Sport ohne Doping! - gemeinsam-gegen-doping.de · 5 Liebe Leserinnen und Leser, liebe Sportlerinnen...

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Sport ohne Doping! • Reflektieren, Positionieren und Bewegen www.dsj.de Argumente für junge Sportlerinnen und Sportler!

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Sport ohne Doping!• Reflektieren, Positionieren und Bewegen

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Argumente für junge Sportlerinnen und Sportler!

Sport ohne Doping!• Reflektieren, Positionieren und Bewegen

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Argumente für junge Sportlerinnen und Sportler!

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Sport ohne Doping• Reflektieren, Positionieren und Bewegen

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Liebe Leserinnen und Leser,

liebe Sportlerinnen und Sportler,

seit acht Jahren ist die Deutsche Sportjugend auf sehr

intensive Weise im Bereich der Dopingprävention tätig.

Diese Aktivitäten haben mit der Verabschiedung des Na-

tionalen Doping Präventionsplans im Jahre 2009 für die

Deutsche Sportjugend und ihrer Mitgliedsorganisationen

noch einmal eine ganz neue Dynamik gewonnen. Hierzu

gehört auch, dass wir im Jahre 2010 durch das Bundes-

ministerium des Innern ein dsj-Projekt „Sport ohne Do-

ping“ gefördert bekommen.

Ein zentraler Baustein dieses Projektes ist die hier vor-

liegende Broschüre „Sport ohne Doping! – Reflektieren,

Positionieren und Bewegen“, die sich speziell an Euch als

junge Sportlerinnen und Sportler wendet.

Wir als Jugendverband im Sport messen gerade der

Einbeziehung von Euch in unsere Dopingpräventions-

Aktivitäten einen besonderen Stellenwert zu. So ha-

ben wir im Zusammenhang mit der Durchführung der

deutsch-französischen Anti Doping Camps einen Pool

von Juniorbotschafter/-innen Dopingprävention aufge-

baut. Die Mitglieder dieses Pools haben es sich zur Auf-

gabe gemacht, die Botschaft, dass Doping zutiefst uncool

ist, nicht nur in ihre Trainingsgruppe zu tragen, sondern

auch bei Veranstaltungen andere davon zu überzeugen,

dass nur ein sauberer Sport Spaß macht.

Die vorliegende Broschüre stellt einen

wichtigen Baustein dar, auch diese Ak-

tivitäten zu unterstützen. Sie soll Euch

als jungen Sportler/-innen Anregungen

geben, argumentieren zu lernen und sich

engagiert in die Diskussion für einen do-

pingfreien Sport einzubringen. Für uns

ist dies Verwirklichung unseres zentralen

Ziels, Jugendarbeit nicht nur für, son-

dern gemeinsam mit Euch zu gestalten.

Ich danke in diesem Zusammenhang

ausdrücklich Prof. Dr. Gerhard Treutlein, Leiter des

Zentrums für Dopingprävention der Pädagogischen

Hochschule Heidelberg und seinem Team, die an dieser

Broschüre mitgearbeitet haben und die Euch dazu brin-

gen sollen, sich mutig und aktiv für einen sauberen Sport

einzusetzen.

Ich wünsche mir, dass diese Broschüre eine weite Ver-

breitung findet!

Viel Spaß beim Lesen und noch mehr Spaß beim aktiven

Handeln!

Ingo Weiss

1. Vorsitzender

der Deutschen Sportjugend

Frankfurt am Main, Dezember 2010

Vorwort

6

InhaltsverzeichnisSport ohne Doping! Reflektieren • Positionieren und Bewegen

7

InhaltTeil I Grundlagen des Leistungssports – Gefährdung durch

Medikamentenmissbrauch und Doping .................................... 81.1 Worum geht es beim Leistungssport? ...................................................................................................9

1.2 Wo liegt das Problem? ................................................................................................................................. 13

1.3 Was ist Doping? ................................................................................................................................................ 14

1.4 Wie entsteht die Versuchung zu Medikamentenmissbrauch und Dopingmentalität? .............................................................................................................................................. 16

1.4.1 Nahrungsergänzungsmittel (NEM), Schmerzmittel, Sportlergetränke – brauchen Sportlerinnen und Sportler solche Mittel? .............................................................................................................................16

1.5 Ist das Dopingproblem lösbar? ................................................................................................................. 19

Teil II „Für oder gegen Doping?“ – Wie verhalte ich mich im „Wettkampf der Argumente“? ....................................................20

2.1 Der Sieger hat immer Recht? – Soll der Klügere immer nachgeben? .....................................21

2.2 Wird Doping gelernt? ..................................................................................................................................... 23

2.3 Werden Sportlerinnen und Sportler zum Doping verführt? ..................................................... 27

2.4 Gegen Doping und für den Sport argumentieren ......................................................................... 29

2.5 Im Wettkampf der Argumente................................................................................................................... 31

2.6 Wie reagiere ich auf die Argumente der Dopingbefürworter? ............................................. 33

2.7 Wenn gar nichts mehr hilft ........................................................................................................................ 35

Teil III „Sich entscheiden lernen: Wie kann ich selbst über mich bestimmen?“ .............................................................................38

3.1 Im Dilemma zwischen Erfolgsorientierung – Werten und Regeln des Sports ............. 39

3.2 Zum Umgang mit einer typischen Versuchungssituation ..........................................................41

3.3 Typische Versuchungssituationen ...........................................................................................................47

3.4 Argumentieren und Entscheiden .............................................................................................................. 503.4.1 Medikamentenmissbrauch und Doping – ein Problem? ..........................................................................503.4.2 Stimmen für und gegen die Reduktion der Dopingliste ...........................................................................513.4.3 Dopingfreigabe – das kleinere Übel? ........................................................................................................543.4.4 Doping und Verantwortung .....................................................................................................................55

3.5 Das Autorenteam ............................................................................................................................................. 57

3.6 Literaturhinweise/Organisationen ............................................................................................................. 583.6.1 Aktuelle Buchveröffentlichungen .............................................................................................................583.6.2 Organisationen ........................................................................................................................................58

3.7 Links ......................................................................................................................................................................... 593.7.1 Internetadressen .......................................................................................................................................593.7.2 Arbeitsmedienmappe zur Dopingprävention ............................................................................................60

3.8 Projektpartner Dopingprävention ............................................................................................................... 61

8

Teil I Grundlagen des Leistungssports – Gefährdung durch Medikamentenmissbrauch und Doping

1

9

Wenn du Leistungssport treibst, erlebst du schöne Mo-

mente, aber auch gefährliche, unangenehme, riskante.

Die schönen Seiten des Sports stellen sich meist fast

von alleine ein; die dunklen Seiten kommen dagegen oft

schleichend daher und treffen junge Sportlerinnen und

Sportler unvorbereitet. Die negativen Seiten kannst du

weitgehend vermeiden, wenn dein Umfeld – deine El-

tern, dein Trainer, deine Trainerin, dein Arzt usw. – dich

rechtzeitig auf Risiken vorbereiten; du kannst dich aber

natürlich auch selbst informieren! Informations- und Re-

flexionsanstöße geben - genau das wollen wir, die Auto-

ren, mit dieser Broschüre: Mit dem Lesen der Texte und

dem Bearbeiten der Aufgaben soll dir ermöglicht werden,

Dinge selbständig zu beurteilen und unabhängiger

von deinem Umfeld zu werden. In der Fachsprache:

Wir wollen dir auf deinem Weg zur Mündigkeit im Sport

helfen.

Aus Unterhaltungen und Interviews mit gedopten wie

nicht gedopten Sportlerinnen und Sportlern wissen wir,

dass das Umfeld eine entscheidende Rolle spielt, welchen

Weg ein(e) Sportler/-in nehmen wird. Steht es eindeutig

für sauberen, fairen Sport, dann ist die Versuchung zur

Gefährdung ihrer Gesundheit, Missbrauch und Betrug

gering. Noch besser ist es allerdings, wenn du so ent-

scheidungsfähig wirst, dass du selbständig und verant-

wortlich mit Versuchungssituationen umgehen kannst!

Worum geht es? Stell’ dir mal vor, du gerätst in folgende

Situation: du bist der Schüler/die Schülerin, wie wirst du

entscheiden?

Du stehst kurz vor der entscheidenden Klausur in Mathematik und

fühlst dich recht unsicher. Da erfährst du, dass es ein Mittel gibt,

mit dem du beim Lernen für die Klausur länger wach und konzen-

triert sein kannst; auch für die Klausur selbst ist bei Einnahme des

Mittels garantiert, dass du toll konzentriert sein wirst; zwar könnte

es für deinen Körper schädlich sein, aber die Prüfung muss unbe-

dingt gut werden. Du würdest dir damit einen Vorteil gegenüber

deinen Klassenkamerad/-innen verschaffen. Würdest du es nehmen

oder auf die Einnahme dieses Mittels verzichten?

In Versuchungs- und Entscheidungssituationen geraten

also nicht nur Leistungssportler/-innen. Die Entschei-

dung fällt schwerer, wenn du auf solche Situationen

nicht vorbereitet bist und dir vorher nicht einige Dinge

klar gemacht hast: Werde ich mir möglicherweise negati-

ve gesundheitliche Folgen einhandeln? Verhalte ich mich

fair meinen Klassenkamerad/-innen gegenüber? Beweise

ich durch die Einnahme eines solchen Mittels nicht mir

selbst, dass ich ohne Verwendung von solchen Mitteln

das Gewünschte nicht leisten kann (was im Zweifelsfall

zu noch mehr Unsicherheit führt und zum Problem, dass

ich in ähnlichen Situationen immer wieder zu „unterstüt-

zenden Präparaten“ greifen werde)? Der Körper vergisst

nichts – zumindest langfristig.

Kann ich eine erfolgreiche Leistung überhaupt noch mit

meinen eigenen Fähigkeiten in Verbindung bringen oder

doch eher mit der Wirksamkeit von Medikamenten?

Über deine Einstellung zur Verwendung von Mitteln, die

nicht zur Wiederherstellung oder zum Erhalt deiner Ge-

sundheit, sondern ausschließlich zur Leistungssteigerung

eingesetzt werden, solltest du in einer ruhigen Minute –

am besten zusammen mit Freundinnen und Freunden –

mal etwas ausführlicher nachdenken, ebenso über kurz-

und langfristige Folgen von Entscheidungen.

Nun zu einer Situation im Sport, denn Versuchungssitua-

tionen gibt es natürlich nicht nur im Alltag, sondern auch

im Leistungssport:

Deine Mannschaft befindet sich in einer entscheidenden Spielphase;

es steht unentschieden. Kurz vor Spielende bricht ein Gegner durch

und erhält dadurch die Chance, das Spiel für seine – die gegnerische

Mannschaft – zu entscheiden. Du befindest dich direkt hinter ihm

und könntest ihn durch ein Foul stoppen.

• Würdest du ihn foulen?

1.1 Worum geht es beim Leistungssport?

10

• Würdest du ihn foulen, wenn es um den Abstieg deiner

Mannschaft gehen würde?

• Würdest du ihn foulen, wenn damit die Teilnahme an

der Weltmeisterschaft gesichert werden könnte?

Bei Entscheidungen in Versuchungssituationen geht es

nicht nur um die Einnahme von Leistung steigernden

Mitteln, sondern ganz allgemein um das Erlangen eines

Vorteils oder um den Verzicht darauf. Für manche Situ-

ationen gibt es Regeln, die eingehalten werden müssen,

weil sonst ein fairer Wettkampf nicht möglich ist (forma-

le Regeln, wie du sie im Regelbuch deiner Sportart finden

kannst). Darüber hinaus gibt es aber informelle Regeln,

mit denen formuliert wird, welches Verhalten und Han-

deln von einem fairen Sportler oder Sportlerin erwartet

wird.

Im genannten Beispiel geht es unter anderem darum,

dass du auch für die Gesundheit deines „Gegners“/dei-

ner „Gegnerin“ mitverantwortlich bist – wenn du ihn/

sie foulst, riskierst du möglicherweise eine schmerzhafte

und folgenreiche Verletzung. Zum Leistungssport gehö-

ren Siege, aber auch Niederlagen. Zu verlieren ist oft sehr

bitter. In einem Wettkampf gibt es nur einen Sieger, da-

gegen viele „Verlierer“. Die Art und Weise, wie es dir ge-

lingt, eine „Niederlage“ zu verdauen, entscheidet darüber,

ob du das Fair Play-Prinzip verinnerlicht hast. Im Übri-

gen gab und gibt es Spiele ohne Schiedsrichter/-innen.

Die „Gegner“ müssen selbst regeln, wie eine Situation zu

entscheiden ist, ob z.B. ein Ball im Aus war. Wenn da je-

der/jede nur auf seinen/ihren Vorteil bedacht ist, ist ein

Wettkampf nicht mehr möglich, z.B. beim Fußballspielen

im Schwimmbad oder am Strand.

ist ein Begriff, der ein bestimmtes sportliches Verhal-

ten kennzeichnet, das über die bloße Einhaltung von

Regeln hinausgeht. Es beschreibt eine Haltung der

Sportlerinnen und Sportler: Achtung und Respekt vor

dem sportlichen Gegner und Wahrung seiner physi-

schen und psychischen Unversehrtheit. Der sportli-

che Gegner wird als Partner gesehen oder zumindest

als Gegner, dessen Würde es zu achten gilt, selbst im

härtes ten Kampf.

Fairplay (Fairness) gebietet also:

• die Anerkennung und Einhaltung der

Wettkampfregeln,

• den partnerschaftlichen Umgang mit dem

Gegner/der Gegnerin,

• auf gleiche Chancen und Bedingungen zu

achten,

• das Gewinnmotiv zu „begrenzen“ (kein Sieg um

jeden Preis),

• Haltung in Sieg und Niederlage zu bewahren.

Fair Play ist also eine bestimmte Einstellung sowie

eine Art zu denken, nicht nur eine Art des Verhaltens.

Es zielt ab auf die Beseitigung von Tricks, Gewalt und

Betrug. Vor allem der Gebrauch von Doping-Mitteln

ist ein eklatanter Verstoß gegen den Geist des Fair

Play. (http://de.wikipedia.org/wiki/Fair_Play)

Fair Play

RegelnDurch Gesetze und Regeln wird das Zusammenleben

von Menschen geregelt. Bei den geschriebenen Regeln

gibt es bei einem Verstoß so genannte harte Sanktionen

(z.B. Gefängnisstrafe, im Sport eine Spielsperre, rote

Karte usw.), bei den informellen Regeln weiche Sank-

tionen wie Ausschluss aus der Gruppe oder Nichtbe-

achtung. Gesetze und Regeln sind Vereinbarungen, sie

können weiterentwickelt oder verändert werden.

Regeln sollten als Basis allgemein verbindliche morali-

sche Kriterien haben. Deshalb sollten sie auch immer

wieder auf ihren Sinn hin überprüft werden. Wer Re-

geln aufstellt, muss auch damit rechnen, dass sie über-

treten werden. Sanktionen sollen die Wahrscheinlich-

keit des Einhaltens von Regeln erhöhen.

11

Ein weiteres Problem kannst du an folgendem Fall er-

kennen:

Bei einer Matheklausur kommt ein Schüler mit einer Aufgabe

nicht zurecht. Er erinnert sich genau, gestern eine ähnliche Aufgabe

gelöst zu haben, aber jetzt weiß er nicht weiter. Da bekommt er von

seinem Nachbarn einen Zettel zugeschoben; auf diesem entdeckt er

den Hinweis zur Lösung dieser Aufgabe. Erleichtert macht er sich

an die Arbeit.

Ist dir das auch schon passiert? Ist doch schön, wenn man

Hilfe bekommt? Ein bisschen Mogeln muss doch schließ-

lich erlaubt sein?!?! Die Geschichte geht allerdings weiter:

Einige Tage später erfährt der Schüler, dass er die schlechtes-

te Note, eine 6, bekommt und zwar wegen eines Täuschungs-

versuchs! Der ihm zugeschobene Lösungsweg der schwierigen

Aufgabe war nicht nur falsch, sondern darüber hinaus auch

noch identisch mit jenem seiner Nachbarn. Pech gehabt, oder?

Kannst du aus dem Fall etwas für deinen Leistungssport

lernen? Heutzutage kommt es oft vor, dass Jugendliche

Ratschläge von Freunden, Trainerinnen und Trainern

u.a.m. erhalten, ähnlich wie in dem geschilderten Fall.

Und wahrscheinlich scheint dir zunächst einleuchtend,

dass du dir durch Befolgen des Tipps einen Vorteil ver-

schaffen kannst. Zum Beispiel, um dich besser zu fühlen,

um deine Leistung zu steigern, um Schmerzen in Training

und Wettkampf besser aushalten zu können. Woher weißt

du, dass der Einflüsterer Recht hat? Du weißt es nicht, du

glaubst es nur? Weil er ein guter Freund oder beliebter

Trainer ist? Glauben heißt nicht wissen, das dicke Ende

kommt aber möglicherweise kurz- oder langfristig nach.

Ob du Informationen trauen kannst oder ob du dir

nicht möglicherweise negative Wirkungen einhan-

delst, weißt du nur, wenn du dich umfassend in-

formierst, schließlich geht es um deine Gesundheit

und deine Zukunft! Ähnlich sieht es im Umgang mit

Werbung aus. Wenn man dieser alles glauben würde, wäre

die Nahrung heute völlig unzureichend und du müss-

test ständig Vitamine und Nahrungsergänzungsmittel

nehmen, um gesund zu bleiben und in anspruchsvollen

Situationen (Klassenarbeiten, Wettkämpfe etc.) leistungs-

fähig zu bleiben. Dieser Bereich ist eine Gelddruckma-

schine für die Verkäufer; wenn du nicht informiert bist

und kaufst, machst du den Verkäufer reich und dich arm!

Fazit: Glaube nicht alles, was du hörst, informiere dich

und entscheide selbst!

ZitatDr. Helmut Oberritter (Geschäftsführer der Deutschen

Gesellschaft für Ernährung): “Die Umsetzung einer vollwer-

tigen, gemüse- und obstreichen Ernährung bringt nicht nur

Genuss, sondern hält auch fit und gesund. Nahrungsergän-

zungsmittel sind dann nicht nötig, zumal auch die Nationale

Verzehrsstudie II gezeigt hat, dass es trotz nicht immer op-

timalen Ernährungsverhaltens angesichts einer guten Nähr-

stoffversorgung der Bevölkerung keine Notwendigkeit gibt, zu

Supplementen zu greifen“.

Professor Dr. Bernhard Watzl (Max-Rubner-Institut,

Karlsruhe): „Über die Wirkung von Nahrungsergänzungs-

mitteln gibt es bislang keine Studien mit vergleichbarer pro-

tektiver Wirkung wie für Gemüse und Obst. Ergebnisse aus

dem Reagenzglas können nicht auf den menschlichen Körper

übertragen werden, da hierbei nur Einzelsubstanzen und nicht

die Komplexität gering verarbeiteter Lebensmittel berücksich-

tigt werden.“ (April 2010, http://www.gourmet-report.de/

artikel/336642/Fuer-den-Koerper-das-Beste-Obst-und-Ge-

muese-statt-Vitaminpillen.html)

Und es könnte noch komplizierter werden, denn oft geht

es darum, ob du bereit bist, deine natürlichen Grenzen

zu akzeptieren oder sie zu Lasten deiner Gesundheit und

Zukunft verschieben willst:

Bei Deutschen Meisterschaften, Europameisterschaften, Welt-

meisterschaften oder Olympischen Spielen hast du den End-

kampf erreicht. Solltest du gewinnen, winken dir Ruhm, öf-

fentliche Aufmerksamkeit, Sponsoring, Berufschancen usw. Da

bietet dir dein Arzt eine Pille mit der Bemerkung an, die Ein-

nahme würde dir den Sieg garantieren. Allerdings würden 50%

derjenigen, die die Pille konsumieren, im Verlauf der nachfol-

genden 12 Monate sterben. Würdest du die Pille akzeptieren?

Wenn es „nur“ um Kreis- oder Deutsche Meisterschaften

geht und mit der Einnahme ein Sterberisiko verbunden

ist, fällt eine Entscheidung wahrscheinlich leicht, viel

schwerer dagegen, wenn z.B. ein Olympiasieg winkt.

Nationale Ver-zehrsstudie ist eine bundeswei-te Erhebung zur Ernährungssi-tuation von Ju-gendlichen und Erwachsenen

Supplement Ersatzstoffe

Protektiv schützend, vor-beugend

12

Auf eine entsprechende Frage haben bei früheren Befra-

gungen rund 50% der Spitzensportler/-innen geantwor-

tet, sie würden das Mittel nehmen. D.h. im Spitzensport

sind nicht wenige bereit, ohne Rücksicht auf Verluste zu

handeln und auch unerlaubte und gesundheitsschädigen-

de Mittel zu verwenden, auch um den Preis des eigenen

Lebens. Du solltest dir rechtzeitig überlegen, ob du bereit

bist, zwar deine Grenzen auszuloten, sie durch Training

und systematisches Üben in einem gewissen Umfang hi-

nauszuschieben, sie dann aber auch zu akzeptieren, d.h.

in einer Art und Weise Sport zu betreiben, die du in spä-

teren Jahren nicht bereuen wirst.

Auf den nachfolgenden Seiten geht es darum, dass du

eine Vorstellung davon entwickelst, wie für dich sinnvol-

les Sporttreiben aussehen soll. Es geht darum, ob nur der

Sieg als Ziel im Vordergrund steht oder ob es auch um

Ziele wie Wohlbefinden, Lebensfreude, Freundschaft,

Respektieren des Gegners oder der Gegnerin usw. geht.

Wir wollen dir ein paar Denkanstöße geben, aber ohne

pädagogisch erhobenen Zeigefinger – Entscheiden musst

du selbst, wie es mit deinem Leistungssport weitergehen

soll!

Aufgabe:Handeln von Jugendlichen im Sportverein wird oft

durch Vorbilder (z.B. ein(e) herausragender(e) Sport-

ler/Sportlerin, ein(e) erfolgreiche(r) Trainer oder Trai-

nerin) beeinflusst. Was zeichnet in deinen Augen ein

gutes Vorbild aus, was ist dir bei Vorbildern wichtig?

Welche Folgen es hat, wenn Sportlerinnen und Sportler

wenig Verantwortung für ihre Sportart, aber auch für ih-

ren Verein, Verband oder Land tragen wollen, kannst du

am Beispiel des Radsports sehen. Dort haben Dopingfäl-

le dazu geführt, dass die ganze Sportart in Verruf gekom-

men ist und als Leistungssport in Deutschland erheblich

geschädigt ist. Deutschland ist heute ein anderes Rad-

sportland als vor dem Skandal im Jahr 2006, Radfahren

ist zwar eine Massenbewegung, sowohl bei Volksrennen

wie auch bei Radtouristik, aber nicht mehr beim Leis-

tungssport.

ZitatDer langjährige Manager des Radteams Gerolsteiner, Hans-Mi-

chael Holczer, zur Frage, ob die Freigabe von Doping eine Lösung

wäre: „Überhaupt nicht. Doping freizugeben, hieße in letzter Kon-

sequenz, dass man die Selbstzerstörung des Körpers freigibt. Do-

ping ist – und daran führt kein Weg vorbei – in unterschiedlichen

Formen und unterschiedlichen Auswirkungen mit unterschiedlichen

Folgen immer gesundheitsschädlich. Ob sie im Körper den Schmerz

ausschalten, den Körper überlasten oder ihn in anderer Art mani-

pulieren. Allein was Wachstumshormon bewirken kann. So lange

unsere Gesellschaft Sterbehilfe in Frage stellt und weiter, aus meiner

Sicht richtige, humane Ziele verfolgt, kann man Doping nicht freige-

ben. Wenn wir es freigeben, dann sind wir in einer Freakshow und

der sportliche Wert ist ganz weg.“

Diese Aufgabe kannst du alleine oder mt einem Partner beantworeten

13

In einer modernen demokratischen Gesellschaft hat der

Einzelne viel mehr Freiheiten als in früheren Gesellschaf-

ten. Töchter und Söhne müssen nicht unbedingt die glei-

chen Berufe erlernen oder Lebenswege gehen wie ihre

Eltern; der Staat nimmt dir heute nur wenige Entschei-

dungen zu deinem Lebensweg ab. Das heißt, du kannst

in der Gesellschaft auf- und absteigen; vieles hängt von

deinen Entscheidungen und von deinen Vorlieben und

Abneigungen ab. Begabung, Fleiß und Anstrengung sind

heute wichtiger als die Zugehörigkeit zu einer bestimm-

ten Schicht z.B. früher zum Adel. Damit musst du aber

zugleich auch mehr selbst entscheiden und verantworten

als frühere Generationen; viele empfinden dies als Ent-

scheidungsdruck, mit dem sie nicht zurechtkommen.

Druckempfinden verleitet nicht wenige zum Griff zur

Pille. Seit geraumer Zeit nimmt dieser Trend zu. Niemand

zwingt die Menschen direkt dazu, aber Einflüsterungen

und Werbung führen zur Situation, dass immer mehr

Menschen glauben, ihre Leistungsfähigkeit mit Tabletten

steigern zu müssen oder alle Probleme mit Pillen lösen

zu können. Wer sinnvoll mit dem Problem umgehen und

seine Entscheidung unabhängig von solchen Einflüssen

treffen will, muss informiert sein und darüber reflektie-

ren können.

Wettkampfsport scheint eine Alternative zur von vielen

so empfundenen Regel- und Orientierungslosigkeit des

Alltags zu bieten und könnte – richtig betrieben – sogar

ein Vorbild für eine moderne Leistungsgesellschaft sein.

Jede Sportart hat eindeutige Ziele und gibt an, wie sich

diejenigen verhalten müssen, die an Wettkämpfen teil-

nehmen. Regelverstöße ziehen Konsequenzen nach sich

– sofern sie beobachtet oder entdeckt werden, so auch

die Dopingregeln. Diese besagen: Verboten ist, was auf

der Dopingliste von WADA und NADA steht. Kennst du

die Regeln, weißt du genau, was verboten ist? Nur Emp-

fehlungen gibt es zur Grauzone der Dinge, die nicht oder

noch nicht auf der Verbotsliste stehen, nämlich zur Ver-

wendung z.B. von Nahrungsergänzungs-, Schmerzmitteln

oder Koffein. Meist wissen die Konsumenten nur etwas

zu (oft vermeintlichen)

Wirkungen, aber wenig

oder nichts zu Neben-

wirkungen. Weißt du

z.B., dass du bei der Verwendung von Aspirin in höherer

Dosierung im Extremfall etwa bei einem unglücklichen

Sturz schon verbluten

kannst? Oder dass Vi-

tamine auch massive

negative Wirkungen

haben können?

(Mehr dazu findest du auf Seite 20)

Wissen ist also eine wichtige Voraussetzung, sein Sport-

treiben aber auch seine Lebensführung insgesamt sinn-

voll gestalten zu können.

1.2 Wo liegt das Problem?

Grundlagen des WettkampfsportsDas Wesen des Wettkampfsports wird durch die infor-

melle Fair-Play-Regel und die Vorgaben zur Chancen-

gleichheit bestimmt. Zusätzlich spielen die Gesund-

heit der Sportlerinnen und Sportler und der Schutz

des Ansehens der jeweiligen Sportart eine wesentliche

Rolle. Im Leistungssport sollen Leistungen gezeigt

werden, die mit den eigenen geistigen und körperli-

chen Möglichkeiten erbracht werden. Das Prinzip der

Chancengleichheit versucht, den Schutz gleicher Wett-

kampfbedingungen zu gewährleisten. Medikamenten-

missbrauch und Doping verletzen diese Grundsätze

und schädigen Sportler/-innen und Sport. Der Sport

hat sich seine Regeln selbst gegeben, also muss er auch

selbst für eine strikte Regeleinhaltung sorgen, auch bei

den Dopingregeln: Doping ist kein Kavaliersdelikt!

14

Im Alltagssprachgebrauch wird der Begriff Doping heu-

te verharmlost. Da werden in der Werbung „Haare oder

Computer“ gedopt und alles, was zu Leistungssteigerun-

gen führt, hoch gelobt. Solche sehr positiven Darstellun-

gen von Doping und Leistungssteigerung erschweren die

Aufgabe der Prävention im (Leistungs-) Sport, weil der

Eindruck vermittelt wird, Doping sei etwas Normales

und verstoße nicht gegen Regeln. Regeln sind veränder-

bar, auch die Dopingregeln; wer mit den derzeitigen Re-

geln nicht einverstanden ist, soll sich offen für eine Ver-

änderung einsetzen. Bevor sie nicht verändert sind, sind

sie einzuhalten. Das Leben im Leistungssport würde un-

erträglich werden, wenn jede(r) jederzeit selbst entschei-

den könnte, welche Regeln einzuhalten sind und welche

nicht.

Doping ist ein Begriff, der nur für den lizenzmäßig be-

triebenen Wettkampfsport im WADA- und NADA-Code

geregelt ist. Trotz dieser Definition besteht eine Grauzo-

ne zwischen Doping und Nichtdoping, z.B. in Form von

Grenzwerten bestimmter Stoffe oder in Form von ver-

unreinigten Nahrungsergänzungsmitteln. Solche Grenz-

werte werden nicht selten genutzt, um eine Form des

Dopings zu realisieren, die nicht bestraft werden kann,

solange die Analysen geringere Werte anzeigen. Dennoch

ist dies aus unserer Sicht Doping, auch wenn Trainer oder

Ärzte hier etwas anderes erzählen sollten.

Doping ist alles, was jenseits der natürlichen Möglichkei-

ten liegt und meistens mit Hilfe von Medikamenten Fol-

gendes bewirkt:

Doping soll….

den entscheidenden Kick ermöglichen (Amphetamin, •Koffein).

über Ermüdung und Überlastung hinwegtäuschen •(Amphetamin).

Schmerz unterdrücken (schmerzstillende Mittel). •

die Muskelkraft erhöhen (anabole Steroide). •

die Sauerstoffversorgung der Muskulatur und die •Ausdauer steigern (Erythropoietin usw.).

das Selbstvertrauen erhöhen (Kokain, Kortison •usw.).

Stress abbauen (Betablocker, Cannabis usw.). •

die Gene zum Zweck der Leistungssteigerung mani- •pulieren.

Doping ist der Versuch, seine eigenen Grenzen zu spren-

gen, um im Wettkampf der Bessere oder der Beste zu

sein, ohne Rücksicht auf die eigene Zukunft, auf sei-

ne Gesundheit und auf die Folgen für andere und die

Gesellschaft. Dabei wird nicht nur dem, der nicht dopt,

Schaden zugefügt! Doping widerspricht den grundlegen-

den Werten und Prinzipien des organisierten Sports. Es

kann der Gesundheit der/des Dopenden schaden, ver-

letzt die Gebote der Chancengleichheit und der sportli-

chen Fairness und gefährdet Gegenwart und Zukunft des

organisierten Sports!

1.3 Was ist Doping?

WerteWerte drücken Vorstellungen über das Wünschens-

werte aus und sollten verbindliche Grundlagen unse-

res Handelns sein. Zentrale Werte sind z.B. Freiheit,

Solidarität, Gleichheit oder weitergehend die Würde

und Freiheit des Menschen. Sie sind Leitvorstellungen,

an denen sich unser Handeln ausrichten sollte.

15

Versuche der Leistungssteigerung ohne Rücksicht auf

Verluste sind auch schon mit Nahrungsergänzungsmitteln,

Schmerzmitteln u.a.m. möglich. Deshalb ist Klarheit not-

wendig, was unter „Medikamentenmissbrauch“, „Substi-

tution“ und „Dopingmentalität“ zu verstehen ist:

Bei der Substitution • handelt es sich um das Ersetzen

verbrauchter Substanzen im Körper, z.B. Salzverlust

beim Schwitzen. Sinnvolle Substitution ist der Ersatz

von Stoffen im Körper, bei denen ärztlich eine Man-

gellage festgestellt wird, z.B. von Eisen. Bei sehr har-

ten körperlichen Belastungen (z.B. bei einem Mara-

thonlauf) kann Substitution sinnvoll

sein; bei einem normalen Training

und nur kurz dauernden Wettkämp-

fen ist Substitution nicht notwendig.

Die Verwendung von Hormonen

oder Kreatin fällt auf keinen Fall

unter den Begriff der Substitution.

Im Normalfall dürfte eine gesun-

de, ausgewogene Ernährung und

ausreichender Schlaf dem Körper

wesentlich besser bekommen als die

Belastung mit Medikamenten oder

mit anderen Pillen (z.B. Nahrungs-

ergänzungsmitteln)!

Medikamentenmissbrauch: • Hier

handelt es sich um den Gebrauch

von Medikamenten zu einem an-

deren Zweck als zur Heilung von

Krankkeiten. Er liegt immer dann

vor, wenn ohne zwingenden me-

dizinischen Grund Medikamente

eingenommen werden. Doping

und Medikamentenmissbrauch im

Sport haben ein wichtiges Merk-

mal gemeinsam: Es wird versucht,

auf künstlichem Wege unter Aus-

blenden von Gefahren und Risiken

angestrebte Ziele um jeden Preis zu

erreichen. Ärzte oder Ärztinnen,

Apotheker oder Apothekerinnen,

die Gesunden Medikamente ver-

schreiben, verstoßen gegen ihren

Berufseid und geltendes Recht.

Der Begriff Dopingmentalität • steht für die Be-

reitschaft, seine natürlichen Grenzen mit Hilfe von

künstlichen Mitteln zu verändern, mehr aus sich raus-

zuholen, als normalerweise möglich wäre. Sie kann ab

der frühesten Kindheit entstehen, etwa durch frühe

Gabe von Vitaminen, Nahrungsergänzungsmitteln,

durch Einnahme von Schmerzmitteln (wenn Schmer-

zen nur befürchtet werden) oder durch die Anwen-

dung von Medikamenten zum Bestehen in Leistungs-

situationen. Im Kopf setzt sich dann meist fest: Ich

bin nicht ausreichend fit, wenn ich nichts nehme.

16

Die Versuchung wird groß, wenn Sportlerinnen und

Sportler mit dem Hinausschieben ihrer Leistungsgrenzen

auf natürlichem Weg (Training, Ernährung, Schlaf usw.)

nicht zufrieden sind oder schneller zu Erfolgen kommen

und Niederlagen vorbeugen wollen. Oft sind überhöh-

te Erfolgserwartungen (z.B. durch Trainer/-in, Eltern,

Verein, Verband) oder Einflüsterungen (durch Werbung,

Freund/-innen, Bekannte, Dealer/-innen) im Spiel.

Interne (im Sportler/ in der Sportlerin liegende) Gründe

für den Einsatz solcher Mittel können z.B. sein:

Nachteile durch Verletzung oder Alterung ausglei- •chen wollen,

Abbau von Stress, •

Dämpfung von Angst, •

Ausgleich von Minderwertigkeitskomplexen. •

Beispiele für externe Gründe:

Selektionsdruck: Ich will auf jeden Fall eine Kaderzu- •gehörigkeit oder die Zugehörigkeit zu einer National-

mannschaft erreichen,

Wettkampfhäufigkeit: Es bleibt zu wenig Zeit für Re- •generation und den sinnvollen Wechsel zwischen Be-

lastung und Erholung,

Weltklasseleistungen und Rekorde, die selbst bei •höchstem Talent ohne Doping nicht zu erreichen

sind.

Im Fitnessport kommen heute weitere Gründe hinzu,

vor allem der Wunsch nach einem idealen Körper.

1.4.1 Nahrungsergänzungsmittel

(NEM),Schmerzmittel,

Sportlergetränke–brauchen

SportlerinnenundSportler

solcheMittel?

Viele Sportler und Sportlerinnen meinen, körperliche

Belastungen seien nur noch unter Zuhilfenahme solcher

Mittel auszuhalten. Für diese Mittel stellt sich die gleiche

Frage wie beim Medikamentenmissbrauch: Brauchen ge-

sunde Sportler und Sportlerinnen solche Mittel? Im Aus-

nahmefall ja!

Was aber ist ein Ausnahmefall:

Wenn du krank bist. •

Wenn in deinem Körper bestimmte Defizite durch •eine medizinische Untersuchung nachgewiesen sind.

Wenn du einen mehrstündigen Wettkampf (etwa •einen Marathonlauf oder einen Langtriathlon) ab-

solvierst oder dein Alltag, dein Training oder deine

Wettkämpfe von kurzer Dauer geprägt werden - sind

das etwa Ausnahmefälle?

Die Werbeversprechen hierzu sind oft euphorisch und

viel versprechend; die massive Werbung vor allem für

1.4 Wie entsteht die Versuchung zu Medikamentenmissbrauch und Dopingmentalität?

17

Nahrungsergänzungsmittel (NEM) hat dazu geführt,

dass besonders gesundheitsbewusste Menschen regelmä-

ßig NEM nehmen, obwohl sie eigentlich keinen Bedarf

haben.

Trotz dieser Regelung wird meist nicht über mögliche

Nebenwirkungen berichtet, sondern im Gegenteil nur

über zu erwartende, positive (meist wissenschaftlich nicht

abgesicherte) Wirkungen. Vor allem von dem Kauf von

Nahrungsergänzungsmitteln aus dem Internet raten wir

dir wegen den häufig vorkommenden Verunreinigungen

dringend ab, sie können zu einer positiven Dopingprobe

führen. Aber auch der Kauf von Nahrungsergänzungs-

mitteln in Supermärkten, Drogeriemärkten und Apothe-

ken bietet dir keine Gewähr.

Ohne Mangelerscheinungen genügt für den Alltag – auch

für deinen Sportalltag – in der Regel eine abwechslungs-

reiche, ausgewogene Ernährung. Dadurch verminderst

du die Gefahr, einen positiven Befund bei einer Doping-

kontrolle zu haben und hast auch keine unerwünschten

Nebenwirkungen zu erwarten. Zwar wird oft suggeriert,

es gebe keine Überdosierungen und keine Gefahren bei

Nahrungsergänzungsmitteln, aber bei der Einnahme von

Konzentraten über längere Zeiträume musst du dir klar-

machen, dass du in komplexe Regel- und Steuerungsme-

chanismen deines Körpers eingreifst. Oft wird nicht nur

ein Produkt eingenommen, sondern eine Vielzahl. Die

verschiedenen Wechselwirkungen sind meist nicht be-

kannt und auch nicht abzuschätzen. Wenn du Glück hast,

sind solche Mittel nur teuer, aber nicht schädlich.

Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmitteln in natür-

licher Form nicht überlegen und es gibt in unseren Brei-

ten praktisch keine ernährungsbedingte Mangelsituation:

Wenn eine Mangelsituation entsteht, dann weil im Durch-

schnitt zu wenig frisches Gemüse und Obst verzehrt

wird; Ernährungsfehler lassen sich nicht durch NEM be-

seitigen. Es gibt also viele gute Gründe, dass du dich aus-

führlich mit sinnvoller Ernährung beschäftigst und nicht

nach Mitteln suchst, die dich vermeintlich leistungsfähi-

ger machen. Du brauchst dich nicht jeden Tag perfekt

zu ernähren, um gesund zu bleiben, aber insgesamt soll-

te die Ernährung vielfältig und ausgewogen sein, mög-

lichst Obst und Gemüse beinhalten und im Wesentlichen

nicht industriell verarbeitet sein. Der Satz „Vorbeugen

ist besser als Heilen“ gilt für eine vollwertige Ernährung,

nicht aber für NEM. Nahrungsergänzungsmittel und

Sportlergetränke sind kein Ersatz für eine sinnvolle

Ernährung, eine gesunde Lebensweise und den Auf-

enthalt an der frischen Luft!

NEMWas sind Nahrungsergänzungsmittel (NEM)?

NEM zählen zu den Lebensmitteln und sind dazu be-

stimmt, die allgemeine Ernährung zu ergänzen; dies

bedeutet, dass ihr Effekt nicht über die Wirkung nor-

maler Ernährung hinausgehen darf. Ist eine größere

Wirkung zu erwarten, sind NEM als Arzneimittel zu

deklarieren und müssen dann auf ihre gesundheitliche

Unbedenklichkeit überprüft werden.

WERBUNGMit Nahrungsergänzungsmitteln werden zur Freude

der Hersteller Milliardenumsätze gemacht. Geschätz-

te Zahlen für 2007 für die USA 15 Milliarden Dollar,

für Deutschland 1,3 Milliarden Euro. Die Anbieter

werben für ihre Produkte mit angeblicher Natürlich-

keit und Unbedenklichkeit. Vor allem, wenn Produkte

über längere Zeit in hohen Dosen genommen werden,

birgt die Einnahme erhebliche Risiken. Zudem kön-

nen solche Mittel Dopingsubstanzen enthalten. Man

sollte sein schönes und sauer verdientes Geld nicht der

Pharma-Industrie hinterherwerfen! (Prof. Dr. Horst

Pagel, Universität Lübeck)

Das Motto der Werbung: „Wenn ein Mittel von nie-

mandem benötigt wird, dann muss man eben den Be-

darf dafür wecken!“

Die Werbung will dir Defizite einreden, die du im

Normalfall nicht hast, und vermittelt dir die Illusion,

du könntest Vorräte bilden, was du nicht kannst. Das

Ziel der Werbung ist es, die Nachfrage zu erhöhen und

den Umsatz zu steigern – es geht nicht um die Förde-

rung deiner Gesundheit und Leistungsfähigkeit! Eine

sinnvolle Vorbeugung und Vorbereitung geht nur über

eine gesunde Lebensführung, das ist letztlich preis-

werter und vor allem gesünder!

18

Was im Zusammenhang mit Nahrungsergänzungsmitteln

noch erwähnt werden sollte, ist die Darreichungsform:

Pille, Tablette, Dragee, Pulver oder ähnliche Formen.

Diese Formen machen NEM Arzneimitteln ähnlich und

transportieren unterschwellig ein Heilversprechen. Es ist

zunehmend schwierig zu unterscheiden, ob die Pille, die

ich einwerfe, ein Nahrungsergänzungsmittel, ein Arznei-

mittel oder gar eine Partydroge ist.

Wie bei den Dopingmitteln sind auch bei Nahrungser-

gänzungsmitteln meist nur versprochene Wirkungen,

selten aber mögliche unerwünschte Nebenwirkungen be-

kannt; hierzu einige Beispiele:

Vitamin C • stärkt das Immunsystem – Gefahr: Herz-

schädigung, Nierensteine

Eisen • wirkt gegen Müdigkeit und Erschöpfung – Ge-

fahr: Leber- und Herzschäden

Zink • stärkt das Immunsystem – Gefahr: begünstigt

Bakterien und Pilze im Körper

Kreatin • steigert Maximalkraft, Schnellkraft, Schnel-

ligkeitsausdauer – Gefahr: Muskelverletzungen

Die kritischste Nebenwirkung • : Nahrungsergän-

zungsmittel fördern die Entwicklung von Doping-

mentalität.

ZitatStellungnahme des Wissenschaftlich-Medizinischen Beirats des

DSB (14. Oktober 2005, Frankfurt am Main) zum Thema

Nahrungsergänzungsmittel: „Der Beirat gibt zu bedenken, dass

seitens der Sportmedizin seit Jahren ein vernünftiger Umgang

mit Nahrungsergänzungsmitteln angemahnt wird, weil solche

nur in bestimmten Situationen und bei gezielter Indikation er-

forderlich sind. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass die

regelmäßige Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln den

Glauben an die Machbarkeit von sportlichen Leistungen durch

Präparate jedweder Art fördert und damit zu einer Zunahme

der Dopingmentalität beitragen kann. Schließlich ist ein mög-

liches Risiko kontaminierter Produkte, falls nicht jede Charge

kontrolliert wird, nicht auszuschließen.“

Indikation in der Medizin das „Angezeigtsein“ einer bestimm-ten Behandlung

kontaminiert verunreinigt, verseucht

Charge (von charger ‚beladen‘, ‚beauftragen‘) bezeichnet: allgemein eine Menge, in diesem Fall eine Produktions-serie

Weitere Hinweise zu Nahrungsergänzungsmitteln:

www.koelnerliste.com

19

Der Wunsch, Medikamentenmissbrauch und Doping

könnten ein für alle Mal „ausgerottet“ werden, ist zwar

verständlich, aber nicht erfüllbar. Wo es Regeln gibt, gibt

es auch die Versuchung, diese zu brechen, Regelverstö-

ße sind eine „Normalität“, der wir uns stellen müssen.

Wer den Wunsch nach der endgültigen „Lösung“ äußert,

sollte sich überlegen, ob er/sie nicht ein heimlicher Be-

fürworter der Freigabe von Doping ist. So lange es diese

Gesellschaft und diesen Leistungssport gibt, kann Me-

dikamentenmissbrauch oder Doping nicht völlig ausge-

schlossen werden. Zur Verringerung des Problems helfen

nur Prävention (was können wir tun, dass junge Men-

schen in Versuchungssituationen nein sagen können?),

Repression (Kontrollen, Analysen, Bestrafung), For-

schung, Transparenz und Sportorganisationen sowie

Staat und Gesellschaft, die es bei der Bekämpfung von

Medikamentenmissbrauch und Doping ernst meinen.

Dabei ist weniger entscheidend, ob Gesetze verschärft

werden, sondern ob der Wille zur Bekämpfung bei allen

Beteiligten gegeben ist. Jeder kann hierzu seinen Beitrag

leisten, auch du!

Wichtiger als Fragen wie

Welche Substanzen und Methoden sollen auf die Do- •pingliste, welche nicht?

Sind Grenzwerte, bis zu denen etwas genommen •werden kann, angemessen oder müssen sie verändert

werden?

Ist es sinnvoll, Dinge wie Infusionen (ab 50ml), die •nicht kontrolliert werden können, auf die Verbotsliste

zu setzen?

sind für uns solche Fragen:

Wie entsteht Dopingmentalität? •

Wie entwickelt sie sich? •

Welche Faktoren beschleunigen ihre Entwicklung ? •

Wie kann diese gebremst oder sogar vermieden wer- •den?

Das Vermitteln von Wissen und das Anleiten zu Argu-

mentations-, Reflexions- und Entscheidungsfähigkeit ist

hierbei ein wichtiger Schritt. Wir haben Vertrauen in dei-

ne Entscheidungsfähigkeit, die sich bei dieser Vorgehens-

weise, z.B. beim Durcharbeiten der nachfolgenden Seiten

entwickeln wird!

1.5 Ist das Dopingproblem lösbar?

20

Teil II „Für oder gegen Doping?“ – Wie verhalte ich mich im „Wettkampf der Argumente“?Die Gewöhnung an die Einnahme von Pillen und die Versuchung, seiner Leistungsfähigkeit nachzuhelfen, kommt meist schlei-

chend daher. Des Öfteren wird dies von jemandem empfohlen, oft begleitet von überzeugend wirkenden Argumenten.

2

21

In Diskussionen kann es dir passieren, dass du ab einem

bestimmten Punkt nicht mehr weiter weißt. Dir fallen

plötzlich keine Argumente mehr ein und die bisher ge-

nannten Gründe für deine Einstellung erscheinen gegen-

über denen der Gegenseite kraftlos geworden zu sein.

Dein Diskussionsgegner fühlt sich dann als Sieger.

Du hast zwei Möglichkeiten, auf deine „Niederlage“ zu

reagieren: Entweder hat dich dein Diskussionspartner

von seiner Meinung überzeugt und du nimmst diese Mei-

nung als deine eigene an oder du fühlst dich weiterhin

im Recht. Diskussionen enden manchmal damit, dass die

Beteiligten ihre Standpunkte dargestellt haben, jedoch

keiner den anderen von seiner Meinung überzeugt hat.

Aber die gegensätzlichen Ansichten sind klar geworden

und können zukünftig berücksichtigt werden. Wenn du

aber nicht weiter argumentieren kannst, die Diskussion

unsachlich wird oder Argumente nur noch wiederholt

werden: nutze die Möglichkeit, die Diskussion an dieser

Stelle zu unterbrechen (du gibst dir einen Stopp-Befehl),

damit du über den bisherigen Verlauf des Wortstreits und

über die eigenen Argumente nachdenken kannst.

Wer seine Meinung anderen gegenüber deutlich und

selbstbewusst darstellen möchte, sollte sich darüber klar

sein, warum er diese Meinung hat. Es lohnt sich, über die

Dinge des Lebens eine eigene Meinung gebildet zu haben

und sich zu bemühen, im „Wettkampf der Argumente“

in einer guten Form anzutreten.

Eine Diskussion gelingt, wenn die Argumente beider Sei-

ten auf der Sachebene ausgetauscht werden. Schwierig

ist es, wenn eine der beiden Seiten oder beide Seiten die

Sachebene verlassen und beherrschend, trotzig oder un-

terwürfig reagieren. Übertriebene Selbstdarstellungen

stören jede Diskussion. Meinungen sind dann wenig

glaubhaft, wenn sie verallgemeinert werden. Wirkungs-

voller ist immer die Ich-Form, denn es geht um die ganz

persönliche Auffassung der Diskussionspartner.

Du solltest die Position deiner Gesprächspartnerin oder

deines Gesprächpartners anhören. Wie du hat sie oder er

das Recht auf eine freie Meinungsäußerung. Du solltest

versuchen, die Einstellung des/der Diskussionspartners/-

in ganz genau zu kennen und seine/ihre Argumente in-

haltlich zu verstehen. Ist das nicht gegeben, solltest du

nachfragen: Versuche, dich in dein Gegenüber hinein zu

versetzen! Gehe ihm/ihr den halben Weg entgegen, ohne

deinen eigenen Standpunkt aufzugeben. Gehe aber nicht

weiter als den halben Weg, denn du kannst dasselbe auch

von deinem/deiner Gesprächspartner/-in erwarten.

2.1 Der Sieger hat immer Recht? – Soll der Klügere immer nachgeben?

22

In der folgenden Tabelle sind mögliche Verhaltensmuster

und Reaktionen dargestellt.

Aufgabe: Erinnere dich an eine Diskussion, die du geführt oder

miterlebt hast, und versuche, die Argumente beider

Seiten den Verhaltensweisen in dieser Tabelle zuzuord-

nen.

Beispiel:In einer Diskussion über die Bestrafung von Verkehrs-

sündern vertrittst du die Ansicht, dass die Strafen viel

zu gering sind und dass Autofahrer, die zu schnell fah-

ren oder auf Fuß- und Radwegen parken, viel zu selten

bestraft werden. Dein(e) Diskussionspartner/-in ver-

tritt die Meinung, dass man ruhig ein wenig schneller

fahren kann, als es erlaubt ist. Das sei in den Geschwin-

digkeitsgeboten schon eingeplant. Niemand würde ge-

blitzt, wenn er nur ein wenig schneller fährt. Und wenn

es nicht genügend Parkplätze gibt, muss man ja irgend-

wo parken. Dies sei ein freies Land.

Aufgabe: Welche weiteren Argumente fallen dir für beide Sei- •ten ein?

Für welche Seite ist es leichter, Argumente zu fin- •den?

Welches Argument könnte einen der Gesprächs- •partner von seiner Meinung abbringen?

Welche Argumente sind eher rational (vom Kopf •bestimmt), welche eher emotional/irrational (vom

Bauch bestimmt)?

Verhalten/Reaktion Beispiele

Beherrschend „Das habe ich dir schon oft gesagt!“„Jeder weiß doch, dass …!“„Das kann man so nicht machen!“„Das kann man sowieso nicht ändern!“

Übermäßig besorgt „Wenn ich du wäre, würde ich so nicht reden!“„Mach dir mal keine Sorgen, dein Problem ist überhaupt nicht so schlimm!“„Bei so etwas muss man ganz vorsichtig sein!“

Sachlich argumentieren „Habe ich dich richtig verstanden, dass …?“„Kannst du meinen Standpunkt nachvollziehen?“„Aus meiner Erfahrung ist es so, dass …!“„In … steht geschrieben, dass …!“„Ich möchte mir erst Gedanken zu meiner Position machen!“

Trotzig „Wenn du so denkst, diskutiere ohne mich weiter!“„Wenn das so ist, dann will ich aber …!“

Aufgedreht Ständiges Wiederholen derselben ArgumenteDem Thema ausweichen

Besiegt „Na gut, dann eben nicht!“„Ok, du hast gewonnen. Wir machen es so, wie du willst!“Schweigen, das als Anerkennung interpretiert wird

23

Doping ist neben der Verletzung ethischer und morali-

sche Grundsätze auch ein Verstoß gegen sportliche Re-

geln. Diese sind dazu festgelegt und vereinbart worden,

um für Chancengleichheit und Sicherheit im Sport zu

sorgen. Wenn Menschen anfangen, sich nicht mehr an ih-

nen vertraute Regeln zu halten, geschieht das meistens im

Umfeld anderer Menschen, die ebenfalls Regeln brechen

oder Regelverletzung zumindest dulden, unterstützen

und sogar dazu auffordern. Junge Handballspieler berich-

ten, dass das Spiel wesentlich härter und rücksichtsloser

wird, wenn sie in eine höhere Liga aufsteigen. Das gilt

auch für das Training. In dieser höheren Liga gelten zwar

dieselben Regeln, aber Schmerzen und Verletzungen des

Gegners werden mit Blick auf eine Siegchance billigend

in Kauf genommen. Mit der Bestrafung von Regelverstö-

ßen wird meist anders umgegangen als bisher gewohnt.

Es sind keineswegs nur die Sportler und Sportlerinnen,

die für Regelverstöße verantwortlich sind. Trainer/-innen,

Schiedsrichter/-innen, Ärzte/Ärztinnen und Funktions-

träger/-innen (Funktionäre) spielen eine entscheidende

Rolle dabei, ob sich Sportlerinnen und Sportler für oder

gegen Einhaltung von Regeln entscheiden. Der Trainer/

die Trainerin ist für viele Sportler/-innen die engste Ver-

trauensperson. Aber auch Kameraden, Physiotherapeu-

ten, Manager und das gesamte gesellschaftliche Umfeld

des Sportlers beeinflussen die Entscheidung eines Sport-

lers/einer Sportlerin gegen oder für Regelverletzungen,

also auch ob er/sie sich gegen oder für Medikamenten-

missbrauch und/oder Doping entscheidet.

Regelabweichendes Verhalten wird oft am Vorbild gelernt.

Sportlerinnen und Sportler orientieren ihr Verhalten oft

an der Einstellung von Vertrauenspersonen. Ein neues

sportliches Umfeld begünstigt das Lernen neuer Regeln,

die auch daraus bestehen können, alte Regeln anders als

bisher auszulegen oder sogar zu brechen. Der Wunsch

der Sportlerin oder des Sportlers, dem neuen Umfeld voll

und ganz anzugehören, verstärkt die Bereitschaft sich an-

zupassen, gar unterzuordnen und eine „Stallorder“ kritik-

los zu akzeptieren. Die eigene Verantwortung wird auf die

Gemeinschaft abgewälzt, denn diese hat ihre informellen

eigenen Regeln aufgestellt und akzeptiert. Und was in der

Gruppe und ihrem Umfeld passiert, muss geheim gehal-

ten werden, es gilt die Schweigepflicht. Das italienische

Wort für Schweigepflicht lautet „Omerta“, ein Begriff,

der im Radrennsport Verbreitung gefunden hat.

Würden Athletinnen und Athleten beim Einstieg in den

Leistungssport unbeeinflusst entscheiden müssen, ob

sie verbotene Mittel zur Leistungssteigerung anwenden,

würden die meisten Doping ablehnen. Also versuchen

Personen aus deren Umfeld, die Sportler und Sportlerin-

nen zum Doping bewegen wollen, deren Hemmschwelle

Stück für Stück abzubauen. Zuerst werden Mittel emp-

fohlen, welche angeblich die Gesundheit fördern oder

die verhindern, dass man zu schnell müde oder krank

wird. Die Qualität der Ernährung wird in Frage gestellt,

als Ausgleich werden Nahrungsergänzungsmittel ins Ge-

spräch gebracht. Sprachliche Formulierungen, die Medi-

kamentenmissbrauch und Doping als „Veränderung der

Ernährung“, „unterstützende Maßnahme“ oder „För-

derung der Konstitution“ verschleiern, dienen der schlei-

chenden Anpassung des Sportlers oder der Sportlerin an

die Verwendung von Pillen und Pulvern. Auch die Ver-

wendung zweifelhafter, aber nicht verbotener Mittel wie

2.2 Wird Doping gelernt?

Konstitution körperliche Befindlichkeit

24

Kreatin senkt die Hemmschwelle zum Doping. Denn

Kreatin soll, genau wie ein Dopingmittel, die Leistung

verbessern. Ist der Schritt, zur Steigerung der Leistung

mit Hilfe zusätzlicher Mittel bereit zu sein, erst einmal

vollzogen, ist der Weg zum Doping längst kein Tabu

mehr. Häufig sind auch rückläufige Leistungsentwicklun-

gen, etwa wegen vorangegangener Verletzungen oder Er-

krankungen, der Ausgangspunkt einer Entscheidung zum

Doping. Viel zu schnell wird eine geringere Leistungsfä-

higkeit mit Krankheit entschuldigt und wie eine solche

behandelt. Wenn schließlich behauptet wird, dass andere

Athletinnen und Athleten aus dem eigenen Team, ande-

ren Vereinen oder anderen Nationen auch dopen, wird

der Eindruck erweckt, dass alle Konkurrenten gedopt

seien, man also nichts Schlimmes tut und lediglich einen

Nachteil ausgleicht.

ZitatBjarne Riis (Gewinner der Tour de France 1996, Teamdi-

rektor des Rad-Rennstalls Saxo Bank): „Ich habe Doping-

Mittel für gut und gerne eine halbe bis eine Million Kronen (um-

gerechnet 67.000 bis 134.000 Euro, d.Red.) gekauft.“ Riis

hatte bereits 2007 eingeräumt, in der Zeit von 1993 bis 1998

das Dopingmittel Erythropoietin (EPO), Wachstumshormone

und Cortison zur Leistungssteigerung eingenommen zu haben.

Auch seinen Tour-Sieg für das damalige Team Telekom hatte

er auf illegale Weise erreicht. Nun räumte er ein, bereits in den

1980er Jahren gedopt zu haben. „Das Schwerste war die erste

Spritze mit Vitaminen und Mineralien, die wir alle bekommen

haben und wie wir mit der Zeit lernten, uns selbst zu geben.

Deshalb hatte ich keine Probleme mit den ersten Dopingsprit-

zen, das war völlig undramatisch. Es war ja nur etwas anderes

in der Spritze drin als Vitamine.“ (Zeit online, 9.11.2010)

Der französische Sportsoziologe Christophe Brissonneau

hat auf der Grundlage von Interviews mit 20 gedopten

Radprofis das folgende Schema einer in fünf Phasen dif-

ferenzierten Dopingkarriere erarbeitet:

Abbildung von: Manuel Ruep (Zentrum für Dopingprävention, 2010) auf der Grundlage der Abb. von Brissonneau C.(2007) : Le dopage dans le cyclisme professionnel au milieu des années 1990: une reconstruction des valeurs sportives, Déviance et Société, 2, pp. 129-148.

25

Phase I – Entdeckung der Sportart

Beginnn möglicher Dopingneigung

Am Anfang steht die Entdeckung des Sports. Kinder

und Jugendliche finden durch den Verein schnell Kon-

takt zu Gleichgesinnten. Der Sport fördert die Grup-

penzugehörigkeit durch gemeinsames Erleben von Spaß,

Anstrengungen, gegenseitiger Hilfe und Solidarität trotz

bestehender Konkurrenz. Nach und nach rücken Körper

und Geist mit Glücks- und Hochgefühlen, aber auch mit

Schmerz und Ermüdung, in den Mittelpunkt des Denkens

und der Kommunikation mit dem sportlichen und gesell-

schaftlichen Umfeld. Ältere geachtete Sportler/-innen

unterstützen und beraten, meist jedoch ohne sportwis-

senschaftliche Kenntnisse. Sie geben lediglich eigene Er-

fahrungen und Rezepte weiter. Damit erfolgt eine frühe

Prägung hin zu Traditionen und Überlieferungen. Fragen

zu späterer Gesundheit und Ethik im Sport stellen sich in

jungen Jahren nicht. Ärzte, Substanzen und Medikamen-

te spielen in dieser Phase noch keine Rolle.

Phase II - Leistungsentwicklung

Entstehung der Dopingmentalität

Mit dem Wechsel in leistungsorientierte Sportgruppen

nimmt der zeitliche Aufwand für den Sport stetig zu. Die

Abkopplung von Freunden/-innen, anderen Freizeitbe-

schäftigungen und auch von der Familie wird kaum be-

merkt und wenn doch, als unvermeidbar hingenommen.

Schnell sprechen sich die Gewohnheiten im Umgang mit

Medikamenten, z.B. Schmerzmitteln herum. Aufbauprä-

parate und Nahrungsergänzungsmittel werden des Öfte-

ren auch von Ärzten empfohlen; ihr Konsum wird Teil

des sportlichen Alltags.

Phase III – Sport ist zum Beruf geworden

Einstieg in die Dopinggemeinschaft:

Mit dem Übergang in die Welt des professionellen

Sports oder des Amateursports auf hohem/höchstem

Niveau treten neue Trainer/-innen, Mediziner/-innen

und Physiolog/-innen in das Umfeld des Sportlers/der

Sportlerin. Langsam verwischen die Grenzen zwischen

Krankheit, körperlichen Schwächen, sinkendem Leis-

tungsvermögen und Ermüdung. Mediziner und Thera-

peuten (in manchen Sportarten auch Pfleger und Phy-

siotherapeuten) werden zu vertrauten Ansprechpartnern.

Der Glaube, dass zur Aufrechterhaltung der Leistungs-

stärke die Gabe von Medikamenten jederzeit nötig wird,

verführt die Sportlerin/den Sportler dazu, im Zweifelsfall

sich selbst zu versorgen und zu behandeln. Sie/Er lernt,

sich selbst Spritzen zu setzen, die vielleicht zunächst nur

Vitamine enthalten. Die erste Spritze wird zu einem be-

sonderen Ereignis, zu einem Akt der Initialisierung, der

Einführung in den inneren Kreis. Jetzt gehören sie dazu.

Die Anwendung verbotener Substanzen beginnt für eini-

ge Sportler/-innen schon während ihrer Amateurzeit, für

andere erst als Profi. Doping wird zum Muss, wenn der

Körper auf Abruf voll leistungsfähig sein soll. Das Ge-

fühl, andere oder sich selbst zu betrügen, entsteht dabei

nicht. Ärzte spielen von nun an eine immer wichtigere

Rolle, denn sie sind Spezialisten für Eingriffe in körper-

liche Abläufe.

Phase IV – Kampf um den Sieg

Professionelles Dopingverhalten:

In dieser Phase ist der Sport endgültig zum Beruf gewor-

den. Eine berufliche Alternative, die einen Ausstieg aus

dem Profisport ohne finanzielle Einbußen erlauben wür-

de, gibt es nur selten. Doping wird alltäglich, denn Sport

ist nun fast ausschließlich Kampf um den Sieg. Die Ein-

nahme von verbotenen leistungssteigernden Mitteln wird

optimiert, so dass bei Wettkämpfen jeweils die maximale

Leistung abrufbar ist, ohne bei Dopingtests aufzufallen.

26

Neue Medikamente und Methoden werden getestet, be-

vor sie offiziell auf dem Markt sind. Beschaffungsproble-

me gibt es kaum, die Netze sind sehr eng. Doping ist auch

für Dealer ein lukratives Geschäft. Unter der Ärzteschaft

setzen sich in dieser Phase Spezialisten und Spezialis-

tinnen (Leistungsphysiologen/-innen) durch, die immer

häufiger auch die Rolle des Trainers oder der Trainerin

einnehmen.

Phase V - Wieder ein normaler Mensch werden

Mit dem Umbruch zurecht kommen:

Auf dem Weg in die Dopingfalle (vom normalen Leben

in das Leben eines „Außerirdischen“) spielen Ärzte und

Ärztinnen eine zunehmend wichtige Rolle, vom unpro-

blematischen Hausarzt (Phase I) bis hin zum hochpro-

blematischen Dopingspezialisten (Phase IV), der oft

auch noch Trainer „spielt“. In der Phase V erfolgt die

Rückkehr ins normale Leben, oft verbunden mit Frust

und Langeweile, weil das bisherige Leben voller Heraus-

forderungen, Erfolgserlebnisse und interessanter sozialer

Kontakte zu Ende ist; für nicht wenige erfolgt ein Ab-

sturz in die subjektiv empfundene Bedeutungslosigkeit,

für Sportler/-innen ohne duale Karriere vor Beginn des

Profidaseins in ein Leben weitgehend ohne Sinn. Hier

wird nun eine andere Art von Arzt wichtig, der Sucht-

mediziner, zumindest sofern in die Suchtfalle geratene

Sportler/-innen ihr Problem akzeptieren und bearbeiten

wollen. Nach Lowenstein (aber auch nach anderen Spezi-

alisten) befinden sich unter den Patienten der Suchtnach-

sorge überproportional viele ehemalige Leistungs- und

Spitzensportler/-innen.

27

In Krimis und Actionfilmen steht oft sehr schnell fest,

wer zu den Guten gehört und wer nicht. Bösewichter ha-

ben ein bestimmtes Aussehen oder sind durch einen ein-

deutigen Wortschatz zu erkennen. Das mag unterhaltsam

sein, es ist aber nur mäßig aufregend. Wenn der Täter

erst viel später erkennbar ist, ist ein Krimi viel spannen-

der. Aber was ist, wenn der Täter eigentlich doch nicht so

ganz wie ein Täter aussieht und – abgesehen von seiner

verachtenswerten Tat - vielleicht ausgeprägte ethische

Grundsätze vertritt?

Das reale Leben ist spannend, aber die Spannung, ob je-

mand zu den Guten oder zu den Bösen gehört, wird im

realen Leben zur unmittelbaren Gefahr für Sportlerinnen

und Sportler, die noch keinen ausgebildeten Standpunkt

in der Dopingproblematik und die ihre persönliche Ent-

scheidung gegen Doping noch nicht getroffen haben.

Personen, die Sportlerinnen und Sportler zum Doping

verführen, haben nichts erkennbar Böses an sich. Sie ha-

ben kein bestimmtes Aussehen und reden so wie du und

ich. Sie selbst sehen sich auch gar nicht als Betrüger oder

als Kriminelle, obwohl sie mit verbotenen Medikamenten

den ihnen anvertrauten Sportlerinnen und Sportlern wie

auch dem Sport schweren Schaden zufügen können.

Trainerinnen und Trainer verpflichten sich zur Einhaltung

ethischer Grundsätze und ihr Handeln darf der Gesund-

heit der ihnen anvertrauten Sportler/-innen nicht schaden.

Trainerinnen und Trainer haben aber auch den Auftrag,

erfolgreich zu sein. Das heißt, dass deren Sportler/-innen

möglichst viele erste Plätze erreichen sollen, denn Zweit-

platzierte gelten in den Medien und der öffentlichen Mei-

nung als die ersten Verlierer. Erfolge sind oft die einzige

Existenzsicherung für die meisten Trainer/-innen, ihr

Können wird an den Erfolgen ihrer Sportlerinnen und

Sportler gemessen. Dieser Umstand wird im professio-

nellen Sport besonders deutlich. Aus diesen beiden sich

widersprechenden Anforderungen erwächst eine Dop-

pelmoral: Einerseits wird von Trainer/-innen gefordert,

dass ihre Sportler/-innen auch im Höchstleistungsbe-

reich gesund und leistungsfähig bleiben, andererseits wird

Doping durch überzogene Leistungsnormen, die sich

an Ergebnissen von internationalen Wettkämpfen und

Olympiaden orientieren, begünstigt. Trainerund Trai-

nerinnen befinden und empfinden sich oft in einer

Dilemmasituation.

Aufgabe: Eine Sportlerin, ihr Trainer und ein Funktionsträger

(oder Arzt) treffen sich und wollen über das Ergebnis

der letzten Meisterschaften reden. Die Leistungen der

Sportlerin sind weit hinter den Erwartungen zurückge-

blieben. Wie könnte das Gespräch beginnen? Welche

Argumente haben die drei? Wie könnten die drei das

Gespräch beschließen? Stell’ dir dazu vor, die Sport-

lerin, ihr Trainer und der Funktionsträger (oder Arzt)

stehen an den Ecken des nachfolgenden Dreiecks und

sprechen zueinander!

Die Verantwortung zwischen den drei Polen ist gegen-

seitig. Auch der Sportler/die Sportlerin trägt Verantwor-

tung für seinen Trainer/seine Trainerin. So muss er oder

sie sich bewusst sein, wenn er oder sie betrügt, dass sein

Trainer/seine Trainerin in „Sippenhaft“ genommen wird

und mit allen Konsequenzen zurecht kommen muss (z.B.

Entlassung, Arbeitslosigkeit, öffentliche Demontage).

Sportler/-in

Funktionsträger/-in

Arzt/Ärztin

Train

er/-

in

2.3 Werden Sportlerinnen und Sportler zum Doping verführt?

28

Aufgabe: Wie könnten Botschaften (Forderungen) an Trainer/-

innen, Sportler/-innen, Funktionsträger/-innen bzw.

Arzt/Ärztin lauten, z.B. vom Sportler an den Arzt?

Die Geschichte zeigt, dass Dopingverführer häufig Trai-

ner mit eigener Dopingvergangenheit oder in sportlichen

Kreisen aktiv gewesen sind, in denen Doping zumin-

dest geduldet wurde. Trainer, die als Sportler von ihren

Trainern zum Doping verführt wurden, tendieren eher

zu solch verbotenem, aber als erfolgreich erfahrenem

Handeln. Auch Sportlerinnen und Sportler bevorzugen

in sehr schwierigen Situationen gewohnte Handlungen,

die in der Vergangenheit funktioniert haben, z. B. ihrem

Trainer/ihrer Trainerin zu glauben und zu vertrauen.

Aufgabe: Finde zu den folgenden Aussagen von Funktionsträ-

gern, Trainern, Ärzten und Sportlern Alternativen, die

Doping weniger begünstigen oder verhindern.

Aussage Alternative

Funktionsträger/-in „Nur für Medaillen gibt es Geld!“

„Der Erfolg heiligt die Mittel!“Trainer/-in „Nur wenn ich erfolgreich bin, wird mein

Vertrag verlängert!“Arzt/Ärztin „Ein kranker Athlet bekommt meine Hilfe,

bis seine Leistungsfähigkeit wiederhergestellt

ist.“Sportler/-in „Ich will unbedingt siegen!”

„Ich muss meine Vorgaben erfüllen!“

„Bis zur Meisterschaft muss ich in Topform

sein!“

29

2.4 Gegen Doping und für den Sport argumentieren

Zwischen Doping-Befürwortern und denen, die zwar

gegen Doping sind, aber sich für die Freigabe von Do-

pingmitteln aussprechen, muss deutlich unterschieden

werden. Allerdings sind Befürworter des Dopings meist

auch für dessen Freigabe. In der Diskussion gehen die

Dopinggegner nicht immer als Sieger hervor. Nur selten

gelingt es, Befürworter des Dopings oder einer Freiga-

be von ihrem Standpunkt abzubringen. Das liegt daran,

dass deren Argumente auf den ersten Blick überzeugend

wirken und der Realität zu entsprechen scheinen. Befür-

worter der Dopingfreigabe geben, oberflächlich betrach-

tet, einen Teil des realen Sports wieder. Sie verwenden

bestimmte rhetorische Mittel, um ihre Argumente vorzu-

tragen. Im Gespräch mit ihnen solltest du herausfinden,

wie sie ihre Behauptungen belegen, wie ihre Denkwei-

se ist, wie sie ihren Standpunkt rechtfertigen und wie es

möglich ist, dass Befürworter des Dopings oder dessen

Freigabe immer wieder junge Menschen zum Doping

verführen.

Dopinggegner werfen den Befürwortern des Dopings

oder dessen Freigabe ein unmoralisches und ethisch

nicht vertretbares Verhalten vor. Dabei beziehen sie sich

auf die Verletzung des Fairness-Gebotes im Sport und

auf die Pflicht, die Gesundheit der Sportlerinnen und

Sportler nicht zu gefährden. Dopingbefürworter antwor-

ten auf derselben Ebene und begründen ihre Haltung

ebenfalls mit moralischen und ethischen Grundsätzen,

so abwegig das zu sein scheint. Die Argumente sind auf

den ersten Blick nachvollziehbar, weil es so scheint, als

wenn sie lediglich die Zusammenhänge im realen Sport

wiedergeben.

Beispiel: Du sprichst dich in einer Diskussion überzeugt

für die Einhaltung von Geschwindigkeitsbegrenzungen

im Straßenverkehr aus. Du begründest deine Einstellung

damit, dass du das Leben und die Gesundheit anderer

Menschen nicht gefährden willst, führst also ethisch-

moralische Gründe an. Dein Kontrahent findet, dass

Geschwindigkeiten dem Verkehr angepasst sein müssen

und behauptet, dass regelgerechtes Fahren andere Auto-

fahrer zu riskanten Überholmanövern verleitet und dass

dadurch viel mehr Menschen gefährdet sind, als wenn

grundsätzlich ein wenig zu schnell gefahren wird. Er ver-

tritt die gegenteilige Ansicht, rechtfertigt diese aber mit

genau denselben ethisch-moralischen Gründen.

Jeder, der im Sport aktiv ist oder dort Einfluss hat, sollte

sich einer für seinen Bereich besonderen Ethik verpflich-

tet fühlen. Aus einer solchen spezifischen Ethik entstehen

innere Handlungsanweisungen, d.h. es lässt sich daraus

ableiten, was ein Mensch in diesem Bereich tun und wie

er sich verhalten sollte. Als wichtigste Handlungsanwei-

sung gilt, Regeln und Gesetze zu beachten.

Wenn jemand Regeln bricht, andere zum Regelbruch ver-

leitet oder sogar auffordert und am Ende vielleicht sogar

straffällig wird, erklärt er das mit genau dieser spezifischen

Ethik seines Bereichs oder Berufs. Er rechtfertigt sich

durch vernünftig klingende Behauptungen, die im ersten

Moment zwar einleuchten, aber nur schwer zu beweisen

sind. Mit diesen Behauptungen, die auch auf das eigene

Gewissen und Moralempfinden wirken, neutralisiert er

seine Gewissenskonflikte, die ihn sonst als Folge seiner

unmoralischen Handlungen quälen würden. Aus diesem

Grund fühlen sich Dopingbefürworter, Dopingverfüh-

rer, Doper und Doperinnen vor sich selbst und anderen

oft gar nicht schuldig.

30

Die Beispiele für Argumente von dopenden Athletinnen

und Athleten, Trainerinnen und Trainern sowie Ärzten

und Ärtzinnen machen dies in der folgenden Tabelle

deutlich:

Aufgabe: Notiere die Gründe, warum du gegen Doping und ge-

gen die Freigabe von Doping bist. Bewerte deine Grün-

de danach, welche dir am wichtigsten sind. Wird die

Übung in einer Gruppe durchgeführt, vergleiche und

diskutiere deine Wertereihe mit denen der anderen.

Anspruch Beispiel

Athletin/Athlet Chancengleichheit, Fair Play „Da alle dopen, stelle ich durch mein Doping die

Chancengleichheit erst wieder her.“Trainer/Trainerin

Pädagoge/Pädagogin

Erziehung zu Mündigkeit und Selbstbe-

stimmung

„Als Pädagoge muss ich respektieren, wenn mein

Athlet sich dopt. Es ist seine eigene freie Ent-

scheidung. Schließlich leben wir in einer Demo-

kratie.“Arzt/Ärztin Gesunderhaltung des Patienten, „die

Gesundheit nicht schädigen“

„Mit Anabolika bewirke ich eine Verbesserung

der Konstitution. Dadurch ist der Athlet/die

Athletin den unmenschlichen Belastungen des

Leistungssports überhaupt erst gewachsen.“ –

„Durch meine ärztliche Kontrolle verhindere ich

eigenmächtige Überdosierungen mit Dopingmit-

teln und dadurch Gesundheitsschäden.“Funktionsträger/

Funktionsträgerin

Erfüllung der Vorgaben, Sicherung der

finanziellen Mittel, Ansehen der Sport-

art.

„Der Zweite ist schon der erste Verlierer!“. „Nur

Sieger werden gefeiert und bringen der Sportart

das verdiente Ansehen!“

31

2.5 Im Wettkampf der Argumente

Befürworter des Dopings oder dessen Freigabe sind nicht

leicht zu erkennen. Selten geben sie offen zu, dass sie Do-

ping zulassen würden. Aber Sätze wie „Ich bin auch ge-

gen Doping, aber...“, entlarven solche Personen. Sie ver-

wenden verräterische Formeln, die man kennen muss:

„Ich sehe die Sache differenzierter.“ •

„Man muss das sachlich diskutieren.“ •

„Diese Frage muss objektiv und emotionslos disku- •tiert werden.“

Mit solchen Formulierungen werden Dopinggegner ins

Abseits gestellt. Diskussionen zwischen Dopingbefür-

wortern und Dopinggegnern werden schnell unsachlich.

Es geht dann nicht mehr um Doping, sondern darum,

dass den Dopinggegnern vorgehalten wird, nicht realis-

tisch zu sein und nicht sachlich zu diskutieren. Ob bei

einer solchen Diskussion weitere Dopingbefürworter an-

wesend sind, merkt man daran, dass diese vom Vorwurf

der Unsachlichkeit verschont bleiben.

Die Forderung nach einer „differenzierteren“, „sachli-

cheren“ und „objektiven“ Diskussion ist darauf ausge-

richtet, Zweifel an der Dopingbekämpfung zu säen. Das

gelingt, ohne sich als Dopingbefürworter erkennen zu

geben. Eine weitere Tarnung ist die des Kritikers, der das

System verbessern will. Solchen Leuten geht es nicht um

eine Verbesserung im Kampf gegen Doping, sondern da-

rum, bei jeder sich bietenden Gelegenheit eine Stimmung

zu erzeugen, aus der heraus die Forderung nach Doping-

freigabe immer lauter wird. Sie müssen diese Forderung

nicht einmal selbst erheben. Es reicht völlig aus, durch

eine Politik der Nadelstiche den Eindruck entstehen zu

lassen, man stehe dem Doping ohnehin machtlos gegen-

über und es sei gerechter, den Kampf dagegen einzustel-

len.

Zweifel gegen das System der Dopingkontrollen wer-

den so geweckt. „Wer kontrolliert die Kontrolleure?“

heißt es immer wieder, wenn Zweifel an der Richtigkeit

eines positiven Dopingbefundes bei einem prominenten

Sportler laut werden. „Wo bleibt da die Gerechtigkeit?“

wird gefragt, wenn Sportlerinnen und Sportler aus ver-

schiedenen Verbänden ungleiche Strafen für den gleichen

Regelverstoß erhalten. „Warum darf ein Sportler ein

Medikament nicht nehmen, das jedem Bürger zur Hei-

lung von Krankheiten zusteht?“ wird gefragt, wenn ein

Athlet mit stimulierenden Mitteln erwischt wird. „Wenn

ein Manager Aufputschmittel oder ein Künstler Drogen

nimmt, regt sich auch kein Mensch auf“ wird häufig ge-

klagt. „Es werden sowieso nur die Dummen erwischt,

die anderen dopen sich auch und werden nicht bestraft“,

wird außerdem behauptet. Und schließlich wird auf eine

„Doppelmoral“ des Sports verwiesen. Sie bestehe darin,

„dass einerseits Doping offiziell verboten ist, inoffiziell

aber durch völlig überzogene Olympianormen gefordert

wird.“ Das Argument „Doppelmoral“ nehmen auch die

Dopinggegner für sich in Anspruch.

Solchen Einwänden muss man lernen zu begegnen. Da-

für braucht man jedoch eine eigene, gefestigte Haltung

zum Thema Doping. Die Tabelle auf Seite 32 enthält bei-

spielhaft einige Argumente und Gegenargumente.

32

Argumente für und gegen die Freigabe des

Dopings

Argumente „pro“ und „contra“ Dopingfreigabe

(nach Singler/Treutlein 2001, 267 f. und vorwiegend nach

Laure 2000, 550).

Aufgabe:Ergänze diese Tabelle um eigene Argumente und deren

mögliche Gegenargumente. Vertrete dabei nacheinan-

der beide Seiten. Für welche Standpunkte fällt es dir

leichter, Argumente zu finden?

Argumente „pro“ Freigabe Argumente „contra“ Freigabe

Doping hat es schon immer gegeben. Wenn es etwas schon lange gibt, ist dies kein Argument

für die Fortsetzung dieser Praxis, besonders wenn sie

potenziell gefährlich ist.Jeder Mensch kann frei über seine Gesundheit verfügen,

solange es nicht andere Personen tangiert: „Mein Körper

gehört mir!“.

Die Beeinträchtigung der Gesundheit einer Person kann

Auswirkungen auf die Gesellschaft haben (wer zahlt z.B.

die Folgekosten?).Es dopen sich so viele Menschen, dass eine Freigabe den

Umfang des Dopings nicht verändern würde.

Das Ausmaß von Doping kann nicht das Kriterium für eine

Doping-Freigabe sein; der Schutz von Gesundheit, Regeln

und Chancengleichheit muss berücksichtigt werden.Doping ist längst nicht so gefährlich wie behauptet. Wenn

es gefährlich wäre, gäbe es mehr Tote.

Die medizinische Fachpresse berichtet über zahlreiche

Beobachtungen von schwersten Komplikationen bei der

Verwendung von Dopingmitteln. Es gibt keinen Grund,

vor dem Beginn einer wirksamen Prävention erst auf eine

Vielzahl von Todesfällen zu warten.Die meisten Dopingmittel sind Medikamente, im Krank-

heitsfall muss eine Selbstbehandlung möglich sein.

Für die Behandlung gesundheitlicher Probleme gibt es ge-

nügend alternative therapeutische Möglichkeiten.Bei einer Freigabe des Dopings würde man besser wissen,

was verwendet wird und könnte deshalb die Nutzer/-innen

besser schützen.

Die Möglichkeit der ärztlichen Begleitung von Dopern ist

nicht mit der ärztlichen Ethik und mit bestehenden Geset-

zen zu vereinbaren.Mit einer Dopingfreigabe könnte man den Schwarzmarkt

und damit den Umlauf von gefährlichen nachgemachten

Substanzen „entschärfen“ und das Risiko für Nutzer/-

innen verringern.

Der Schwarzmarkt bringt heute so viel Profit, dass seine

Kontrolle schwierig und nur noch durch den Staat zu leis-

ten ist. Ein Beleg dafür ist die Existenz nachgemachter

bzw. gefälschter Medikamente.Die Bekämpfung von Doping ist unwirksam: Über eine

Freigabe könnte der Verbrauch von Dopingmitteln besser

kontrolliert werden.

Der Kampf gegen Doping und die Präventionsbemühun-

gen wurden bisher nur mit geringem Nachdruck geführt

und waren deshalb wenig wirksam.Doping ist weit verbreitet, ohne Doping ist Chancengleich-

heit im Spitzensport nicht mehr gegeben.

Dopen verstößt gegen sportliche und staatliche Regeln;

Doping ist kein Kavaliersdelikt, sondern kriminell.

33

2.6 Wie reagiere ich auf die Argumente der Dopingbefürworter?

Hast du deinen Diskussionsgegner als Dopingbefürwor-

ter entlarvt, gilt es deine Argumentationsstrategie zu ent-

wickeln und anzuwenden. Dabei ist es hilfreich, Beispie-

le aus anderen Bereichen des Lebens zu kennen. Denn

Sport ist nur ein Teil des Lebens.

Als große Ungerechtigkeit wird oft genannt, dass be-

stimmte Mittel in einer Sportart erlaubt sind und in einer

anderen verboten. Auch sind die Strafmaße in verschie-

denen Sportarten für dieselben Vergehen oft unterschied-

lich. Es gibt tatsächlich viele Schwächen in der Doping-

bekämpfung. Aber sind Schwächen ein Grund, das ganze

System in Frage zu stellen? Würde man in anderen Be-

reichen unserer Gesellschaft gleich alles abschaffen, was

nicht perfekt funktioniert, so wäre es um die Sicherheit in

unserem Leben schlecht bestellt. Da man nicht alle Ver-

kehrssünder bei den Kontrollen erwischt, ließe die Poli-

zei „gerechterweise“ alle davonkommen. Da nicht jeder

Bankräuber gefasst, nicht jeder Mörder überführt wird,

würden konsequenterweise auch Bankraub und Mord

„freigegeben“ werden.

Kann eine solche Preisgabe von Gesetzen und Regeln •wirklich die Lösung sein?

Hat jeder Mensch das Recht, sich selbst beliebigen •Schaden zuzufügen? Darf ein Sportler/eine Sport-

lerin selbst entscheiden, zu dopen und dadurch leis-

tungsfähiger zu werden, jedoch einen großen Teil sei-

ner/ihrer Lebenserwartung einzubüßen, nur um des

Erfolges willen?

Haben Menschen das Recht, abgesehen vom Recht •der freien Meinungsäußerung, über dopende Sport-

lerinnen und Sportler einerseits zu urteilen, anderer-

seits allen anderen Sportlern durch nicht beweisbare

Behauptungen und zweifelhafte Argumente für eine

Dopingfreigabe den Weg in einen sauberen Sport zu

verbauen?

Die folgende Tabelle zeigt beispielhaft einige gegensätzli-

che Standpunkte zum Problem der Dopingfreigabe. Die

Argumente der Dopinggegner und Dopingbefür-

worter sind den Spalten nicht fest zugeordnet!

Doping ist...

.. medikamentöse Unterstützung ohne Betrugsabsicht .. Betrug, Manipulation

.. regelverletzende, aber akzeptierte Praxis .. ein Verstoß gegen Werte

.. ein moralisches, ethisches, ideologisches Problem .. ein Gesundheitsproblem

.. notwendig zur Erhaltung und Steigerung der

Leistungsfähigkeit der Athleten/-innen

.. ein Schritt zum/zur medizinisch „gemachten“

Athleten/Athletin

Gedopte Athletinnen und Athleten sind...

.. unschuldige Opfer des Sportsystems

(strukturelle Zwänge)

.. Betrüger/-innen (individuelles abweichendes Verhalten)

.. Opfer (Gesundheit, Gewissen, Schuldgefühle) .. die erfolgreichen Athleten/-innen,

sie sind immer Gewinner/-innen

34

Unterschiedliche Positionen zur Doping-Problematik

(nach Singler/Treutlein 2001, 226 f. und Louveau et al.

1995, 68 ff.)

Ist Doping wirksam?

Um zu gewinnen, muss man an sich selbst glauben, nicht

an Doping.

Doping ist Voraussetzung für Erfolg.

Spitzensport ist auch ohne Doping möglich. Doping ist wirksam, deshalb wird es Doping geben,

solange es Leistungs- und Spitzensport gibt.Es gibt Sportarten, in denen man ohne Doping zur

Weltspitze gehören kann.

In allen Sportarten sind Athleten/-innen stets auf der Su-

che nach neuen Substanzen.Für die Wirksamkeit der meisten Dopingmittel fehlen wis-

senschaftliche Beweise.

Spitzensportler/-innen wissen besser als alle anderen, was

wirkt. Wenn mit einer Substanz die Effektivität erhöht

werden kann, wird sie auch angewendet.

Vorschläge?

Die Strafen sind zu hart, sie müssen reduziert werden. Doping muss verboten bleiben.Es wird immer wieder neue Substanzen und Medikamente

geben, die bei Kontrollen nicht nachweisbar sind, deshalb:

Gebt Doping frei!

Die Kontrollen müssen intensiviert und es muss mehr

Transparenz zur Realität des alltäglichen Dopings im Spit-

zensport hergestellt werden.Dopen ist nicht kriminell; am besten und ungefährlichsten

wäre ein ärztlich kontrolliertes Doping.

Athletinnen und Athleten dopen stets intensiver als emp-

fohlen oder vorgeschrieben, deswegen: harte Kontrollen.Der Staat ist Profiteur des Spitzensports (z.B. durch seine

Außendarstellung als erfolgreicher Staat), er muss ihn des-

halb auch finanzieren und Doping akzeptieren.

Auf den Spitzensport muss durch eine Reduzierung der

staatlichen Subventionen Druck für eine intensive Doping-

bekämpfung und –prävention ausgeübt werden.Jeder Doper/jede Doperin ist – sofern er/sie selbst ent-

scheidet – für sich selbst verantwortlich („Mein Körper

gehört mir“).

Selbst Amateure dopen, deshalb müssen Prävention und

Kontrollen früh einsetzen.

Handlungsdilemma

Nur innerhalb eines Systems kann man als Arzt oder Ärz-

tin, Athlet oder Athletin, Trainer oder Trainerin Doping

bekämpfen. Denn nur dort sieht man, was wirklich ab-

läuft. Nur als Mitglied des Systems hat man Einfluss.

Einen sauberen Leistungssport wird es nie geben. Deshalb

dürfen sich Dopinggegner nicht im Leistungssport einset-

zen. Wer eine eindeutige Position gegen Doping vertritt,

kann gar nicht anders.

35

Wenn Doping-Befürworter Doping-Gegnern immer wie-

der „Heuchelei“, „Doppelmoral“ oder „Schizophrenie“

vorwerfen, entlarven sie sich mit solchen Vorwürfen. Zu-

dem: Viele Diskussionen ließen sich vermeiden, wenn die

Befürworter zu konsequentem Handeln bereit wären und

eigene Verbände mit eigenen Regeln gründen würden,

d.h. Verbände, in denen (unter Beachtung der Gesetzes-

vorgaben) Doping erlaubt wäre. Allerdings müssten sich

dann solche Verbände auch selbst finanzieren und auch

um den Nachwuchs selbst kümmern – dies alles könnte

dann nicht mehr Aufgabe von Staat, Schule und Eltern

sein. Sie müssten dann Eltern erklären, warum „sinn-

voller“ Leistungssport

nach ihrer Ansicht nur mit

Doping möglich ist. Auch

auf die engagierte Arbeit

unzähliger ehrenamtlicher

Jugendwarte/-innen und

Trainer/-innen könnten

sie dann wohl kaum zu-

rückgreifen. Spannend

wird, ob dann noch Spon-

soren bereit wären, einen

so offenkundig gedopten

Sport zu unterstützen und

zu finanzieren. Du merkst,

das wird wohl nichts. Denn

das Dopingmilieu braucht

den dopingfreien Sport als

Grundlage. Ohne diesen

könnte es nicht existieren.

Dopingbefürworter und Dopingverführer, die ihr hart-

näckig an eurem Standpunkt festhaltet und fortgesetzt

gesundheitliche Nachteile und den Tod dopender Sport-

ler billigend in Kauf nehmt: Es muss zukünftig eure Auf-

gabe sein, die Grabrede für diejenigen, die an den Folgen

des Dopings sterben, zu halten, vorausgesetzt, ihr seid im

Kreise der Trauernden akzeptiert.

Aufgabe:Die folgenden Aufgaben können dir bei deiner Mei-

nungsbildung weiterhelfen. Du kannst sie zwar alleine

bearbeiten; sie eignen sich aber besser für eine Gruppen-

arbeit (für ca. vier Gruppen mit je vier Teilnehmern/-

innen). Ziel ist es, das Diskutieren und Argumentieren

an einfachen Sachverhalten zu üben und auf starke

Argumente reagieren zu können. Lies jeweils zunächst

nur die Situationsbeschreibung und überlege dir mögli-

che Konsequenzen, die sich aus der Handlung ergeben

könnten. (Gruppen erhalten zunächst nur die Situa-

tionsbeschreibung und erörtern die Handlung sowie

mögliche Konsequenzen; zehn bis 15 Minuten später

- also mitten in der Diskussion - werden die entspre-

chenden Situationsänderungen verteilt).

Situation 1

Eine Sportlerin bereitet sich seit vielen Wochen auf eine

Meisterschaft vor. Alles läuft bestens. Sie fühlt sich phy-

sisch und mental stark und ist bereit, ihre bestmögliche

Leistung zu zeigen. Wenige Tage vor dem Wettkampf

spürt sie einen grippalen Infekt aufkommen. So ein Mist!

Sie nimmt einen Erkältungssaft und schläft viel. Am

nächsten Morgen fühlt sie sich wieder fit.

Situationsänderung 1

Die Sportlerin wird für eine Dopingkontrolle ausgelost.

Das ist für sie okay, denn sie ist ja sauber und gegen Do-

ping. In ihrer A-Probe wird jedoch eine Substanz gefun-

den, die auf der Liste der verbotenen Wirkstoffe steht.

Sie ist sich keiner Schuld bewusst und wehrt sich gegen

die Behauptung, gedopt zu haben.

Situation 2

Ihr rudert im Nationalteam; nach einem Training sitzt

ihr in gemütlicher Runde mit vielen Sportlern aus ganz

Deutschland zusammen. Irgendwann kommt das Thema

Doping auf. Einer behauptet: „Der Radsport ist nicht zu

2.7 Wenn gar nichts mehr hilft

36

retten und solch hohe Trainings- und Wettkampfumfän-

ge sind ohne Doping ja wohl nicht zu schaffen!“

Situationsänderung 2

Nach einiger Zeit kommen andere Sportler (z.B. Fußball-

spieler) zu eurer Gruppe. Sie wissen nicht, dass ihr Ru-

derer seid. Irgendwann fällt die Bemerkung: „Na ja, die

Ruderer sind ja wohl auch nicht alle sauber.“

Situation 3

Nach einem Training befindet ihr euch in gemütlicher

Runde mit vielen Sportlern. Irgendwann kommt es zu

einer Diskussion zum Thema Doping. Einer behauptet:

„Diese ganzen Kontrollen bringen doch nichts. Viel zu

teuer und die ganz Schlimmen kriegt man damit sowieso

nicht. Man sollte Doping freigeben.“ Es entbrennt eine

hitzige Diskussion.

Situationsänderung 3

Nach einiger Zeit kommen die Bezeichnungen bestimm-

ter Substanzen ins Spiel: Einer behauptet: „Wenn ein

Sportler Asthma hat, muss er eben ein Spray nehmen,

auch wenn es auf der Liste steht. Und da viele Sportlerin-

nen und Sportler Asthma haben, kann das Zeug auch von

der Liste genommen werden.“

Situation 4

Eine bekannte Sportlerin gewinnt etwas unerwartet eine

Weltmeisterschaft. Im letzten Moment schien sie alle phy-

sischen und mentalen Kräfte zum Einsatz gebracht zu

haben. Überglücklich steht sie beim Interview. Die Frage

des Reporters lautet: „Wie erklären Sie Ihren Erfolg? Was

war denn da los?“

Situationsänderung 4

Plötzlich besinnt sich die Sportlerin auf die Wochen vor

dem Wettkampf. Einige Dinge haben sich für sie sehr

zum Positiven entwickelt (glückliche Beziehung, neue

Freundschaften, kranker Elternteil wieder gesund etc.)

Situation 5

Ein erfolgreicher jugendlicher Radrennsportler leidet un-

ter den Hänseleien seiner Mitschüler. Diese konfrontie-

ren ihn ständig mit der Beschuldigung, auch zu dopen wie

die berühmten Vorbilder.

Situationsänderung 5

In den Fächern Sport und Biologie wird das Thema Do-

ping behandelt. Der jugendliche Radrennsportler wählt

das Thema: … für sein Referat.

Aufgabe:Ergänze nach Möglichkeit diese Sammlung von Situati-

onen und Änderungen durch eigene Erfahrungen oder

Beispiele.

Deutlich wird, dass Regelabweichungen zu den alltäg-

lichen Dingen gehören. Die Frage ist nun, welche Un-

terschiede es zwischen dem alltäglichen Leben und dem

Sport gibt. Ist die Gesellschaft das Vorbild für den Sport,

weil alle Sportlerinnen und Sportler Kinder unserer Ge-

sellschaft sind? Oder sollte der Sport das Vorbild für ein

gesundes Leben und ein faires Miteinander im gesell-

schaftlichen Leben sein?

Aufgabe:Handeln von Jugendlichen im Sportverein wird oft

durch Vorbilder (z.B. ein herausragender(e) Sportler/-

in, ein erfolgreicher Trainer oder Trainerin) beeinflusst.

Was zeichnet in deinen Augen ein gutes Vorbild aus,

was ist dir bei Vorbildern wichtig?

37

VORBILDERVorbilder sind Leitfiguren, nach denen sich andere,

vor allem junge Menschen in ihrem Denken, Entschei-

den und Handeln richten. Vorbilder sind ein Ideal und

sollten nie kritiklos übernommen oder sogar „angebe-

tet“ werden. Vorbilder sind dann positiv zu bewerten,

wenn sie ihren Alltag sinnvoll bewältigen, sich für an-

dere einsetzen, sich z.B. für Gerechtigkeit und/oder

die Umwelt engagieren. Sie wecken das Interesse („So

will ich auch sein“). Echte Vorbilder wirken durch die

Art, wie sie leben. Ein vorbildlicher(e) Trainer/Trainer-

in führt dich zu Mündigkeit und kann loslassen!

38

Teil III „Sich entscheiden lernen: Wie kann ich selbst über mich bestimmen?“

3

39

Im Laufe seines Lebens muss jeder Mensch täglich Ent-

scheidungen treffen. In jungen Jahren fällen meist Eltern

die Entscheidung, z.B. ob du aufs Gymnasium, auf die

Realschule oder auf die Hauptschule gehen sollst, wie

lange du Fernsehen darfst oder in welchen Sportverein du

gehen sollst. So lange Kinder und Jugendliche noch nicht

erwachsen sind (d.h. noch nicht selbstständig Entschei-

dungen treffen und verantworten können), übernehmen

die Eltern auch die Verantwortung für deren Handeln.

Nach und nach sollten Kinder und Jugendliche dann aber

lernen, selbst Entscheidungen zu treffen, um damit auch

die Verantwortung für die Folgen zu übernehmen. Dies

gilt auch für die Frage, wie Jugendliche ihr Sporttreiben

gestalten und wie sie mit den Versuchungen von Medika-

mentenmissbrauchs und Dopings umgehen sollen.

Aus unseren Erfahrungen und Interviews wissen wir,

dass es typische Versuchungssituationen im Verlauf ei-

ner Leistungssportkarriere gibt. Auch du wirst mit hoher

Wahrscheinlichkeit in solche Situationen hineingeraten.

Wenn du darauf vorbereitet bist, hast du eine größere

Chance, dich sinnvoll zu entscheiden, als wenn du in ihr

versuchen wirst, schnell und ohne ausreichendes Über-

legen zu entscheiden. Denn meist wird es sich um eine

Situation handeln, in der du dich unter Druck fühlst und

verunsichert bist. Keine gute Voraussetzung für eine

sinnvolle Entscheidung!

Wir zeigen dir jetzt Möglichkeiten, wie du dich auf Ent-

scheidungen in Situationen der Versuchung vorbereiten

kannst. Bei deinen Überlegungen wirst du vor schwieri-

gen Entscheidungen stehen, da du oft zwischen gegen-

sätzlichen Möglichkeiten wählen musst (so genannte

Dilemmasituationen), wobei eine dir möglicherweise zu-

nächst kurzfristig erhebliche Vorteile, die andere zunächst

deutliche Nachteile, langfristig aber gesundheitliche und

moralische Vorteile bringen wird. Von dir als junger

Leistungssportlerin/als jungem Leistungssportler wird

verlangt, dass du für deine Handlungen verantwortlich

bist und auch an langfristige Wirkungen denkst. Nimm

folgendes Beispiel:

„Stell dir vor, du hast dich für den 100m-Endlauf bei Olympi-

schen Spielen qualifiziert. Deine Siegchance ist gering. Wenn du sie-

gen würdest, wären dir große Werbeverträge, Ruhm, Anerkennung

usw. sicher. In deiner Sportkarriere hast du noch nie gedopt. Nun

schlägt dir dein Trainer vor, dich mit einem nicht nachweisbaren

Mittel zu dopen – nur für diesen Wettkampf, später nie mehr.

Dann könntest du sicher sein, dass du gewinnen wirst.“

Dein Dilemma ist: du willst siegen, dein Umfeld bis hin zu

der Bevölkerung deines Landes will dies auch. Du kannst

aber nur gewinnen, wenn du gegen die Regeln verstößt

und betrügst. Du bist also zerrissen zwischen den Erwar-

tungen an dich und deinen eigenen Hoffnungen einer-

seits und den Werten und Regeln des Sports andererseits.

Wählst du Doping, dann sind dir zunächst wahrscheinlich

einmal Ruhm und Ehre gewiss, möglicherweise aber auch

Entdeckung des Betrugs wie beim Langlaufolympiasieger

Mühlegg bei den Olympischen Winterspielen 2002, der

auch davon ausging, ein nicht nachweisbares Doping-

mittel verwendet zu haben, oder auch Krankheit und im

Extremfall früher Tod. Ob sich Eltern, Freundinnen und

Freunde, Trainerinnen und Trainer u.a.m. nach dem Tod

ihres Sprösslings und Schutzbefohlenen noch über des-

sen vorhergehende Erfolge freuen können?

Je unvorbereiteter dich diese Situationen treffen werden,

desto größer ist die Gefahr, dass du eine Entscheidung

triffst, die du später bereuen könntest; desto größer ist

auch das Risiko, dass du ungünstige Einflüsterungen z.B.

aus der Werbung, deiner Freundesgruppe oder etwa ei-

nem unverantwortlichen Trainer zur Richtschnur deines

Handelns machst. Gefühle wie Freude, Glück ebenso wie

3.1 Im Dilemma zwischen Erfolgsorientierung – Werten und Regeln des Sports

40

Wut beeinträchtigen möglicherweise zudem das Den-

ken. Dann wirst du kaum in der Lage sein, gründlich zu

überlegen, was eigentlich deine Ziele sind, welche unter-

schiedlichen Handlungsmöglichkeiten dir zur Verfügung

stehen und welche Folgen sie nach sich ziehen, für diese

musst du aber die Verantwortung tragen! Deshalb ist es

gut, wenn du rechtzeitig vorher – ohne Handlungsdruck –

entspannt typische Situationen durchdenken kannst.

Auf jeden Fall ist klar: Egal wie du dich in Versu-

chungssituationen entscheidest, du trägst selbst die

Verantwortung für die Folgen; es dreht sich um dei-

ne Karriere und deine Zukunft!

41

Wir werden dir einige solcher Situationen schildern. Wie

du einen solchen Entscheidungsprozess sinnvoll bewäl-

tigen kannst, indem du unterschiedliche Argumente be-

rücksichtigst, zeigen wir dir an folgendem Beispiel:

Die nachfolgenden Empfehlungen und Fallbeschreibungen sind so

angelegt, dass du diese allein bearbeiten kannst. Wesentlich wert-

voller ist es allerdings, wenn du dich mit anderen zusammen tust

und mit ihnen die einzelnen Schritte – Ziele, Handlungsmöglich-

keiten und Handlungsfolgeerwartungen - diskutierst. Ihr seid die

Experten/-innen für das Handeln in solchen Situationen. Es wäre

verwunderlich, wenn ihr nicht auch alleine – ohne die Anwesenheit

von Erwachsenen – zu sinnvollen Entscheidungen finden würdet!

Stell dir vor, du bist der jugendliche Leistungssportler in

dem nachfolgend geschilderten Fall: Versuche dich mit

der Rolle zu identifizieren und dich voll und ganz in sei-

ne Situation hineinzuversetzen – du bist dieser Sportler!

Du bist Schüler der 10. Klasse. Du hast großes Talent und es

ist absehbar, dass du bald national und wahrscheinlich auch in-

ternational ganz vorne „dabei“ sein wirst. Da deine Sportart für

die Medien und Sponsoren sehr attraktiv ist, kannst du bei einer

weiteren guten Entwicklung damit rechnen, dass du bald einen zah-

lungskräftigen Sponsor finden wirst und dein Verein dich unterstüt-

zen wird; zudem wird dir die Deutsche Sporthilfe monatlich einen

Betrag bezahlen. Dein Trainer kommt auf dich zu und schlägt dir

vor, die Schule nach der Mittleren Reife abzubrechen, um dich auf

eine Karriere als Profi konzentrieren zu können.

Wie wirst du mit der Aufforderung deines Trainers um-

gehen? Zunächst ist die Idee für dich wohl faszinierend,

dich ganz auf das konzentrieren zu können, was dir

wahrscheinlich am meisten Spaß macht, auf deinen Leis-

tungssport. Möglicherweise bist du selbst während des

Unterrichts in der Schule ab und zu in Gedanken beim

letzten oder beim nächsten Wettkampf und träumst von

großen sportlichen Leistungen und Idolen: Einmal bei

Olympischen Spielen auf dem Treppchen zu stehen, das

wäre das Größte! Von daher wäre es verständlich, wenn

du das Angebot annehmen würdest.

Bedenke aber dabei, dass sich die Geschichte auch ganz

anders entwickeln könnte, nämlich nicht nur positiv. Hast

du z.B. schon von Sportlerinnen und Sportlern gehört,

bei denen die ausschließliche Konzentration auf ihren

Leistungssport gar nicht zu mehr Leistung/Erfolg ge-

führt hat und auch nicht dazu, dass sie sich wohler ge-

fühlt haben? Den ganzen Tag nur an den Sport und an

die nächsten Wettkämpfe denken? Du musst dich dann

zudem zwischen „zu viel“ und „zu wenig“ einordnen:

Trainierst du nicht ganz so viel, sodass Freizeit übrig •bleibt, entsteht nicht selten Langeweile, die sich nega-

tiv auf die Wettkampfergebnisse auswirkt.

3.2 Zum Umgang mit einer typischen Versuchungssituation

42

Trainierst du aber sehr viel, um die Zeit auszufüllen •und weil du (oder auch dein Trainer/deine Traine-

rin) der Meinung ist „viel hilft viel“, entstehen wahr-

scheinlich andere Probleme wie Übertraining, Schlaf-

probleme und bis hin zu erhöhter Suchtgefahr – auf

die Dosierung kommt es an!

VERSUCHUNGS-SITUATIONVersuchungs- und Krisensituationen sind meist Dilem-

masituationen, in denen oft nicht sofort erkennbar ist,

welche Entscheidung die sinnvollste ist. Am ehesten

kommst du beim Nachdenken in einer entspannten

Situation zu sinnvollen Lösungsmöglichkeiten, wenn

du das Problem mit verschiedenen Personen, denen

du vertraust, diskutierst und vor allem das Für und

Wider gegeneinander abwägst. Wenn du unter den

(wünschenswerten) Druck von Gegenargumenten ge-

rätst, wirst du deine Kompetenz zum Vertreten deiner

Position mobilisieren, deine Argumentationsfähigkeit

schärfen und dich in Zukunft leichter in die Gedanken-

führung von „Gegnern/Gegnerinnen“ beim Kampf der

Argumente hineinversetzen können!

Hast du schon mitbekommen, dass manchmal eine Kar-

riere wegen Verletzung oder Krankheit ganz abrupt en-

det? Was ist, wenn du bis dahin keinen optimalen Schul-

abschluss und keine Berufsausbildung hast? Bei manchen

kann dieser plötzliche Verlust der bisherigen Glücksge-

fühle sich Sucht fördernd und Depressionen auslösend

auswirken.

Früher wie heute haben viele Athletinnen und Athleten

demonstriert, dass man durchaus eine Spitzensportkarri-

ere und ein Studium oder eine Berufsausbildung gleich-

zeitig absolvieren kann. Vor allem: Wer zwei Standbeine

– Leistungssport und Schule/Studium/Beruf - hat,

fällt bei unerwarteten Misserfolgen, vor allem aber

bei einem plötzlichem Karriereende nicht in ein tie-

fes Loch. Er/sie hat eine Alternative und ist nicht

auf Medikamentenmissbrauch und Doping ange-

wiesen. Das macht ihn/sie mental stärker.

Ob du Schule, Studium oder Ausbildung gleichzeitig ab-

solvieren kannst, hängt primär davon ab, ob du das willst.

Beispiele dafür, dass es geht, sind der frühere Weltrekord-

ler und Olympiasieger im Schwimmen Michael Groß, die

Doppelolympiasiegerin im Rudern, Meike Evers, das Hür-

denlaufidol Dr. Harald Schmid, die Hochsprung olympia-

siegerin Heike Henkel, oder der langjährige leitende

Mannschaftsarzt der Leichtathletik national mann schaft,

Dr. Helmut Schreiber. Letzterer hat neben seinem Leis-

tungssport (Weltspitze im Speerwerfen) gleichzeitig zwei

anspruchsvolle Studiengänge (Medizin und Psychologie)

absolviert. Als er sich nach seinem Studienabschluss ganz

auf das Speerwerfen konzentrieren konnte, erreichte er

nicht mehr die vorhergehenden Leistungen, obwohl er

noch im besten Werferalter und nicht verletzt war. Zu den

Zeiten der genannten Sportlerinnen und Sportler gab es

weder Karriereberatung durch Laufbahnberater/-innen

noch unterstützende Maßnahmen wie finanzierte Nach-

hilfestunden, angepasste Stundenpläne u.a.m. Trotzdem

haben die genannten Sportlerinnen und Sportler an-

spruchsvolle berufliche Herausforderungen gemeistert.

Noch bevor solche Vorschläge (z.B. Schulabbruch zu-

gunsten einer Konzentration auf den Leistungssport)

kommen, solltest du ab und zu überlegen, welche Ziele

du mit deinem Leistungssport verfolgst, aber auch, wel-

che Ziele du für dein künftiges Leben hast. Nicht bei

jedem fallen die Antworten auf solche Fragen gleich aus.

In dieser Situation sind die Laufbahnberater/-innen an

den Olympia-Stützpunkten hilfreiche Ansprechpartner/

-innen. Im geschilderten Fall könnte die Vielfalt, aber

auch Unterschiedlichkeit der Möglichkeiten etwa so aus-

sehen:

43

Ziele:

1) Für den einen großen Erfolg bin ich bereit, alles zu

opfern.

2) Ich möchte im Leistungssport möglichst weit

kommen. Dafür müssen eben Schule und

berufliche Zukunft einige Zeit zurückstehen.

3) Ich möchte ein gutes Verhältnis mit meinem

Trainer/meiner Trainerin haben und vor allem

ihn/sie nicht verärgern.

4) Ich möchte in späteren Jahren einen schönen

Beruf haben, der nicht unbedingt mit Sport zu tun

haben muss.

5) Ich will das Abitur machen und studieren.

6) Ich will nach dem Ende meiner Leistungssport-

karriere nicht mit leeren Händen dastehen.

Aufgabe:Welche anderen Ziele sind dir noch wichtig?

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Mit einiger Wahrscheinlichkeit wirst du nicht alle deine

Ziele gleichzeitig optimal verwirklichen können. Bei den

Zielen 1 - 3 handelt es sich um kurzfristige Ziele, bei den

Zielen 4 – 6 um langfristige; neben kurzfristigen solltest

du auch langfristige Ziele in deine Überlegungen einbe-

ziehen. In deinem Alter ist die Versuchung groß, sich aus-

schließlich für kurzfristige Ziele zu entscheiden, so nach

dem Motto „Hauptsache, heute geht es mir gut“ oder

„was kümmert es mich, wie es mir in 30 Jahren geht“. Be-

sonders krass ist diese Einstellung bei Rauchern/-innen,

Alkohol- und Drogenabhängigen zu sehen.

Erwachsen werden heißt, unabhängig und mündig zu

werden, d.h. sich selbstständig zu entscheiden und Ver-

antwortung für die daraus entstehenden Folgen zu über-

nehmen. Wenn du dich eindeutig für die Ziele 1 – 3 ent-

schieden hast, würdest du den bequemen Weg vorziehen;

deine Wahl fiele gegen das Erwachsen werden und wahr-

scheinlich gegen deine Zukunft aus – richtig bewerten

wirst du das erst später können, in der Rückschau. Wenn

du auch die Ziele 4 – 6 berücksichtigen willst, kommst du

in einen inneren Konflikt, da du nicht alle Ziele gleich-

zeitig (kurzfristig – langfristig, Erfolg im Leistungs-

sport – Erfolg in der Schule/Ausbildung) erreichen

kannst. Deshalb musst du deine Ziele gewichten: Welche

Ziele sind für dich die wichtigsten, welche sind nicht ganz

so wichtig? Und: Welche Ziele sind im Verletzungs- und

Krankheitsfall gar nicht zu erreichen?

Stufen der Moralentwicklung nach Kohlberg1

Niveau I Reagieren – Belohnung/Strafe (Stadium

der Unmündigkeit/völligen Abhängigkeit)

Stufe 1: Vermeidung von Bestrafung (was verboten

ist, soll ich nicht tun – breche keine Regeln)

Stufe 2: Individualismus (ich mache, was belohnt

wird - ich befolge Regeln, weil sie

vorgeschrieben sind)

Niveau II konformes Verhalten

Stufe 3: Moral des guten Kindes (wichtig ist mir

Anerkennung und eine gute Beziehung –

erfülle, was andere Menschen von dir

erwarten)

Stufe 4: Beachtung gesellschaftlich und sportlicher

Regeln (Gesetze müssen befolgt werden,

also auch die Dopingregeln)

1 nach Günther Gugel: Werte vermitteln, Tübingen 2010 S. 25 und

61, nach Kohlberg u.a.: Die Psychologie der Moralentwicklung, 2. Auf-

lage, Frankfurt/M. 1997

44

Niveau III Agieren auf der Grundlage von

Prinzipien – auf dem Weg zur

Mündigkeit

Stufe 5: Beachtung demokratisch anerkannter

Gesetze, diese sind zum Wohl aller da

(im Sportverein/Verband/Gesellschaft

habe ich Rechte und Pflichten)

Stufe 6: Individuelle (Gewissen) und allgemein

gültige Prinzipien (Ethik) (ich halte mich

an Prinzipien, die Gesetzen und sozialen

Übereinkünften zugrunde liegen, z.B.

Fair Play)

Kein Mensch ist in der Lage, sich bei seinem Handeln im-

mer auf der Stufe 6 zu bewegen. Es gibt Situationen (z.B.

bei Militär, in Mannschaftssportarten), wo in der Situati-

on selbst die Umsetzung von Vorgaben ohne Diskussion

notwendig ist. Trotzdem darf auch in solchen Situationen

die Bindung an das eigene Gewissen nicht völlig unter-

drückt werden (z.B. Aufforderung zum Verstoß gegen die

Menschenrechte). Ziel muss auf jeden Fall sein, sich auf

den Weg zur Mündigkeit hin zu begeben.

Aufgabe:Wie gehen Menschen im Leistungssport mit dir um?

Lassen sie dir Möglichkeiten, selbständig Erfahrungen

zu machen und Dinge selbständig zu entscheiden oder

wirst du mit dem Ziel „Erfolg“ abgerichtet? Überlege

bitte, auf welchen der angegebenen Stufen sich dein

Verhalten und deine Kontakte in Sportverein und

Sportverband abspielen! Und: Was zeichnet deiner

Meinung nach ein Vorbild aus?

Zum auf Seite 41 beschriebenen Fall solltest du neben

den Zielen überlegen, welche unterschiedlichen Möglich-

keiten zu handeln (Handlungsmöglichkeiten) dir kurz-

fristig (beim Gespräch mit dem Trainer/der Trainerin)

und längerfristig zur Verfügung stehen. Zunächst einige

mögliche Sofortreaktionen:

Handlungsmöglichkeiten

a) Ich stimme sofort begeistert zu.

b) Ich höre interessiert zu und erkundige mich nach

Details.

c) Ich informiere meine Eltern und bitte sie um ihren

Rat.

d) Ich gehe zum/zur Laufbahnberater/-in des nächst-

gelegenen Olympiastützpunkts und lasse mich

beraten.

e) Ich lehne den Vorschlag des Trainers/der Trainerin

ab.

Aufgabe:Es gibt mit Sicherheit noch andere Handlungsmöglich-

keiten; fallen dir noch welche ein?

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Aufgabe:Wie sind die verschiedenen Handlungsmöglichkeiten

einzuschätzen? Überlege, welche Folgen sich ergeben

können, wenn du die entsprechende Handlungsmög-

lichkeit umsetzten wirst (Handlungs-Folge-Erwar-

tungen)!

a) Ich stimme sofort begeistert zu: Eine solche Reak-

tion wäre verständlich. Aber wird dir eine solche völ-

lige Konzentration auf den Leistungssport überhaupt

gut tut? Das ganze Jahr über nur Sport, Tag für Tag,

Tag und Nacht nur mit Sport beschäftigt sein? Ein

paar Wochen lang ist das sicherlich schön, aber dann?

Und was machst du, wenn sich deine Leistungsfähig-

keit nicht wie erwartet entwickelt?

45

b) Ich höre interessiert zu und erkundige mich nach

Details: Sich umfassend zu informieren, ist nie ver-

kehrt. Vor allem solltest du nachfragen, ob es sich bei

den Aussagen zur finanziellen Absicherung lediglich

um Wunschträume des Trainers/der Trainerin han-

delt oder ob eine längerfristige Sicherheit damit ver-

bunden ist. Welche konkreten Zusagen gibt es dafür

und wie lange gelten sie? Gelten die Versprechungen

auch, wenn du mal längere Zeit verletzt oder krank

sein solltest? Und wie sieht es bei einem Karriereab-

bruch aus?

c) Ich informiere meine Eltern und bitte sie um ih-

ren Rat: Sicher könnte es passieren, dass deine Eltern

zu ängstlich auf ein solches Angebot reagieren und

sich sofort ablehnend äußern, zumal wenn sie sich

selbst nicht sonderlich für Sport interessieren. Ihnen

liegt aber mit Sicherheit dein Wohl und deine Zukunft

sehr am Herzen, sie sind deine besten Gesprächspart-

ner. Je mehr Meinungen du erfährst (deines Trainers/

deiner Trainerin, deiner Eltern, deiner Freunde und

Freundinnen sowie deiner Lehrer/Lehrerinnen), des-

to besser kannst du abwägen und dich entscheiden.

Es handelt sich um deine Zukunft, du musst die Fol-

gen deiner Entscheidung verantworten, deshalb lass‘

dir Zeit!

d) Ich gehe zum Laufbahnberater/zur Lauf-

bahnberaterin des nächstgelegenen Olym-

piastützpunkts und lasse mich beraten: Der

oder die Laufbahnberater/-in ist ein wichtiger

Ansprechpartner/-in. Seine/Ihre Aufgabe besteht

darin, dafür zu sorgen, dass junge Athletinnen und

Athleten nach Möglichkeit Schule oder berufliche

Ausbildung und Leistungssport unter einen Hut

bekommen. Er/Sie kann dir wahrscheinlich auch

Ratschläge geben, an welcher Schule du am besten

Unterstützung für die Kombination von Schule und

Leistungssport findest. Wichtige Ansprechpartner

könnten aber auch deine Sportlehrer/-innen sein.

e) Ich lehne den Vorschlag des Trainers/der Trai-

nerin ab, da ich das Abitur machen will: Es ist

wohl sinnvoller, nicht gleich ablehnend zu reagieren,

sondern dem Trainer oder der Trainerin einige Fragen

zu stellen – vielleicht hat er/sie ja eine Idee, wie du

Leistungssport und Schule/Ausbildung miteinander

vereinbaren kannst.

Zusätzlich solltest du überlegen, ob die jeweilige Hand-

lungsmöglichkeit (z.B. Ablehnen des Trainervorschlags)

zu deinen Zielen passt (z.B. Meisterschaft). Zum Beispiel

könnte eine völlig ablehnende Reaktion dem Trainer/der

Trainerin gegenüber zur Folge haben, dass er/sie nicht

mehr mit dir zusammenarbeiten will. Oder die Antwor-

ten des Trainers/der Trainerin könnten so vage sein,

dass deine Zukunft in keiner Weise gesichert ist. Oder

du erkennst, dass er/sie nur an deinen Leistungen, nicht

aber an dir als Mensch und deiner Zukunft interessiert

ist.

Menschen brauchen Ziele: Wo willst du in 10, 20 oder 30 Jah-

ren stehen? Dir stehen umso mehr Zukunfts- und Entscheidungs-

möglichkeiten offen, je breiter deine Basis ist! Wie groß sind deine

Chancen, zu den wenigen zu gehören, die später von ihrem Spitzen-

sport sowohl während als auch nach der Leistungssportkarriere le-

ben können? Wenn du keine ausreichende Schulbildung hast, dann

ist deine Zukunft unsicher. Zwar gibt es auch Berufe im Sport,

aber auch hier wird zunehmend eine bessere Ausbildung verlangt,

z.B. ein Studium oder eine intensive Ausbildung. Wenn du dich

nur für den Sport entscheidest, handelst du wie ein Aktionär, der

spekuliert, aber in keiner Weise sicher vorhersagen kann, was die

Zukunft bringt. Was gibt dir die Sicherheit, dass du zu den wenigen

gehören wirst, dessen Aktien erfolgreich sein werden?

In Anbetracht der Ungewissheit

der Zukunft im Sport wäre ein

Kompromiss zwischen kurzfris-

tigen und langfristigen Zielen,

zwischen Schule/Ausbildung und

Leistungssport angebracht. Wenn

du dir über deine Ziele im Klaren

bist, suchst du dir eine Hand-

lung oder eine Kombination von

Handlungen aus, die dazu passen.

Z.B.: du musst dich nicht sofort

entscheiden; du kannst zunächst

einmal deinem Trainer einige

Fragen stellen, dich dann mit

dem Laufbahnberater und deinen

Eltern darüber unterhalten und

46

zusammen mit deinen Eltern eine Entscheidung fällen.

Du kannst deine Schulzeit und dein Studium zugunsten

des Leistungssports strecken, d.h. z.B. statt in 12 oder

13 Jahren erst nach 14 Jahren Abitur machen. Oder die

Lehre erst nach vier Jahren abschließen. Wer ein sicheres

Standbein (Ausbildung) hat, steht auch auf dem zweiten

Bein (Leistungssport) besser. Vielen tut diese Zweiglei-

sigkeit gut, wie dir die auf Seite 42 geschilderten Beispie-

le von Weltklasseathleten/-innen gezeigt haben.

Aufgabe:Ab und zu, in einem ruhigen Moment und in einer

entspannten Situation solltest du dir durchaus auch

einmal Gedanken zu folgenden Fragen zu deinen

langfristigen Zielen machen:

Was ist dir wichtig, um ein glückliches Leben zu •führen? Unterscheide nach kurzfristig erreichbaren

Zielen und überdauernden Werten, die dein ganzes

Leben betreffen können.

Welchen Zeitaufwand hältst du a) für erforderlich •b) maximal für vertretbar c) minimal für notwendig

um deine sportlichen Ziele/Vorgaben zu erreichen?

Welchen Sinn hat der Spruch: „In der Beschrän-

kung zeigt sich der Meister“?

Beantworte diese Frage, falls du Nahrungsergän- •zungsmittel oder Schmerzmittel konsumierst, erst

recht, wenn du verbotene Mittel anwendest - was

sind deine Ideale/Werte für den Sport?

Wozu führt der Anspruch, seine Leistung fortwäh- •rend zu steigern und diese ausschließlich mit Mess-

daten zu erfassen und mit den Leistungen anderer

Sportler/-innen zu vergleichen?!

ZitatMats Wilander (einer der weltbesten Tennisspieler der 80er

Jahre) berichtet, dass ehrgeizige Eltern und Trainer seinen

Sport zu einem menschenverachtenden Geschäftsmodell ernied-

rigt hätten (…): „Es ist mir schon öfter passiert, dass ich Eltern

gefragt habe: ‚Warum spielt Ihr Sohn kein Tennis mehr? Und

die Eltern antworteten: ‚Ach, das hat keinen Sinn, das führt zu

nichts.’ Verzeihung, aber Tennis ist ein Sport, Sport soll Spaß

machen. Ich kann diese russischen Tennismaschinen nicht mehr

ertragen, besser gesagt: die Nick-Bolletieri-Tennis-Akademie-

Maschinen. Was passiert mit den Kids, die von ihren Eltern

da reingesteckt werden? Zwei von 50 haben eine Chance, Profi

zu werden. Was ist mit dem Rest? Der bekommt von den El-

tern suggeriert: Du hast es nicht geschafft! Diese Kinder haben

keinen Traum mehr, weil sie von nichts mehr anderem träumen

durften als von Tennis. Und die, die es schaffen, werden immer

langweiliger, weil sie keine Leidenschaft vermitteln. Aber das ist

nicht ihr Fehler, das liegt an dem Apparat, der sie kreiert hat.

Und das killt unseren Sport.“

ZitatJournalist Wolfgang Brück (Rhein-Neckar-Zeitung): „Vor

kurzem hat in Schalke Julian Draxler kurz vor dem Abitur

die Schule geschmissen – auf Anraten des Trainers Felix Ma-

gath.“

Bernhard Peters (Verantwortlicher für Jugendarbeit bei

1899 Hoffenheim, früherer Hockey-Nationaltrainer): „Grund-

sätzlich ist eine solche Maßnahme absolut unverantwortlich.

Wir haben eine hohe soziale Verantwortung. Auf dem Weg

nach oben kann viel passieren. Verletzungen, Krankheiten, der

falsche Trainer, eine ungünstige Entwicklung. Aber selbst wenn

alles gut geht, nur ein Drittel der Profis hat nach der Karriere

ausgesorgt. Es geht aber nicht nur um das Finanzielle, sondern

dass ein junger Mensch die Grundlagen erhält, um nach dem

Fußball einen guten Beruf auszuüben und ein zufriedenes Le-

ben zu führen“ (Rhein-Neckar-Zeitung,17.2.2011).

47

Wir werden dir nun einige weitere Fälle schildern mit

Situationen, die du als Leistungssportler/-in mit einiger

Wahrscheinlichkeit erleben wirst. Wenn du dich schon

jetzt intensiv mit solchen typischen Situationen ausein-

andersetzt, dann sind deine Chancen besser, richtig zu

entscheiden.

Aufgabe:Überlege zu jedem Fall deine Ziele, deine Handlungs-

möglichkeiten und die Konsequenzen, die eine

Handlung mit sich bringt. Erarbeite dir dann eine gut

überlegte Entscheidung. Bei jedem Fall führen wir vier

Handlungsmöglichkeiten auf; du findest mit Sicherheit

aber auch noch weitere! Wichtig bei der Vorgehenswei-

se ist: Du bist dieser Athlet oder diese Athletin! Es

geht um deine Entscheidung! Versuche auch, jede

geschilderte Versuchungs-Situation einem Oberbegriff

zuzuordnen (z.B. Verletzung, Vereinswechsel).

1. Du gehst in ein Fitnessstudio. Der Trainer hat genau

die Figur, die du dir erarbeiten willst; da er zudem

bei Bodybuilding-Wettkämpfen erhebliche Erfolge

erzielt, wird er bald zu deinem Vorbild. Das Erarbei-

ten deiner Traumfigur geht langsamer, als du dir das

vorher vorgestellt hast. Eines Abends hast du die Ge-

legenheit, dich mit deinem Trainer über Krafttraining

und u.a. auch über gesunde Ernährung zu unterhal-

ten. Du erklärst ihm, dass du mit deinen langsamen

Fortschritten nicht zufrieden bist. Da greift dieser in

seine Trainingstasche und sagt: „Hier, schluck mal

zwei dieser Tabletten zwei Stunden vor dem Training

und du wirst länger und intensiver trainieren können.

Es wird keine Nebenwirkungen geben, wenn du dich

an die Dosierung hältst. Das mit den Nebenwirkun-

gen ist sowieso nur Mist, da werden nur Märchen er-

zählt. Ich selbst habe auch noch nie gesundheitliche

Probleme gehabt!“

a) Mein Trainer ist mein Idol. Was er sagt, mache

ich.

b) Ich informiere mich, wo ich solche Pillen kaufen

kann und was sie kosten.

c) Ich bin entsetzt und gehe dem Trainer in

Zukunft aus dem Weg.

d) Ich bin schockiert und gehe zur Polizei.

e) Ich sage ihm, dass ich nichts davon halte und

sportlichen Erfolg durch Doping ablehne.

2. Vor ein paar Tagen hast du bei deinem Freund Ziga-

retten ge sucht und dabei eine Box mit Anabolika,

Spritzen und Ampullen gefunden. Du bist total

verzweifelt. Dein Freund macht seit drei Jahren Bo-

dybuilding und du hast nie gedacht, dass er zu Ana-

bolika greifen könnte.

a) Ich ignoriere den Vorfall.

b) Ich freue mich darüber, dass mein Freund immer

muskulöser und männlicher wird.

c) Ich möchte mit meinem Freund darüber sprechen

und ihn nach den möglichen Nebenwirkungen

fragen.

d) Ich trenne mich von meinem Freund, weil ich

kein Vertrauen mehr in ihn habe. Wer so eine

wichtige Sache verheimlicht, ist auch in anderen

Dingen nicht offen.

3.3 Typische Versuchungssituationen

48

3. Du wirst erstmals zu einem Kaderlehrgang eingela-

den. Im Vorbeigehen sagt dir der Bundestrainer un-

ter vier Augen, dass du deine Ernährung verändern

musst, wenn du auch weiterhin eingeladen werden

willst. Ohne diese Veränderung hättest du keine

Chance, bis zu absoluten Spitze vorzustoßen. Als du

ihn um Rat bittest, was du da machen könntest, nennt

er dir Mittel, von denen du weißt, dass sie verboten

sind.

a) Ich frage den Trainer, wo ich mir diese Mittel

besorgen kann.

b) Ich bitte den Trainer um Verständnis dafür, dass

ich mich für solche Mittel noch zu jung fühle.

c) Ich sage dem Trainer, das Thema sei doch sicher-

lich für die ganze Trainingsgruppe interessant

und er solle das Thema doch mit allen zusammen

besprechen.

d) Ich informiere meine Eltern, dass der Trainer

mich zur Einnahme verbotener Mittel auffordert.

4. Du bist begeisterter Radsportler. Mit der Zeit merkst

du, dass deine Trainingskameraden anscheinend et-

was mehr machen als du. Du fragst nach und erfährst,

dass sie „unterstützende Mittel“ nehmen, d.h. dass

sie sich dopen. Während verschiedener Rennen wirst

du von anderen Fahrern angesprochen, ob du auch

schon was nimmst und erhältst ganz konkrete Tipps,

was du nehmen und von welchem Arzt du dich be-

treuen lassen könntest.

a) Ich bitte die anderen Sportler um genaue

Angaben zu den Mitteln und Ärzten.

b) Ich befrage ältere Fahrer zu Vor- und Nachteilen

bzw. nach Risiken.

c) Ich ignoriere die Ratschläge und nehme weiter

an Wettkämpfen teil, auch wenn mir das

I-Tüpfelchen an Erfolg dadurch entgehen sollte.

d) Ich informiere den Vereinsvorstand, den Verband

und meine Eltern, was mir da angeboten wird.

5. Eine Woche vor einer internationalen Meisterschaft,

für die du dich nach langem, hartem Training qua-

lifiziert hast, holst du dir eine schwere Verletzung

und kannst die Chance nicht wahrnehmen. Andere,

weniger talentierte Athletinnen steigern während dei-

ner Verletzung ihre Leistung und ziehen in den nach-

folgenden Wochen und Monaten an dir vorbei. Da

erfährst du zum einen, dass manche von ihnen sich

dopen und zum anderen, dass es eine Ärztin gibt, die

mit Hilfe verbotener Mittel deine Verletzungszeit er-

heblich abkürzen könnte.

a) Ich gehe zu der entsprechenden Ärztin und lasse

mich beraten.

b) Ich frage meine Trainerin um Rat.

c) Ich gehe zur Ärztin meines Vertrauens und lasse

mich von ihr beraten.

d) Ich bespreche das Problem mit meinen Eltern.

6. Du weißt, dass du dich in einem leistungsstarken

Verein besonders gut weiterentwickeln kannst. Zum

Glück gibt es nicht allzu weit von deinem Heimat-

ort einen solchen Verein, mit sehr guten Trainerinnen

und Trainern, hervorragenden Trainingsstätten und

finanzkräftig ist dieser Verein zudem. Du kannst dort

eine ansehnliche monatliche Zuwendung erhalten.

Du schließt dich also einer dortigen Trainingsgruppe

an. Nach kurzer Zeit merkst du, dass sich die Mehr-

zahl der Athleten und Athletinnen dopen und dies

der Trainer auch dringend empfiehlt.

a) Mir ist es am wichtigsten, zu einer Gruppe dazu

zu gehören. Deshalb mache ich alles wie alle

anderen, im Zweifelsfall auch dopen.

b) Ich bleibe in dem Verein, gebe mich aber mit

dem zufrieden, was ich mit natürlichen Mitteln

erreichen kann.

c) Ich wechsele den Verein.

d) Ich informiere den Verband und meine Eltern

über die „Arbeitsweise“ in diesem Verein.

49

7. Deine Trainerin informiert dich und deine Mann-

schaftskameraden, es gebe ein neues Mittel, das ga-

rantiert unschädlich sei und in einer Dopingkontrolle

nicht nachgewiesen werden könne. Ihr solltet es ein-

fach mal ausprobieren und euch von der Wirkung

überzeugen.

a) Ich befolge den Rat der Trainerin.

b) Ich bespreche das Thema mit den Mannschafts-

kameradinnen.

c) Ich frage bei der NADA (www.nada-bonn.de,

Telefon 0228-8129200) und bei den nationalen

Kontrolllaboren (www.dopinginfo.de) nach, was

von der Empfehlung zu halten ist.

d) Ich sage der Trainerin, dass es nicht zu ihrer

Aufgabe gehört, mich zur Verwendung von

Dopingmitteln zu überreden. Denn das ist

Betrug und schadet der Gesundheit.

Für die Leichtathletik haben wir folgende Versuchungs-

und Krisensituationen als besonders relevant herausge-

funden:

Wechsel von einem kleinen, weniger leistungsorien- •tierten Verein zu einem größeren sehr leistungsorien-

tierten,

der erste größere Misserfolg, die erste bedeutende •Verletzung, die dich in deinen Karrierehoffnungen

zurückwerfen,

Einflüsterungen („das musst du unbedingt mal aus- •probieren“),

Gescheiterte Hoffnungen/Erwartungen (z.B. Quali- •fikation zu einer Meisterschaft, Nominierung für eine

Auswahlmannschaft),

Angst vor dem altersbedingten Rückgang der Leis- •tungsfähigkeit,

Angst vor dem Karriereende (Verlust des bisherigen •sozialen Umfelds, drohendes Ausbleiben der bisheri-

gen Glücksgefühle durch Erfolg und öffentliche Auf-

merksamkeit),

Depressive Grundstimmung nach dem Karriereende •(Ausbleiben der Glücksgefühle, Angst vor Bedeu-

tungslosigkeit), manchmal sogar nach großen Erfol-

gen („post olympic depression“).

Aufgabe:Versuche dir vorzustellen oder frage bei erfahrenen

Menschen in deiner Sportart nach, ob es entsprechen-

de Situationen gibt! Gibt es dort weitere Versuchungs-

situationen?

„Das scheinbar Unmögliche wird dann möglich,

wenn jeder ein bisschen mehr tut, als er tun muss!“

(Herrmann Gemeiner)

VERANTWORTUNGFür deine Entscheidungen und dein Handeln bist du

selbst verantwortlich. Verantwortung kann man nicht

lernen wie das kleine Einmaleins oder eine Technik

im Sport. Verantwortung setzt Wissen voraus. Verant-

wortungsbewusstsein kann sich entwickeln, wo Pro-

bleme aktiv angegangen und nicht verdrängt werden.

Zu lernen, wie man argumentiert und selbständige

Entscheidungen trifft, ist Teil des aktiven Umgangs

mit Problemen.

Du bist nicht verantwortlich dafür, wie sich die Do-

pingproblematik entwickelt hat. Du bist als Leistungs-

sportlerin oder Leistungssportler aber mitverantwort-

lich dafür, wie sich der Leistungssport weiterentwickeln

wird. Verantwortung und Mut zeigt, wer nicht einfach

mit der Masse mitschwimmt und schweigt, wenn sie/

er Betrug im Sport feststellt. Verantwortung und Mut

zeigst du auch, wenn du für Wahrheit und Transparenz

eintrittst und nicht zustimmst, wenn die Wahrheit ver-

drängt oder vertuscht werden soll.

50

Du erhältst in der Folge die Möglichkeit, dich selbststän-

dig mit gegensätzlichen Aussagen von Trainern/-innen,

Funktionsträger/-innen, Ärzte/-innen u.a.m. auseinan-

der zu setzen. Du kannst überprüfen, wie weit du deine

Argumentations- und Entscheidungsfähigkeit entwickelt

hast. Wenn du nicht sicher bist, wie du auf die nachfol-

genden Meinungsäußerungen reagieren sollst, kannst du

versuchen:

deine Wissensbasis zu erweitern, •

die gegensätzlichen Ansichten mit Freunden und •Freundinnen oder anderen Personen aus deinem Um-

feld zu diskutieren.

Bei den nachfolgenden Zitaten sind auch sehr problema-

tische Meinungen wiedergegeben. Wenn du diese Bro-

schüre durchgearbeitet hast, trauen wir dir zu, diese zu

erkennen und richtig einzuordnen.

3.4.1 Medikamentenmissbrauch

undDoping–einProblem?

Marie-George Buffet (bis 2002 französische Sportmi-

nisterin): „Doping ist mehr als Betrug, Doping verkehrt

den Sinn und die Werte des Sports ins Gegenteil, und das

zu einem Zeitpunkt, an dem vom Sport erwartet werden

könnte, dass er Halt gibt, für Zusammengehörigkeit und

Solidarität sorgt.“ (Le Monde, 04.08.1998)

Manfred von Richthofen (DSB-Präsident von 1994 bis

2006): „Eine Sperre soll für den überführten Sünder zwar

eine gerechte, aber auch dramatische Wirkung haben. Da-

für sind zwei Jahre noch zu wenig. (...) Bei der Klagefreu-

digkeit der Ertappten setzen sich die Verbände mit jeder

Sperre einem kaum kalkulierbaren Prozessrisiko aus. Das

macht die konsequente Doping-Bekämpfung nicht leich-

ter.“ (Netzeitung, 10.02.2003)

Bernhard Segesser (Dr., führender Schweizer Sport-

mediziner, Rennbahn-Klinik Basel): „Eine Spitzenleis-

tung wird heute nicht mehr nur mit Pudding und gutem

Willen erzielt, deswegen aber noch lange nicht speziell

durch Manipulation. Eine Höchstleistung zum richtigen

Zeitpunkt braucht heute Planung – nicht zuletzt auch im

medizinischen Bereich.“ (Segesser 1985, 127 f.)

Udo Beyer und Ulf Timmermann (ehemalige Weltklas-

sekugelstoßer der DDR): „Topleistungen wurden auch

damals nicht mit Pfefferminztee gemacht. Wir haben,

wie die Konkurrenz auch, die bestehenden Freiräume ri-

goros ausgenutzt. (...) Ich habe einige Sachen genommen,

die damals nicht auf der Dopingliste standen, aber heute

verboten sind“ (Berliner Morgenpost, 31.01.93). (Aus-

zug aus zwei Zitaten der beiden Sportler - Anmerkung

der Verfasser dieser Broschüre: Die Aussage ist übrigens

falsch, weil Anabolika seit 1970 auf der Verbotsliste des

Internationalen Leichtathletik-Verbands standen.)

3.4 Argumentieren und Entscheiden

51

Laurent Dufaux, (Mitglied des Festina-Skandal-Teams

bei der Tour de France 1998), Interviewfrage an ihn:

„Fühlen Sie sich als Betrüger?“ Dufaux: „Ich denke, ich

übe meinen Beruf so gut wie möglich aus. Der Hämato-

kritgrenzwert (Anmerkung der Verfasser dieser Broschü-

re: der Anteil von Blutzellen an der Gesamtblutmenge)

liegt bei 50? Also tun wir alles, um drunter zu bleiben.

Ich betrachte das als erlaubtes Doping.“ (L’Equipe,

28.07.1998)

Tony Rominger (Schweizer Ex-Radprofi, Co-Kommen-

tator bei Eurosport) auf die Frage nach seiner eigenen

Dopingvergangenheit: „Oho, darüber gebe ich keine

Auskunft. Ich bin 12 Jahre lang Rennvelo gefahren, ich

habe in 12 Jahren rund 300 Dopingtests gemacht – und

bin nie positiv gewesen. In diesem Sinne habe ich nie ver-

botene Substanzen zu mir genommen und meine Karrie-

re ist ohnehin vorbei.“

Ommo Grupe (Prof. Dr., langjähriger Antidopingbe-

auftragter und DSB-Vizepräsident, Tübingen): „Wer

demnach für die Lockerung oder Freigabe pharmazeu-

tischer Mittel plädiert, sägt an dem Ast, auf dem der

Leistungssport und auf dem auch viele Aktive sitzen

oder sitzen wollen. Damit schadet er direkt und indirekt

dem Selbsterhaltungsinteresse des Leistungssports und

den Eigeninteressen der Sportlerinnen und Sportler.“

(Grupe, 2000, 254)

Ettore Torri (Anti-Doping-Staatsanwalt des Italieni-

schen Olympischen Komitees, CONI) über die Er-

folgsaussichten im Kampf gegen die verbotenen leis-

tungsfördernden Substanzen: „Alle Radprofis, die ich

vernommen habe, haben es mir bestätigt: Alle Radfahrer

nehmen verbotene Substanzen ein. Die spanische Öf-

fentlichkeit sieht den Skandal um ihren Sporthelden an-

ders. ’Wir haben allen Grund, auf die Leistungen unserer

Sportler stolz zu sein’, schrieb das Sportblatt ’’Marca“.“

(www.nachrichten.at/Sport/art929,478860, 7.10.2010)

Fritz Sörgel (Prof. Dr., Medizinprofessor Universität

Erlangen): „Es gibt ja eine Bemerkung des italienischen

Anti-Doping-Chefs, der gesagt hat, dass alle Radfahrer

dopen. Das ist, denke ich, eine Bemerkung, die aus Frus-

tration heraus erfolgt ist, aber im Kern hat er natürlich

schon recht. Der Radsport ist durchseucht und die an-

deren Sportarten, gerade im Hochleistungsbereich, auch.

Welche Mittel angewendet werden, das wird immer kom-

plexer. Ich denke, dass wir sehr viel an Kombinationen

von Stoffen sehen: Anabolika, Epo in Mikrodosierungen.“

(http://www.pnp.de/sport/artikel.php?cid=29-

29844020&Ressort=sp&BNR=0, 2010)

Franz-Josef Kemper (Dr., ehemaliger Leiter der

Abteilung Sport und Ehrenamt im rheinland-pfälzi-

schen Innenministerium und Mitglied der Arbeits-

gruppe Prävention der NADA, Olympiavierter 1972

über 800 Meter): „Was nützen alle Festtagsreden im

Anti-Doping-Kampf, wenn man nicht bereit ist, gra-

vierende Änderungen am System vorzunehmen. (…)

Wenn wir das gesellschaftliche Ziel eines sauberen und

fairen Sports formulieren, dann müssen wir alle - Sport,

Medien und die Geld gebende Wirtschaft - noch ein-

mal unsere Grundsatzposition gründlich überdenken.“

Das komplette Statement findest du unter:

(http://www.dosb.de/de/leistungssport/anti-

doping/news/detail/news/dopingbekaempfung _

als_gesellschaftspolitische_aufgabe, 20.10.2010)

3.4.2Stimmenfürundgegen

dieReduktionderDopingliste

Juan Antonio Samaranch (ehemaliger IOC-Präsident):

„Ich bin für eine drastische Reduktion der Liste der ver-

botenen Mittel (…) Alles, was der Gesundheit nicht scha-

det, kann nicht als Doping angesehen werden.“ (1998)

Werner Franke (Prof. Dr., Heidelberger Krebsforscher

und Anti-Doping-Experte): „Eine Trennlinie zwischen

leistungsfördernden und gesundheitsgefährdenden Mit-

teln ist gar nicht zu ziehen. Das ist ja der Schwachsinn an

diesem Vorschlag [Anmerkung der Verfasser dieser Bro-

schüre: des damaligen IOC-Präsidenten Samaranch]: Über

den Einsatz von Arzneimitteln entscheiden Ärzteschaft

und Gesundheitsministerium und nicht irgendwelche

Sportfunktionäre.“ Ein Aufweichen der Anti-Doping-Re-

geln sei das Ende des Nachwuchssports: „Wenn sich Sa-

maranch durchsetzt, kann niemand seinen Sohn oder seine

52

Tochter zu einem solchen Sport voller Drogen schicken.“

(Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.07.1998)

Hans Howald (Dr., Schweizer Sportmediziner, lange

Jahre Leiter des IOC-Doping-Kontrolllabors in Magg-

lingen): “Aus heutiger Sicht darf behauptet werden, dass

die gut gemeinte Maßnahme regelmäßiger Blutkontrol-

len zur fatalen Weiterverbreitung des Dopings mit Epo

geführt hat, indem die Fahrer unter Anleitung ihrer

Teamärzte lernten, ihren Hämatokritwert durch entspre-

chende Dosierung oder notfalls durch Blutverdünnung

mittels Infusion knapp unter der kritischen Grenze zu

halten. Auf diese Weise (…) wurden die Mannschafts-

fahrzeuge zu rollenden Apotheken und Laboratorien.”

(Der Sonntag, 6.5.2007)

Peter Sloterdijk (Prof. Dr., Hobbyradsportler, Philosoph):

„lehnt Doping auch deshalb ab, weil es den Athleten, den

Star, den Helden profaniere und aus einem gottähnlichen

Wesen, das imstande ist, sich über die Schwerkraft hin-

wegzusetzen, einen ‚hundsgewöhnlichen Berufstätigen’

mache. Der Ruin der Sportidee (…) sei nicht aufzuhal-

ten.“ („Die Presse“, Print-Ausgabe, 31.10.2010)

Prinz Alexandre de Mérode (bis 2002 Präsident der

Medizinischen Kommission des IOC): „Wir müssen

wachsam bleiben. Nehmen wir z.B. Ephedrin: Noch vor

Jahren waren pro Jahr mehrere Hundert Sportler damit

positiv, heute im Durchschnitt nur noch 10. Wenn wir

morgen Ephedrin von der Doping-Liste nehmen wür-

den, würde die ganze Geschichte wieder von vorne be-

ginnen. Wir können doch unsere Athleten Ephedrin nicht

literweise trinken lassen, ohne dass sie bestraft werden.“

(Le Figaro, 17.08.1998)

Vincent Hubé (Journalist der „LÈquipe“): Ben John-

son, der Oberdoper! Was hat er nicht alles an Hieben

und rote Karten seit seinem Olympiasieg über 100m

in Seoul 1988 abbekommen. Doping ist deswegen kei-

neswegs aus der Leichtathletik verschwunden. Und

Carl Lewis, die Lichtgestalt der Leichtathletik [Anmer-

kung der Verfasser dieser Broschüre: er wurde durch

die Disqualifikation von Johnson Olympiasieger], der

sauberste von allen? Drei Mal war er vor den Olympi-

schen Spielen positiv getestet worden und hätte eigent-

lich in Seoul nicht laufen dürfen. Er aber konnte seine

drei Medaillen behalten. Wo bleibt da die Gerechtigkeit?“

(L’Equipe Magazine, 1124, 06. Dezember 2003)

über Joseph Keul (Prof. Dr., langjähriger leitender Arzt

der westdeutschen Olympiamannschaft): „Nun sagte

Professor Keul, (...), es wäre doch geradezu unmensch-

lich, einem Sportler nach jahrelangem Training (täglich

sechs Stunden) im entscheidenden Augenblick die Hil-

fe zu verweigern und damit seine Niederlage gegen die

hormongeladene Ost-Konkurrenz vorweg zu besiegeln.“

(Süddeutsche Zeitung, 21.08.1976)

Hein Verbruggen (Präsident des Internationalen Rad-

sport-Verbands UCI, Vertreter der Sommersportar-

ten im IOC), plädierte für das Streichen von Kortison

von der Verbotsliste: „Ich habe mich mit verschiede-

nen Sportmedizinern unterhalten. Das ist kein Doping.

Fußballer brauchen es wirklich. Meiner Meinung nach

haben solche Präparate eine gewisse euphorisieren-

de Wirkung, für große Radrennen wie die Tour de

France bringen sie nichts. Für ein Rennen, das nur ei-

nen Tag dauert, vielleicht.“(Sport et Vie 71, 2002, 28).

(Anmerkung des Verfassers der Broschüre: Frühere ge-

dopte Athleten schätzten zumindest zum Teil die Neben-

und Folgewirkungen von Kortison als gefährlicher ein

als jene von Amphetamin, das immerhin zu Todesfällen

geführt hat.)

Armin Klümper (Prof. Dr., Freiburger Sportmediziner),

in seiner eidesstattliche Erklärung zum Tod der Sieben-

kämpferin Birgit Dressel, der Klümper u.a. das Anabo-

likum Stromba verordnet hatte, während seiner Verneh-

mung durch die Staatsanwaltschaft am 26.10.1991: „Die

zeitlich limitierte Gabe von Anabolika zum Wiederauf-

bau atrophierter Mus kulatur nach Immobilisierung oder

53

langdauernden Verletzungen stellt eine thera peutische

Maßnahme dar und erfüllt nicht den Tatbestand des Do-

pings.“

Heinz Liesen (Prof. Dr., Mannschaftsarzt mehrerer

Nationalmannschaften, u. a. der deut schen Fußballnatio-

nalmannschaft bei der Weltmeisterschaft 1986): „Es gibt

natürlich Möglich keiten, die wir nicht machen dürfen, die

aber besser wären und die mit Sicherheit andere machen.

(...) Anabolika als therapeutische Maßnahme, um sie wie-

der fit zu kriegen. Das kann man auch so machen, dass

man bei einer Dopingkontrolle nicht auffällt, das ist ganz

einfach. Aber ich darf das nicht. Wir sind ja Moraltheo-

logen im Sport. Dabei wäre das absolut unschädlich.“

(Süddeutsche Zeitung, 03.01.1985)

Arnd Krüger (Prof. Dr., früherer Mittelstreckler, Sport-

wissenschaftler in Göttingen) in der Zeitschrift „Leis-

tungssport“: „Wer einen Monat in St. Moritz ins Hö-

hentraining fährt, hat nicht nur (falls er oder sie einer

regelmäßigen Arbeit nachgeht) einen entsprechenden

Verdienstausfall, sondern er muss für das Vergnügen

auch leicht 4000 Franken ausgeben. Wer zu Hause bleibt,

EPO verwendet, kann dieselbe Wirkung ohne erwähnte

Einschränkungen erreichen. EPO-Doping als Höhentrai-

ning des „kleinen Mannes“? Es sind diese Paradoxien, die

dazu beitragen, dass die sich dopenden Sportlerinnen und

Sportler kein schlechtes Gewissen haben (brauchen?).“

(Krüger 2000, 18)

54

3.4.3Dopingfreigabe–das

kleinereÜbel?

Ines Geipel (Olympiasiegerin über 4x100m 1988), die

die Streichung ihrer Ergebnisse verlangt hat, weil sie da-

mals gedopt war: „Als System ist der Sport mausetot.

Die Leute wollen Brot und Spiele, die WADA schläft den

Schlaf der Gerechten, Frau Merkel (Anmerkung der Ver-

fasser dieser Broschüre: die deutsche Bundeskanzlerin)

schätzt es über die Maßen, über den grünen Rasen zu

stürmen, wenn das Spiel der deutschen Fußball-Natio-

nalmannschaft aus ist, es gibt jede Menge neues Doping,

das die Labore nie auf den Tisch kriegen, und eine lange

Interessenkette, die viel Kohle verdient. Mit dem Spiel ist

es aus.“ (Die Presse, Print-Ausgabe 31.10.2010)

Thomas Kistner (Sportjournalist, Süddeutsche Zeitung):

„Denn längst weiß im Sport jeder halbwegs informierte

Doper, wie leicht Tests zu umgehen sind: Immer mehr

Stoffe sind im Labor nicht zu erkennen, bei anderen ist

das Zeitfenster der Nachweisbarkeit zu klein, überdies gibt

es Maskierungsmittel zuhauf. Da braucht es, wie beim Al-

koholtest, Grenzwerte und starke Indizien.“ (11.3.2010,

http://www.sueddeutsche.de/sport/dopingforscher-im-

fall-pechstein-auf-skeptischer-distanz-1.4105)

Alois Mader (Prof. Dr., 1974 aus der DDR geflüchteter

Sportmediziner, dann Wissenschaftler an der Sporthoch-

schule Köln) zur Kritik an dopingbedingten Veränderun-

gen von Frauen im Leistungssport: „Hier wird kritiklos ein

zur Zeit akzeptiertes Schönheitsideal, das auf einer kultu-

rell und sozial bedingten und damit eher artifiziell hervor-

gerufenen Unter entwicklung der Körpermuskulatur der

Frau (z.B. Mannequintyp) beruht, zur biologischen Norm

erhoben“ (Mader 1977, 145). „Wer sich in der zur Zeit ge-

gebenen Situation ernsthaft bemüht, die medikamen tösen

Hilfen für den Hochleistungssportler aus dem Verkehr

zu ziehen, (...) benutzt die eigenen Athleten als Hasen,

die er zwischen intelligenteren Igeln zu Schande hetzt.“

(Frankfurter Rundschau, 07.05. 1977)

Bernhard Segesser (Dr., führender Schweizer Sport-

mediziner, Rennbahn-Klinik Basel): „Die Auswahl der

verbotenen Medikamente ist willkürlich. Sie lässt sich

nicht mehr mit der Zielsetzung ‚Gesunderhaltung und

Chancengleichheit’ rechtfertigen. Die Chancengleichheit

ist im Hochleistungssport schon dadurch nicht gegeben,

dass wir Weiße und Schwarze gleichzeitig starten lassen,

dass es Sportarten gibt, bei denen nur Athleten von einer

Größe von über 1,95 m eine reelle Chance haben oder wo

Übungsabläufe gefordert werden, die nur durch eine im

Jugendalter größere Gelenkbeweglichkeit zu erbringen

sind.“ (Anders/Schilling 1985, 128). „Über den Schä-

digungswert von Anabolika wurde bereits sehr viel ge-

schrieben. (...) Dabei bestehen Arbeiten von namhaften

Sportmedizinern, die den Schädlichkeitswert von Ana-

bolika in normaler Dosierung1 stark in Frage stellen.“

(Anders/Schilling, 1985, 129)

Heinz Liesen (Prof. Dr., Paderborner Sportmediziner,

bis 1990 Mannschaftsarzt der Fußball-Nationalmann-

schaft): „Als Sportme diziner (...) muß ich die Fähig-

keit und die Möglichkeit haben, alle Möglichkeiten der

Medizin zu nutzen und anzuwenden (…) Dazu gehört

z.B. auch, festgestellte Defizite, die wir immer wieder

beobachten (…), substituieren zu können, um hier den

Menschen auch wirklich im Hochleistungssport kom-

plex entwickeln zu können, damit er die Möglichkeit

hat, das Pensum, das heute im Training erforderlich ist,

um interna tional bestehen zu können, gesund und ohne

Schaden für sein weiteres Leben be wältigen zu können. ”

(Deutscher Bundestag 1988, 306 f.)

Daniel Blanc (Dr., Schweizer Sportmediziner in Lau-

sanne): „Der Profi-Sportler ist der einzige Arbeiterneh-

mer, der seiner Mittel nicht frei wählen kann. (...) Der

Spitzensportler dagegen wird für zu blöd gehalten, sich

sinnvoll mit seiner Gesundheit zu beschäftigen“ (Le Jour-

nal du Dimanche, 16.08.1998).(...) „Das (Anmerkung der

Verfasser dieser Broschüre: die Freigabe des Dopings)

scheint mir die einzige Lösung zu sein. Damit würden 90

Prozent der Probleme gelöst. Vor allem, weil die Sport-

ärzte dann endlich richtige Medizin betreiben könnten.“

(L’Hébdo, 23.07. 1998) „Wenn ich den Hämatokritwert

eines Sportlers auf 60 anhebe, bin ich nicht nur ein Be-

trüger, sondern ein Mörder. Wenn ich ihn von 45 bis zur

erlaubten Grenze von 50 anhebe, ist das meiner Meinung

nach Hilfe für den Sportler (...) vorausgesetzt, das ver-

55

schriebene Medikament ist nicht gefährlich.“ (La Liberté,

22.12.1998)

Bruno de Lignières (Dr., Endokrinologe, Necker-

Krankenhaus in Paris): „Durch intensives Training und

Wettkämpfe unter extremen Bedingungen geht die

Hormonproduktion der Eierstöcke bei Athletinnen ge-

gen Null, was zum Ausbleiben ihrer Monatsblutung

und zur vorzeitigen Alterung ihrer Gefäße und Kno-

chen führt. Auf diese Art und Weise haben Spitzen-

sportlerinnen einen Organismus, der mit jenem von

Frauen in den Wechseljahren verglichen werden kann.“

(Le Monde, 21.08.1998)

Rolf Milser (früherer Gewichtheber-Weltmeister)

zum strikten Verbot des Anabolika-Gebrauchs An-

fang 1977 durch den bundesdeutschen Verband:

„Was soll das Verbot (...) mein Körper gehört mir!“

(Die Zeit, 04.11.1977)

Arnd Krüger (Prof. Dr., früherer Mittelstreckler,

Sportwissenschaftler in Göttingen): „Bis vor 25 Jah-

ren wurde das Dopingproblem dadurch gelöst, indem

man es ignorierte. Dies hatte den Vorteil, dass Doping-

substanzen wie andere Medikamente auch von Ärz-

ten ausgegeben wurden, dass sich kaum ein „Schwar-

zemarkt“ entwickeln, dafür aber über die Folgen des

‚Medikamentenmissbrauchs‘ geforscht werden konnte.

Im Sport herrschten die Gesetze des freien Markts.“

(Krüger 2000, 28)

Robert Harting (Weltmeister 2009 im Diskuswer-

fen, kurz vor der WM): „Wo Geld ist, wird gedopt …

Eigentlich ist es sinnlos, gegen diese Tatsache anzu-

kämpfen. Manchmal frage ich mich, ob es nicht bes-

ser wäre, Doping in irgendeiner Form zu erlauben,

so knallhart sich das auch anhören mag. Dann wür-

de sich zumindest niemand mehr darüber aufregen.“

(Welt online, 4.8.2009, http://www.welt.de/sport/artic-

le4255796/Robert-Harting-spricht-von-Doping-Freiga-

be.html)

Beat Glogger (früherer Hürdenläufer, Wissenschafts-

journalist des Jahres 2008 der Schweiz): „Heute haben

wir uns an Herztransplantationen oder Hirnschrittma-

cher gewöhnt. Die genetische Therapie wird kommen,

auch wenn wir uns jetzt furchtbar darüber aufregen“,

sagt Glogger. „Sind die Sportler dann die einzigen, de-

nen die Manipulation an ihren Genen verboten bleibt?“

(ZDF Doping-Watch, 30.7.2010, http://doping.zdf.de/

ZDFsport/inhalt/12/0,5676,8094188,00.html)

Markus Friederici (Sportsoziologe in Hamburg): „Viel-

leicht spielen ja in einigen Jahren die 15-jährigen jungen

Frauen nicht nur wieder mit Puppen, sondern müssen

sich nach Einnahme männlicher Hormone auch rasie-

ren. Hartings Vorschlag ist also mehr als nur eine Idee,

es ist das Ideal der französischen Revolution: Freiheit,

Gleichheit, Brüderlichkeit. Und der Sport: vorneweg!“

(Hamburger Abendblatt, 5.8.2009, http://www.abend-

blatt.de/sport/article1126597/Maerchen-aus-der-Sport-

welt-Reloaded.html)

3.4.4DopingundVerantwortung

Bernhard Segesser (Dr., führender Schweizer Sportme-

diziner, Rennbahn-Klinik Basel): „Das Zerrbild des Ath-

leten, der als ahnungsloses Versuchskaninchen ehrgeizi-

ger bis verantwortungsloser Funktionäre und Mediziner

vollgepumpt von Training zu Training irrt, ist ebenso ein

unsinniges Hirngespenst wie das Zerrbild vom Arzt, der

sich bar jeder Ethik in den Dienst der Höchstleistung

stellt.“ (Anders/Schilling 1985, 128)

56

Hein Verbruggen (Präsident des Internationa-

len Radsport-Verbands UCI, Vertreter der Sommer-

sportarten im IOC) zum Skandal bei der Tour de

France 1998: „Der Fahrer ist der Hauptverantwort-

liche, er kann wählen. Ich fühle mich in keiner Wei-

se schuldig oder verantwortlich dafür, dass ein Fah-

rer sich dopt oder ein Pfleger ihn dabei unterstützt.“

(Le Monde, 02.11. 2000)

Greg LeMond (amerikanischer Radprofi, Tour-de-

France-Sieger): „Die Fahrer sind Opfer. Die meis-

ten nehmen Dopingmittel nur ungern. Deshalb ist es

notwendig, dass effektive Kontrollen durchgeführt

werden, mit denen die Mittel wirklich nachgewiesen

werden können. Nur so wird Chancengleichheit her-

gestellt, denn niemand wird sich dann noch dopen.“

(Le Dauphiné Libéré, 28.07.1998)

Karl-Heinrich Bette (Prof. Dr., Professor für Sportso-

ziologie, TU Darmstadt): „Die inflationäre Nachfrage

nach Helden sorgt so in einer subtilen Weise für ein Kli-

ma, in dem es immer schwieriger wird, ein Sportheld zu

werden oder zu bleiben, der sich auch in Situationen der

Versuchung durch Geld, Macht, Aufmerksamkeit oder

Ehre an die traditionellen Regeln und Fair-play-Erwar-

tungen hält. Die weit verbreiteten Doping-Praktiken

und die vielen anderen Formen der Leistungsmanipu-

lation und Täuschung zeigen mit erdrückender Eindeu-

tigkeit, wie schnell gefeierte Athleten sich vor den Au-

gen einer zuschauenden Öffentlichkeit in Sünder und

Schurken verwandeln können. Für das Publikum ist dies

kein Grund, sich selbstgerecht zurückzulehnen und die

eigene Tugendhaftigkeit zu feiern. Ohne ein auf Vereh-

rung und Bewunderung eingestelltes Publikum gäbe es

schließlich keinen dauerhaften Bedarf, den Status eines

Sporthelden anzustreben. Vielleicht besteht die größte

Leistung eines Athleten im global entfesselten Spitzen-

sport paradoxerweise darin, selbstbewusst darauf zu

verzichten, unter allen Umständen ein Held oder eine

Legende werden zu wollen. Aber können wir, die Zu-

schauer, dauerhaft mit einem solchen Verzicht leben?“

(FAZ.Net, 26.12.2009, http://www.faz.net/s/Rub-

9CD731D06F17450CB39BE001000DD173/Doc ~EA

10D8FE9ACFD430194B0352500582AA3~ATpl~Eco

mmon~Scontent.html)

Andre Plöger (AWD-Direktor für Marketing bei der

AWD Deutschland GmbH): „Die viel beschworene

Selbstreinigungskraft des Sports im Anti-Doping-Kampf

muss insbesondere im Amateur- und Jugendbereich auf

regionaler Ebene durch intelligente Maßnahmen des

Sportsponsorings unterstützt werden (…) Denn gerade

junge, leistungsorientierte Amateursportler bilden oft

die sportliche Basis für den daraus hervorgehenden Spit-

zensport. Um diese junge sportliche Basis zu schützen,

sollte auch Doping-Prävention zukünftig verstärkt durch

Sportsponsoring der Wirtschaft unterstützt werden“.

(28.7.2010, http://www.presseanzeiger.de/meldungen/

sport/371094.php)

Armin Baumert (Vorstandsvorsitzender der NADA):

„Es ist kein schnelles Hochpuschen der Leistung

gefragt – keine Methoden, die den kurzfristigen

Erfolg um jeden Preis suchen. Der kluge Trainer

verfolgt langfristig angelegte Strategien und kitzelt

Erfolge im Jugendalter nicht heraus. Bis zur Spitze

ist eine langfristige Leistungsentwicklung von in der

Regel mindestens sechs bis acht Jahren erforderlich.“

(DOSB-Presse, 28.7.2010, http://www.dosb.de/de/

leistungssport/spitzensportnews/detail/news/

der_langsame_weg_an_die_spitze/9746/cHash/

c96cdb22b8/)

Wenn du dich mit deiner Lektüre bis hierhin durch-

geschlagen hast, dann sagen wir:

Herzlichen Glückwunsch!

Du weißt jetzt mehr und kannst besser reflektieren,

dich positionieren und argumentieren!

57

Seit Jahrzehnten zählt

Prof. Dr. Gerhard

Treutlein zu den renom-

miertesten Sportpädago-

gen in Deutschland. Auf

der Grundlage seiner

langjährigen Erfahrung

als Sportpädagoge, Trai-

ner und Funktionär (im

Allgemeinen Deutschen

Hochschulsportverband

35 Jahre lang verantwort-

lich für die Leichtathletik und in dieser Funktion als Dis-

ziplinchef und Trainer bei 17 Universiaden und weiteren

Studentenweltmeisterschaften) war es ihm möglich, den

Spagat zwischen Hochleistungssport und Sportpädago-

gik erfolgreich zu bewältigen bzw. für eine gegenseitige

Beeinflussung zu sorgen. Für sein wissenschaftliches

und praktisches Engagement bei der Bekämpfung des

Dopings und bei der Entwicklung der Dopingpräventi-

on erhielt er 2009 das Bundesverdienstkreuz. Ihn jedoch

auf seinen Einsatz gegen Doping zu reduzieren, würde

deutlich zu kurz greifen. Der promovierte Historiker ge-

langte über eine breite, humanistisch geprägte Agenda

zum Thema Doping als einem der Schwerpunkte seines

pädagogischen Schaffens.

Seit 2003/2004 ist Prof. Dr. Gerhard Treutlein mit sei-

nem Team vom Zentrum für Doping Prävention Part-

ner der Deutschen Sportjugend (dsj) und unterstützt den

Dachverband des Kinder- und Jugendsports in Deutsch-

land nachhaltig in der Dopingpräventionsarbeit.

So entstanden in enger Zusammenarbeit die kompakten

und allseits respektierten Arbeits- und Lehrmaterialien

der dsj: Präventionsbroschüre „Sport ohne Doping“ (ab

2004), die Arbeitsmedienmappe zur Dopingprävention

(ab 2006) sowie der Athleten/-innenflyer „Sport ohne

Doping“ (ab 2009) und nun zum Ende des Jahres 2010,

die neue Präventionsbroschüre „Sport ohne Doping“, die

sich direkt an junge Sportlerinnen und Sportler wendet.

Eine solche Broschüre kann qualitativ hochwertig nur als

Gemeinschaftswerk bewältigt werden. Weiterhin beteiligt

waren:

Andreas Singler, Sport-

wissenschaftler und frei-

er Journalist, der u.a.

seine Dissertation zum

Zusammenhang von

Dopingdiskurs als Ana-

lysehintergrund für die

Neuroenhancementde-

batte geschrieben hat. Er

ist ausgewiesener Autor

vor allem zur Doping-

geschichte, zur Doping-

prävention sowie zur

Psychologie und Soziologie des Dopings.

Gert Hillringhaus ist

Diplomingenieur an der

Fachhochschule Lübeck.

Als Quereinsteiger hat er

die Liebe zum Radsport,

vor allem aber auch zum

sauberen Sport entdeckt.

Er hat wesentliche Prä-

ventionsmaßnahmen im

Bund Deutscher Radfah-

rer (BDR) auf den Weg

gebracht, u.a. die Aufnah-

me von 22 Modulen zur

Dopingprävention in die Trainerausbildungsordnung des

BDR. Er ist auch Initiator des Films „Windschatten“.

3.5 Das Autorenteam

58

3.6.1 Aktuelle

Buchveröffentlichungen

AMLER, W./ BERNATZKY, P./ KNÖRZER, W. •(2006): Integratives Mentaltraining im Sport.Aachen:

Meyer & Meyer.

BETTE, K.H./SCHIMANK • , U. (20072): Doping im

Hochleistungssport. Frankfurt am Main

DRESEN, A. (2010) • : Doping im Spitzensport als

soziales Problem. Ursachen und Folgen eines gesell-

schaftlichen Diskurses. Wiesbaden: VS Verlag.

KNÖRZER, W./SPITZER, G./TREUTLEIN, G. (Hrsg.) •(2006): Dopingprävention in Europa – Grundlagen

und Modelle. Erstes Internationales Expertenge-

spräch 2005 in Heidelberg. Aachen: Meyer & Meyer.

KÖRNER, H.H. (2007) • . Die Dopingmittel im

Betäubungsmittelgesetz. In: Körner, Hans-Harald/

Scherp, Dirk: Betäubungsmittelgesetz, Arzneimittel-

gesetz. 6. neubearbeitete Auflage. C.H. Beck Mün-

chen (Beck‘sche Kurz-Kommentare Bd. 37),

S. 2185 - 2241.

MEUTGENS, R. • (Hrsg.) (2007): Doping im Rad-

sport. Bielefeld: Delius-Klasing.

SINGLER, A./TREUTLEIN, G. • (20102): Doping

- von der Analyse zur Prävention. Aachen: Meyer &

Meyer.

SINGLER, A./TREUTLEIN, G. (2010 • 5): Doping

im Spitzensport. Sportwissenschaftliche Analysen

zur nationalen und internationalen Leistungsentwick-

lung (4. überarb. Aufl.). Aachen: Meyer & Meyer.

SPITZER, G./FRANKE, E. (2010 • ): Sport, Doping

und Enhancement - Transdisziplinäre Perspektiven,

Bd. 1. Köln: Sportverlag Strauß.

STRIEGEL, H. (2008) • : Doping im Fitness-Sport.

Eine Analyse zwischen Dunkelfeld und sozialer Kon-

trolle. Schriften zum Sportrecht Bd. 13. Baden-Baden:

Nomos.

3.6.2Organisationen

BISp – Bundesinstitut für Sportwissenschaft, Bonn •www.bisp.de (dort ist auch das Sport-Literatursuchs-

ystem SPOLIT zu finden)

www.bisp.de

CAS/TAS – Tribunal Arbitral du Sport (Schiedsge- •richt des Sports mit Sitz in Lausanne/Schweiz zur

Entscheidung von Streitfällen im Sport)

www.tas-cas.org

DOSB – Deutscher Olympischer Sportbund •www.dosb.de

dsj – Deutsche Sportjugend •www.dsj.de

DSH – Deutsche Sporthochschule Köln •www.dopinginfo.de

IAAF – International Association of Athletics Fede- •rations (Internationaler Leichtathletikverband)

www.iaaf.org

ICSSPE – International Council of Sport and Phy- •sical Education (Weltrat für Sportwissenschaft und

Leibes- /Körpererziehung)

www.icsspe.org

IOC – International Olympic Comittee •www.olympic.org

NADA – Nationale Anti Doping Agentur Deutsch- •land, Bonn

www.nada-bonn.de

WADA – World Anti-Doping Agency, Montreal/ •Kanada

www.wada-ama.org

ZENTRUM FÜR DOPING PRÄVENTION •der Pädagogischen Hochschule Heidelberg

www.contra-doping.de

3.6 Literaturhinweise/Organisationen

59

3.7.1 Internetadressen

www.aerztezeitung.d • e

Aktuelle Zeitungsberichte zur Dopingthematik

www.dopage.co • m

Le portail internet de la lutte contre le dopage –

Website der Doping-Präventionsgruppe in Montpel-

lier, die auch das Infotelefon «Ecoute Dopage» be-

treibt

www.contra-doping.de •

Zentrum für Dopingprävention der Pädagogischen

Hochschule Heidelberg

www.ecoutedopage.co • m

Französisches Infotelefon zur Dopingproblematik

(Tel. 0033 800 15 2000 Anrufe anonym und kosten-

los)

www.dopinginfo.c • h

Website des Schweizer Bundesamts für Sport mit der

Möglichkeit, Anfragen zu stellen

www.dopinginfo.d • e

Institut für Biochemie der Deutschen Sporthoch-

schule Köln zur Dopingaufklärung

www.cycling4fans.de •

Internetseite mit aktuellen Themen zu Doping und

Dopingprävention von Monika Mischke

www.gate-projekt.de •

Mit dem Projekt GATE - das Tor zu einem glaubwür-

digen, authentischen, transparenten und an ethischer

Verantwortung orientierten Sport - hat die Deutsche

Sportjugend und das Zentrum für Doping Präven-

tion gemeinsam mit der Deutschen Radsportjugend

modellhaft erprobt, wie eine umfassende Dopingprä-

vention in der Jugendorganisation eines Spitzenver-

bandes erfolgreich durchgeführt werden kann. Auch

die zukünftigen Aktivitäten in der Dopingprävention

werden unter dem Label “Gate“ durchgeführt.

www.sportschau.de/sp/doping •Internetseite der ARD zum Thema Doping

www.sportunterricht.de/lksport/doping.htm • l

Doping – Aufgaben und Materialien (u.a. Links zu

wichtigen anderen Internetseiten)

OnlineAngebotederNADA

www.nada-bonn.de •Die Nationale Anti Doping Agentur informiert

im Internet über alles rund um den Anti-Doping-

Kampf und stellt sämtliche aktuellen Listen und

Formulare zum Download bereit.

www.highfive.de •

highfive.de ist das Internetangebot der NADA für

junge Athletinnen und Athleten. Hier findest du zu

allen Themen, die in der begleitenden Broschüre an-

gesprochen werden, weitergehende Informationen.

nada.trainer-plattform.de •

Die Trainer-Plattform der NADA richtet sich an

Trainerinnen und Trainer sowie an Übungsleiterin-

nen und Übungsleiter im Sport. Basiswissen und

Hintergrundinformationen werden ebenso angebo-

ten wie praktische Unterstützung für den Training-

salltag.

www.nadamed.de •

Die Medikamentendatenbank der NADA bietet

online Auskunft über die Dopingrelevanz von rund

3.000 Substanzen und Medikamenten.

3.7 Links

60

dsj-Präventionsbroschüre„Sport ohne Doping“

Flyer „Sport mit oder ohne Doping“

PPT-Präsentation Nr. 1„Dopingprävention“

3.7.2Arbeitsmedienmappe

zurDopingprävention

BESTELLUNG ÜBER: www.dsj.de/publikationenoder senden Sie uns eine E-Mail unter [email protected] zu.Beachten Sie unsere Versandkostenhinweise im Internet.

Arbeitsmaterialien-CD„Sport ohne Doping“

DVD „Audiovisuelle Arbeitshilfe“

w w w . d s j . d ew w w . d s j . d e

Arbeitsmaterialien

Für Trainer/-innen & Übungs -

leiter/-innen im Kinder- un d

Jugendsport

Sport ohne Doping !Sport ohne Doping !Arbeitsmaterialien-CDArbeitsmaterialien-CD

w w w . d s j . d ew w w . d s j . d e

Audiovisuelle Arbeitshilfe

Autor: Dominik Knebe l

Erstellt im Zuge eine r

Diplomarbeit an de r

PH Heidelbe rg, betreut vo n

Prof. Dr . Gerhard T reutlein

Sport ohne Doping !Sport ohne Doping !Entscheide selbstEntscheide selbst

PPT-Präsentation Nr. 2„Sport ohne Doping“

Erfolgreiche Dopingprävention fängt bei Kindern

und Jugendlichen an!

Die Arbeitsmedienmappe zur Dopingprävention ver-

mittelt praxisbezogenes Wissen und gibt Reflexionsan-

stöße für die Stärkung heranwachsender Sportlerinnen

und Sportler. Thematisiert werden vielfältige Fakten

zum Anti-Doping, Werte und Ziele dopinggefährdeter

Athleten/-innen sowie konkrete Präventionsmöglichkei-

ten im Verein.

Trainerinnen und Trainer wie auch Übungsleiterinnen

und Übungsleiter erweitern mit diesen Lehrmaterialien

ihre Kompetenz für die Unterstützung starker, selbst-

bestimmter Persönlichkeiten als auch im Kampf gegen

Doping und Medikamentenmissbrauch.

Weiterhin dienen die Unterlagen, insbesondere die Pow-

erPoint-Präsentationen, als grundlegende Arbeitshilfe für

die Gestaltung von Aus- und Fortbildungs- sowie Schu-

lungsmaßnahmen.

In diesem Sinne wünschen der DOSB und die dsj jeder

Sportlerin und jedem Sportler Aufrichtigkeit und Redlich-

keit sich selbst und anderen gegenüber, damit der Sport

seine Vorbildwirkung für Kinder und Jugendliche behält.

SportohneDoping–

WirsetzenZeichen!

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Impressum

Herausgeber/Bezug über: Deutsche Sportjugend

im Deutschen Olympischen Sportbund e.V.

E-Mail: [email protected]

Internet: www.dsj.de

Autoren: Prof. Dr. Gerhard Treutlein

Andreas Singler

Gert Hillringhaus

Redaktion: Jörg Becker, Peter Lautenbach, Gisela Nüssler, Manuel Ruep

Gestaltung: amgrafik, Rodgau

ISBN: 978-3-89152-473-2

Druck: Druckerei Michael, Schnelldorf

Copyright: © Deutsche Sportjugend (dsj) / Dezember 2010

Urheberrechtlicher Hinweis:

Die Broschüre und alle in ihr enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetztes wie

Nachdruck, auch einzelner Teile, Übersetzung, Speicherung, Vervielfältigung und

Verbreitung einschließlich Übernahme auf elektronische Datenträger sowie

Einspeicherung in elektronische Medien (auch Internet) ist ohne vorherige schriftliche

Zustimmung der Deutschen Sportjugend und der Autoren unzulässig und strafbar.

Deutsche Sportjugend im Deutschen Olympischen Sportbund e.V.Otto-Fleck-Schneise 1260528 Frankfurt am Mainwww.dsj.de www.gate-projekt.de

Deutscher Olympischer Sportbund e.V.Otto-Fleck-Schneise 1260528 Frankfurt am Mainwww.dosb.de www.gate-projekt.de

Zentrum für Doping Prävention der Pädagogischen Hochschule HeidelbergKepler Straße 8769121 Heidelbergwww.contra-doping.de www.gate-projekt.de

NADANationale Anti Doping AgenturHeussallee 3853113 Bonnwww.nada-bonn.de

3.8 Projektpartner Dopingprävention

Notizen

www.dsj .dewww.g

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kt.d

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Sport ohne Doping

GLAUBWÜRDIG, AUTHENTISCH,

TRANSPARENT, MIT ETHISCHERVERANTWORTUNG

Wir rufen zu einem fairen Umgang mit anderen auf, zum Respektieren des Gebots der Chancengleichheit,aber auch zur Verantwortung gegenüber dem eigenen Körper.

GLAUBWÜRDIG, AUTHENTISCH,

TRANSPARENT, MIT ETHISCHERVERANTWORTUNG

www.dsj .de

Die Deutsche Sportjugend wird gefördert vom BMFSFJ aus Mitteln des Kinder- und Jugendplans des Bundes:

Das Projekt „Sport ohne Doping“ wird gefördert von:

aufgrund eines Beschlussesdes Deutschen Bundestages