Sozial und kulturell geprägte Erziehungsstile

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Christine Saemisch, Dr. phil., [email protected]

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Was verbinden Sie mit dem Begriff Erziehung?

bibliothek-uni-augsburg.de

Liebe/Zuwendung Strenge/Bestrafung

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Oder das?

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1. Erziehung

Fragen zur Erziehung aus psychologischer Perspektive

• was leitet und beeinflusst das Erziehungsverhalten?

und

• wie können sich die jeweiligen Erziehungspraktiken auf die Entwicklung und das Verhalten der Kinder und Jugendlichen auswirken.

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1. Erziehung

Was bedeutet Erziehung aus psychologischer Perspektive:

• die positiven Persönlichkeitseigenschaften/positives Verhalten des Kindes erkennen, fördern und festigen

• die „ungünstigen“ Eigenschaften oder Verhaltensweisen möglichst beseitigen oder schwächen

Das ist abhängig von

• den Erziehungszielen der Eltern und• vom sozialen und kulturellem Hintergrund

Kinder und Jugendliche

Christine Saemisch, Dr. phil., [email protected] Kinder und Jugendliche

2. Erziehungsstile

Wie wird erzogen? Welche kulturübergreifenden Praktiken werden eingesetzt, um Kinder zu erziehen?

Fotali

Kinder und Jugendliche

Christine Saemisch, Dr. phil., [email protected] Kinder und Jugendliche

2. Erziehungsstile

Diana Baumrind (*1927 New York - )Entwicklungspsychologin und führende Forscherin im Bereich Kindererziehung

unterschied zwischen 3 Arten elterlicher Kontrolle:

1. der autoritativen 2. der autoritären und 3. der permissiven

• im weiteren um den „vernachlässigenden Erziehungsstil“ ergänzt.

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2. Erziehungsstile – Prototypen (Grundmuster)

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2.1 Autoritativer Erziehungsstil:

Zeichnet sich aus durch:

• emotionale Wärme (liebevolle Zuwendung)• klare, entwicklungsangemessene Regeln und

Anforderungen (Kinder werden weder über- noch unterfordert)

• Begründung der Erziehungsmaßnahmen • Unterstützung der Selbständigkeit der Kinder • Berücksichtigung der kindlichen Interessen • das Setzen von Grenzen • das Einhalten der Grenzen wird erwartet

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2.2 Autoritärer Erziehungsstil

• Selbstbestimmung des Kindes wird (stark) eingeschränkt

• es wird wenig Freiraum geben• Entscheidungen der Eltern werden nicht

diskutiert (warum darf ich nicht raus?)• es wird strikter Gehorsam erwartet• auch körperliche Strafen als Erziehungsmaßnahme• es wird wenig Unterstützung gegeben • es gibt wenig Nähe und Wärme• es herrscht ein insgesamt feindseliges Familienklima

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2.3 Permissive – nachgiebige Eltern

• Stellen wenig Anforderungen (z. B. Hilfe im Haushalt, in der Schule anstrengen)

• üben wenig Kontrolle aus• lehnen Zwänge ab• vermeiden Bestrafung • geben viele Freiheiten• die Kinder steuern ihr Verhalten weitgehend selbst

• es herrscht ein warmherziges, dem Kind zugewandtes Verhalten

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2.4 Vernachlässigende Eltern:

• übernehmen keine Erziehungsverantwortung• haben häufig starke, eigene Probleme (Alkohol, Drogen,

psychischen Erkrankungen)• keine emotionale Zuwendung• keine Lenkung des kindlichen Verhaltens• geben ihren Kindern keine Unterstützung• sind teilnahmslos • interessieren sich nicht für die Entwicklung/das Leben des

Kindes

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2.5 Autoritativer Erziehungsstil am günstigsten:

viel Liebe, Zuwendung und Freiheiten geben – jedoch auch Grenzen setzen:

ForschungsergebnisseAutoritativ erzogene Kinder

• erscheinen reifer (weiter in ihrer Entwicklung)• sind sozial kompetenter (z. B. können sich besser in

Gruppen durchsetzen und dennoch einfügen)• haben einen höheren Selbstwert• neigen seltener zu Verhaltensproblemen.

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2.6 Wechselseitige Verhaltensbeeinflussung

• Grundlegenden Erziehungsstile (Prototypen) in unterschiedlicher Ausprägung in allen Kulturen zu finden

Gingen von einseitiger Beeinflussung des Kindes aus:

• Eltern erziehen – Kind reagiert• Vernachlässigung der Tatsache, dass Reaktion des

Kindes weiteres Verhalten der Eltern bestimmt

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2.6 Wechselseitige Verhaltensbeeinflussung

Mittlerweile wird Erziehung aus systemischer Perspektive betrachtet.

ErziehungErziehung

ReaktionReaktion

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3. Familiensystem

3.1 Was ist ein System Beispiel: menschlicher Körper

• besteht aus mehreren Teilsystemen, die sinnvoll miteinander verbunden sind

• zwischen Teilsystemen ständig Austausch-prozesse (Herz, Leber, Niere usw.)

• Funktion von Kreislauf, Atmung, Stoffwechsel = dient Lebenserhaltung Quelle: physiologie-online

• jedes Körperteil leistet Beitragzur Erhaltung des Ganzen.

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• mehrere Persönlichkeiten sind(Teilsysteme)

• miteinander verbunden• es kommt zu ständigen • Austauschprozessen

(Kommunikation, Interaktion)

• Im Idealfall:Reibungsloses Zusammenspiel aller Familienmitgliedergarantiert die Stabilität des Familiensystems

3.2 Familiensystem

Vater Mutter

Kinder

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3.3 Familiensystem – Einfluss auf das Erziehungsverhalten

Erziehungsverhalten

Vater Mutter

Kinder

PaarbeziehungElternpersönlichkeit Entwicklungsgeschichte

ElternpersönlichkeitEntwicklungsgeschichte

KindmerkmaleEntwicklung

KindmerkmaleEntwicklung

männlich/weiblich

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3.3.1 Elternpersönlichkeit Wirkung Erziehungsverhalten

Forschungsergebnisse:Eltern mit geringem Selbstbewusstsein: • haben häufig ein geringeres Wissen über Kindererziehung, • sind im Umgang mit dem Kind weniger feinfühlig, weniger

einfühlsam

Depressive Mütter:• sind weniger aufmerksam hinsichtlich des Befinden ihres

Kindes • erziehen inkonsequenter (z.B. Strafe ankündigen, dann

nicht einhalten)• neigen zu härterer Bestrafung

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3.3.2 Partner/Elternbeziehung Wirkung Erziehungsverhalten

Forschungsergebnisse:

Streit/ungelöste Konflikte:• Eltern stark mit eigenen Problemen belastet• geringe Beaufsichtigung der Kinder• vorübergehende elterlicher Strenge

Jedoch: lösen die Eltern ihre Probleme – hat das eine

• positive Wirkung auf kindliches Sozialverhalten und • das Kind erlernt Problemlösungsmöglichkeiten

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3.3.3 Kindmerkmale/Entwicklung Wirkung Erziehungsverhalten

Forschungsergebnisse:

Attraktivität:• besonders hübsches, intelligentes oder lustiges Kind

„Schwieriges“ Temperament (besonders wild, aktiv):

• ist eine herausfordernde Erziehungsaufgabe• Eltern sind häufig angespannt• Anspannung belastet Paarbeziehung• zweifeln an ihrer Fähigkeit Kinder erziehen zu können

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3.3.4 Geschlecht des Kindes Wirkung Erziehungsverhalten

Werden Mädchen und Jungen unterschiedlich erzogen?

Neuere Studien (2011, 2012, Vorschulkinder):

• Mädchen werden häufiger unterstützt und gelobt• Jungen werden insgesamt strenger erzogen• Jungen wurden nicht häufiger körperlich bestraft (Klapse,

Ohrfeigen, Schläge).

Eltern wollen keine Unterschiede machen bei Erziehung...tun sie das wirklich nicht?..

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4. Gesellschaftlicher/kultureller Einfluss auf das Erziehungsverhalten

Kernfamilie

Verwandte

Freunde/Bekannte

Kita Arbeitsplatz

Schule

Ges

ells

chaf

t Kultur

Näheres Umfeld

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4.1 Näheres Umfeld

4.1.1 Soziale Netzwerke

• Freunde, Bekannte, Nachbarn - Einfluss auf das Erziehungs- und Sozialverhalten der Kinder

• Eltern keine sozialen Kontakte (Umzug, Migration): weniger sensibel im Umgang mit dem Kind, ungeduldiger, stellen häufiger in Frage erziehen zu können

• Eltern viele soziale Kontakte – gelassener, sicherer im Umgang mit dem Kind (Erziehungstipps, Kinderbetreuung)

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4.1.2 Verwandte

Einfluss kann sehr positiv sein, z. B:

• Kinderbetreuung• Tipps bei Problemen• Hilfe im Haushalt• Finanzielle Unterstützung

Kann belastend sein:• mischen sich in Kindererziehung ein• generell Streit mit der Herkunftsfamilie

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4.1.3 Kindergarten/Schule

• Gute Eingliederung Kita = positive Wirkung auf Verhaltensentwicklung/Erziehungsverhalten

• ungünstiger Verlauf = erzeugt Stress, Druck

• „gute“ Schüler/in = Zufriedenheit• „schlechte“ Noten, ungünstige Integration (frech, laut),

Schule schwänzen = Stress, Druck, Streit

Abhängig davon, welchen Wert Familie auf Bildung legt.

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4.1.3 Kindergarten/Schule - Gleichaltrige

• anpassen an die Gruppe, Kleidung, Frisur usw.• häufig Streitpunkt in der Familie• Auswirkung auf Verhaltensentwicklung und

Erziehungsmaßnahmen

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4.1.4 Arbeit der Eltern

• insgesamt unzufrieden mit dem Job• hohe Arbeitsbelastung• Mobbing am Arbeitsplatz• drohende Kündigung

Auswirkungen:• weniger zugänglich für die Bedürfnisse der Kinder• ungeduldiger• strenger• belastet auch Partnerschaft

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Wechselseitige Verhaltensbeeinflussung: Beispiel Stress am Arbeitsplatz

(Patterson: Petermann & Petermann, 2000))

Coercion theory(Zwangsprozess-Theorie)

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4.2 Gesellschaftlicher Einfluss

4.2.1 Werte und Normen

Was ist darunter zu verstehen:

Werte• Erstrebenswerte Ziele, Verhaltensweisen, Eigenschaften,

Situationen, Objekte...... • wünschenswerte Vorstellungen (moralische,

religiöse, politische)

Gesellschaftliche Normen • basierend auf Werten: konkrete Vorschriften und

Regeln (Gesetze) für das soziale Zusammenleben

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Gerechtigkeit Arbeit Ehrlichkeit

ToleranzRüc

ksic

ht Zuverlässigkeit

Gleichberechtigung

Hilfsbereitschaft Mor

al

Familie

Vertrauen

Gesundheit Frieden

SolidaritätFreundlichkeitTreue

Nächstenliebe

Sich

erhe

it

Höf

lichk

eit

Zusammenhalt

Liebe

VerständnisG

eldBildung

Menschlichkeit

Sozi

ales

Ver

halte

n

Pünktlichkeit

Ach

tung

Aufrichtigkeit

Würde

Welche Werte sind Ihnen wichtig?

Freiheit

Fleiß

Respekt

Leis

tung

Macht

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Was sagen die anderen?

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4.2.2 Beabsichtigte und nicht bewusste (Erziehung) Weitergabe von Normen und Werten

Beabsichtigt:Vermittlung durch Gebote und Verbote:• „Du sollst dein Zimmer aufräumen“• „Du darfst nicht stehlen“, denn dann...“

Unbeabsichtigt/“Lernen am Modell“:• Rollenbilder• Familienideale• Durchsetzungsvermögen

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2. Beabsichtigte und nicht bewusste (Erziehung) –Weitergabe von Normen und Werten

Unbeabsichtigt/“Lernen am Modell“:

• Religion• Ernährung• Gesundheit• Sozialverhalten

• Vorurteile und Einschätzungen aus Herkunftsfamilie/-schicht

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4.2.2 Beabsichtigte und nicht bewusste (Erziehung) Weitergabe von Normen und Werten

Was fällt Ihnen spontan ein?

• Wer etwas leistet, der.............• Von unseren Steuern wird.........• Das Wichtigste im Leben ist......• Seinen Eltern gegenüber sollte man.......• Es hat mir auch nicht geschadet, dass......

• Auch unbewusste Weitervermittlung von Vorurteilen gegenüber anderen Rassen, Nationalitäten, Minderheiten oder bestimmten Menschengruppen.

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4.2.2 Beabsichtigte und nicht bewusste (Erziehung)Weitergabe von Normen und Werten

Eltern wollen kein Unterschiede bei Erziehung zwischen Jungen und Mädchen machen. Tun es dennoch:

• indem sie unbewusst geschlechtsspezifisch erziehen

• Mädchen sollen sich wie Mädchen verhalten und Jungen wie..... (geschlechtstypische Rollenerwartung)

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4.2.2 Beabsichtigte und nicht bewusste (Erziehung)Weitergabe von Normen und Werten

• durch den Kauf von geschlechtstypischem Spielzeug (Mädchen Puppen, Jungen Fußbälle) oder

• geschlechtstypischer Kleidung

Fotalia

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4.2.3 Soziale Schichtzugehörigkeit

Kernfamilie

Verwandte

Freunde/Bekannte

Kita Arbeitsplatz

Schule

Ges

ells

chaf

t Kultur

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4.2.3 Soziale Schichtzugehörigkeit

Einkommen Vermögen

BildungBeruf

Soziale LageSoziale HerkunftWerteorientierun

gLebensweiseLebensziele

Eliten Oberschicht/ Obere MittelschichtEliten Oberschicht/ Obere Mittelschicht

Mittlere Mittelschicht

Untere Mittelschicht/Unterschicht

Untere Mittelschicht/Unterschicht

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4.2.3 Soziale Schichtzugehörigkeit

Werte in den einzelnen Schichten unterschiedlich hoch eingeschätzt

• Bildung, Leistungserwartung an Kinder/Jugendliche

• unterschiedliche Familienideale (z. B. mehr/weniger Zusammenhalt)

• unterschiedliche Rollenbilder (z. B. Vater Ernährer der Familie)

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• andere Ernährung/Vorstellung von Gesundheit

• unterschiedliche Vorstellungen von Ordnung, Disziplin, Sparsamkeit

• Medienkonsum (Computer, Fernseher).

4.2.3 Soziale Schichtzugehörigkeit

Schau! Er spricht Schau! Er spricht sein erstes

Wort“.

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Gesundheitsverhalten Jugendliche Deutschland

(Quelle Daten: Robert-Koch-Institut, 2010, Berlin, KIGGS)

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4.2.3 Soziale Schichtzugehörigkeit

• Wahrnehmung sozialer Unterschiede bereits im Kindergarten und frühen Grundschulalter

• arm/wohlhabend – gebildet/ungebildet oder mittendrin

• Vor-/Nachteil der Schichtzugehörigkeit erst im frühen Grundschulalter bewusst

• Erinnerung an Ausgrenzung, Demütigung, Benachteiligung noch als Erwachsener.

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Sozial und kulturell geprägte Erziehungsstile

4.2.3 Soziale Schichtzugehörigkeit

Kernfamilie

Verwandte

Freunde/Bekannte

Kita Arbeitsplatz

Schule

Ges

ells

chaf

t Kultur

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4.2.4 Einfluss kultureller Modelle – Prototyp (Grundmuster)

WestlicheMittelschicht/Europa/USA –Stadt

kindzentriert

Nicht westliche Gesellschaften- Land (z. B. Afrika, Asien, Südamerika

Gemeinschaft/familienorientiert

• Kind steht im Mittelpunkt

• Gleichberechtigung

• Erziehung liegt ausschließlich bei den Eltern

• nehmen ggf. Ratgeberliteratur zu Hilfe, suchen Unterstützung in Beratungsstellen

• Eingliederung in die sozialeGemeinschaft im Mittelpunkt

• Familie hierarchisch (Rangordnung) aufgebaut

• alle Generationen nehmen am Tagesablauf und Erziehung teil

• Erziehung der Kinder öffentlich, ganze Dorf beteiligt

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4.2.4 Einfluss kultureller Modelle – Prototyp (Grundmuster)WestlicheMittelschicht/Europa/USA

kindzentriert

Nicht westliche Gesellschaften - Land (z. B. Afrika, Asien, Südamerika)

Gemeinschaft/familienorientiert

Erziehungsziele:

• Selbständigkeit

• Unabhängigkeit

• Selbstbestimmung

• eigene Interessen u. Talente entwickeln

Erziehungsziel:

• Familie unterstützen, helfende Hände – insbesondere auf dem Land

• Respekt u. Gehorsam gegenüber Eltern und Älteren

• Wohl der sozialen Gemeinschaft/ Familie steht im Mittelpunkt

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4.2.4 Einfluss kultureller Modelle – Prototyp (Grundmuster)

Es gibt viele Abstufungen/Mischformen

• d. h. mehr oder weniger strenge Erziehung, Selbstbestimmung

Das ist abhängig• vom Grad der Bildung, der wirtschaftlichen Situation der

Familie, der Familienstruktur (mehrere Kinder, Großeltern im Haushalt usw.)

• es gibt nicht die typisch deutschen, die typisch türkischen oder typisch russischen Erziehungspraktiken.

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5. Erziehungsverhalten und Migration

Zentrale Werte vieler Migrationsfamilien: • soziale Verantwortung,• Gehorsamkeit gegenüber der Eltern, • Respekt vor Älteren

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5. Erziehungsverhalten und Migration

Herausforderung für diese Familien:

(Fotalia)

• ihre Erziehungsziele und –praktiken an die aufnehmende Gesellschaft anzupassen

• befürchten, sich von Werten des Herkunftslandes zu entfernen

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5. Erziehungsverhalten und Migration

• Eltern Konflikt: wollen sich anpassen – dennoch kulturelle Wurzeln nicht ganz aufgeben

• durch Kita und Schule schnellere Anpassung der Kinder/Jugendlichen an aufnehmende Gesellschaft

• Eltern reagieren mit strengerer Erziehung und Bestrafung

• Eltern wollen kulturelle Bindung ans Herkunftsland wieder herstellen.

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6. Autoritativer Erziehungsstil in anderen Kulturkreisen/ unterschiedlichen sozialen Schichten

Autoritativer Erziehungsstil am günstigsten?

Zur Erinnerung:

• emotionale Wärme (Liebe, Zuwendung)• klare, der Entwicklung des Kindes angemessene Regeln

und Anforderungen • Erziehungsmaßnahmen werden begründet• Selbständigkeit der Kinder und Jugendlichen unterstützt• Interessen der Kinder/Jugendlichen ernstgenommen• gleichzeitig Grenzen setzten und deren Einhaltung

erwarteten

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6. Autoritativer Erziehungsstil in anderen Kulturkreisen/ unterschiedlichen sozialen Schichten

Bei welchen Kindern/Jugendlichen/Gruppen könnte der autoritative Erziehungsstil nicht der günstigste oder wenig hilfreich sein?

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6. Autoritativer Erziehungsstil in anderen Kulturkreisen/ unterschiedlichen sozialen Schichten

6.1 Studienergebnisse

• Für chinesische Kinder oder Kinder mit Migrationshintergrund oder Kinder aus sozial schwachen Familien nicht immer der sinnvollste Erziehungsstil

• insbesondere in entwicklungsgefährdenden Umwelten straffe Lenkung und Kontrolle der Kinder/Jugendlichen nützlicher

Wirkung bestimmter Erziehungspraktiken auf die Kinder unhinterfragt auf unterschiedliche soziale und kulturelle Gruppen zu übertragen ist problematisch.

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6.2 Kulturelle und normative Brille

Nicht nur Migrationsfamilien andere Werte und Erziehungsverhalten sondern auch

• Familien mit behinderten Kindern

• kinderreiche Familien

• von Armut betroffene Familien

Alle unterschiedliche Vorstellungen was wichtig ist im Leben.

KulturUnsereNormenWerte

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6.2 Kulturelle und normative Brille

Wir• schauen durch unsere kulturelle Brille

• messen Verhalten anderer an unseren Werten und Normen

• beurteilen aus unserer Sichtweise was „gut“/“schlecht“ ist.

unsere Kultur

unsere NormenWerte

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Zum Nachdenken:

Was hat das nun mit Inklusion zu tun?

Wie kann man sich verhalten, wenn die Erziehungspraktiken der Eltern für uns nicht akzeptabel sind?

Kinder und Jugendliche

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Studie 2012

Neuere Erkenntnisse

Fotalia

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6. Erziehungsstil und Sozialverhalten der Kinder

7.1. Positives Elternverhalten: freundliches, gefühlsmäßig warmes Erziehungsverhalten

führt bei den Kindern zu:

mehr prosozialem Verhalten (anderen helfen, mitfühlend sein, teilen)

und weniger Problemverhalten:(z. B. stehlen, Dinge zerstören, lügen)

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7.2 Stark kontrollierendes, Grenzen setzendes und regelndesund normatives Erziehungsverhalten

führt bei den Kindern: zu mehr Problemverhalten.

Ebenso wie Überbehütung: „Helikopter Eltern“

• ständig überwachen und behüten• ständig in der Nähe• ständig in die Angelegenheiten der Kinder

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7.2 „Helikopter Eltern“

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7.3 Inkonsistenz: Strafen androhen, dann doch nicht strafen, jenach Laune – mehr oder wenig streng erziehen

führt beim Kind/Jugendlichen zu:

• mehr Problemverhalten (Hyperaktivität, Unaufmerksamkeit, Zerstörung, Verhaltensauffälligkeiten)

• emotionalen Störungen (Ängstlichkeit, traurig/depressiv sein, unglücklich sein, weinen und sich nicht wohl fühlen)

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6.4 Körperliche Strafen: schütteln, einen Klaps geben, wenn esetwas falsch macht, Ohrfeigen geben, schlagen

führt beim Kind/Jugendlichen zu:

• mehr Problemverhalten (Hyperaktivität, Unaufmerksamkeit, Zerstörung, Verhaltensauffälligkeiten)

• mehr Aggressionen: kämpft mit anderen Kindern, greift andere Kinder an: schreit/schlägt/oder beißt

• emotionalen Störungen (Ängstlichkeit, traurig/depressiv sein, unglücklich sein, weinen und sich nicht wohl fühlen)

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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Inhalt1. Erziehung2. Erziehungsstile – Prototypen – Grundmuster2.1 Der autoritative Erziehungsstil2.2 Der autoritäre Erziehungsstil2.3 Der permissive (nachgiebige) Erziehungsstil2.4 Der vernachlässigende (indifferente) Erziehungsstil2.5 Vorteil des autoritativen Erziehungsstils2.6 Wechselseitige Verhaltensbeeinflussung3. Familiensystem und Erziehung3.1 Was ist ein System3.2 Familiensystem3.3 Familiensystem - Einfluss auf das Erziehungsverhalten3.3.1 Persönlichkeitsmerkmale der Eltern3.3.2 Partner-/Elternbeziehung3.3.3 Merkmale/Entwicklung des Kindes3.3.4 Einfluss des Geschlechts auf das Erziehungsverhalten

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Inhalt

4. Gesellschaftlicher/kultureller Einfluss auf dasErziehungsverhalten

4.1 Näheres soziales Umfeld4.1.1 Soziale Netzwerke4.1.2 Verwandte4.1.3 Kindergarten/Schule4.1.4 Arbeit der Eltern4.2 Gesellschaftlicher Einfluss4.2.1 Werte und Normen4.2.2 Beabsichtigte und nicht bewusste Vermittlung von Normen

und Werten4.2.3 Soziale Schichtzugehörigkeit4.2.4 Einfluss kultureller Modelle auf die Erziehung5. Erziehungsverhalten und Migration

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Inhalt

6. Autoritativer Erziehungsstil in anderen Kulturkreisen/unterschiedlichen sozialen Schichten

6.1 Studienergebnisse6.2 Kulturelle/normative Brille

7. Erziehungsstil und Sozialverhalten der Kinder – neuereErkenntnisse

7.1 Positives Elternverhalten7.2 Stark kontrollierendes, Grenzen setzendes, normatives

Erziehungsverhalten7.3 Inkonsistentes Erziehungsverhalten7.4 Körperliche Strafen

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