Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation...

24
Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook Andreas Brüser und Alexander Güttler Zusammenfassung Internet und Social Media sind wichtige Handlungsfelder für professionelle Kommunikatoren. Auch PR-Forscher widmen sich zunehmend dem Online- Bereich, wobei sprachliche Aspekte bislang nur eine geringe Rolle spielen. Dieser Beitrag wirft einen ersten Blick auf die Sprache der Unternehmenskom- munikation im Social Web. Dazu wurden die Facebook-Posts dreier Unterneh- men untersucht und mit ihren Pressemitteilungen verglichen. Die Analyse zeigt, dass die Posts zum Teil stark vom praxeologischen Idealbild des dialogorientier- ten Texts abweichen. Die untersuchten Facebook-Seiten erscheinen weniger als Dialogplattformen denn als imageprägende Impulsstrecken, die immer wieder Mitteilungen zum Unternehmen, seinen Produkten und Angeboten senden. Dies geschieht nicht selten in Form von konventioneller oder pseudo-dialogorientierter Push-Kommunikation. Schlüsselwörter Social Media Unternehmenskommunikation Public Relations Online-PR Facebook Inhalt 1 Online-Kommunikation in Wissenschaft und Praxis .......................................... 2 2 Sprache in der Unternehmenskommunikation ................................................ 2 3 Internet und Social Web in der Linguistik ..................................................... 4 4 Verfahren der Textlinguistik ................................................................... 4 5 In nuce: Sprache, Unternehmenskommunikation und Social Media ......................... 7 Unter Mitarbeit von Benita Daube A. Brüser A. Güttler (*) KOMM.PASSION GMBH, Düsseldorf, Deutschland E-Mail: [email protected]; [email protected] # Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 C. Christoph, A. Schach (Hrsg.), Handbuch Sprache in den Public Relations, Springer Reference Sozialwissenschaften, DOI 10.1007/978-3-658-15750-0_26-1 1

Transcript of Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation...

Page 1: Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook Andreas Brüser und Alexander Güttler Zusammenfassung Internet und

Sprache in derUnternehmenskommunikation aufFacebook

Andreas Brüser und Alexander Güttler

ZusammenfassungInternet und Social Media sind wichtige Handlungsfelder für professionelleKommunikatoren. Auch PR-Forscher widmen sich zunehmend dem Online-Bereich, wobei sprachliche Aspekte bislang nur eine geringe Rolle spielen.Dieser Beitrag wirft einen ersten Blick auf die Sprache der Unternehmenskom-munikation im Social Web. Dazu wurden die Facebook-Posts dreier Unterneh-men untersucht und mit ihren Pressemitteilungen verglichen. Die Analyse zeigt,dass die Posts zum Teil stark vom praxeologischen Idealbild des dialogorientier-ten Texts abweichen. Die untersuchten Facebook-Seiten erscheinen weniger alsDialogplattformen denn als imageprägende Impulsstrecken, die immer wiederMitteilungen zum Unternehmen, seinen Produkten und Angeboten senden. Diesgeschieht nicht selten in Form von konventioneller oder pseudo-dialogorientierterPush-Kommunikation.

SchlüsselwörterSocial Media • Unternehmenskommunikation • Public Relations • Online-PR •Facebook

Inhalt1 Online-Kommunikation in Wissenschaft und Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Sprache in der Unternehmenskommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Internet und Social Web in der Linguistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Verfahren der Textlinguistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 In nuce: Sprache, Unternehmenskommunikation und Social Media . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Unter Mitarbeit von Benita Daube

A. Brüser • A. Güttler (*)KOMM.PASSION GMBH, Düsseldorf, DeutschlandE-Mail: [email protected]; [email protected]

# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017C. Christoph, A. Schach (Hrsg.), Handbuch Sprache in den Public Relations,Springer Reference Sozialwissenschaften, DOI 10.1007/978-3-658-15750-0_26-1

1

Page 2: Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook Andreas Brüser und Alexander Güttler Zusammenfassung Internet und

6 Explorative Analyse: Facebook-Posts und Pressemitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

1 Online-Kommunikation in Wissenschaft und Praxis

Von der digitalen Spielwiese zum professionellen Instrument: Internet und SocialMedia sind für Kommunikationspraktiker heute ein alltägliches Handlungsfeld.Auch die Wissenschaft richtet ihren Blick verstärkt auf den Onlinesektor. BeideSeiten, Praxis und Forschung, haben einen Professionalisierungsprozess durchlau-fen. Den Kommunikationsmanagern geht es nicht mehr um die bloße digitale Ver-längerung von Offline-Maßnahmen, sondern sie entwickeln eigene Ansätze undInstrumente für das Internet. Eine Schlüsselrolle spielt hier das Modell der Integrier-ten Kommunikation (Zerfaß und Pleil 2012, S. 46). Auch die Online-Forschung isterwachsen geworden. Hoffjann und Pleil (2015, S. 2–3) zeigen dies an drei Trends:Erstens richte sich die Forschung inzwischen weitgehend an etablierten Theorienund Methoden der Sozial- und Kommunikationswissenschaft aus. Zweitens nehmesie immer häufiger eine vergleichende Sichtweise zwischen Online-Kommunikationund Phänomenen der ‚alten‘ Medienwelt ein. Drittens entwickle sie zunehmendeigene, von der Praxeologie unabhängige Fragestellungen. Insgesamt sei die pro-fessionelle Internetkommunikation vom Insel- zum Querschnittsthema der PR-Forschung geworden. Dabei habe der überwiegende Teil wissenschaftlicher Arbei-ten mittlere Reichweite (Hoffjann und Pleil 2015, S. 3–4). In der Tat betrachteneinige einschlägige Veröffentlichungen die (strategische) Funktion sowie Bedeutungvon Online- und Social-Media-Kommunikation auf der Meso-Ebene. Dazu zählenPleil (2015); Schweiger und Beck (2010) sowie Brandstaedter et al. (2013). Themen,die in der Forschung bisher weitgehend unberücksichtigt bleiben, sind die sprachli-chen Aspekte professioneller Kommunikation im Social Web.1 Ihre nähere Unter-suchung kann den Fokus auf die Mikro-Ebene lenken.

2 Sprache in der Unternehmenskommunikation

Sprachliche Faktoren sind für die Unternehmenskommunikation von Bedeutung, siewirken sich auf die Gestaltung von Themen wie Instrumenten aus. Ronneberger undRühl (1992, S. 249–280) unterscheiden in ihrer systemischen PR-Theorie zwischenPR-Funktion (Makro-Ebene), PR-Leistungen (Meso-Ebene) und PR-Aufgaben(Mikro-Ebene). Um ihre Aufgaben zu erfüllen, müssten Kommunikationspraktiker

1Wobei in neueren Forschungen zumindest am Rande auch sprachanalytische Verfahren zumEinsatz kommen. Beispiele sind Arbeiten von Zerfaß und Droller (2015); Thummes und Malik(2015) sowie Wiencierz et al. (2015). Sie untersuchen Organisationskommunikation in den Social-Media unter dem Aspekt der Dialogizität.

2 A. Brüser und A. Güttler

Page 3: Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook Andreas Brüser und Alexander Güttler Zusammenfassung Internet und

spezifische Symboltechniken anwenden. Dazu zählen die journalistischen Darstel-lungsformen. Im Kern geht es hier um die Aneignung (medien-)sprachlicher Moda-litäten. Deutlich wird dieser Vorgang zudem im Intereffikationsmodell (Bentele et al.1997), das unter anderem die Adaption medialer Konventionen durch PR-Akteurebeschreibt. Zur Kommunikation über verschiedene Kanäle müssen Praktiker diejeweiligen sprachlichen Gepflogenheiten kennen. Das zeigt beispielsweise der ide-altypische Vergleich der Textsorten Pressemitteilung und Blogbeitrag bei Schach(2015). Pressemitteilungen bereiten Informationen zunächst für einen journalisti-schen Adressatenkreis auf und richten sich erst in zweiter Instanz an die Kunden undweiteren Stakeholder des Unternehmens. Das Ziel ist es, Inhalte in die redaktionelleBerichterstattung einzuspeisen, also über Earned Media2 Aufmerksamkeit zu schaf-fen, Reputation aufzubauen und zu fixieren. Daher, so Schach (2015, S. 207–209),orientiere sich die Pressemitteilung in Textaufbau und Sprache, zumindest tenden-ziell, an journalistischen Schreibformen wie dem Bericht. Hingegen sei der Blog-beitrag stark von der Persönlichkeit und Erzählperspektive des Autors geprägt, wasbei konventionellen Pressemitteilungen zu vermeiden sei:

„Die Zielgruppenansprache eines Corporate Blogs kopiert bewusst den Stil eines privatenBlogs und ist auch von der Themenauswahl sehr persönlich und individuell verfasst. Ganzim Gegensatz zu Pressemitteilungen zeichnen sich Corporate Blogs durch einen speziellenSchreibstil aus, einer lockeren Sprache mit subjektiven Elementen und teilweise mit An-klängen aus der Privatsphäre der Autoren.“ (Schach 2015, S. 58)

Um sprachliche Aspekte von Unternehmenskommunikation zu beschreiben undzu analysieren, bietet sich ein Blick auf Ansätze der Sprachwissenschaft an. DieAdaption linguistischer Konzepte und Instrumente verspricht außerdem, den metho-dischen Werkzeugkasten der PR-Forschung profitabel zu erweitern.3 Um sich densprachlichen Phänomenen in Internet und Social Web anzunähern, wirft der Beitragzunächst einen kursorischen Blick auf die sprachwissenschaftliche Beschäftigung mitden so genannten „Neuen Medien“ (Androutsopoulus 2007, S. 72). Im Anschlussrichtet sich der Fokus auf eine Auswahl relevanter linguistischer Analyseansätze.

2Die Unterscheidung zwischen Earned Media, Owned Media und Paid Media geht auf eine Studiedes Marktforschungsinstituts Forrester Research (2009) zurück. Demnach spricht die Unterneh-menskommunikation über drei mediale Wege. Earned Media meint die unbezahlte redaktionelleBerichterstattung, Owned Media umfasst unternehmenseigene Kanäle wie Kunden- und Mitarbei-termagazine oder Corporate Websites, Paid Media steht für bezahlte Veröffentlichungen wieMedia-Anzeigen oder Advertorials.3Wehmeier und Raaz (2016, S. 424–425) zeigen, dass in der deutschsprachigen PR-Forschung nachwie vor quantitativ-standardisierte Ansätze dominieren und sprechen sich für eine Erweiterung desMethodenportfolios mit theoretisch reflektierten, nicht-standardisierten Analyseinstrumente aus.Dazu könnte die kreative Aneignung linguistischer Methodenkonzepte beitragen.

Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook 3

Page 4: Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook Andreas Brüser und Alexander Güttler Zusammenfassung Internet und

3 Internet und Social Web in der Linguistik

Der Begriff Social Web4 beschreibt die Verbindung unterschiedlicher Technologienund Anwendungen, die Internetnutzern eine interaktive Teilnahme am Online-Geschehen ermöglichen (Rühl und Ingenhoff 2015, S. 259). Weblogs, Wikis, Forenund zahlreiche weitere Anwendungen ermöglichen es Usern, Content selbst oderkooperativ zu erstellen und zu veröffentlichen. Millionen Mitglieder kommunizierenin Social Networks beziehungsweise auf Plattformen wie Facebook, LinkedIn,YouTube oder Instagram: Sie schreiben, sprechen, drehen Videos, erstellen, teilenund kommentieren multimodale Inhalte, bewerten Unternehmen und ihre Leistun-gen (Brandstaedter et al. 2013, S. 64). Die linguistische Forschung befasst sichbisher vor allem mit Online-Texten, die nicht aus der professionellen Organisations-kommunikation stammen. Sie legt den Schwerpunkt auf nicht-berufsmäßige Texte.Wichtige Themen sind dabei Sprachvariation und Sprachwandel (Schlobinski 2012,S. 26–27), die unter dem theoretischen Leitkonzept der konzeptionellen Mündlich-keit untersucht werden (Dürscheid und Brommer 2009). Demnach tendiere infor-melle Online-Kommunikation – im Gegensatz zu klassischen Schriftmedien wiedem Brief – dazu, Merkmale des mündlichen Sprachgebrauchs in geschriebeneTexte zu übertragen (Schlobinski 2012, S. 22–23).

4 Verfahren der Textlinguistik

Bislang haben also weder PR-Forschung noch Linguistik die sprachlichen Aspekteder Unternehmenskommunikation im Social Web systematisch erforscht. Aus dervorliegenden Literatur lassen sich keine generalisierenden Aussagen zum Themen-komplex ableiten. Das erfordert zielgerichtete Untersuchungen an der Schnittstellezwischen Kommunikations- und Sprachforschung. Dazu bieten sich insbesondereVerfahren der Textlinguistik an (Schach 2015, S. 21–22). Denn sie begreift Textenicht als ausschließlich grammatische Einheiten, sondern als „begrenzte, gramma-tisch und thematisch zusammenhängende [. . .] Folgen von sprachlichen Zeichen, dieals solche eine erkennbare kommunikative Funktion haben“ (Brinker 2005,S. 19–20 in Schach 2015, S. 22). Es geht der Textlinguistik also um grammatischesowie thematische und kommunikative Aspekte von Texten. Das macht sie für diePR-Forschung – auch im Vergleich zu anderen linguistischen Teildisziplinen wie derMorphologie – so attraktiv. Im Fokus der Textlinguistik stehen drei wesentlicheAnalysekategorien, die sich wechselseitig bedingen: das Textthema, die Themenent-faltung und die Textfunktion.

4Social Web löst inzwischen weitgehend das zuvor geläufige Label Web 2.0 ab, das der Online-Pionier O’Reilly (2005) prägte.

4 A. Brüser und A. Güttler

Page 5: Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook Andreas Brüser und Alexander Güttler Zusammenfassung Internet und

• Textthema: Im Anschluss an das Thema-Rhema-Modell der Prager Schule5 lässtsich Thema definieren als der Gegenstand oder Sachverhalt, um den es im Textgeht. Rhema hingegen bezeichnet das, was konkret über das Thema ausgesagtwird (Brinker et al. 2014, S. 47). Die thematische Analyse folgt drei Prinzipien:Im Sinne des Wiederaufnahmeprinzips sucht sie nach zentralen Gegenständen,die im Textverlauf durch bestimmte grammatische Konstruktionen immer wiederaufgegriffen werden.6 Da Texte in der Regel mehrere Themen mit unterschiedli-cher Relevanz behandeln, muss die Themenhierarchie rekonstruiert werden. Diesgeschieht nach dem Ableitbarkeitsprinzip: Das Hauptthema des Texts ist das, ausdem sich alle anderen Themen am überzeugendsten ableiten lassen. DieserAnalyseteil lässt sich anhand des Kompatibilitätsprinzips überprüfen. Die Frageist, ob das identifizierte Hauptthema zur Textfunktion passt (Brinker et al. 2014,S. 54).

• Themenentfaltung: Gemeint ist der Modus Operandi, mit dem der Text seineThemen behandelt. Brinker et al. (2014, S. 60–80) entwickeln vier Formen derThemenentfaltung. Die deskriptive Themenentfaltung stellt das Thema und seineTeilaspekte sachlich informierend dar. Die narrative Themenentfaltung nutzt denErzählmodus, um Erfahrungen und Ereignisse aus Sicht eines Beteiligten zurekapitulieren. Typische Elemente sind die Situierung (Rahmeninformationen),die Repräsentation (Ereignisphasen, Komplikationen und deren Auflösung)sowie das Resümee (Einordnung und Bewertung der Ereignisse vom Erzählzeit-punkt aus). Die explikative Themenentfaltung erklärt einen Sachverhalt. Sie liegtvor, wenn sich im Text eine Struktur aus Explanandum (das, was erklärt wird) undExplanans (die konkrete Erklärung) rekonstruieren lässt. Die argumentativeThemenentfaltung entwickelt eine oder mehrere Thesen, die mit Argumenten,Beispielen und Verweisen begründet werden. Die Form der thematischen Entfal-tung ist dabei eng mit der jeweiligen Textfunktion verknüpft.

• Textfunktion: In Anlehnung an Ernst Ulrich Große (1976, S. 68) meint sie dievom Emittenten an den Rezipienten vermittelte Absicht des Texts. Es geht alsonicht um das ‚wahre‘ oder ‚geheime‘ Ziel des Autors, sondern um die Absicht, dieer im Text explizit oder implizit mitteilt. Die Textfunktion und das eigentlicheKommunikationsziel können dabei übereinstimmen, müssen es jedoch nicht.Brinker et al. (2014, S. 105–121) unterscheiden fünf kommunikative Grundfunk-tionen: Bei der Informationsfunktion gibt der Emittent dem Rezipienten zuverstehen, dass er ihm ein Wissen vermitteln will. Texte mit Appellfunktionvermitteln einen Aufruf zu Meinungs- und Verhaltensänderungen. Die Obliga-tionsfunktion zeigt die Bereitschaft des Absenders an, sich für ein bestimmtes

5Der Prager Sprachwissenschaftler Vilém Mathesius entwickelte das Thema-Rhema-Modell in den1920ern. Vierzig Jahre später modifizierte und adaptierte es František Daneš (1970) für die Text-strukturanalyse.6Gemeint sind Formen der Wiederaufnahme an verschiedenen Textpositionen, beispielsweisemittels expliziter Aufnahme durch andere Substantive (Der Mann ! der Facharbeiter ! der30-jährige), Pro-Formen (Er, sein, dieser, jener, dort, damals, darauf, darin, dabei) oder auchvielfältige Formen impliziter Referenzen (Brinker et al. 2014, S. 32–40).

Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook 5

Page 6: Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook Andreas Brüser und Alexander Güttler Zusammenfassung Internet und

Verhalten zu verpflichten. Texte mit Kontaktfunktion signalisieren persönlicheDialogbereitschaft. Bei der Deklarationsfunktion gibt der Emittent zu verstehen,dass der Text eine neue außersprachliche Realität schafft.7

Einen Vorschlag, um textlinguistische Ansätze konzeptuell für die PR-Forschungzu nutzen, liefert Schach mit ihrer Kategorisierung von Sprachstilen in der Unter-nehmenskommunikation (Schach 2015, S. 25–29). Sie geht davon aus, dass Texteder Unternehmenskommunikation im Spannungsdreieck zwischen journalistischemAnspruch, werblichem Einfluss und Digitalisierung der Formate entstehen. DasKonzept des Sprachstils verbindet Aspekte der Themenentfaltung, der Textfunktionund den jeweiligen situativ-medialen Voraussetzungen (Schach 2015, S. 25). Dem-entsprechend unterscheidet Schach vier Textstile, wobei diese auch als Mischformenauftreten.

1. Informative Texte der Unternehmenskommunikation orientierten sich stilistischan sachbetonten journalistischen Darstellungsformen mit der Funktion, demLeser Informationen zu vermitteln. Die Themenentfaltung sei in der Regeldeskriptiv, Fakten und Sichtweisen beschreibend aufbereitet. Der Textaufbaurichte sich häufig am Pressebericht unter Einhaltung der entsprechenden journa-listischen Standards aus. Zu den typischen informativen Texten zählt Schachneben der Pressemitteilung den Autorenbeitrag, das Factsheet und in Teilen denGeschäftsbericht.

2. Imageprägende Texte der Unternehmenskommunikation berücksichtigen lautSchach den Trend, dass Public Relations und Unternehmenskommunikationzunehmend mit Marktkommunikation und Werbung verknüpft sind. Imageprä-gende Texte nutzten häufig eine argumentative Art der Themenentfaltung. Hinzukomme der Einsatz von Elementen der Werbesprache wie Hochwertwörtern(aufwertende Begriffe), Schlüsselwörtern (Hochwertwörter mit Schlüsselstellungim Text), Sprach- und Wortspielen, Metaphern sowie Claims und Slogans.Dennoch grenzt Schach die imageprägenden Texte von genuinen Werbetextenab, da sie tendenziell einen größeren Wert auf die Vermittlung von Informationenlegten. Dies werde zum Beispiel bei Imagebroschüren deutlich, die häufig ganzeSätze verwendeten und im Vergleich zuWerbetexten weniger häufig Anglizismenund Neologismen nutzten. Dennoch spiele auch hier die emotionale Anspracheder Leser eine wichtige Rolle, zum Beispiel durch den Einsatz narrativer Ele-mente, die Betonung der Unternehmenswerte und ein ansprechendes Layout.Typische Formate der imageprägenden Texte seien Imagebroschüren und Web-site-Texte.

3. Dialogorientierte Texte der Unternehmenskommunikation seien eine neuere Text-form mit eindeutigen sprachlichen Merkmalen wie einer narrativen Themenent-faltung aus der Ich-Perspektive und einer Anpassung an die Alltagssprache der

7Beispiele hierfür sind Ernennungs- oder Heiratsurkunden. Es geht um den Bereich sprachlicherPerformativität (Müller-Mall 2016, S. 21).

6 A. Brüser und A. Güttler

Page 7: Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook Andreas Brüser und Alexander Güttler Zusammenfassung Internet und

jeweiligen Zielgruppen. Die Texte seien stark darauf ausgelegt, Reaktionen her-beizuführen, etwa durch die Formulierung direkter Fragen und Aufforderungenan die Rezipienten. Das Ziel sei es, Dialog mit den Zielgruppen durch Aufruf zurPull-Kommunikation (in Abgrenzung zur klassisch-massenmedialen Push-Kom-munikation) zu initiieren.8 Typische dialogorientierte Texte fänden sich häufigauf Social Web-Kanälen wie Facebook-Seiten, Twitter-Accounts oder CorporateBlogs.

4. Obligationstexte der Unternehmenskommunikation seien – ebenso wie dialogori-entierte Inhalte – zunehmend häufiger anzutreffen. Dabei handele es sich umTexte mit einer Verpflichtungsfunktion in Anlehnung an Textsorten wie Verspre-chen, Angebot oder Gelöbnis (Brinker et al. 2014, S. 118). Es gehe darum, dieVerpflichtung zu einem bestimmten Verhalten sprachlich und öffentlich zu fixie-ren. Textsorten mit Obligationsfunktion seien zum Beispiel der Code of Conduct,das Unternehmensleitbild oder auch die Social Media-Richtlinie.

5 In nuce: Sprache, Unternehmenskommunikation undSocial Media

Die bisherigen Ausführungen haben als kursorischer Überblick zum aktuellen For-schungsstand Folgendes gezeigt:

• Internet und Social Media sind ein wachsendes Feld der wissenschaftlichenBeschäftigung mit professioneller Kommunikation. Sprachliche Aspekte spielenhier bislang eine eher marginale Rolle, obwohl sie wichtige Einflussfaktoren derPR und Unternehmenskommunikation sind.

• Andererseits befasst sich die Sprachwissenschaft zum großen Teil mit nicht-professioneller Online-Kommunikation. Eine Adaption linguistischer Konzepteund Methoden durch die PR-Forschung kann daher die Perspektive beider Dis-ziplinen gewinnbringend erweitern.

• Textlinguistische Konzepte scheinen für diesen Zweck besonders geeignet zusein. Denn sie betrachten Texte nicht nur in syntaktischer, sondern auch kommu-nikativer Hinsicht. Eine erste textlinguistische Adaption liefert Schach mit ihrerSystematisierung professioneller Schreibstile.

8Wobei der bloße Aufruf zum Gespräch längst nicht immer einen ‚echten‘ Dialog herbeiführt.Zerfaß und Droller unterscheiden hier im Anschluss an Bentele et al. (1996, S. 452) und Lueken(1996, S. 639) zwischen interaktiver Kommunikation, bei der der Emittent dem Rezpienten zwareine Feedback-Möglichkeit gibt, aber die weitere Kommunikation regulativ steuert beziehungs-weise verknappt und dialogischer Kommunikation, bei der im Gesprächsprozess immer wiederRollenwechsel stattfinden (Zerfaß und Droller 2015, S. 79). Insofern ist auch die von Schachgewählte Bezeichnung dialogorientierte Texte passender als beispielsweise ‚Dialogtexte‘.

Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook 7

Page 8: Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook Andreas Brüser und Alexander Güttler Zusammenfassung Internet und

6 Explorative Analyse: Facebook-Posts undPressemitteilungen

Um tiefere Einblicke in die Sprache der Unternehmenskommunikation im SocialWeb zu bieten und zu zeigen, wie sich hier linguistische Konzepte nutzen lassen,wurde für diesen Beitrag eine exemplarische Untersuchung durchgeführt. Gegen-stand waren die Facebook-Posts der Unternehmen EDEKA, Volkswagen und Ama-zon im vierten Quartal 2016 (1. Oktober bis 31. Dezember). Als einschlägigeVergleichsfolie der Analyse dienten die Pressemitteilungen der Unternehmen ausdemselben Zeitraum.9 Da die Untersuchung einen allgemein-beispielhaften Charak-ter haben sollte, wurden die analysierten Unternehmen nach zwei Kriterien ausge-wählt: Erstens handelt es sich um große, wirtschaftlich erfolgreich Organisationen,was ein hohes Professionalitätsniveau in der Kommunikation vermuten lässt. Zwei-tens sind es Unternehmen, die die ‚breite Masse‘ der deutschen Bevölkerungansprechen und nicht auf spezifische Käufermilieus festgelegt sind. Daher ist derFaktor Zielgruppe als verzerrende Variable weitgehend auszuschließen. Der ge-wählte, recht kurze, Untersuchungszeitraum ist angemessen, da gerade Inhalte desSocial Web hoch dynamisch sind und laufend aktualisiert werden (Zefaß und Droller2015, S. 85). Zudem hatte die Analyse nicht zum Ziel, die sprachlichen Aspekte derUnternehmenskommunikation auf Facebook umfassend auf Basis eines repräsenta-tiven Korpus zu erforschen, sondern einen ersten Einblick in die Thematik mit einergeeigneten Momentaufnahme zu bieten.

Die Untersuchung orientierte sich an aktuellen sprachwissenschaftlichen Kon-zepten. Dazu zählten in erster Linie die thematische Textanalyse nach Brinker et al.(2014) sowie die Systematik der Textstile in der Unternehmenskommunikation nachSchach (2015). Die Datenbasis zur Untersuchung der Facebook-Posts bildet eineVolltext-Erhebung der schriftlichen Beiträge auf den jeweiligen Facebook-Seiten derUnternehmen. Link-URLs oder Hyperlink-Texte10 gingen nicht in die Analyse ein,ebenso wenig wie Boiler-Plates11 und gesetzliche Pflichttexte.12 Auch die Presse-mitteilungen wurden im Volltext erhoben, unter Ausschluss von Link-URLs, Hyper-link-Texten, Boiler-Plates und gesetzlich vorgeschriebenen Textsegmenten. DieAnalyse berücksichtigte Überschriften und Zwischenüberschriften. Identische Press-

9Facebook-Posts: Berücksichtigt wurden Posts auf den folgenden Facebook-Seiten. EDEKA:https://www.facebook.com/EDEKA. Amazon: https://www.facebook.com/Amazon.de. Volkswa-gen: https://www.facebook.com/VolkswagenDE. Pressemitteilungen: In die Untersuchung gingendie auf den Unternehmens-Websites frei verfügbaren Pressemitteilungen ein. Im Fall Volkswagenwurden lediglich die Texte berücksichtigt, die sich auf die Marke Volkswagen oder das Gesamtun-ternehmen beziehen, nicht aber auf andere Einzelmarken des Konzerns wie Audi, Lamborghini,Skoda oder Seat.10Verlinkte Inhalte werden in der Regel mit dem entsprechenden URL-Text [www.website-xy.de]oder einem Hyperlink-Texts versehen [Hier geht es zur Website XY].11Standardisierte, wiederkehrende Textsegmente wie zum Beispiel Unternehmensbeschreibungen.12Gesetzlich vorgeschriebene Textsegmente wie Angaben zum Kraftstoffverbrauch und CO2-Aus-stoß von Automobilen.

8 A. Brüser und A. Güttler

Page 9: Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook Andreas Brüser und Alexander Güttler Zusammenfassung Internet und

mitteilungen, die von einem Unternehmen zum Beispiel unter Veränderung derOrtspitzmarke mehrfach veröffentlicht wurden, flossen als eine Einheit in die Unter-suchung ein. Texte zu demselben Ereignis, die sich jedoch inhaltlich voneinanderunterscheiden, wurden einzeln analysiert. Insgesamt wertete die Untersuchung237 Facebook-Posts (Volkswagen: 103, Amazon: 66, EDEKA: 68) und 197 Presse-mitteilungen (Volkswagen: 62, Amazon: 71, EDEKA: 64) aus. Im Fokus standendabei thematische und stilistische Textaspekte.

I. Themenwelten und NachrichtenwertIm ersten Teil ging es um die Frage, ob sich aussagekräftige Unterschiede zwischenden jeweils angebotenen Themenwelten finden lassen. Als Analyseansatz wurden dasThema-Rhema-Konzept und die Textthemen-Analyse (Brinker et al. 2014, S. 47–54)aus PR-spezifischer Perspektive modifiziert und adaptiert. Für jeden Facebook-Postund jede Pressemitteilung wurden ein Kernthema (worum geht es im Text hauptsäch-lich?) und eine Kernbotschaft (welche Hauptaussage steht dahinter?) identifiziert. Derzweite Analyseschritt ordnete die einzelnen Texte in unterschiedliche Themenclusterein, die bewusst nicht vordefiniert worden waren, sondern induktiv in Auseinander-setzung mit dem konkreten Textmaterial entwickelt wurden. Es galt zu ermitteln, obsich bestimmte Themenkategorien eher in Facebook-Posts oder Pressemitteilungenfinden lassen und inwiefern es thematische Verschränkungen zwischen den beidenKanälen gibt. Zudem stand infrage, ob es zwischen Facebook-Posts und Pressemit-teilungen Unterschiede in Hinblick auf den Nachrichtenwert gibt. Als konzeptuellerBezugsrahmen dieser Teilanalyse diente das traditionelle Konzept der Nachrichten-faktoren von Winfried Schulz (1976, S. 88–89) mit den Operanden Status, Zeit,Relevanz, Dynamik, Konsonanz, Valenz, Identifikation, Human Interest, Zentralität,Einfluss, Kriminalität, Schaden und Erfolg. Die Auswertung differenzierte zwischenlokalem/regionalem und überregionalem Nachrichtenwert.

II. SprachstileDer zweite Teil der Untersuchung richtete den Fokus auf Aspekte der Stilistik. Dazuwurden die Pressemitteilungen und Facebook-Posts gemäß den vier Textstile derUnternehmenskommunikation nach Schach (2015, S. 25–29) kategorisiert. Das Zielwar es, herauszufinden, wie sich die stilistischen Präferenzen je nach Kanal vertei-len. Weite Teile der marketingbezogenen und praxeologischen Literatur zur Online-und Social Media-Kommunikation fordern, dass sie als reines Pull-Instrumenteingesetzt wird, um Zielgruppen zum Dialog anzuregen (Bruhn 2013, S. 33; Kilianund Langner 2010, S. 16; Ruisinger 2007, S. 23–24). Ruisinger stellt gar die Theseauf, dass erfolgversprechende Kommunikation im Netz ausschließlich als Dialogstattfinden könne (Ruisinger 2007, S. 18–19). Die Frage war, ob die untersuchtenFacebook-Posts aus stilistischer Sicht dieser normativen Vorstellung entsprechen.Auf der anderen Seite interessierte, ob die analysierten Pressemitteilungen denpraxeologischen Idealvorstellungen einer sachorientierten Informationsvermittlunggerecht werden (Schach 2015, S. 211–212) und wie sie die argumentativ-meinungsbetonten Kernbotschaften der Unternehmen stilistisch umsetzen. Dabeizeigte sich, dass es ist nicht immer möglich ist, einen Text genau einem Sprachstil

Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook 9

Page 10: Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook Andreas Brüser und Alexander Güttler Zusammenfassung Internet und

zuzuordnen, da Aspekte unterschiedlicher Stile häufig in Kombination auftreten.Deshalb wurden für jeden Text ein oder zwei dominierende Sprachstile bestimmt.

I.a. Kernthemen und -botschaftenBereits zu Beginn der Analyse wurde klar, dass es bei der sprachlichen Analyse vonFacebook-Posts eine Besonderheit zu berücksichtigen gilt: Ein nicht unerheblicherAnteil der untersuchten Posts bestand aus einem Textsegment, das semantisch nur inVerbindung mit einem anderen, verlinkten Medium (Video, Werbeanzeige, Website)funktioniert – also für sich genommen keine bedeutungstragende Einheit bildet unddeshalb als Teaser bezeichnet werden kann. In diesen Fällen legte die Analyse nichtallein den Text des Posts zugrunde, sondern zusätzlich den des verlinkten Mediums(zum Beispiel Audiospur des Videos).13 Ein Beispiel ist der folgende Volkswagen-Post vom 20. Dezember, der ein Produktvideo zur Neuauflage des AutomodellsVolkswagen up! verlinkt:

„Zeig, was in dir steckt: der neue up! #vwup #immermittendrin #volkswagen“.

Die oben beschriebene Kernthema-Kernbotschaft-Analyse erwies sich als geeig-netes Instrument, um die Hauptgegenstände und -aussagen der Facebook-Texte undPressemitteilungen herauszuarbeiten. Dabei zeigte sich, dass in beinahe allen Texteneine Kernbotschaft (Facebook-Posts: 100 Prozent, Pressemitteilungen: 98 Prozent)enthalten ist, die das jeweilige Unternehmen, seine Produkte oder Angebote positivkonnotiert. Der folgende Amazon-Post vom 17. November zeigt den Zusammen-hang zwischen Textinhalt, Kernthema und Kernbotschaft auf:

„Gebärdensprache. Wie bei Melanie Wieland. Sie ist gehörlos und voll integriert. Über ihrenArbeitsalltag erfahrt ihr hier mehr: http://amzn.to/2g1dvxy“.

Verlinkt ist hier ein Video, in dem eine gehörlose Amazon-Mitarbeiterin sich undihren Arbeitsplatz vorstellt. Das Kernthema ist: !Barrierefreiheit am Arbeitsplatz.Die Kernbotschaft lautet: !Amazon engagiert sich für Inklusion.

I.b. ThemenkategorienAuf Basis der Kernthemen-Identifikation arbeitete die Untersuchung sieben über-greifende Themenkategorien heraus (Unternehmen, Produkte, Corporate SocialResponsibility, Human Resources, Marketing, Unterhaltung, Dialog & Kontakt),die sich in insgesamt vierunddreißig Subkategorien untergliedern. Sie eignen sichsowohl zur thematischen Indizierung der Pressemitteilungen als auch der derFacebook-Texte. Hier das Kategoriensystem im Überblick (Abb. 1):

Die entsprechende Datenauswertung förderte deutliche Unterschiede zwischender thematischen Gestaltung der Facebook-Posts und der der Pressemitteilungenzutage (Abb. 2 und 3). Offenbar legt die Facebook-Seite von Volkswagen einen

13Teaser-Texte mit einem verlinkten Medium ohne Text gingen nicht in die Analyse ein.

10 A. Brüser und A. Güttler

Page 11: Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook Andreas Brüser und Alexander Güttler Zusammenfassung Internet und

klaren thematischen Schwerpunkt auf die Produktkommunikation (47 Prozent).Hingegen setzen die Handelsunternehmen Amazon (67 Prozent) und EDEKA(44 Prozent) in erster Linie auf Marketing-Themen. Der Kontakt und Dialog mitihren Facebook-Fans spielt auf der thematischen Ebene bei allen Unternehmen eineüberraschend geringe Rolle. Das wird besonders bei Amazon deutlich. Nur jederzehnte Facebook-Post gehört zur Kategorie Dialog & Kontakt, während dies beiVolkswagen für jeden fünften Post und bei EDEKA für jeden vierten Post gilt.Darüber hinaus fällt auf, dass EDEKA auf Facebook mit einem Anteil von zwölfProzent eine höhere Affinität zu CSR-Themen hat als Amazon mit sechs undVolkswagen mit nur einem Prozent. Auch die Auswertung der Pressemitteilungenmacht aussagekräftige Unterschiede sichtbar. EDEKA verfolgt in der Pressearbeitoffenbar eine völlig andere thematische Strategie als in der Facebook-Kommu-nikation. 56 Prozent der Pressemitteilungen beziehen sich auf das Unternehmenund seine Geschäftsaktivitäten, 19 Prozent behandeln CSR- und 11 Prozent HR-Themen.14 Die Marketing-Kommunikation tritt bei EDEKA an den Rand. Ganz im

Abb. 1 Thematisches Kategoriensystem. (Quelle: Eigene Darstellung)

14HR = Human Resources. Gemeint ist die Personalpolitik der Unternehmen.

Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook 11

Page 12: Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook Andreas Brüser und Alexander Güttler Zusammenfassung Internet und

Gegensatz dazu bezieht sich beinahe jede zweite Pressemitteilung von Amazon aufein Marketingthema. Auch die Produktkommunikation spielt hier mit einem Anteilvon 28 Prozent eine wichtige Rolle. Neuigkeiten aus Unternehmen und zum BereichHuman Resources sind mit einem Anteil von sieben beziehungsweise zwei Prozent

Abb. 2 Anzahl Facebook-Posts und Pressemitteilungen [N = 434]. (Quelle: Eigene Darstellung)

Abb. 3 Anteile Facebook-Posts an Themenkategorien [n = 237]. (Quelle: Eigene Darstellung)

12 A. Brüser und A. Güttler

Page 13: Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook Andreas Brüser und Alexander Güttler Zusammenfassung Internet und

dagegen zweitrangig. Etwa jede zehnte Pressmitteilung behandelt ein CSR-Thema.Wie auch bei der Facebook-Kommunikation spielt Volkswagen in der Medienarbeitin erster Linie Produktthemen (37 Prozent). Es folgen Aussagen zum Unternehmen(24 Prozent), seinen Marketing- und CSR-Aktivitäten (25 Prozent und 11 Prozent)sowie zur Personalpolitik (11 Prozent). Wie auf den beiden anderen analysiertenFacebook-Kanälen spielen die Kategorien Unterhaltung sowie Dialog & Kontaktkaum eine Rolle (Abb. 4).

Volkswagen, Amazon und EDEKA haben in der Facebook- und Pressekommu-nikation unterschiedliche Top-Themenkategorien. Auf Facebook sind es Marketing(Amazon und EDEKA) und Produkte (Volkswagen), in der Pressearbeit Marketing(Amazon), Produkte (Volkswagen) und Unternehmen (EDEKA). Um einen näherenEinblick in die Themengestaltung zu erlangen, richtet sich der Blick jetzt auf dieUnterkategorien des jeweils am häufigsten behandelten Clusters (Abb. 5 und 6).15

Auf dem Facebook-Kanal von Volkswagen behandeln zwei Drittel der BeiträgeAspekte von Produkttechnik und -eigenschaften, in weiteren 31 Prozent der Texte

Abb. 4 Anteile Pressemitteilungen an Themenkategorien [n = 197]. (Quelle: Eigene Darstellung)

15Sowohl bei den Facebook-Posts als auch bei den Pressemitteilungen werden nicht alle Subkate-gorien thematisch angesprochen. Zur besseren Lesbarkeit werden sie in den Abb. 5 und 6 nichtdargestellt.

Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook 13

Page 14: Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook Andreas Brüser und Alexander Güttler Zusammenfassung Internet und

geht es um Produktneueinführungen. Amazon legt den Schwerpunkt ganz eindeutigauf die Verbreitung von Handelsangeboten; neun von zehn Facebook-Posts sindkommunikative Verlängerungen der Angebotspolitik des Onlinehändlers. EDEKAhingegen folgt anscheinend einer Content-Mehrwert-Strategie: Zwei Drittel derTexte geben Ratschläge rund um Lebensmittel und Ernährung oder bieten Rezeptezum Kochen und Backen. Gewinnspiele und Zusatzinfos zu anderen Maßnahmender Marketing- und Unternehmenskommunikation spielen mit jeweils zehn Prozenteine etwas wichtigere Rolle als bei den beiden anderen Unternehmen. Auch in derPressearbeit finden sich signifikante Unterschiede: Während Volkswagen vor allemüber Produktneueinführungen spricht (79 Prozent), geht es bei Amazon auch in derPressearbeit neben Texten aus den Bereichen Service und Vertrieb (18 Prozent)sowie Sponsoring und Events (12 Prozent) in erster Linie um Handelsangebote(67 Prozent). EDEKA folgt ebenfalls bei den Pressetexten offenbar einer anderenContent-Strategie und informiert überwiegend über Geschäftsaktivitäten (zumeist

Abb. 5 Anteile Subkategorien an Top-Themenkategorien der Facebook-Posts [n = 122]. (Quelle:Eigene Darstellung)

14 A. Brüser und A. Güttler

Page 15: Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook Andreas Brüser und Alexander Güttler Zusammenfassung Internet und

Marktneueröffnungen oder Refurbishments). Aber auch Preise und Auszeichnun-gen, die das Unternehmen gewonnen hat (19 Prozent), sowie politisch relevanteThemen16 (14 Prozent) spielen eine Rolle.

Die Auswertung der Themenverschränkung zwischen Facebook-Posts und Pres-semitteilungen bestärkt noch einmal den Eindruck, dass die untersuchten Unterneh-men je Kanal unterschiedlichen Themenstrategien folgen (Abb. 7). Bei EDEKA istdies besonders signifikant, denn nur eine von zwanzig Pressemitteilungen ist the-matisch konkret mit einem Facebook-Post verschränkt.

I.c. NachrichtenwertIm Anschluss an die Analyse der thematischen Ausgestaltung der Facebook- undPressekommunikation richtet sich der Fokus jetzt auf den Nachrichtenwert. Bereitsauf den ersten Blick wird klar, dass es hier deutliche Differenzen zwischenFacebook-Posts und Pressmitteilungen gibt. Während rund drei Viertel derVolkswagen-Pressetexte einen konventionellen Nachrichtenwert haben, ist dies nur

Abb. 6 Anteile Subkategorien an Top-Themenkategorien der Pressemitteilungen [n = 93].(Quelle: Eigene Darstellung)

16In dem gewählten Zeitausschnitt ging es hier vor allem um Diskussionen um die Übernahme derSupermarkt-Kette Kaiser’s Tengelmann durch EDEKA.

Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook 15

Page 16: Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook Andreas Brüser und Alexander Güttler Zusammenfassung Internet und

bei etwa einem Zehntel der Facebook-Posts der Fall. Ein ähnliches Bild zeigt sichbei Amazon, wobei hier Pressetexte seltener als bei Volkswagen einen Nachrichten-wert haben und Facebook-Posts minimal häufiger einem Nachrichtenfaktor entspre-chen. Dabei liegt die Präferenz klar auf überregionalen Themen. Im Gegensatz dazuist die Pressearbeit von EDEKA stark lokal ausgerichtet.17 Das mag der genossen-schaftlichen Struktur des Unternehmens geschuldet sein. Sechs von zehn Presse-texten haben einen lokalen, beziehungsweise regionalen Nachrichtenwert, weiterezwei von zehn einen überregionalen. Nachrichtenfaktoren scheinen bei derFacebook-Kommunikation von EDEKA mit einem Nachrichtenwert-Anteil von vierProzent eine geringere Bedeutung zu haben als bei Volkswagen und Amazon(Abb. 8).

II. SprachstileBereits auf den ersten Blick fällt auf, dass die Varietät der Sprachstile bei denFacebook-Posts breiter ist als bei den Pressemitteilungen, da sie eine wesentlichgrößere Anzahl an Kombinationen18 nutzen (Abb. 9). Auf den Facebook-Seiten vonVolkswagen und Amazon dominiert der imageprägende Sprachstil mit 61 Prozentbei Volkswagen und 65 Prozent bei Amazon. Der dialogorientierte Stil spielt beiVolkswagen (19 Prozent) dabei noch eine etwas größere Rolle als bei Amazon(11 Prozent), wo er häufiger mit dem imageprägenden Stil kombiniert wird (18 Pro-zent gegenüber 9 Prozent bei Volkswagen). Die Facebook-Texte von EDEKA habeneine breitere stilistische Streuung. Zwar steht mit 37 Prozent auch hier der image-prägende Stil an erster Stelle, jedoch erreichen auch der dialogorientierte Stil

Abb. 7 Anteile Pressemitteilungen mit Facebook-Post zu demselben Kernthema an GesamtanzahlPressemitteilungen [n = 197]. (Quelle: Eigene Darstellung)

17Es ist zu vermuten, dass es regionalisierte Presseverteiler gibt, die die Texte aussteuern.18Von den vier Sprachstilen der und ihren sechs Kombinationsmöglichkeiten nutzen die untersuch-ten Facebook-Beiträge drei Sprachstile und vier Kombinationen. Die Pressemitteilungen nutzenvier Sprachstile (wobei obligative Texte nur marginal auftreten) und lediglich eine Kombinations-möglichkeit.

16 A. Brüser und A. Güttler

Page 17: Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook Andreas Brüser und Alexander Güttler Zusammenfassung Internet und

(22 Prozent) sowie die Kombination aus imageprägenden und informativen Aspek-ten (24 Prozent) höhere Werte als bei den anderen Unternehmen. Obligative und reininformative Texte spielen bei keiner Facebook-Seite eine nennenswerte Rolle.

Ein typisches Beispiel für einen rein imageprägenden Facebook-Text bietet derfolgende Amazon-Post vom 18. November, der ein Handelsangebot des Online-händlers semantisch mit einer CSR-Aktion verbindet:

„Wir nähern uns der Cyber Monday Woche und feiern dies mit täglich neuen Angeboten.Und wenn ihr Bestellungen über Amazon Smile tätigt, könnt ihr dabei noch Gutes tun: http://amzn.to/2eoLYs0“.

Ein typischer dialogorientierter Text ist der Volkswagen-Post vom 6. November,der als Interrogationssatz formuliert ist und die Rezipienten direkt zu einer kommu-nikativen Reaktion auffordert:

„Für unvergessliche Momente. Was ist dein schönstes #Volkswagen Erlebnis?“

Abb. 8 Anteile Facebook-Posts und Pressemitteilungen mit Nachrichtenwert [N = 434]. (Quelle:Eigene Darstellung)

Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook 17

Page 18: Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook Andreas Brüser und Alexander Güttler Zusammenfassung Internet und

Exemplarisch für die Kombination aus imageprägenden und dialogorientiertenAspekten steht der Volkswagen-Post vom 22. November. Als Teaser verlinkt er aufdie Produkt-Website des aktuellen VW Golf und fragt zugleich die Einschätzung derRezipienten zu dem neuaufgelegten Automodell ab:

„Nicht mehr wegzudenken – der neue Golf mit Facelift. Wie gefällt er euch? #vwgolf#volkswagen. Mehr dazu: http://golf.volkswagen.com/de/de/index.html?tc=soc-qb.“

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die stilistische Dialogorientierungauf den untersuchten Facebook-Seiten zwar keine marginale Stellung einnimmt,jedoch gegenüber imageprägenden Textaspekten klar zurücktritt. Eine interessanteMischform ist die Kombination von dialogorientierten und imageprägenden Aspek-ten. Hier verbindet sich die klassische Push-Sendung mit einer Frage oder eineranderen Aufforderung zur kommunikativen Reaktion.

Die stilistische Analyse der Pressemitteilungen zeigt ein anderes Bild. Bei Volks-wagen und Amazon sind der Großteil der Texte informativ (Volkswagen 52 Prozent,Amazon 45 Prozent) oder verbinden informative und imageprägende Aspekte

Abb. 9 Anteile Sprachstile an Facebook-Posts [n = 237]. (Quelle: Eigene Darstellung)

18 A. Brüser und A. Güttler

Page 19: Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook Andreas Brüser und Alexander Güttler Zusammenfassung Internet und

(VW 27 Prozent, Amazon 31 Prozent). Rein imageprägende Texte stellen hier mit19 Prozent (Volkswagen) und 24 Prozent (Amazon) geringere Anteile als beiEDEKA mit 34 Prozent. Dementsprechend spielen bei EDEKA rein informativePressemitteilungen eine etwas geringere Rolle (39 Prozent). Bei der Kombinationvon imageprägenden und informativen Aspekten liegt EDEKA mit 27 Prozent un-gefähr im Durchschnitt. Der obligative Sprachstil ist auch bei den Pressetexten allerUnternehmen nachrangig.

Als Beispiele für die unterschiedlichen stilistischen Ausformungen der Textedienen einzelne Sequenzen aus den Pressemitteilungen. Den imageprägenden Stilillustriert der folgende Auszug aus einem EDEKA-Pressetext vom 25. Oktober. Erarbeitet durchgehend mit Hochwertwörtern:

„Meisterliche Leistung: Beim bundesweiten Wettbewerb um „Deutschlands beste Wursttheke2016“ geht EDEKA Schwaiberger in der Neuburger Straße 104 in Passau als Sieger hervor.[. . .] Zahlreiche Spezialitäten, konsequente Kundenorientierung und erstklassig geschultesFachpersonal überzeugten die Kunden und Experten-Jury um Sternekoch Johann Lafergleichermaßen. Sie wählten den Markt aus Passau in der gestrigen Finalrunde auf derStromburg zur Nummer eins unter den zehn besten Wursttheken.“

Ein typisches Beispiel für den informativen Stil liefert diese Sequenz aus einerAmazon-Pressemitteilung vom 13. Dezember. Sie berichtet über den Bau einesLogistikzentrums auf sachlich-neutrale Weise und transportiert dennoch die eindeu-tig imageprägende Kernbotschaft !Amazon investiert in die lokale Wirtschaft undschafft Arbeitsplätze.

„Im niedersächsischen Winsen wird Ende 2017 ein weiteres Amazon Logistikzentrum auf64.000 Quadratmetern Fläche entstehen. Bereits im ersten Jahr werden 1000 unbefristeteJobs entstehen. In Amazon Logistikzentren vergleichbarer Größe sind nach einigen Jahrengewöhnlich rund 2000 Mitarbeiter beschäftigt. Amazon investiert im ersten Jahr in Winsen90 Millionen Euro in den Ausbau des europäischen Logistiknetzwerks, dazu kommen weitere110 Millionen Euro Investitionen durch die Partner.“

Sowohl die angeführten Facebook-Posts als auch die Auszüge aus den Presse-mitteilungen verdeutlichen: Die Vertextlichung einer imageprägenden Kernbot-schaft kann auf sehr unterschiedliche Art und Weise geschehen. Die jeweiligemediale Umwelt ist dabei ein wichtiger Einflussfaktor. Zum Beispiel dient derzitierte Volkswagen-Post vor allem dazu, eine image- und absatzorientierteProdukt-Website über Facebook zu verlängern. Allerdings geschieht dies in Verbin-dung mit einem dialogorientierten Textsegment, das Interesse an der Meinung derRezipienten signalisiert und zugleich zur Reaktion auffordert. Auf der anderen Seitetransportiert Amazon mit dem zitierten Pressetext eine klar imageprägende Kern-botschaft. Jedoch geschieht dies in einem sachlich-neutralen Stil, der die Botschaftzwar impliziert, jedoch nicht argumentativ herleitet oder werbesprachlich überhöht(Abb. 10).

Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook 19

Page 20: Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook Andreas Brüser und Alexander Güttler Zusammenfassung Internet und

7 Zusammenfassung der Ergebnisse

Der erste Teil der Untersuchung analysierte die Themenwelten der Facebook-Postsund Pressemitteilungen, ihren Nachrichtenwert sowie die thematischen Verschrän-kungen zwischen beiden Kanälen. Es zeigte sich, dass in fast allen Texten einKernthema und auch eine Kernbotschaft enthalten ist, die das jeweilige Unterneh-men, seine Produkte oder Angebote positiv konnotiert. Dabei arbeitete die Analyseklare thematische Unterschiede zwischen der Facebook- und Pressekommunikationheraus. Die Schwerpunkte bei Facebook liegen auf der Produktkommunikation(Volkswagen) beziehungsweise Marketingkommunikation (Amazon und EDEKA).Die Themenkategorie Dialog & Kontakt spielt demgegenüber bei allen Unterneh-men eine untergeordnete Rolle. In der Pressearbeit spricht EDEKA in erster Linieüber Unternehmensaktivitäten. Die Marketing- und Produktkommunikation ist hiernachrangig, während bei Amazon Marketingthemen klar dominieren. Volkswagenbehandelt in der Pressearbeit vor allem Produktthemen. Dabei informiert der Auto-hersteller auch deutlich mehr über Unternehmensaktivitäten als auf Facebook.

Abb. 10 Anteile Sprachstile an Pressemitteilungen [n = 197]. (Quelle: Eigene Darstellung)

20 A. Brüser und A. Güttler

Page 21: Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook Andreas Brüser und Alexander Güttler Zusammenfassung Internet und

Der Blick auf die Unterkategorien der Top-Themencluster zeigt, dass Volkswa-gen auf Facebook in erster Linie über Produktneueinführungen und technischeProdukteigenschaften spricht. Amazon promotet vor allem seine Handelsangebote.EDEKA hingegen legt Wert auf Content-Mehrwert, indem der Facebook-KanalRatgeberinhalte sowie Koch- und Backrezepte bietet. In der Pressearbeit dominierenbei Volkswagen Inhalte zu Produktneueinführungen, Amazon spricht auch hier inerster Linie über Handelsangebote, während EDEKA den Fokus auf Neueröffnun-gen und Refurbishments von Märkten legt. Dabei gibt es bei allen Unternehmen nurselten konkrete thematische Verschränkungen zwischen der Facebook- und Presse-kommunikation. Während bei Volkswagen und Amazon noch vier von zwanzigPressemitteilungen inhaltlich mit einem Facebook-Post verbunden sind, ist dies nurbei einem von zwanzig EDEKA-Pressetexten der Fall. Interessant wäre in diesemZusammenhang die Frage nach der organisatorischen Aufhängung und Zusammen-arbeit in den untersuchten Unternehmen. Dies kann hier jedoch nur eine Anregungfür Folgeuntersuchungen sein. Auch im Hinblick auf den Nachrichtenwert gibt esdeutliche Unterschiede zwischen der Facebook- und Pressearbeit. Drei von vierVolkswagen- Pressemitteilungen haben einen konventionellen Nachrichtenwert,aber nur einer von zehn Facebook-Posts. Bei Amazon ist das Verhältnis ähnlich,wobei der Onlinehändler in der Pressearbeit einen niedrigeren Nachrichtenwert-Anteil erreicht. Die größten Differenzen gibt es bei EDEKA. Während nur vierProzent der Facebook-Posts einen Nachrichtenwert haben, sind die Pressemitteilun-gen mit einem Anteil von 77 Prozent Spitzenreiter im Unternehmensvergleich.

Der zweite Analyseteil lenkte den Blick auf die Sprachstile der Facebook- undPressetexte. Es stand in Frage, ob die untersuchten Facebook-Posts tatsächlich einenhohen Wert auf Dialogorientierung legen und die Pressemitteilungen sich wirklichdurch einen überwiegend informativen Stil auszeichnen – wie es die Praxeologie anverschiedenen Stellen fordert. Es zeigte sich, dass die Bandbreite an möglichenKombinationen unterschiedlicher Sprachstile auf Facebook breiter als bei den Pres-semitteilungen. Dennoch steht der imageprägende Stil bei allen untersuchtenFacebook-Seiten an erster Stelle, wobei EDEKA eine größere stilistische Streuunghat und etwas mehr Wert auf Dialogorientierung und die Kombination imageprä-gender und informativer Aspekte legt. Dabei nimmt die Dialogorientierung bei allenUnternehmen zwar keine marginale Stellung ein, tritt gegenüber imageprägendenTextaspekten aber klar zurück. Von einer Dominanz der Pull-Kommunikation, wiesie die Praxeologie fordert, kann nicht die Rede sein. Vielmehr dient eine erheblicheAnzahl an Posts offenbar vor allem dazu, andere Kommunikationsmittel wie Produkt-Websites oder Werbespots auf den Facebook-Kanal zu verlängern. DialogorientierteMerkmale wie Fragen und Aufforderungen zur kommunikativen Reaktion treten insolchen Teaser-Texten zwar auf. Dass solche Posts aber auch wirklich dem Ziel derDialogaufnahme und -pflege dienen, ist fraglich und müsste mit einer weiterführ-enden Untersuchung der jeweiligen Folgekommunikation analysiert werden. Zu-nächst liegt die Vermutung nahe, dass hier klassische Push-Inhalte sprachlich alsdialogorientierte Kommunikation inszeniert werden – dass die Facebook-Seiten hierpseudo-dialogorientierte Anlässe schaffen, um ein Unternehmen und seine Produkteaus verschiedenen positiv gefärbten Blickwinkeln zu betrachten.

Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook 21

Page 22: Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook Andreas Brüser und Alexander Güttler Zusammenfassung Internet und

Die untersuchten Pressemitteilungen folgen zwar überwiegend dem informativenStil, kombinieren ihn aber häufig mit imageprägenden Textmerkmalen. Auch reinimageprägende Texte spielen eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Auffällig ist dabei,dass die Texte ihre meinungsbetonten Kernbotschaften auf sehr unterschiedlicheWeisetransportieren: Entweder explizit durch den ‚offenen‘ Einsatz imageprägender oder garwerbesprachlicher Merkmale oder implizit, indem sie zwar den informativen Sprachstilverwenden, die Zusammenstellung der Fakten jedoch eine klare Botschaft entstehenlässt (vgl. Logistikzentum = dauerhafte Arbeitsplätze = guter Arbeitgeber). Zusam-menfassend lässt sich feststellen, dass die analysierten Pressetexte die praxeologischenForderungen nach einer umfassenden Orientierung an journalistisch-sachlicher Be-richterstattung zwar streckenweise, aber keineswegs umfassend realisieren. Dabeischeint Volkswagen mit einem Anteil informativer Pressetexte von 52 Prozent nocheher nach der Adaption journalistischer Sprachkonventionen zu streben als Amazon(45 Prozent) und EDEKA (39 Prozent).

8 Fazit und Ausblick

Der Beitrag machte deutlich, dass Online- und Social Media-Kommunikation zwarzu einem wichtigen Feld der PR-Forschung geworden ist, sprachliche Aspekte hieraber bisher nur eine marginale Rolle spielen. Auch die Linguistik befasst sichbislang kaum mit den Texten professioneller Akteure in Internet und Social Web.Daher verspricht die vorgeschlagene Adaption linguistischer Konzepte zur Erfor-schung von Online-Unternehmenskommunikation zweierlei: eine Erweiterung desmethodischen Werkezugkastens der PR-Forschung und zugleich eine Ausweitungdes Gegenstandsbereichs der Linguistik. Dazu geeignet erscheinen zunächst Ansätzeder Textlinguistik, die Annika Schach zu einer Systematisierung professionellerSprachstile synthetisiert. Diese erwiesen sich im Rahmen einer explorativen Unter-suchung als geeignete Analysekategorien zur Beschreibung der stilistischen Merk-male von Facebook-Posts und Pressemitteilungen der Unternehmen Volkswagen,Amazon und EDEKA.

Die Untersuchung zeigte, dass die Texte den sprachlichen Anforderungen desjeweiligen Idealtypus informative Pressemitteilung und dialogorientierter Face-book-Post nur teilweise entsprechen und zu einem erheblichen Teil davon abwei-chen. Die analysierten Facebook-Seiten erscheinen weniger als Dialogplattformendenn als imageorientierte Impulsstrecken, die immer wieder Anlass zur Beschäfti-gung mit dem Unternehmen, seinen Produkten oder Angeboten liefern. Offenbargeschieht dies nicht selten in Form von klassischer oder nur pseudo-dialogorientierter Push-Kommunikation. Dies ist keine normative Kritik. Sondernvielmehr ein Hinweis darauf, dass die praxeologische Debatte um die Dialogorien-tierung in den Social Media mitunter an der Realität vorbeigeht und Facebook-Seitenzumindest zum Teil eher als verlängerte Werbekanäle genutzt werden.

Um diesen Eindruck näher zu prüfen, könnten weitere Analysen die Frage nachdem Verhältnis der signalisierten Textfunktion und der ‚eigentlichen‘ kommunika-tiven Absicht von Facebook-Texten untersuchen. Dazu wäre eine geeignete

22 A. Brüser und A. Güttler

Page 23: Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook Andreas Brüser und Alexander Güttler Zusammenfassung Internet und

Methode zu entwickeln, die die Analyse der konkreten sprachlichen Ausformungmit der Betrachtung des entsprechenden sozialen, medialen und ökonomischenTextkontexts verbindet. Eine weitere interessante Frage für Folgeuntersuchungenist, ob imageorientierte Push-Texte oder pseudo-dialogorientierte Posts einen gerin-geren, vergleichbaren oder höheren Kommunikationserfolg erzielen als dialogorien-tierte. Dies könnte durch Resonanzanalysen geschehen, die die jeweilige Anschluss-kommunikation quantitativ und qualitativ bewerten. In diesem Zusammenhang wäredann auch die schon angesprochene organisatorische Einbindung (PR, Werbung,Marketing) zu untersuchen, ob sich für bestimmte Unternehmen oder Themenspezifische Modelle als besonders wirkungsvoll erweisen.

Literatur

Androutsopoulus, Jannis. 2007. Neue Medien – neue Schriftlichkeit? Mitteilungen des DeutschenGermanistenverbandes 54(1): 72–97.

Bentele, Günter, Horst Steinmann, und Ansgar Zerfaß. 1996. Dialogorientierte Unternehmenskom-munikation. Ein Handlungsprogramm für die Kommunikationspraxis. In DialogorientierteUnternehmenskommunikation, Hrsg. Günter Bentele, Horst Steinmann und Ansgar Zerfaß,447–463. Berlin: Vistas.

Bentele, Günter, Tobias Liebert, und Stefan Seeling. 1997. Von der Determination zur Intereffika-tion. Ein integriertes Modell zum Verhältnis von Public Relations und Journalismus. In AktuelleEntstehung von Öffentlichkeit. Akteure, Strukturen, Veränderungen, Hrsg. Günter Bentele undMichael Haller, 225–250. Konstanz: UVK.

Brandstaedter, Matthias, ThomasW. Ullrich, und Alexander Haertel. 2013. Klinikmarketing im Web2.0: Ein Handbuch für die Gesundheitswirtschaft. Stuttgart: Kohlhammer.

Brinker, Klaus. 2005. Linguistische Textanalyse. Eine Einführung in Grundbegriffe und Methoden,6. Aufl. Berlin: Erich Schmidt Verlag.

Brinker, Klaus, Hermann Cölfen, und Steffen Pappert. 2014. Linguistische Textanalyse. EineEinführung in Grundbegriffe und Methoden, 8. Aufl. Berlin: Erich Schmidt Verlag.

Bruhn, Manfred. 2013. Kommunikationspolitik: Systematischer Einsatz der Kommunikation fürUnternehmen, 7. Aufl. München: Franz Vahlen.

Daneš, František. 1970. Zur linguistischen Analyse der Textstruktur. Folia Linguistica 4(1–2):72–78.

Dürscheid, Christa, und Sarah Brommer. 2009. Getippte Dialoge in neuen Medien. SprachkritischeAspekte und linguistische Analysen. Linguistik online 37. http://www.linguistik-online.de/37_09/duerscheidBrommer.html. Zugegriffen am 31.03.2017.

Forrester Research. 2009. Defining earned, owned and paid media. http://blogs.forrester.com/interactive_marketing/2009/12/defining-earned-owned-and-paid-media.html. Zugegriffen am31.03.2017.

Große, Ernst Ulrich. 1976. Text und Kommunikation. Eine linguistische Einführung in die Funk-tionen der Texte. Stuttgart: Kohlhammer.

Hoffjann, Olaf, und Thomas Pleil. 2015. Strategische Online-Kommunikation – ein Forschungsfeldwird erwachsener. In Strategische Online-Kommunikation. Theoretische Konzepte und empiri-sche Befunde, Hrsg. Olaf Hoffjann und Thomas Pleil, 1–9. Wiesbaden: Springer Fachmedien.

Kilian, Thomas, und Sascha Langner. 2010. Online-Kommunikation: Kunden zielsicher verführenund beeinflussen. Wiesbaden: Springer Gabler.

Lueken, Geert-Lueke. 1996. Philosophische Überlegungen zu Dialog, Diskurs und strategischemHandeln. In Dialogorientierte Unternehmenskommunikation, Hrsg. Günter Bentele, HorstSteinmann und Ansgar Zerfaß, 59–79. Berlin: Vistas.

Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook 23

Page 24: Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook · Sprache in der Unternehmenskommunikation auf Facebook Andreas Brüser und Alexander Güttler Zusammenfassung Internet und

Müller-Mall, Sabine. 2016. Rekursion. Rezeption. Relation. Rechtstheoretische Aspekte des Per-formativen. In Performativität in Sprache und Recht, Hrsg. Lars Bülow, Jochen Bung undRüdiger Harnisch, 21–34. Berlin: de Gruyter.

O’Reilly, Tim. 2005. What is web 2.0. Design patterns and business models for the next generationof software. http://oreilly.com/web2/archive/what-is-web-20.html. Zugegriffen am 31.03.2017.

Pleil, Thomas. 2015. Online-PR. Vom kommunikativen Dienstleister zum Katalysator für ein neuesKommunikationsmanagement. In Handbuch der Public Relations, Hrsg. Romy Fröhlich, PeterSzyska und Günter Bentele, 1017–1038. Wiesbaden: Springer VS.

Ronneberger, Franz, und Manfred Rühl. 1992. Theorie der Public Relations. Ein Entwurf. Opladen:Westdeutscher Verlag.

Rühl, Christopher, und Diana Ingenhoff. 2015. Kommunikationsmanagement und Social Media:Motive und Nutzungsformen von Unternehmensprofilseiten auf Facebook, Twitter und You-Tube. In Strategische Online-Kommunikation. Theoretische Konzepte und empirische Befunde,Hrsg. Olaf Hoffjann und Thomas Pleil, 259–290. Wiesbaden: Springer VS.

Ruisinger, Dominik. 2007. Online Relations. Leitfaden für moderne PR im Netz. Stuttgart: SchäfferPoeschel.

Schach, Annika. 2015. Advertorial, Blogbeitrag, Content-Strategie & Co. Neue Texte der Unter-nehmenskommunikation. Wiesbaden: Springer Gabler.

Schlobinski, Peter. 2012. Sprache und Kommunikation im digitalen Zeitalter. Mannheim/Zürich:Dudenverlag.

Schulz, Winfried. 1976. Die Konstruktion von Realität in den Nachrichtenmedien. Analyse deraktuellen Berichterstattung. Freiburg (Breisgau)/München: Karl Alber.

Schweiger, Wolfgang, und Klaus Beck, Hrsg. 2010. Handbuch Online-Kommunikation. Wiesba-den: Springer Fachmedien.

Thummes, Kerstin, und Maja Malik. 2015. Beteiligung und Dialog durch Facebook? TheoretischeÜberlegungen und empirische Befunde zur Nutzung von Facebook-Fanseiten als Dialogplatt-form in der Marken-PR. In Strategische Online-Kommunikation. Theoretische Konzepte undempirische Befunde, Hrsg. Olaf Hoffjann und Thomas Pleil, 105–130. Wiesbaden: Springer VS.

Wehmeier, Stefan, und Oliver Raaz. 2016. Nicht standardisierte Methoden in der PR-Forschung. InHandbuch nicht standardisierte Methoden in der Kommunikationswissenschaft, Hrsg. StefanieAverbeck-Lietz und Michael Meyen, 415–427. Wiesbaden: Springer VS.

Wiencierz, Christian, Ricarda Moll, und Ulrike Röttger. 2015. Stakeholderdialog auf Facebook –Entschuldigung und Verantwortungsübernahme als vertrauensfördernde Reaktion auf Online-Beschwerden in sozialen Netzwerken. In Strategische Online-Kommunikation. TheoretischeKonzepte und empirische Befunde, Hrsg. Olaf Hoffjann und Thomas Pleil, 131–152. Wiesba-den: Springer VS.

Zerfaß, Ansgar, und Miriam Droller. 2015. Kein Dialog im Social Web? Eine vergleichendeUntersuchung zur Dialogorientierung von deutschen und US-amerikanischen Nonprofit-Orga-nisationen im partizipativen Internet. In Strategische Online-Kommunikation. TheoretischeKonzepte und empirische Befunde, Hrsg. Olaf Hoffjann und Thomas Pleil, 75–103. Wiesbaden:Springer VS.

Zerfaß, Ansgar, und Thomas Pleil. 2012. Strategische Kommunikation in Internet und Social Web.In Handbuch Online-PR, Hrsg. Ansgar Zerfaß und Thomas Pleil, 39–83. Konstanz: UVK.

24 A. Brüser und A. Güttler