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Dokumentation der Tagung Soziale Kompetenzen in der Ausbildung stärken – Abbrüche verhindern vom 1. November 2011

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Dokumentation der Tagung

Soziale Kompetenzen in der Ausbildung stärken –Abbrüche verhindern vom 1. November 2011

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IMPRESSUM

Herausgeber:Landkreis RostockAmt für KreisentwicklungProjekt „A-HA Anschluss Halten“Regionales Übergangsmanagement Schule-BerufAm Augraben 218273 Güstrow

Tel: 0 38 43 / 23 61 72E-Mail: [email protected]: www.anschluss-halten.de www.uebergangsmanagement-guestrow.de

Fotos:A-HA Anschluss Halten

Redaktion:Alexander KnipperClaudia HartmannChristina Wierzchowski

Druck:Juni 2012

in Koordinierung von

organisiert durch

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Inhaltsverzeichnis

1. Problemaufriss und Anliegen der Veranstaltung 2

2. Fachvortrag: Soziale Kompetenzen: Ein Stolperstein in der Ausbildung? 4

Herr Markus Schneller, Berliner Institut für Soziale Kompetenz und

Gewaltprävention e.V.

3. Praxisbeispiele – Soziale Kompetenz und deren Förderung in der

Ausbildung 21

3.1 Präsentation: OVG Omnibusverkehrsgesellschaft Güstrow mbH 21

Herr Ralf-Dieter Dankert; Ausbildungsleiter der OVG

3.2 Präsentation: Bäckerei & Konditorei HATSCHER GmbH 24

Herr Christoph Hatscher, Ausbildungsverantwortlicher

3.3 Präsentation: BJ-Bau GmbH Schwerin 27

Herr Martin Jerratsch, Ausbildungsverantwortlicher

4. Impulswerkstatt: Soziale Kompetenzen leben – konkrete Inhalte aus dem

Sozialkompetenztraining 30

4.1 Impulswerkstatt Nr. 1: Frau Marita Schmidt, Trainerin für Arbeit &

Beruf/ persönliche Kompetenz 30

4.2 Impulswerkstatt Nr. 2: Herr Markus Schneller, Mediator & Coach für

Kollegiale Beratung 33

5. Resümee und Ausblick der Tagung 35

Herr Alexander Knipper, A-HA Anschluss Halten

6. Vorstellung der geplanten Fortbildungsreihe: „Azubimangel vs.

mangelhafte Azubis?“ 36

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1. Problemaufriss und Anliegen der Veranstaltung

Der Umgang mit Lehrlingen in Unternehmen ist nicht immer reibungslos. Im

aktuellen Ausbildungsjahr haben wieder viele Jugendliche mit ihrer Berufs-

ausbildung begonnen. Damit kommen ganz neue Anforderungen und Erwartungen

auf sie zu, die sie vorher so noch nicht kannten. Doch viele Berufseinsteiger

verlieren bereits nach nur wenigen Monaten der neuen Herausforderungen den

Spaß und die Motivation an ihrer Tätigkeit. Die Folge ist, dass eine beträchtliche

Anzahl Jugendlicher bereits im ersten Lehrjahr ihre Ausbildung abbrechen bzw. die

Betriebe sich gezwungen sehen, den geschlossenen Ausbildungsvertrag zu lösen.

Somit ist die Zahl der Ausbildungsabbrüche in Mecklenburg-Vorpommern mit rund

30% nach wie vor viel zu hoch.

Die Gründe für das Scheitern der Jugendlichen sind sehr vielschichtig. Es treten u.a.

erste Leistungsprobleme auf, die auf fehlenden schulischen Grundkenntnissen

beruhen oder die Berufsorientierung ist fehlgelaufen, so dass Umorientierungen

notwendig sind. Ein wesentlicher Grund für das Scheitern zeigt sich jedoch bei den

mangelnden sozialen Kompetenzen der Jugendlichen.

Im betrieblichen Alltag gehören soziale Kompetenzen zu den Grundanforderungen,

die ein Azubi mitbringen muss – nicht nur im Umgang mit den Kunden, sondern

auch mit Kollegen und Vorgesetzten.

Es stellt sich daher die Frage, ob wir angesichts eines drohenden Fachkräftemangels

etwas dagegen tun müssen? So waren Anfang August 2011 noch ca. 4.000

Ausbildungsplätze in Mecklenburg-Vorpommern unbesetzt. Demgegenüber nimmt

die Ausbildungsbereitschaft bei den Unternehmen zu. Die DIHK-Umfrage vom Jahr

2011 zeigt, dass bundesweit 22% der Unternehmen ihre Ausbildungskapazitäten

erweitern und 83% der Unternehmen ihre Ausbildungsbereitschaft auf hohem

Niveau halten, da der Druck geeigneten Fachkräftenachwuchs zu finden steigt.

Die Ansprüche der Unternehmen, gut ausgebildete und sozial kompetente

Jugendliche zu gewinnen, sind sehr hoch. Denn in einer globalisierten Wirtschaft

steigen die Anforderungen am Markt kontinuierlich. Dem kann die „neue

Generation“ Jugendlicher aber in vieler Hinsicht nicht gerecht werden. Obwohl die

Anforderungen steigen, werden die Voraussetzungen, die die Jugendlichen

mitbringen immer schlechter. Zu vielen Jugendlichen fehlt es an der

Ausbildungsreife. Doch müssen sich die Ausbildungsbetriebe trotz aller Schwierig-

keiten zunehmend diesen Jugendlichen stellen, müssen ihren „Erziehungsauftrag“

erkennen, wenn sie weiterhin aus ihrer Region Lehrlinge ausbilden wollen. Es ist also

wichtig, Jugendlichen trotz Lern- und Leistungsdefiziten sowie sozialen Schwierig-

keiten eine Chance zu geben. Doch dabei stoßen viele Betriebe an ihre Grenzen,

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zum Beispiel wenn der Montagewagen morgens um sieben Uhr losfährt, der

Lehrling erst eine halbe Stunde später oder gar nicht erscheint und sich dann noch

nicht einmal dafür entschuldigt.

Um dieser Thematik auf den Grund zu gehen und gemeinsam mit den

Unternehmen und Ausbilder/innen nach realisierbaren Lösungen zu suchen, führte

das Regionale Übergangsmanagement „A-HA Anschluss Halten“ am 01. November

2011 die Fachtagung „Soziale Kompetenzen in der Ausbildung stärken – Abbrüche

verhindern“ durch. Die Tagung wurde gemeinsam mit der Handwerkskammer

Schwerin, der Kreishandwerkerschaft Güstrow, dem Unternehmerverband Rostock

und Umgebung e.V. sowie der Bildungsstätte Schabernack e.V. organisiert. Ziel war

es, die Unternehmer/innen bzw. Ausbilder/innen für die Thematik zu sensibilisieren

und gemeinsam zu überlegen, welche zum Teil einfachen aber mitunter

ungewöhnliche Möglichkeiten Ausbilder/innen im beruflichen Alltag nutzen können,

um mit den Jugendlichen besser in Kontakt zu kommen und an den sozialen

Kompetenzen zu arbeiten.

Auf der Tagung stellten verschiedene regionale Unternehmen ihre Erfahrungen mit

der Stärkung der sozialen Kompetenzen ihrer Auszubildenden vor und zeigten,

welche Erfolge sie bei der Ausbildung mit vermeintlich schwierigen Jugendlichen

haben. Zudem wurde den Unternehmer/innen gezeigt, was sie selbst tun können,

um die sozialen Kompetenzen in ihrem Unternehmen zu fördern. Dabei ging es in

erster Linie um einfache Methoden mit wenig Zeitaufwand.

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2. Fachvortrag: Soziale Kompetenzen: Ein Stolperstein in der

Ausbildung?

Kaum ein Begriff in der bildungs- und berufsbildungspolitischen Debatte der letzten

15 Jahre ist so viel diskutiert und so allgegenwärtig wie der Begriff der

Kompetenzen. Und im Konzert der Kompetenzen nehmen die sogenannten

sozialen- oder Humankompetenzen eine besondere Stellung ein.

Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Höflichkeit - oft als „Sekundärtugenden“ gescholten -

gelten heute als zentrale Qualifikationen, die den fachlichen Kenntnissen und

Fähigkeiten mindestens ebenbürtig sind.

„Formale Bildungsabschlüsse - so Dieter Hundt, Präsident der Bundesvereinigung

der Deutschen Arbeitgeberverbände - sind zwar nach wie vor wichtig, sie

garantieren für sich genommen aber längst noch nicht den erfolgreichen

beruflichen Werdegang. Personale und soziale Kompetenzen können oft sogar viel

entscheidender sein.“1

Und genau hier sieht er große Defizite:

Doch die Klagen darüber, dass die Jugend es an Sozialkompetenzen missen lässt,

sind nicht wirklich neu. Sokrates hat schon vor zweieinhalbtausend Jahren

konstatiert:

1 Hundt, Dieter (2003): Persönliche und soziale Kompetenzen – Was erwartet die Wirtschaft von Schulabgängern? Rede auf

der BDA-Tagung „Bildungsauftrag Werteerziehung“, 10.07.2003, S. 3.

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Haben wir es also lediglich mit einem immer wiederkehrenden Generationen-

problem zu tun? Mitnichten! Nicht umsonst hat das Bundesinstitut für Berufs-

bildung seinen alle vier Jahre stattfindenden Kongress in diesem Jahr unter die

Überschrift „Kompetenzen entwickeln – Chancen eröffnen“ gestellt – ein Motto, das

dem der heutigen Veranstaltung sehr ähnlich ist. Worum geht es?

Soweit Professor Hubert Esser, Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung, in

seiner Eröffnungsrede zu diesem Kongress.2

2 Esser, Hubert (2011):Begrüßung und Eröffnung des 6. Berufsbildungskongresses des BIBB, „Kompetenzen entwickeln –

Chancen eröffnen“ am 19. September 2011 in Berlin, Manuskript, S. 4.

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„Alle Potenziale zu erschließen und zu

entfalten“– das klingt gut. Aber meinem

Auszubildenden immer wieder begreiflich

machen zu müssen, dass es die Kundschaft

ist, die das Geld reinbringt, dass man sich

anstrengen muss, wenn man etwas

erreichen will, dass man auch mal zurück-

stecken muss, auch wenn man sich im Recht

fühlt – das klingt altbacken, das klingt

verstaubt. Das klingt mühsam: Und das ist

es auch!

Und nicht zuletzt deshalb scheuen viele –

vor allem kleine – Betriebe davor zurück,

Jugendliche mit erkennbaren sozialen

Defiziten einzustellen und auszubilden.

Aber was verstehen wir eigentlich genau unter sozialen Kompetenzen und warum

sind sie so wichtig? Im Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen –

DQR – stellen sie eine der vier Säulen dar, nach denen die berufliche Qualifikation

eines Menschen erfasst und bewertet werden kann:3

Die sozialen Kompetenzen stehen hier in einer Reihe mit Wissen, Fertigkeiten und

selbstständigem Arbeiten.

3 Entwurf eines Deutschen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen, verabschiedet vom Arbeitskreis Deutscher

Qualifikationsrahmen, 22. März 2011.

Markus Schneller, Foto: A-HA

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Dabei bezeichnet der Kompetenzbegriff, der im Zentrum des DQR steht, „die

Fähigkeit und Bereitschaft des Einzelnen, Kenntnisse und Fertigkeiten sowie

persönliche, soziale und methodische Fähigkeiten zu nutzen und sich durchdacht

sowie individuell und sozial verantwortlich zu verhalten. Kompetenz wird in diesem

Sinne als umfassende Handlungskompetenz verstanden.“4

Wenngleich es in der Wissenschaft keine allgemein anerkannte Definition des

Begriffs der sozialen Kompetenzen gibt, lassen sich doch folgende zentrale

Merkmale benennen, wie sie das Deutsche Jugendinstitut in seinem „Portfolio

soziale Kompetenzen“ zusammengestellt hat:5

Teamfähigkeit

Konfliktfähigkeit

Belastbarkeit

Kommunikationsfähigkeit

Organisationsfähigkeit

4 Entwurf eines Deutschen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen, verabschiedet vom Arbeitskreis Deutscher

Qualifikationsrahmen, 22. März 2011, S. 4. 5 Birgit Reißig (2007): Soziale Kompetenzen sichtbar machen und für den Ausbildungs- und Berufsweg nutzen. Bericht zur

Erprobung des DJI-Portfolios „Soziale Kompetenzen“, Forschungsschwerpunkt „Übergänge in Arbeit” am Deutschen

Jugendinstitut e.V. Wissenschaftliche Texte 2/2007.

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Dass das Nichtbeherrschen fundamentaler sozialer Kompetenzen zu einem Stolper-

stein auf dem Berufsweg werden kann, zeigen die Daten zur Ausbildungs-

bereitschaft von Unternehmen.

Die jährlichen Betriebsbefragungen des Deutschen Industrie- und Handelskammer-

tages zeigen deutlich, dass als Ausbildungshemmnis Nr. 1 die mangelnde

Ausbildungsreife von Schulabgänger/innen angesehen wird.

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Rund drei Viertel aller befragten Ausbildungsbetriebe – befragt wurden in diesem

Jahr über 14.000 Betriebe – gaben dies als größtes Hemmnis für die Ausbildung an,

gefolgt von unklaren Berufsvorstellungen. Bei über einem Drittel dieser Betriebe

blieben Ausbildungsstellen aus diesem Grund unbesetzt.

Ein steigender Anteil an Unternehmen muss offenbar Ausbildungsplätze unbesetzt

lassen, da geeignete Bewerber fehlen.

Der Anteil derjenigen Betriebe, die die Deutsch- und Mathematikkompetenzen der

Schulabgänger beanstanden, ist im Vergleich zu den Vorjahren leicht gesunken.

Dagegen setzt sich der negative Trend der letzten Jahre bei der Einschätzung der

sozialen Kompetenzen weiter fort.

Auch wenn sich die Kategorien, in denen soziale Kompetenzen zum Ausdruck

kommen, von den zuvor genannten etwas unterscheiden, bleibt doch ein insgesamt

sehr ernüchterndes Fazit:

„Seit 2006 (38%) steigt der Anteil der Unternehmen, die die Disziplin der Schul-

abgänger negativ beurteilen, kontinuierlich auf jetzt 48% an und ist damit noch

einmal um zwei Prozentpunkte höher als 2010. Bei der Belastbarkeit der jungen

Leute sieht es kaum besser aus. Gab es 2006 in 39% der Unternehmen kritische

Stimmen, so sind es nun 45%. Die Klagen über eine geringe Leistungsbereitschaft

bewegen sich auf besonders hohem Niveau: Hier sieht die Hälfte aller Betriebe

große Probleme“6

6 DIHT (2011): Ausbildung 2011, S. 37.

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Wie hoch der Stellenwert sozialer Kompetenzen eingeschätzt wird, zeigt auch die

Antwort auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen Unternehmen Ausbildungs-

plätze mit lernschwächeren Jugendlichen besetzen würden.

Hier sagen 38% der befragten Unternehmen gegenüber 21% im vergangenen Jahr,

dass soziale Kompetenzen wichtiger seien als schulische Leistungen und ein Viertel

wünscht sich bessere Informationen über Stärken und Schwächen der jungen

Erwachsenen, die sie den Schulzeugnissen nicht entnehmen können.

Wie sieht es nun aber bei denjenigen jungen Erwachsenen aus, die die erste Hürde

übersprungen und einen Ausbildungsplatz bekommen haben?

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Im Bundesdurchschnitt wird jedes fünfte Ausbildungsverhältnis vorzeitig aufgelöst,

dabei existieren beträchtliche Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern:

Bayern und Baden-Württemberg haben Lösungsquoten von 18,8 bzw. 18,3%,

während in Mecklenburg-Vorpommern 30,2% der Ausbildungsverträge vorzeitig

aufgelöst werden.7

In allen Bundesländern zeigt sich dabei in den Berufen des Handwerks die höchste

Lösungsquote.8

7 Bundesinstitut für Berufsbildung (2011): Datenreport zum Bildungsbericht, S. 185. 8 Ebd., S. 186.

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Fragt man nach den Gründen für eine vorzeitige Beendigung des Ausbildungs-

verhältnisses, so zeigt sich, dass Probleme auf der betrieblichen Ebene von beiden

Seiten mit über 50% am häufigsten benannt wurden.

Während die Auszubildenden die Qualität der Lehre und/ oder ausbildungsfremde

Tätigkeiten, Konflikte mit Ausbilder/innen und Kolleg/innen sowie fehlende

Kompetenz zur Konfliktbewältigung als Hauptgründe angeben, sehen die

Ausbilder/innen unzureichende Schul- oder Allgemeinbildung, unzureichende

soziale Kompetenzen der Azubis oder deren fehlendes Engagement als wesentliche

Gründe für eine vorzeitige Vertragslösung an.9

Das Gemeinsame an der Einschätzung beider Seiten ist, dass soziale Kompetenzen

eine entscheidende Rolle spielten:

9 Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) 2009: Ausbildungsabbrüche vermeiden – neue Ansätze und

Lösungsstrategien, Band 6 der Reihe Berufsbildungsforschung, S. 17.

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Im Bundesdurchschnitt geht die Initiative für eine Vertragsauflösung in etwas mehr

als der Hälfte der Fälle von den Auszubildenden aus, auch hierin stimmen Ausbilder

und Auszubildende gleichermaßen überein.

Aber es gibt noch einen weiteren Punkt, in dem sich die Einschätzungen treffen:

So ist der Titel einer Studie überschrieben, die an der Universität Bremen im Auftrag

der Industrie- und Handelskammer Osnabrück-Emsland durchgeführt wurde und

die Lösung von Ausbildungsverträgen aus der Sicht von Auszubildenden und

Betrieben untersuchte.10

Auch in dieser Studie haben betriebliche Gründe mit einem Anteil von über 50%

das stärkste Gewicht.

Auf Seiten der Auszubildenden sind es vor allem drei Gründe, die den Ausschlag für

den Ausbildungsabbruch der Auszubildenden gegeben haben:

1. Kommunikationsprobleme und Betriebsklima

2. Beschäftigung statt Ausbildung

3. Ausbildungsqualität

Aus der Sicht der Ausbilder hingegen sind die wichtigsten Gründe:

1. Falsche Berufsvorstellungen

2. Fehlendes Interesse an der Ausbildung

3. Mangelnde Eignung für den Beruf

10 „…eigentlich wäre der Abbruch nicht notwendig gewesen…“ Lösung von Ausbildungsverträgen aus Sicht von

Auszubildenden und Betrieben. Eine Studie im Auftrag der Industrie- und Handelskammer Osnabrück-Emsland, Bremen 2010.

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„Auffällig ist an der Einschätzung der Ausbildungskonflikte durch die Ausbilder, dass

die Kooperation der Auszubildenden untereinander und mit den Fachkollegen eine

marginale Rolle bei der Genese einer Abbruchsituation spielt. In dieser Einschätzung

stimmen sie mit den Auszubildenden überein. Bei der Bewertung ihrer eigenen

Rolle bzw. der Rolle ihrer Chefs bei der Entstehung eines Ausbildungskonfliktes

gehen die Einschätzungen weit auseinander. Während die Auszubildenden hier die

Hauptursache für den Ausbildungsabbruch und die Entstehung von Ausbildungs-

konflikten sehen, die schließlich zur Auflösung des Ausbildungsverhältnisses führen,

sehen nur 15% der Ausbilder dies als eine Problemlage an“11 und nur 8% messen

diesem Faktor eine ausschlaggebende Bedeutung zu. Sie sehen dagegen eindeutig

die Ursache in unangemessenem Verhalten und der unzureichenden Eignung der

Auszubildenden.

Das in dieser wie in anderen vergleichbaren Studien identifizierte ausgeprägte

Defizit an Konfliktfähigkeit und kommunikativer Kompetenz wird durch die

Einschätzung beider Seiten untermauert, dass der Abbruch durch ein zeitnahes

Ansprechen der Probleme vermeidbar gewesen wäre.

Kommunikationskompetenz als Voraussetzung für eine konstruktive Konflikt-

bearbeitung:

11 „…eigentlich wäre der Abbruch nicht notwendig gewesen…“ Lösung von Ausbildungsverträgen aus Sicht von

Auszubildenden und Betrieben. Eine Studie im Auftrag der Industrie- und Handelskammer Osnabrück-Emsland, Bremen 2010.

S. 22.

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Kommunikation ist also ein wesentlicher – wenn nicht der zentrale Faktor in der

Beziehung zwischen Auszubildenden und Ausbildern. Die Art und Weise, wie sie

miteinander kommunizieren, prägt ganz wesentlich die Atmosphäre und das

Verständnis für das Anliegen des Anderen.

Warum es so schwierig ist, „richtig“ zu zuhören und genau das zu sagen, was man

sagen will, darüber gibt das bekannte „Vier-Ohren-Kommunikationsmodell“ von

Paul Watzlawick Aufschluss, welches Friedemann Schultz von Thun weiterentwickelt

hat. Hiernach enthält ein und dieselbe Nachricht mehrere Botschaften, die sich mit

Hilfe des „Nachrichtenquadrats“ ordnen lassen12

.

Die Seiten oder Kanäle Selbstkundgabe, Appell und Beziehung werden über-

wiegend nonverbal gesendet. Dadurch wird klar, weshalb Körpersprache, Mimik,

Gestik und Stimme für den Verlauf eines Gespräches oder einer Auseinandersetzung

eine so große Rolle spielen.13

12 Vgl. hierzu und zum folgenden: Büchner, Roland (2003): Konfliktbearbeitung als Gewaltprävention an der Schnittstelle

Schule-Ausbildung-Beruf, Göttingen: Institut für berufliche Bildung und Weiterbildung, S. 48-53. 13 Vgl. hierzu und zum folgenden: Büchner, Roland (2003): Konfliktbearbeitung als Gewaltprävention an der Schnittstelle

Schule-Ausbildung-Beruf, Göttingen: Institut für berufliche Bildung und Weiterbildung, S. 50ff.

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Es gibt Auszubildende, die es mit der Pünktlichkeit nicht so genau nehmen und

immer wieder zu spät kommen. Die Palette der Begrüßungsformen reicht dann von

„Na, auch schon ausgeschlafen?“ über „Klar, Meier wieder, wer sonst“ bis hin zum

Ignorieren von Entschuldigungen: „Komm lass stecken, von dir sind wir nichts

anderes gewohnt, was willst du eigentlich noch hier? Wenn das so weitergeht,

kannst du dir die Ausbildung abschminken“.

Der Empfänger seinerseits hört die Botschaft mit „vier Ohren“:

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Der eine hört vor allem mit dem Beziehungsohr und ist sofort beleidigt, ein anderer

hört nur die Selbstkundgabe – den Ärger – und wird seinerseits sauer und aggressiv.

Natürlich hat der Azubi Meier Anlass geboten, und dies zum wiederholten Mal, so

dass es dem Ausbilder schwer fällt, anders zu reagieren. Andererseits fühlt sich der

Auszubildende hilflos und lächerlich gemacht und da der Konflikt mit dem Aus-

bilder nicht offen ausgetragen werden kann, weil er eine Autoritätsperson ist, richtet

sich die negative Energie in andere Richtungen.

„Die indirekte Form des Sprechens, die neben dem eigenen Ärger eben auch die

Missbilligung des Verhaltens des anderen transportiert, fordert den ange-

sprochenen Auszubildenden geradezu dazu heraus, vor allem den persönlichen

Angriff herauszuhören. Damit ist der Weg geebnet für die weitere Eskalation dieser

alltäglichen Situation“ (Büchner 2003: 51).

Das eigentliche Problem – ein Auszubildender kommt häufig zu spät und soll dies

zukünftig unterlassen – wird dadurch nicht bearbeitet.

Was hindert eine Lehrperson daran, deutlich zu sagen:

„Natürlich wird man in der täglichen Praxis häufig nicht in so wohlgesetzten Worten

wie in diesem Beispiel sprechen, doch es kann exemplarisch dazu dienen, heraus-

zuarbeiten, warum es so schwierig ist, genau das zu sagen was man „eigentlich“

sagen will“ (ebd.).

Es soll nun nicht der Eindruck entstehen, dass hier die Verantwortlichkeiten

vertauscht werden und es plötzlich am Ausbilder liegt, ob er seine Auszubildenden

dazu motivieren kann, – wie in diesem Beispiel – pünktlich zu sein. Aber in einer

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asymmetrischen Beziehungssituation kann nur der kommunikativ Kompetentere die

Richtung vorgeben.

Alle Jugendlichen, auch die schwachen, bringen Potenziale mit, die identifiziert und

gefördert werden müssen.

Das ist das Credo derjenigen, die – oft in Strukturen des sogenannten Übergangs-

systems – mit sozial benachteiligten Jugendlichen und jungen Erwachsenen

arbeiten.

Was lässt sich aus ihren Erfahrungen lernen?

1. Soziale Kompetenzen lassen sich – erfolgreich – trainieren.

Dazu bedarf es geeigneter Settings und Methoden, welche die Jugendlichen

dort abholen, wo sie stehen und ihnen einen für sie gangbaren Weg aufzeigen.

2. Die Erwartungen an das gewünschte Verhalten müssen klar und verständlich

zum Ausdruck gebracht werden.

3. Regelverstöße müssen im Sinne einer konfrontativen Pädagogik klar benannt

und mit abgestuften Konsequenzen beantwortet werden.

4. Soziales Lernen ist – wie jedes andere Lernen – immer auch Beziehungsarbeit.

Daher ist ein von gegenseitigem Respekt, Wertschätzung und Verständnis

geprägter Umgang eine notwendige, wenngleich nicht hinreichende Voraus-

setzung für den Erfolg. Für Lehrende heißt dies, immer wieder die eigene

Vorbildfunktion zu überprüfen.

5. Probleme einzeln angehen, nicht pauschalieren, Person und Verhalten trennen.

6. Der Kompetenzerwerb ist so individuell wie der/die Auszubildende selbst.

Good- oder gar Best-Practice-Modelle sagen etwas über die Methoden und

möglichen Wege, Jugendliche und junge Erwachsenen im sozialen Kompetenz-

erwerb zu unterstützen, aber sie sagen nichts über die Wahrscheinlichkeit, ob

und wann dies bei einem bestimmten Schulabgänger oder Auszubildenden

auch gelingt.

Welche Handlungsempfehlungen lassen sich nun daraus ableiten?

Hier ist zum einen die Nutzung bzw. Etablierung von Netzwerken, Austauschformen

und öffentlichen Programmen für alle in die Ausbildung involvierten Akteure zu

nennen. Eines der jüngsten Beispiele solcher Netzwerke bzw. Programme ist das

Ausbildungsstrukturprogramm JOBSTARTER, in dessen Rahmen unter anderem die

Initiative VerA – Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen – konzipiert wurde. Bei

dieser begleiten berufs- und lebenserfahrene und für ihre Aufgabe speziell

vorbereitete Senior-Expertinnen und Experten die jungen Erwachsenen auf ihrem

Weg in und durch die Ausbildung.

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Zum zweiten die Weiterentwicklung und Professionalisierung bestehender Formen

der Ausbildungskooperation. Hierzu gehören die inhaltliche und organisatorische

Abstimmung zwischen schulischem, betrieblichem und überbetrieblichem sozialen

Lernen und Absprachen zur Förderung von sozialen Kompetenzen sowie von

Schlüsselqualifikationen an den jeweiligen Lernorten einschließlich der

Vereinbarung von Vorgehensweisen bei Regelverletzung und Fehlverhalten.

Drittens die Nutzung von (externen) Angeboten und Möglichkeiten zur Konflikt-

klärung, wie sie beispielsweise die Kammern, aber auch freie Mediatorinnen und

Mediatoren anbieten.

Viertens die Fortbildung von Ausbildern/ Ausbilderinnen und Chefs im Bereich

Konfliktmanagement/ Fortbildung von Auszubildenden in sozialen Kompetenz-

trainings.

Schließlich das Thematisieren von sozialen Kompetenzen als Ausbildungsinhalt. Mit

der durch die Kultusministerkonferenz Ende der neunziger Jahre initiierten

Einführung des kompetenzorientierten Lernfeldkonzeptes wurde die berufliche

Handlungsfähigkeit, für die soziale Kompetenzen unabdingbar sind, ins Zentrum

der Aufmerksamkeit gestellt. Für Ausbilderinnen und Ausbilder bedeutet dies, dass

sie in geeigneten Lernsituationen immer wieder explizit die dafür jeweils benötigten

sozialen Kompetenzen benennen.

Den Abschluss bildet die etwas provokant anmutende Empfehlung, jugendliche

Schulabgänger nicht deshalb auszubilden, damit sie „versorgt“ sind, weil es einen

dahingehenden gesellschaftlichen Erwartungsdruck gibt, sondern sie mit Hilfe aller

an Erziehungs- und Sozialisationsprozessen Beteiligten so zu qualifizieren und fit zu

machen, dass sie durch ihre Berufstätigkeit in der Lage sind, ein selbstbestimmtes

und selbstverantwortetes Leben zu führen.

Zum Abschluss möchte ich Ihnen – unkommentiert – einen Ausschnitt aus einer

Präsentation zeigen, die die Jugend- und Auszubildenden-Vertretung von ver.di

Berlin-Mitte in Berlin auf der Personalversammlung vorgestellt hat:

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Markus Schneller, Berliner Institut für Soziale Kompetenz und Gewaltprävention e.V.

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Herr Dankert und Frau Schröter, Foto: A-HA

3. Praxisbeispiele – Soziale Kompetenz und deren Förderung in der

Ausbildung

3.1 Präsentation: OVG Omnibusverkehrsgesellschaft Güstrow mbH

Präsentation: Herr Ralf-Dieter Dankert, Ausbildungsleiter der OVG

Moderation: Frau Birgit Schröter

Herr Dankert stellte zunächst die Aus-

bildungssituation der OVG Güstrow dar. Hier

werden die Azubis in einer 3 ½ jährigen Aus-

bildung zum Kfz-Mechatroniker ausgebildet.

In dieser Zeit lernen sie Arbeitsabläufe und

Arbeitsergebnisse zu planen, zu kontrollieren

und qualitäts-sichernde Maßnahmen

anzuwenden. Zu der Ausbildung gehört

unter anderen Hard- und Software von

Steuergeräten zu aktualisieren, Fahrzeuge

und Systeme zu warten, zu prüfen und

einzustellen, Fehler und Störungen zu

beurteilen und deren Ursachen zu

diagnostizieren. Außerdem lernen die Azubis

Kraftfahrzeuge und deren Systeme, Bau-

gruppen und Bauteile instandzusetzen

sowie elektropneumatische und elektro-

hydraulische Schalt- und Funktionspläne von Kraftfahrzeugen anzuwenden. Zudem

werden die Fahrzeuge nach straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften untersucht.

Um diesen Beruf zu erlernen, werden ein Abschluss der Mittleren Reife, gutes

mathematisches und physikalisches Verständnis sowie technisches Interesse

vorausgesetzt.

Herr Dankert beschrieb, dass es früher sehr viele Bewerber gab, so dass man immer

gute und motivierte Jugendliche aussuchen konnte. Inzwischen ist die Situation viel

schwieriger geworden und auch die OVG bekommt zu spüren, dass es immer

weniger Bewerber gibt.

Viele Jugendliche bewerben sich gleichzeitig bei mehreren Betrieben, so dass das

Unternehmen sich am Ende nicht sicher sein kann, ob die bevorzugten Jugendlichen

tatsächlich die Ausbildung beginnen.

Zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres 2011 gab es vier Bewerbungen. Ein

Bewerber konnte aus gesundheitlichen Gründen den Beruf letztendlich nicht

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erlernen. Zwei erschienen gar nicht erst zum Bewerbungsgespräch und der vierte

Bewerber wurde schließlich eingestellt.

Das heißt, obwohl noch immer die formellen Voraussetzungen wichtig sind, wie z.B.

ein guter Abschluss der 10. Klasse und gutes mathematisches bzw. physikalisches

Verständnis, spielt es eine immer größere Rolle, welches Entwicklungspotenzial der

jeweilige Jugendliche hat, ob er motiviert ist und sich für den Beruf wirklich

interessiert; ob er Ausdauer mitbringt, den Beruf zu erlernen. Dann ist auch der Aus-

bilder bereit, den Jugendlichen individuell zu fördern.

Ausbildungsleiter

Dankert nimmt

seinen Beruf als

Ausbilder sehr

ernst und findet

auch individuelle

Lösungen für seine

Azubis, wenn diese

in Schwierigkeiten

geraten bzw. setzt

sich für sie ein. In

der Ausbildung

setzt er den Azubis

klare Grenzen und

fordert die Jugendlichen heraus. Das erfordert nicht nur Fachwissen, welches er den

jungen Menschen vermittelt, sondern auch soziale Kompetenzen von seiner Seite z.

B. im Bereich Kommunikation und Konfliktlösung.

So wurde im Gespräch klar, dass das Thema „Soziale Kompetenzen in der

Ausbildung“ nicht nur die Jugendlichen betrifft, sondern auch die Ausbilder/innen,

was auch andere Teilnehmer/innen in der Runde bestätigten.

Diskussionsbedarf gab es auch bei der Problematik der Suche nach geeigneten

Bewerber/innen. Viele Ideen und Erfahrungen wurden ausgetauscht. Einige

Teilnehmer/innen empfahlen den Zuhörer/innen eine frühzeitige Kooperation mit

Schulen zu beginnen, damit die Jugendlichen z.B. einen Schnupperkurs oder ein

Praktikum in Betrieben absolvieren, bevor sie sich für den jeweiligen Beruf ent-

scheiden, das verhindert oft einen Ausbildungsabbruch.

Die Teilnehmer/innen des Workshops diskutierten angeregt zur Thematik,

Foto: A-HA

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Andere Teilnehmer/innen berichteten, dass sie bereits auf Internetseiten, wie

Facebook oder SchülerVZ Werbung, für ihre Berufe und Ausbildungsplätze gemacht

haben, andere sind regelmäßig bei Ausbildungsmessen in den Schulen bzw. in den

Regionen präsent.

Letztendlich war aber allen klar, dass nicht nur die Präsenz durch die Firmen,

sondern gute Rahmenbedingungen während der Ausbildung und gute Perspektiven

nach der Ausbildung für die Jugendlichen entscheidend sind.

Gabriela Fütterer, Bildungsstätte Schabernack e.V.

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3.2 Präsentation: Bäckerei & Konditorei HATSCHER GmbH

Präsentation: Herr Christoph Hatscher, Ausbildungsverantwortlicher

Moderation: Frau Marita Schmidt

Die Bäckerei & Konditorei Hatscher ist ein Familienunternehmen und hat seinen

Hauptsitz in Stavenhagen. Dort wird die Berufsausbildung sehr groß geschrieben

und das Unternehmen hat drei Strategien entwickelt, um die jungen Leute nicht nur

für die Berufsausbildung des Bäckers oder der Konditorin zu begeistern, sondern

diese auch dauerhaft im Unternehmen zu halten.

Um beispielsweise das Berufsbild des/r Bäcker/in und des/r Konditor/in den

Jugendlichen näher zu bringen, beteiligt sich die Bäckerei Hatscher jedes Jahr am

Girls´Day und JungsTag. Damit haben sie die Möglichkeit, einmal hinter die Kulissen

einer Bäckerei zu schauen und einen Schnuppertag zu absolvieren.

Die Bäckerei organisierte bereits eine Ausbildungsparty im ländlichen Raum,

allerdings war diese nur mäßig erfolgreich, da sich einfach zu wenige Jugendliche

für die angebotenen Berufszweige begeistern konnten.

Um Bewerber/innen für die verschiedenen Berufszweige von Hatscher zu

interessieren, hat das Unternehmen auch eine eigene Internetpräsenz für die Aus-

bildung eingerichtet. Durch diese Seite sollen die potenziellen Bewerber/innen

anders und gezielter angesprochen werden, mit dem Ziel mehr Jugendliche für eine

Ausbildung in diesem Berufsfeld zu gewinnen und die Bewerberauswahl im

Unternehmen zu erhöhen.

Die besten Erfahrungen, um Auszubildende auszuwählen, hat das Unternehmen mit

dem „Produktiven Lernen“ gemacht. So gibt es an der Regionalen Schule in

Stavenhagen die Möglichkeit, über das Produktive Lernen Jugendliche kennen-

zulernen und mit ihnen zu arbeiten. Diese kommen ein bis zwei Wochen in das

Unternehmen und lernen dort die Arbeitsabläufe kennen, und die Mitarbeiter/

innen können sich bereits einen ersten Eindruck bilden, so dass die Auswahl am

Ende eines solchen Kennenlernens nicht mehr allzu schwer fällt.

Damit die neugewonnenen Azubis auch nach ihrer dreijährigen Lernzeit eine

längere Perspektive im Unternehmen bekommen, ist es notwendig, verschiedene

Maßnahmen dafür einzuleiten. Beispielsweise gilt das Unternehmen als besonders

familienfreundlich, da sie dafür extra bestimmte Maßnahmen implementiert haben.

Außerdem arbeiten sie sehr Mitarbeiter zugewandt. Beispielsweise werden ca. ein

Drittel aller Auszubildenden nach der Ausbildung übernommen. Es gibt aber auch

die verschiedenen Anreizsysteme. So können die Azubis bei der Wahl zum Top-

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Azubi in Mecklenburg-Vorpommern ausgewählt werden oder sie haben die

Möglichkeit, an einem internationalen Austausch teilzunehmen. Leider wurde dieser

bisher kaum in Anspruch genommen bzw. genutzt.

Während ihrer Ausbildung lernen die Auszubildenden sich immer wieder selbst-

und fremdeinzuschätzen durch Bewertungsbögen. Durch diese werden sie

gleichzeitig auf Mitarbeitergespräche vorbereitet, in denen es um den Abgleich der

eigenen Leistungen geht. Die Auszubildenden haben bereits nach drei Monaten ihr

erstes Gespräch, welches meistens nach Beendigung der Einarbeitungszeit

stattfindet.

Während der Ausbildung führen die Jugendlichen einmal pro Jahr Personal-

gespräche auch mit anderen Azubis. So gibt es für sie auch immer wieder

Bezugspersonen, an die sie sich wenden können und die sie im Ausbildungsprozess

begleiten.

Während der Berufsausbildung lernen

die Jugendlichen bereits früh

Verantwortung zu übernehmen, da

kleine und mittelständische Unter-

nehmen einen Überblick über die

umfassenden Arbeitsvorgänge geben

können und ihnen viel Abwechslungs-

reichtum gegeben wird. Damit die

Azubis auch nach ihrer Ausbildung dem

Unternehmen erhalten bleiben, zeigt die

Bäckerei Hatscher den jungen Menschen

immer wieder auf, wie wichtig Stabilität

ist, um Kunden langfristig an ein Unter-

nehmen zu binden bzw. welche Vorteile

Handwerksberufe gegenüber anderen

haben.

Obwohl sich Hatscher bereits intensiv mit seinen Auszubildenden beschäftigt,

kommt es dennoch immer wieder zu einigen Problemen. Doch auch hier zeigt sich

die Bäckerei sehr kreativ, denn beispielsweise bieten sie Jugendlichen an, ihre Aus-

bildung zu verlängern, wenn es sich um eine überbetriebliche Ausbildung gehandelt

hat. Diese Verlängerung wird dann ganz individuell mit dem jeweiligen Aus-

bildungsträger geklärt.

Das Unternehmen hat auch sehr gute Erfahrungen damit gemacht, für die

Konkurrenz auszubildenden und diese dann in die Unternehmen zurückzuschicken.

Herr Hatscher und Frau Schmidt, Foto: A-HA

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Wenn Azubis mit dem theoretischen Stoff Probleme haben, dann nutzt das Unter-

nehmen sofort die Ausbildungsbegleitenden Hilfen. Sie haben auch sehr gute

Erfahrungen mit der Berufsschule gesammelt und zu ihr bestehen auch gute

Kontakte.

Um beispielsweise dem Krankenstand im Betrieb entgegenzuwirken, hat sich die

Bäckerei Hatscher etwas Neues einfallen lassen. So werden Prämien verteilt, um die

„guten Vorbilder“ zu prämieren. Bei schwerwiegenden Problemen bindet die

Bäckerei auch immer die Eltern der Azubis ein, um Gespräche zu suchen bzw. zu

nutzen und gemeinsame Lösungen zu finden.

Immer wieder werden neue Lernformen genutzt und die Frage gestellt: „Was

brauchen die Azubis und was bracht die Schule?“ Auch vermeintliche negative

Aspekte des Bäckerhandwerkes sieht das Unternehmen ganz locker. Anstatt auf die

negativen Aspekte aufmerksam zu machen, sollten lieber die positiven heraus-

gestrichen werden. So können Azubis im Bäckerhandwerk zum Beispiel ihren Tag

viel besser und flexibler nutzen.

Frau Charlotte Ortmann; Impuls MV

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3.3 Präsentation: BJ-Bau GmbH Schwerin

Präsentation: Herr Martin Jerratsch, Ausbildungsverantwortlicher

Moderation: Herr Markus Schneller

Herr Jerratsch ist im Betrieb für die Ausbildung verantwortlich und von Beruf

Zimmermann. Er hat parallel ein duales Studium absolviert und seinen Meister

inklusive des Ausbildereignungs-Scheins erworben. Neben der Azubi-Betreuung ist

er Bauleiter in der Abteilung Zimmerei. Für die Azubis ist er nicht nur bei fachlichen

Problemen ein guter Ratgeber, sondern er kümmert sich auch bei sozialen und

persönlichen Problemen um die Auszubildenden.

Erfahrungen aus dem Betrieb:

Der Umgang mit den

Auszubildenden ist

immer erfolgs-

abhängig und hängt

auch nicht von der

eigenen Berufs-

erfahrung ab. Herr

Jerratsch war im

Familienbetrieb selbst

der erste Azubi und

hatte an den Betrieb

sehr hohe

Erwartungen.

Allerdings sammelte

er während der

Ausbildung einige

negative Erfahrungen und wollte es nach seiner Ausbildung besser machen und sich

für junge Menschen im Unternehmen einsetzen. Sein Motto lautet: sich kümmern

und eine gute Akzeptanz im Betrieb aufbauen.

Der Betrieb beschäftigt aktuell ca. 35-40 Mitarbeiter/innen, darunter befinden sich

sieben Azubis, sowohl weibliche als auch männliche. Obwohl die Mehrzahl der

Bewerber/innen männlich sind, haben sie auch eine Auszubildende als Zimmerin.

Bisher hatte das Unternehmen noch keine Probleme mit der Rekrutierung von

Azubis, denn sie gehen selbst in die Schulen, verteilen Flyer und Infomaterial, um

Jugendliche zu werben. Außerdem beteiligen sie sich an den BO-Messen der

Schulen.

Herr Jerratsch im Gespräch mit den Teilnehmer/innen, Foto: A-HA

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Jedoch ist das Interesse an Bauberufen nicht besonders groß, obwohl die Aus-

bildungsvergütung sehr hoch ist. Im Betrieb werden die unterschiedlichsten Berufe

ausgebildet. Herr Jerratsch gab an, selbst Nachhilfe für Azubis zu geben, beispiels-

weise im Vermitteln von technischen oder mathematischen Kenntnissen.

Das Unternehmen BJ-Bau stellt einige Anforderungen an ihre Azubis. So sollten die

Jugendlichen aufrichtig und ehrlich sein, Verantwortung übernehmen können und

pünktlich sein. Sie sollten zudem die Hintergründe von Sachverhalten kennen und

verstehen können.

Probleme mit Azubis:

Herr Jeratsch berichtete von einem Auszubildenden zum Zimmermann, der aus

einer BVB Klasse kam und dem Unterricht nicht mehr folgen konnte bzw. keine Lust

mehr auf die Ausbildung hatte. Der Azubi hatte einen anderen sozialen Hintergrund

als andere Auszubildende. Herr Jerratsch versuchte, das Problem gemeinsam mit

den Eltern zu klären, doch die Ausbildung musste am Ende abgebrochen werden.

Im Normalfall arbeitet das Unternehmen besonders gut mit den Berufsschulen und

dem ABC Bau zusammen. Auch die Eltern sind gute Partner bei der Ausbildung,

doch viele sind zu uninteressiert und kümmern sich nicht, um die Ausbildung ihrer

Kinder.

Für Herrn Jerratsch ist es wichtig, dass alle Azubi gleich behandelt werden. So fährt

er beispielsweise regelmäßig zur Berufsschule und hat einen guten Kontakt zu den

Lehrkräften. Außerdem hegt er gegenüber den Auszubildenden ein freund-

schaftliches Verhältnis. Bevor ein Azubis bei Problemlagen das Ausbildungs-

verhältnis beendet bzw. entlassen wird, wendet sich das Unternehmen an die

Kompetenzagentur und versucht, mit deren Hilfe die Probleme des Azubis zu lösen.

Mittlerweile hat sich der Ausbildungsmarkt komplett gewandelt, noch vor wenigen

Jahren wurden die Jugendlichen im Baubereich überbetrieblich ausgebildet, doch

nun wird es den Betrieben immer wichtiger für den eigenen Bedarf auszubilden und

die Jugendlichen frühzeitig an ihre Betriebe zu binden. Durch die Struktur der

Unternehmen, besonders im Baubereich, haben sie oftmals keine Möglichkeiten,

sich auf Messen zu präsentieren, da sie zu wenig Angestellte zw. keine personellen

Kapazitäten haben. In Bezug auf den anstehenden Fachkräftebedarf haben nach

Ansicht von Herrn Jarratsch die meisten Betriebe ihre Schmerzgrenze noch nicht

erreicht und sind sich des bevorstehenden Wandels auf dem Arbeitsmarkt noch

immer nicht bewusst. Allerdings ist für ihn die Beziehungsarbeit zwischen

Auszubildenden und dem Ausbildungsbetrieb bzw. dem Ausbilder das Wichtigste.

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Ein anderes Beispiel seines Unternehmens verdeutlicht auch ganz klar, welchen

sozialen Hintergrund viele Auszubildende mitbringen und das sich die Ausbilder/

innen nicht immer auf das Elternhaus verlassen können. Ein Azubi absolvierte eine

Werker-Ausbildung im Unternehmen. Der Junge war der einzige in der Familie, der

früh aufstand und zur Arbeit ging, doch er hatte einen starken Willen und wollte

anderes als seine Eltern etwas erreichen und ein anderes Leben führen.

Auszubildende im Unternehmen, die sich besondere Mühe geben und ihre Aus-

bildung gut absolvieren, werden durch besondere Anreizsysteme angespornt, zum

Beispiel durch eine betriebliche Altersvorsorge, Aufstiegsmöglichkeiten im

Unternehmen sowie durch eine Unterstützung beim Bau eines eigenen Hauses.

Claudia Hartmann, A-HA Anschluss Halten

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4. Impulswerkstatt: Soziale Kompetenzen leben – Konkrete Inhalte

aus dem Sozialkompetenztraining

4.1 Impulswerkstatt Nr. 1:

durchgeführt durch Frau Marita Schmidt, Trainerin für Arbeit & Beruf/ persönliche

Kompetenz

Erwärmung der Teilnehmer/innen mit Hilfe einer soziometrischen Übung:

Welche Erfahrungen haben die Tagungsteilnehmer/innen aus ihrer eigenen

Ausbildungszeit gesammelt?

Während der Übung standen die Teilnehmer/innen im Stuhlkreis und gaben non-

verbale Antworten auf die unten stehenden Fragen. Die Übungsteilnehmer/ innen

hatten die Aufgabe, genau zu beobachten, wie sich die Gruppe bei den einzelnen

Fragestellungen verhielt. Bei der Antwort „nein“ blieben die Teilnehmer/ innen vor

ihrem Stuhl stehen und bei „ja“ traten sie einen Schritt vor. Im Anschluss an die

Frage traten alle wieder in ihre Ausgangshaltung zurück und beantworteten die

nächste Frage.

Einstiegsfragen:

Wer hat in der Schule beim Schreiben von Arbeiten geschummelt?

Bei wem ging Schummeln gar nicht?

Fragen an die Gruppe:

Wer hat eine „ordentliche“ Lehre absolviert?

Wer hat keine Lehre absolviert?

Wer erinnert sich gerne an seine Lehrzeit?

Wer mag sich überhaupt nicht an diese Zeit erinnern?

Wer hat gerne Streiche in der Ausbildung gemacht oder ist aus der Reihe

getanzt?

Wer hat seine Ausbildung bereits im ersten halben Jahr als Fundament/

Sprungbrett für die eigene berufliche Entwicklung gesehen?

Wer hatte das Gefühl „mein Ausbilder hat mich auf dem Kieker“?

Wer hat sich in seiner Ausbildung sehr alleingelassen gefühlt?

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Wer erinnert sich noch heute richtig gerne an seine/n Ausbilder/in?

Wer sagt, mein/e Ausbilder/in war ein ausgesprochener Kotzbrocken?

Im Anschluss an die Übung, wurden die Teilnehmer/innen wieder zurück zur

Thematik der Tagung „Soziale Kompetenzen in der Ausbildung stärken“ geleitet.

Übung: Meine eigene Haltung, meine Grundannahme:

Behauptung: Der Mensch kommt nicht als Schwein auf diese Welt!

Antworten: Richtig / Falsch gegen ANDERS

der Mensch ist u.a. das Produkt seiner Einflüsse wie Erziehung, Vorbilder,

Freunde etc.

Null-Bock – Stimmung/Behauptung Schutzbehauptung,

ABER in Wirklichkeit Traum von Normalbiographie

Die Teilnehmer/innen ermöglichen einem Jugendlichen eine Ausbildung und gehen

mit diesem eine Beziehung ein. Durch die gemeinsame Beziehung zahlen sie beide

auf ein sogenanntes „Interventionskonto“ ein.

Die eigene Haltung der Ausbilder/innen ist dabei oft durch folgende

Empfindungen gekennzeichnet:

Authentizität Ich bin ärgerlich!

Empathie Ich war auch mal Lehrling.

Akzeptanz Person aber Sache

Für die nächste Übung wurden die Teilnehmer/innen in zwei Gruppen aufgeteilt

und sollten Aussagen über die sich zu begegnenden unterschiedlichen Erwartungen

treffen. Die erste Gruppe sollte sich in die Rolle eines Auszubildenden hinein-

versetzen und die andere übernahm die Rolle eines Ausbilders.

Gruppe 1 = Azubi

Gruppe 2 = Ausbilder

Stellen Sie sich so konkret wie möglich

einen Azubi vor und versetzen Sie sich in

seine Situation.

Welche Erwartungen, haben Sie an die

Ausbildung, Ihren Ausbilder, die Kollegen

etc.?

Sie sind Ausbilder, also vermutlich in

Ihrer realen Rolle.

Was sind Ihre Erwartungen an den

Auszubildenden?

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Mit Hilfe von Moderationskarten versuchten die Teilnehmer/innen jeweils

Erwartungshaltungen aufzuschreiben. Diese wurden dann an einer Pinnwand

gegenüber gehängt und miteinander verglichen.

Im Ergebnis der Übung wurde schnell sichtbar, dass die Erwartungshaltungen am

Anfang der Ausbildung komplett auseinander gehen. Erst im Laufe der Ausbildung

löst sich das Gefälle zwischen Auszubildenden und Ausbilder/ Unternehmen auf.

Außerdem wurde bei der Übung deutlich, dass bei Kritik, besonders negativer, stets

darauf geachtet werden muss, die Sachlage und die Person voneinander zu trennen.

In der Ausbildung ist ein respektvoller Umgang zwischen Azubi und Ausbilder

wichtig. Vielen Teilnehmer/innen der Übung war es zudem wichtig, viel Raum für

Austausch innerhalb der Ausbildung zu ermöglichen und den Azubis immer wieder

ein Feedback ihrer Leistungen zu geben. Nur so können entstandene Fehler oder

Leistungsdefizite von den Auszubildenden beseitigt oder verbessert werden.

Impulswerkstatt Nr. 1, Foto: A-HA

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4.2 Impulswerkstatt Nr. 2:

durchgeführt durch Herr Markus Schneller, Mediator & Coach für Kollegiale

Beratung

Übung: „Zuhören / Weghören“

Anweisung:

Die Gruppe wurde zur Hälfte geteilt und die eine Hälfte musste den Raum verlassen.

Die erste Gruppe bekam die Anweisung, einem Gesprächspartner der zweiten

Gruppe eine angenehme Begebenheit, zum Beispiel aus dem Urlaub, über einen

interessanten Film oder von einem guten Buch zu erzählen. Die Teilnehmer/innen

der zweiten Gruppe dagegen erhielten die Anweisung, ihrem Gesprächspartner aus

der anderen Gruppe „aktiv“ nicht zuzuhören, das heißt keinen Blickkontakt, keine

Antworten und keine Beteiligung am Gespräch.

Die Übung sollte drei Minuten dauern. (Im konkreten Training wird die Übung mit

jeweils umgedrehten Rollen wiederholt. Danach erfolgt die Anweisung, nun fünf

Minuten mit demselben Gesprächspartner „ein gutes Gespräch“ zu führen.)

Im Anschluss an

die Übung

wurde sie im

Plenum unter

den leitenden

Fragen

besprochen:

Wie ist es den Gesprächspartnern in der Übung ergangen?

Was ist wichtig, damit beide „ein gutes Gespräch“ führen können?

Zielstellung der Übung:

Die Teilnehmer/innen erlebten und reflektierten die Bedeutung verbaler und non-

verbaler Kommunikation und erarbeiteten wichtige Kriterien für eine gelingende

Kommunikation.

Übung: „Zuhören/ Weghören“, Foto: A-HA

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Übung: „Erwartungen mitteilen/ Feedback geben“

Anweisung:

Dieses Mal wurden die Teilnehmer/innen in Kleingruppen (3-4 Personen) aufgeteilt

und jede Gruppe bekam folgende Aufgabenstellung zugewiesen:

Bitte finden Sie in Ihrer Gruppe jeweils drei Gemeinsamkeiten in Bezug auf:

1. Eigenschaften, Verhaltensweisen, die Sie an „Ihren“ Auszubildenden/ eventuell

auch Kunden beobachten und schätzen (positive soziale Kompetenz) sowie

2. Eigenschaften, Verhaltensweisen, die Sie an „Ihren“ Auszubildenden/ eventuell

auch Kunden stören und die Sie als sozial unangemessen empfinden.

Bitte geben Sie der Gruppe im Anschluss daran Vorschläge, wie eine Rückmeldung

an die Jugendlichen jeweils zum ersten und zweiten Punkt aussehen könnte.

Im Anschluss wurden die Kleingruppenergebnisse im Plenum präsentiert. Als

Visualisierung dienten Flipchart und Stellwand.

Zielstellung der Übung:

Die Gruppe verglich die vorhandenen Präferenzen bzw. Abneigungen gegenüber

bestimmten sozialen (In-)Kompetenzen und entwickelte Vorschläge für ein

entsprechendes Feedback. Im Mittelpunkt stand die Sensibilisierung für die

Notwendigkeit einer Kultur der wertschätzenden Kommunikation.

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5. Resümee und Ausblick der Tagung

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich denke und hoffe, dass diese sehr praxisorientierte Tagung Ihnen viele Anstöße

zum Weiterdenken gegeben hat. Es war interessant, die einzelnen Praxisbeispiele

aus den Unternehmen zu hören, welche sich mit viel Kreativität dem Thema

Ausbildung widmen. Die aufgeworfenen Fragen werden uns weiter beschäftigen

und lassen sich mit dieser Tagung nicht abschließend beantworten.

Wir laden Sie daher ein, mit uns gemeinsam nach weiteren Lösungsansätzen zu

suchen und das Thema „Soziale Kompetenzen in der Ausbildung stärken“ auf die

Ausbildungsagenda in den Unternehmen zu setzen. Letztendlich geht es um

Attraktivität und Qualität der Ausbildung, damit wir unseren Jugendlichen eine

Perspektive bieten. Das bedeutet, besonders denjenigen Jugendlichen eine Chance

zu geben, die nicht die optimalen Startvorrausetzungen mitbringen. Wir wissen,

dass das Thema gerade in den kleineren Unternehmen schwer umzusetzen ist, aber

der Aufwand kann sich lohnen, vor allem wenn man sich zusammenschließt, um

nach gemeinsamen Lösungen zu suchen.

Soziale Kompetenzen kann man nicht von heute auf morgen erwerben. Aber man

kann an den Stellschrauben drehen, damit etwas gelingt und bei den Jugendlichen

und jungen Erwachsenen Erfolge zu verzeichnen sind und seien sie zunächst noch

so klein. Soziale Kompetenzen sind bis zu einem bestimmten Grad erlernbar,

zumindest erweiterbar. Das Erlernen kann man jedoch nicht allein bewerkstelligen,

sondern es müssen alle Akteure zusammenarbeiten, d.h. es müssen Schule,

Berufsschule, Elternhaus und Helfersysteme einbezogen werden.

Vielen Dank für Ihr Kommen.

Herr Alexander Knipper, A-HA Anschluss Halten

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6. Präsentation der geplanten Fortbildungsreihe: „Azubimangel vs.

mangelhafte Azubis?“

Um ausbildende Unternehmen dabei zu unterstützen, die passenden Jugendlichen

zu finden und in ihrem Unternehmen zu halten bzw. zu fördern, hat das Regionale

Übergangsmanagement die Fortbildungsreihe „Azubimangel versus mangelhafte

Azubis? Geeignete Bewerber/innen finden, halten und durch (soziale)

Kompetenzförderung Perspektiven im Unternehmen schaffen“ entwickelt. Diese soll

einen Bogen von der schwierigen Akquise geeigneter Azubis, hin zu den Problem-

lagen schwieriger Jugendlicher und der Suche nach geeigneten Lösungen bis zu der

Frage, wie man den geeigneten Azubis Zukunft im Unternehmen kommunizieren

kann, um sie zu halten und wie man Ausbildung im Unternehmen attraktiv gestalten

kann, spannen.

Die Veranstaltungsreihe ist in 6 Module aufgebaut. Es müssen nicht alle Module

besucht werden, sondern die Teilnehmer/innen können sich die interessantesten

Module auswählen.

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„Perspektive Berufsabschluss“ ist ein Programm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, das durch strukturelle Veränderungen den Anteil von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ohne beruflichen Abschluss dauerhaft senken will. 97 Projekte sollen dafür Netzwerke in zwei unterschiedlichen Förderschwerpunkten nachhaltig etablieren.

„Regionales Übergangsmanagement“ stimmt an 55 Standorten die verschiedenen bereits vorhandenen Förderangebote und Unterstützungsleistungen aufeinander ab, um Jugendlichen den Anschluss von der Schule in eine Berufsausbildung zu erleichtern.„Abschlussorientierte modulare Nachqualifizierung“ schafft durch 42 Projekte geeignete Rahmenbedingungen, um an- und ungelernten jungen Erwachsenen mit und ohne Beschäftigung einen nachträglichen Berufsabschluss zu ermöglichen.

„Perspektive Berufsabschluss“ wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung aus Bundesmitteln und von der Europäischen Union aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds in den Jahren 2008 bis 2013 mit insgesamt rund 67 Mio. € finanziert.

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