Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

48
Spracherwerb

Transcript of Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

Page 1: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

Spracherwerb

Page 2: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben

Page 3: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

Englische 6-8 monatige Säuglinge unterscheiden Lautean einer Kategoriegrenze des Hindi besser als 11-13monatige Säuglinge oder Erwachsene.

Page 4: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

Shvachkin (1948)Kinder zwischen 0;10 und 2;0Phantasieobjekte und PseudowörterKinder mussten benannte Objekte aus mehreren heraussuchen.

Untersucht wurde die Unterscheidungsfähigkeit für Anlaute.

Lautunterscheidungsfähigkeit in Wörtern

Page 5: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

Neuere Untersuchungen(vgl. Altvater-Mackensen2010)Lautunterschiede in bedeutungshaltigen Wörtern werden SCHLECHTER wahrgenommen als in sinnlosen Silben (entweder aufgrund der schwierigeren Aufgabe oder aufgrund eines Wechsels der Repräsentation von phonetisch zu phonologisch, vgl. auch Mani und Plunkett 2010)

Entwicklungssequenzen werden als Relationen zwischen den in verschiedenen Positionen vorkommenden Lauten beschrieben.

Es gibt phonologische (z.B. Fikkert, Levelt, Altvater-Mackensen) und artikulatorische (z.B. Redford et al.)Theorien zur Erklärung der Entwicklungssequenzen.

Aufgrund von Unterschieden im Lexikon sind Entwicklungssequenzen bis zu einem gewissen Grad sprachspezifisch. (z.B. Nasale im Deutschen früher erworben als im Niederländischen)

Page 6: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

Lautproduktion

0-4 Monate: LautnachahmungVokalähnlich: /e/,/I/, /U/Konsonantenähnlich: /h/,/?/,/k/,/g/

Ab 6 Monate: Babbling (Lallen)

Ab 7.-10.Monat: repetitives SilbenplappernZusätzliche Konsonanten /d/,/m/,/bSilben: ba, da , ga Reduplicated babbling: baba, dada

Ab 11. Monat: variegated babblingbada, daduKonsonanten: /h/,/d/ (20-30%/b/,/m/ (7-10%)/t/,/g/ (4-12%)/s/,/w/,/n/,/k/, /j/, /p/ (2-4%)Selten: /[/,/Q/,/z/,/D/,/f/,/S/,/N/,/J/,/dJ/,/r/

Page 7: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

Daten: LauteHeiko hako

haikoako

1;1

1;3

Hoppe-hoppe-Reiter Hopop

1;1

Tuten TuTutut

1;3

Ball pa 1;3

da taata

1;31;4

Mama,Papa apahapapapiapi

1;3

1;4

nein ai 1;3

ausziehen au 1;4

frühe Wörter (Wode, 1988)

Page 8: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.
Page 9: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.
Page 10: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.
Page 11: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.
Page 12: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

Daten: LauteErwerbssequenzen Konsonanten:Verschlusslaute vor FrikativenVordere Plosive vor hinteren

Substitution (evtl bis 3;5): Ersatz von Kontinuanten durch Verschlüsseschälen [täle] , Essen [ätte] (Lars 1;7)Frontieren (evtl bis 3;5):komm(t) [tom], geb(en) [tep] (Inga, 2;0)

Vokale (vgl Jakobson, 1941):1) a/i oder a/u gefolgt von u oder i (Dreieckssystem)2) a, dann i oder u, dann e oder o (Dreistufensystem)

SilbenV, CV, seltener VCKomplexere Konsonantencluster werden getilgt, dann reduziert, später einer der Konsonanten substituiert: play > äi > päi > pwäi > pläi

Page 13: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

Daten: Lexikon0;9 – 1;6 erste Wörter-1;9 50 Wörterab 1;6-2;0 Wortschatzschub (Vocabulary spurt)

Page 14: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

Ab ca. 4;0 leichte Verlangsamung der Erwerbsrate

Wortschatz mit 5;0 ca. 5000 Wörter (Augst, 1984)

Rezeptiver Wortschatz größer als produktiver(Klann-Delius, 2008)Rezeptiv <50 produktiv 10Rezeptiv < 100 produktiv 50

Page 15: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

Messung des Wortschatzes

Produktiv: Tagebuchstudien, Longitudinale Beobachtungsstudien (z.B. Augst 1984)

Rezeptiv: Picture Matching, DefinierenProblem: Auswahl des Grundvokabulars

Page 16: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

Augst, 1984415 MUSIK 34: 360 Gruppe 1 (6-10 Kinder)Chor, Lied, Musik Gruppe 2 (2-5 Kinder)hoch (Ton), Kinderlied, Konzert,/ein K. geben, Liederbuch, Melodie,Note, Schlager, Walzer, Weihnachtslied, Weise Gruppe 3 (1 Kind)Ballett, Folge 'auf der Platte‚ Geburtstagslied, Hitparade, Klavierkonzert,

Minilied, Mittwochkonzert, Musikschule, musizieren, *Notenkonzert 'K. nach r..~, Nußknackermusik 'Tschaikowsky', Osterlied, *Papaauslied 'in der Kirche; Vater ist Pfarrer', Reklamemusik, Sang 'Ge ', Singstunde, ‑Trompetenkonzert, *Vormelodie 'Vorspiel beim Gesang mit Gitarre','Vorspiel, Weihnachtskonzert, Winterlied

Page 17: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

Was bedeuten die Wörter des Kindes?

Moon Grapefruitschale, Zitronenschale, Knopf am Geschirrspüler, rundes Blatt, Häufchen Spinat, halbrundes Stück Papier, Innenseite eines Lampenschirms

Übergeneralisierungen (Bowerman, 1978)

Page 18: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

Übergeneralisierung (over-extension)Wort hat eine breitere Bedeutung als in der

ZielspracheUntergeneralisierungWort hat eine engere Bedeutung als in der

ZielspracheBsp. ‚Ball‘ wird nur für den eigenen Ball benutzt

Page 19: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

Nora (2;0) : „Hund“

Nora (2;0) : „Katze“

Page 20: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

Logisches Problem des Bedeutungserwerbs (vgl. Löbach, 2000)

„Kaninchen“ Problem: ‚Ambiguität ostensiver Definitionen‘

Page 21: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

Ambiguität ostensiver Definitionen

Markman, 1993 (Aufnahme eines Gedankens von Quine, 1980 ‚Gavagai‘- Kaninchen)

„The child could think that the lable refers to a specific individual …, or to one of its parts.., or to its substance, size, shape, color, position in space, and so on.“

Andere Forscher: „Tier“, „Träger von Flöhen“, „Kaninchen oder Mercedes“

Page 22: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

Lösungsvorschlag: Constraint-basierte Ansätze

Markman 1993: Whole object constraint: „novel label is likely to refer to the whole object and not to

ist parts, substance, or other properties“Taxonomic constraint: „labels refer to objects of the same kind rather than to objects

that are thematically related“Markman/Wachtel 1988: mutual exclusivity assumptionEve Clark 1993: type assumption, single level assumption, basic level assumptionGolinkoff et al, 1994: novel name – nameless category principleSpelke 1994: Kohäsionsprinip: Konzept eines physikalischen Objektes ist vorhanden

Problem: Kinder verhalten sich nicht immer so als hätten sie diese Constraints (Bloom, 1994)

Nelson 1988: „Child and parent assume intersubjective agreement of meaning, ignoring the true indeterminacy that exists between them….Children like adults do not seek certainty of reference but only communicability.“

Page 23: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

Daten: LexikonDeixis da, dies, das

Negation nein

Konkrete Objekte Ball, Puppe, Laster, Hund, Katze, Kuh, Auge, Nase, Hand, Hose, Schuhe, Ei, Milch, Banane, Mama, Papa, Oma, Junge, Baby

Tätigkeiten, Vorgänge, Zustände

Auf, runter, kaputt, alle, weg, essen, trinken

Soziale Formeln Ata, bitte

Attribute heiß

Vokabular zweier Kinder mit einem Wortschatz von ca. 30 Wörtern (Wode, 1988)

Page 24: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

Daten: Syntax

Stadieneinteilung nach (Wode, 1988; vgl. Clahsen, 1986)

I 0;10-1;6 Holophrasen

II 1;6-2;0 Zwei-Wort-Äußerungen-Wortketten-Keine Flexionen-Wortstellung fest oder frei

III 2;0-2;6 Ausbau der einfachen Syntax-Ausrichtung auf Wortstellung der Zielsprache-Aufbau einfacher Sätze-erste hierarchische Strukturierungen je nach Zielsprache (z.B. Adj + N oder N + Adj)- Beginn der Flexionen

IV 2;6-4;0 Erste Transformationen und Nebensätze-einfache Sätze gemeistert-Flexionen noch fehlerhaft-Relativsätze, Konjunktionalsätze, Inversion

V 4;0-12;0 Ausbau der komplexen Syntax

Page 25: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

Transkription – SpracherwerbWS 2010/11Katharina Sternke-Hoffmann@Transkription Minute: @Languages: de@Participants: K ( Kind), F (weibl. Sprecherin), M (männl. Sprecher)@ID: de/Samarina_Geschenke/ K / age 2:6 / female@Coder: K. SternkeM: So K: So, da >M: < oooh oho wwwK: das da. da nowas dran. Haah [=! sighs]K: Das aufschneiden. Das W: ja wer [?]K: xxx nur eier weg. # Der kasperele# singt so# da# der# #xx ofenW: Die sind doch schon fertich, die Pfannkuchen, die sind schon fertich gebacken.M: Und was macht da der Teufel? K: Essen ## das da!M: und dann hat der nachher MagenschmerzenK: da krokodil hat nur swai abgekriegtM: joah, aber nachher gibt es ja noch mehr ne, denn die oma kauft nochmal?K: neue.M: richtichK: das kucksie mal.

Page 26: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

ErklärungsansätzeBehavioristisch Skinner Konditionierung und Lernen durch

AssoziationProblem: lernertypische Fehler

Kognitiv Piaget/ Sinclair-de Zwart

Kognitive Entwicklung bestimmt SpracherwerbProblem: Erwerbsreihenfolge oft von Eigenschaft der Sprache abhängig (z.B. ja/nein Fragen/Kasus

Interaktionistisch/Funktional

Brunner/Snow/Bates & MacWhinney/Tomasello & Lieven

Betonung der sozialen Interaktion als LernrahmenItembasiertes Lernen/Betonung der Fähigkeit zur statistischen InputanalyseProblem: zu flexibel?/Lernbarkeit/kein negativer Input

Nativistisch Chomsky/Bickerton/Pinker/Roeper/Clahsen

Sprachliche Strukturen bis auf noch zu fixierende Parameter angeborenProblem: itembasiertes Lernen

Page 27: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

28

Wie wird die Fähigkeit, korrekte Flexionsformen zu bilden, erworben?

• Auswendiglernen (rote learning)

• Analogiebildung

• Produktive Kombination (MacWHINNEY 1978)

Wie ist die Fähigkeit, korrekte Flexionsformen zu bilden, repräsentiert?

• nicht analysierte lexikalische Einzeleinträge

• assoziationistische Netzwerke (‘cues’)

• symbolischer Prozessor (Regeln)

Beispiel: Flexionsmorphologie

Page 28: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

29

Evidence for different neural implementation of regular and irregular morphology

• Differential electrophysiological (ERP) signatures of violations of regular and irregular inflection(Weyerts et al., 1997, Penke et al., 1997, Clahsen, 1999)

• Clinical data showing double dissociations(Marslen-Wilson, Tyler, 1997,1998, Ullman et al., 1997)– Impairment of regular inflection in anterior aphasia and

Parkinson's disease– Impairment of irregular inflection in posterior aphasia,

Alzheimer's disease, and temporal lobe encephalitis

Page 29: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

30Berko (1958)

Page 30: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

31

Das Singularparadigma im heutigen Deutsch

Page 31: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

32

Die Häufigkeitsverteilung der Flexionsklassen (nach Augst, 1975)

Page 32: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

33

Versuchspersonen

Page 33: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

34

Page 34: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

35

Page 35: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

36

Page 36: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

37

Page 37: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

38

Page 38: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

39

Tatsächliches Genus in Abhängigkeit vom vorgegebenen Genus

(9288 Wortformen)

Page 39: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

40

Pluralformen der bekannten Wörter(e = gegenüber dem Singular unveränderte Endung auf Schwa)

Page 40: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

41

Pluralformen der Kunstwörter(e = gegenüber dem Singular unveränderte Endung auf Schwa)

Page 41: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

42

Relative Häufigkeit der n-Endung in Abhängigkeit von Alter und Genus

Page 42: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

43

Altersentwicklung des Versuchspersonenindexes

Page 43: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

44

Altersentwicklung des Wortindexes

Page 44: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

45

Altersentwicklung des Wortformenindexes

Page 45: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

46

Vergleich der Altersentwicklung des Produktes der drei Indizes und der beobachteten relativen Häufigkeit schwach flektierter Kasusformen

Page 46: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

47

Streuungsdarstellung der Wort- und Wortformenindizes der einzelnen Versuchspersonen nach Altersgruppen, Altersgruppe 5 (n = 17)

Page 47: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

49

Streuungsdarstellung der Wort- und Wortformenindizes der einzelnen Versuchspersonen nach Altersgruppen, Altersgruppe 7 (n = 24)

Page 48: Spracherwerb. Kategorielle Wahrnehmung von Lauten in sinnlosen Silben.

52

Streuungsdarstellung der Wort- und Wortformenindizes der einzelnen Versuchspersonen nach Altersgruppen, Hauptschüler (n = 16)