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Sozialpsychologie 2 Sozialer Einfluss Sozialpsychologie 2 Prüfungsstoff Prüfungsstoff: Hogg & Vaughan (2008). Social Psychology. Harlow: Pearson Education Kapitel 7-11 Prüfung: 1. Termin: 29. Juni 2011 Sozialpsychologie 2 Homepage http://homepage.univie.ac.at/Andreas.Olbrich/vosozialpsychologie.html Sozialpsychologie 2 Inhalte Gehorsamkeit und Konformität Soziale Faulheit Minoritäteneinfluss Vorurteile und Diskriminierung Leistung in Gruppensituationen Interaktionen zwischen Gruppen Führungsstile Gruppenkonflikte Entscheidungen in Gruppen Gerechtigkeit

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Sozialpsychologie 2!

Sozialer Einfluss !

Sozialpsychologie 2!Prüfungsstoff!

Prüfungsstoff:!Hogg & Vaughan (2008). !Social Psychology. !Harlow: Pearson Education!Kapitel 7-11!Prüfung: 1. Termin:!29. Juni 2011!

Sozialpsychologie 2!Homepage!

http://homepage.univie.ac.at/Andreas.Olbrich/vosozialpsychologie.html!

Sozialpsychologie 2!Inhalte!

Gehorsamkeit und Konformität! Soziale Faulheit!

Minoritäteneinfluss! Vorurteile und Diskriminierung!

Leistung in Gruppensituationen!

Interaktionen zwischen Gruppen!

Führungsstile! Gruppenkonflikte!

Entscheidungen in Gruppen! Gerechtigkeit!

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Compliance: Befolgung aufgrund äußerer Einflussnahme durch Überredung oder Androhung von Strafe!

(meistens nur oberflächliche Einstellungs- oder Verhaltensänderung.!Wenn Beobachter nicht vorhanden -> Rückkehr zum alten Verhalten)!

Konformität: Akzeptanz von Normen & Regeln, wenn sie als richtig, sozial erwünscht und adäquat angesehen werden (-> Internalisierung); Moscovici (1976).!

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Referenzgruppe: besitzt positive Attribute, die wünschenswert sind oder negative Attribute, die man strikt ablehnt (Kelley, 1952)!

Membership-Group: Gruppe zu der man gehört (z.B. Student, Geschlecht)!

Positive Referenzgruppe -> Konformität!Negativ bewertete Referenzgruppe -> Compliance!

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Machttypen (nach Raven, 1965)!Belohnungsmacht (Reward power)! Macht, Belohnungen zu verteilen!

Bestrafungsmacht (coercive power)! Macht, Bestrafungen auszusprechen, wenn keine Compliance besteht!

Informationsmacht (informational power)! Macht über Wissen und Information!

Expertenmacht (expert power)! Glaube, dass der Beinflussende mehr Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt als man selbst!

Legitime Macht (legitimate power)! Macht ist durch Normen und Gesetze legitimiert!

Referenzmacht (referent power)! Identifikation mit, Sympathie oder Respekt für den Beeinflussenden!

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Ad Bestrafungs- & Belohnungsmacht:!

Premack-Prinzip (Premack, 1965): Das wahrscheinlichere Verhalten kann als Verstärker für das weniger wahrscheinlichere Verhalten fungieren.!

! Hausaufgaben Playstation spielen!

Unwahrscheinlich -------------------------------------------- wahrscheinlich!

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Ad Informationsmacht:!Die Information muss plausibel sein und je höher die Person in der

Hierarchie steht (z.B. Nobelpreisträger) desto eher wird die Info akzeptiert. !

! ! ! ! (Bochner & Insko, 1966).!Moscovici (1976): Macht und Beeinflussung sind zwei unterschiedliche

Prozesse. Macht ist die Kontrolle des Verhaltens mittels Dominanz und führt zu Compliance und Gehorsamkeit. Beeinflussung benötigt keine Anwendung von Strafe oder Belohnung.!

Leadership: Mobilisation von Anderen zum Erreichen eines gemeinsamen Zieles. Der Hinweis auf die Einstellungen der Gruppe und ihrer Ziele !

! -> Erhöhung der Konformität (Hogg, 2001c; Hogg & vanKnippenberg, !! ! 2003)!

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Gehorsamkeit: !Experiment-Serie von Milgram (1963, 2001):!Mittels Zeitungsannonce wurden Versuchspersonen für ein

Lernexperiment gesucht. „Es sollte untersucht werden, welche Auswirkungen Strafe auf das Lernen hat.“

Der Schüler musste Assoziationspaare lernen (z.B. Blau – Schachtel, Schön – Tag, Wild – Vogel, etc.). In der Testsequenz wurde dem Schüler ein Wort vorgegeben und er musste aus vier Antwortalternativen die richtige auswählen (z.B. Blau: (1) Himmel, (2) Tinte, (3) Schachtel, (4) Lampe). Die Antwort musste er durch Drücken eines Schaltknopfes bekannt geben. !

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Der Schockgenerator bestand aus einer Schalttafel mit 30 Kippschaltern in waagrechter Anordnung. Jeder Kippschalter war mit einer Voltangabe versehen, wobei die Skala von 15 bis 450 Volt reichte. Außerdem war für je vier Kippschalter eine verbale Beschreibung angebracht (Leichter Schock, Mäßiger Schock, Kräftiger Schock, Schwerer Schock, sehr schwerer Schock, Gefahr: Bedrohlicher Schock. Zwei Schalter trugen nur die Markierung „XXX“.)

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Der Verabreichung eines Schocks mussten bestimmte Handlungen vorausgehen.

1. Ein elektrischer Schock wurde nur bei Falschantworten verabreicht.

2. Bei jeder Falschantwort wurde die Stromstärke erhöht. 3. Vor Verabreichung des Schocks musste die Versuchsperson laut

und deutlich die Stromstärke ankündigen. Wenn sie bei der höchsten Voltstufe angelangt war, sollte sie mit dieser

Maximalstufe fortfahren (nach zwei weiteren Applikationen der Maximalstufe wurde der Versuch abgebrochen).

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Im Hauptversuch wurden die Schreie des Schülers von einem Tonband abgespielt, um eine standardisierte Situation zu schaffen: • ! Bis zu 75 Volt gab der Schüler keine Reaktion von Unbehagen von sich. Bei 75, 90 und

105 Volt gab er ein leichtes Knurren von sich. •! Bei 120 Volt rief der Schüler, dass die Elektroschocks nun unangenehm würden. •! Ein schmerzliches Stöhnen war bei 135 Volt vernehmbar. •! Bei 150 Volt schrie der Schüler auf: „Versuchsleiter, holen Sie mich hier raus! Ich will

bei diesem Experiment nicht länger mitmachen! Ich weigere mich weiterzumachen!“. •! Bei 180 Volt schrie der Schüler: „Ich kann den Schmerz nicht aushalten!“. •! Bei 270 Volt war die Antwort ein eindeutiges Brüllen. •! Bei 300 Volt brüllte er, dass er keine Antwort auf den Gedächtnistest geben werde. •! Bei 315 Volt äußerte er wiederum, dass er nicht mehr an diesem Experiment

mitmachen werde.

•! Nach 330 Volt hörte man nichts mehr von ihm und er gab auch keine Antworten mehr.

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Wenn sich die Vpn an den Versuchsleiter wandten: !4 Antwortmöglichkeiten:!•  Stufe 1: „Bitte fahren Sie fort!“ oder „Bitte machen Sie

weiter!“ •  Stufe 2: „Das Experiment erfordert, dass Sie weitermachen!“ •  Stufe 3: „Sie müssen unbedingt weitermachen!“ •  Stufe 4: „Sie haben keine Wahl, Sie müssen weitermachen!“

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Die Versuchspersonen wurde in diesem Rahmen auch gefragt: !„Wieviel Verantwortung trägt jeder von uns dafür, dass dieser

Mann gegen seinen Willen Elektroschocks erhielt?“ !Insgesamt wurden 118 Personen befragt. !

N! Versuchsleiter! Versuchsperson! Schüler!

ungehorsame Vpn! 61! 38.0%! 48.4%! 12.8%!

gehorsame Vpn! 57! 38.4%! 36.4%! 25.3%!

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M a c h t -Kategorie!

Bedeutung:!Die Vpn werden beeinflusst, weil!

Beschreibung! Mittlere Rang-

reihung!

Expertentum! sie glauben, dass der Vl über spezifisches Wissen verfügt.!

Als wissenschaftlicher Experte hat der Vl das Wissen und aufgrund dessen das Vertrauen der Vp. Wenn der Vl ihr versichert, „dass diese Schocks nicht gefährlich sind, obwohl sie schmerzhaft sind“, wird sie seine Anweisungen weiterhin befolgen.!

2.31!

Legitimation! sie glauben, dass er ein legitimes Recht h a t , i h n e n vorzuschreiben, was sie zu tun haben.!

Da der Vl Wissenschaftler war und die Vp einwilligte an diesem Versuch teilzunehmen, glaubte die Vp, dass der Vl ein Recht hatte, ihre Handlungen zu kontrollieren und sie den Aufforderungen des Vl folgen müsse.!

2.40!

Bestrafung! sie den Vl als potentielle Quelle für Bestrafungen sehen. !

Der Vl drängte die Vp, mit dem Experiment fortzufahren, z.B. mit der Phrase: „Das Experiment erfordert es, dass Sie fortfahren“. Diese Phrasen waren für die Vp eine Warnung vor negativen Konsequenzen.!

2.71!

Sozialpsychologie 2!sozialer Einfluss!

M a c h t -Kategorie!

Bedeutung:!Die Vpn werden beeinflusst, weil!

Beschreibung! Mittlere Rang-

reihung!

Information! s i e v o n d e n Informationen und Argumenten des Vl überzeugt sind.!

Aufgrund der einführenden Information, dass dieses Experiment überprüfen soll, welchen Einfluss Bestrafung auf das Lernen hat, glaubt die Vp, dass dieses Experiment sehr wichtig ist und ihre Handlungen für das Gelingen des Experiments entscheidend sind.!

3.23!

Belohnung! sie den Vl als potentielle Quelle für Belohnungen sehen.!

Da der Vl für die Vp eine Autorität darstellt, sind seine positiven Bewertungen eine Belohnung für ihr Verhalten. Sie führen die Befehle aus, da sie meinen, dadurch belohnt zu werden. !

4.46!

Beziehung! sie sich mit dem Vl identifizieren oder ihn mögen.!

Die Vp respektiert und mag den Vl. Sie würde selbst gern so eine Autoritätsperson sein.!

5.86!

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Studie! Nation! Vpn! % autoritäts-gläubig!

Milgram (1963) USA Männer 65 % Ancona & Pareyson (1968) Italien Studenten 85 % Mantell (1971) Deutschland Männer 85 % Kilham & Mann (1974) Australien männl. Studenten 40 % weibl. Studenten 16 % Burley & McGuiness (1977) Großbritannien männl. Studenten 50 % Shanab & Yahya (1978) Jordanien Studenten 62 % Miranda et al. (1981) Spanien Studenten über 90 % Schurz (1985) Österreich rep. Bevölkerung 80 % Meeus & Raaijmakers (1986) Holland rep. Bevölkerung 92 %

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Faktoren, die Gehorsamkeit beeinflussen:!–  Nähe des Lehrers (Vp) zum Lerner: (kein Kontakt: 100%, im

selben Raum: 40%, Hand halten: 30%) !–  Nähe der Autorität (bei telefonischer Anweisung: 20,5%)!–  Gruppenzwang (2 gehorsame Peers: 92,5%; ungehorsame Peers:

10%!–  Auftreten der Autorität (Uniform, Ansehen der Institution)!

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Erklärungen für das Gehorsamkeitsverhalten:!

•  Bindungsfaktoren: subjektiver Kontrakt zwischen Vl und Lehrer (Vp)!•  Konsequenzen sind nicht bewusst, da sie mit der Durchführung des

Experiments beschäftigt sind („agentic state“, sie führen das Verhalten für jemanden anderen aus (d.h. sie sind Agenten), sind aber nicht verantwortlich für die Konsequenzen).!

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Gehorsamkeit in anderen Situationen:!Krankenpflegepersonal gibt, trotz besseren Wissens, von Medizinern

verordnete Mengen von Medikamenten.!Hofling, Brotzman, Dalrymple, Graves und Pierce (1966): !21 Krankenschwestern, telefonische Verordnung der doppelten Dosierung durch

unbekannten Arzt. !Ergebnis:!•  20 Vpn (95,4 %) hätten das Medikament so verabreicht, wie der Arzt dies am Telefon

angeordnet hat.!•  11 Vpn (50 %) gaben an, Diskrepanz der Dosierung ist ihnen bewusst gewesen. !•  Während des Telefongesprächs beharrte keine der Vpn darauf, dass die Anweisung

zuerst schriftlich erfolgen muss, bevor sie durchgeführt wird. Im Interview gaben 18 Vpn (81,8 %) an, über die Unangebrachtheit von nicht- notfallmäßigen Telefonanweisungen Bescheid zu wissen. !

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Rank und Jacobson (1977): !18 Krankenschwestern in zwei allgemeinen Privatkrankenhäusern. !Ein Mitarbeiter der Forschergruppe gab sich am Telefon für einen Arzt aus, der im

Krankenhaus wenig bekannt war, und ordnete die Medikation Valium an. (30 mg intra muskulär (i. m.), nicht letale Dosis!

Ergebnis: !•  12 (66,6 %) der 18 Vpn holten die verordnete Menge aus dem Medikamentenschrank

und hielten sie in ihrer Hand. !•  16 Vpn (88,8 %) versuchten die Dosierung bzw. die Anordnung zu überprüfen. !•  Drei (16,6 %) versuchten ihren Vorgesetzten zu kontaktieren, eine Krankenschwester

rief die Apotheke an und 12 (66,6 %) versuchten den Arzt noch einmal zu erreichen.!•  Zwei (11,1 %) öffneten das Medikament und richteten es her, um es zu verabreichen. !

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Gehorsamkeit in der Krankenpflege (Antes & Olbrich-Baumann, 2009):!

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Konstruktion eines Gehorsamkeitstests:!1.  Gewinnung von Gehorsamkeitssituationen durch Befragung von 10

DGKP: ( 1. In welcher Situation würden Sie das tun, was Ihnen aufgetragen worden ist? 2. In welchen Situationen könnte es gefährlich werden, wenn Sie nicht das tun, was Ihnen aufgetragen worden ist? 3. In welchen Situationen haben Sie nicht ausgeführt, was Ihnen angeordnet worden ist? 4. Was ist für Sie Gehorsam?) : 40 Situationen!

2.  Gewinnung von Verhaltensalternativen: Befragung von weiteren 29 DGKP!

3.  Kategorisierung der Verhaltensalternativen und Auswahl von 4 Verhaltensalternativen pro Situation!

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Verhaltensalternativen:!•  a) repräsentiert immer den prinzipiellen Gehorsam, also eine

Anweisung wird genau so ausgeführt, wie sie angeordnet worden ist. Die Pflegeperson erhält die Anordnung einen Patienten, der 10 Liter Sauerstoff erhält, zu mobilisieren und sie führt diese Anordnung durch. !

•  b) steht für abgeschwächten Gehorsam und das Verhalten selbst direkt am Patienten (Opfer). Im Falle des Patienten, der 10 Liter Sauerstoff erhält, würde die Pflegeperson zuerst den Zustand des Patienten begutachten und einschätzen, ob eine Mobilisation aus der Sicht des Gesundheitszustandes möglich ist. Sie würde das, wenn möglich, mit dem Patienten gemeinsam besprechen. !

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Verhaltensalternativen:!•  c) spiegelt den abgeschwächten Gehorsam und das Verhalten selbst

indirekt, also ins System tragend. In diesem Fall würde die Pflegeperson den Arzt mit ihren Bedenken konfrontieren und ihm eigene Argumente mitteilen, warum sie eine Mobilisation in diesem Fall mit dem Ziel, eine andere Vereinbarung herbeizuführen, nicht befürwortet. !

•  d) entspricht immer dem Ungehorsam. Bezüglich des Patienten mit den 10 Liter Sauerstoff würde eine Pflegeperson zum Beispiel zu der Einsicht gelangen, dass eine Mobilisation für den Patienten zu anstrengend ist. !

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Situationsfragebogen zur Gehorsamsbereitschaft von Krankenpflegepersonen“ (SFGK) !

27 Situationen mit vier Antwortalternativen werden 3 Situationskategorien zugeordnet: !

Profession/Patient: Hier handelt es sich um Situationen, bei denen es um direkte gesundheitliche Auswirkungen beim Patienten geht, z.B. das Verabreichen von Medikamenten oder das Ausführen einer Lokaltherapie. (15 Situationen)!

Organisatorisch/Patient: Diesen Situationen zeigen die indirekten Auswirkungen von Anweisungen auf Patienten und solche, die den Patienten zwar betreffen, die aber keine unmittelbaren gesundheitlichen Folgen beinhalten, z.B. das Wohlbefinden des Patienten dokumentieren oder das Durchführen von zusätzlicher Arbeit. (9 Situationen)!

Organisatorisch/Sonstiges: Diese Situationen haben mit dem Patienten im eigentlichen Sinne nichts zu tun. Sie betreffen aber Handlungen oder Umstände, die für den Ablauf des Stationsalltags wichtig sind, z.B. Kontrolle der Inventarliste, Kontrolle des Notfallkoffers oder die Anwesenheit bei der Teamsitzung. (3 Situationen)!

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Beispielitem:!Auf Ihrer Station befindet sich ein Patient mit massiven Medikamentennebenwirkungen.

Da dieser Patient vom Primar persönlich medikamentös eingestellt worden ist, traut sich niemand von den Ärzten, eine Medikamentenumstellung vorzunehmen. Die verantwortlichen Medikamente sollen auch heute in Ihrem Dienst weiterhin verabreicht werden. Wie verhalten Sie sich? !

a)  Da ich als Pflegeperson nicht befugt bin, Medikamentenumstellungen vorzunehmen, muss ich die Medikamente wie vorgeschrieben verabreichen. Jedoch werde ich den Arzt nochmals auf die Nebenwirkungen bei dem Patienten hinweisen. !

b)  Ich mache den Arzt nochmals auf die Nebenwirkungen aufmerksam. Wenn keine Änderung der Medikamente vorgenommen wird, werde ich dies in der Kurve dokumentieren und dem Patienten die Medikamente verabreichen. !

c)  Ich halte Rücksprache mit dem diensthabenden Arzt und lege meine Bedenken vor. Anschließend dokumentiere ich das Gespräch. !

d)  Ich verabreiche die Medikamente nicht, schreibe meine Gründe in die Dokumentation und informiere den diensthabenden Arzt.!

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Hauptuntersuchung:!

97 DGKP, 34 männliche (35,1 Prozent) und 63 (64,9 Prozent) weibliche Personen;! Durchschnittsalter: 35,68 Jahre, !Berufsjahre: Männer 8,56 und Frauen 12,97 seit Abschluss des Krankenpflegediploms.!

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Ergebnisse:!

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Ergebnisse:!Geschlechtsunterschiede nur in spezifischen Situationen

nachweisbar, z.B.:!

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Arbeitsjahre:!

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Persönlichkeitseinflüsse!•  Je eher eine Person Normen bevorzugt, desto öfter gibt sie „prinzipiellen

Gehorsam“ an, und !•  je aufgeschlossener eine Person sich darstellt, desto „ungehorsamer“ ist sie,

wenn es sich um Anweisungen handelt, die den Patienten nur indirekt betreffen, wie zum Beispiel eine 3xtägliche Blutdruckkontrolle bei einem Patienten durchzuführen, dessen Werte im Normbereich liegen!

•  In Situationen, bei denen es um direkte gesundheitliche Auswirkungen auf den Patienten geht, zeigen Personen, die sich als !

•  emotional instabil und !•  konventionell und konservativ beschreiben, häufiger ihr Verhalten als

„abgeschwächt gehorsam“ angeben und sich an das System wenden, also den Arzt konfrontieren. !

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Personen, die sich als!•  emotional stabil, !•  introvertiert und !•  offen beschreiben, zeigen signifikant häufiger „ungehorsames“ Verhalten. !

•  Je konventioneller und konservativer sich eine Person beschreibt, desto häufiger gibt sie im Verhalten „prinzipiellen Gehorsam“ an und würde somit Anweisungen durchführen ohne sie abzuwandeln oder sie zu hinterfragen. !

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Gehorsamkeit in anderen Situationen:!

Job-Interviews werden von 91.7 Prozent der Teilnehmer so geführt, wie der Vorgesetzte es wünscht. !

Während des „Aufnahmetests“ (32 MC-Fragen) sollte auf Antworten negatives Feedback gegeben werden. Dieses wurde immer extremer.!

1.  Feedback: „Your answer to question 9 was wrong“. bis 15. Feedback: „According to the test, it would be better for you to apply for lower functions.“!

Verantwortlichkeit: 45% Versuchsleiter, 33% Vpn, 22% Opfer.!! ! (Meeus & Raaijmakers, 1986, 1995)!

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Gibt es einen unmittelbaren pädagogischen Nutzen aus der Vorstellung des Milgram-Experiments?!

Brant (1978): Nach der Vorstellung des Milgram-Experiments nahmen gleich danach (!) 40 von 44 Studenten an einer ähnlichen Untersuchung teil. !

„Prior to their participation, subjects had been assigned readings in their classes concerning the obedience research as well as other psychological findings in conjunction with their coursework. In addition these students had been lectured to on topics relevant to this investigation (Brant, 1978, p. 19).!

Shelton (1982): Vpn wurden ebenfalls vorher über das Milgram-Experiment aufgeklärt. 22 von 24 Teilnehmer ließen „Schocks“ bis 450 Volt zu.!

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Zukünftige Forschungsfragen zum Milgram-Experiment:!

Ab wann tritt Gehorsamkeit auf? Schwellenwert-Bestimmung (Erster Hinweis: ab 5-7 Wiederholungen des selben Verhaltens (Motal, 2011)!

Tritt Gehorsamkeit im gleichen Ausmaß auch bei exponentiellen „Bestrafungs-“plänen auf? Erster Hinweis: JA (Beyer, 2010)!

Wie verhält es sich mit positivem Gehorsam? Z.B. Buchhalter!

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Konformität:!Allport (1924): Vpn gaben konservativere Einschätzungen (weniger

extreme) von Gewichten und Gerüchen, wenn sie in einer Gruppe urteilen mussten!

-> Vpn wurden sich in ihren Urteilen ähnlicher!

Sherif (1936): Entwicklung von Gruppennormen in Experimenten zur Autokinese nachgewiesen.!

Vpn mussten in 2er oder 3er Gruppen am Experiment teilnehmen. Durchschnittliche oder mittlere Positionen wurden als normal wahrgenommen und werden von den Gruppenmitgliedern übernommen (frame of reference)!

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Ergebnis:!•  Gruppennormen werden auch für die Einzelschätzungen übernommen!•  Die Varianz der Schätzungen nimmt mit den Durchgängen ab.!

Lewin (1947): Ernährungsverhalten amerikanischer Hausfrauen kann durch Gruppendiskussionen manipuliert werden.!

VG1: Informationen wurden durch Vortrag vermittelt; 3 Gruppen zu je 13 bis 17 Teilnehmerinnen!

VG2: Informationen wurden im Vortrag vermittelt + anschließende Gruppendiskussion; ebenfalls 3 Gruppen!

! Ergebnis: ! VG1: 3 % änderten Essverhalten!! ! ! ! VG2: 32% änderten Essverhalten!

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Lässt sich der Einfluss von Gruppennormen auch bei objektiv eindeutigen Urteilen nachweisen?!Asch (1951): Vpn sollten Linien mit einem Standardreiz vergleichen und ihr Urteil abgeben. Die Vpn saßen in Gruppen von 7-9 Personen (wobei alle bis auf eine Person instruierte Teilnehmer waren). Die richtige Vp musste als vorletzte antworten.!

18 Durchgänge, wobei 12 durch die Gruppe falsch beurteilt wurden (6 zu lang, 6 zu kurz) !

Kontrollgruppe: Vpn mussten alleine Schätzungen !abgeben: weniger als 1 Prozent falsche Schätzungen.!

Versuchsgruppe: 25% blieben bei ihrer Meinung!50% zeigten Konformität bei 6 oder mehr Durchgängen!5% verhielten sich bei allen 12 Durchgängen konform.!

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Gründe für die Konformität:!• Zuerst Gefühl der Unsicherheit, Selbstzweifel!• Angst, Furcht vor Missbilligung und Einsamkeit!

Gründe für das Nachgeben (yielding): Sie wußten, dass sie die Dinge anders sahen als die Mehrheit, aber sie (die realen Vpn) könnten Unrecht haben.!

Unabhängige Vpn: !• Vertrauen in seine eigene Wahrnehmung!• Glaube an die Individualität!• Führen die Aufgabe aus, die Linie zu schätzen!

--> Stress in allen Gruppen sehr hoch!

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Weitere Versuchsbedingung:!• 16 reale Vpn, 1 instruierte Vp (gab immer Falschantworten)!-> Mehrheit lachte die instruierte Vp aus.!• Wenn die reale Vp ihre Urteile anonym in einem Formular eintragen musste, sank die Konformitätsrate auf 12.5%!

• Wenn ein weiterer Partner vorhanden war, der richtige Urteile abgab, sank die Konformitätsrate auf 10.4% oder 5.5%.!

• Wenn der Partner, der richtige Schätzungen abgab, aus der Gruppe entfernt wurde, stieg die Konformitätsrate wiederum auf 28.5%!• Wenn ein Mitglied der Mehrheit nach der Hälfte des Versuchs umschwenkte auf die richtigen Antworten sank die Konformitätsrate auf 8.7% !

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Deutsch & Gerard (1955) verwendeten selben Versuchsaufbau wie Asch mit folgenden Versuchsbedingungen:!VG1: Privat & Anonym!VG2: Face to face, 3 instruierte „Vpn“, 1 reale Vp!VG3: Face to face, Gruppenziel: „So genau wie möglich schätzen“!Weitere Unterteilung in (a) Schätzung bei sichtbarem Stimulus, !(b) Schätzung nach der Präsentation! Prozent der konformen Antworten im

Experiment von Jones & Gerard (1955)

20

25

30

35

40

45

50

55

60

face to face +Gruppenziel

Face to face Privat und anonym

Gruppencharakteristik

Pro

eze

nt

der

Ko

nfo

rmit

ät

Stimulus präsentNach der Präsentation

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Persönlichkeitsvariablen, die Konformität beeinflussen:!• Niedriger Selbstwert!• Großes Bedürfnis nach sozialer Bestätigung!• Bedürfnis nach Kontrolle!• Niedriger IQ!• Hohe Ängstlichkeit!• Gefühl der Unterlegenheit!• Unsicherheit in der Gruppe!• Gefühl, einen niedrigen Status in der Gruppe zu besitzen!• Autoritäre Persönlichkeit!

(Costanzo, 1970; Crutchfield, 1955; Elms & Milgram, 1966; Raven & French, 1958, Stang, 1972)!

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Es gibt keinen generellen Geschlechtsunterschied im Konformitäts-verhalten, aber bei geschlechtsrollenspezifischen Aufgaben sehr wohl! !

Bei „femininen“ Aufgaben (d.h. bei konservativen geschlechtsrollenspezifischen Aufgaben wie z.B. Erkennen von Strickmustern) verhalten sich Männer konformer.!Bei „maskulinen“ Aufgaben (z.B. Benennung von Werkzeugen zur Reparatur von technischen Geräten) verhalten sich Frauen konformer. !! ! ! ! ! (Sistrunk & McDavid, 1971) !

Sozialpsychologie 2!sozialer Einfluss!

Situative Faktoren, die Konformität beeinflussen:!1.  Gruppengröße!

Campbell & Fairey (1989): Es kommt auch auf die Art der korrekten Antworten an (z.B. Geschmack bei Kunst vs. Rechenaufgaben). -> bei objektiven Aufgaben ist eine kleine Gruppe einflussreicher!

Wilder (1977): Wieviele Mitglieder der Gruppe werden wirklich als unabhängig angesehen? Abhängige werden zu Subgruppen zusammengefasst.!

!  Man kann nicht mehr als 5-9 Mitglieder gleichzeitig wahrnehmen.!

Der Einfluss der Majoritätsgröße auf die Konformität bei Asch (1952)

0

5

10

15

20

25

30

35

40

1 2 3 4 8 10 bis 15

Majoritätsgröße

Pro

zen

t d

er

ko

nfo

rmen

Vp

n

Konformität

Sozialpsychologie 2!sozialer Einfluss!

Situative Faktoren, die Konformität beeinflussen:!2. Einstimmigkeit der Gruppe!Allen & Levine (1971): Vp mussten Längen-Schätzungen abgeben!VG1: Kein Support (einstimmige Mehrheit): 97% Konformität!VG2: inkompetenter Support (Mann mit ganz dicken Brillen): 64% Konformität!VG3: kompetenter Support: 36% Konformität!

Nemeth & Chiles (1988): Farbwahrnehmung; Blaue Dias wurden vorgegeben!VG1: Mehrheit sagte einstimmig „Blau“!VG2: Mehrheit sagte „Blau“, einer sagte „Grün“!Danach mussten Vp an einer weiteren Gruppensitzung mit einer anderen Gruppe

teilnehmen: Die Gruppe urteilte konsistent bei roten Dias „Orange“ -> reale Vp, die der VG2 entstammten, urteilten häufiger richtig mit „Rot“!

Sozialpsychologie 2!sozialer Einfluss!

Informationaler Einfluss:!Wenn Stimuli mehrdeutig sind und kein objektiver Test möglich ist, wird ein

sozialer Vergleich gesucht (Festinger, 1950, 1954)!z.B. Autokinetischer Effekt von Sherif (1936). Wenn den Vpn vor dem Versuch

erzählt wird, dass der autokinetische Effekt eine Illusion ist, tritt keine Konformität auf (Alexander, Zucker & Brody, 1970)!

Normativer Einfluss:!Personen haben das Bedürfnis nach sozialer Anerkennung. !Normativer Einfluss ist dann vorhanden, wenn die Gruppe Macht über

Belohnung und Bestrafung hat und die Gruppe das Verhalten des anderen überwacht. !

--> oberflächliche Verhaltensanpassung & Gehorsamkeit (z.B. wie in den Experimenten von Asch)!

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Sozialpsychologie 2!sozialer Einfluss!

3 Modalitäten des sozialen Einflusses (Moscovici, 1976; 1985):!

1.  Konformität: Einfluss der Mehrheit; Mehrheit überzeugt eine Minderheit, den Standpunkt der Mehrheit einzunehmen.!

2. ! Normalisation: Ein Kompromiss führt zur Konvergenz der Urteile und Meinungen!

3.! Innovation: Eine Minorität erzeugt einen Konflikt; die Majorität passt sich an.!

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Minoritätseinfluss:!

Eine konsistente Minderheit!

•  Stört die Mehrheitsnorm und produziert Ungewissheit & Zweifel!•  Lenkt die Aufmerksamkeit auf sich als eine Einheit!•  Vermittelt eine andere Weltsicht (Paradigma)!•  Demonstriert Gewissheit in ihrer Meinung!•  Der einzige Ausweg, den Konflikt zu lösen, ist die Akzeptanz der

Minderheitsmeinung!

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Moscovici, Lage & Naffrechoux (1969): „Farbwahrnehmungsexperiment“; Vpn sollten die Farbe von Dias einschätzen. Alle Dias waren blau (nur die Intensität veränderte sich). 4 reale Vpn, 2 instruierte Vpn: !

VG1: konsistente Minorität: !! immer „Grün“-Urteile!VG2: Minorität: 2/3 Grün, !! 1/3 Blau - Urteile!VG3: 6 richtige Vpn!In einer Nachuntersuchung!konnte eine Wahrneh-!mungsveränderung festge-!stellt werden; Schwellen-!wert für „Grün“-Antworten !war niedriger (nur bei VG1).!

Konformität mit einer Minderheit (Moscovici, Lage & Naffrechoux, 1969)

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

Kontrollgruppe inkonsistente Minorität Konsistente Minorität

Versuchsgruppe

Pro

zen

tzah

l d

er

"Grü

n"-

An

two

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Kontrollgruppeinkonsistente MinoritätKonsistente Minorität

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Nachfolgeuntersuchung von Moscovici & Lage (1976):!VG1: konsistente Mehrheit: 40% Konformität!VG2: inkonsistente Mehrheit: 12% Konformität!VG3: konsistente Minderheit: 10 % Konformität!

Minoritätseinfluss hängt ab von:!

•  Investment der Minorität: je mehr, desto einflussreicher!•  Autonomie: je autonomer, desto einflussreicher!•  Rigidität vs. Flexibilität: je flexibler der Verhandlungsstil, desto erfolgreicher!! ! ! ! ! ! (Moscovici & Mugny, 1983)!

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Wie wird man von der Mehrheit als Minorität ernst genommen?!

1.  Zuerst erwähnen, dass man zur selben Gruppe gehört!2.  Dann abweichenden Standpunkt darlegen! ! ! ! (Crano & Alvaro, 1998; David & Turner, 1996; Turner, 1991)!! ! ! ! ! !!  löst unter Gruppenmitgliedern Unbehagen aus!!  Motiviert zur Ungewissheitsreduktion!! ! ! (Hogg, 2000)!

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Der Konversions-Effekt nach Moscovici (1980):!

•  Minoritäten lösen nachhaltige Einstellungsänderungen aus!•  Majoritäten nur oberflächliche Änderungen!

Moscovici & Personnaz (1980, 1986): Blau/Grün-Experiment!Es wurden hierbei die Nachbilder gemessen!Nachbild von Blau -> Gelb!Nachbild von Grün -> Purpur!

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Der Konversions-Effekt nach Moscovici (1980):!

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Vorgehensweise im Experiment:!1.  Blaue Dias werden gezeigt!2.  Gruppe sagt laut, welche Farbe sie sieht!3.  Dia wird entfernt!4.  Vpn müssen auf einen Zettel schreiben, welches Nachbild sie sehen (privat)!

-> Vpn mit Minoritätseinfluss sahen mehr purpurne Nachbilder!

Martin (1998) konnte Effekt nicht nachweisen; Effekt trat nur bei jenen Vpn auf, die dem Experiment kritisch gegenüberstanden oder die das blaue Dia ganz genau betrachteten. !

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Minoritätseinfluss kommt durch einen Attributionsprozess zustande:!

Effektive Minoritäten sind!•  Konsistent!•  Konsensual (Mitglieder stimmen in ihrer Beobachtung überein)!•  Distinkt (von der Mehrheit)!•  Nicht durch äußeren Druck oder Selbstinteresse geleitet!•  Flexibel im Stil!

!  Position wurde freiwillig eingenommen!!  Stimulusattribution (!) !

! ! ! Hewstone (1989)!

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Meta-Analyse von 97 Studien zum Minoritätseinfluss von Wood, Lundgren, Oullette, Busceme & Blackstone (1994):!

Minorität hat keinen signifikanten Einfluss auf die Meinungen der Majorität:!

1.  Mitglieder der Majorität möchten nicht mit Minoritätsmitgliedern in Kontakt treten!

2.  Majoritätsmitglieder änderten nicht ihre öffentliche und private Meinung.!

3.  Es konnte nur eine indirekte Veränderung festgestellt werden: Man beschäftigt sich als Majoritätsmitglied mehr mit dem aktuellen Thema.!