gehort die Beziehungzu den Kollegen, zum sozialen System die Existenz besonders wichtiger Netz- undKnotenpunkte. In einer Biographie bilden die Zeitgenossen und die gesellschaftli-

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Die Funktion und Bedeutung von Briefen XLIII

chen Normen den entscheidenden Hintergrund; in einer Geschichte der sozialenOrganisation heben'sich die groBen Personlichkeiten besonders hervor, weil vonihnen die Impulse ausgehen, die das starre Gefiige mit Leben erfiillen.Biographie und Sozialgeschichte sind komplementare Betrachtensweisen: Wissen­schaft ist ein soziales P·hanomen. Auch das Genie kann nur nach gehorigerAuseinandersetzung mit den Auffassungen der Vorganger und ZeitgenossenErkenntnis gewinnen. U'nd erst dann erreicht individuelle Einsicht den Rang von"Wissenschaft", wenn sie anderen Menschen zur Kenntnis gelangt, nach gewissenKriterien gepriift und dann entweder akzeptiert oder verworfen wird.Fiir den Wissensfortschritt ist also der groBe Gelehrte erforderlich, aber auch dieExistenz einer "scientific community" mit einem funktionierenden Ubermittlungs­system, das die neugewonnenen Aussagen schnell verbreitet und zur Diskussionstellt. Nur so kann aus subjektiver "Meinung" intersubjektive "Erkenntnis"entstehen.Es ware also sicher faisch, in einer wissenschaftshistorischen Darstellung dasAugenmerk allein auf Galilei und Kepler, Bohr und Pauli zu richten. Die Geniesspielen eine entscheidende Rolle. Danebenjedoch muB eingegangen werden auf dieBildung von wissenschaftlichen Schulen, der sogenannten "invisible colleges".Wie aber auch immer der Standpunkt sein mag: Ob man mehr an die groBenBeweger in der Geschichte glaubt, oder ob man es mit Bert Brecht halt, der forderte,als "Erbauer des siebentorigen Theben" neben dem Konig auch die Zimmerleuteund Maurer zu nennen. Es gilt unabhangig yom Standpunkt und unabhangig vonder speziellen Fragestellung: Die Briefe sind eine hervorragende Quelle. Sie sind es,weil die Insider damals, was sie an Informationen besaBen, zum groBen Teil ausdiesen Briefen gezogen haben. Weil sie ihr aus diesen Informationen geformtes Bildebenfaps wieder in Briefen niederlegten. "Ihr verdammten Obergescheiterl~",

scherzte damals Paul Ehrenfest gegeniiber Wolfgang Pauli, "die Ihr durchmiindliche Besprechungen und Briefwechsel immer schon lange wiBt, was allesfalsch ist, bevor es noch publiziert iSt."108Die Briefe sind Momentaufnahmen des komplizierten Prozesses, den wir "Entste­hen der modernen Physik" nennen. Sie sind kein statisches Bild, sondern zeigen dieEntwicklungsrichtung. In einem Zeitschriftenband stehen die Aufsatze kommen­tarlos hintereinander; in den Briefen aber finden sich Wertungen. 1m Zeitschrif­tenaufsatz fehlt mit Absicht oft das Entscheidende: weil es umstritten ist. In denBriefen aber wird gerade dariiber verhandelt.Man brauchte also, wenn man beitragen wollte zum Fortschritt der Wissenschaft,den' personlichen Gedankenaustausch. Nur der Physiker konnte mitwirken amAufbau der Atomphysik, der im miindlichen und schriftlichen Kontakt stand mitden GroBen seiner Wissenschaft.Der Briefwechsel hatte funtionale Bedeutung fiir das Entstehen der Atomphysik.Nichts kann uns heute einen besseren Einblick gewahren in dieses wohl faszinie­rendste Kapitel in der Geschichte des menschlichen Geistes.

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Anmerkungen

Bei den zitierten Briefen ist Absender und Adressat angegeben. Fehlt eine Angabe, handelt essich urn Wolfgang Pauli. Brief an Niels Bohr bedeutet also "Brief von Wolfgang Pauli an

Niels Bohr".

1. John Archibald Wheeler: Preface. In: Thomas S. Kuhn, John L. Heilbron, Paul

Forman und Lini Allen: Sources for History of Quantum Physics. Philadelphia 1967.

Hier S. VIII2. Theoretical Physics in the Twentieth Century. A Memorial Volume to Wolfgang Pauli.

New York 1960, S. 199. 1m folgenden zitiert als Pauli Memorial Volume.3. John Archibald Wheeler: A. a. O.4. Niels Bohr: Collected Works. Under the general editorship of Leon Rosenfeld and J.

Rud Nielsen. North Holland Publishing Company, Amsterdam 1972 ff.5. Collected Scientific Papers by Wolfgang Pauli. 2 Vols. Edited by R. Kronig· und V. F.

Weisskopf. Interscience Publishers, New York 1964. 1m folgenden zitiert als CSP6. Die sechs Bande erschienen zuerst, von Harern ausgearbeitet, im Verlag des Vereins der

Mathematiker und Physiker an der ETH Zurich; sie liegen heute auch in einemNachdruck vor (Editore Boringhieri, Torino 1962-63). Eine englische Bearbeitungwurde von Charles P. Enz bei der MIT Press, Cambridge, Mass. herausgegeben.

7. Wolfgang Pauli: Merkurperihelbewegung und Strahlenablenkung in Weyls Gravita­tionstheorie. In: Verhandlungen der Deutschen Physikalischen Gesellschaft 21, 742­

750 (1919); CSP II, S. 1-9

8. Physikalische Zeitschrift 21, 650 (1920)9. Gemeint sind insbesondere die von den Sources for History of Quantum Physics

durchgefuhrten Interviews.10. Der Aufsatz Heisenbergs, der die physikalisch-erkenntnistheoretische Grundlage der

Gattinger Quantenmechanik bildet [Zeitschrift fUr Physik 33,879-893 (1925)], beginntmit den Worten: "Bekanntlich laBt sich gegen die formalen Regeln, die allgemein in derQuantentheorie zur Berechnung beobachtbarer GraBen (z. B. der Energie im Wasser­stoffatom) benutzt werden, der schwerwiegende Einwand erheben, daB jene Rechenre­geln als wesentlichen Bestandteil Beziehungen enthalten zwischen GraBen, die ...

prinzipiell nicht beobachtet werden kannen (wie z. B. art, 'Umlaufzeit des Elektrons)."11. Arnold Sommerfeld: Zur Elektronentheorie der Metalle. In: Die Naturwissenschaften

15, 825-832 (i927). Gesammelte Schriften II, S. 385-39212. Brief an Franco Rasetti, 30. Oktober 195613. John C. Slater: Solid State and Molecular Theory: A Scientific Biography. New York

1975, S. 2714. Bartel L. van der Waerden: Exclusion Principle and Spin. In: Pauli Memorial Volume,

S. 215 ff.

15. Brief von Arnold Sommerfeld an Max Born, 8. Ma.rz 192116. Joachim Kirchner: Das deutsche Zeitschriftenwesen. Seine Geschichte und seine

Probleme. Teil I. Wiesbaden 1958, S. 1417. Brief von Arnold Sommerfeld an Alfred Lande, 18. Dezember 191918. Brief von Friedrich Kruger an Johannes Stark, 10. Dezember 190919. Felix Klein: Vorlesungen uber die Mathematik im 19. :Jahrhundert. Bd. 1. Berlin 1926,

S.219

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Anmerkungen XLV

20. Erwin Schr6dinger: Uber Indeterminismus in der Physik. 1st die Naturwissenschaft

milieubedingt? Zwei Vortrage ... Leipzig 1932, S. 26

21. Hendrik Antony Kramers: Physiker als Stilisten. In: Die Naturwissenschaften 23,297­

301 (1935)22. Paul Ehrenfest: Einige die Quantenmechanik betreffenden Erkundigungsfragen. In:

Zeitschrift fur Physik 78, 555-559 (1932)23. Der EinfluB archtypischer Vorstellungen auf die Bildung naturwissenschaftlicher

Theorien bei Kepler. CSP I, S. 1023-1114. Ausfuhrlicher noch ist Pauli in seinen Briefen

an Markus Fierz.

24. Erwin Schrodinger: Anm. 18, S. 33 f.25. Leon Rosenfeld: Niels Bohr in the Thirties. In: Stefan Rozental (Hrsg.): Niels Bohr.

His life and work as seen by his friends. Amsterdam 1968, S. 11926. Hans Schimank: Edmund Hoppe oder uber Inhalt, Sinn und Verfahren einer

Geschichtsschreibung der Physik. In: Archiv fur Geschichte der Mathematik, der

Naturwissenschaften und der Technik 11, 345-351 (1928/29)

27. Vgl. den Brief an Karl Jaspers, 30. September 1958 .28. Max Caspar und Walther von Dyck (Hrsg.): Johannes Kepler in seinen Briefen. 2 Bde.

Munchen und Berlin 1930. Hier Bd. I, S. XI29. So etwa der Brief von Erich Hula, 6. Mai 1968. Vgl. Anm. 46

30. Brief an Ralf Kronig, 3. August 193431. Brief an Markus Fierz, 7. Januar 1948. Vg1. Anm. 23

32. Brief von Arnold Sommerfeld an Kasimir Fajans, 8. Dezember 194833. Brief an Carl Alfred Meier, 23. April 1941

34. Vgl. die Biographie Schr6dingers in: Dokumente der Naturwissenschaft. Bd. 3.

Stuttgart 1963, S. 189

35. Brief an Werner Heisenberg vom 19. September 193836. Vgl. den vorliegenden Band S. 1437. Brief an Albert Einstein, 6. September 193838. Brief von Albert Einstein, ohne Datum, wahrscheinlich September 193839. Brief von Werner Heisenberg, 15. Juli 193840. Brief an Werner Heisenberg, 15. August 193841. Brief an Nicholas Kemmer, 24. November 193942. Wolfgang Pauli: The Connection Between Spin and Statistics. In: Physical Review 58,

716--722 (1940); CSP II, S. 911-917

43. Brief an Paul A. M. Dirac, 27. Juni 1942

44. Ebd.45. Es ist zu hoffen, daB Dokumente im NachlaB nahere Auskunft geben werden.46.~ Brief von Erich Hula an "Professor", 6. Mai 1968. Das Schreiben ist wahrscheinlich an

das D6blinger Gymnasium gerichtet.47. Brief an Torsten Gustafson, ohne Datum [1951]48. Brief an Niels Bohr, 3. Oktober 195049. Brief an Max Born, 24. April 1955. Vgl. auch Brief an Albert Einstein, 7. Marz 194950. H. B. G. Casimir: Theoretische Physik und industrielle Forschung. In: Philips

technische Rundschau 32, 157-164 (1971/72).51. Die offiziellen Schreiben befinden sich im Pauli-NachlaB.

52. Brief an Albert Einstein, 19. September 194653. Brief an Albert Einstein, 19. September 1946

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XLVI Die Funktion und Bedeutung von Briefen

54. Ebd.55. Brief an Walter Elsasser, 30. September 195856. Brief an Markus Fierz, 29. Dezember 194757. Brief an Pascual Jordan, 23. Marz 194858. Brief an Werner Heisenberg, 11. Juli 194759. Brief an Erwin Schr6dinger, 9. August 195760. CERN Symposium on high energy accelerators and pion physics. Proceedings. Vol. 2.

Genf 1956, S. 25861. Brief an Raymond Davis, 19. Dezember 195662. Brief an Victor F. Weisskopf, 17. Januar 195763. Brief an Victor F. Weisskopf, 19. Januar 195764. Brief an Victor F. Weisskopf, 27. Januar 1957. Faksimile mit englischer Ubersetzung

abgedruckt in CSP I, S. XIII-XVIII65. Brief an Werner Heisenberg, 14. Juli 193366. Brief ~n Erwin Schr6dinger, 27. Januar 195567. Streitschriften zwischen Leibniz und Clarke (1715-1716). In: Gottfried Wilhelm

Leibniz: Hauptschriften zur Philosophie. Ubersetzt von A. Buchenau ... herausgege­ben von Ernst Casirer. Band I. 3. Aufl. 1966, S. 120-241. Die Korrespondenz lieBNewton durch seinen Schuler und Freund Samuel Clarke fuhren. Es war aber Newtonselbst, der hier sprach, wie aus nachgelassenen Manuskripten hervorgeht.

68. Brief an George Gamow, 1. Marz 1958. Faksimile abgedruckt in: George Gamow:Thirty years that shook physics. New York 1966, S. 162

69. Brief an Werner Heisenberg, 7. April 195870. Brief an Ralf Kronig, 5. April 195571. Brief an Markus Fierz, 26. September 194972. Brief an Martin G6hring, 2. Juni 195473. Brief an Pas~ual Jordan, 19. Mai 1954

74. Brief an Gerhard Huber, 30. September 195875. Brief an Markus Fierz, 30. Oktober 1958. Man vergleiche hierzu Paulis Vortrag: Die

philosophische Bedeutung der Idee der KomplementariHit. In: Experientia 6, 72-81

(1950); CSP II, S. 1149-115876. Albert Einstein/Hedwig und Max Born: BriefwechseI1916-1955. Munchen 1969, S.

30177. Werner Heisenberg: Uber die Arbeiten zur technischen Ausnutzung der Atomkerne­

nergie in Deutschland. In: Die Naturwissenschaften 33, 325-329 (1946)

78. Brief an Werner Heisenberg, 25. Dezember 194679. Rundschreiben Paulis "fur die Physiker der alteren Generation" (Ende 1933/Anfang

1934).80. Briefan Werner Heisenberg, 7. Januar 1957. Scherzhaft fugte Pauli hinzu: "Bin ich also

zwischen zwei Feuern, so habe ich eine gute Chance, das richtige zu finden."81. Carl Friedrich von Weizsacker: Erinnerungen an Wolfgang Pauli. In: Zeitschrift fur

Naturforschung 14a, 439-440 (1959)82. ,Brief an Oskar Klein, 7. September 193583. Brief von Werner Heisenberg, 22. Marz 193584. Markus Fierz: Pauli, Wolfgang. In: Dictionary of Scientific Biography. Vol. X. New

York 1974~ S. 422-425

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Anmerkungen XLVII

85. Man vergleiche Borns Kornmentare zum Briefwechsel mit Einstein (Anm. 74),insbesondere S. 301

86. Brief von Llewelyn H. Thomas an Samuel Goudsmit, 15. Marz 192687. Oskar Klein: Wolfgang Pauli. In: Kosmos 37, 9-12 (1959). Zitiert nach einer von O.

Klein selbst angefertigten deutschen Ubersetzung im Pauli-NachlaB.88. Brief von Paul Ehrenfest, 31. Oktober 193289. Brief von Erwin Schrodinger, 15. Dezember 1926 [151]90. Brief von Arnold Sommerfeld, 1. Januar 193991. Hendrik Antony Kramers: Physiker als Stilisten. In: Die Naturwissenschaften 23,297­

301 (1935)92. Physik - Wohin? [Podiumsgesprach bei der 40. Physikertagung in Bonn]. In: Bild der

Wissenschaft. Heft 4/1977, S. 168-18193. Karte von Albert Einstein an Felix Klein, 15. Dezember 191794. Brief an Albert Einstein, 6. September 193895. Brief an Oskar Klein, 12. Dezember 193096. Brief von Arnold Sommerfeld an Alfred Lande, 3. Marz 192197. Werner Heisenberg: Der Teil und das Ganze. Vorwort.98. Brief von Niels Bohr an Hans Geiger, 21. April 192599. Brief von Ralf Kronig an Samuel Goudsmit, 5. April 1925

100. Henry E. Sigerist: Nationalism and internationalism in medicine. In: Bulletin of theHistory of Medicine 21, 5-16 (1947)

101. Brief von Max Planck an Wilhelm Wien, 13. Juni 1922102. Wissenschaftliche Selbstbiographie, In: Max Planck, Physikalische Abhandlungen und

Vortrage. Bd. III. Braunschweig 1958, S. 389103. Brief an Werner Heisenberg, 15. Juni 1935104. Brief an Oskar Klein, 12. Dezember 1930105. Carl Friedrich von Weizsacker: Erinnerungen an Wolfgang Pauli. In: Zeitschrift fur

Naturforschung 14a, 439-440 (1959)106. Verzeichnis der Schriften von Werner Heisenberg. Zusammengestellt von Annemarie

Giese. In: Denken und Umdenken. Munchen 1977, S. 260-273107. Hans Thirring, Rundfunkansprache zum Tode Paulis. Osterr. Rundfunk II. Freitag,

19. Dezember 1958108. Brief von Paul Ehrenfest, 31. Oktober 1932

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Faksimile des Briefes auf Seite 512.

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