Spinabh¨angiger Transport in Magnetit - wmi.badw.de · 6.26 Arrhenius-Graph der Probe M17a. . . ....

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Physik-Department Walther-Meißner-Institut Bayerische Akademie Lehrstuhl E23 ur Tieftemperaturforschung der Wissenschaften Spinabh ¨ angiger Transport in Magnetit Diplomarbeit von Wolfgang Kaiser Betreuer: Prof. Dr. Rudolf Gross Garching, den 12. Dezember 2006 Technische Universit¨ at M¨ unchen

Transcript of Spinabh¨angiger Transport in Magnetit - wmi.badw.de · 6.26 Arrhenius-Graph der Probe M17a. . . ....

Physik-Department Walther-Meißner-Institut Bayerische Akademie

Lehrstuhl E23 fur Tieftemperaturforschung der Wissenschaften

Spinabhangiger Transport

in Magnetit

Diplomarbeit von

Wolfgang Kaiser

Betreuer: Prof. Dr. Rudolf Gross

Garching, den 12. Dezember 2006

Technische Universitat Munchen

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung und Uberblick 1

2 Eigenschaften von Magnetit 5

2.1 Chemische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

2.2 Struktur und Magnetismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

2.3 Magnetische Anisotropie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

2.4 Transporteigenschaften und Bandstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . 9

3 Magnetotransport 15

3.1 Normaler Hall-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

3.2 Anomaler Hall-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

3.2.1 Skew-Scattering . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

3.2.2 Side-Jump-Scattering . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

3.3 Normaler und anisotroper Magnetwiderstand . . . . . . . . . . . . . . . 22

3.4 Einfluss der Messgeometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

4 Techniken 31

4.1 Gepulste Laserdeposition (PLD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

4.2 Reflection High Energy Electron Diffraction (RHEED) . . . . . . . . . 33

4.3 Rontgenstreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

4.4 Superconducting Quantum Interference Device (SQUID) . . . . . . . . 39

4.5 Lithographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

4.6 Magnetotransport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

5 Herstellung und Charakterisierung dunner Magnetitfilme 43

5.1 Filmherstellung mittels gepulster Laserdeposition . . . . . . . . . . . . 43

5.2 Methoden der Rontgencharakterisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

5.2.1 Rontgenmessmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

5.2.2 Berechnung der Gitterkonstanten . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

I

II INHALTSVERZEICHNIS

5.3 Strukturelle Eigenschaften der Magnetit-Filme . . . . . . . . . . . . . . 51

5.3.1 (001) orientierte Magnetitfilme auf MgO-Substraten . . . . . . . 51

5.3.2 (111) orientierter Magnetitfilm auf Al2O3-Substrat . . . . . . . . 55

6 Experimentelle Ergebnisse 59

6.1 Der Verwey-Ubergang – Vergleich von Magnetisierungs- und Transport-

daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

6.2 Analyse des Widerstands in Abhangigkeit von der Temperatur . . . . . 64

6.3 Diskussion der Magnetisierung in Abhangigkeit von der Temperatur . . 69

6.4 Magnetisierung in Abhangigkeit vom außeren Feld und Temperatur . . 73

6.5 Langs- und Querwiderstand in Abhangigkeit vom außeren Magnetfeld . 78

7 Zusammenfassung und Ausblick 95

Literaturverzeichnis 101

Danksagung 105

Abbildungsverzeichnis

2.1 Inverse Spinellstruktur von Magnetit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

2.2 Elektronenkonfigurationen von Fe2+ und Fe3+. . . . . . . . . . . . . . . 7

2.3 Ferromagnetische Kopplung durch Hopping. . . . . . . . . . . . . . . . 8

2.4 Bandstrukturrechnung von Zhang et al. [80]. . . . . . . . . . . . . . . . 12

2.5 Bandstrukturrechnung von Jeng et al. [38]. . . . . . . . . . . . . . . . . 12

2.6 Spinolarisationsmessung von Dedkov [21]. . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

3.1 Schema zur Messung des Hall-Effekts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

3.2 Skizze von Skew- und Side-Jump-Scattering. . . . . . . . . . . . . . . . 21

3.3 Skizze einer Hallbrucke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

3.4 Simulation des Hallfeldes Ey unterschiedlich breiter Hallbrucken. . . . . 26

3.5 Abhangigkeit der gemessenen Querspannung Um zur erwarteten Hall-

Spannung UHall vom Aspektverhaltnis und von der x-Position des Quer-

spannungsabgriffs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

3.6 Vergleich von Experiment und Theorie in Bezug auf die Brei-

tenabhangigkeit und x-Position des Querspannungsabgriffs. . . . . . . . 28

4.1 Skizze des UHV-Systems. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

4.2 Skizze des PLD-Systems. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

4.3 Schema des RHEED-Systems. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

4.4 Darstellung der unterschiedlichen Wachstumsarten. . . . . . . . . . . . 34

4.5 RHEED-Bild in Abhangigkeit der Wachstumsart. . . . . . . . . . . . . 35

4.6 Skizze der verwendeten Rontgenanlage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

4.7 Prinzip der Rontgendiffraktometrie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

4.8 Verkippung der Probe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

4.9 Prinzip der Rontgenreflektometrie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

4.10 Skizze des verwendeten Gradiometers zweiter Ordnung. . . . . . . . . . 39

4.11 Skizze der Lithographieanlage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

4.12 Verwendete Dia-Masken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

III

IV ABBILDUNGSVERZEICHNIS

4.13 Fur Magnetotransport kontaktierte Probe. . . . . . . . . . . . . . . . . 42

5.1 RHEED-Bild eines MgO-Substrats (a) und eines Magnetitfilms (b). . . 46

5.2 RHEED-Oszillationen wahrend des Herstellungsprozesses an der Probe

M31. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

5.3 Kubische Einheitszelle von MgO. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

5.4 Reflektometriemessung an der Probe Mg9. . . . . . . . . . . . . . . . . 52

5.5 2 θ - ω - Scan an der Probe Mg10. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

5.6 Reciprocal-Space-Mapping an der Probe M17. . . . . . . . . . . . . . . 53

5.7 χ - Mapping des (044)-Magnetitreflexes und des (022)-MgO-Reflexes an

den Proben Mg9 und Mg10. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

5.8 Hexagonal-rhomboedrische Kristallstruktur von α-Al2O3. . . . . . . . . 55

5.9 2 θ - ω - Scan der Probe Sap1. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

5.10 φ - Scan an unterschiedlichen Saphir- und Magnetitreflexen der Probe

Sap1. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

6.1 Messung der z-Komponente der Magnetisierung im SQUID-

Magnetometer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

6.2 Temperaturabhangigkeit der remanenten Magnetisierung M (T) und des

spezifischen Widerstands ρ (T). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

6.3 Schematische Darstellung einer Antiphasengrenze (APB). . . . . . . . . 63

6.4 Verwey-Ubergangstemperatur in Abhangigkeit der Schichtdicke. . . . . 64

6.5 ρxx(T) an den Proben M17a und M31b. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

6.6 ρxx gemessen in unterschiedlichen Kristallrichungen. . . . . . . . . . . . 66

6.7 Auswirkung der Lithographie auf ρxx. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

6.8 Ubersicht der ρxx-Messkurven aller Proben. . . . . . . . . . . . . . . . . 68

6.9 M(T) an den Proben M17, Mg9, Mg10 und Sap1. . . . . . . . . . . . . 69

6.10 Einbau einer Probe in einen Strohalm mit Plexiglasstaben. . . . . . . . 71

6.11 M(T) der Probe M17 fur Film ‖ z und Film ⊥ z. . . . . . . . . . . . . 72

6.12 Bearbeitung der M(H)-Daten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

6.13 Magnetisierung der Probe M17 in Abhangigkeit von angelegtem Feld

und Temperatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

6.14 M(H) mit H ⊥ Film. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

6.15 Vergleich von M(H) bei ~H ⊥ und ~H ‖ zur Filmebene. . . . . . . . . . . 77

6.16 Ubliche Kontaktierung einer Hallbrucke. . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

6.17 Hallbrucken unterschiedlicher Breite. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

6.18 Simulation einer quadratischen Hallbrucke. . . . . . . . . . . . . . . . . 80

6.19 Symmetrisierung, bzw. Antisymmetrisierung der Widerstandsdaten. . . 82

ABBILDUNGSVERZEICHNIS V

6.20 Temperaturabhangigkeit des spezifischen Langs- und Hallwiderstands. . 84

6.21 Vergleich zwischen Magnetisierung und Hallwiderstand an der Probe

M17a. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

6.22 Skizze zur Extrapolation des anomalen Hallkoeffizienten RS. . . . . . . 86

6.23 Problematik bei der Bestimmung des anomalen Hallkoeffizienten RS. . 87

6.24 Doppellogarithmische Auftragung des Hallwiderstands uber dem

Langswiderstand der Probe M17a. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

6.25 Doppellogarithmische Auftragung des anomalen Hallkoeffizienten uber

dem Langswiderstand der Proben M31b, Mg9, Mg10 und Sap1. . . . . 90

6.26 Arrhenius-Graph der Probe M17a. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

6.27 Einfach-logarithmische Darstellung des anomalen Hallkoeffizienten uber

dem Langswiderstand an der Probe M17a. . . . . . . . . . . . . . . . . 91

6.28 Doppellogarithmische Auftragung der Hallleitfahigkeit uber der

Langsleitfahigkeit an der Probe M17a. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

6.29 Doppeltlogarithmische Auftragung der Hallleitfahigkeit uber der

Langsleitfahigkeit an den Proben M31b, Mg9, Mg10 und Sap1. . . . . . 94

VI ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Tabellenverzeichnis

5.1 Wachstumsparameter der verschiedenen Proben. . . . . . . . . . . . . . 45

5.2 Vergleich der auf MgO gewachsenen Magnetitfilme. . . . . . . . . . . . 55

5.3 Vergleich des auf Saphir gewachsenen Magnetitfilms mit Magnetit- und

Saphir-Volumen-Material [18]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

6.1 Ubersicht uber die gemessenen Proben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

6.2 Ubersicht uber die Sattigungsmagnetisierungswerte der Proben . . . . . 74

VII

VIII TABELLENVERZEICHNIS

Kapitel 1

Einleitung und Uberblick

Die Elektronik hat in den letzten 50 Jahren eine unglaubliche Entwicklung erlebt, von

einzelnen Transistoren bis hin zu hochintegrierten Schaltungen auf einem Chip. Dabei

wurde die Leistungsfahigkeit durch immer weitere Miniaturisierung und somit erhohter

Integrationsdichte der Schaltungen enorm gesteigert. Moglich wurde dies durch ein ge-

naues Verstandnis der zugrundeliegenden Physik (z.B. von Silizium) und Fortschritte

in der Herstellungstechnologie. Zur Zeit ist der Halbleiter Silizium das am besten unter-

suchte und verstandene Material, man kann seine Eigenschaften nach entsprechenden

Anwendungswunschen gezielt durch z.B. Dotierung oder Verspannung beeinflussen. Al-

lerdings stoßt man bei immer weiterer Miniaturisierung an Grenzen, denn unterhalb

einer bestimmten Bauteilgroße sind Quanteneffekte nicht mehr vernachlassigbar. Es ist

daher absehbar, dass das Moorsche Gesetz (Verdoppelung der integrierten Schaltkreise

alle 18 Monate) seine Gultigkeit verliert. Allerdings nutzt die konventionelle Elektro-

nik nur die Ladung von Elektronen als Freiheitsgrad aus, der Spin bleibt ungenutzt.

Somit ware ein moglicher Ausweg, den Spin als weiteren Freiheitsgrad zu nutzen. Das

relativ neue Gebiet, welches sich damit beschaftigt, ist die Spin- und Magnetoelektro-

nik. Der Unterschied zwischen Magneto- und Spinelektronik besteht darin, dass soge-

nannte Zwei-Tor-Bauelemente der Magnetoelektronik und Drei-Tor-Bauelemente der

Spinelektronik zugeschrieben werden. Unter einem Zwei-Tor-Bauelement versteht man

ein System mit zwei Anschlussen, im einfachsten Fall also einen magnetfeldabhangigen

Widerstand. So ein magnetfeldabhangiger Widerstand kann z.B. durch zwei magneti-

sche Schichten, die durch eine unmagnetische getrennt sind, realisiert werden. Durch

ein von außen angelegtes Magnetfeld konnen die Magnetisierungsrichtungen der zwei

Schichten beeinflusst werden. Je nachdem wie die Magnetisierung dieser zwei Schich-

ten zueinander steht, hat man wegen des polarisierten Elektronenspins entweder hohen

Stromfluss oder niedrigen (im Idealfall keinen). Die Drei-Tor-Bauelemente (drei An-

1

2 Kapitel 1 Einleitung und Uberblick

schlusse) sind ahnlich aufgebaut, jedoch ist zusatzlich an einer Zwischenschicht (z.B.

ein Halbleiter zwischen zwei magnetischen Schichten) eine Gate-Elektrode vorhanden.

Damit kann der Spin der von der ersten magnetischen Schicht in den Halbleiter inji-

zierten Elektronen manipuliert werden. In der klassischen Elektronik ist ein Transistor

ein typisches Drei-Tor-Bauelement. In den letzten zwei Jahrzenten erlebte die Ma-

gnetoelektronik einen wahrhaften Boom, ausgelost durch die Entdeckung des GMR

(Giant Magneto Resistance) durch Peter Grunberg [7] und Abert Fert [4] im Jahr

1988. Seitdem werden magnetoelektronische Bauteile z.B. in Festplattenlesekopfen in

zunehmendem Maße eingesetzt, zunachst beruhend auf dem AMR (Anisotropic Ma-

gneto Resistance, seit 1990 in Festplattenlesekopfen verwendet), spater auf dem GMR

(seit 1998 in Festplattenlesekopfen). Durch die gesteigerte Empfindlichkeit konnte die

Speicherdichte enorm vergroßert werden. Auch Winkel- und Drehsensoren auf Basis

der Magnetoelektronik werden seit mehreren Jahren z.B. im Antiblockiersystem eines

Fahrzeugs eingesetzt. Die Entwicklung eines magnetischen Arbeitsspeichers (MRAM:

Magnetic Random Access Memory) auf Basis von magnetoresistiven Effekten wurde

die letzten Jahre ebenfalls forciert. Seit Mitte 2006 ist ein MRAM von der Firma Free-

scale kauflich erhaltlich. Alle bisher entwickelten Bauteile sind der Magnetoelektronik

zuzuordnen, bei der der Spin der beteiligen Ladungstrager zwar fur den auftretenden

Magnetwiderstand ausschlaggebend ist, aber nicht aktiv beeinflusst wird. Deshalb ist

es Ziel der Spinelektronik-Forschung, Bauteile zu entwickeln, mit denen der Spin zwi-

schen zwei magnetischen Schichten manipulierbar ist. Zur technologischen Umsetzung

ist ein tiefes Verstandnis verschiedener physikalischer Mechanismen wie Spininjektion,

Spintransport, Spinmanipulation und Spindetektion notig. Fur Herstellung von Spin-

transistoren (Drei-Tor-Bauelementen) mussen von den magnetischen Materialien einige

Anforderungen erfullt werden:

• Hohe Curie-Temperatur TC >> 300 K

• Hohe Spinpolarisation P , am besten P = 100 %

• Kompatibilitat mit Halbleitermaterialien und Beherrschbarkeit von Grenz-

flacheneffekten

Die zwei erstgenannten Forderungen werden von einigen ferro-/ferrimagnetischen

Halbmetallen erfullt, wahrend die dritte Anforderung noch intensiver Forschung be-

darf. Als ferro-/ferrimagnetischen Halbmetall bezeichnet man ein Material mit einer

Spinpolarisation von 100% an der Fermienergie. Durch die Austauschwechselwirkung

sind die Spin↑- und Spin↓-Bander verschoben, und fur ein Band existiert am Fermi-

niveau eine Energielucke, wodurch sich dann die Spinpolarisation ergibt. Dabei ist die

3

Spinpolarisation folgendermaßen definiert: P (%) =N↑(EF )−N↓(EF )

N↑(EF )+N↓(EF )· 100, wobei N↑(EF )

die Zustandsdichte der Spin↑-Elektronen an der Fermienergie EF und N↓(EF ) die Zu-

standsdichte der Spin↓-Elektronen an der Fermienergie EF ist.

Zu den aussichtsreichen halbmetallischen Materialien zahlen bestimmte Heusler-

Verbindungen, so wie einige Oxide: die dotierten Manganate, Doppelperovskite, CrO2

und Magnetit Fe3O4. Insbesondere besitzt Magnetit mit einer Curie-Temperatur von

858 K und einer aus Bandstrukturrechnungen erhaltenen Spinpolarisation von 100 %

optimale Voraussetzungen fur die Spinelektronik. Bevor man jedoch Magnetit in An-

wendungen einsetzen kann, mussen die physikalischen Eigenschaften dieses Materials

detailiert untersucht werden. Obwohl Magnetit seit ca. 80 Jahren intensiv erforscht

wird, sind aufgrund der komplexen Eigenschaften – was dieses Material auch so inter-

essant macht – viele Fragestellungen noch immer ungeklart. So gibt es beispielsweise

Unterschiede in den magnetischen Eigenschaften zwischen Magnetit als einkristalli-

nem Volumenmaterial und epitaktischen, einkristallinen dunnen Filmen. Desweiteren

unterscheiden sich einkristalline dunne Filme voneinander, je nachdem ob Magnetit

epitaktisch verspannt oder relaxiert aufwachst in der magnetischen Anisotropie, wie

auch in den Transporteigenschaften.

Ziel dieser Diplomarbeit sind grundlegende spinabhangige Transportuntersuchungen,

insbesondere das Skalierungsverhalten des anomalen Hall-Effekts. Es existieren dazu

zwar Untersuchungen an Volumenmaterial von Todo et al. [69] und auch an dunnen

polykristallinen Filmen (≈250 nm) von Feng et al. [26]. Jedoch wurden bisher keine

systematischen Transport-Experimente an einkristallinen und epitaktisch verspannten

Filmen gemacht, was in dieser Arbeit in Abhangigkeit von der Schichtdicke untersucht

wird.

Diese Arbeit ist in mehrere Kapitel unterteilt. Nach einer Zusammenfassung des ak-

tuellen Wissensstands uber die chemischen und physikalischen Eigenschaften von Ma-

gnetit in Kapitel 2 werden in Kapitel 3 einige grundlegene Magnetotransporttheorien

wie Hall-Effekt, außergewohnlicher Hall-Effekt, Magnetwiderstandseffekte und der Ani-

sotrope Magnetwiderstand (AMR) angesprochen. Zusatzlich wird hier noch der Einfluss

der Messgeometrie auf den Hall-Effekt anhand von Simulationen diskutiert. Darauf wer-

den in Kapitel 4 die verwendeten Herstellungs- und Charakterisierungs-Apparaturen

vorgestellt, und in Kapitel 5 wird die Probenherstellung und -charakterisierung der auf

MgO und Saphir gewachsenen Magnetitfilme anhand der im vorigen Kapitel erwahnten

Instrumente beschrieben. Dann folgt in Kapitel 6 die Prasentation und Diskussion der

Magnetisierungs- und Transport-Messergebnisse. Abgeschlossen wird diese Arbeit mit

einer Zusammenfassung und einem Ausblick in Kapitel 7.

4 Kapitel 1 Einleitung und Uberblick

Kapitel 2

Eigenschaften von Magnetit

Magnetit (Fe3O4) ist den Menschen schon seit uber 3000 Jahren bekannt, wird seit ca.

80 Jahren genauer untersucht und ist wegen seiner komplexen Eigenschaften, insbeson-

dere wegen seines korrelierten Elektronensystems, immer noch Gegenstand aktueller

Forschung. In diesem Kapitel wird auf die chemischen und physikalischen Eigenschaf-

ten dieses Materials, eines vermuteten Halbmetalls, eingegangen.

2.1 Chemische Eigenschaften

Magnetit ist das Eisenerz mit dem großten Eisenanteil und dient deshalb in der Stahl-

herstellung als Ausgangsstoff. Es kommt weltweit haufig in massiver oder gekornter

Form als schwarzes Mineral vor. Neben Magnetit existieren noch zwei weitere Eisen-

oxide, namlich Wustit Fe1−xO, das nur uber 560C stabil ist und Roteisenstein Fe2O3,

welches in 3 Modifikationen vorkommt [34]. Zu diesen 3 Erscheinungsformen zahlen

Hamatit α−Fe2O3 (rhomboedrisch, antiferromagnetisch TN = 955K, Farbe: rot-braun,

stabil), β−Fe2O3 (kubisch, paramagnetisch) und γ−Fe2O3 (kubisch, ferromagnetisch,

Farbe: schwarz, metastabil). Es gibt folgende Phasenubergange der Eisenoxide:

2

3Fe3O4

Vakuum200C←−−−−−−−−− 1

6O2

γ − Fe2O3300C−−−→ α− Fe2O3

1200C−−−−→− 1

6O2

2

3Fe3O4 (2.1)

Erhitzt man das metastabile γ − Fe2O3 auf 200C im Vakuum, so entsteht unter Sau-

erstoffabspaltung Magnetit, unter Sauerstoffatmosphare und 300C erhalt man das

stabile Hamatit. Dieses geht in Luft bei einer Temperatur von 1200C unter Sauer-

stoffabgabe in Magnetit uber, welches saure- und laugenbestandig ist und als einziges

Eisenoxid kein elektrisch isolierendes Verhalten zeigt.

5

6 Kapitel 2 Eigenschaften von Magnetit

2.2 Struktur und Magnetismus

Magnetit kristallisiert bei Raumtemperatur in der inversen Spinellstruktur (siehe Abb.

2.1). Die Einheitszelle ist kubisch mit der Gitterkonstanten a = b = c = 0.8396 nm [32].

Sie besteht aus acht Formeleinheiten Fe3O4, also aus 24 Eisen- und 32 Sauerstoffatomen.

Die Eisenatome sitzen auf A- und B-Platzen der Spinellstruktur. Ein A-Platz ist von

einem Sauerstofftetraeder umgeben, ein B-Platz von einem Sauerstoffoktaeder. Schon

an der chemischen Summenformel von Magnetit Fe3O4 ist erkennbar, dass das Eisen

eine gemischte Valenz besitzen muss, denn der Sauerstoff ist immer zweiwertig. Die

Summenformel Fe3O4 lasst sich als Fe3+2 Fe2+ O2−

4 schreiben. Acht Fe3+ sitzen auf den

A-Platzen (gelb) (Abb. 2.1), weitere acht Fe3+ und dazu noch acht Fe2+ nehmen die

B-Platze (rot) ein. Die inverse Spinellstruktur sieht man in Abb. 2.1. Die magnetischen

Momente der Fe3+-Ionen auf den A-Platzen stehen zueinander wegen ferromagneti-

scher Kopplung parallel, genauso wie die Momente der Fe3+-Ionen auf den B-Platzen

parallel sind. Zwischen dem A- und dem B-Gitter herrscht jedoch antiferromagnetische

Kopplung, so dass sich die magnetischen Momente der Fe3+ aufheben. Ubrig bleiben

die Momente der Fe2+-Ionen auf den B-Platzen, die alle wegen ferromagnetischer Wech-

Abbildung 2.1: Magnetit besitzt eine inverse Spinellstruktur [62].

2.2 Struktur und Magnetismus 7

selwirkung unterhalb der Curie-Temperatur TC parallel stehen. Hieraus ist ersichtlich,

dass es sich bei Magnetit um einen Ferrimagneten handelt. Die Curie-Temperatur be-

tragt 858 K [34]. Jedes Fe2+ Ion besitzt ein magnetisches Moment von 4 µB, dabei ist

µB = e2me

~ ≈ 9, 2741 · 10−24Am2 das Bohr’sche Magneton. Also erwartet man theore-

tisch eine Magnetisierung von 4 µB pro Formeleinheit Fe3O4.

Der tiefere Grund fur den Magnetismus in Magnetit liegt in der Elektronenkonfigu-

ration der beteiligten Eisen-Ionen: In Abbildung 2.1 kann man Ketten von B-Platzen

sehen. Wie bereits erwahnt, sind hier Fe2+- und Fe3+-Ionen vorhanden. Fe2+ hat die

Elektronenkonfiguration [Ar]3d6 und Fe3+ [Ar]3d5 (siehe Abb. 2.2). Dabei sind bei dem

Fe2+ beide 4s-Elektronen und bei Fe3+ beide 4s-Elektronen und ein 3d-Elektron an den

Sauerstoff zugunsten einer Ionenbindung ubergegangen. Aus den Hundschen Regeln

folgt direkt, dass Fe2+ den Spin S=2 ~ und Fe3+ den Spin S=52

~ hat. Grundlage fur

den Magnetismus sind Hupfprozesse: das Spin-↓-Elektron hupft vom Fe2+ zum Fe3+.

Willkurliches Hupfen von Spin↑-Elektronen ist bei parallelen Spins der beiden Eisenio-

nen nicht moglich, da das Spin↑-Band aufgrund der Hundschen Regeln komplett gefullt

ist und somit keine freien Zustande existieren. Auch nach dem Hupfprozess haben die

Eisenionen nach den Hundschen Regeln den Spin S=2 ~ bzw. S=52

~ (Erhaltung der

Spinzustande) und es mussen die selben Valenzzustande (II und III) der Eisenionen vor-

handen sein wie davor (Valenzerhaltung), denn aus energetischen Grunden gibt es keine

ein- und vierwertigen Eisenionen. Falls die Spins von Fe2+ und Fe3+ antiparallel stehen,

kann kein Elektron von dem einen Ion zum anderen Hupfen, denn man musste entwe-

der das Pauliprinzip, die Hundschen Regeln oder die Valenzerhaltung verletzen. Also

kann unter Berucksichtigung der Spin- und Valenzzustande nur das Spin-↓-Elektron

des Fe2+ zum Fe3+ hupfen (siehe Abb. 2.3), aber auch nur dann, wenn der Gesamtspin

des Ausgangions parallel zu dem des Zielions steht, ansonsten greift das Pauliverbot.

Folglich sind die gemischtvalenten B-Platze ferromagnetisch gekoppelt. Dieser Mecha-

nismus ist als Doppelaustausch bekannt [31, 62]. Antrieb des Hupfprozesses ist, wie

bei allen physikalischen Prozessen, eine Energieminimierung des Systems, hier durch

die Delokalisierung der hupfenden Elektronen. Die antiferromagnetische Kopplung zwi-

schen A- und B-Untergitter ist Folge des sog. Superaustausches [62], also des virtuellen

Hupfens von Elektronen von B-Platzen uber Sauerstoffionen zu A-Platzen.

Abbildung 2.2: Elektronenkonfigurationen von Fe2+ und Fe3+ [53].

8 Kapitel 2 Eigenschaften von Magnetit

Abbildung 2.3: Nur wenn die Gesamtspins von Fe2+ und Fe3+ parallel stehen, kann das

Spin↓-Elektron (ohne Verletzung des Pauliprinzips, der Hundschen Regel und der Va-

lenzzustande der Eisenionen) vom Fe2+ zum Fe3+ hupfen und damit die Gesamtenergie

des Systems durch Delokalisierung absenken. Folglich werden sich die Gesamtspins

der beiden Eisenionen parallel anordnen – sie sind somit uber das hupfende Elektron

ferromagnetisch gekoppelt [53].

Kuhlt man Magnetit unter ca. 125K ab, so sieht man einen Phasenubergang,

welcher nach seinem Entdecker als Verwey-Ubergang bezeichnet wird. Die exak-

te Ubergangstemperatur TV hangt von der Probenreinheit [33] und auch von der

Stochiometrie [68] ab. Die Struktur andert sich dabei von kubisch zu monoklin

[1, 79]. Es gab viele Jahre Unklarheit, welche Struktur Magnetit unterhalb des Pha-

senubergangs einnimmt, es wurde auch als rhomboedrisch [66] [70] und orthorhombisch

[2] beschrieben. Weiterhin andert sich am Verwey-Ubergang die spezifische Warme [25],

in der remanenten Magnetisierung taucht ein Sprung auf und der elektrische Wider-

stand nimmt bei Abkuhlung um zwei Großenordnungen zu [60] [71] [72]. Man spricht

hier auch von einem Metall-Isolator-Ubergang.

2.3 Magnetische Anisotropie

In ferromagnetischen Materialien orientieren sich die magnetischen Momente, die durch

die Austauschwechselwirkung miteinander gekoppelt sind, bevorzugt an bestimmten

Kristallrichtungen. Diese Richtungen hangen von der sogenannten kristallinen Aniso-

tropie ab. Die mikroskopische Ursache fur die Bevorzugung bestimmter Orientierungen

ist die Spin-Bahn-Kopplung und die Dipol-Dipol-Wechselwirkung, welche beide von der

Kristallsymmetrie abhangen. Die Orientierung der magnetischen Momente wird also

durch ihre Umgebung (Kristallfeld) beeinflusst, wobei der energetisch gunstigste Zu-

stand eingenommen wird. Somit gibt es magnetisch leichte, mittelschwere und harte

Richtungen, bezeichnet danach, ob es fur die Magnetisierung gunstig, mittelschwer oder

2.4 Transporteigenschaften und Bandstruktur 9

ungunstig ist, in diese Richtung zu zeigen.

Magnetit als Volumenmaterial besitzt oberhalb des Verwey-Ubergangs eine leich-

te Richtung entlang der (111)-, eine mittelschwere entlang der (110)- und eine harte

entlang der (100)-Richtung [39, 75]. Bei der in Kapitel 2.2 erwahnten Anderung der

Kristallsymmetrie von kubisch zu monoklin am Verwey-Ubergang kann jede aquivalente

(100)-Richtung in die monokline c-Achse ubergehen (3 Moglichkeiten). Nachdem eine

beliebige c-Achse feststeht, die in der monoklinen Phase eine leichte Achse ist [13, 52],

existieren fur die a- und b-Achse zwei Moglichkeiten, wie sie sich orientieren. Kurzum

gibt es insgesamt 6 Moglichkeiten, wie eine kubische Einheitszelle in eine monokline

ubergehen kann – der Kristall zerfallt in viele Domanen.

Dennoch ist es moglich, einen kristallin-einphasigen Kristall unterhalb der Verwey-

Temperatur zu erhalten. Dazu ist es erforderlich, Magnetit im Magnetfeld unter Druck

abzukuhlen. Legt man dabei das Magnetfeld in der (100)-Richtung an, so wird diese

unterhalb des Verwey-Ubergangs zu der magnetisch leichten c-Achse der monokli-

nen Struktur. Der angelegte Druck hebt die Gleichberechtigung der verbleibenden 2

Moglichkeiten fur die a- und b-Achse auf.

Die gesamte Diskussion oben betraf Magnetit als Volumenmaterial. Bei dunnen Filmen

spielen andere Effekte eine Rolle:

• Formanisotropie: die Magnetisierung wird bevorzugt in der Ebene liegen, um so

Streufelder zu reduzieren.

• Epitaktische Verspannung.

Durch Verspannung, beruhend auf Gitterfehlanpassung des Films an das Substrat, wer-

den die oben diskutierten Auswahlmoglichkeiten fur die Achsenorientierungen erheblich

reduziert. Damit wird naturlich auch die Orientierung der leichten, mittelschweren und

harten Achse beeinflusst.

2.4 Transporteigenschaften und Bandstruktur

Anhand des teilweise gefullten Spin↓-Bands in Magnetit konnte man eine hohe

Leitfahigkeit erwarten. Magnetit hat allerdings bei Raumtemperatur eine Leitfahigkeit

von nur 2 · 104 Ω−1m−1 [17] und leitet somit ca. 1000 mal schlechter als Kupfer. Grund

fur die relativ schlechte Leitfahigkeit ist der zugrundeliegende Transportmechanismus.

Bei Metallen liegt ein freies Elektronengas vor, das ist bei Magnetit nicht der Fall. Die

Art des Ladungstransports kann in verschiedene Temperaturbereiche aufgeteilt werden,

wobei fur selbe Temperaturbereiche verschiedene Modelle vorgeschlagen wurden (sie-

he unten). Allen Modellen ist dabei gemeinsam, dass sie eine schlechtere Leitfahigkeit

10 Kapitel 2 Eigenschaften von Magnetit

vorhersagen als fur Metalle. Die Grunde dafur sind z.B. Beteiligung von ausschließlich

Minoritatsladungstragern am Transport, hohere effektive Masse der Elektronen auf-

grund von polaronischen Effekten, thermisch aktivierter Transport, usw. Insgesamt ist

der Ladungstransport ein immer noch diskutiertes Thema in Magnetit. Ein anschauli-

chen Modell fur den Ladungstransport und Verwey-Ubergang lasst sich mit folgendem

Hamiltonoperator (dem von Cullen [20] ahnlich) beschreiben [62]:

H = HHopping + HCoulomb = −t∑

〈i,j〉(c†icj + c†jci) + U

〈i,j〉(ninj) (2.2)

Der obige Hamiltonoperator besteht aus zwei Komponenten, einem Beitrag zum Hupfen

(engl.: Hopping) und einem weiteren, der die Coulombwechselwirkung beschreibt. Am

Transport sind nur Spin-↓-Elektronen der Fe2+ beteiligt, da nur diese aufgrund freier

Zustande”hupfen“ durfen, deshalb fehlt im Hamiltonoperator der Spinfreiheitsgrad.

Summiert wird uber alle nachsten Nachbarn i, j; c bzw. c† vernichten bzw. erzeugen

Elektronen auf den Gitterplatzen i bzw. j. Je großer die Hupfamplitude t ist, desto

gunstiger ist es fur ein Elektron, sich zu bewegen (=⇒ Delokalisierung fuhrt zu einer

Energieabsenkung!). Der zweite Term im Hamiltonoperator berucksichtigt die Cou-

lombabstoßung der Elektronen. Hier ist ni = c†ici der Besetzungszahloperator. Fur

eine Doppeltbesetzung musste viel Energie aufgebracht werden, um die Coulombab-

stoßung U zu uberwinden. Es existieren somit zwei gegensatzliche Trends, der Hopping-

term bevorzugt eine moglichst große Delokalisierung der Leitungselektronen, hingegen

ist aufgrund der Coulombabstoßung Ladungsordnung gunstig. Bei hohen Tempera-

turen dominiert der Hoppingbeitrag, bei Temperaturen unter ca. 125 K ist der Hop-

pingterm klein und es tritt Ladungsordnung zusammen mit einem Phasenubergang

(Verwey-Ubergang) auf. Die Elektronen nehmen zueinander den großtmoglichen Ab-

stand ein und bleiben an den Eisenatomen lokalisiert (Ladungsordnung), der Wider-

stand nimmt dann schlagartig zu. Somit lasst sich der in Magnetit auftretende Metall-

Isolator-Ubergang erklaren. Das soeben beschriebene Modell ist zwar sehr anschau-

lich und man kann damit den Phasenubergang erklaren, jedoch wird die Elektron-

Phonon-Kopplung, welche nach neueren Erkenntnissen entscheidenden Einfluss auf den

Verwey-Ubergang hat [63], nicht berucksichtigt. Auch die experimentellen Daten zur

Ladungsordnung sind widerspruchlich: Wright et al. [76] stellte mit Hilfe von hoch-

auflosender Neutron- und Synchrotron-Pulver-Diffraktometrie Ladungsordnung fest.

Neuere Messungen, wie die NMR-Spektroskopie-Ergebnisse von Novak et al. [57] und

Rontgenstreuexperimente von Garcia et al. [29], zeigen, dass weder unterhalb, noch

oberhalb des Verwey-Ubergangs Ladungsordnung an den B-Platzen auftritt. Walz [73]

widerlegt die Ergebnisse von Novak und Garcia mit seinen Resultaten und bestatigt

Ladungsordnung unterhalb des Verwey-Ubergangs.

2.4 Transporteigenschaften und Bandstruktur 11

Es gibt weitere Modelle fur den Phasenubergang und Transport von Mott [54], Yamada

[77] und Chakraverty [15]. Diese basieren auf Gitterverzerrungen durch die Elektron-

Phonon-Wechselwirkung, also auf Polaronen und Bipolaronen. Diese Theorien wer-

den durch die Infrarot- und Raman-Untersuchungen von Gasparov et al. [30] gestutzt.

Nach neuen Erkenntnissen von Piekarz et al. [63] beruht der Schlusselmechanismus fur

den Verwey-Ubergang in der Kombination von lokaler Coloumbwechselwirkung zwi-

schen den 3d-Elektronen und der Elektron-Phonon-Kopplung. Insgesamt lasst sich das

Transportverhalten von Magnetit als Volumenmaterial in drei Bereiche unterteilen:

1. T < 30 K: In diesem Bereich ist der Transportmechanismus thermisch aktiviertes

inkoharentes Elektronentunneln an Domanengrenzen [73].

2. 30 K < T < TV: Innerhalb dieses Temperaturbereichs gibt es zwei Transport-

modelle.

(a) Thermisch aktiviertes variable-range-hopping [55], mit einer Temperaturab-

hangigkeit der Leitfahigkeit σ von σ ∝ exp(−T−1/4). Diese Theorie wurde

experimentell von Kobayashi et al. [45] (30 K < T < TV) und Drabble et

al. [22] (50 K < T < TV) bestatigt.

(b) Kleines Polaronen-hopping, nachgewiesen von Kronmuller et al. [46] und

Walz et al. [74].

3. TV < T : Oberhalb des Verwey-Ubergang existieren drei Modelle:

(a) Ladungstransport durch große Polaronen, experimentell bestatigt von Todo

et al. [69] mit Transportmessungen (TV < T < 250 K) und von Nakamura

et al. [56] mit Mossbauer-Spektroskopie (T < 300 K).

(b) Phononen-unterstutztes Hopping mit einem schmalen Polaronen-Band

[55], experimentell gestutzt von Boekema et al. [8] mittels Myonen-Spin-

Relaxation.

(c) Uberlagerung von einem schmalen Polaronen-Band und Hopping beschreibt

den Ladungstransport im Temperaturbereich 100 K < T < 450 K nach

Ihle et al. [35] sehr gut.

Durch die Vielzahl von Modellen, die auch durch Experimente gestutzt wurden, wird

die Komplexitat des Transportmechanismus in Magnetit deutlich.

Nach dem bereits oben beschriebenen Transportmodell, erwartet man wegen Spin-

und Valenzerhaltung (siehe Kapitel 2.2) an der Fermikante nur Spin-↓-Zustande. Band-

strukturrechnungen von Zhang et al. [80] (Abb. 2.4) und Jeng et al. [38] (Abb. 2.5)

12 Kapitel 2 Eigenschaften von Magnetit

EF

Abbildung 2.4: Bandstrukturrechnung

von Zhang et al. [80].

EF

Abbildung 2.5: Bandstrukturrechnung

von Jeng et al. [38].

zeigen, dass fur die Spin↑-Elektronen eine Energielucke von ca. 0,5 eV an der Fer-

mienergie existiert, wahrend die Spin↓-Elektronen dort eine endliche Zustandsdich-

te besitzen. Die endliche Zustandsdichte stammt aus den t2g-Orbitalen der Eisen-B-

Platz-Spin↓-Elektronen. In Abbildung 2.4 ist die Aufspaltung der d-Orbitale in t2g-

und eg-Orbitale aufgrund des Kristallfeldes zu sehen. Die magnetische Austausch-

wechselwirkung senkt die Energie der t2g-Niveaus der Eisen-B-Platz-Elektronen im

Majoritatsladungstragerband ab, hingegen wird die Energie dieser Niveaus im Mino-

ritatsband angehoben. Die Niveaus der Eisen-A-Platz-Elektronen sind bezuglich der

B-Platze im Majoritatsband energetisch angehoben, im Minoritatsspinband abgesenkt,

der Grund hierfur ist die antiferromganetische Kopplung zwischen A- und B-Platzen.

Aus der Bandstruktur wurde man fur Magnetit metallisches Verhalten erwarten, da ein

teilweise gefulltes Spin↓-Band (Minoritatsband) vorliegt. Allerdings berucksichtigen die

Bandstrukturrechnungen ublicherweise die Korrelationseffekte (U) zwischen den Elek-

tronen nur ungenugend. Nach den beiden theoretischen Rechnungen besitzt Magnetit

eine Spinpolarisation von 100%, deshalb spricht man bei Magnetit auch von einem fer-

rimagnetischen Halbmetall. Die Bandstrukturrechnungen unterscheiden sich nur im De-

tail voneinander: Jeng berucksichtigt zusatzlich noch skalar-relativistische Effekte. An

der Fermienergie zeigen beide Berechnungen eine Energielucke im Majoritatsspinband

(Spin-↑-Band).

2.4 Transporteigenschaften und Bandstruktur 13

Abbildung 2.6: Mit UV-Photoemission gemessene Spinpolarisation von Dedkov et al.

[21].

Die vorhergesagte Spinpolarisation von 100% zusammen mit der hohen Curie-

Temperatur von TC=858 K macht Magnetit zu einem vielversprechenden Kandida-

ten fur die Spinelektronik (insbesondere fur Tunnelkontakte und Spininjektion). Diese

theoretische Vorhersage wurde bereits in unterschiedlichen Experimenten uberpruft.

Dedkov et al. [21] (siehe Abbildung 2.6) haben an epitaktischen (111) Magnetitfil-

moberflachen mit Hilfe von spinaufgeloster UV-Photoemission eine Spinpolarisation

von − (80 ± 5) % bei Raumtemperatur gemessen. Bei epitaktischen (100) Filmober-

flachen erhalten Fonin et al. [27] eine Spinpolarisation von − (55 ± 10) % aus ihren

Experimenten. Die Diskrepanz zwischen Theorie und Experiment ergibt sich zu einem

gewissen Anteil daraus, dass zum einen fur Bandstrukturrechnungen von einem unend-

lich ausgedehnten Kristall ausgegangen wird (unzutreffend fur Experimente an klei-

nen Strukturen). Zum anderen sind die gemachten Experimente sensitiv auf die Ober-

flachenspinpolarisation, welche im Vergleich zum Volumenmaterial anders ist. Deswei-

teren wird in Bandstrukturrechnungen uber die Fermi-Flache gemittelt, um die Zu-

standsdichte zu erhalten, wahrend in den Experimenten eine bestimmte k-Richtung

untersucht wird.

14 Kapitel 2 Eigenschaften von Magnetit

Kapitel 3

Magnetotransport

In diesem Kapitel werden bekannte Magnetotransport-Theorien aufgezeigt, die das

typische Transportverhalten von Ferromagneten in Magnetfeldern beschreiben. Dabei

wird im ersten Abschnitt auf den normalen Hall-Effekt eingegangen, im zweiten wird

der anomale Hall-Effekt, wie er bei ferromagnetischen Materialien auftritt, beschrieben.

Im dritten Abschnitt wird kurz der normale und der anisotrope Magnetwiderstand

vorgestellt. Der vierte und in diesem Kapitel auch letzte Abschnitt befasst sich mit

dem Einfluss der Probengeometrie auf die gemessene Hall-Spannung.

3.1 Normaler Hall-Effekt

Bereits im Jahre 1879 entdeckte Edwin Herbert Hall den nach ihm benannten normalen

Hall-Effekt. Als Hall-Effekt bezeichnet man das Auftreten einer transversalen Span-

nung, wenn ein longitudinaler Strom fließt und ein Magnetfeld senkrecht zur Strom-

richtung vorhanden ist (siehe hierzu Abbildung 6.16). Der normale Hall-Effekt tritt

alleine, also ohne zusatzliche Anteile, in nichtmagnetischen Materialien auf. Er beruht

auf der Lorentz-Kraft ~FL, also auf der Kraft, die ein Magnetfeld, welches senkrecht auf

der Stromrichtung steht, auf die Ladungen ausubt:

~FL = q~v × ~B. (3.1)

Hier ist q die Ladung, v die Driftgeschwindigkeit der Ladungstrager und ~B die magneti-

sche Induktion. Bewegen sich Ladungstrager in eine Richtung und steht das Magnetfeld

hierzu nicht parallel, so werden sie durch das Magnetfeld aufgrund der Lorentzkraft in

Richtung ~v × ~B, also senkrecht zum angelegten Magnetfeld und senkrecht zur Strom-

richung abgelenkt. Dadurch haufen sich an den Randern der Hallbrucke Ladungen an.

15

16 Kapitel 3 Magnetotransport

x

z

y

jx

Ex

Bz

-Ey

lb

d

Abbildung 3.1: Schematische Darstellung einer Standartgeometrie zur Messung des

Hall-Effekts. Das erzeugte Hall-Feld Ey hat hier negatives Vorzeichen, da in hier Elek-

tronen die Ladungstrager sind.

Durch diese Ladungsanhaufung baut sich ein transversales elektrisches Feld in ~v × ~B-

Richtung auf. Dieses transversale Feld wird als Hallfeld ~EHall bezeichnet. Ein elektri-

sches Feld ~E ubt auf eine Ladung q die elektrische Kraft ~FE = q ~E aus. Im stationaren

Fall kompensiert die elektrische Kraft durch das Hallfeld ~FE = q ~EHall die Lorentzkraft~FL, so dass die Gleichgewichtsbedingung ~FL = ~FE gilt, aus welcher folgt:

~EHall = ~v × ~B, (3.2)

mit ~v = ~j ·1

qnergibt sich: ~EHall =

1

qn·~j × ~B. (3.3)

Das Hallfeld ~EHall zeigt im allgemeinen Fall in Richtung ~j × ~B. In den Formeln oben

ist n die Ladungsdichte und ~j die Stromdichte. Fur den Fall, dass der Strom nur

in x-Richtung fließt, und die magnetische Induktion B in z-Richtung orientiert ist

(siehe Abbildung 6.16), zeigt das Hallfeld EHall fur q als Ladungstrager in die Richtung

(sgn(q)y) und obige Formeln vereinfachen sich zu:

~EHall · y = Ey · y =1

qn· jxBzy, (3.4)

ρHall :=Ey

jx

=1

qn· Bz = R0 ·Bz mit R0 =

1

qn. (3.5)

Hier wurde der spezifische Hallwiderstand ρHall und der sogenannte normale Hallkoef-

fizient R0 eingefuhrt. Berechnet wird der spezifische Hallwiderstand mit:

ρHall =Ey

jx

=Uy

Ix

· d. (3.6)

3.2 Anomaler Hall-Effekt 17

Dabei ist Uy die gemessene Querspannung, Ix der Gesamtstrom in x-Richtung und d

die Probendicke. Diese oben dargestellte Herleitung des normalen Hall-Effekts aus der

Gleichgewichtsbedingung beruht auf dem Einbandmodell, d.h. wenn nur eine Sorte von

freien nicht wechselwirkenden Ladungstragern vorhanden sind. Mit dem vereinfachten

Einbandmodell kann kein Magnetwiderstand in x-Richtung erklart werden, wie er in

Experimenten auftritt. Im Allgemeinen wird der Hall-Effekt uber die Boltzmannglei-

chung hergeleitet. In der Boltzmanngleichung wird zum Einen die Form der Fermio-

berflache, welche entscheidenden Einfluss auf den Transport hat, berucksichtigt und

zum Anderen lasst sich ein Magnetwiderstand unter Annahme eines Zweiband-Modells

beschreiben. In einem Einbandmodell mit kugelformiger Fermioberflache liefert die

Boltzmanngleichung dieselben Resultate wie oben.

3.2 Anomaler Hall-Effekt

Im letzten Abschnitt wurde gezeigt, dass ein Magnetfeld senkrecht zum Strom eine

Hall-Spannung mit einer Richtung induziert, die sowohl orthogonal zum Strom, als auch

orthogonal zum Magnetfeld steht. Dieser Effekt kann durch die klassische Lorentzkraft

verstanden werden und wird als normaler Hall-Effekt bezeichnet, um ihn von dem

sog. anomalen Effekt zu unterscheiden. Bei ferromagnetischen Materialien tritt neben

dem normalen Hall-Effekt zusatzlich noch ein weiterer Beitrag auf, der bei kleinen

Magnetfeldern wesentlich großer ist als der normale und deshalb auch als anomaler oder

spontaner Hall-Effekt bezeichnet wird. Phanomenologisch kann der Hallwiderstand in

Ferromagneten mit folgender Formel dargestellt werden [59]:

ρHall(H) = ρnormal + ρanomal = µ0R0H + µ0RSM⊥(H). (3.7)

Der erste Term ist der aus unmagnetischen Materialien bekannte normale Hallanteil,

der zweite Term ist der spontane Effekt, der proportional zur senkrecht auf dem Strom

stehenden Magnetisierung M⊥ ist und deshalb bei hohen Magnetfeldern sattigt. Hin-

gegen skaliert der normale Anteil linear mit dem angelegten Magnetfeld (siehe Formel

3.5). RS wird dabei als anomaler Hall-Koeffizient bezeichnet, er ist stark temperatur-

abhangig im Gegensatz zum normalen Hallkoeffizienten R0 bei Metallen. Man erhalt

den spontanen Hallwiderstand ρanomal, indem man den Hochfeldbereich einer Messung

– nach Sattigung der Magnetisierung M⊥ – auf das Nullfeld zuruckextrapoliert (siehe

hierzu Abb. 6.22 in Kapitel 6.5). Anhand obiger Formel ist ersichtlich, dass der normale

Effekt auf dem makroskopischen Anteil der magnetischen Flussdichte µ0H , wahrend

der spontane auf dem mikroskopischen Anteil der Flussdichte µ0M zuruckzufuhren ist

18 Kapitel 3 Magnetotransport

[59]. Die beiden Beitrage zum gesamten Hallwiderstand ρHall kann man wegen glei-

cher Symmetrie als Summe schreiben. Der anomale Hall-Anteil beruht namlich auf der

Spin-Bahn-Kopplung [41], ~L ·~s = (~r×~p) ·~s ∝ ~r · (~p× ~M) ∝ ~r · (~j× ~M), wobei ~L = ~r×~p

das Bahnmoment und ~s der Spin ist.

Hiermit sieht man, dass die mikroskopische Ursache fur den spontanen Hall-Effekt

ahnlich zum normalen Hall-Effekt ist ( ~EHall = R0~j × ~B), aber mit der Magnetisierung

M anstelle von B = µ0H . Experimentell zeigt sich, dass der anomale Anteil gleiches

oder entgegengesetztes Vorzeichen wie der normale besitzen kann, somit ist eine Feld-

verstarkung (B = µ0(H + M)) als Ursache ausgeschlossen.

Die im Folgenden dargestellte Diskussion der anomalen Halleffektbeitrage basiert

auf dem Vorlesungsskript zur Spintronik von Prof. R. Gross [31]: Der physikali-

sche Mechanismus fur die Kopplung der Magnetisierung M⊥ an den Strom ist die

Spin-Bahn-Wechselwirkung. Durch diese werden die Ladungstrager asymmetrisch ge-

streut, d.h. die Wahrscheinlichkeit, dass eine Ladung z.B. nach links gestreut wird,

ist anders als die Wahrscheinlichkeit fur eine Streuung nach rechts. Neben der

Spin-Bahn-Wechselwirkung tritt bei magnetischen Streuzentren zusatzlich Spin-Spin-

Wechselwirkung auf. Es gibt somit zwei Falle:

1. Streuung von spinpolarisierten Elektronen an unmagnetischen Streuzentren (un-

magnetische Storstelle, Phonon): Wechselwirkung des Spins eines Elektrons und

seines eigenen Bahndrehimpulses bezuglich des Streuzentrums.

2. Streuung an magnetischen Streuzentren (magnetische Storstelle, Spinwelle): Ma-

gnetisches Moment wechselwirkt sowohl mit dem Spinmoment, als auch mit dem

Bahnmoment des Elektrons.

Fur den spontanen Effekt existieren zwei Theorien, wie der anomale Hallkoeffizient RS

vom Langswiderstand ρxx abhangt: Skew-Scattering und Side-Jump-Scattering. Diese

zwei Modelle werden im Folgenden vorgestellt.

3.2.1 Skew-Scattering

Im Skew-Scattering-Modell betrachtet man die Spin-Bahn-Kopplung als Ursache fur

den asymmetrischen Streuquerschnitt. Wegen der Spin-Bahn-Kopplung besitzt jedes

sich bewegende Elektron mit Spin ~s das elektrische Dipolmoment ~p = −λLS~k×~s. Hier-

bei ist ~k dar Wellenvektor des Elektrons und λLS der Spin-Bahn-Kopplungsparameter.

Die physikalische Ursache fur das Dipolmoment lasst sich folgendermaßen verstehen:

Das sich bewegende Elektron mit Impuls ~~k erzeugt ein Magnetfeld, welches mit dem

3.2 Anomaler Hall-Effekt 19

Elektronenspin wechselwirkt und dadurch eine Translation orthogonal zu ~k und ~s be-

wirkt. Man erhalt aus der Translation ein elektrisches Dipolmoment senkrecht zu ~k

und ~s. In einem homogenen elektrischen Feld besitzt ein Dipol die potentielle Ener-

gie Epot = −~p · ~E, die also nur vom Winkel des Dipolmoments zum elektrischen Feld

abhangt und somit zu einem ortsunabhangigen Drehmoment fuhrt. Bei einem raumlich

inhomogenen elektrischen Feld (durch z.B. die Elektronenverteilung eines Streuzen-

trums) wirkt auf einen Dipol eine translatorische Kraft ~F = ~p ·∇ ~E mit der potentiellen

Energie Epot = ~p · ∇(eφ(~r)) = −λLS(~k × ~s) · ∇V (~r). Dabei ist φ(~r) das elektrostati-

sche Potential und V (~r) = eφ(~r). Unter Berucksichtigung der potentiellen Energie

Epot = −e ~E · ~r eines Elektrons e− im homogenen elektrischen Feld ~E erhalt man ins-

gesamt den Hamiltonoperator:

H =~

2~k2

2m− e ~E · ~r − ~p · ~E + V (~r)− λLS(~k × ~s) · ∇V (~r). (3.8)

Die letzten beiden Terme in obigem Hamiltonoperator sind Korrekturterme, sie tre-

ten nur in der Nahe eines Streuzentrums auf. Mit Hilfe der Storungsrechnung lie-

fern diese Korrekturterme eine bestimmte Wahrscheinlichkeit fur den Ubergang ei-

ner einlaufenden Welle mit dem Wellenvektor ~k in eine auslaufende Welle ~k´. Das

Ubergangsmatrixelement ergibt sich zu

〈 ~k´|V − λLS(~k × ~s) · ∇V (~r)|~k〉 = Vkk´1− iλLS(~k × ~k´) · ~s. (3.9)

Die Ubergangswahrscheinlichkeit von dem Zustand ~k nach ~k´ erhalt man nach Fermi´s

Goldener Regel (Ubergangswahrscheinlichkeit ist proportional zum Betragsquadrat des

Matrixelementes und zur Dichte der freien Zustande) unter der Vereinfachung eines δ-

formigen kurzreichweitigen Streupotentials der Hohe V0 zu:

Wkk´ = V

kk´1 +2π

~λLSV0(~k × ~k´) · ~s. (3.10)

Hier ist nur der zweite Term in der geschweiften Klammer interessant, denn nur hier

taucht die Spin-Bahn-Kopplung auf, der erste Term beschreibt rein symmetrische Po-

tentialstreuung. Die Spin-Bahn-Kopplung bewirkt, dass die Streuung der spinpolari-

sierten Elektronen in eine Richtung bevorzugt wird, dieses asymmetrische Verhalten

wird als Skew-Scattering bezeichnet.

Jedes Streuereignis verursacht einen transversalen Strombeitrag, damit wird eine

Ladungsdichte transversal zur Stromrichtung aufgebaut. Mit dem Aufbau einer La-

dungsdichte ist auch eine Querspannung verbunden. Im Gleichgewicht wird der Skew-

Scattering-Beitrag gerade durch die aufgebaute Querspannung kompensiert. Die be-

trachteten Streuereignisse beeinflussen sowohl den Langs-, wie auch den Querswi-

derstand gleichermaßen, deshalb erwartet man, dass der anomale Hallanteil ρanomal

20 Kapitel 3 Magnetotransport

mit dem Langswiderstand ρxx linear skaliert. Nur wenn die gestreuten Ladungstrager

eine Spinpolaristion aufweisen, ergibt sich eine Asymmetrie und dadurch eine Hall-

Spannung. Deshalb erwartet man auch, dass der anomale Hallanteil proportional zur

Spinpolarisation der Ladungstrager ist (in Bandferromagneten ist dies wiederum pro-

portional zur Magnetisierung):

ρanomal ∝ ρxxM(H). (3.11)

3.2.2 Side-Jump-Scattering

Wahrend bei niedrigen Temperaturen die durch das Skew-Scattering vorhergesagte

Abhangigkeit ρanomal ∝ ρxxM(H) in einigen Ferromagneten (wie Nickel [42]) bestatigt

wird, zeigt sich experimentell bei hoheren Temperaturen, dass der anomale Anteil des

Hallwiderstands quadratisch mit dem Langswiderstand skaliert: ρanomal ∝ ρ2xx. Dieses

Verhalten kann mit dem Side-Jump Modell [5] erklart werden. Hier geht man davon

aus, dass die Elektronen wahrend des Streuprozesses bevorzugt in eine Richtung seitlich

versetzt werden. Das Side-Jump-Scattering kann man sich folgendermaßen vorstellen:

Das einlaufende Elektron besitzt neben der potentiellen Energie des Elektrons im elek-

trischen Feld die kinetische Energie Ekin = ~2k2

2m, die bei einem elastischen Streuprozess

unverandert bleibt. Da sich aber die Richtung des elektrischen Dipolmoments ~p andert,

denn ~p steht immer senkrecht zu ~k und zu ~k´, andert sich sich auch die potentielle Ener-

gie Epot = −~p · ~E. Wegen der Energieerhaltung muss das Elektron zu einem großeren

oder kleineren Stoßparameter im Potential des Streuzentrums verschoben werden, wo-

durch das Elektron einen seitlichen Versatz von ∆y erfahrt (siehe Abb. 3.2(b)). Der

gesamte seitliche Versatz basiert sowohl auf der Haufigkeit der Streuereignisse, die

proportional zum Langswiderstand ρxx) ist, als auch auf der Große der einzelnen seit-

lichen Versetzungen. Diese wiederum hangt vom angelegten elektrischen Feld ab, was

bei konstanter Stromdichte eine Proportionalitat zum Langswiderstand ρxx bedeutet.

Insgesamt erwartet man also eine quadratische Abhangigkeit des anomalen Hall-Anteils

vom Langswiderstand:

ρanomal ∝ ρ2xx. (3.12)

Da sich die beiden Streumechanismen Skew-Scattering und Side-Jump-Scattering nicht

gegenseitig ausschließen, konnen beide Effekte gemeinsam auftreten, man erwartet

dann eine Kombination:

ρanomal ∝ (aρxx + bρ2xx)M(H). (3.13)

3.2 Anomaler Hall-Effekt 21

Abbildung 3.2: Schematische Darstellung von (a) Skew- und (b) Side-Jump-Scattering

nach Berger et al. [5].

Vergleicht man die Formeln (3.7) und (3.13), so sieht man, dass der stark temperatu-

rabhangige anomale Hallkoeffizient RS proportional zu aρxx + bρ2xx ist:

RS ∝ aρxx + bρ2xx. (3.14)

In Abbildung 3.2 ist (a) das Skew- und (b) das Side-Jump-Scattering skizziert. Wie

oben beschrieben, gibt es beim Skew-Scattering (a) eine Vorzugsrichtung, die einlau-

fende Welle wird in diese Richtung um den Winkel δ gestreut. Beim Side-Jump-Prozess

macht die einlaufende Welle einen seitlichen Versatz um ∆y.

Es existiert noch ein weiterer Mechanismus, die sog. Berry-Phase, die dieselbe qua-

dratische Abhangigkeit des anomalen Hallkoeffizienten vom Langswiderstand wie Side-

Jump-Scattering vorhersagt: RS ∝ ρ2xx. Die Berry-Phase ist ein quantenmechanisch-

topologischer Effekt und beruht darauf, dass sich die Phase eines”Bloch“-Elektrons,

welches sich in einer langsam andernden Magnetisierungsumgebung bewegt, adia-

batisch andert (fur detailierte Beschreibung siehe z.B. [6, 12, 78]). Die Spin-Bahn-

Kopplung spielt fur die Berry-Phase keine Rolle.

Untersucht man in ferromagnetischen Materialien die Abhangigkeit des anomalen

Hallkoeffizienten RS vom Langswiderstand und von der Temperatur, so gewinnt man

einen tiefen Einblick in die physikalische Grundlage des Transportmechanismus.

Wichtige Anmerkung: Die Abhangigkeit zwischen dem anomalen Hallanteil, bzw.

dem anomalen Hallkoeffizienten und dem Langswiderstand gilt allerdings nur dann,

22 Kapitel 3 Magnetotransport

wenn der Langswiderstand ρxx und der anomale Hallanteil ρanomal auf dem selben

Streuprozess beruhen. Wird der Langswiderstand hauptsachlich von Elektron-Phonon-

Streuung oder Streuung an Domanen, Korngrenzen oder Antiphasengrenzen bestimmt,

so erwartet man kein Skalierungsverhalten wie in (3.13, 3.14) gezeigt. Die eben genann-

ten Streuprozesse tragen zwar zum longitudinalen Widerstand ρxx bei, aber aufgrund

der fehlenden Links-Rechts-Asymmetrie nicht zum Hallwiderstand.

3.3 Normaler und anisotroper Magnetwiderstand

In diesem Abschnitt wird kurz auf die Auswirkung eines Magnetfeldes auf den

Langswiderstand eingegangen.

Legt man an ein nichtmagnetisches Metall ein Magnetfeld an, so erhoht sich im All-

gemeinen der longitudinale Widerstand. Ursache hierfur ist die Lorentzkraft FL, denn

diese zwingt die Elektronen zwischen zwei Stoßen auf eine Kreisbahn. Somit wird die

effektive freie Weglange in die Richtung des Stromflusses verringert und folglich steigt

der Widerstand an. Dieses Verhalten wird als positiver Magnetwiderstand bezeichnet

und kann mit der Kohler-Regel beschrieben werden:

∆ρ

ρ0

=ρ(B)− ρ(0)

ρ(0)= F

(

B

ρ(0)

)

B klein∝(

B

ρ(0)

)2

(3.15)

In dieser Formel ist ρ(B) der spezifische Langswiderstand bei dem Magnetfeld B, und

F ist eine materialabhangige Funktion. Der positive Magnetwiderstand tritt immer

auf, auch wenn er bei bestimmten Materialien von einem großeren negativen Magnet-

widerstand uberlagert wird.

Genauso wie bei ferromagnetischen Materialien der Hallwiderstand aus einem nor-

malen (linear zu H) und einem spontanen (linear zu M) Beitrag besteht, erwartet

man auch, dass der Langs-Magnetwiderstand eine zusatzliche Komponente besitzt, die

von der Orientierung der Magnetisierung M abhangt. Dieser von der Magnetisierungs-

richtung abhangige Beitrag wird als anisotroper Magnetwiderstand bezeichnet. Das

Verhalten von Ferromagneten kann in der verallgemeinerten Kohler-Regel ausgedruckt

werden [59]:

∆ρ

ρ0

∝ a

(

H

ρ0

)2

+ b

(

M

ρ0

)2

. (3.16)

Hierbei beschreibt der erste Term den normalen Magnetwiderstand und der zweite den

anisotropen. Da in dem anisotropen Beitrag die Magnetisierung vorhanden ist, zeigt

3.4 Einfluss der Messgeometrie 23

der Langswiderstand in Abhangigkeit von einem außen angelegten Magnetfeld eine

Hysterese.

Der anisotrope Magnetwiderstand beschreibt bei ferromagnetischen Metallen die ex-

perimentell beobachtete Anderung des spezifischen Langswiderstands ρxx, je nachdem,

ob die Magnetisierung ~M senkrecht (→ ρxx⊥) auf der Stromrichtung ~j oder parallel

dazu steht (→ ρxx‖). Die physikalische Ursache des anisotropen Magnetwiderstand ist

die Spin-Bahn Kopplung, denn sie hangt vom Winkel zwischen der Spinorientierung

(antiparallel zur Magnetisierungsrichtung) und der Stromrichtung ab. Im Allgemeinen

ist der beobachtete anisotrope Magnetwiderstand (AMR: engl. Anisotropic Magneto

Resistance) eine Funktion des Winkels zwischen Strom- und Magnetisierungsrichtung.

In dieser Arbeit wurden keine winkelabhangigen Messungen (Winkel zwischen ~M und~j) gemacht. Der anisotrope Magnetwiderstand zeigt sich in den magnetfeldabhangigen

Widerstandsmessungen nur in Form einer Hysterese. Deshalb wird hier auf eine Dar-

stellung der Winkelabhangigkeit des anisotropen Magnetwiderstands verzichtet, es sei

an dieser Stelle auf Fachliteratur verwiesen (siehe z.B. [31, 59]).

Bei Ferromagneten beobachtet man mit zunehmendem Magnetfeld eine Abnahme des

spezifischen Langswiderstands, dieses Verhalten wird als negativer Magnetwiderstand

bezeichnet. Grund hierfur ist die Streuung der Leitungselektronen an Spinunordnung

[59]. Richtet man durch Anlegen eines Magnetfeldes die Magnetisierung M der ein-

zelnen Domanen aus, so erhoht man die Spinordnung. Folglich streuen die Elektronen

seltener und der Widerstand nimmt ab.

3.4 Einfluss der Messgeometrie

Da die Messung des normalen und anomalen Hallkoeffizienten sowohl fur die Bestim-

mung der Ladungstragerdichte, als auch fur die magnetische Charakterisierung eines

Materials sehr wichtig ist, ist eine genaue Bestimmung dieser Großen erforderlich.

Zwecks Ubersichtlichkeit wird im folgenden nur der normale Hall-Effekt betrachtet,

allerdings konnen die Ergebnisse direkt auf den anomalen Hall-Effekt ubertragen wer-

den. Die ubliche Probengeometrie, mit einer wesentlich großeren Lange als Breite, ist

in Abbildung 3.3 gezeigt. Fur homogene Proben erwartet man eine Hall-Spannung von

UHall = R0Bjb =R0BI

2d= ρHallj(2b) =

ρHallI

2d(3.17)

oder UHall = R0B

(

2d

b

l

)1

2

(3.18)

Dabei ist ρHall der spezifische Hallwiderstand, σ die spezifische Leitfahigkeit, P die

Leistung, j die Stromdichte, I der Strom, 2d die Dicke, 2l die Lange und 2b die Breite

24 Kapitel 3 Magnetotransport

2l

2b

2d

x

zy

Um

Uxx

a

Abbildung 3.3: Skizze einer Hallbrucke: Das Koordinatensystem befindet sich im Zen-

trum der Hallbar. Die schraffierten Flachen stellen die Stromzuleitungskontaktflachen

dar und ein moglicher Hallspannungsabgriff ist blau eingezeichnet. Die gepunktete

grune Linie zeigt den Pfad der Spannungsmessung. Ein Langsspannungsabgriff Uxx

fur eine Vier-Punkt-Messung ist orange eingezeichnet.

der Hallbrucke (siehe Abb. 3.3). Um das Signal-zu-Rausch-Verhaltnis zu vergroßern,

also die Empfindlichkeit der Messung zu steigern, kann die Stromdichte j oder das

Magnetfeld B erhoht werden und damit steigt auch die gemessene Hall-Spannung. Im

Experiment kann das Magnetfeld, wie auch die Stromdichte j nicht beliebig erhoht

werden, da bei zu großen Stromdichten unerwunschte Heizeffekte auftreten. Auch die

Dicke der Probe ist fest vorgegeben (z.B. Untersuchung dunner Filme), somit besteht

die einzige Moglichkeit, die Hall-Spannung zu erhohen, darin, die Breite zu vergroßern.

In Formel (3.18) ist zu erkennen, dass bei fester Leistung nur das Verhaltnis b/l fur

die Hall-Spannung ausschlaggebend ist. Aus diesem Grund erscheint die gewohnliche

Hallgeometrie mit einer Lange deutlich großer als die Breite ungunstig gewahlt.

Die Stromkontaktflachen (in Abb. 3.3 schraffiert dargestellt) werden aus sehr leitfahigen

Materialien (z.B. Gold) gemacht, um eine homogene Stromzufuhrung zu gewahrleisten.

Wahlt man die Breite deutlich großer als die Lange, so darf ein Kurzschluss der Hall-

Spannung uber diese Stromkontaktflachen nicht vernachlassigt werden!

3.4 Einfluss der Messgeometrie 25

Die gemessene Hall-Spannung (in y-Richtung) Um ist namlich durch

Um = −∫ b

−b

Ey(x, y)dy (3.19)

und nicht durch

UHall = 2bEy mit EHall =1

qn· jxBz (3.20)

gegeben. In der Abbildung 3.3 ist der Integrationspfad aus der Formel (3.19) mit der

grun gestrichelten Linie eingezeichnet.

Bereits vor knapp 60 Jahren haben sich Isenberg et al. mit diesem Problem

beschaftigt [37]. Ziel derer Arbeit war es, die Geometrie zu finden, bei der Um und UHall

identisch sind und man maximale Empfindlichkeit, also großtmogliche Spannung Um,

erhalt. Von zentraler Bedeutung ist dabei, dass die Stromzuleitungskontakte wesent-

lich besser leiten als das zu untersuchende Material. Das fuhrt zu einem Kurzschluss

der Hall-Spannung uber diese Kontakte. Mit sinnvollen Randbedingungen und nach

verschiedenen Vereinfachungen, es wird z.B. nur der zweidimensionale Fall betrachtet,

erhalten Isenberg et al. die y-Komponente des elektrischen Feldes Ey in Abhangigkeit

von den Koordinaten x und y und der Lange 2l sowie Breite 2b der Hallbrucke:

Ey(x, y) =4EHall

π

∞∑

k=0

(−1)k

2k + 1·

cosh

(

(2k + 1)π

2·y

l

)

· cos

(

(2k + 1)π

2·x

l

)

cosh

(

(2k + 1)π

2·b

l

) . (3.21)

In der Abbildung 3.4 sind die Hallfeld-Simulationen verschieden breiter Hallbrucken

zu sehen. Die simulierten Brucken besitzen dieselben Proportionen wie die in den

Messungen verwendeten Magnetit-Hallbrucken. Dabei wurde die auf eins normierte

y-Komponente des Hallfeldes mit Maple (von Waterloo-Maple) nach der Formel (3.21)

im Bereich des Stromsteges simuliert. Die Hohe des Feldes ist farbkodiert, somit ist gut

zu erkennen, dass bei einem langen schmalen Steg (Abb. 3.4(a)) der Kurzschluss durch

die Stromzufuhrungen das Hallfeld nur in unmittelbarer Umgebung der Zuleitungskon-

takte verandert (Abweichung von von roter Farbe). Da die gemessene Hall-Spannung

nach Formel (3.19) das Integral uber die y-Komponente des Hall-Feldes Ey ist (In-

tegrationspfad ist in Abb. 3.3 als grun gepunktete Linie eingezeichnet), und bei der

Hallbrucke 3.4(a) das Feld in der Mitte konstant ist, ist hier die gemessene Querspan-

nung Um mit der Hall-Spannung UHall identisch.

26 Kapitel 3 Magnetotransport

Ey: normiert

Ey: normiert

(a) 800 µm× 80 µm

Ey: normiert

(b) 800 µm× 400 µm

Ey: normiert

(c) 800 µm× 800 µm

Abbildung 3.4: Simulation des Hallfeldes Ey von Hallbrucken (a), (b) und (c) mit un-

terschiedlichem Aspektverhaltnis. Die Abmessungen entsprechen denen der im Experi-

ment verwendeten Brucken (siehe Kapitel 6.5). Die auf eins normierte Feldkomponente

Ey(x, y) des Hallfeldes ~EHall ist farblich kodiert dargestellt. Uber Ey integriert man

entlang der Verbindung von zwei Querabgriffen (schwarz) und erhalt damit die gemes-

sene Spannung Um (siehe Formel 3.19). Nur wenn uberall entlang des Integrationspfads

(y-Richtung) das Hallfeld rot ist, ist die gemessene Spannung Um mit der Hallspannung

UHall identisch. Bei der Hallbrucke (a) ist eine Verzerrung des Hallfeldes (Abweichung

von rot) nur in der Nahe der Stromzuleitungen (bei x =± 400µm) zu sehen, in (b) und

(c) ist eine Verringerung von Ey im gesamten Bereich erkennbar.

3.4 Einfluss der Messgeometrie 27

In Abbildung 3.4(b) ist eine Simulation fur eine 800 µm lange und 400 µm breite,

und in 3.4(c) eine Simulation fur eine 800 µm lange und 800 µm breite Hallbrucke

dargestellt. Hier ist bereits qualitativ deutlich erkennbar, dass die Zuleitungskontakte

das Hallfeld erheblich verzerren. Die gemessene Querspannung Um weicht damit, je

nachdem bei welcher x-Position man sie misst, mehr oder weniger von der erwarteten

Hall-Spannung ab.

Unter Berucksichtigung der Gleichungen (3.17), (3.19) und (3.21) erhalt man das

Verhaltnis von gemessener Querspannung Um zur erwarteten Hall-Spannung UHall:

Um

UHall

=8l

π2b

∞∑

k=0

(−1)k tanh(

(2k+1)π2· b

l

)

(2k + 1)2· cos

(

(2k + 1)π

2· x

l

)

. (3.22)

In Abbildung 3.5 ist das Verhaltnis von gemessener zu erwarteter Spannung uber dem

Aspektverhaltnis (Lange l zu Breite b) nach einer Berechnung mit der Formel (3.22)

aufgetragen. Mit den unterschiedlich farbigen Linien wird gezeigt, dass das Verhaltnis

Abbildung 3.5: Abhangigkeit des Verhaltnisses von gemessener Querspannung Um zur

erwarteten Hall-Spannung UHall vom Aspektverhaltnis (Lange zu Breite l/b) und von

der relativen x-Position des Querspannungsabgriffs x/l. Die Stromzuleitungskontakte

befinden sich bei x = ±l. Der Strom fließt in der dargestellten Hallbrucke in x-Richtung.

28 Kapitel 3 Magnetotransport

von Um zu UHall stark von der x-Position der Querspannungsabgriffe abhangt. Je naher

die Querspannungsabgriffe an einem der Stromzuleitungskontakte (bei x = ±l) ist (z.B.

grune Kurve), desto starker weicht die gemessene Spannung von der erwarteten ab. Sind

die Querspannungsabgriffe in der Mitte der Hallbar (blaue Kurve in Abb. 3.5), oder nur

minimal davon entfernt (rote Kurve in Abb. 3.5), so wird aus der Berechnung deutlich,

dass bei einem Langen- zu Breitenverhaltnis von vier zu eins die gemessene Spannung

Um mit der erwarteten Hall-Spannung UHall identisch ist. Bei diesem Verhaltnis ist die

gemessene Querspannung sozusagen optimal, da sie zum einen mit der Hall-Spannung

ubereinstimmt und zum anderen wegen der Formel UHall = 2bEy maximal ist.

Die Abhangigkeit von Um/UHall in Bezug auf die x-Position und das Aspektverhaltnis

ist in Abbildung 3.6 zu sehen. An den berechneten Kurven (blau, rot und grun) er-

kennt man eindeutig, dass man fur Hallbrucken, die ein zu kleines Aspektverhaltnis

besitzen, nie die erwartete Hall-Spannung messen kann – egal an welcher x-Position

Abbildung 3.6: Vergleich von Experiment (grune Messpunkte) und Theorie in Bezug auf

die x-Position des Querabgriffs und die Breitenabhangigkeit des Verhaltnisses Um/UHall.

Die grunen Messpunkte stammen von unterschiedlich breiten Brucken der Probe Mg10.

Die Brucken besitzen das selbe Aspektverhaltnis wie wie die simulierten Kurven (blau,

rot und schwarz). Die Messdaten wurden bei T = 160 K aufgenommen und auf den

Wert der 80 µm breiten Hallbrucke normiert.

3.4 Einfluss der Messgeometrie 29

die Querspannung abgegriffen wird. Zusatzlich sind in Abb. 3.6 mit den grunen Punkten

Messergebnisse an unterschiedlich breiten Brucken der Probe Mg10 eingezeichnet. Die

Messpunkte wurden dabei auf den Wert der 80 µm breiten Hallbar normiert, da man

bei dieser Brucke theoretisch 100% der erwarteten Spannung UHall misst. Die Messda-

ten stimmen sehr gut mit den Berechnungen uberein. Da die Querspannung der Proben

mit kleinem Aspektverhaltnis ( lb

< 4) kleiner ist als die erwartete Hall-Spannung, wur-

den in Kapitel 6 die Querspannungen der breiteren Hallbrucken um einen numerisch

errechneten Faktor, aus Formel (3.22), korrigiert, so dass die korrigierten Spannungen

der Hall-Spannung entsprechen. Es ergeben sich folgende Korrekturfaktoren c:

1. 80 µm× 800µm (Breite × Lange): Keine Korrektur notig!

2. 400 µm× 800µm (Breite × Lange): Man misst an einem der beiden mittleren

Hallabgriffe 90,2% der Hall-Spannung → c = 10.902

, damit ist UHall = c · Um.

3. 800 µm× 800µm (Breite × Lange): Man misst an einem der beiden mittleren

Hallabgriffe 64,3% der Hall-Spannung → c = 10.643

, damit ist UHall = c · Um.

Somit sind die Messergebnisse von Hallbrucken unterschiedlichen Aspektverhaltnisses

in Kapitel 6 miteinander vergleichbar.

Die Ergebnisse, LangeBreite

= 41

und Querspannungsabgriff mittig, sollten fur das zukunftige

Design von Hallbrucken und zukunftige Messungen (insbesondere bei ρZuleitung <<

ρProbe) berucksichtigt werden, um großtmogliche Empfindlichkeit ohne Storung der ge-

messenen Spannung von den Zuleitungskontakten zu erhalten.

30 Kapitel 3 Magnetotransport

Kapitel 4

Techniken

Im Folgenden werden die experimentellen Techniken vorgestellt, welche fur die Proben-

herstellung und -charakterisierung verwendet wurden. Die Reihenfolge, in der die Anla-

gen beschrieben werden, ist mit dem chronologischen Ablauf der Probenherstellung und

Analyse identisch. Hauptbestandteil der Dunnfilmepitaxie ist eine UHV-Anlage (Abb.

4.1), an dieser sind verschiedene Prozesskammern an die Transferkammer angeflanscht.

Dazu zahlen die PLD-(Pulsed Laser Deposition), die Sputter-, die AFM- (Atomic Force

Arg

on

Sau

erst

off

Stic

ksto

ffA

rgo

n +

1%

Sau

erst

off

Arg

on

+ 5

% W

asse

rsto

ff

Infrarot-Heizlaser

Transferkammer

Transfersystem

Atomquelle

Linsensystem

RHEED

CCD

Elektronenstrahl-verdampfer

KrF-Excimer-Laser

Schleuse

Rasterkraft-mikroskop

Flow-controller

PLD-Kammer

Zur Sputteranlage

Abbildung 4.1: Skizze des UHV-Systems [9].

31

32 Kapitel 4 Techniken

Microscope) und die EVAP- (Elektronenstrahlverdampfer)-Kammer, wobei die Sput-

teranlage wie auch die EVAP in den hier beschriebenen Experimenten nicht benutzt

wurden. Die Substrate gelangen uber die Schleuse (Loadlock) in die Transferkammer,

von dort mit Hilfe eines Transfersystems in die PLD-Kammer. Hier konnen verschie-

dene Materialien epitaktisch auf das Substrat aufgewachsen werden. Die Herstellung

der spater diskutierten Magnetitfilme erfolgte in der PLD-Kammer mit Hilfe gepulster

Laserdeposition.

4.1 Gepulste Laserdeposition (PLD)

Die gepulste Laserdeposition (engl. Pulsed Laser Deposition, kurz: PLD) ist ein Pro-

zess, bei dem ein gepulster Laser auf ein rotierendes, polykristallines, stochiometrisches

Target trifft. Eine Skizze der PLD-Anlage ist in Abb. 4.2 zu sehen. Die Energiedichte

am Target ist so hoch, dass die Oberflache verdampft und teilweise ionisiert wird. Es

entsteht ein Plasma (auch Plume genannt), welches kurz aufleuchtet und sich auf der

Substratoberflache anlagert. Das Substrat befindet sich oberhalb des Brennflecks (La-

serauftreffpunkt auf dem Target), dessen Große (und somit auch seine Energiedichte)

UV excim

er

laser

UHV-KammerSubstrat < 1400°C

Gepulste Laser- deposition

Infrarotlaser

Prozessgas

Target-karusell

Pyrometer

Atomquelle

UV-Excim

er-

laser

Fluoreszenz-schirm

Plasma-Plume

λ = 1.5 µm

Elektronenkanone

35 keVMetallschild

p < 0.1 Pa

< 10-3 Pa

O

O2

Ar

H2

Abbildung 4.2: Skizze des PLD-Systems [9].

4.2 Reflection High Energy Electron Diffraction (RHEED) 33

uber eine Teleskopoptik eingestellt werden kann. Dabei ist es wichtig, dass der Brenn-

fleck scharfe Rander besitzt, da ansonsten die Energiedichte am Rand inhomogen ist

und so die Dropletbildung begunstigt wird. Droplets sind geschmolzene Targetstucke,

die sich auf dem Substrat niederschlagen. Sie sind oft schon mit einem Lichtmikro-

skop bei 10facher Vergroßerung erkennbar. Neben den Linseneinstellungen sind auch

die Pulsenergie, wie auch -frequenz des KrF-Excimerlasers (Compex 201 von Lambda

Physik, Wellenlange λ = 248nm) veranderbar. Der Target-Substrat-Abstand ist varia-

bel, es kann sowohl die Substrathohe als auch die Hohe des Targets geandert werden.

Das Substrat ist auf einem Kanthaltrager mit Leitsilber aufgeklebt und wird mit Hilfe

eines Infrarotlasers (LH90 λ = 940 nm von Surface) geheizt. Die Substrattempera-

tur gehort wie der Target-Substrat-Abstand zu den Wachstumsparametern, denn die

Temperatur beeinflusst die Oberflachenbeweglichkeit der angelagerten Atome. Uber

einen Eurotherm-Controller wird diese Temperatur geregelt. Dieser erhalt den aktu-

ellen Temperaturwert von einem Pyrometer, welches außerhalb der Prozesskammer

angebracht ist. Der Temperatur-Ist-Wert wird mit dem Sollwert verglichen und die

Laserleistung uber eine PID (Proportional Integral Differential) - Regelung entspre-

chend angepasst. Die Heizleistung betragt maximal 100 W, wodurch Substrattempera-

turen bis 1300 C (abhangig von Substratabsorption) moglich sind. Geregelt wird die

Temperaturansteuerung uber die Software iTools (von Eurotherm) auf einem Compu-

ter. Die Linsenpositionen, die Karusselhohe und die Targetrotation werden ebenfalls

uber diesen PC mit Hilfe eines LabView-Programms eingestellt. Neben dem Substrat-

Target-Abstand, der Substrattemperatur und der Energiedichte des Brennflecks gibt es

noch weitere wichtige Wachstumsparameter um epitaktisches Lagenwachstum zu errei-

chen, dazu zahlen Pulsfrequenz des KrF-Excimer-Lasers, das Prozessgas, sowie dessen

Druck, der mit einem Flow-Controller eingestellt wird. Als Prozessgase sind reines Ar-

gon, Argon mit 1 Prozent Sauerstoff, reiner Sauerstoff und reiner Stickstoff verfugbar.

Der gesamte Wachstumsprozess wurde durch ein RHEED-System in situ uberwacht,

dessen Funktionsweise Thema des nachsten Abschnitts ist.

4.2 Reflection High Energy Electron Diffraction

(RHEED)

In dem verwendeten RHEED-System (Reflection High Energy Diffraction) werden in

einer differentiell vorgepumpten Elektronenkanone Elektronen von einem gluhenden

Filament emittiert und mit einer Spannung von 15 kV beschleunigt. Sie treffen un-

ter sehr flachem Winkel (1-3) auf die Substrat- bzw. Filmoberflache, werden dort

34 Kapitel 4 Techniken

Fluoreszenzschirm

Elektronenkanone

Beugungsreflexe

Probe

Abbildung 4.3: Schema des RHEED-Systems.

gestreut und gelangen auf einen Fluoreszenzschirm (Abb. 4.3). Damit ein Beugungs-

bild auf dem Schirm sichtbar wird kann die Neigung, der Drehwinkel und die Hohe

der Probe verandert werden. Das entstandene charakteristische Interferenzbild wird

von einer CCD-Kamera (charged coupled device) aufgenommen und an einen Com-

puter weitergeleitet. Mit der Software ksA400 (von k-Space Associates, Inc) ist es

moglich einzelne Interferenzreflexe zu markieren und deren Intensitat wahrend des

Filmwachstums in Echtzeit zu beobachten. Aus der Analyse des RHEED-Bildes erhalt

man wichtige Informationen uber die Art des Wachstums. Grundsatzlich gibt es vier

Wachstumsmoglichkeiten (siehe Abb.4.4):

Abbildung 4.4: Darstellung der unterschiedlichen Wachstumsarten aus [49].

4.2 Reflection High Energy Electron Diffraction (RHEED) 35

Das Lagen- und das Stufen-Wachstum zahlt zur zweidimensionalen Wachstumsart

Abb.4.4 a) und d), das Insel-Wachstum Abb.4.4 b) und das kombinierte Insel-Lagen-

Wachstum Abb.4.4 c) gehoren zum dreidimensionalen Wachstum. Beim Insel-, wie

auch beim Insel + Lagen-Wachstum, andert sich das Streifenmuster des Beugungsbilds

zu einem Punktmuster, man spricht hier von Durchstrahlung. Die Elektronen werden

nicht mehr nur an der zweidimensionalen Oberflache gestreut, sie dringen in die ober-

sten Atomlagen ein und man sieht ein Punktmuster am Fluoreszenzschirm. Nur beim

Lagen-Wachstum sind deutliche RHEED-Oszillationen sichtbar, beim Stufenwachstum

sind keine vorhanden (siehe Bild 4.5 (a)). Die Oszillationen haben ihren Ursprung in

der Rauhigkeit der Filmoberflache (siehe Abb. 4.5 (b)): Im Idealfall ist die Oberflache

zunachst atomar glatt. Man hat ein Maximum der Reflexintensitat. Werden nun ei-

nige Atome auf dieser glatten Oberflache angelagert, dann nimmt die Intensitat ab,

solange bis ein Minimum bei halber Benetzung der Oberflache erreicht ist. Kommen

nun weitere Atome hinzu, steigt die Intensitat weiter an. Ein Intensitatsmaximum wird

immer dann eingenommen, wenn eine vollstandige (glatte) Atomebene erreicht ist. So-

mit kann aus den RHEED-Oszillationen die Dicke des Films wahrend des Wachstums

abgeschatzt werden. Eine genaue Beschreibung des RHEED-Systems findet sich in der

Dissertation von J. Klein [43]. Nach dem Wachstumsprozess wurden die Filme aus dem

UHV-System herausgenommen und anschließend im Rontgendiffraktometer analysiert.

Auf diese Rontgenuntersuchung wird im nachsten Abschnitt genauer eingegangen.

Abbildung 4.5: RHEED-Oszillationen [49]treten nur im Fall von Lagenwachstum (b)

auf. Beim Stufenwachstum erscheinen keine RHEED-Oszillationen (a).

36 Kapitel 4 Techniken

4.3 Rontgenstreuung

Um die Qualitat der hergestellten Magnetitfilme zu ermitteln, wurden sie nach dem

PLD-Prozess mit Hilfe von Rontgendiffraktometrie und -reflektometrie genauer analy-

siert. Uber Reflektometrie erhalt man die Schichtdicke und die Oberflachenrauhigkeit,

aus der Diffraktometrie konnen die Gitterkonstanten des Films, wie auch des Sub-

strats, bestimmt werden. Eine Skizze der Anlage ist in Abbildung 4.6 zu sehen.

In der Rontgenrohre wird eine Cu-Anode mit Elektronen beschossen, wodurch ein

charakteristisches Rontgenspektrum, sowie Bremsstrahlung, entsteht. Um eine Inten-

sitatserhohung an der Probe zu erreichen, wird der Strahl an einem Gobelspiegel re-

flektiert, der den Strahl parallel ausrichtet. Nach dem Gobelspiegel befindet sich ein

Vierfachmonochromator, wo bis auf die Cu Kα1 - Linie alle anderen Wellenlangen

herausgefiltert werden. Somit bleibt als einzige Wellenlange die Cu Kα1 - Linie mit

λCu−Kα1= 1, 54056 A ubrig.

Mit Rontgendiffraktometrie erhalt man die Gitterkonstanten von Film und Substrat.

Aus diesen Daten kann man sehen, ob ein einkristalliner phasenreiner Film gewachsen

wurde oder ob Fremdphasen (mit anderen Gitterkonstanten) vorhanden sind. Weiterhin

erfahrt man aus der Diffraktometrie die Kristallorientierung von Film und Substrat und

wie diese zueinander stehen. Die Funktionsweise des verwendeten Vier-Kreis-Rontgen-

Diffraktometers (Discover D8 von Bruker-AXS) sieht man in Abb. 4.6. Der nach dem

Vierfachmonochromator parallele und monochromatische Rontgenstrahl trifft unter

Monochromator

Göbel-Spiegel

Röntgenquelle

Probenteller

Detektor

θ

θ

2 θ

ω

χ

ϕ

Abbildung 4.6: Skizze der verwendeten Rontgenanlage [9].

4.3 Rontgenstreuung 37

ΘΘ

d

Θ ΘΘ Θ

Abbildung 4.7: Prinzip der Rontgendiffraktometrie.

dem Winkel θ auf die Probe (siehe Abb. 4.7). Erfullt man die Bragg-Bedingung

2d sin(θ) = n λ (4.1)

mit n ∈ N unter einem bestimmten Winkel θ, dann erhalt man konstruktive Interferenz

von benachbarten Netzebenen mit dem Abstand d (siehe Abb. 4.7). Aus den Winkeln,

an denen Maxima anzutreffen sind, konnen die Gitterkonstanten des Kristalls berechnet

werden, je nachdem wie man die Probe relativ uber die Winkel χ und φ (siehe Abb.

4.6) zur Rontgenquelle orientiert.

Im Allgemeinen ist die Probenoberflache nicht parallel zur Oberflache des Probentel-

lers, sondern dazu aufgrund von Leitsilberruckstanden oder eines Fehlschliffs um den

Winkel ǫ verkippt (Abb. 4.8). Auf die verkippte Probe trifft der Rontgenstrahl unter

dem Winkel θ. Erfullt man dabei die Bragg-Bedingung, so erhalt man konstruktive

2θθ θ

ε

ω

θ θ 2θ

(a) vor der Eichung (b) nach der Eichung

Detektor Detektor

ω

kons

trukt

ive

Inte

rfere

nz

Abbildung 4.8: Die Probe ist auf der Halterung verkippt (a). Die Verkippung wird

durch die Eichung der Rontgenanlage ausgeglichen (b), indem der Probenteller (blau)

gedreht wird.

38 Kapitel 4 Techniken

Film

Substrat

Luft

Interferenz

θ θ

Abbildung 4.9: Prinzip der Rontgenreflektometrie.

Interferenz bei 2θ bezuglich des einfallenden Strahls. Da der Detektor an einer anderen

Position steht, kann man die Interferenz nicht registrieren. Deshalb ist eine Eichung

notwendig, dazu verkippt man den Probenteller so, dass man am Detektor konstrukti-

ve Interferenz erhalt. Dabei befindet sich der Detektor an der Position, wo man einen

Substratpeak erwartet. Ist die Verkippung der Probe durch die Drehung des Probentel-

lers um den Winkel ǫ ausgeglichen, so registriert man im Detektor den Substratpeak.

Diese Rontgenmethode wird als 2 θ - θ - Scan (Winkel 2θ von Detektor zum einfallenden

Strahl und Winkel θ zur Probenoberflache ) oder wegen der Eichung auch als 2 θ - ω

- Scan bezeichnet, da der Probenteller um den Winkel ω und der Detektor um den

Winkel 2θ gefahren wird.

Um die Schichtdicke zu bestimmen, verwendet man die Rontgenreflektometrie. Die

Rontgenstrahlung fallt hier unter kleinem Winkeln 2θ ≈ 0, 5 − 5 auf die Probe, wo-

bei es zur Interferenz der reflektierten Strahlung an den Grenzflachen Luft/Film -

Film/Substrat (siehe Abb. 4.9) kommt. Auch hier ergibt sich ein Intensitatsmaximum,

wenn der Gangunterschied der beiden Strahlen in Abb. 4.9 ein ganzzahliges Vielfaches

von λ betragt. Aus dem Abstand der Oszillationen lasst sich die Filmdicke und aus dem

Abfall der Intensitat die Oberflachenrauhigkeit mit dem Programm Leptos bestimmen.

Die Reflektometrie funktioniert bis ca. 100 nm Filmdicke, oberhalb wird die Auflosung

der einzelnen Oszillationen immer schwieriger. Nach dem Rontgenschritt wurden die

magnetischen Eigenschaften mit Hilfe eines SQUID-Magnetometers gemessen, welches

im folgenden Abschnitt beschrieben wird.

4.4 Superconducting Quantum Interference Device (SQUID) 39

4.4 Superconducting Quantum Interference Device

(SQUID)

In dem SQUID-Magnetometer (Superconducting Quantum Interference Device) der

Firma Quantum Design (Modell: MPMS XL-7) kann die Magnetisierung der Probe

in Abhangigkeit von Temperatur und angelegtem Magnetfeld gemessen werden. Die

Probe wird dazu in einen diamagnetischen Strohhalm mit Fixogum (von Marabu) –

einem rein diamagnetischen Kleber – eingeklebt. Dieser wird dann in einem Gradiome-

ter zweiter Ordnung bewegt. Das Gradiometer ist in Abb. 4.10 schematisch gezeigt. Es

H

Strohhalm

supraleitender

Draht 1,5 cm

1,5 cmProbe

Abbildung 4.10: Skizze des verwendeten Gradiometers zweiter Ordnung [9].

besteht aus drei aquidistanten, supraleitenden Spulen im Abstand von 1,5 cm mit je

einer Windung im Uhrzeigersinn oben und unten, und zwei Windungen dazu entgegen-

gesetzt in der Mitte. Die Bewegung der Probe andert den magnetische Fluss durch die

Spulen und somit auch den darin induzierten Strom. Uber ein radio-frequency-SQUID

wird der Strom in ein Spannungssignal umgewandelt. Dieses verarbeitet ein computer-

gestutztes Messwerterfassungssystem und berechnet daraus die Magnetisierung. Der

diamagnetische Strohhalm liefert kein Signal, da er innerhalb des Gradiometers homo-

gen ist und sich die diamagnetischen Anteile durch die entgegengesetzten Wicklungen

aufheben. Das Auflosevermogen des Gerates betragt 10−7 emu (1 emu=10−3J/T). Um-

geben ist alles von einem supraleitenden Magneten, welcher ein maximales Feld von

40 Kapitel 4 Techniken

µ0H = ±7 T erreicht. Der Temperaturbereich lasst sich zur Messung dunner Filme von

2 K bis zu 400 K variieren. Mit einem speziellen Ofeneinsatz sind sogar Temperaturen

bis 800K zuganglich, dieser wurde allerdings im Rahmen dieser Arbeit wegen wesent-

lich großerem Rauschen nicht verwendet, da damit die magnetischen Signale der Filme

nicht mehr auflosbar sind. Nach der Rontgen- und Magnetisierungsanalyse wurden die

Proben mittels optischer Lithographie strukturiert.

4.5 Lithographie

Fur Magnetotransportuntersuchungen mussten die hergestellten Magnetitfilme

zunachst strukturiert werden. Dazu wurde Photolack AZ4214e auf die Proben auf-

geschleudert und dann 70 Sekunden bei 107C ausgehartet. Im Anschluss wurden sie

auf einer optischen Bank (siehe Abb. 4.11) 40 Sekunden belichtet. Dabei standen fur

die Hall-Bars verschiedene Dia-Masken zur Verfugung (siehe Abb. 4.12 oben). UV-Licht

der Wellenlange λ = 400 nm trifft auf die Dia-Maske und weiter auf ein Mikroskop. Das

Bild der Maske wird hier entsprechend verkleinert (Verkleinerungsfaktor zwischen 1,6 -

50 einstellbar) und dann auf die Probe projiziert. Danach wurden die belackten und be-

lichteten Proben 22 Sekunden in AZ-Developer entwickelt. Bei dem verwendeten Pho-

tolack handelt es sich um einen Positivlack, d.h. die belichteten Bereiche werden beim

Entwickeln wieder freigelegt. Nur an den unbelichteten Stellen, also an den schwar-

zen Bereichen der Maske, bleibt Photolack stehen. Der nicht vom Lack bedeckte Film

wird daraufhin mit einem Argon-Ionenstrahl-Atzer (EAr = 500 eV) entfernt. Nach dem

Atzschritt wird der restliche Photolack im Aceton-Ultraschallbad abgelost. Im darauf

folgenden zweiten Lithographieschritt wurden die Bereiche auf den Proben belichtet,

Lampe Blende Linse Dia-Maske

Probe

Mikroskop

Abbildung 4.11: Skizze der Lithographieanlage.

4.6 Magnetotransport 41

Abbildung 4.12: Verwendete Dia-Masken zur Herstellung einer Hall-Bar, oben: fur die

Hall-Bar, unten: fur die Goldkontaktflachen.

an denen dann spater Goldkontakte aufgedampft werden sollten. Beispiele fur die ver-

wendeten Masken sind in Abb. 4.12 unten) zu sehen. Das Vorgehen ist das selbe wie

im ersten Lithographieschritt: Lack aufschleudern, Belichten mit entsprechender Mas-

ke, nur der Atzschritt fallt weg. Stattdessen wurden auf den Film Goldkontakte mit

einer Sputteranlage aufgebracht. Der uberflussige Photolack mit dem daruber liegen-

den Gold wurde im Aceton-Ultraschallbad entfernt. Gold bleibt nur an den belichteten

Bereichen stehen, an denen im Entwicklungsprozess der Lack entfernt wurde. Hinterge-

danke fur die Goldschicht ist ein moglichst guter und definierter Kontakt zwischen Film

und angebondeten Drahten. Bis auf das Ionenstrahlatzen und Goldsputtern fanden die

einzelnen Lithographieschritte im Reinraum statt. An den fertig charakterisierten und

strukturierten Proben wurden im Anschluss die Transporteigenschaften untersucht.

4.6 Magnetotransport

Fur die Magnetotransportmessungen standen zwei Kryostaten der Firma Oxford mit

maximalem Magnetfeld von 10 Tesla bzw. 17 Tesla zur Verfugung. Die lithographier-

ten Proben wurden zusammen mit Bond-Rahmen auf einem Kupfertrager aufgeklebt.

Im Anschluss wurden die Hall-Brucken mit diesen Bond-Rahmen uber einen dunnen

30 µm Aluminiumdraht miteinander verbunden (gebondet). An die Cu-Bondpads wur-

42 Kapitel 4 Techniken

Abbildung 4.13: Rechts ist eine komplett kontaktierte Probe zu sehen. Mehrere Hall-

brucken sind uber dunne Aluminium-Drahte mit den Kupfer-Bond-Pads verbunden,

von den Bondpads fuhren Kupferdrahte zu den Strom- und Spannungsanschlussen.

Links befindet sich ein Cent-Stuck zum Großenvergleich.

den belackte Cu-Drahte angelotet (siehe Abb. 4.13), bei denen Hin- und Ruckrichtung

miteinander verdrillt sind, um so Induktion durch zeitlich veranderliche Magnetfelder

auszuschließen. Bei den Magnetotransportmessungen ist die Temperatur von 1,4 K bis

400 K uber einen Heliumgasstrom bzw. resistives Heizen einstellbar und das Magnet-

feld lasst sich je nach verwendetem Kryostaten bis ±10 Tesla bzw. ±17 Tesla fahren.

Die Cernox-Temperatursensoren zeigen dabei keine Magnetfeldabhangigkeit [49]. Stan-

dardmaßig wurden die temperatur- und magnetfeldabhangigen Widerstandsmessungen

in Vierpunktmesstechnik durchgefuhrt.

Kapitel 5

Herstellung und Charakterisierung

dunner Magnetitfilme

Im Folgenden wird die Herstellung dunner Magnetitfilme auf MgO- und Saphir-

Substraten mit gepulster Laserdeposition beschrieben. Darauf folgt im zweiten

Abschnitt dieses Kapitels die Charakterisierung der gewachsenen Filme mittels

Rontgendiffraktometrie.

5.1 Filmherstellung mittels gepulster Laserdeposi-

tion

Die Herstellung dunner Filme erfolgte mit gepulster Laser Deposition in einer Ultra-

hochvakuum (UHV) - Anlage. Als Grundlage fur einen dunnen Magnetitfilm dienten

zwei verschiedene einkristalline Substrate: einseitig poliertes MgO und doppelseitig

poliertes Saphir (beides von der Firma CrysTec).

MgO besitzt eine NaCl-Struktur mit zweiatomiger Basis, die Einheitszelle ist ku-

bisch mit einer Gitterkonstanten von aMgO = 4, 212 A [19]. Die Gitterkonstante

aFe3O4= 8, 396 A [32] von kubischem Magnetit (Fe3O4) ist fast doppelt so groß wie die

von MgO 2aMgO = 8, 424 A. Daher eignet sich MgO hervorragend als Substrat fur die

Herstellung epitaktisch verspannter Magnetitfilme. Epitaktisches Kristallwachstum be-

deutet, dass die von einem Substrat vorgegebene atomare Ordnung in der Ebene auf die

wachsende Schicht ubertragen wird. Eine wichtige Große fur epitaktisches Wachstum

ist die Gitterfehlanpassung. Falls diese zu groß ist, kann in der Regel kein epitaktisch

verspanntes Wachstum erfolgen, da die elastische Energie aufgrund von Verspannung

fur die aufwachsenden Schichten ungunstig ist. Das Wachstum erfolgt dann oftmals re-

43

44 Kapitel 5 Herstellung und Charakterisierung dunner Magnetitfilme

laxiert, d.h. ohne Verspannung. Die Gitterfehlanpassung zwischen Magnetit und MgO

betragt:

∆a

a=

aFe3O4− 2 · aMgO

aFe3O4

= −0, 33% (5.1)

Die epitaktisch auf den (001)-orientierten MgO-Substraten gewachsenen Magnetitfilme

zeigen eine tensile Verspannung: Die Einheitszelle von Magnetit ubernimmt in der

Filmebene die doppelte Gitterkonstante von dem MgO-Substrat, sie wird in dieser

Ebene biaxial gedehnt (siehe hierzu Abschnitt 5.3.1 uber Probencharakterisierung).

Das in dieser Arbeit verwendete Saphir-Substrat besitzt eine (0001)-Orientierung (c-

Schnitt, c-Achse zeigt in (0001)-Richtung). Saphir hat eine hexagonal-rhomboedrische

Struktur [47] mit den Gitterkonstanten a=0,4763 nm und c=1,3003 nm [18]. Da sich

Magnetit von Saphir sowohl in der Struktur als auch in den Gitterkonstanten stark

unterscheidet, wachst Magnetit nicht epitaktisch-verspannt auf den Saphir-Substraten,

sondern nahezu vollkommen relaxiert (siehe Abschnitt 5.3.2 uber Probencharakterisie-

rung).

Vor dem Einschleusen der Substrate in die UHV-Anlage wurden die Oberflachen

folgendermaßen behandelt: Um kleine Verunreinigungen auf der Substratoberflache zu

entfernen, wurden die Oberflachen mit Isopropanol der Reinheit pro analysis (p.a.) be-

netzt. Anschließend wurde die Oberflache mit einem staubfreien-papiertuchumhullten

Objekttrager abgezogen und das Ergebnis dieses Reinigungsschrittes unter einem Mi-

kroskop kontrolliert. Falls noch Schmutz auf der Oberflache zu sehen war, wurde der

Vorgang wiederholt. Nach der Oberflachenreinigung wurden die Proben auf einem Kan-

thaltrager mit Leitsilber aufgeklebt. Nach Ausharten des Leitsilbers durch Erhitzen (ca.

5 Minuten bei 100 C) wurden die Proben in die PLD-Kammer des UHV-Systems gefah-

ren. Vor Beginn des PLD-Prozesses herrschte in der Kammer ein Druck von 4 ·10−8 torr

bis 9 · 10−8 torr. Mittels eines Flow-Controllers wurde ein Argon-Fluss von 25 cm3/min

eingestellt, es ergab sich ein Druck von 2, 8 · 10−3 torr. Das Prozessgas dient dazu, die

mittlere freie Weglange der vom Target ablatierten Teilchen einzuschranken, denn die

Teilchen fuhren auf dem Weg zum Substrat mehrere Stoße aus und werden dadurch

abgebremst. Dabei ist zu erwahnen, dass das Edelgas Argon chemisch inert ist, d.h. es

reagiert chemisch weder mit dem Substrat noch mit dem Target. Der Hintergrunddruck

hat wie auch der Target-Substrat-Abstand entscheidenden Einfluss auf die Energie der

am Substrat ankommenden Teilchen und ist deshalb ein wichtiger Wachstumsparame-

ter. Nach Einstellung des Argon-Flusses wurde das RHEED-System auf das Substrat

justiert und die Substrate mittels eines Infrarotlasers auf die gewunschte Wachstums-

temperatur TW gebracht.

5.1 Filmherstellung mittels gepulster Laserdeposition 45

Der KrF-Laser wurde durch Einschießen (ohne auf das Target zu treffen) auf ei-

ne interne Energie von 450± 6 mJ/Puls gesetzt. Das entspricht einer Energiedich-

te auf dem Target von 2,5 J/cm2. Darauf wurden mehrere Bahnen auf dem Target

(stochiometrisches Fe3O4, interne Bezeichnung: T6) ablatiert, wobei die Probe durch

einen Shutter geschutzt war. Dieser Vor-Ablationsprozess dient dazu, mogliche Verun-

reinigungen auf der Oberflache des stochiometrischen Targets abzutragen. Nach diesen

Vorbereitungen wurde der Shutter geoffnet und das Filmwachstum gestartet. Zu Be-

ginn wurden 30 Pulse abgegeben, dann 30 Sekunden Pause eingelegt, dann 220 Pulse

- wieder 30 s Pause, darauf 250 Pulse - 30 s Pause und ab hier wurden nach Intervallen

von 500 Laserpulsen 30 sekundige Pausen eingegelegt, damit sich die Oberflache ordnen

kann (die Pulsfrequenz des KrF-Lasers betrug 2 Hz). Dieser Ordnungsprozess ist durch

einen Intensitatsanstieg in den RHEED-Reflexen zu erkennen (siehe Abbildung 5.2).

In Tabelle 5.1 sind die Parameter aller spater verwendeten Proben enthalten:

Probe: M17 M31 Mg9 Mg10 Sap1

Substrat MgO MgO MgO MgO α-Al2O3

Wachstums-

temperatur (C) 320 320 300 300 300

Prozessgas Ar Ar Ar Ar Ar

Hintergrund-

druck (torr) 2, 8 · 10−3 2, 8 · 10−3 2, 8 · 10−3 2, 8 · 10−3 2, 3 · 10−3

Laserenergie auf

dem Target ( Jcm2 ) 2, 5 2, 5 2, 5 2, 5 2, 5

Pulsfrequenz des

KrF-Lasers (Hz) 2 2 2 2 2

Tabelle 5.1: Wachstumsparameter der verschiedenen Proben.

Der Wachstumsprozess konnte bei den Proben M17 und M31 mit einem RHEED-

System beobachtet werden. In Abbildung 5.1 (a) ist ein RHEED-Bild des MgO-

Substrats vor Beginn des Magnetitwachstums und in (b) ein Bild nach 3000 Pulsen

zu sehen. Man kann im Bild 5.1 (b) zusatzliche Reflexe sehen, was daran liegt, dass

Magnetit annahernd eine doppelt so große Gitterkonstante wie MgO besitzt. Im re-

ziproken Raum wird das durch die doppelte Anzahl an Beugungsreflexen innerhalb

derselben Flache wiedergegeben. Nach Herstellung der Proben M17 und M31 wurde

die Laserrohre ausgetauscht und die gesamte Optik neu justiert. Um einen scharfen

Brennfleck mit derselben Energiedichte auf dem Target zu erhalten, musste dieses –

im Vergleich zu dem fruheren Wert – nach oben gesetzt werden. Um aber denselben

46 Kapitel 5 Herstellung und Charakterisierung dunner Magnetitfilme

(a) M31 vor Wachstumsbeginn (b) M31 nach 3000 Pulsen

Abbildung 5.1: RHEED-Bild eines MgO-Substrats bei T=300 K (a) vor dem Wachstum

und (b) nach 3000 Laserpulsen auf das stochiometrische Magnetittarget.

Target-Substrat-Abstand beizubehalten, war es unvermeidlich, auch die Substratposi-

tion zu erhohen. Dadurch war das Substrat außerhalb des RHEED-Elektronenstrahls

und das RHEED-System konnte bei der Herstellung weiterer Proben nicht benutzt wer-

den. Die beiden Proben M17 und M31, bei denen das Filmwachstum mit dem RHEED

beobachtet werden konnte, zeigen RHEED-Oszillationen (siehe Abb. 5.2), ein deutli-

ches Zeichen fur Lagen-Wachstum. Die Schichtdicke d kann wahrend des Wachstums

anhand der Oszillationen folgendermaßen abgeschatzt werden:

d =∆N0 ·NL · c∆t · fL · FS

(5.2)

Dabei ist ∆N0/∆t die Anzahl der RHEED-Oszillationen pro Zeit, NL die Anzahl der

Laserpulse, fL die Frequenz der Laserpulse, c die Gitterkonstante der Wachstums-

richtung und FS ein Faktor, der die Anzahl der fur eine Einheitszelle notwendigen

Atomlagen angibt. Fur Magnetit betragt der Subunit-Cell-Faktor FS = 4, d.h. eine

Einheitszelle Magnetit besteht aus vier ladungsneutralen Blocken, von denen jeder zu

einer Oszillation im RHEED-Bild fuhrt.

5.2 Methoden der Rontgencharakterisierung 47

Abbildung 5.2: RHEED-Oszillationen wahrend des Herstellungsprozesses an der Probe

M31. Die Intensitat I ist in cps (engl.: counts per second) angegeben.

5.2 Methoden der Rontgencharakterisierung

Nach dem PLD-Prozess wurden die gewachsenen Filme mittels Rontgendiffraktometrie

untersucht. Diese Charakterisierungsmethode ist unumganglich, da nur damit festzu-

stellen ist, ob ein einkristalliner Magnetitfilm gewachsen wurde, oder ob Fremdphasen

vorhanden sind. Desweiteren lassen sich durch die Rontgendiffraktometrie die Gitter-

konstanten in der Filmebene sowie in Wachstumsrichtung berechnen, und man erhalt

die kristalline Orientierung des gewachsenen Films. Zusatzlich lasst sich durch Klein-

winkelstreuung (Reflektometrie) die Schichtdicke bestimmen. Diese ist fur weitere Mes-

sungen sehr wichtig, da bei Magnetisierungsmessungen auf das Volumen normiert wird.

5.2.1 Rontgenmessmethoden

Nach Einbau einer Probe in die Rontgenanlage, wurde zunachst eine Nullpunkteichung

des 2 θ-Winkels vorgenommen. Danach wurden verschiedene Rontgenmethoden ange-

wandt, um die gewunschten Gitterkonstanten zu erhalten. Zu diesen Messmethoden

zahlen der 2 θ - ω - Scan, der ω - Scan (auch als Rockingkurve bezeichnet), das 2 θ - χ -

Mapping und das Reciprocal-Space-Mapping (RSM).

48 Kapitel 5 Herstellung und Charakterisierung dunner Magnetitfilme

Bei einem 2 θ - ω - Scan wird die Probe relativ zum einfallenden Rontgenstrahl um

den Winkel ω gedreht. Der Detektor wird dabei gleichzeitig mit doppelter Winkel-

geschwindigkeit auf 2 θ (relativ zum einfallenden Strahl) gefahren. Mit dieser Art

von Rontgenscan kann die Gitterkonstante senkrecht zur Filmebene mit der Bragg-

Bedingung (Formel 4.1) berechnet werden.

Zur Bestimmung der kristallinen Qualitat macht man einen ω - Scan. Hier sucht man

sich aus einem 2 θ - ω - Scan den 2 θ - Winkel von einem Substrat- oder Filmpeak heraus,

fahrt den Detektor auf diesen Wert, lasst diesen konstant und verandert den Winkel

ω. Besteht der Kristall aus mehreren verschiedenen Kristalliten, die gegeneinander

leicht verkippt sind, so wird die Bragg-Bedingung fur konstruktive Interferenz bei leicht

unterschiedlichen ω - Winkeln erfullt, und man erhalt eine Verbreiterung des Peaks.

Folglich dient die Peakbreite eines ω - Scans (Rockingkurve) als Maß fur die Mosaizitat

oder Gute eines Kristalls.

Man kann auch ganze Flachen des Streuvektors q mit sogenannten Mappings ab-

tasten. Dazu gibt es zwei verschiedenen Moglichkeiten: Erstens 2 θ - ω - Scans bei un-

terschiedlichem χ – dieses Verfahren wird deshalb als χ-Mapping bezeichnet. Zweitens

uber ein Reciprocal-Space-Mapping (RSM) – hier erhalt man eine direkte Abbildung

des reziproken Raums.

Das χ-Mapping gibt uber die Verspannung des Films Auskunft, denn fur unverspann-

te Filme erwartet man in kubischen Systemen Film- und Substratpeak an demselben

χ-Winkel. Mit anderen Worten: die Gitterebenen (hkl) von Substrat und unverspann-

tem Film sind parallel. Wird der Film z.B. in der Ebene gestreckt, und die c-Achse

gestaucht, dann liegen schrage Atomebenen (wie eine (044)-Ebene) von Substrat und

Film nicht mehr parallel zueinander. Daher erwartet man die Maxima bei unterschied-

lichen χ-Winkeln. Aus einem χ-Mapping kann man die in-plane Gitterkonstante be-

rechnen, das geht allerdings nur indirekt, da man die aus einem 2 θ - ω - Scan erhaltene

c-Gitterkonstante einsetzen muss. Eine Fehlerfortpflanzung ist somit unvermeidlich.

Ein χ-Mapping ist auch keine Abbildung des reziproken Raumes, da der Winkel χ

uber 2θ aufgetragen wird.

Anders ist es bei einem Reciprocal-Space-Mapping, hier erhalt man durch eine Kombi-

nation von ω - Scans mit einem 2 θ - ω - Scan ein echtes Abbild des reziproken Raumes.

Da auf einen Substratpeak geeicht wird, kann man aus einem solchen Scan sowohl die

in-plane- als auch die out-of-plane-Gitterkonstante direkt berechnen und man sieht so-

fort, ob der gewachsene Film verspannt - also gleiche in-plane Gitterkonstante wie das

Substrat besitzt - oder relaxiert ist.

5.2 Methoden der Rontgencharakterisierung 49

5.2.2 Berechnung der Gitterkonstanten

Fur die Bestimmung der c - Gitterkonstanten ist ein 2 θ - ω - Scan erforderlich, fur die

a - und b - Gitterkonstante ist zusatzlich ein χ - Mapping oder ein Reciprocal-Space-

Mapping an einem Beugungsreflex notig, der einen in-plane-Anteil enthalt. Da bei

einem 2 θ - ω - Scan zum Teil mehrere Filmpeaks vorhanden sind, kann man mit dem

Nelson-Riley-Verfahren die systematischen Fehler reduzieren. In die Bragg-Gleichung

geht namlich nicht direkt der Winkel θ ein, sondern sin θ. Eine Abweichung um den

Winkel ∆θ ist mit einem Fehler der Gitterkonstanten ∆d verbunden. Da sich die Si-

nusfunktion bei einem Winkel um 90 nur sehr langsam andert, spielt hier ein syste-

matischer Fehler kaum eine Rolle. Damit sind die berechneten Gitterkonstanten umso

genauer, je naher die Beugungsreflexe bei einem Wert von 2 θ = 180 liegen. Dieses

Verhalten wird auch durch Differentiation der Bragg-Gleichung deutlich:

λ = 2d sin θ (5.3)

∆λ = 2∆d + 2d∆θ cos θ (5.4)

⇒∆d

d=

∆λ

λ+ cot θ ·∆θ (5.5)

Ist der Wert von θ nahe an 90 so wird cot θ = 0 und der Fehler verschwindet nahezu.

Im gescannten Bereich von 10 bis 110 treten Beugungsreflexe des Films bei Winkeln

von θ1 ≈ 21, 5 und θ2 ≈ 43 auf, also bei Winkeln deutlich kleiner als 90. Daher sind

systematische Fehler nicht zu vernachlassigen. Diese entstehen hauptsachlich dadurch,

dass die Probe nicht exakt auf der Diffraktometerachse liegt und der Rontgenstrahl

eine Divergenz besitzt. Die Divergenz kann bei dem verwendeten Gerat vernachlassigt

werden, da die Rontgenstrahlung nach dem Gobelspiegel parallel verlauft. Die Nelson-

Riley-Funktion

fNelson−Riley(θ) =1

2

cos2 θ

sin θ+

cos2 θ

θ(5.6)

reduziert systematische Fehler durch eine Extrapolation der Gitterkonstanten auf einen

Winkel von θ = 90 : Die aus der Braggbedingung (5.3) fur den Winkel θ1 erhaltene Git-

terkonstante (y-Wert) wird uber der Nelson-Riley-Funktion fNelson−Riley(θ1) (x-Wert)

aufgetragen, dasselbe macht man fur den Winkel θ2. Anschließend wird eine Gerade

durch die beiden Punkte gelegt. Der y-Wert, den die Gerade bei x = 0 = fNelson−Riley(90)

einnimmt, ist die von systematischen Fehlern bereinigte Gitterkonstante.

Um nun von den verschiedenen Rontgenscans auf die Gitterkonstanten zu schließen,

sind einige Beziehungen zwischen Netzebenenabstanden dhkl und den Gitterkonstanten

notig. Die Indizes (hkl) beziehen sich dabei auf die Benennung der Ebenen in der

50 Kapitel 5 Herstellung und Charakterisierung dunner Magnetitfilme

Miller-Notation (Anmerkung: ein reziproker Gittervektor q=(hkl) steht senkrecht auf

der Ebene (hkl)). Fur ein kubisches System mit den Gitterkonstanten a = b = c gilt:

1

d2hkl

=h2 + k2 + l2

c2(5.7)

Fur ein tetragonales System (a = b 6= c) – wie verspanntes Magnetit – muss man die

Formel

1

d2hkl

=h2 + k2

a2+

l2

c2(5.8)

anwenden. Mit diesen beiden Gleichungen lassen sich aus den 2 θ - ω - Scans und den

χ - Mappings die Gitterkonstanten a und c berechnen.

Etwas anders ist es bei einem RSM, hier wird die Achsenbeschriftung

gerateunabhangig in reziproken Gittereinheiten (engl.: reciprocal lattice units, kurz:

rlu) angegeben. Dies macht man, indem man den reziproken Gittervektor q auf den

Lauekreis normiert: qrlu = q

4π/λ. Desweiteren wird der reziproke Gittervektor qrlu in

zwei Anteile zerlegt, einen senkrecht qrlu,⊥ und einen parallel qrlu, ‖ zur Filmebene.

Die Gitterkonstanten eines tetragonalen Systems erhalt man aus einem RSM mit den

Relationen [11]:

a =1

qrlu, ‖·λ

2· h und c =

1

qrlu,⊥·λ

2· l (5.9)

5.3 Strukturelle Eigenschaften der Magnetit-Filme 51

5.3 Strukturelle Eigenschaften der Magnetit-Filme

In diesem Abschnitt werden die Rontgenergebnisse der in dieser Arbeit untersuchten

Magnetitfilme (mit Ausnahme der M31 – hierzu existieren keine Rontgendaten) ge-

zeigt. Im ersten Teil werden die auf MgO-Substraten gewachsenen Filme diskutiert, im

zweiten Teil der auf Saphir gewachsene Film.

5.3.1 (001) orientierte Magnetitfilme auf MgO-Substraten

In dieser Arbeit wurden hauptsachlich Magnetitfilme auf MgO-Substraten hergestellt,

die Abbildung 5.3 zeigt die kubische Einheitszelle von MgO.

Fur die Schichtdickenbestimmung wurden die Messdaten (schwarze Kurve in Abb. 5.4)

einer Reflektometriemessung mit dem Programm Leptos gefittet (rote Kurve in Abb.

5.4). Bei einem solchen Fit konnen die rms-Oberflachenrauhigkeiten (rms: root mean

square) von Film und Substrat und die Schichtdicke als Parameter an die Messkurve

angepasst werden. In Abbildung 5.4 liegt die simulierte Kurve (rot) unter der Messkur-

ve (schwarz), da die Oberflachenrauhigkeiten auf einen konstanten Wert von 0,3 nm

gesetzt wurden. Denn lasst man die Oberflachenrauhigkeit von dem Programm an die

Messdaten anpassen, so wurden an manchen Filmen laut der Simulation subatomar

glatte Oberflachen (rms-Rauhigkeit von 0.006 nm an der Probe Mg10, auch hier ist

die Simulation mit der Messkurve nicht deckungsgleich!) gewachsen – was physikalisch

nicht sinnvoll ist. Daher wurde die Rauhigkeit als Konstante gesetzt, dies andert an der

Berechnung der Schichtdicke nichts, da hier nur die Periode der Oszillationen eingeht.

Gitterkonstante: a

x

y

z

Abbildung 5.3: Kubische Einheitszelle von MgO.

52 Kapitel 5 Herstellung und Charakterisierung dunner Magnetitfilme

0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 2,0 2,210-4

10-3

10-2

10-1

100

I (W

.E.)

2 (°)

Fe3O

4 auf MgO(001)

Mg9

Messdaten

Simulation mit der Software LeptosSchichtdicke: 30,9nm Magnetit auf MgO

Abbildung 5.4: Reflektometriemessung an der Probe Mg9 (schwarz) mit Simulation

(rot), die Intensitat I ist in willkurlichen Einheiten (W.E.) angegeben.

10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110100

101

102

103

104

105

106

42,5 43,0 43,5

100

101

102

103

104

105

21,2 21,4 21,6

0

100

200

300

400

500

MgO(004)

Fe3O

4

(008)

I (cp

s)

2 (°)

Fe3O

4 auf MgO(001)

Mg10MgO(002)

Fe3O

4

(004)

MgO(002)

I (cp

s)

2 (°)

Fe3O

4

(004)

Inte

nsitä

t (cp

s)

(Grad)

FWHM = 0,04°

Abbildung 5.5: 2 θ - ω - Scan an der Probe Mg10.

5.3 Strukturelle Eigenschaften der Magnetit-Filme 53

Fur die Probe Mg9 (siehe Abb. 5.4 ) ergibt sich eine Magnetitfilmdicke von 30,9 nm.

In Abbildung 5.5 ist ein 2 θ - ω - Scan der Probe Mg10 reprasentativ fur andere auf

MgO gewachsene Filme gezeigt. Am deutlichsten kann man die MgO-Substratreflexe

erkennen. Rechts neben dem (002)-MgO-Peak befindet sich der, nur im rechten In-

set erkennbare, (004)-Magnetit-Peak. Fur Magnetit treten nur (00l)-Reflexe auf, d.h.

Magnetit wachst c - achsenorientiert (in (001)-Richtung) auf (001)-MgO. Dieses Ergeb-

nis ist bei allen auf MgO gewachsenen Filmen festzustellen. Im linken Inset ist eine

Rockingkurve des (004)-Magnetit-Peak zu sehen. Der Peak besitzt eine Halbwerts-

breite (FWHM: full width at half maximum) von 0,04, dieser Wert ist um ca. einen

Faktor 2 schlechter als die Halbwertsbreite eines Substratreflexes. Der Scan der Probe

Mg9 ist nahezu identisch mit dem der Mg10 und wird deshalb nicht dargestellt. Einzi-

ger Unterschied ist, dass der Magnetit-(004)-Peak in der Flanke des MgO-(002)-Peaks

liegt und somit fur die Bestimmung der Gitterkonstante nicht zuganglich ist, wodurch

das Nelson-Riley-Verfahren nicht angewendet werden kann. Deshalb wurden sowohl in-

plane als auch out-of-plane Gitterkonstante mit einem RSM bestimmt. In Abbildung

5.6 ist der reziproke Raum der Probe M17 abgebildet. Hierin kann man sehr schon se-

Abbildung 5.6: Reciprocal-Space-Mapping an der Probe M17.

54 Kapitel 5 Herstellung und Charakterisierung dunner Magnetitfilme

(a) Mg9 (b) Mg10

Abbildung 5.7: χ - Mapping des (044)-Magnetitreflexes und des (022)-MgO-Reflexes an

den Proben Mg9 und Mg10.

hen, dass der Film epitaktisch in der Ebene verspannt ist, da sowohl der Substrat-, wie

auch der Filmpeak bei gleichem qrlu, ‖ auftreten. Mit dem roten Kreuz wird angedeutet,

an welcher Position ein vollig relaxierter Magnetitfilmpeak zu erwarten ware.

An den Proben Mg9 und Mg10 wurde ein χ - Mapping an dem (044)-Magnetitreflex

und dem (022)-MgO-Reflex gemessen (in Abb. 5.7 zu sehen). An den χ - Mappings

ist mit den Pfeilen angedeutet, wo das Maxima fur den Magnetit- und den MgO-

Reflex liegt. Die Maxima liegen bei unterschiedlichem χ - Winkel, das bedeutet, dass

die Magnetit-Einheitszelle nicht mehr kubisch sondern tetraedrisch – also verspannt

– ist. Fur die Proben Mg9 und Mg10 wurde die a - bzw. b - Gitterkonstante (in der

Ebene) aus den 2 θ - ω - Scans und den χ - Mappings bestimmt. In der Tabelle 5.2 sind

die Rontgenmessergebnisse der auf MgO (001) gewachsenen Magnetitfilme zusammen-

gestellt. Magnetit wachst demnach epitaktisch verspannt in (001)-Richtung (c - Achse)

auf den (001)-MgO-Substraten. Die doppelte a - Gitterkonstante von MgO wird von

dem Magnetitfilm in der Ebene ubernommen, somit ist die Magnetiteinheitszelle in

der Ebene gestreckt, wahrend die c - Achse gestaucht ist.

5.3 Strukturelle Eigenschaften der Magnetit-Filme 55

Probe: M17 Mg9 Mg10 Magnetit MgO

Literatur Literatur

Schichtdicke 32,1 nm 30,9 nm 56,2 nm - -

c -Gitter-

konstante 0,836(3) nm 0,837(5) nm 0,837(3) nm 0,8396 nm 0,4212 nm

a -, b -Gitter-

konstante 0,842(5) nm 0,842(0) nm 0,842(4) nm 0,8396 nm 0,4212 nm

FWHM der (008)-Peak: (008)-Peak: (004)-Peak: - -

Rockingkurve 0,041 0,039 0,035 - -

Tabelle 5.2: Vergleich der auf MgO gewachsenen Magnetitfilme.

5.3.2 (111) orientierter Magnetitfilm auf Al2O3-Substrat

Auf Saphir (α-Al2O3) wurde nur ein Magnetitfilm (Probe Sap1) gewachsen. Saphir be-

sitzt im Gegensatz zu MgO (kubisch) eine hexagonal-rhomboedrische Einheitszelle, wie

in Abbildung 5.8 zu sehen ist. Die Gitterkonstanten von α-Al2O3 sind a = b = 0,4763 nm

Sauerstoff Aluminium

A

A

B

B

C

C

A

d

e

d

d

e

e

Abbildung 5.8: Hexagonal-rhomboedrische Kristallstruktur von α-Al2O3 aus [28].

56 Kapitel 5 Herstellung und Charakterisierung dunner Magnetitfilme

Abbildung 5.9: 2 θ - ω - Scan der Probe Sap1.

und c = 1,3003 nm [18]. Die c - Achse ist wegen der unterschiedlichen Abfolge der Al -

und O - Schichten groß, da die Sauerstoffschichten in einem dede-Muster geschichtet

sind, wahrend die Aluminiumschichten in einer ABCABC-Struktur gestapelt sind.

Charakteristisch fur Saphir ist die Symmetrie um die c - Achse: ein rein hexagonales

System hat eine sechs-zahlige Symmetrie, wogegen Saphir nur eine drei-zahlige Sym-

metrie besitzt. Dies kann man durch die Aluminiumschichten erklaren: In den B - und

C - Schichten werden nur drei der sechs moglichen Hexagonplatze besetzt und in der

A - Schicht fehlt in der Mitte des Hexagons da Al-Atom.

Aus dem 2 θ - ω - Scan in Abbildung 5.9 kann man bereits sehen, dass Magnetit ohne

Fremdphasen aufwachst und die (111)-Ebenen von Magnetit parallel zu der (0001)-

Ebene von Saphir sind. Man erhalt einen Streuebenenabstand d111=0.485(1) nm, und

eine FWHM-Rocking-Breite des (222)-Peaks von 0,05 – der Streuebenenabstand ent-

spricht einem Drittel der Raumdiagonalen. Aus einem χ - Scan des (004)-Peaks erhalt

man die a - Gitterkonstante von Magnetit: a = 0,839(2) nm. Die Orientierung von Ma-

gnetit auf Saphir wurde durch einen φ - Scan herausgefunden. Dabei setzt man sich auf

einen asymmetrischen Peak, d. h. auf einen, der einen Ebenen-Anteil (hier a -, b - oder

c - Anteil) besitzt (z.B. auf den (004)-Peak, wenn die Wachstumsrichtung die (111)-

Richtung ist) und dreht die Probe um die φ - Achse. Wachst kubisches Magnetit in

5.3 Strukturelle Eigenschaften der Magnetit-Filme 57

Abbildung 5.10: φ - Scan an unterschiedlichen Saphir- und Magnetitreflexen der Probe

Sap1, einem (111)-orientierten Magnetitfilm auf (0001)-Saphir.

(111)-Richtung, erwartet man aus Symmetriegrunden, dass alle 60 ein Magnetitreflex

auftritt, was auch der Fall ist (siehe hierzu Abbildung 5.10). Bei Saphir erwartet man

nur alle 120 einen Beugungsreflex, z.B. den (2022)-Reflex. Zusatzlich kann man einen

weiteren Saphirreflex, z.B. den (2024) aufnehmen, der auch eine 120-Symmetrie be-

sitzt, aber zu dem ersten um 60 verschoben ist. Vergleicht man nun die Peak-Winkel

von Magnetit und Saphir, so erkennt man, dass das Magnetit um 30 verdreht auf dem

Saphir-”Hexagon“ aufwachst.

Die Schichtdicke wurde mittels Reflektometrie bestimmt: Der Magnetitfilm ist

33,9 nm dick. In der Tabelle 5.3 sind die Rontgenergebnisse des auf Saphir gewach-

senen Magnetitfilms zusammengefasst.

Ergebnis des Magnetit-auf-Saphir-Wachstums ist: Fe3O4 wachst nahezu vollstandig re-

laxiert (innerhalb der Messgenauigkeit) in (111)-Richtung auf einem (0001)-Saphir-

Substrat. In der Ebene ist der Magnetit-(004)-Reflex um 30 zu den Aluminium-

”Hexagons“ gedreht. Auch die a - Gitterkonstante des Magnetitfilms ist im Rahmen

der Messgenauigkeit mit dem Literaturwert identisch. Das vollstandig relaxierte Ma-

gnetitwachstum ist auf die hohe Gitterfehlanpassung zwischen Saphir und Magnetit

58 Kapitel 5 Herstellung und Charakterisierung dunner Magnetitfilme

Probe: Sap1 Magnetit Saphir

Literaturwert Literaturwert

Schichtdicke 33,9 nm - -

1/3 der Raum- 1/3√

3 · 0, 8396 =

diagonalen d111 0,485(1) nm 0,4847 nm -

c -Gitterkonstante - - 1,3003 nm

a -Gitterkonstante 0,839(2) nm 0,8396 nm [32] 0,4763 nm

FWHM der (222)-Peak: - -

Rockingkurve 0,05 - -

Tabelle 5.3: Vergleich des auf Saphir gewachsenen Magnetitfilms mit Magnetit- und

Saphir-Volumen-Material [18].

zuruckzufuhren, denn diese betragt:

∆a

a=

aFe3O4· 1√

2− 2aSaphir · tan 30

aFe3O4· 1√

2

= 7, 4% (5.10)

Dabei ist aFe3O4· 1√

2der Abstand zwischen zwei Eisen-Atomen auf den A-Platzen in

Magnetit und 2aSaphir · tan 30 die doppelte Distanz zwischen zwei Aluminium-Atomen

in der (0001)-Ebene von Saphir. Ogale et al. [58] erhalten auf ihren Saphirsubstraten

selbes Magnetitwachstum und somit auch die gleiche Gitterfehlanpassung von 7,4 %,

wie an der hier vorgestellten Probe Sap1.

Kapitel 6

Experimentelle Ergebnisse

In diesem Kapitel werden die experimentellen Ergebnisse der Magnetisierungs- und

Transportmessungen vorgestellt. Insbesondere wird genauer erortert, ob die Verwey-

Ubergangstemperatur von dunnen Filmen mit der von Volumenmaterial identisch ist.

Desweiteren wird untersucht, ob der Hallwiderstand dunner Magnetitfilme linear mit

der Magnetisierung skaliert, wie es fur Ferromagnete erwartet wird. Ferner wird dis-

kutiert, in wie weit Mechanismen wie Skew-Scattering oder Side-Jump-Scattering den

anomalen Hall-Effekt in dunnen Magnetitfilmen erklaren konnen.

6.1 Der Verwey-Ubergang – Vergleich von

Magnetisierungs- und Transportdaten

Im Kapitel 2, uber die grundlegenden Eigenschaften von Magnetit, wurde bereits

erwahnt, dass sich der Verwey-Ubergang in Magnetit als Anderung verschiedener physi-

kalisch messbarer Eigenschaften zeigt, wie z.B. der Anderung der Struktur von kubisch

zu monoklin und einem Sprung in der spezifischen Warmekapazitat. Umstritten ist,

ob unterhalb des Verwey-Ubergangs Ladungsordnung auftritt [29, 57, 73, 76]. Auch

die magnetischen Eigenschaften andern sich, wodurch ein Sprung in der remanenten

Magnetisierung [16] auftritt. Zusatzlich wurde bei diesem Phasenubergang bereits von

Verwey [71] ein Sprung im Widerstand von zwei Großenordnungen festgestellt.

Im Rahmen dieser Arbeit wurde an verschiedenen Proben der Widerstand ρ(T )

wie auch die Magnetisierung M(T ) in Abhangigkeit von der Temperatur T gemes-

sen. Die Tabelle 6.1 gibt einen Uberblick uber die Proben, ihre Schichtdicken und die

durchgefuhrten Experimente. Widerstandsmessungen erfolgten im Magnetotransport-

Kryostaten und die Magnetisierung (M(H), M(T )) wurde im SQUID-Magnetometer

59

60 Kapitel 6 Experimentelle Ergebnisse

Probe M17a M31b Mg9 Mg10 Sap1

Substrat MgO MgO MgO MgO α-Al2O3

Dicke 32,(1) nm 50 nm 30,(9) nm 56,(2) nm 33,(9) nm

Magnetisierung: X - X X X

M(H), M(T) ~H

‖⊥

Film ~H ‖ Film ~H ‖ Film ~H

‖⊥

Film

Widerstand:

R(H), R(T) X X X X X

Tabelle 6.1: Ubersicht uber die gemessenen Proben.

x

y

zStrohhalm

Substrat mit Film

M

H

Abbildung 6.1: Nur die z-Komponente der Magnetisierung ~M wird im SQUID-

Magnetometer gemessen. Ein extern angelegtes Magnetfeld ~H ist parallel zur z-Achse.

bestimmt. Es ist anzumerken, dass in letzterem nur die z-Komponente Mz der Ma-

gnetisierung ~M erfasst wird (siehe Abb. 6.1). Um die Temperaturabhangigkeit der

remanenten Magnetisierung zu bestimmen, wird die Probe von 300 K bis auf 5 K bei

einem Feld von µ0H = 7 T abgekuhlt. Das Magnetfeld wird bei 5 K auf Null gesetzt,

woraufhin man die Probe hochheizt und gleichzeitig Magnetisierung und Temperatur

misst.

Die Temperaturabhangigkeit des Langswiderstands wurde mit Vierpunkttechnik er-

mittelt. Eine schematische Zeichnung wie die Langsspannung Uxx vierpunktmaßig ab-

gegriffen wird ist in Abbildung 3.3 zu sehen. Der spezifische Langswiderstand ist durch

ρxx = UxxAIa

definiert, wobei Uxx die Spannung ist, die innerhalb der Lange a zwi-

schen den Spannungsabgriffen abfallt. I ist der Gesamtstrom durch die Hallbrucke und

A = b · d die Querschnittsflache der Hallbrucke (b ist die Breite der Brucke, d die

Dicke). Die Vierpunktmesstechnik besitzt den Vorteil, dass Kontaktwiderstande, wie

sie zwischen Stromzuleitung und Hallbrucke auftreten, wegfallen, da uber die Span-

nungsabgriffe kein Strom fließt.

6.1 Der Verwey-Ubergang – Vergleich von Magnetisierungs- und Transportdaten 61

Abbildung 6.2: Remanente Magnetisierung und spezifischer Widerstand in

Abhangigkeit von der Temperatur von den Proben M17a, Mg9, Mg10 und Sap1. Die

Magnetisierung wird in Bohrschen Magnetonen µB pro Formeleinheit (F.E.) Fe3O4

angegeben. Die gestrichelten Linien sollen den Ubergangsbereich zeigen: Wenn eine

eindeutige Knickstelle im Widerstand vorhanden ist, dann richten sich die markierten

Linien an den Temperaturbereich, innerhalb dessen der Knick auftritt (Proben Mg9

und Mg10). Zeigt der Widerstand keinen solchen Knick (Proben M17a und Sap1), dann

orientieren sich die markierten Linien (Ubergangsbereich) an dem Anderungsbereich

der Magnetisierungskurven.

62 Kapitel 6 Experimentelle Ergebnisse

In den M(T )-Daten der Proben M17, Mg9 und Mg10 in Abbildung 6.2 ist ein deut-

licher Bereich zwischen 110 K und 120 K erkennbar, innerhalb dessen sich die rema-

nente Magnetisierung verandert: Kommt man von tiefen Temperaturen, so steigt die

Magnetisierung bei den Proben M17 und Mg9 in diesem Temperaturbereich an, hin-

gegen ist bei der Probe Mg10 nur ein Minimum erkennbar. Der Magnetitfilm auf dem

Saphir-Substrat Sap1 zeigt zwischen 116 K und 126 K nur einen schwachen Magnetisie-

rungsabfall. Im selben Temperaturbereich, in dem sich eine Magnetisierungsanderung

bemerkbar macht, haben die Widerstandskurven ρ(T ), die unter den Magnetisierungs-

daten aufgetragen sind, einen Knick.

Dieser ist sehr deutlich bei den Proben Mg9 und Mg10, bei der M17a und Sap1

hingegen ist keine eindeutige Knickstelle vorhanden, hier flacht die Kurve im Bereich

um 110 K±5 K (M17a) und 121 K±5 K (Sap1) ab. Alle Widerstandskurven zeigen un-

terhalb einer charakteristischen Temperatur TV (Verwey-Ubergangs-Temperatur) ein

anderes Verhalten als oberhalb dieser Temperatur. Fur die Anderung der Transport-

eigenschaften an der Temperatur TV existieren verschiedene Modelle. Bei T < TV ist der

Transportmechanismus entweder kleines-Polaronen-Hopping [74] oder thermisch akti-

viertes Variable-Range-Hopping [22, 55]. Ist die Temperatur großer als TV, dann ist

der Transport entweder mit Phononen-unterstutztem-Hopping [8] oder großen Polaro-

nen [69, 56] oder einer Kombination aus einem kleinen-Polaronen-Band und Hopping-

Leitfahigkeit [35] beschreibbar. Im Allgemeinen spricht man hier von einem Metall-

Isolator-Ubergang, da der Widerstand in Volumenmaterial am Verwey-Ubergang um

zwei Großenordnungen zunimmt [60] [71] [72].

Aus der signifikanten Anderung von Magnetisierungs- und Widerstandsdaten im sel-

ben Temperaturbereich lasst sich folgern, dass es sich hierbei um den Verwey-Ubergang

mit der Verwey-Ubergangs-Temperatur TV handelt. In stochiometrischem, hochrei-

nen Magnetit-Volumenmaterial tritt dieser Phasenubergang bei einer Temperatur von

TV = 125 K [73] auf, hingegen zeigen die dunnen Filme erst bei einer tieferen Tempe-

ratur den Verwey-Ubergang. Dieser Sachverhalt kann diverse Ursachen haben, darun-

ter zahlen Abweichungen von der Stochiometrie und mit der Schichtdicke verbundene

Effekte. Auf der Schichtdicke beruht die Antiphasengrenzdichte [24], die den Verwey-

Ubergang zu einer tieferen Temperatur schiebt. Antiphasengrenzen (engl. antiphase

boundaries, kurz: APB) sind Wachstumsdefekte, die dadurch entstehen, dass sich zwei

aufeinander zuwachsende Inseln bei einer nicht kompletten Einheitszelle treffen (siehe

Abb. 6.3). Bevorzugt entstehen Antiphasengrenzen an Atom-Stufen des Substrats, die

aus einem Fehlschliff stammen. Einige besitzen eine antiferromagnetische Kopplung

uber Superaustausch und stellen damit starke magnetische Storstellen dar. Desweite-

ren ist es auch moglich, dass der Grad an epitaktischer Verspannung beruhend auf der

6.1 Der Verwey-Ubergang – Vergleich von Magnetisierungs- und Transportdaten 63

Einheitszelle

Antiphasengrenze (APB)

Atom A

Atom B

Abbildung 6.3: Schematische Darstellung einer Antiphasengrenze (APB) in einem zwei-

dimensionalen Gitter.

Schichtdicke die Ubergangs-Temperatur verringert [48]. Denn epitaktisch verspannte

Magnetitfilme auf MgO sollen mit zunehmender Schichtdicke zu relaxieren beginnen

[40], allerdings erst ab einer kritischen Schichtdicke von 60 nm.

In Abbildung 6.4 ist die charakteristische Ubergangs-Temperatur TV der einzelnen

Proben uber der Schichtdicke aufgetragen. Betrachtet man nur die auf MgO-Substraten

gewachsenen Filme (M17, M31b, Mg9, Mg10), so lasst sich vermuten, dass mit abneh-

mender Schichtdicke auch die charakteristische Ubergangstemperatur abnimmt. Die auf

Saphir gewachsene Probe Sap1 besitzt mit 33,9 nm in etwa die gleiche Filmdicke wie

die M17 oder Mg9, hat aber die hochste Ubergangstemperatur und auch den großten

Ubergangsbereich. Dieses Verhalten, dass der nahezu vollstandig relaxierte Film (Sap1)

die hochste Verwey-Temperatur TV besitzt und TV mit zunehmender Schichtdicke

(Abnahme des Verspannungsgrades des Filmes aufgrund der großer werdenden ela-

stischen Energie) der auf MgO gewachsenen Filme zunimmt, lasst eine Abhangigkeit

der Ubergangstemperatur von der Verspannung vermuten. Die Rontgendaten der Pro-

ben Mg9, Mg10 und M17 zeigen jedoch fur alle drei Filme etwa identische Verspan-

nung (siehe Tabelle 5.2). Somit verbleiben als Ursachen fur die unterschiedlichen

Ubergangstemperaturen Abweichungen von der Stochiometrie und unterschiedliche An-

tiphasengrenzdichte. Da die Stochiometrie unabhangig von der Schichtdicke ist, erwar-

tet man keine Abhangigkeit von Filmdicke und Ubergangstemperatur. Betrachtet man

in Abbildung 6.4 nur die auf MgO gewachsenen Filme, so kann man eine Abhangigkeit

von Ubergangstemperatur und Filmdicke erahnen, was die Abhangigkeit von Schicht-

dicke, Antiphasengrenzdichte und Verschiebung der Verwey-Temperatur stutzt. Dass

die auf Saphir gewachsene Probe aus dem Rahmen fallt, ist vermutlich auf eine unter-

schiedliche Antiphasengrenzdichte aufgrund unterschiedlichen Fehlschliffs der Proben

64 Kapitel 6 Experimentelle Ergebnisse

Abbildung 6.4: Die Verwey-Ubergangstemperatur ist mit Fehlerbereich fur die ge-

messenen Proben uber der Schichtdicke d aufgetragen. Der Fehlerbalken stammt

aus dem Ubergangsbereich der temperaturabhangigen Magnetisierung/des tempera-

turabhangigen Widerstands aus der Abbildung 6.2.

Sap1 und M17/Mg9 zuruckzufuhren. Um eine definitive Aussage uber den physika-

lischen Mechanismus der Abnahme der Verwey-Temperatur zu treffen, sind weitere

Experimente an Filmen dunner als 30 nm und dicker als 60 nm erforderlich. Insgesamt

ist festzustellen, dass bei dunneren Filmen der Trend zu einem unscharferen Ubergang

existiert – der Ubergangsbereich ist in Abbildung 6.4 durch die Fehlerbalken gekenn-

zeichnet.

6.2 Analyse des Widerstands in Abhangigkeit von

der Temperatur

Zu den Widerstandsmessungen wurden verschiedene Details genauer untersucht.

Wie bereits im letzten Abschnitt erwahnt, ist bei den Widerstandsmessungen in

Abhangigkeit von der Temperatur die genaue Position wie auch die Breite/Scharfe

des Verwey-Ubergangs von der Dicke des Magnetitfilms abhangig. Abbildung 6.5 zeigt

6.2 Analyse des Widerstands in Abhangigkeit von der Temperatur 65

Abbildung 6.5: Temperaturabhangigkeit des Widerstands an den Proben M17a und

M31b.

exemplarisch die Proben M17a und M31b. Hier ist zu sehen, dass bei dem dickeren

Film (M31b) ein deutlicher Knick bei etwa 115 K vorhanden ist. Anders ist es bei der

dunneren M17a, wo sich kein klarer Knick abzeichnet. Dort sieht man dennoch einen

Bereich, in dem sich der Widerstand charakteristisch andert. Dieses Verhalten wurde

auch schon von anderen Gruppen [67, 81] beobachtet. Wie bereits oben erwahnt, gibt

es dafur verschiedene Ursachen. Eine hohere Dichte an Antiphasengrenzen/Defekten

bei abnehmender Filmdicke bewirkt nach [16, 24] eine Ausschmierung oder sogar Un-

terdruckung des Verwey-Ubergangs.

Bei allen bisher gezeigten Widerstandskurven wurde der Strom in (100)-Richtung an-

gelegt. Mit der Vermutung, dass beim Phonon-unterstutztem-Hopping oder bei einem

Polaronen-Band die Richtung des Stromes wegen einer richtungsabhangigen Phono-

nendispersionsrelation eine entscheidende Rolle spielen konnte, wurden auf die Proben

Mg9 und Mg10 zusatzlich noch um 45 (j‖(110)) gedrehte Brucken mittels Lithographie

hinzugefugt. Auf denselben Proben wurden danach gleichzeitig eine (100)-orientierte,

400 µm breite und eine (110)-orientierte, 400 µm breite Brucke gemessen. Bei der Probe

Sap1 – hier ist Magnetit in (111)-Orientierung auf Saphir gewachsen – sind auch zwei

unterschiedliche Hallbrucken, eine (211)- und eine (011)-orientierte, vorhanden. Vor Be-

66 Kapitel 6 Experimentelle Ergebnisse

Abbildung 6.6: Der spezifische Widerstand ρxx,gemessen in unterschiedlichen Kristall-

richtungen an den Proben Mg10 (a) und Sap1 (b), ist uber der Temperatur aufgetragen.

ginn der Messung wurde uberpruft, dass es kein”Ubersprechen“ zwischen den Brucken

gibt. Es wurde festgestellt, dass die MgO- und Saphir-Substrate isolierend sind. Die

Messungen an den Proben Mg9, Mg10 und Sap1 zeigen innerhalb eines gewissen Fehler-

bereichs keinen deutlichen Unterschied zwischen den verschiedenen Stromrichtungen.

In Abbildung 6.6 (a) ist der spezifische Widerstand verschiedener Kristallrichtungen

der Probe Mg10 gezeigt, die Probe Mg9 zeigt selbes Verhalten. In Bild 6.6 (b) ist die

Widerstandskurve des auf Saphir gewachsenen Films gezeigt, auch hier ist zwischen den

unterschiedlichen Orientierungen keine signifikanter Abweichung zu erkennen. Die Ge-

nauigkeit, also die Reproduzierbarkeit der Widerstandsdaten hangt wesentlich starker

von der experimentellen Vorgeschichte ab, als von den unterschiedlichen Kristallorien-

6.2 Analyse des Widerstands in Abhangigkeit von der Temperatur 67

tierungen – wie gleich gezeigt wird.

Vergleicht man die (100)-Widerstandskurven (nach einem zweiten Lithographiepro-

zess) mit zuvor gemessenen (100)-Daten (nach erster Lithographie), so zeigen sich an

derselben Hallbrucke bei T > TV Unterschiede (Abb. 6.7)! Es andert sich nicht nur

der Absolutwiderstand, sondern es wird auch der Verwey-Ubergang zu einer tieferen

Temperatur verschoben. Nach Holleman [34] ist Magnetit stabil gegenuber Sauren und

Laugen. In den Messungen ist allerdings festzustellen, dass dunne Magnetitfilme nach

dem Kontakt mit Photolack, Entwickler, Wasser und einem Ionenstrahlatzdurchgang

nicht mehr denselben spezifischen Widerstand zeigen wie vorher. Auch der Kontakt

mit Luftfeuchtigkeit ist als Ursache fur die Veranderung nicht auszuschließen.

In Abb. 6.8 ist die Temperaturabhangigkeit des Widerstands fur alle Proben gezeigt:

Bei T ≤ TV liegen die Widerstandskurven aller auf MgO gewachsenen Filme dicht zu-

sammen, sie laufen erst nach dem Phasenubergang auseinander. Dies zeigt zum einen,

dass unterhalb von TV ein anderer Ladungstransport vorliegt als daruber: Bei T > TV

konnte der Transport z.B. durch Antiphasengrenzen oder Storstellen, usw. beeinflusst

Abbildung 6.7: Auswirkung des Lithographieprozesses auf den Widerstand der Probe

Mg10.

68 Kapitel 6 Experimentelle Ergebnisse

Abbildung 6.8: Die Messkurven des temperaturabhangigen Widerstand sind fur alle

Proben mit jeweiliger Stromrichtung zu sehen.

werden und, da dies in jeder Probe anders ist, konnten die Widerstandskurven deshalb

nicht deckungsleich sein. Bei tiefen Temperaturen T < TV dominieren offensichtlich an-

dere Effekte, ansonsten wurde man hier ebenfalls einen deutlichen Offset der Kurven se-

hen. Was der genaue Grund fur das Auseinanderlaufen der Widerstandskurven in Abb.

6.8 bei Temperaturen oberhalb des Verwey-Ubergangs ist, kann nur vermutet werden.

Der Widerstand der auf Saphir gewachsenen Probe weicht unterhalb TV von den ande-

ren Proben ab. Der große Unterschied von ca. 10 K kann nicht von einer schlechteren

Warmeankopplung kommen, da die Proben identisch eingebaut wurden und sich die

Warmeleitfahigkeit der Substrate nicht stark voneinander unterscheidet (≈ 30 W/m K

fur MgO [19] und ≈ 40 W/m K fur Saphir [18]). Der Magnetitfilm wachst auf dem

Saphirsubstrat nahezu vollstandig relaxiert auf, im Gegensatz zu den voll verspannten

Magnetit-MgO-Proben. Moglicherweise beruht dieser Widerstandsunterschied auf der

Verspannung der Filme.

6.3 Diskussion der Magnetisierung in Abhangigkeit von der Temperatur 69

6.3 Diskussion der Magnetisierung in Abhangigkeit

von der Temperatur

Im Abschnitt uber den Verwey-Ubergang wurden zum Vergleich die remanente Magne-

tisierung und der Widerstand uber der Temperatur aufgetragen (Abb. 6.2). Tragt man

die Magnetisierung der Proben M17, Mg9, Mg10 und Sap1 – alle vier Proben wurden

vor der Lithographie als ganzes im SQUID-Magnetometer gemessen – in einen einzi-

gen Graphen (Abb. 6.9) ein, so erkennt man zwei Auffalligkeiten. Zum einen sind die

Magnetisierungswerte quantitativ verschieden und zum anderen fallt der qualitative

Unterschied am Verwey-Ubergang (Sprung nach oben, Sprung nach unten, Minimum)

auf. Vergleicht man die Messungen an den vier Proben, so kann man keine Systema-

tik zwischen Schichtdicke/Verspannung und Art des Sprungs erkennen. Was passiert

physikalisch am Verwey-Ubergang? Die Anomalie entsteht nach [73] nicht durch eine

Anderung der Magnetisierung, sondern durch eine spontane Anderung der magneto-

Abbildung 6.9: Die remanente Magnetisierung der Proben M17, Mg9, Mg10 und Sap1

ist uber der Temperatur aufgetragen, dabei lag bei allen Messungen die z-Richtung des

Squidmagnetometers in der Filmebene. Die Proben wurden dazu in einem Magnetfeld

von 7 T bis 5 K abgekuhlt, dann wurde das Feld abgeschalten und die Magnetisierung

bei steigender Temperatur aufgezeichnet.

70 Kapitel 6 Experimentelle Ergebnisse

kristallinen Anisotropie (siehe auch magnetische Anisotropie in Kapitel 2.3). Demnach

zeigen die drei Magnetitfilme in Abb. 6.9 eine unterschiedliche Anisotropie, d.h. der

Magnetisierungsvektor zeigt vor dem Ubergang in eine andere Richtung als danach.

Unterhalb des Verwey-Ubergangs ist bei Volumenmaterial die monokline c-Achse eine

magnetisch leichte, bei dunnen (epitaktisch verspannten) Filmen ist nicht geklart, wel-

che Orientierung die leichte Achse besitzt. Der auf Saphir gewachsene Film ist nahezu

vollkommen relaxiert und sollte somit ahnliches Verhalten (bis auf Formanisotropie)

wie Volumenmaterial besitzen. Hier wird durch das Abkuhlen im Feld die z-Achse

”eingefroren“ , d.h. die monokline c-Achse zeigt in Richtung der z-Achse. Bei 5 K wird

das externe Magnetfeld abgeschaltet, die Magnetisierung zeigt immer noch entlang der

leichten monoklinen c-Achse. Am Verwey-Ubergang andert sich die Struktur von mo-

noklin zu kubisch, hier erwartet man, dass die magnetisch leichte Achse wegen der

Formanisotropie eines dunnen Filmes in (110)-Richtung zeigt. Die Magnetisierung soll-

te somit von (100) nach (110), also um 45 kippen. Da man nur die z-Komponente

der Magnetisierung misst, ist oberhalb des Verwey-Ubergangs (T > TV) nur ca. 70%

von dem Magnetisierungswert unterhalb des Phasenubergangs (T < TV) zu erwar-

ten. Diese Abnahme der Magnetisierung ist bei der Probe Sap1 qualitativ zu sehen –

leider ist der Verwey-Ubergang nicht so deutlich wie bei den auf MgO gewachsenen

Filmen und die Abnahme ist deutlich kleiner als 30 %. Mit der Anisotropie sind die

Messdaten an der Mg9 (Sprung nach oben) und Mg10 (Minimum) nicht erklarbar. Bei-

de wurden mit denselben Parametern gewachsen, man erwartet deshalb, je nachdem

wie die Anisotropie in den verspannten Filmen ausfallt, entweder einen Sprung nach

oben oder unten, jedenfalls ahnliches Verhalten – die Messdaten konnen das nicht be-

legen. Eventuell beeinflusst die unterschiedliche Dichte (abhangig von der Filmdicke)

an Antiphasengrenzen (magnetische Storstellen) die magnetische Anisotropie. Dies ist

allerdings nur eine Vermutung und experimentell nicht untersucht. Letztendlich kann

nicht definitiv geklart werden, warum sich die remanenten Magnetisierungen, trotz

gleicher Messprozedur, unterscheiden. Um das herauszufinden sind Magnetitfilme un-

terschiedlicher Dicke erforderlich, die unter identischen Bedingungen auf verschiedenen

Substraten (Verspannung!) gewachsen wurden.

Die Probe M17 (5 mm×5 mm) wurde in drei Teile gesagt, zwei quadratische

(≈ 2,5 mm×2,5 mm) und ein rechteckiges (≈ 5 mm×2,5 mm, Probe: M17c). Die beiden

Quadrate wurden mittels Lithographie strukturiert (Probennamen: M17a und M17b).

An dem ubrig gebliebenen Rechteck wurden die Ecken abgeschliffen, so dass es ho-

rizontal in einen Strohhalm passt (Abb. 6.10). Somit konnte an diesem Stuck Probe

die Magnetisierung, die aus der Filmebene zeigt, gemessen werden. Die M17c liegt

wahrend der Messung zwischen zwei Plexiglasstaben und ist somit fixiert (siehe Abb.

6.3 Diskussion der Magnetisierung in Abhangigkeit von der Temperatur 71

x

y

z

Strohhalm

Substrat mit Film

Plexiglasstab

H

Abbildung 6.10: In dieser Skizze ist der Einbau einer Probe in einen Strohhalm zwischen

zwei Plexiglasstaben gezeigt. Die Plexiglasstabe fixieren die Probe und verhindern eine

Verkippung, somit kann der Magnetitsierungsanteil Mz senkrecht zur x-y-Filmebene

gemessen werden.

6.10). Fruhere Versuche, die Probe nur mit Fixogum so einzukleben, dass die Filmebene

senkrecht auf der z-Achse steht, zeigten eine Verkippung um ca. 10 Grad. Grund fur

die schlechte Kontrolle der Probenausrichtung ist der Trocknungsprozess des Klebers

(Fixogum): Der Klebstoff verliert beim Ausharten erheblich an Volumen – er zieht sich

zusammen und verkippt letztendlich die Probe. Da in Magnetit die (111)-Richtung eine

magnetisch leichte ist, liegt bei dunnen Filmen die Magnetisierung in der Filmebene, um

Streufelder zu minimieren. Steht bei einer Messung der Remanenz der Film senkrecht

zur z-Achse des Squidmagnetometers (Abb. 6.10), so erwartet man gar kein magneti-

sches Signal. Ist die Probe aber um 10 Grad verkippt, so erhalt man sin 10 ≈ 0, 174,

also ca. 17, 4 % des Messwertes, den man beim Einbau des Films parallel zum Feld

erhalt. Die Messung der remanenten Magnetisierung dient somit als Gute fur die Ver-

kippung. In Abbildung 6.11 sind die Ergebnisse der Remanenz in Abhangigkeit von der

Temperatur an den Proben M17 und M17c gezeigt. Die Messung erfolgte im Nullfeld

nach Abkuhlung in einem Magnetfeld von 7 T. Fur die Berechnung der Magnetisie-

rung benotigt man das Probenvolumen, doch die Probenoberflache der Probe M17c

lasst sich wegen Kratzern, abgeschliffenen Kanten usw. nur schlecht abschatzen. Um

dennoch die Messungen an der Probe M17c mit denen der ursprunglich kompletten

Probe M17 vergleichen zu konnen, wurden die Messwerte der M17c mit einem Fak-

tor von 2,645 multipliziert. Dieser Faktor ergibt sich aus der Forderung, dass bei einer

M(H)-Messung die Werte MM17c(7 T) und MM17(7 T) (siehe Kapitel 6.4) identisch sein

mussen. Der Wert ist auch realistisch, da die M17c nur etwa eine halb so große Flache

72 Kapitel 6 Experimentelle Ergebnisse

Abbildung 6.11: Die remanente Magnetisierung ist fur unterschiedlichen Probeneinbau

uber der Temperatur aufgetragen. Im SQUID-Magnetometer wird nur die Magnetisie-

rungskomponente in z-Richtung gemessen. Bei der grunen Kurve liegt die z-Achse des

SQUID-Magnetometers parallel zur Filmebene, hingegen steht bei der roten und blauen

Kurve die z-Richtung senkrecht auf der Filmebene. Die rote und blaue Kurve wurden

in einem Messzyklus (ohne Probenausbau und Einjustierung) ermittelt, getrennt nur

durch mehrere feldabhangige Magnetisierungsmessungen M(H).

besitzt wie die M17, berucksichtigt man die Sageverluste, das Abschleifen der Ecken und

einige großere vorhandene Kratzer, so sollte der Korrekturfaktor von 2,645 gut passen.

Der Korrekturfaktor besagt, dass die Probenoberflache der M17c etwa 12,645≈ 38% von

der ursprunglichen M17 ist. Im Inset der Abbildung 6.11 ist der enorme Unterschied

zwischen den unterschiedlichen Orientierungen (grun und rot/blau) derselben Probe

auffallend. Wie erwahnt erwartet man fur einen perfekten Einbau keine Remanenz der

M17c. Vergleicht man die Werte bei T = 200 K so erhalt man eine Verkippung von

5, 1 fur die rote Kurve und 2, 3 fur die blaue. Da die rote und blaue Kurve in einem

einzigen Messzyklus gemessen wurden – ohne Ausbau und Neujustierung, nur durch

mehrere feldabhangige Magnetisierungsmessungen getrennt – erwartet man identisch

aufeinanderliegende Kurven. Unter Anbetracht, dass der Klebstoff Fixugum, mit dem

die Plexiglasstabe fixiert wurden, bei Raumtemperatur elastisch ist, die Probe zwischen

6.4 Magnetisierung in Abhangigkeit vom außeren Feld und Temperatur 73

den Pick-up-Spulen hin- und herbewegt wird und die M(T ) Messungen bis 375 K ge-

fahren wurden (unterschiedliche Warmeausdehnungskoeffizienten der Materialien!), ist

eine Verkippung um ca. 3 als Fehler akzeptabel. Fur zukunftige Messungen sollte man

einen anderen Klebstoff in Erwagung ziehen und eventuell auch den horizontalen Ein-

bau der Proben optimieren. Vermutlich wird man jedoch immer eine kleine Verkippung

erhalten, da der Strohhalm, in dem sich die Probe befindet, auf den Messstab aufge-

steckt wird und dabei wenige Grad Verkippung als Fehler toleriert werden mussen.

6.4 Magnetisierung in Abhangigkeit vom außeren

Feld und Temperatur

An allen Proben – bis auf die M31b – wurde die Magnetisierung in Abhangigkeit vom

angelegten Magnetfeld und der Temperatur gemessen, wobei die Filmebene parallel zur

z-Richtung des SQUID-Magnetometers lag. Die Messdaten bestehen dabei aus drei An-

teilen, dem Diamagnetismus des Substrates, dem Ferromagnetismus des Magnetitfilms

und bei tiefen Temperaturen kommt noch Paramagnetismus durch Substratverunrei-

nigungen hinzu.

Magnetisierungen in Abhangigkeit vom außeren Feld wurden zwischen 100 K und

350 K gemessen. Ein Beispiel fur eine solche Messung ist in Abbildung 6.12 gezeigt. In

6.12 (a) ist das magnetische Moment der Probe M17 uber dem angelegten Magnetfeld

aufgetragen. Die schwarze Gerade deutet den diamagnetischen Anteil an, welcher im

Graphen von 6.12 (b) bereits abgezogen ist. Weiterhin ist in Abb. 6.12 (b) das magne-

tische Moment in eine Magnetisierung pro Formeleinheit Magnetit umgerechnet, im

Inset ist auch eine deutliche Hysterese erkennbar. Bei einer Temperatur von 100 K ist

der paramagnetische Anteil aus Substratverunreinigungen nur sehr gering. Dies ist dar-

an zu erkennen, dass die Magnetisierungskurven bei hohen Feldern zwischen 100 K und

300 K qualitativ ahnlich verlaufen (siehe Abbildung 6.13). Ware bei der 100 K-Kurve

ein hoher paramagnetischer Anteil dabei, dann ware sie wesentlich starker gekrummt

und wurde nicht zu den Magnetisierungskurven bei hoheren Temperaturen passen. Al-

le Magnetisierungsmessungen in Abhangigkeit des angelegten Magnetfeldes, bei denen

die Filmebene parallel zur z-Achse des SQUID-Magnetometers stand, zeigen ahnliches

Verhalten, deswegen sind stellvertretend fur andere Proben hier nur die Daten der Pro-

be M17 gezeigt (Abb. 6.13). Wenn alle magnetischen Momente ausgerichtet sind, wovon

bei einem Feld von 7 T auszugehen ist, erwartet man fur einen perfekten Magnetitfilm

eine maximale Magnetisierung von 4 µB pro Formeleinheit Fe3O4 (siehe Kapitel 2.2). In

allen untersuchten dunnen Magnetitfilmen liegt die maximale Magnetisierung bei einem

74 Kapitel 6 Experimentelle Ergebnisse

Abbildung 6.12: Bearbeitung der M(H)-Daten: links ist das gemessenes magnetisches

Moment mit diamagnetischem Anteil gezeigt. Rechts ist die bearbeitete Messkurve

nach Abzug des diamagnetischen Anteils und Normierung auf das Volumen einer For-

meleinheit (F.E.) Magnetit zu sehen.

Probe M17a M31b Mg9 Mg10 Sap1

Substrat MgO MgO MgO MgO α-Al2O3

Dicke 32,1 nm 50 nm 30,9 nm 56,2 nm 33,9 nm

M300K(7 T) [µB/F.E.] 2,65 - 2,96 3,13 3,23

Tabelle 6.2: Sattigungsmagnetisierungswerte der gemessenen Proben. Das Magnetfeld

(z-Achse des SQUID-Magnetometers) steht wahrend der Messung parallel zur Film-

ebene ( ~H ‖ (100)).

außeren Feld von 7 T unter dem theoretischen Wert. In der Messkurve der Probe M17

ist die maximal erreichte Magnetisierung MT=300K(7 T) = 2.65µB pro Formeleinheit.

Dies kann mehrere Ursachen haben: keine perfekte Stochiometrie, Verunreinigungen,

Storstellen aufgrund suboptimaler Wachstumsparameter, Antiphasengrenzen (starke

magnetische Storstellen [50]). In der Tabelle 6.2 sind alle maximal erhaltenen Ma-

gnetisierungswerte notiert. Weiterhin kann man in Abbildung 6.13 erkennen, dass die

Magnetisierung wenn uberhaupt, dann erst bei sehr hohen Feldern, sattigt. Auch dieses

Verhalten kann mit Antiphasengrenzen erklart werden [50].

An den Proben M17c und Sap1 wurden nicht nur die remanente Magnetisierung

senkrecht zur Filmebene gemessen, sondern auch Hysteresen bei verschiedenen Tempe-

raturen. Auch hier war die Probe zwischen zwei Plexiglasstaben eingeklemmt, welche

6.4 Magnetisierung in Abhangigkeit vom außeren Feld und Temperatur 75

Abbildung 6.13: Magnetisierung der Probe M17 in Abhangigkeit von angelegtem Ma-

gnetfeld und Temperatur.

bei Raumtemperatur diamagnetisch sind. Die Probe fullt den Raum zwischen den

Plexiglasstaben nicht komplett aus, hier fehlt diamagnetisches Material und das Signal

des”fehlenden Diamagnetismus“ ist linear mit dem Feld, hat aber ein anderes Vorzei-

chen als der Diamagnetismus (siehe Bild 6.14). Weiterhin ist auch der Diamagnetismus

des Substrats vorhanden, der aber offensichtlich wesentlich kleiner ist als der”fehlen-

de Diamagnetismus“. Zieht man die Gerade des”fehlenden Diamagnetismus“ und den

Diamagnetismus des Substrats (in 6.14 (a) zu sehen) ab, so erhalt man die reine Ma-

gnetisierung des Magnetitfilms, im Bild 6.14 (b) gezeigt. In Abbildung 6.15 wird die

feldabhangige Magnetisierung zwischen horizontalem ( ~H ⊥ Filmebene) und vertikalem

( ~H‖ Filmebene) Einbau verglichen. Wie oben erwahnt, wurden die Messdaten der Pro-

be M17c ( ~H ⊥ Filmebene) so korrigiert, dass die schwarze (komplette M17 mit ~H ‖Filmebene) und die rote Kurve (M17c – weniger als die Halfte der M17 – mit ~H ⊥Filmebene) bei einem Magnetfeld von 7 T ubereinstimmen: MM17c(7 T) = MM17(7 T) –

in Abbildung 6.15 (a) zu sehen. Im unteren Bild 6.15 (b) ist der Niedrigfeldbereich der

M(H)-Messung gezeigt. Hier ist die wesentlich flachere Steigung der schwarzen Kurve

im Vergleich zur roten auffallend, das beruht darauf, dass aufgrund der Formanisotropie

die Magnetisierung bevorzugt in der Filmebene liegt und somit ist ein hoheres externes

76 Kapitel 6 Experimentelle Ergebnisse

Abbildung 6.14: links (a): Magnetisches Moment uber angelegtem Feld M(H), blaue

Gerade stellt den”fehlenden Diamagnetismus“ dar; rechts (b): Messdaten nach Abzug

der blauen Geraden und Umrechnung des magnetischen Moments in eine Magnetisie-

rung. Das Magnetfeld steht senkrecht auf der Filmoberflache.

Feld notwendig, um die Magnetisierung der einzelnen Domanen aus der Ebene zu dre-

hen. Die beiden Kurven in Abb. 6.15 (b) schneiden sich bei einem Feld von ca. 0,35 T,

und die schwarze geht bei einem Feld von ca. 2 T in Sattigung, wahrend die rote erst

bei ca. 5 T sattigt. Fur die hohen Sattigungsfelder sind moglicherweise die Antiphasen-

grenzen verantwortlich. Margulies et al. [50, 51] beobachten in ihren Magnetitfilmen,

dass die Magnetisierung bis zu Feldern von 7 T nicht sattigt und erklart dieses Verhal-

ten mit Antiphasengrenzen. Diese schwachen den”intersublattice superexchange“ und

trennen entgegengesetzt magnetisierte Bereiche, dies fuhrt laut Margulies zu sehr ho-

hen Sattigungsfeldern. Dass die horizontal eingebaute Probe ( ~H ⊥ Filmebene) bei 2 T

vor der vertikal eingebauten ( ~H‖ Filmebene) bei ca. 5 T in Sattigung geht, ist mit

Antiphasengrenzen nicht zu erklaren, da die APB-Dichte fur beide Stucke derselben

Probe gleich sein sollte. Aufgrund der Formanisotropie erwartet man im Hochfeldbe-

reich (|µ0H| ≧ 1 T) genau entgegengesetztes Verhalten zu den Messergebnissen, der

vertikal eingebaute Film ( ~H ‖ zur Filmebene) sollte demnach fruher sattigen. Identi-

sches Verhalten zeigt auch die Magnetisierungsmessung der Probe Sap1, eine Ursache

dafur kann nicht ausgemacht werden.

6.4 Magnetisierung in Abhangigkeit vom außeren Feld und Temperatur 77

Abbildung 6.15: Vergleich der Magnetisierungskurven bei unterschiedlichem Proben-

einbau: Bei der schwarze Kurve steht ~H ⊥ zur Filmebene und bei der roten liegt ~H ‖zur Filmebene. In (b) sind nahe am Nullfeld Sprunge der schwarzen Kurve zu sehen,

diese beruhen auf dem Mess- und Auswerteverfahren des SQUID-Magnetometers und

nicht auf einem physikalischen Prozess der Proben. Weiterhin ist die, im Vergleich zur

roten Messkurve, nur sehr kleine Hysterese der scharzen Kurve zu erkennen.

78 Kapitel 6 Experimentelle Ergebnisse

Betrachtet man die M(H)-Messung der horizontal eingebauten Probe M17c und

Sap1 bei tiefen Temperaturen, so ist keine Sattigung mehr zu sehen. Das hat vermut-

lich einen ganz anderen Grund als die Antiphasengrenzen: Die Probe ist ja zwischen

den Plexiglasstaben eingebaut und diese liefern sicher einen großen paramagnetischen

Beitrag bei kleinen Temperaturen. Es ist allerdings anzumerken, dass bei Raumtem-

peratur der Paramagnetismus (∝ 1/T ) der Plexiglasstabe sehr klein ist, er geht unter

dem großen diamagnetischen Anteil unter und die hohen Sattigungsfelder von ca. 2 T

stammen deshalb vermutlich von den Antiphasengrenzen.

6.5 Langs- und Querwiderstand in Abhangigkeit

vom außeren Magnetfeld

Neben der Magnetisierung wurden auch Langs-und Querwiderstand in Abhangigkeit

des angelegten Magnetfeldes untersucht. In Bild 6.16 ist die typische Messkonfigu-

ration am Beispiel des 400 µm breiten und 800 µm langen Steges der Mg10 gezeigt.

Da bei den Standardhallbrucken die gemessene Querspannung unterhalb des Verwey-

Ixx

Uxx

Uxy

B

400µm

Abbildung 6.16: Die ubliche Kontaktierung einer Hallbrucke ist hier am Beispiel des

400 µm breiten und 800 µm langen Steges der Probe Mg10 dargestellt.

6.5 Langs- und Querwiderstand in Abhangigkeit vom außeren Magnetfeld 79

80 x 800 µm 400 x 800 µm 800 x 800 µm

800µm

800µm

800µm

Abbildung 6.17: Verwendete Hallbrucken mit unterschiedlicher Breite.

Ubergangs von einem fast gleich großen Rauschen uberlagert war, und eine zusatzliche

Stromerhohung zu ungewunschten (magnetfeldabhangigen) Heizeffekten fuhrte, wur-

den verschieden breite Hallbrucken (siehe Abbildungen 6.17) hergestellt, um ein deut-

lich starkeres Signal zu erhalten. Jedoch stellte sich heraus, dass die gemessene Quer-

spannung Uxy nicht linear mit der Breite b zunimmt, wie man nach der Formel

UHall = ρHall · j · b (6.1)

erwarten wurde. ρHall = UHall

Ixx· d ist hier der Querwiderstand. Man misst experimentell

nur einen Bruchteil der erwarteten Spannung (UHall 6= Uxy). Das hat damit zu tun, dass

die Goldzuleitungen einen sehr geringen Widerstand besitzen und Magnetit mit abneh-

mender Temperatur schlechter leitet (siehe R(T)-Messungen, z.B. 6.5 ). Das Hallfeld,

welches transversal zur Stromrichtung durch Anhaufung von Ladungstragern entsteht,

wird durch die Goldzuleitungen kurzgeschlossen. Simulationen bei unterschiedlichem

Langen- zu Breitenverhaltnis (Aspektverhaltnis) (siehe Theoriekapitel 3.4) bestatigen

die Abweichungen der Messdaten. Daher wurden die Messwerte der 400 µm und 800 µm

breiten Hallbrucken um einen numerisch errechneten Faktor, der von der Position der

Hallabgriffe und dem Aspektverhaltnis der Hallbrucke abhangt, korrigiert.

Bei der Messung der Querspannung ist immer auch ein Langsanteil durch den Ver-

satz der Abgriffe dabei. Es zeigte sich, dass auch bei den neuen Messgeometrien (Abb.

6.17) ein Langsanteil vorhanden ist, obwohl dieser durch die neuen Lithographiemas-

ken ausgeschlossen werden sollte: Die Goldkontakte fur die Querspannungsabgriffe sind

in den neuen Geometrien ein Stuck von dem eigentlichen Hallsteg entfernt, um Kurz-

schlusse uber die Spannungsabgriffe zu vermeiden. Die Querspannungsabgriffe liegen

direkt gegenuber, eine Verkippung ist hier ausgeschlossen, da der Steg, wie auch die

Spannungsabgriffe in einem einzigen Lithographieschritt erzeugt wurden. Einzige litho-

80 Kapitel 6 Experimentelle Ergebnisse

Stromzuleitung aus Gold

Elektrische Feldlinien

Elektrische Äquipotentiallinien

Strom I

x

y

b

0

10

Elektrische Äquipotential-linien (W.E.)

U1 U2

Abbildung 6.18: Simulation einer quadratischen Hallbrucke: Die elektrischen

Aquipotentiallinien verlaufen nicht vertikal, sondern werden durch die vom Ma-

gnetfeld erzeugte Linienladungsdichte verbogen. Die Linienladungsdichte wurde als

konstant und unrealistisch groß angenommen, so dass der physikalische Effekt der

Aquipotentiallinien-Verbiegung besser erkennbar ist. Das Potential ist in willkurlichen

Einheiten (W.E.) angegeben. Der Strom fließt aufgrund der nicht eingezeichneten Lor-

entzkraft nur in x-Richtung.

graphische Ursache fur einen Langsanteil in der Querspannung ist eine Verkippung der

Stromzuleitungen aus Gold zum Magnetit-Hallsteg.

Mit der Software FEMLAB wurde eine quadratische Hallbrucke simuliert, diese ist in

Abbildung 6.18 zu sehen. Als Parameter der Simulation flossen der spezifische Wider-

stand von Magnetit fur den Film, sowie von Gold fur die Zuleitung ein. Die Goldkon-

takte wurden auf unterschiedliches Potential gesetzt. Das Magnetfeld wurde indirekt

berucksichtigt, indem an den Randern (oben und unten in Abb. 6.18) eine konstan-

te Linienladungsdichte angenommen wurde. Es ist sofort ersichtlich, dass das gesamte

elektrische Potential verzerrt wird. Die eingezeichneten elektrischen Feldlinien (rot) ge-

ben nicht die Stromrichtung wieder, da sich die Lorentzkraft und das elektrische Feld

quer zur Stromrichtung Ey gegenseitig aufheben. Insgesamt fließt der Strom im sta-

6.5 Langs- und Querwiderstand in Abhangigkeit vom außeren Magnetfeld 81

tionaren Fall nur in x-Richtung. An dieser Simulation ist bereits qualitativ zu sehen,

dass die x-Position der Querspannungsabgriffe U1 und U2 Einfluss auf die Querspan-

nung hat. Die gemessene Querspannung ist proportional zur Anzahl der geschnittenen

Aquipotentiallinien, da diese in Bezug auf das Potential aquidistant sind. Somit ist die

Querspannung U1 kleiner als U2, was auch im Experiment der Fall ist.

Fur spatere Vergleiche wird die Querspannung (im Folgenden als Uxy bezeichnet) in

einen spezifischen Querwiderstand umgerechnet:

ρxy(H) =Uxy(H)

Ixx

· d; d = Dicke des Films (6.2)

Da in Uxy ein Langsspannungsanteil durch die Verkippung der Stromzuleitung aus Gold

zum Magnetitfilm vorhanden ist, enthalt auch ρxy einen Langsanteil. Um den reinen

spezifischen Hallwiderstand ρHall zu erhalten, antisymmetrisiert man die Daten: Da der

Langswiderstand

ρxx(−H) = ρxx(+H); ρxx =Uxx

Ixx

·A

d(6.3)

symmetrisch zum angelegten Magnetfeld H ist und der reine Hallwiderstand bei Feld-

umkehr sein Vorzeichen andert

ρHall(−H) = −ρHall(+H) (6.4)

bekommt man den Hallwiderstand aus der Antisymmetrisierung des spezifischen Quer-

widerstands:

ρHall(+H) = ρantisymxy (+H) =

ρxy(+H ↓)− ρxy(−H ↑)2

(6.5)

Der Pfeil ↓ bedeutet, dass das Magnetfeld vom Positiven (Beginn bei +14 T) ins Ne-

gative gefahren wird, der Pfeil ↑, dass das Feld vom Negativen (Beginn bei −14 T

ins Positive gefahren wird. Es ist dabei nicht ausreichend, eine Messkurve von +14 T

nach -14 T aufzunehmen, denn hier hat man nur eine Richtung und man kann nicht

korrekt antisymmetrisieren. Fur Ferromagnete ist namlich ρHall(H) 6= ρHall(|H|), der

Hallwiderstand hangt von der experimentellen Vorgeschichte ab. Fur eine korrekte An-

tisymmetrisierung mussen die Werte der Messung von +14 T nach -14 T mit den Werten

der Messung von -14 T nach +14 T verrechnen werden!

Durch Symmetrisierung des spezifischen Querwiderstands erhalt man den in ρxy ent-

haltenen Langswiderstand:

ρxx(+H) = ρsymxy (+H) =

ρxy(+H ↓) + ρxy(−H ↑)2

(6.6)

82 Kapitel 6 Experimentelle Ergebnisse

Abbildung 6.19: In (a) ist der gemessene Langswiderstand und (b) der Querwiderstand

der Probe Mg10 dargestellt. Die beiden Bilder in der Mitte (c) und (d) zeigen die

antisymmetrisierten Messdaten und unten sind die symmetrisierten Messkurven in (e)

und (f) zu sehen. Bei den Hallmessungen steht das Magnetfeld ~H senkrecht auf der

Filmebene.

6.5 Langs- und Querwiderstand in Abhangigkeit vom außeren Magnetfeld 83

Ebenso wie man den Querwiderstand symmetrisiert bzw. antisymmetrisiert und

daraus den Langs- bzw. Hallanteil des Widerstands erhalt, kann man auch den

Langswiderstand symmetrisieren bzw. antisymmetrisieren:

ρantisymxx (+H) =

ρxx(+H ↓)− ρxx(−H ↑)2

(6.7)

ρsymxx (+H) =

ρxx(+H ↓) + ρxx(−H ↑)2

(6.8)

Der antisymmetrisierte Langswiderstand ρantisymxx sollte im Idealfall – ohne Rauschen

und Temperaturdrift – eine waagrechte Linie sein. Der symmetrisierte Langswiderstand

ρsymxx gibt unter idealen Bedingungen genau die Messung von ρxx(+H ↓) wieder.

In Abbildung 6.19 sind in den beiden oberen Graphen (a), (b) die spezifischen Wi-

derstande uber dem angelegten Magnetfeld aufgetragen. In den Abb. 6.19 (c) und (d)

sind die antisymmetrisierten Daten zu sehen und in (e) und (f) die symmetrisierten.

Fur den antisymmetrisierten Langswiderstand (Abb. 6.19 (c)) erwartet man eine ho-

rizontale Linie, die Messkurve zeigt jedoch eine Steigung. Dies ist auf eine minimale

Temperaturdrift wahrend der Messung zuruckzufuhren. Die Datendichte in der Nahe

des Nullfeldes ist entsprechend hoher und somit ist auch die Steigung dort großer,

denn fur den selben Magnetfeldbereich wird langer gemessen. Der Schnittpunkt von

Hin- und Ruckrichtung liegt wegen der Temperaturdrift nicht im Nullfeld, somit andert

sich das Vorzeichen in der Nahe des Nullfeldes. Der symmetrisierte Langsanteil (Abb.

6.19 (e)) ist mit einem Ast der ursprunglichen ρxx-Kurve bis auf die Mittelung uber

Temperaturunterschiede identisch. Abbildung 6.19 zeigt den Querwiderstand (b), den

reinen Hallwiderstand (d) und den im Querwiderstand vorhandenen Langsanteil (f).

Die Temperatur- und Magnetfeldabhangigkeit von Langs- wie auch Querwiderstand

ist in Abbildung 6.20 beispielhaft an der Probe Mg10 gezeigt. Der in Abbildung 6.20

(a) dargestellte Magnetwiderstandseffekt MRxx(H) wurde nach folgender Definition

bestimmt:

MRxx(H) =ρxx(H)− ρxx(0)

ρxx(0)(6.9)

Es ist deutlich zu sehen, dass Magnetit einen negativen Magnetwiderstand besitzt.

Dieser lasst sich dadurch erklaren, dass die spinpolarisierten Elektronen an magneti-

scher Unordnung, wie statistisch ausgerichteten Domanen (ohne außeres Magnetfeld),

streuen. Wird von außen ein Magnetfeld angelegt, so richten sich die einzelnen Momen-

te der Domanen aus und somit nimmt die Anzahl der Streuereignisse ab, was wiederum

zu einer Absenkung des Widerstands fuhrt. Es ist anzumerken, dass vereinzelt bei un-

terschiedlichen Temperaturen auch ein anisotroper Magnetwiderstand erkennbar war.

84 Kapitel 6 Experimentelle Ergebnisse

Abbildung 6.20: Temperaturabhangigkeit des spezifischen Langs- und Hallwiderstands.

Allerdings wurde dieses Phanomen nicht weiter untersucht, da der Schwerpunkt dieser

Arbeit auf der Untersuchung des anomalen Hall-Effekts liegt. Aus physikalischer Sicht

ist der Hallwiderstand des ferrimagnetischen Magnetits sehr interessant: Fur ferro-

magnetische Metalle erwartet man, dass sich der spezifische Hallwiderstand aus zwei

Anteilen zusammensetzt – einem normalen und einem anomalen. Ferromagnetische

Metalle lassen sich durch die empirische Formel

ρHall(H) = R0µ0H + µ0RSM⊥(H) (6.10)

beschreiben. Der erste Summand stammt vom normalen Hall-Effekt, dabei ist R0 = 1nq

der normale Hallkoeffizient. Der zweite Summand reprasentiert den anomalen Beitrag,

wobei RS der anomale Hallkoeffizient (in der Literatur oft auch als spontaner Hallko-

effizient bezeichnet) ist. Er existiert nur fur magnetische Materialien, da der anomale

Anteil direkt proportional zur Magnetisierung M⊥(H) der Probe ist. Da bei den Hallwi-

derstandsmessungen das Magnetfeld H sowohl senkrecht zu der Stromdichte ~j als auch

senkrecht zur Filmebene steht, ist fur die obige Formel nur der Magnetisierungsanteil

M⊥, der senkrecht auf dem Film steht, entscheidend. In Abb. 6.21 ist ein Vergleich

zwischen Magnetisierung und Hallwiderstand gezeigt. Die y-Achsen der verschiedenen

Messungen sind so gewahlt, dass die Magnetisierung bei einem Feld von 1 T genau auf

dem Hallwiderstand bei dem selben Feld liegt. Der Hallwiderstand wurde am Koor-

dinatenursprung punktgespiegelt, so dass man auch hier eine kleine Hysterese sehen

kann. Es ist sehr schon erkennbar, dass bei kleinen Feldern der Hallwiderstand nahezu

6.5 Langs- und Querwiderstand in Abhangigkeit vom außeren Magnetfeld 85

Abbildung 6.21: Vergleich von Magnetisierung (schwarz) an der M17c und Hallwider-

stand (rot) an der M17a. Bei beiden Messungen steht das extern angelegte Magnetfeld~H senkrecht auf der Filmoberflache.

perfekt mit der Magnetisierung skaliert. Kleine Abweichungen konnen vom nicht per-

fekten Einbau der Probe im SQUID-Magnetometer stammen (ca. 2 bis 5 Verkippung,

siehe oben). Ein minimaler”Ebenenanteil“ der Magnetisierung (beruhend auf Verkip-

pung) erhoht die remanente Magnetisierung, somit liegt die Magnetisierungsmessung

86 Kapitel 6 Experimentelle Ergebnisse

beim Nullfeld minimal oberhalb der Hallwiderstandskurve. Bei hoheren Feldern liegen

die Kurven nicht mehr aufeinander, da die Magnetisierung sattigt, bzw. nahezu sattigt,

und im Hallwiderstand noch der normale Hallanteil vorhanden ist, der linear mit dem

Feld skaliert. Allerdings ist im Hochfeldbereich nach der Magnetisierungssattigung die

Identifikation der Steigung mit einer Ladungstragerdichte zweifelhaft, da bei einem

Hoppingtransport die Steigung durch eine Interferenz von Hoppingamplituden beein-

flusst wird [3].

Bei Feldern bis zu 1 T stimmen die Magnetisierungs- und Hallwiderstandsdaten bis auf

einen einheitenbehafteten Skalierungsfaktor sehr gut uberein, danach laufen die Wer-

te beider Messungen wegen eines zusatzlichen Anteils im Hallwiderstand auseinander.

Insgesamt bedeutet das, dass man den qualitativen Verlauf der Magnetisierung senk-

recht zur Filmebene bis zu einem Magnetfeld von 1 T bzw. 2 T eines Magnetitfilms

mit einer feldabhangigen Widerstandsmessung bestimmen kann. Mit anderen Worten:

Das empirische Modell, wonach der Hallwiderstand proportional zur Magnetisierung

ist, stimmt fur dunne Magnetitfilme ausgezeichnet.

Die Sattigungsmagnetisierung ist, wie in Abbildung 6.13 fur Feld parallel zum Film,

auch fur Feld senkrecht zum Film kaum temperaturabhangig. Anders ist es beim Hall-

widerstand: hier ist eine starke Temperaturabhangigkeit zu sehen (Abb. 6.20 (b) ). Da

der normale Beitrag zum Hallwiderstand nur schwach temperaturabhangig ist, muss

folglich der anomale Hallkoeffizient RS eine deutliche Temperaturabhangigkeit zeigen.

Abbildung 6.22: Skizze zur Extrapolation des anomalen Hallkoeffizienten RS.

6.5 Langs- und Querwiderstand in Abhangigkeit vom außeren Magnetfeld 87

Abbildung 6.23: Problematik bei der Bestimmung des anomalen Hallkoeffizienten RS:

Lineare Regressionen liefern fur unterschiedliche Bereiche unterschiedliche Ergebnisse.

In Bild 6.22 ist ein Beispiel fur die Bestimmung des anomalen Hallkoeffizienten RS ge-

zeigt: Nachdem im Niedrigfeldbereich der anomale Hall-Effekt gesattigt ist, extrapoliert

man im Hochfeldbereich die lineare Steigung (rote Gerade) des normalen Hall-Effekts

bis zum Nullfeld. Will man mit dem oben beschriebenen Verfahren den anomalen Hall-

koeffizienten bestimmen, so zeigt sich folgendes Problem: Im Hochfeldbereich ist der

Hallwiderstand nicht linear, wie man in Abb. 6.23 sieht. Je nachdem in welchem Be-

reich man eine Gerade, bzw. lineare Regression an die Messkurve anpasst, ergeben sich

leicht unterschiedliche Werte fur den Hallkoeffizienten RS. Bei anderen Temperaturen

und Proben ist die Abweichung von der Linearitat im Hochfeldbereich unterschiedlich,

daher ist es willkurlich welchen Bereich man fur die lineare Extrapolation auswahlt.

Verwendet man den Wert von ρHall bei µ0H = 14 T, so entsteht dabei ein maximaler Feh-

ler von ca. 10%. Diese Fehlergroße ist vertretbar, da auch die Sattigungsmagnetisierung

nicht konstant ist, sie andert sich um ca. 15%. Anmerkung: Fur eine spatere doppello-

garithmische Auftragung ist ein solcher Fehlerbereich vernachlassigbar.

In Abb. 6.23 sind drei lineare Regressionen eingezeichnet, aus der Steigung R0 lasst

88 Kapitel 6 Experimentelle Ergebnisse

sich eine Elektronendichte, wie auch die Art der Ladungstrager bestimmen:

R0 =1

nq(6.11)

Man erhalt nach dieser Formel bei einer Temperatur von 250 K Ladungstragerdichten

von 3, 8·1021 bis 8, 2·1021 e−

cm3 . Das entspricht einem Beitrag von 0,28 bis 0,61 Elektronen

pro Formeleinheit Fe3O4. Die Identifikation des Steigung mit einer Ladungstragerdichte

und Ladungsart ist allerdings fur Hoppingtransport zweifelhaft, deshalb sind die oben

angegebenen Elektronendichten nur von begrenzter Aussagekraft. Ebenso wird in dieser

einfachen Formel die Fermioberflache vollig vernachlassigt. Die Regressionen und die

Messkurve haben in Bild 6.23 positive Steigung, bzw. positive Werte. Berucksichtigt

man die Magnetfeld- und Stromrichtung, sowie die angeschlossenen Querspannungsab-

griffe und antisymmetrisiert korrekt, dann ist sowohl die Steigung der Regressionsge-

raden, als auch die Messkurve negativ bei positivem Magnetfeld! Somit sind nach der

Formel oben die Ladungstrager fur den Stromtransport Elektronen. Die Messkurven

wurden bewusst so eingezeichnet, dass man bei positivem Feld positive Werte erhalt,

da das Vorzeichen einzig und allein fur die Art der Ladungstrager wichtig ist. Fur einen

Vergleich von Widerstand und Magnetisierung ist das korrekte Vorzeichen hinderlich,

da man die gute Ubereinstimmung nicht sehen kann. Außerdem ist fur die weitere Aus-

wertung ist nur der Betrag des Hallkoeffizienten entscheidend.

Konvention: Im folgenden wird der Wert ρHall (14 T) als anomaler Hallkoeffizient RS

bezeichnet. Das hat zwei Grunde:

1. Der Wert der Sattigungsmagnetisierung ist nicht bei allen Temperaturen bekannt

und kann somit nicht aus dem Hallanteil eliminiert werden. Außerdem ist die

Sattigungsmagnetisierung als Funktion der Temperatur T nahezu konstant (siehe

Abb. 6.13), d.h. sie ist nur ein Skalierungsfaktor.

2. Es gibt kein festes Kriterium, in welchem Bereich man einen linearen Fit an

die Hallwiderstandskurve legen soll. Im Hallwiderstand ρHall (14 T) ist zwar der

normale Hallanteil vorhanden, aber, wie in Abb. 6.23 zu sehen ist, macht man

dabei einen maximalen Fehler von ca. 10%, welcher fur die folgende Diskussion

nicht ausschlaggebend ist.

Somit ist unter den zwei Annahmen, dass M(14 T, T ) konstant und der normale Hallan-

teil R0µ0H vernachlassigbar ist, der Hallwiderstand proportional zum anomalen Hall-

koeffizienten:

ρHall(14 T) ∝ RS (6.12)

6.5 Langs- und Querwiderstand in Abhangigkeit vom außeren Magnetfeld 89

Physikalisch interessant ist die Abhangigkeit des anomalen Hallkoeffizienten RS vom

Langswiderstand ρxx. Fur Ferromagnete gibt es zwei physikalisch etablierte Modelle

(siehe Kapitel 3.2):

1. Skew-scattering: RS ∝ ρ1xx

2. Side-jump-scattering: RS ∝ ρ2xx

Je nach Temperaturbereich, konnen diese Beitrage auch gemischt auftreten:

RS = a · ρ1xx + b · ρ2

xx (6.13)

Bei niedrigen Temperaturen wurde in ferromagnetischen Metallen experimentell

bestatigt, dass Skew-Scattering dominiert, bei hohen Temperaturen Side-Jump-

Scattering [10, 41, 42]. In den folgenden Graphen sind verschiedene Auftragungen

gezeigt: doppeltlogarithmische, Arrhenius- und einfachlogarithmische Graphen.

Wie in Abb. 6.24 und 6.25 mit doppeltlogarithmischer Auftragung von Hallwiderstand

bei 14 T (ρHall(14 T) ∝ RS) uber dem Langswiderstand ρxx(14T) deutlich zu sehen ist,

kann kein einziger Film eine der Standardtheorien belegen.

Falls ein Potenzgesetz den Zusammenhang zwischen Hallwiderstand und

Langswiderstand beschreibt, dann hat man bei einer Potenz von einem Drittel

die geringste Abweichung:

ρHall = c · ρ1/3xx (6.14)

Ein ahnliches Skalenverhalten wurde bei Magnetit als Volumenmaterial von Feng et al.

[26] (RS ∝ ρxx1/3...2/3) und von Todo et al. [69] (RS ∝ ρxx

0,51) gesehen. Obwohl dies

seit 31 Jahren bekannt ist, existiert bis jetzt keine befriedigende Theorie, warum die

an Magnetit gemessenen Ergebnisse so sehr von den etablierten Modellen (Side-Jump-

und Skew-Skattering) fur ferromagnetische Materialien abweichen.

In dem Arrhenius-Graphen (Abb. 6.26) der Probe M17a (stellvertretend fur die anderen

Proben, denn sie zeigen alle gleiches Verhalten) ist zu erkennen, dass der Hallwider-

stand uber der reziproken Temperatur bei T ≥ TV etwa durch eine Gerade genahert

werden kann, wohingegen der Langswiderstand zu hoheren Temperaturen hin abflacht.

Der Langswiderstand ist nicht rein thermisch aktiviert, dies erkennt man an der Nicht-

linearitat im Arrheniusplot.

Wahlt man die Skala des Hallwiderstands linear und tragt diesen uber dem Loga-

rithmus des Langswiderstand auf, so kann man bei Temperaturen großer als TV auch

eine Gerade durch die Messpunkte durchlegen (siehe Abb. 6.27). Dies wurde einen

logarithmischen Zusammenhang zwischen Langs- und Hallwiderstand bedeuten:

ρHall = c · log ρxx (6.15)

90 Kapitel 6 Experimentelle Ergebnisse

Abbildung 6.24: Probe M17a: Doppellogarithmische Auftragung des Hallwiderstands

uber dem Langswiderstand mit Temperaturangabe links neben dem Messpunkt.

Abbildung 6.25: Proben M31b, Mg9, Mg10 und Sap1: Doppellogarithmische Auftra-

gung des Hallwiderstands uber dem Langswiderstand bei µ0H = 14 T.

6.5 Langs- und Querwiderstand in Abhangigkeit vom außeren Magnetfeld 91

Abbildung 6.26: Arrhenius-Graph der Probe M17a.

Abbildung 6.27: Einfach-logarithmische Darstellung des anomalen Hallkoeffizienten

uber dem Langswiderstand an der Probe M17a.

92 Kapitel 6 Experimentelle Ergebnisse

In den Graphen 6.26 und 6.27 ist nur die Probe M17a dargestellt, denn die anderen

Proben zeigen identisches Verhalten.

Tragt man nicht die spezifischen Widerstande gegeneinander auf, sondern die spezifi-

schen Leitfahigkeiten (wie es vorwiegend in Veroffentlichungen der theoretischen Phy-

sik gemacht wird), so ist zu berucksichtigen, dass der Widerstand σ ein Tensor ist. In

einem kubischen System mit Magnetfeld in z-Richtung sieht der spezifische Widerstand

folgendermaßen aus [59]:

ρ =

ρxx ρHall 0

−ρHall ρxx 0

0 0 ρxx

(6.16)

Die spezifische Leitfahigkeit σ ist der invertierte Widerstandstensor:

σ =

σxx −σHall 0

σHall σxx 0

0 0 σxx

≡ ρ−1 =

ρxx

ρxx2 + ρHall

2−

ρHall

ρxx2 + ρHall

20

ρHall

ρxx2 + ρHall

2

ρxx

ρxx2 + ρHall

20

0 01

ρxx

(6.17)

mit ρHall << ρxx folgt: σ =

1

ρxx

−ρHall

ρxx2

0

ρHall

ρxx2

1

ρxx

0

0 01

ρxx

(6.18)

Mit der Naherung ρHall << ρxx erhalt man:

σxx =1

ρxx

(6.19)

und

σHall =ρHall

ρ2xx

(6.20)

In den Abb. 6.28 und 6.29 ist die spezifische Hallleitfahigkeit σHall uber der spezifischen

Langsleitfahigkeit σxx aufgetragen – alle Werte bei einem Magnetfeld von 14 T. Es ist

zu sehen, dass ein Potenzgesetz mit

σHall ≈ σxx1,6 (6.21)

6.5 Langs- und Querwiderstand in Abhangigkeit vom außeren Magnetfeld 93

Abbildung 6.28: Doppellogarithmische Auftragung der Hallleitfahigkeit uber der

Langsleitfahigkeit an der Probe M17a. Die Temperatur steht links von den jeweiligen

Messpunkten.

die Messdaten sehr gut beschreibt. Bei hohen Leitfahigkeiten liegen die Messwerte

(schwarz) nicht mehr auf der roten Kurve. Nach einer Veroffentlichung uber in-

trinsische und extrinsische Beitrage zum anomalen Hall-Effekt in Ferromagneten

von Onoda et al. [61] ist dieses Skalierungsverhalten bekannt. Onoda verweist da-

zu auf eine Veroffentlichung von Pryadko et al. [64], diese beschreiben allerdings

die Abhangigkeit des spezifischen Hallwiderstands vom Langswiderstands in einem

Quanten-Hall-Isolator. Es ist dabei unklar, inwieweit diese Theorie, die fur ein zwei-

dimensionales System entwickelt wurde, auf Magnetit ubertragbar ist. Zudem geht

Onoda et al. fur seine Berechnungen von einem Ferromagneten mit vielen Bandern

und Verunreinigungen aus, dabei bleibt es fraglich, inwieweit das fur Magnetitfilme

zutrifft.

Die vielen Abbildungen, in denen der Hallwiderstand (die Hallleitfahigkeit) uber

94 Kapitel 6 Experimentelle Ergebnisse

Abbildung 6.29: Doppeltlogarithmische Auftragung der Hallleitfahigkeit uber der

Langsleitfahigkeit an den Proben M31b, Mg9, Mg10 und Sap1.

dem Langswiderstand (der Langsleitfahigkeit) aufgetragen wurde, sind ein Ver-

such, die moglichen Abhangigkeiten des Hallwiderstand (der Hallleitfahigkeit) vom

Langswiderstand (von der Langsleitfahigkeit) graphisch zu veranschaulichen. Aus den

Widerstandskurven im doppellogarithmischen Graphen ist deutlich erkennbar, dass

keine Standardtheorie, wie Skew-scattering oder Side-jump, das Verhalten von Ma-

gnetitfilmen beschreiben kann. Geht man vom Widerstand zur Leitfahigkeit uber, so

konnen die Messdaten erstaunlich gut mit dem Potenzverhalten von σHall ≈ σxx1,6 be-

schrieben werden. Ob diese Abhangigkeit mit Onodas Modell und dessen Annahmen

erklart werden kann, muss theoretisch noch detailliert untersucht werden. Auffallig

ist, dass der Verwey-Ubergang, der in ρxx(T ) bei den Proben M31, Mg9 und Mg10

in Abb. 6.8 deutlich erkennbar ist, in der Auftragung von σHall(14 T) uber σxx(14 T)

in Abb. 6.28 und Abb. 6.29 nicht mehr sichtbar ist. Das bedeutet, dass die Hall- mit

der Langsleitfahigkeit uber den Verwey-Ubergang skaliert, obwohl sich die Art des

Ladungstransports in der Langsleitfahigkeit andert!

Kapitel 7

Zusammenfassung und Ausblick

Magnetit erweist sich durch die hohe Curie-Temperatur TC = 858 K und die theoretisch

vorhergesagte Spinpolaristion von 100 % (experimentell wurden bis zu (80± 5) % durch

UV-Photoemissionsspektroskopie bestatigt [21]) als idealer Kandidat fur die Magneto-

und Spinelektronik. Fur mogliche Anwendungen ist eine reproduzierbare Herstellung

dunner Filme, sowie ein fundiertes Verstandnis der physikalischen Eigenschaften, wie

des Ladungstransport und des Magnetismus, zwingend erforderlich. Denn nur durch

Kenntnis der relevanten Physik kann man sie gezielt nutzen und manipulieren. In dieser

Arbeit wurde der anomale Hall-Effekt – eine fundamentale Eigenschaft von elektrisch

leitenden Permanentmagneten – von dunnen einkristallinen Magnetitfilmen untersucht.

Doch davor waren einige Charakterisierungsschritte notwendig, welche neue Fragen

aufwarfen.

Ein fester Bestandteil der Charakterisierung dunner Filme ist die

Rontendiffraktometrie. Mittels dieser wurde in Kapitel 5 gezeigt, dass mit gepulster

Laserdeposition (001)-Magnetit auf (001)-MgO epitaktisch verspannt aufwachst: Von

Magnetit wird in der (001)-Ebene die doppelte Gitterkonstante des MgO-Substrats

ubernommen, somit ist die Magnetit-Einheitszelle in dieser Ebene gestreckt und die

c - Achse (senkrecht zu dieser Ebene und parallel zur Wachstumsrichtung) gestaucht.

Die Rontgenergebnisse zeigen, dass auf den MgO-Substraten einkristallines fremdpha-

senfreies Magnetit mit hoher kristalliner Qualitat (Halbwertsbreite der Rockinkurve

ca. 0.04) reproduzierbar herstellbar ist. Auf einem (0001)-Saphir-Substrat wurde

ein nahezu vollkommen relaxierter (111)-orientierter Magnetitfilm gewachsen. Wie

reproduzierbar Magnetit auf Saphir wachst sollte anhand von weiteren Experimenten

in der Zukunft werden.

Nach der Rontgencharakterisierung wurde die Magnetisierung der Proben in einem

SQUID-Magnetometer bestimmt. Von Magnetitvolumenmaterial weiß man, dass sich

95

96 Kapitel 7 Zusammenfassung und Ausblick

am Verwey-Ubergang die magnetische Anisotropie andert, weswegen die Magnetisie-

rung hier in die neue leichte Richtung (monokline c - Achse) klappt [39]. Bei einer

Remanenzmagnetisierungsmessung, bei der nur eine Feldkomponente gemessen wird,

macht sich das durch einen Sprung bemerkbar. Auch die hier vorgestellten Rema-

nezmagnetisierungsmessungen in Abhangigkeit der Temperatur mit Film parallel zur

z - Achse des SQUID-Magnetometers zeigen am Verwey-Ubergang eine Anderung. Je-

doch sind die Details der Magnetisierungsanderung – Sprung nach oben, Sprung nach

unten und Minimum – ungeklart, denn man erwartet zumindest gleiches Verhalten

fur Proben, die auf selbem Substrat gewachsen wurden und innerhalb eines Fehler-

bereichs identische Gitterkonstanten besitzen – die Messungen bestatigen das nicht.

Deshalb sollten in weiteren Experimenten die Abhangigkeit des Ubergangsverhaltens

und der Ubergangsbreite von Probendicke (Antiphasengrenzdichte), Verspannung und

Stochiometrie untersucht werden. Desweiteren ware es interessant zu wissen, welche

Struktur die epitaktisch verspannten Magnetitfilme unterhalb des Verwey-Ubergangs

besitzen. Hierzu ist der Aufbau eines Kryostaten fur die Rontgendiffraktometrie not-

wendig.

Die Magnetisierungsmessungen der dunnen Magnetitfilme in Abhangigkeit von einem

außeren Feld zeigen Hysteresen, wie sie fur Permanentmagnete typisch sind. Die

Sattigungsmagnetisierungen aller Proben lagen bei ca. 3 µB pro Formeleinheit Fe3O4

und damit ca. 25 % unter dem theoretisch erwarteten Wert von 4 µB pro Formel-

einheit. Mogliche Ursachen hierfur sind Stochiometrieabweichungen, Verunreinigun-

gen, Storstellen und Antiphasengrenzen. Weiterhin sattigen die dunnen Magnetitfilme

erst bei sehr hohen Feldern, eine mogliche Ursache sind nach Margulies et al. [50]

Antiphasengrenzen, also starke magnetische Storzentren. Auch die Abhangigkeit der

Sattigungsmagnetisierung von den zuvor genannten Parametern sollte in weiteren Ex-

perimenten gezielt untersucht werden.

In den soeben beschriebenen Messungen stand das Magnetfeld des SQUID-

Magnetometers parallel zur Filmebene. Die Proben M17 (Fe3O4 auf MgO) und Sap1

(Fe3O4 auf Saphir) wurden zusatzlich noch so eingebaut, dass das Magnetfeld (z - Achse

des SQUID-Magnetometers) senkrecht auf der Magnetitfilmebene stand. Bei kleinen

Magnetfeldern steigt hier die Magnetisierung wesentlich langsamer im Vergleich zu

den Messdaten, bei denen der Film parallel zum Magnetfeld stand. Dies ist damit

erklarbar, dass die Magnetisierung durch das externe Magnetfeld aus einer leichten

Richtung (leichte Richtung liegt wegen Formanisotropie in der Filmebene) in eine har-

te Richtung (senkrecht zur Filmebene) gedreht werden muss. Liegt der Film parallel

zum angelegten Feld, so muss die Magnetisierung von einer leichten in eine mittel-

schwere Richtung gedreht werden, es ist also weniger Energie notig und somit steigt

97

hier M(H) schneller an, als bei den Proben mit H senkrecht zur Filmebene. Steht das

Magnetfeld senkrecht auf der Filmebene so ist auch ein deutlich kleinere Remanenz

und kleineres Koerzitivfeld zu beobachten, die hysteretische Aufspaltung ist nur noch

sehr klein.

Nach lithographischer Herstellung von Hallbrucken wurde an den dunnen Magne-

titfilmen der Langswiderstand in Abhangigkeit von der Temperatur gemessen. Bei

Magnetit als Volumenmaterial zeigt sich ein sogenannter Metall-Isolator-Ubergang an

der Verwey-Temperatur TV, was sich bei Abkuhlung durch einen Widerstandsanstieg

um zwei Großenordnungen bemerkbar macht [72], bei den gemessenen dunnen Filmen

ist der Widerstandsanstieg kleiner. Die Widerstandsanderung ist durch einen Wech-

sel des Transportmechansimus und das Auftreten von Ladungsordnung [73] erklarbar.

Allerdings ist bis heute der Transportmechanismus von Magnetit nicht eindeutig ge-

klart (siehe hierzu Kapitel 2.4). Die in dieser Arbeit gemessenen dunnen Magnetitfilme

zeigen ebenfalls eine Widerstandsanderung etwas unterhalb von 125 K, der Verwey-

Temperatur fur Volumenmaterial. Zusammen mit den temperaturabhangigen Rema-

nenzmagnetisierungsmessungen kann man den Verwey-Ubergang der Magnetitfilme

angeben. Fur alle untersuchten Proben liegt der Ubergangstemperaturbereich unter-

halb von 125 K. Mogliche Grunde sind die unterschiedliche Antiphasengrenzdichte, wie

auch Abweichungen von der idealen Stochiometrie. Desweiteren ist eine Tendenz zu

unscharferem Ubergang bei dunneren Filmen zu sehen, was nach Eerenstein et al. [23]

mit zunehmender Antiphasengrenzdichte bei abnehmender Filmdicke [23] begrundbar

ist.

Weiterhin zeigte sich bei den Widerstandsmessungen, dass der Langswiderstand un-

abhangig von der Kristallrichtung ist. Hingegen andert sich die Leitfahigkeit von Ma-

gnetitfilmen durch weitere Lithographieprozesse, also durch Kontakt mit Photolack,

Wasser, Isopropanol und Aceton, sowie die Behandlung im Ultraschallbad und Ionen-

strahlatzen, obwohl Magnetit nach Holleman [34] stabil gegen Sauren und Laugen sei.

Die genaue Ursache sollte mit weiteren Untersuchungen ausgemacht werden, denn fur

spater mogliche Anwendungen ist es wichtig, durch was die Widerstandsanderung her-

vorgerufen wird.

Betrachtet man das Verhalten des Langswiderstands in einem Magnetfeld, so zeigt

sich, dass Magnetit einen negativen Magnetwiderstand MR besitzt (bei T = 300 K

erhalt man MR ≈ −6 %), der zu tiefen Temperaturen zunimmt (bei T = 125 K erhalt

man MR ≈ −17 %). Der negative Magnetwiderstand lasst sich dadurch erklaren, dass

spinpolarisierte Elektronen an Spinunordnung streuen. Legt man von außen ein Ma-

gnetfeld an, so verringert man die Spinunordnung, wodurch es weniger Streuereignisse

gibt und folglich sinkt der Widerstand.

98 Kapitel 7 Zusammenfassung und Ausblick

Der Schwerpunkt dieser Arbeit lag auf der Messung des anomalen Hall-Effekts. Um

die Empfindlichkeit der Messungen zu steigern, also die Querspannung gegenuber dem

Rauschen zu vergroßern, wurden breite Hallbrucken produziert. Allerdings stellte sich

hierbei heraus, dass die Kurzschlusse der Hall-Spannung uber die Stromzuleitungs-

kontakte nicht vernachlassigt werden durfen. Dies wurde anhand von einer Finiten-

Elemente-Simulation mit der Software FEMLAB von Comsol und Berechnungen mit

Maple von Waterloo-Maple gezeigt. Die Messdaten der breiten Hallbrucken wurden

deshalb um die berechnete Abweichung korrigiert. Somit waren diese Daten mit de-

nen anderer Brucken vergleichbar. Aus dem normalen Hall-Effekt, kann die Ladungs-

tragerdichte nach dem einfachsten Modell aus der Steigung bestimmt werden. Fur

Magnetit erhalt man je nach Wahl des Regressionsbereichs eine Ladungstragerdichte

bei 250 K von 3, 8×1021 e−

cm3 , das entspricht einem Beitrag von 0, 28 bis 0, 61 Elektronen

pro Formeleinheit Fe3O4. Allerdings muss angemerkt werden, dass diese Auswertung

zweifelhaft ist, denn zum einen ist sie beim Hoppingtransport fur die Bestimmung der

Ladungstragerdichte ungeeignet und zum anderen, falls man Bandleitung hat, wird in

dieser vereinfachten Auswertung die Bandstruktur nicht berucksichtigt.

Fur den anomalen Hall-Effekt sollte nach den gangigen Theorien fur ferromagneti-

sche Leiter, wie Skew-Scattering, Side-Jump-Scattering oder aufgrund der Berry-Phase,

der anomale Hallkoeffizient RS mit dem Langswiderstand entweder linear oder qua-

dratisch skalieren. Dieses vorhergesagte Verhalten, welches fur viele ferromagnetische

Materialien (auch verdunnte magnetische Halbleiter) bestatigt wurde, trifft fur ein-

kristalline dunne Magnetitfilme nicht zu. Falls ein Potenzgesetz die Abhangigkeit des

anomalen Hallkoeffizienten vom Langswiderstand beschreibt, dann passt am besten

eine Abhangigkeit von RS ∝ ρ1/3xx . Geht man vom spezifischen Widerstand zur spezi-

fischen Leitfahigkeit uber, so zeigt sich fur alle Proben, dass die Hallleitfahigkeit σHall

mit der Langsleitfahigkeit σxx uber einen großen Temperaturbereich unabhangig von

Verspannung und Filmdicke exzellent skaliert:

σHall ∝ σ1.6xx (7.1)

Inwieweit dieses Verhalten mit der Theorie von Onoda et al. [61] beschrieben werden

kann, ist noch zu uberprufen. Denn die Berechnungen von Onoda et al. beziehen sich

auf einen Vielband-Ferromagneten mit Verunreinigungen und einem durch Spin-Bahn-

Kopplung aufgespaltenem Band. Desweiteren zitieren Onoda et al. fur den Bereich in

welchem die Querleitfahigkeit proportional zu σ1,6xx eine Veroffentlichung von Pryadko et

al. [64]. Diese Autoren behandeln aber einen Quanten-Hall-Isolator, und es ist fraglich,

ob die Physik von ferrimagnetischen Magnetit mit dem Modell von Pryadko et al. bzw.

von Onoda et al. beschrieben und erklart werden kann. Weiterhin ist erstaunlich, dass

99

in der doppellogarithmischen Auftragung von σHall uber σxx (Abb. 6.28 und 6.29) der

Verwey-Ubergang nicht mehr erkennbar ist. Dies lasst den Schluss zu, dass die Hall-

mit der Langsleitfahigkeit uber den Verwey-Ubergang skaliert, obwohl sich der Mecha-

nismus der Langsleitfahigkeit in diesem Bereich andert! Wurde die Langsleitfahigkeit

von einem Streumechanismus dominiert sein, der keinen Beitrag zur Querleitfahigkeit

liefert, so ware kein Skalierungsverhalten beobachtbar.

Abschließend ist festzustellen, dass Magnetit aufgrund seiner komplexen Eigenschaf-

ten bis heute viel interessante Physik in sich birgt, sowohl im elektrischen Transport wie

auch in den magnetischen Eigenschaften. Fur die weitere Erforschung dieses Materials

ist sowohl die Experimentalphysik, wie auch die theoretische Physik gefordert.

100 Kapitel 7 Zusammenfassung und Ausblick

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Danksagung

Diese Arbeit ware ohne die Unterstutzung vieler Leute am Walther-Meißner-Institut,

meiner Familie und ohne die Hilfe vieler Freunde nicht moglich gewesen. Bei ihnen

allen mochte ich mich ganz herzlich bedanken. Besonderer Dank gilt:

Prof. Dr. Rudolf Gross fur die Moglichkeit, am Walther-Meissner-Institut diese Arbeit

anfertigen zu konnen. Die Diskussionen mit ihm waren immer lehr- und hilfreich.

Andrea Boger fur die Betreuung dieser Arbeit, die angenehme Zusammenarbeit, die

vielen Freiraume und die geduldige Anleitung zur Bedienung der PLD-Anlage, der

Rontgen-Anlage sowie der Magnetotransport-Kryostate. Bei auftauchenden Proble-

men hatte sie immer ein offenes Ohr und unterstutzte mich stets bei der Problemlosung.

Dr. Matthias Opel fur die Betreuung, die sehr gute Einfuhrung in die Bedienung des

SQUID-Magnetometers und seine Hilfsbereitschaft in allen Bereichen.

Dr. Sebastian T. B. Goennenwein fur die Betreuung, die hilfreichen Diskussionen und

Anregungen, die wesentlich zum Vorankommen der Arbeit beitrugen.

Prof. Dr. B. S. Chandrasekhar fur seine hilfreichen Ideen und Tipps zur Klarung

physikalischer Fragen und seine freundliche Art.

Dr. Petra Majewski, Karl W. Nielsen, Georg Wild, Edwin Menzel und Stephan

Geprags fur viele wichtige Hinweise und interessante Anregungen.

Thomas Brenninger fur seine Hilfe und die Losung aller technischer Probleme.

Meinen Mitstudenten Ludwig Klam, Sebastian Schink, Andreas Brandlmeier, Franz

Czeschka, Susanne Hoffmann und Sebastian Jakob fur die freundliche Athmosphare und

Unterstutzung. Besonderes bedanken mochte ich mich bei Ludwig Klam fur die vielen,

enorm wichtigen Diskussionen und die Aufheiterung bei so manchen Alltagstiefen.

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Dem Helium-Verflussiger-Team, sowie den Leuten in der Werkstatt, die durch ihre

Arbeit den reibungslosen Ablauf von Experimenten gewahrleisten.

Dem Reinigungspersonal, das immer zur Auflockerung des Alltags beitrug.

Allen meinen Freunden fur die schone Zeit wahrend des Studiums.

Ganz besonderer Dank gilt meinen lieben Eltern, die mir das Studium der Physik

ermoglichten und mich in jeder Hinsicht unterstutzten. Nicht zu vergessen ist dabei

meine Oma, die mich wahrend des Studiums moralisch und kulinarisch aufbaute. Auch

meinen drei Geschwistern danke ich recht herzlich fur die kurzweiligen Aufenthalte zu

Hause.

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