Spielbericht "Universalis"

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Splitter des Imperiums (Uploads.pdf) drsrm 2008: Universalis Die wunderbare Welt von Isotopp Sonntag, 5. Oktober 2008 drsrm 2008: Universalis drsrm 2008 in Hannover geht nun zu Ende. Ich war von Freitag Mittag bis Sonntag Mittag da. Gespielt habe ich Shadowrun "über 30" nach Primetime AdventuresRegeln als Producer ("Spielleiter"), das Buffy/AngelRollenspiel mit einem Setting in Berlin und Universalis "Future Fantasy". Aber der Reihe nach. Universalis ist kein traditionelles Rollenspiel, sondern eine Art Autorenwerkzeug, mit dem man mit mehreren Personen über einen Plot verhandeln kann. Dabei müssen die einzelnen Autoren am Tisch nicht zwingend kooperativ arbeiten Universalis würde vermutlich auch funktionieren, wenn man kompetetiv zusammen sitzt und sich mit den Mitteln von Universalis um den Plot streitet. Dazu verwendet Universalis eine Menge von Coins (z.B. Pokerchips) und jede Menge W10. Man beginnt damit, daß die Mitglieder der Gruppe am Tisch reihum Dogmen kaufen. Dogmen können Content der Geschichte festlegen ("Es gibt interstellare Reisen") oder verhindern ("Keine Jedi"). Sie können auch Spielregeln definieren ("Lebende Spielfiguren haben Lebenspunkte als Attribut") oder Metaregeln festsetzen ("Keine Albernheiten ingame. Ihr könnt gerne outgame am Tisch kaspern, aber keine Witznamen für Personen und Orte oder ähnliche ingame Jokes. Die Strafe bei Verstoß sind zwei Coins."). Wenn Dogmen widerspruchslos von den anderen akzeptiert werden, kosten sie einen Coin, sonst werden von den Konfliktparteien Coins gegeneinander gesetzt bis eine Seite auf gibt ("Wenn Dir das so wichtig ist, dann ist es so wie Du sagst."). Die gesetzten Coins gehen an die Bank. Nachdem die Liste der Dogmen komplett erscheint, werden Szenen verhandelt. Dabei muß für jedes Objekt und jedes seiner Attribute ein Coin bezahlt werden: "Eine 25km lange Waffenplattform (1 Coin) mit Sprungkapazität (1 Coin) und dem Namen (1 Coin) 'Schwert des Imperiums' materialisiert sich über dem Planeten." Dabei kann es zum Konflikt kommen: Es mag sein, daß andere Spieler das nicht so wollen, wie der aktuelle Erzähler die Situation schildert. In dem Fall kämpfen zwei Objekte gegeneinander: Die Eigenschaften der Objekte und jeder zusätzlich gesetzte Coin geben einen W10. Diese Würfel werden geworfen 15 Augen sind ein Erfolg, 610 Augen ein Mißerfolg. Die Seite mit mehr Erfolgen gewinnt den Konflikt, die Summe ihrer Augen wird in Coins von der Bank bezahlt. Die unterlegene Seite erhält ihren Einsatz zurück. Danach geschehen die Dinge so wie die Gewinnerseite erzählt. In Universalis wird für alles bezahlt: Man kann sich auch Erzählrecht ("Unterbrechungen") kaufen, oder sonstwie Coins in die Menge werfen um Dinge zu verändern. Die Coins, die für Eigenschaften von Dingen oder Personen verwendet werden, gehen auf die Karteikarte des betreffenden Objekts. Das Objekt wird

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Splitter desImperiums

(Uploads.pdf)

drsrm 2008: UniversalisDie wunderbare Welt von Isotopp

Sonntag, 5. Oktober 2008

drsrm 2008: Universalis

drsrm 2008 in Hannover geht nun zu Ende. Ich war von Freitag Mittagbis Sonntag Mittag da. Gespielt habe ich Shadowrun "über 30" nachPrimetime Adventures­Regeln als Producer ("Spielleiter"), dasBuffy/Angel­Rollenspiel mit einem Setting in Berlin und Universalis"Future Fantasy". Aber der Reihe nach.

Universalis ist kein traditionelles Rollenspiel, sondern eine ArtAutorenwerkzeug, mit dem man mit mehreren Personen über einenPlot verhandeln kann. Dabei müssen die einzelnen Autoren am Tischnicht zwingend kooperativ arbeiten ­ Universalis würde vermutlichauch funktionieren, wenn man kompetetiv zusammen sitzt und sich mit den Mittelnvon Universalis um den Plot streitet.Dazu verwendet Universalis eine Menge von Coins (z.B. Pokerchips) und jedeMenge W10. Man beginnt damit, daß die Mitglieder der Gruppe am Tisch reihumDogmen kaufen. Dogmen können Content der Geschichte festlegen ("Es gibtinterstellare Reisen") oder verhindern ("Keine Jedi"). Sie können auch Spielregelndefinieren ("Lebende Spielfiguren haben Lebenspunkte als Attribut") oder Metaregelnfestsetzen ("Keine Albernheiten in­game. Ihr könnt gerne out­game am Tischkaspern, aber keine Witznamen für Personen und Orte oder ähnliche in­game Jokes.Die Strafe bei Verstoß sind zwei Coins.").

Wenn Dogmen widerspruchslos von den anderen akzeptiert werden, kosten sieeinen Coin, sonst werden von den Konfliktparteien Coins gegeneinander gesetzt biseine Seite auf gibt ("Wenn Dir das so wichtig ist, dann ist es so wie Du sagst."). Diegesetzten Coins gehen an die Bank.

Nachdem die Liste der Dogmen komplett erscheint, werden Szenen verhandelt.Dabei muß für jedes Objekt und jedes seiner Attribute ein Coin bezahlt werden: "Eine25km lange Waffenplattform (1 Coin) mit Sprungkapazität (1 Coin) und dem Namen(1 Coin) 'Schwert des Imperiums' materialisiert sich über dem Planeten." Dabei kannes zum Konflikt kommen: Es mag sein, daß andere Spieler das nicht so wollen, wieder aktuelle Erzähler die Situation schildert. In dem Fall kämpfen zwei Objektegegeneinander: Die Eigenschaften der Objekte und jeder zusätzlich gesetzte Coingeben einen W10. Diese Würfel werden geworfen ­ 1­5 Augen sind ein Erfolg, 6­10Augen ein Mißerfolg. Die Seite mit mehr Erfolgen gewinnt den Konflikt, die Summeihrer Augen wird in Coins von der Bank bezahlt. Die unterlegene Seite erhält ihrenEinsatz zurück. Danach geschehen die Dinge so wie die Gewinnerseite erzählt.

In Universalis wird für alles bezahlt: Man kann sich auch Erzählrecht("Unterbrechungen") kaufen, oder sonstwie Coins in die Menge werfen um Dinge zuverändern. Die Coins, die für Eigenschaften von Dingen oder Personen verwendetwerden, gehen auf die Karteikarte des betreffenden Objekts. Das Objekt wird

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dadurch wertvoller und schwieriger aus der Handlung zu nehmen.

Wir sind in unsere Universalis­Runde mit der Vorgabe "Future Fantasy" hineingegangen ­ dieses Genre reicht dabei von "Star Wars" bis "Riddick". Was sonst nochpassieren sollte war keinem der Anwesenden klar, Erwartungen oder Vorstellungengab es nicht. Nachdem wir Dogmen aufeinander getürmt hatten, entstand dabei eineWelt mit einem Wüstenplaneten a la Arrakis, auf dem Laserkristalle abgebautwerden, riesigen Sprungschiffen a la Babylon 5, digitalen Backups von Lebewesen,die auch auf Maschinen statt auf Körpern ausgeführt werden konnten und in neueKörper runtergeladen werden können. Talente, akausale Psi­ähnliche Begabungen,sind dabei an Körper, nicht an Identitäten gebunden und Unsterblichkeit gibt es fürbiologische Körper nicht.

Der Konflikt, vor dem alles andere sich abspielten sollte, entstand dabei quasi vonselbst: Unsere Dogmen bewirkten, daß alles biologische Leben sterblich ist und daßalles maschinelle Leben sich von den Menschen schnell entfremdet. Das 5000Sterne umfassende Sternenreich, in dessen Nachfahren wir spielen wollten, istdeswegen zerfallen: Uploads, digitalisierte Menschen, entfremden sich von denlebenden Menschen nach einer gewissen Zeit, und die Upload­Kriege waren für denUntergang des Imperiums verantwortlich. Aber in unserer Spielwelt ist es unmöglich,Körper ohne Bewußtsein herzustellen, sodaß ein Upload entweder nach 30 Jahrenenden muß, bei seinem Download in einen neuen biologischen Körper das darinenthaltene Bewußtsein auslöschen muß oder zu einer unmenschlichen, nachmenschlichen Maßstäben wahnsinnigen Existenz wird. Vor diesem "epischen"Hintergrund finden dann noch kleinere, lokale Konflikte statt ­ zum Beispiel derKampf um die Kristallwelt, der einzigen Quelle der für Laserwaffen notwendigenKristalle.

Universalis ist ein guter Plotgenerator ­ wir haben damit Splitter des Imperiums(PDF) erzeugt. Ich glaube, ich kann mir Universalis als eine Formalisierung der Plot­Vorphase eines PtA gut vorstellen. Besonders hat mich beeindruckt, daß das ganzein dem PDF geschilderte Universum als emergente Leistung der Gruppe entstandenist ­ niemand ist mit dieser Idee oder etwas, das dieser Idee auch nur entfernt nahekommt in die Runde hinein gegangen. Szenario, Personen, Eigenschaften undKonflikte sind reihum durch Aufeinandertürmen von Dogmen, Challenges, Szenenund Conflicts entstanden. Und wenn man es, wie Harald es getan hat, als PDF mitausformulierten Sätzen wie ein Sourcebook aufschreibt, dann haben wir pro Stundeetwa 4­5 Seiten Quellenbuch generiert. Das ist eine ganz gute Quote eigentlich.Geschrieben von Kristian Köhntopp in Roleplay um 17:00 | Kommentare (3) | Trackbacks (0)

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KommentareAnsicht der Kommentare: (Linear | Verschachtelt)

Die Dinge geschehen, wie es die Gewinnerseite mit dem meisten Geld bestimmt ­wieso denke ich da an Kronenzeitung Springer WAZ? Die unterlegene Seite kriegtaber hier nicht ihr Geld zurück.

Trotzdem höchst interessant. Ob irgendwas dabei herauskäme, sperrte man einige

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hinreichend intelligente Menschen zusammen und nähme Dogmen wie"bedingungsloses Grundeinkommen", "freies WLAN für alle", "Direktwahl", "keinFraktionszwang" etc?#1 slowtiger am 08.10.2008 08:55

Die anderen Mitspieler, incl. der Verlierer, erzählen den Ausgang ja mit – dafür benutztman die zurückgewonnenen Coins. Nach den Originalregeln können GewinnerVerlierer­Coins neutralisieren, anstatt die Geschichte durch weitere Ereignisse oderElemente zu bereichern; das haben wir aber abgeschafft, weil es als sehr destruktiverEinsatz dem gemeinsam­kreativen Ansatz des Spiels entgegenging.#2 Harald Wagener (Link) am 08.10.2008 09:11

Das gilt ja aber nur für Konflikte, bei Challenges (deutsches Wort: Infragestellungen?)gehen die Coins laut Regelwerk verloren. Den vollen Wert rückerstatten ist auch nichttoll, da man dann den Preis in die Höhe treiben kann. Wir haben in der Hinsicht überein geschlossenes System á la Western City nachgedacht, wo die Spieler bezahlteChips am Ende der Szene gleichmäßig verteilt zurück erhalten. So kann man nicht soschnell auf dem Trockenen sitzen.

Netter Eintrag übrigens. Ich finde es cool zu sehen, wie sich aus NullVoraussetzungen ein komplexes Setting entwickelt. Und jedes Mal anders. Und jederhat noch einen ungewöhnlichen Twist beizutragen. Das macht echt Spaß.

Wie war denn eigentlich bei Euch die Geschichte nachher?

[Werbung]Mein Artikel zu Universalis:http://nebelwand.drupalcafe.com/?q=node/85

[/Werbung]#3 PiHalbe (Link) am 11.03.2009 11:28

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