Soziale Barrieren Wege ins Studium und Wege im … · Bildungsvererbung und sozialstrukturelle...

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Prof. Dr. Andrä Wolter Soziale Barrieren – Wege ins Studium und Wege im Studium Beitrag zur Tagung: Soziale Durchlässigkeit – Wege ins Studium und Wege im Studium TH Köln, 20. Mai 2016 DGB NRW – HBS – FES – TH Köln

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Prof. Dr. Andrä Wolter

Soziale Barrieren –Wege ins Studium und Wege im

Studium

Beitrag zur Tagung: Soziale Durchlässigkeit – Wege ins Studium und Wege im Studium

TH Köln, 20. Mai 2016

DGB NRW – HBS – FES – TH Köln

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Gliederung

(1) Ungleichheit und (Hochschul-)Bildung: Vorbemerkungen

(2) Primäre und sekundäre Herkunftseffekte

(3) Die Produktion ungleicher Beteiligung im Schulsystem

(4) Soziale Ungleichheit beim Hochschulzugang –national und international

(5) Erklärungsansätze zur Stabilität und Verstärkung sozio-kultureller „Vererbungs“mechanismen

(6) Kumulation sozialer Exklusion („Bildungsarmut“) im Lebensverlauf

(7) Schlussfolgerungen

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Ungleichheit und Bildung: „Alter Wein in neuen Schläuchen“?

(1) Soziale Ungleichheit in der Hochschulbildung ist ein seit langem (in Wellen) thematisiertes Problem.

(2) Die Bedeutsamkeit des Themas ergibt sich aus dem engen Zusammenhang zwischen Bildungs-, späterem Erwerbsstatus und sozialen Lebenschancen.

(3) Die wesentlichen Einflussbedingungen sind lange bekannt und werden durch neue Daten und Verfahren immer wieder bestätigt.

(4) Mit der Bildungsexpansion war seit den 1960er Jahren die Hoffnung verbunden, die sozialen Disparitäten in der Bildungsbeteiligung zu reduzieren. Diese Hoffnung hat sich nur teilweise realisiert.

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Ungleichheit und Bildung: „Alter Wein in neuen Schläuchen“?

(5) Die Selektivität an der Schwelle des Hochschulzugangs ist in D. gering. Die Ungleichheit der Studierchancen wird primär von der Selektion im Schulsystem bestimmt. Das Potential der Studien-berechtigten ist bereits erheblich „vorgefiltert“.

(6) Dennoch findet auch noch eine zusätzliche Selektion bei der Studienaufnahme statt (z.B. bei der Studienentscheidung, Zulassungsbeschränkungen). Sie setzt sich im Studienverlauf fort (Übergänge in MA, Promotion).

(7) Die sozialen Disparitäten beim Hochschulzugang setzen sich aus der Summe der bis zum Abitur akkumulierten Disparitäten plus der beim Hochschulzugang noch hinzukommenden Selektion zusammen.

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0

10

20

30

40

50

60

70

In %

Studienberechtigte mit allg. Hochschulreife

Studienberechtigte mit Fachhochschulreife

Studienberechtigte insgesamt

Quelle: Statistisches Bundesamt, bis 1992 nur BRD, ab 1992 Gesamtdeutschland

Anteil der Schulabgänger/-innen mit Studienberechtigung an der Alterskohorte, 1950-2014

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Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Hochschulstatistik

Hochschulexpansion: Entwicklung der Studienanfängerquote 1950 – 2015

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Primäre und sekundäre Herkunftseffekte

(1) Im Schulsystem – insbesondere an den Übergangs-stellen – greifen primäre u. sekundäre Mechanismen ineinander.

(2) Primäre Effekte beschreiben den Einfluss von Herkunft auf die Kompetenz-/Leistungsentwicklung (z.B. der Zusammenhang zwischen Familie und sprachlicher Kompetenz).

(3) Sekundäre Effekte beschreiben den Einfluss der Herkunft auf familiale Bildungsentscheidungen oder Schullaufbahnentscheidungen bzw. -empfehlungen.

(4) Diese Unterscheidung ermöglicht eine Kontrolle der kognitiven Kompetenz oder der Schulleistung, berücksichtigt also individuelle Leistungsunterschiede.

(5) Für die soziale Differenzierung von Bildungsentschei-dungen ist das kulturelle Kapital der Familie wichtiger als das ökonomische Kapital.

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Relative Chancen des Sekundarschulbesuchs in Abhängigkeit von der Sozialschichtzugehörigkeit

(Verhältnisse der Beteiligungschancen, odds ratios)*

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Sonderschule

Modell2)

I II III I II III I II III I

(I) Obere Dienstklasse .49 .55 .71 4.28 3.40 2.96 .56 .61 .63

(II) Untere Dienstklasse .46 .54 .62 3.34 2.75 2.38

(III) Routinedienstleistungen ns ns ns 1.80 1.83 1.79

(IV) Selbstständige ns ns ns 1.87 1.79 1.61

(V, VI) Facharbeiter

(VII) An- und ungelernte Arbeiter 1.50 1.33 ns ns ns ns 1.51 1.52 1.42 1.70

Sozialschicht der Bezugsperson

(EGP-Klassen)1)

 

Bildungsgang (Referenz: RS; Referenz für die SO: HS)

ns

Hauptschule Gymnasium Integrierte Gesamtschule

Modell2)

Modell2)

Modell2)

* Nur statistisch signif ikante Befunde ausgew iesen.

1)   Angabe des Vaters, w enn diese fehlt, für die Mutter/ deren Ersatzperson; fehlende Angaben für 3,1% der Familien imputiert.

2)  Modell I: Ohne Kontrolle von Kovariaten; Modell II: Kontrolle von kognitiven Grundfähigkeiten; Modell III: Kontrolle von kognitiven Grundfähigkeiten und Lesekompetenz.

ns

Referenzklasse (odds=1)

Quelle: Deutsches PISA-Konsortium (2001), "PISA 2000 - Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern im internationalen Vergleich", S. 357 (Tabelle 8.10)

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10Quelle: Prenzel/Sälzer u.a. (Hrsg.):PISA 2012

Prozentuale Anteile von Schülerinnen und Schülern, deren Lesekompetenz auf Kompetenzstufe Ia oder darunter liegt, differenziert nach EGP-Klassen (Bezugsperson)

zwischen PISA 2000 und 2012 in der BRD

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11Quelle: Prenzel/Sälzer u.a. (Hrsg.):PISA 2012

Prozentuale Anteile der Schülerinnen und Schülern in den Schularten, differenziert nach EGP-Klassen im Vergleich

zwischen PISA 2000 und 2012 in der BRD

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12Quelle: Bildungsbericht 2014

Studienwahrscheinlichkeit von Studienberechtigten, 1996-2012, nach Berufsabschluss ihrer Eltern: Relevanz sekundärer Herkunftseffekte

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13Quelle: DSW/HIS-HF 20. Sozialerhebung

Höchster beruflicher Abschluss der Eltern von Studierenden 1985 - 2012

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14Quelle: Bildungsbericht 2012 – Abb. F1-4A (für Präsentation leicht angepasst)

Hochschulzugang nach Bildungsherkunft 2009 (in %)

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15Quelle: EUROSTUDENT V 2012-2015, Eurostat

Studierende aus nicht-akademischen Elternhäusern und Bevölkerung mit höchstem Abschluss, ISCED 0-4 (2011)

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Bildungsvererbung und sozialstrukturelle Stabilität

(1) Streitfrage: Hat die Bildungsexpansion die soziale Ungleichheit der Bildungschancen reduziert oder verstärkt?

(2) Doppelte Funktion von Bildung: soziale Reproduktion (Statuserhalt) und soziale Mobilität.

(3) In Deutschland hat die soziale Reproduktionsfunktion eine dominierende Bedeutung. Dies gilt insbesondere für die akademische Klasse.

(4) Aufwärtsmobilität ist in D. insgesamt eher schwach ausgeprägt (19 %), im Hochschulbereich stärker.

(5) Mobilität zwischen Bildungsstufen wird über ISCED-97 durch Zusammen-fassung zu drei Stufen gemessen. Wenn in einem Staat bereits ein hoher Bildungsstand erreicht ist, gibt es nur noch wenig Aufwärtsmobilität.

(6) Vergleichswerte für Aufwärtsmobilität: Korea 61 %; Irland, Italien 45 %; Spanien, Frankreich, Finnland 39 – 41 %; Niederlande, Australien, Polen 36 –38 %

(7) Deutsche Legitimation: Vom Oberstudienrat zum Tischler ist keine Abwärts-mobilität! Frage: Warum werden dann in D aus Akademikerkindern wieder Akademiker/innen?

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Kontinuität von Exklusionsmechanismen

(1) Veränderter Bildungsstand in der Bevölkerung als Folge früherer Expansionswellen (“upgrading“)

(2) „Akademische Bildung will erhalten werden“! → familiäre „Vererbung“ kulturellen Kapitals: Akademische Selbstreproduktionsquote liegt zwischen 70 und 80 %.

(3) Die soziale Struktur des Hochschulzugangs ist exklusiver geworden → Der Anteil der akademischen Klasse unter den Studierenden hat weiter zugenommen.

(4) Der Anteil der „first-generation students“ beträgt z.Z. ca. 50 % - mit abnehmender Tendenz (im 2-Generationen-Vergleich).

(5) Offensichtlich werden zunächst die Potentiale der akademische Klasse voll ausgeschöpft, bevor eine soziale Öffnung eintritt (Raftery/Hout 1993: Maximally Maintained Inequality).

(6) Selbstselektion (z.B. durch Studienverzicht aufgrund befürchteter finan-zieller Belastungen) angesichts beruflicher Alternativen spielt eine zentrale Rolle.

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Theoretische Erklärungsansätze

(1) Interessen- und konflikttheoretische Ansätze (Bourdieu, Collins): Disparität ist das Resultat bildungsbezogener Investitionsstrategien privilegierter sozialer Klassen zur Verteidigung ihrer Vorteile in der Statuskonkurrenz.

(2) Saturierungshypothese (Baethge, Raftery/Hout): soziale Öffnung tritt erst ein, wenn die privilegierten Gruppen ihre Chancen und Potenziale nahezu ausgeschöpft haben.

(3) Theorie der rationalen Wahl (Boudon, Ericsson u.a.): Es wird diejenige Ausbildungsalternative gewählt, die den höchsten Nutzen, das geringste Risiko und eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit verspricht.

(4) Statuserhalt- und Ablenkungshypothese (W. Müller, R. Becker): Vorteile beruflicher Bildung für Jugendliche aus „bildungsfernen“ Familien vs. akademischer Statuserhalt bei den anderen.

(5) Selektionshypothese (Mare): Selektionseffekte vermindern sich von Stufe zu Stufe aufgrund der vorangegangenen Homogenisierungseffekte.

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Strategien zur sozialen Öffnung des Hochschulzugangs

(1) Reduktion primärer und sekundärer Herkunftseffekte in der Schullaufbahn

(2) Ausbau von Wegen zur Hochschule, die über „berufliche“ Bildungseinrichtungen (z.B. Berufs-/Fachgymnasien) direkt zur Studienberechtigung führen → unterschiedliche

soziale Selektivität von Schulformen

(3) Reduktion sekundärer Ungleichheitseffekte beim Hochschulzugang (z.B. durch Studienfinanzierung)

(4) Maßnahmen, die an der Struktur des Hochschulsystems oder des Studiums ansetzen: Fachhochschulen sind sozial offener!

(5) Alternative Wege zur Studienberechtigung für Personen ohne schulische Studienberechtigung, aber mit beruflicher Qualifikation (Dritter Bildungsweg)

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Höchster Bildungsabschluss der Eltern (in %)

21Quelle: NTS-Studie, HU/DZHW 2014

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„Bildungsarmut“ –die andere Seite der Bildungsexpansion?

(1) Von der Bildungsexpansion profitieren nicht alle: die „Keller-kinder“ (Klemm) der Bildungsexpansion sind die eigentliche Problemgruppe.

(2) In D sind es vor allem zwei Gruppen: Jugendliche aus nicht-akad. Elternhäusern und solche mit einer Zuwanderungsbiographie(Intersektionalität!).

(3) Soziale Polarisierung: Je höher das Bildungsniveau und die Bedeutung formaler Bildung, desto stärker werden die Problemgruppen durch Exklusionsprozesse marginalisiert.

(4) “Over-educated society” („Akademisierungswahn“) als Legitima-tionsstrategie der sozialen Abschließung der neuen Bildungs-klasse (gilt immer nur für die anderen)

(5) „Bildungsarmut“ im Lebensverlauf: Kumulation zu einer „lebenslänglichen“ Benachteiligung?

(6) Gilt auch umgekehrt: Kumulation von Vorteilen über den Lebensverlauf.

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27 Jahre

29,1 % der unter

6jährigen leben in

mindestens einer,

3,4 % in allen drei

Risikolagen

(ökonomisch,

kulturell, sozial)

4 % aller

7jährigen

bereits in

Förder-

schulen

Chance zum

Gymnasialbesuch für

Kinder aus der oberen

Dienstklasse 2-3mal so

hoch wie für

Arbeiterkinder (bei

gleicher Kompetenz!)

21 % der 15jährigen

haben mindestens eine

Klasse wiederholt

Anteil der

Schulabgänger

ohne HS-

abschluss 5,9 %

Mehr als die Hälfte der

Jugendlichen mit/ohne

HS-abschluss ist bis zu

2½ Jahren nach

Schulabschluss noch

nicht in Ausbildung

Studierwahrscheinlichkeit bei

Jugendlichen aus einem

Akademikerhaushalt 6mal so hoch

wie bei Jugendlichen aus einer

Familie mit höchstens HS-abschluss

16,5 % der über 25jährigen ohne

Berufsabschluss, Personen mit

Migrationshintergrund mehr als doppelt so

häufig (38,4%)

Nur 2,6 % der

Studienanfänger auf

nicht-traditionellem Weg

3 Jahre

9 Jahre

6 Jahre

12 Jahre

15 Jahre

21 Jahre

18 Jahre

24 Jahre

30+ Jahre

Alter

13 % aller 15jährigen

auf/unter

Kompetenzstufe Ia bei

der Lesekompetenz

25 % aller Arbeiterkinder

(EGP V ff.) auf/unter

Kompetenzstufe I a bei

der Lesekompetenz 21,8 % der

Ausbildungsverträge

werden innerhalb von 4

Jahren wieder aufgelöst,

bei Jugendlichen ohne

HS-abschluss 34,2 %

Armutsrisiko bei

Personen mit

niedrigem

Bildungsniveau

(ISCED 0-2) bei 33 %

Anteil der funktionalen Analphabeten in

der erwachsenen Bevölkerung bei 14,5 %

(Leo-Studie)

0 Jahre

Teilnahmequote an

Weiterbildung bei

Personen ohne

Berufsabschluss halb

so hoch wie bei

Hochschulabsolventen

Erwerbsquote bei Personen ohne

Berufsabschluss um 30% niedriger als bei

Hochschulabsolventen

Qualifikationsspezifische

Arbeitslosigkeit bei Personen ohne

Berufsabschluss 8mal höher als bei

Hochschulabsolventen

Pro

ble

mla

gen

Problemlagen („Bildungsarmut“) im Lebenslauf

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Schlussfolgerungen

(1) Herkunftsbasierte Ungleichheit der Bildungschancen gibt es in allen Gesellschaften, die soziale Stratifikationsstrukturen aufweisen. In D scheinen die sozialen Unterschiede aber ausgeprägter zu sein.

(2) Zwar ist die Beteiligung an Hochschulbildung ist D in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Dennoch weist die Beteiligung an Hochschulbildung nach wie vor ein hohes Ausmaß an sozialen Disparitäten auf.

(3) Die Hochschule wird immer mehr zu einer Institution, die primär der „Vererbung“ akademischen Bildungskapitals dient.

(4) Die sozialen Disparitäten werden im Schulsystem kumulativ aufgebaut. Maßnahmen müssen primär im Schulsystem (und davor) ansetzen.

(5) Sekundäre Herkunftseffekte sind an Übergangsstellen, auch beim Hochschulzugang, von größerer Bedeutung als primäre Effekte.

(6) Historisch hat die Reproduktionsfunktion von Bildung an Bedeutung gewonnen. Das ist einer der Gründe, warum die Ungleichheitsmuster in der Bildungsbeteiligung so schwer zu verändern sind.

(7) Herkunftseffekte scheinen über den gesamten Lebensverlauf erhalten zu bleiben, wenngleich sie im Zeitverlauf etwas abnehmen.

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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„Driving forces“ der Hochschulexpansion(1) Verändertes Bildungsaspirationsniveau in der Bevölkerung: Akzeptanz

von Schulabschlüssen, Optionslogik von Bildungsentscheidungen, höhere Bildung als bürgerliche Grundausstattung

(2) Verstärkt durch erwartete (und auch weitgehend realisierte) höhere Bildungserträge (materiell wie immateriell): „Bildung lohnt sich“

(3) Strukturwandel im Arbeitsangebot: pessimistische Arbeitsmarkt-szenarien haben sich bislang nicht bestätigt → noch keine Sättigungseffekte!

(4) Höhere institutionelle Durchlässigkeit in unserem Bildungssystem ↔Entkoppelung von Schulform und Schulabschluss, Öffnung von Übergangsstellen

(5) Studierbereitschaft zeigt nur geringfügige Schwankungen, so dass die steigende Bildungsbeteiligung vom Schulsystem auf das Hochschulsystem durchschlägt

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Schulstrukturen, Selektion und Ungleichheit

(1) Der schulpolitische Anspruch des gegliederten Schulsystems besteht in der „begabungsgerechten“ Zuweisung der Schüler/-innen.

(2) Die beiden folgenden Abbildungen zeigen, dass dies nur teil-weise der Fall ist. Tatsächlich gibt es eine breite Zone der Über-schneidung in den gemessenen Kompetenzwerten zwischen den Schulformen.

(3) Offensichtlich hängt die Allokation im Schulsystem nicht nur von Kompetenzen, sondern auch von anderen Selektionsfaktoren ab → Relevanz sekundärer Herkunftseffekte.

(4) Problematisch ist dabei vor allem die Fehlallokation von Schü-lern/Schülerinnen, die es u. U. auch im Gymnasium schaffen würden („underachievement“).

(5) Intersektionalität: Interaktionseffekte zwischen mehreren sozialen Faktoren (z.B. Bildungsherkunft und Migration).

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