splitterkrist

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34 seiten softcover henning arend, 2012

Transcript of splitterkrist

S p l i t d t e r c r i s t

G

samt

c u n s d

w r k

der bleiche Lord auf seinem beinernen Thron

seine Gedanken kreisen um Mord er traegt eine Krone aus Blei

auf dem Haupt zum Hohn splidttercrist

von der Erde ausgespien ein verkanntes Genie

in seinen Wahnfantasien durchwatet er knietiefe Leichenmasse

ein schleichendes Gift fuer die menschliche Rasse

ist sein Wirken er verkehrt nur mit mordluesternen Schurken

seine Spuren fuehren aus den Grueften zu den Burgen der maechtigen Herren

die will er wuergen und in das Dunkel zerren

splidttercrist ein Weltmann von erlesenem Geschmack

um sich zu beruhigen schnueffelt er Lack er erscheint in einem purpurnen Frack

und packt blutige Leichenteile in seinen Sack

so ist es ueberliefert mit seinen maechtigen Kiefern knackt er Knochen wie Nuesse

weder Stricke noch Schuesse bewirken bei ihm mehr als leichte Bluterguesse seine Realitaet hat Risse und Loecher

er hat vergiftete Pfeile in seinem Koecher er ist heilig

er hat es eilig denn es gibt noch viel zu tun

dabei wuerde er lieber in der kuehlen Erde ruhen

splidttercrist er taumelt

benommen durch eine Traumwelt unter einer grauen Sonne

er heiratete eine grausame Nonne er haut auf die Trommel

um sich Gehoer zu verschaffen er gleicht einem riesenhaften gehoernten Affen

splidttercrist er wurde geformt aus Asche

er kennt keinen Zorn er lebt in einem kilometerhohen Turm

fern von den Massen er lernte schon frueh die Muehsal zu hassen

er froent dem Muesiggang er verhoehnt Passanten

durch den ueblen Klang seines Gesangs splidttercrist

der Lehnherr der Leichen er wartet nur noch auf das vereinbarte Zeichen

um loszureiten splidttercrist

er steht in der Bluete seiner Suenden

seine Haut ist umwickelt mit Binden darunter befinden

sich entzuendete Wunden er verkuendet

ein neues Testament der Angst seine Gruende

sind nur ihm selbst bekannt splidttercrist

er ist der Koenig der Loewen der Herr der Fliegen der Geist aus der Flasche

er liegt in einem Kreis aus Asche

er wuchs auf im Haus des Grauens splidttercrist er ist ein Mann der Tat sein ganzer Koerper ist umwickelt mit Draht

um ihn zu schuetzen

um ihn zu stuetzen er braucht Unterstuetzung denn er wird langsam gebrechlich

splidttercrist

er wird von der Polizei ganz schaebig verdaechtigt dabei will er nur das Beste

schon spricht der Poebel veraechtlich ueber diesen ehrbaren Herrn er dient den Toten er kennt keine Verbote

er kennt den geheimen Code bei seiner Geburt war er schon seit Monaten tot

splidttercrist

er wuchs auf im Haus der Schmerzen

er wurde verkauft fuer ein paar lumpige Groschen er wurde schon zweimal erstochen und doch ist sein schwarzes Licht noch nicht erloschen

er gleicht einem maechtigen Frosch

mit praechtigen Flossen er springt umher er schwingt sein Schwert geschmiedet aus Affenkrallen weil die Schatten ihn schnappen wollen

er reitet auf Ratten in die Schlacht mit den Grottenolmen

er fackelt nicht lange sondern fackelt alles ab splidttercrist er hat alles satt

sein Blut wird zu saurem Wein sein Fleisch wird zu Stein

er kann es fuehlen

goldene Nattern kriechen aus seinen Augenhoehlen er wird bedeckt mit Bluetenblaettern

er liegt in einer Wanne gefuellt mit kostbaren oelen er wuchs auf im Haus der Schmerzen

in der schwarzen Stadt

unter einem verfaulten Mond Verraeter betrogen ihn um den uralten Lohn

aber er kennt keinen Groll

splidttercrist

seine Ankunft bedeutet einen Triumph des Geistes

wenn sich sein Rumpf gleich einer Schlange haeutet

laeutet die Totenglocke

er lockt seine Opfer bevor er sie mit Fangzaehnen erbeutet

er bereut nichts und hasst alle Leute

denn sie wollen ihm uebles

ausgerissene Augaepfel verwahrt er in einem Kuebel

um sie spaeter zu schaenden

seine Seele musste er Kaiser Wilhelm II. verpfaenden

splidttercrist

seine Ankunft bedeutet einen Triumph des Geistes

wenn sich sein Rumpf gleich einer Schlange haeutet

laeutet die Totenglocke

er lockt seine Opfer bevor er sie mit Fangzaehnen erbeutet

er bereut nichts und hasst alle Leute

er will die weichen Leichen streicheln splidttercrister will sich in die Haeuser der Reichen schleichen und sich einschmeicheln er gleicht einer Blindschleiche er zieht alles in Zweifel splidttercrist er scheiterte an der mittleren Reife denn er ging nur nachts zur Schule er schlachtet lachend Huren aus purer Langeweile er gelangte in Freiheit dank einer Feile mit der er die Gitter zerschnitt er ist splidttercrist nichts kann ihn heilen denn er ist kerngesund und strotzt vor Kraft andererseits ist er auch alt und schwach es kommt darauf an wie man es betrachtet splidttercrist er verachtet die blassen Massen die ihn hassen fuer sein Wissen und seine Gerissenheit neben Graebern hoert man sein leises Wispern er steht im Bund mit den schwarzen Schwestern er hat einen schwarzen Hund er hat einen scharfen Verstand und schwebt durch den Himmel zu Harfenklang er gehoert zu einer Strassengang den splidttercrips

er ist splidttercrist

sein ganzes Leben ist ein wunderschoenes Maerchen er speist schon zum Fruehstueck geduenstete Seepferdchen

Sohn des Suedens wanderte 18 Tage ohne zu ermueden Held aus der Sage

bekannt fuer seine schizoiden Schuebe er ist heilig wie eine biblische Plage

er ruht in einem goldenen Sarkophag er ist stark splidttercrist geboren aus Luege

um ihn guetig zu stimmen opfere ihm eine weisse Ziege so ist es Brauch er verlangt nach dem schmackhaften Rauch

aus den todbringenden Suempfen des Verderbens aufgetaucht er ist unterwegs mit Regenmantel und Kniestruempfen

das Volk will ihn lynchen hohe Beamte wollen ihn kraenken er ist sehr klug

aber hasst das Denken man intrigiert gegen ihn mit teuflischen Raenken mit Dingen die klingen wie tausend

Trompeten und das Rauschen von Engelsschwingen es ist vollbracht in den 73 Zirkeln seiner Macht schweigt die Sonne

fuer immer und nur er strahlt in seiner Pracht splidttercrist des Hochverrats verdaechtigt er ist stark

uebernaechtigt denn er war zu lange wach er ist vermessen vom Toeten besessen in einem tiefen Schacht sucht er fieber

haft nach der Daemonenprinzessin die will er freien nichts kann unter seinem Blick gedeihen aus

Schlachthoefen hoert man sein eiskaltes Schreien

splidttercrist

er reitet auf einem riesenhaften schwarzen Widder

Kerzen aus Leichenteilen erhellen

das duestere Gebaelk seiner Seele

er ist alt und daher kalt und welk

splidttercrist

heimlich mahlt er Zaehne in der Kaffeemuehle

mit fluessigem Stickstoff kuehlt er seine Schlaefen

er kann nicht schlafen der Schmerz will nicht nachlassen

nach 30 Tagen Fasten will Gott ihn immer noch strafen an den Hoefen von Herzogen und Grafen ist er ein gerngesehener Gast seine besten Freunde

sind zwei blutsaugende Larven die sich unter seinem Bett verstecken seine Kleidung ist uebersaeht mit verraeterischen Blutflecken

er glaubt er stirbt

er kann das fuehlen

er betreibt ein dreckiges Gewerbe Leichenhandel

die Welt befindet sich im Wandel aber egal wohin er geht

ueberall folgt ihm seine Schande

splidttercrist auf ihm lastet schwere Schuld

er ist sehr alt sein Fleisch ist sehr kalt

er ist ein Anhaenger des Kaiser-Wilhelm-Totenkults er hat keine Geduld mit den Dummen

er sehnt den Tod herbei damit die Stimmen verstummen die aus dem Nichts zu ihm sprechen

splidttercrist er droht zu zerbrechen

an den unerklaerlichen Widerspruechen des alltaeglichen Lebens viele wollen sein wie er aber es kann nur einen geben

splidttercrist

ein Mann von Ehre auf dem Weg in die Schattenwelt

auf der Totenfaehre aber er findet keine Ruhe

er verwirrt die Gemueter mit seiner schaendlichen Lehre in laendlicher Umgebung besitzt er umfangreiche Gueter

Leichen und Mumien nennen ihn Gebieter er hat ununterbrochen

von der Kirche gejagt splidttercristus genagelt an ein Kreuz aus Glas

er versteht keinen Spass er wandelt durch die Welt der Schatten unter dem Gras

splidttercrist der totgeborene Heroe diniert bei Kerzenschein

sein Herz verwahrt er in einer steinernen Truhe in einem geweihten Schrein auf einem Kissen aus Nerz

unter den Wurzeln der toten Waelder graebt er nach kostbarem Erz

er ist aelter als Tag und Nacht aus dem Mark geschaendeter Leichen zieht er seine Macht

er ist stark aber beherrscht vom Todestrieb

immer modisch gekleidet damit das Volk ihn liebt kostbar gewandet

splidttercrist

entstanden aus Schande mit dem Knochenschiff gelandet er befindet sich am Rande eines unendlichen Abgrunds

gespickt mit Dornen seine Eingeweide liegen sicher

in fuenf heiligen Urnen er ist der ehrwuerdige

Richter aus dem uralten Lied der insektenaeugige Jesus

mit dem grausamen Appetit splidttercrist

Fuehrer der Leichenkarawane von seinem Palast

weht eine blutbesudelte Fahne mit einem Rudel mordgieriger Mumien

zieht er seine Bahnen er befindet sich in einem Zustand

des fiebrigen Wahns

ueber 1000 Jahre lang verscharrtIn einer geweihten Kammer aufgebahrtDoch jetzt ist der Schattenheiland zurueckUnd saegt an deinem Leib Stueck fuer StueckAusgestopfte Leichen unter dem Fussboden aus LinoleumDie Gehirne jener eingelegt in Glaesern mit PetroleumEndlos ist die Liste derer, die er schmaehteAllein 200 zerschredderte er auf einer FeteDer Torso beobachtet jeden deiner SchritteUnd spricht durch einen versteckten Nerv in seiner Mitte

Liebt mich, ich bin der RumpfMich zu lieben ist euer letzter TrumpfLiebt mich, ich bin der RumpfVergoettert mich wie einen verwesten Stumpf

Stueck fuer Stueck haeckselt der Widergaenger an deinem GlueckBald schwindet dein Leben mit einem letzten BebenDies ist das Ende des unseligen StrebensIn seinem Kopf sitzt ein Splitter, mit entstelltemGesicht spielt er die ZitherSein Tempel erscheint in leblosem GlanzDas kalte Haupt schmueckt ein KranzUnsterblich ist der Orden, der unterirdisch existiertIn Zeiten des Verfalls in den Reihen der Menschen agiertGesandte stuermen deine Wohnung zu viertGlieder werden mit glaesernen Klingen amputiertDer Koerper schliesslich massakriert, mumifiziert

Unter der Oberflaeche der Welt archiviert

splidttercrist

Schutzpatron der Leichen

eine Gestalt aus dem Reich der bleichen Gebeine

er eint die Kraft der Seelen um seine Feinde zu pfaehlen

von seiner geheimen Identitaet darf er keinem erzaehlen

splidttercrist

ein Veraechter des Lebens geistiger Reinheit gilt sein ganzes Streben

ein gewissenloser Schlaechter

Verfechter von Theorien der uebelsten Sorte

selbst Schwerverbrecher sprechen aengstlich ueber ihn

er empfaengt dich in seinem Thronsaal zu einem grausigen Mahl

aus fahlem Fleisch

unter Traenen leistet er den Fahneneid

zum Dessert serviert er dir Wahngeschrei

splidttercrist

er reist in einer pechschwarzen Saenfte sanft wiegt er seine Opfer in den Todes

schlaf

er darf was andere nicht duerfen

es ist ihm gestattet das Leichengift zu schluerfen

splidttercrist

umwickelt mit schwarzer Seide

er leidet unter seiner Existenz in seinen verrotteten Eingeweiden

leben Wanzen die an ihm nagen

er ist gepanzert wie ein Insekt

und faehrt einen luxurioesen Wagen und fuehrt ein glamouroeses Leben

das macht ihn sehr wuetend

er haelt an und schnuppert an den Blueten der Blumen am Wegesrand

er ist sehr romantisch

splidttercrist

am Wochenende besucht er seine Verwandten

und bringt ihnen Geschenke selbst verfasste Gedichte und magische Traenke

splitdtercristauflage: 100

diese publikation erscheint anlässlich der messe zur feier der wiederauferstehung des splittdercristen am 15.4.2011 in düsseldorf.

text: eric keil, taktlo$$, prometheus raum, licht und bild: henning arendkostüm: rahel mencia-garciaphotos (analog): david kühnephotos (digital): rahel mencia-garcia

papier: popset urban grey, 120g/m2

umschlag: photokarton altgrau, 300g/m2

schriftart: edge.ttf

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rhein-verlag 2012birkenstraße 9940233 düsseldorf

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