Sprachliche Wechselbeziehungen in der...

32
Polnische Akademie der Wissenschaften ___________________________________________________________________________________________________________ Wissenschaftliches Zentrum in Wien Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchie Herausgegeben von Ewa Cwanek-Florek und Irmgard Nöbauer (Sonderdruck) Wien 2015

Transcript of Sprachliche Wechselbeziehungen in der...

Page 1: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

Polnische Akademie der Wissenschaften___________________________________________________________________________________________________________

Wissenschaftliches Zentrum in Wien

Sprachliche Wechselbeziehungenin der Habsburgermonarchie

Herausgegebenvon

Ewa Cwanek-Florek und Irmgard Nöbauer

(Sonderdruck)

Wien 2015

Page 2: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

Reihe:Symposien und Seminare

am Wissenschaftlichen Zentrumder Polnischen Akademie der Wissenschaften in Wien

Band 13

Redakteur der Reihe:Bogusław Dybaś

Herausgeberinnen und Redakteurinnen des Bandes:Ewa Cwanek-Florek und Irmgard Nöbauer

Rezensenten des Bandes:Georg Holzer und Mariola Wierzbicka

Layout und Satz:Max Szot (E-mail: [email protected])

© 2015 Copyright Polnische Akademieder Wissenschaften – Wissenschaftliches Zentrum in Wien

ISBN 978-3-9503652-0-7

Druck:Polska Akademia NaukZespół Teleinformatyki

ul. Śniadeckich 8, 00-656 Warszawa

Page 3: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

Inhaltsverzeichnis

Vorwort ....................................................................................................... 7

Manfred Michael GlauningerDie Nationalvarietät „österreichisches Deutsch“als kakanisches Paradoxon ..................................................................... 11

Katharina WeisswasserDie Sprachenpolitik der Habsburger gegenüber den Polenin Galizien ............................................................................................ 19

Michael MoserTradition, Dominanz, Emanzipation: Polnisch und Ukrainischals Kontaktsprachen in der Habsburgermonarchie ................................ 41

Marina HöfinghoffBeitrag der galizischen Presse zur Entwicklung des Kulturwortschatzesim Ukrainischen des 19. Jahrhunderts .................................................. 57

Ewa Cwanek-FlorekDeutsche Entlehnungen in der polnischen Amtssprache Galiziensam Beispiel ausgewählter Akten der Stadt Rzeszów ................................. 85

Irmgard NöbauerDie Josephinische Landesaufnahme von Galizien vor dem Hintergrund sprachlicher Wechselbeziehungenin der Habsburgermonarchie .............................................................. 107

Anna HanusSprachliche Bilder vom multikulturellen Grenzland Galizienin Texten von Janusz Szuber ............................................................... 119

Katarzyna HibelJüdisch-galizische Schriftstellerinnen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Fragen der sprachlichen Identität ...................... 139

Page 4: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

6 Inhaltsverzeichnis

Viera WambachDie slowakische Sprache in der k. u. k.-Monarchie .............................. 163

Renata BudziakDeutschlernen an der Peripherie der Habsburgermonarchie –Schulbücher für den deutschen Sprachunterricht in Galizien .............. 175

Elizabeta JenkoDidaktische Nutzung sprachlicher Wechselbeziehungenam Beispiel des Slowenischen ............................................................. 191

Christina Schrödl / Barbara PiringerSprachkontakt im Spiegel des Wörterbuchs der bairischen Mundartenin Österreich (WBÖ). Eine Analyse der Bände 1 bis 5 .......................... 207

Viktoria MajzlanPolnischsprachige Kinder in Wien: Untersuchungenzu ihrer Sprachwahl und zu ihren Äußerungsformenin der Kontaktsituation ....................................................................... 237

Page 5: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

Marina Höfinghoff

Beitrag der galizischen Presse zur Entwicklung des Kulturwortschatzes im Ukrainischen

des 19. Jahrhunderts

1. Politisch-historischer Hintergrund

Die Revolution von 1848 übte auf das politische Leben in Galizien nachhal-tigen Einfluss aus, auch für den Status der ruthenischen Sprache in Galizien stellte sie einen wichtigen Impuls dar. Historisch wurden in Galizien Polnisch, Ruthenisch, Jiddisch und Deutsch gesprochen, im schriftlichen Bereich waren das Polnische, Lateinische, Deutsche, Ruthenische, das Kirchenslawische und einige andere Sprachen in Gebrauch.1

Im April 1848 richteten die Ruthenen eine Petition an den Kaiser, in der sie die Anerkennung als Nationalität und die Gleichberechtigung der ru-thenischen mit der polnischen Nationalität in Galizien forderten. Am 2. Mai gründeten die Ukrainer in Lemberg den Hauptrat der Ruthenen „Головна Руська Рада“, am 15. Mai 1848 erschien in Lemberg die erste ukrainische Zei-, am 15. Mai 1848 erschien in Lemberg die erste ukrainische Zei-tung „Зоря Галицька“2 („Zorja Halyc’ka“) als Presseorgan der „Головна Русь-ка Рада“. Außer kulturellen Neuigkeiten und aktueller Berichterstattung gab die Zeitung populärwissenschaftliche, landwirtschaftliche, ethnographische und linguistische Materialien heraus. Da die westukrainischen Wissenschaftler in Galizien Ende der 1840er Jahre kaum Möglichkeiten hatten, ihre Publika-tionen in Fachbüchern zu veröffentlichen, nutzten sie für Publikationszwecke Zeitungen, Zeitschriften und Sammelbände. Auf diese Weise fand der Prozess

1 Jan Fellerer, Mehrsprachigkeit im galizischen Verwaltungswesen (1772 – 1914), Köln 2005, S. 1.

2 „Zorja Halyc’ka“, L’viv 1853 – 1857.

Page 6: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

58 Marina Höfinghoff

der Wortschatzbereicherung durch die gesellschaftlich-politische und wissen-schaftliche Lexik bzw. Fachlexik statt.

In ihrer Erscheinungszeit von 1848 bis 1857 wurde die Zeitung von meh-reren Redakteuren herausgegeben, deren politische Ansichten das ideologische Profil und die Sprache der Zeitung beeinflussten3: In ihren ersten Erschei-nungsjahren zwischen 1848 und 1850 spielte „Зоря Галицька“ eine positive Rolle für die Entwicklung der ukrainischen Literatursprache auf volksnaher Basis; die phonetischen, morphologischen und lexikalischen Besonderheiten der Zeitungssprache sind durch die Orientierung an den dialektalen Grund-lagen der Volkssprache zu erklären. Ab 1851 kam es auf lexikalischer Ebene zu zahlreichen Entlehnungen von Vokabeln und grammatikalischen Formen der russischen Literatursprache. Gleichzeitig blieben in den Zeitungsartikeln einzelne phonetische, grammatische und lexikalische dialektale Besonder-heiten erhalten, sodass auf diese Weise eine für die Zeitung charakteristische Sprachmischung, genannt язичiе, entstand. Diese Sprachmischung, in der „Зоря галицька“ von 1851 bis 1854 gedruckt wurde, war weit von der russi-schen Literatursprache entfernt. Sie stellte ein Konglomerat von Elementen aus unterschiedlichen Systemen dar, in denen kirchenslawische Bestandteile eine geringere Rolle spielten und russische Vokabeln und Formen immer öfter vorkamen, aber auch für südwestliche Dialekte typische Besonderheiten vor-handen waren.

Zwischen 1854 und bis zur Erscheinungseinstellung 1857 wechselte die Zeitung wiederholt ihre sprachliche Orientierung, die Publikationen wur-den einmal in volkssprachlicher Form, einmal auf язичiе, orientiert an der russischen Literatursprache, verfasst.

In den 1850er Jahren blieb wenig Raum für nationale und sprachliche Forderungen. Führende griechisch-katholische Geistliche verhinderten durch ihr Beharren auf einer traditionell buchsprachlich ausgezeichneten Schrift-varietät des Ruthenischen dessen weitere schriftsprachliche Entwicklung. Auf diese Weise wurde die Schriftsprache von der Volkssprache auch weiterhin getrennt. Genau diese Situation kommt im Rahmen der anhand der Publika-tionen in der „Зоря галицька“ aus den Jahren 1853 bis 1856 durchgeführten Analyse zum Vorschein. Die Zeitungsredaktion wurde von B. Didyc’kyj (An-fang 1853 – Mitte 1854), S. Šexovyč (Mitte bis Ende 1854) und M. Savčyns’kyj (ab Ende 1854) geleitet.

3 Ausfühlich darüber s. Natalia Budnikova, Sprachgeschichte der galizischen Russophilen, Diss., Wien 2011, S. 89.

Page 7: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

59Der ukrainische Kulturwortschatz und die galizische Presse

Obwohl die Zeitung in der genannten Periode mal mehr, mal weniger russophil war, waren auf ihren Seiten neben Russismen und Kirchenslawismen zahlreiche Fremdwörter aus dem Altgriechischen und Lateinischen und auch Entlehnungen aus anderen slawischen und westeuropäischen Sprachen zu fin-den, auf die im Folgenden ausführlich eingegangen wird.

2. Entlehnungen aus den slawischen Sprachen

2. 1. Entlehnungen aus dem Russischen

Aus der russischen Sprache wurde vor allem sozial-politische und ter-minologische Lexik übernommen. Einige der Vokabeln kamen später außer Gebrauch, viele wurden in den ukrainischen Wortschatz aufgenommen und gehören seitdem der normativen Lexik des Ukrainischen an, wie zum Beispiele folgende:

будучність4 [Zukunft] ← rus. будущеевиписка5 [angeführte Stelle] ← rus. виписказаконність6 [Gesetzlichkeit] ← rus. законностьоцінка7 [Schätzung, Wertstellung] ← rus. оценкапопечитель8 [Kurator] ← rus. попечительчиновник9 [Beamte] ← rus. чиновник

2. 2. Entlehnungen aus dem Polnischen

Zahlreich sind in der „Зоря галицька“ Entlehnungen aus dem Polni-schen, war doch das Polnische in Galizien im Unterschied zum Russischen eine Verwaltungssprache. Außerdem existierte dort bereits seit Jahrzehnten eine gut entwickelte polnische Presse, bevor die ukrainische entstand. Folgende Wörter polnischer Herkunft fanden Eingang auf den Seiten der ukrainischen

4 Євген Желехiвський / Софрон Недiльский, Малорусько-німецький словар. T. 1 – 2 [Ru- thenisch-Deutsches Wörterbuch, Bd. 1 – 2, verfasst von Eugen Żelechowski und Sophron Nie-dzielski, weiter als: Żelechowski, Wörterbuch], Львів 1866, S. 48. Zeno Kuzela / Jaroslav Rud-nyćkyj, Ukrainisch-Deutsches Wörterbuch, Wiesbaden 31987 (Erstauflage 1943), S. 45.

5 Żelechowski, Wörterbuch, S. 82.6 Ebd., S. 250.7 Ebd., S. 257.8 Етимологічний словник української мови. Т. I – V (A – T) [Etymologisches Wörter-I – V (A – T) [Etymologisches Wörter-Wörter-

buch der ukrainischen Sprache, Bdd. I – V (A – T), weiter als: Etymologisches Wörterbuch], Київ 1982 – 2006, hier Bd. 4, S. 516.

9 Żelechowski, Wörterbuch, S. 1071; Kuzela, Wörterbuch, S. 1438.

Page 8: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

60 Marina Höfinghoff

Periodika und waren bereits Ende des 19. Jahrhunderts in den Wörterbüchern kodifiziert:

гасло10 [Losung, Parole] ← pol. hasłoзамовляти11 [bestellen] ← pol. zamawiaćзасяг12 [Bereich] ← pol. zasięgпришлість13 [Zukunft] ← pol. przyszłośćроззброєння14 [Entwaffnung] ← pol. rozbrojenieстоваришення15 [Genossenschaft] ← pol. stowarzyszenieяковість16 [Beschaffenheit, Qualität] ← pol. jakowość

2. 3. Entlehnungen aus dem Tschechischen

Der Einfluss des Tschechischen auf die Lexik der ukrainischen Presse war nicht so stark ausgeprägt wie der des Russischen und Polnischen. Einige der folgenden Beispiele aus dem Tschechischen wurden bereits im Wörterbuch von Eugen Żelechowski aufgenommen:

тиск17 [Druck, Presse], тискар [Drucker], тискарня [Druckerei] ← ćech. tisk, tiskař, tiskárnaчасопис18 [Zeitung] ← čech. časopisприлога19 [Beilage] ← čech. přílohaобіжник20 [Zirkular, Rundschreiben] ← čech. oběžník

Die Erweiterung des spezifischen Wortschatzes durch die Übernahme neuer Wörter aus dem Russischen, Polnischen und Tschechischen und deren aktiver Gebrauch in der Presse führten zur Entstehung stilistisch unbegründe-ter Parallelformen, die durch folgende Beispiele belegt werden können21:

10 Żelechowski, Wörterbuch, S. 137.11 Ebd., S. 257.12 Ebd., S. 274.13 Ebd., S. 284.14 Ebd., S. 812.15 Ebd., S. 921.16 Ebd., S. 1113.17 Żelechowski, Wörterbuch, S. 964; Kuzela, Wörterbuch, S. 1268.18 Żelechowski, Wörterbuch, S. 1071; Kuzela, Wörterbuch, S. 1427.19 Żelechowski, Wörterbuch, S. 749; Kuzela, Wörterbuch, S. 876.20 Kuzela, Wörterbuch, S. 487.21 Михайло Жовтобрюх, Мова української періодичної преси. Кінець XIX – початок

XX ст. [Myxajlo Žovtobrjuch, Sprache der ukrainischen periodischen Presse. Ende des XIX. – Anfang des XX. Jh.], Київ 1970, S. 220.

Page 9: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

61Der ukrainische Kulturwortschatz und die galizische Presse

часопись – временописьпечатня – типографiя – тискарнявсеучилище – универсiтетубiг – конкурс etc.

3. Entlehnungen aus dem Altgriechischen und Lateinischen

Fremdwörter lateinischer und griechischen Herkunft konnten entweder auf direktem Wege (a) oder über polnische Vermittlung (b) ins Ukrainische gelangen:

(a)ідеальний [ideal]: идеальнү22 (Akk. Sg.) [dt. Ideal, fr. Ideal] ← splat. idealis23

матерія [Materie]: матерїѧ24, матерїѧльный25: [dt. Materie] ← lat. māteria26

метафізика [Metaphysik]: метафизыкою (Instr. Sg.), мета фи­зыч нїи27: mlat. metaphysica; gr. μετά und φύσις28

філософ [Philosoph]: философъ29, философкою30 (Instr. Sg.): gr. φιλοσοφος31 філософія [Philosophie]: фильософїю32 (Akk. Sg.): gr. φιλοσο-φία33

(b)моральність [Moral]: моральности34 (Gen. Sg.): pol. moralność, dt. Moral, fr. moral ← lat. mōrālis35

силогізм [Syllogismus]: сильльоґисмовъ36 (Gen. Pl.): pol. sy lo-gizm, dt. Syllogismus ← gr. συλ-λογισμός37

22 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 390.23 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 2, S. 289.24 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 356.25 Ebd., S. 371.26 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 3, S. 413.27 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 372.28 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 3, S. 449.29 „Zorja Halyc’ka“, 1853, S. 11.30 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 139.31 Новий словник іншововних слів [Das neue Fremdwörterbuch, weiter als: Fremdwörter-

buch], Київ 2008, S. 627.32 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 390.33 Fremdwörterbuch, S. 627.34 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 357.35 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 3, S. 511.36 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 370.37 Fremdwörterbuch, S. 557.

Page 10: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

62 Marina Höfinghoff

скeптицизм [Skeptizismus]: скєптыцысмъ38, pol. sceptycyzm, dt. Skeptizismus, fr. scepticisme ← gr. σέρτικος39

схоластицизм [Scholastizismus]: схолѧстицысмү40 (Gen. Sg.), pol. scholastycyzm: pol. scholastyk ← lat. scholasticus41

Ein hohes Niveau der akademischen Bildung in der Ukraine im 16. und 17. Jh. und die Vertrautheit ukrainischer Gelehrter mit der griechischen und lateinischen Sprache und Literatur erlauben die Vermutung, dass aus dem La-teinischen ins Polnische und Ukrainische parallel entlehnt wurde.

4. Entlehnungen aus westeuropäischen Sprachen

Die Redaktion der Zeitung verwendete zahlreiche Ausdrücke für gesell-schaftspolitische, wirtschaftliche und kulturelle Begriffe aus westeuropäischen Sprachen: Entlehnungen aus dem Deutschen (darauf wird im Folgenden aus-führlich eingegangen), Französischen, Italienischen und weniger aus dem Eng-lischen sind in den Zeitungsberichten zu unterschiedlichen Themen vertreten. Bei der Verbreitung ursprünglich lateinischer, französischer und italienischer Lehnwörter ist die Vermittlung des Deutschen, Polnischen und Tschechischen von großer Bedeutung.

4. 1. Entlehnungen aus dem Französischen

Entlehnungen französischer Herkunft, die in der Zeitung sehr zahlreich vertreten sind, lassen sich in direkte und indirekte Entlehnungen einordnen. Direkt wurden z. B. folgende Lexeme übernommen:

більярд [Billard]: биллѧрдъ42: fr. billard43

сентимент [Sentiment]: сентименты44: fr. sentiment45

Über das Polnische gelangten zahlreiche französische Entlehnungen ins Ukrainische:

38 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 390.39 Fremdwörterbuch, S. 565.40 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 355.41 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 4, S. 491.42 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 69.43 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 1, S. 199.44 „Zorja Halyc’ka“, 1853, S. 8.45 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 4, S. 213.

Page 11: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

63Der ukrainische Kulturwortschatz und die galizische Presse

канапа [Kanapee]: канапы46: pol. kanapa ← fr. canapé47

бутелька [Flasche]: бүтелькахъ48 (Präp. Pl.): pol. butel, butelka ← fr. bouteille49

перукa [Perücke]: перуки50: pol. peruka ← fr. perruque51

Viele davon sind in modernen ukrainischen Nachschlagewerken nicht mehr belegt:

амбасадор [Botschafter]: амбасадоръ52: pol. ambasador ← fr. am-bassadeurпомпїеръ53 [Feuermann]: pol. pompier ← fr. pompier реконессанс [Erkundung]: реконессансы54 (вывѣдыванія): pol. re konesans ← fr. reconnaissance

Oft tritt neben Polnisch auch Deutsch in der Rolle der Mittlersprache auf:

куферок [kleiner Koffer]: куферка55 (Gen. Sg.): pol. kuferek, ku-pol. kuferek, ku-fer, dt. Koffer ← fr. coffre56

фризура [Frisur]: фризуры57 (Gen. Sg.): pol. fryzura, fryzować aus dt. frisieren ← fr. friser58

4. 2. Entlehnungen aus dem Italienischen

Entlehnungen aus dem Italienischen sind in der Zeitung oft anzutref-fen. Lexeme italienischer Herkunft gelangten normalerweise auf vermitteltem Wege ins Ukrainische.

Durch die polnische Vermittlung wurden z. B. folgende Lexeme über-nommen:

46 „Zorja Halyc’ka“, 1853, S. 154.47 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 2, S. 361.48 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 117.49 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 1, S. 308.50 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 33.51 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 4, S. 357.52 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 13.53 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 265.54 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 505.55 „Zorja Halyc’ka“, 1853, S. 163.56 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 3, S. 164.57 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 288.58 Stefan Michael Newerkla, Sprachkontakte Deutsch – Tschechisch – Slowakisch: Wörter-

buch der deutschen Lehnwörter im Tschechischen und Slowakischen: historische Entwicklung, Be-leglage, bisherige und neue Deutungen, Frankfurt am Main – Wien u. a. 2011, S. 410.

Page 12: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

64 Marina Höfinghoff

маринаркa [Marine]: марынарки59 (Gen. Sg.): pol. marynarka ← it. marinara, marina60

каляфіор [Karfiol]: цвѣтной капусты (карафіолы)61 (Gen. Sg.): pol. kalafior ← it. cavolfiore62

Folgende Lexeme wurden aus dem Italienischen über das Polnische und das Deutsche ins Ukrainische entlehnt:

морели [Marille]: морелі63 (Gen. Sg.): über pol. morela oder direkt aus bair.-österr. Marille ← it. amarella64

цитрон [Zitrone]: сокомъ цитриновомъ65 (Adjekt. Instr. Sg.): pol. cytryna, fnhd. zitrone ← it. citrone66

Durch tschechische und deutsche Vermittlung kamen z. B. folgende Wörter ins Ukrainische:

амареля [Amarelle]: амарели67(Gen. Sg.): čech. amarela, dt. Ama-Ama-relle ← it. amarello68

тарок [Tarock]: тарока69 (Gen. Sg.): čech. taroky, tarok über nhd. Tarock ← it. tarocco70

5. Entlehnungen aus dem Deutschen

Besonders zahlreich sind in der „Зоря галицька“ deutsche Entlehnungen vertreten, was sich durch die Intensität der deutsch-ukrainischen Sprachbezie-hungen erklären lässt, die im Westen der Ukraine bekanntlich besonders stark war.

Bereits im 13. Jh. kamen auf Einladung von Fürst Danylo Halytzkyj die ersten deutschsprachigen Handwerker und Kaufleute nach L’viv, die bald einen bedeutenden Teil der Stadtbevölkerung ausmachten.71 Ihre Zahl nahm bis ins

59 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 13.60 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 3, S. 394.61 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 468.62 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 2, S. 355.63 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 79.64 Max Vasmer, Russisches etymologisches Wörterbuch, Bd. 1 – 4, Heidelberg 1950 – 1958,

hier Bd. 2, S. 655.65 „Zorja Halyc’ka“, 1853, S. 249.66 Newerkla, Sprachkontakte, S. 389.67 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 79.68 Newerkla, Sprachkontakte, S. 41069 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 69.70 Newerkla, Sprachkontakte, S. 499; Etymologisches Wörterbuch, Bd. 4, S. 524.71 Andreas Kappeler, Kleine Geschichte der Ukraine, München 2000, S. 42.

Page 13: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

65Der ukrainische Kulturwortschatz und die galizische Presse

14. und 15. Jh. stetig zu. Die Zugehörigkeit Galiziens zum Habsburgerreich von 1772 bis 1918 trug zur weiteren Verbreitung des Deutschen bei, wobei der größte Zuwachs deutscher Entlehnungen in Galizien aus der Zeit von 1772 bis 1867 stammt. Der Ausgleich von 1867 hatte zur Folge, dass das Polnische seine Positionen als Amts- und Unterrichtssprache behaupten konnte und das Deutsche als Verwaltungs- und Wissenschaftssprache zurücktrat.72 Nach über 100-jähriger Herrschaft der Habsburger über die Westukraine kann man von etwa 1000 Germanismen im Ukrainischen ausgehen, wenn man sich auf die ukrainischen Wörterbücher bezieht, die Anfang des 20. Jh. erschienen sind.73

Trotz einer Vielzahl von Veröffentlichungen über Entlehnungen deut-scher Herkunft im Ukrainischen74 bis in die allerneuste Zeit verbleiben einige Fragestellungen, und zwar

1. direkte oder indirekte Vermittlung deutscher Wörter ins Ukrainische2. Differenzierung zwischen ukrainischer Standardsprache und Dialekten3. der gegenwärtige Status der deutschen Entlehnungen im modernen Uk-

rainisch

5. 1. Zur Frage der Vermittlung

In vielen Fällen erweist es sich als unmöglich zu unterscheiden, ob die Entlehnungen direkt aus dem Deutschen bzw. Österreichischen oder über Ver-mittlung ins Ukrainische gelangt sind. Nachweisbar sind die Modelle

1. Ukrainisch ← Deutsch2. Ukrainisch ← Vermittlersprache ← Deutsch3. Ukrainisch ← Deutsch ← Quellensprache4. Ukrainisch ← Vermittlersprache ← Deutsch ← Quellensprache5. Ukrainisch ← Vermittlersprache ← Deutsch ← Vermittlersprache ←

Quellensprache.75

72 Juliane Besters-Dilger, Deutsche lexikalische Entlehnungen im Ukrainischen. Zur Frage der polnischen Vermittlung und heutiger Aktualität ( = Litteraria Humanitas 11), Brno 2002, S. 25 – 49, hier S. 29.

73 Juliane Besters-Dilger, Deutsch-galizische lexikalische Sprachbeziehungen (mit beson-derer Berücksichtigung der Austriazismen), in: Johannes Reinhart / Tilmann Reuther (Hgg.), Ethnoslavica. Festschrift für Gerhard Neweklowsky zum 65. Geburtstag, Wien 2006, S. 29 – 42, hier S. 31.

74 Marina Höfinghoff, Deutsche Entlehnungen im Ukrainischen an der Wende von 19. zum 20. Jh. Bestand und Entwicklung bis zur Gegenwart, Wien 2006, S. 19 – 22.

75 Besters-Dilger, Deutsche lexikalische Entlehnungen, S. 26.

Page 14: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

66 Marina Höfinghoff

Diese Modelle können durch folgende Beispiele veranschaulicht werden:

1. Ukrainisch ← Deutsch

ландшафт [Landschaft]: ландшафтъ76, ландшафтомъ77 (Instr. Sg.): nhd. Landschaft78

циферблат [Zifferblatt]: циферблатѣ79 (Präp. Sg.): nhd. Ziff er-Ziffer-blatt80

фальцграф [Pfalzgraf ]: фальцграфа81 (Gen. Sg.): fnhd. pfalz-grāf 82

крейцeр [Kreuzer]: крейцаръ83: mhd. kriuzer84

2. Ukrainisch ← Vermittlersprache ← Deutsch

Unter den Vermittlersprachen des Deutschen ins Ukrainische spielt das Polnische eine herausragende Rolle. Es ist aber festzuhalten, dass auch das Tschechische, Slowakische, Russische und diverse nichtslawische Sprachen (Jiddisch, Rumänisch und Ungarisch) als Vermittler von Bedeutung waren, was durch folgende Beispiele illustriert wird:

a. Ukrainisch ← Polnisch ← Deutsch

ґатунок [Gattung]: ґатүнкôвъ85 (Gen. Pl.): pol. gatunek ← dt. Gattung86

галстук [Krawatte]: галстухъ87, гальстухомъ88 (Instr. Sg.): pol. halsztuch ← dt. Halstuch89 стельмах [Stellmacher]: стельмаховъ90 (Gen. Pl.): pol. stelmach ← dt. Stellmacher91

76 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 404.77 Ebd., S. 631.78 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 3, S. 191.79 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 33.80 Vasmer, Russisches etymologisches Wörterbuch, Bd. 4, S. 303.81 „Zorja Halyc’ka“, 1853, S. 297.82 Newerkla, Sprachkontakte, S. 255.83 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 37.84 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 3, S. 82.85 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 126. In der Form ґатүнкôвъ kommt ô/і als Reflex von o in

neuer geschlossener Silbe zum Ausdruck.86 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 1, S. 482.87 „Zorja Halyc’ka“, 1853, S. 268.88 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 226.89 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 1, S. 461.90 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 520. Im Unterschied zu ґатүнкôвъ wird in стельмаховъ in

neuer geschlossener Silbe immer noch o geschrieben.91 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 4, S. 107.

Page 15: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

67Der ukrainische Kulturwortschatz und die galizische Presse

b. Ukrainisch ← Tschechisch ← Deutsch

курфюрст [Kurfürst]: күрфирста92 (Gen. Sg.): čech. kurfi řt, kur-kurfiřt, kur-first ← fnhd. Kurfürst93

моздирь [Mörser]: моздирѣ94 (Präp. Sg.): čech. moždíŕ, hmoždíŕ ← mhd. morsære, morser, mörser95 фіштран [Fischtran]: китового сала (фиштрану)96 (Gen. Sg.): čech. fištrón ← dt. Fischtran97

c. Ukrainisch ← Russisch ← Deutsch

фейерверк [Feuerwerk]: потѣшнымъ огнямъ (фейерверкамъ98) (Dat. Pl.)вексель [Wechsel]: вексли99, векслы100 (Nom. Pl.): über pol. wek-sel oder rus. вексель ← dt. Wechsel101

d. Ukrainisch ← Slowakisch ← Deutsch

краватля [Krawatte]: краватлю102 (Akk. Sg.): slk. dial. kravatl’a aus bayr. dial. Nebenformen ← fr. cravate103

e. Ukrainisch ← Vermittlersprache B ← Vermittlersprache A ←Deutsch:

Ukrainisch ← Polnisch ← Tschechisch ← Deutschварцаби [Damenspiel]: варцабы104: über pol. warcaby aus čech. vrhcáby ← mhd. wurfzabel105

92 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 190.93 Newerkla, Sprachkontakte, S. 278.94 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 488.95 Newerkla, Sprachkontakte, S. 197.96 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 56.97 Newerkla, Sprachkontakte, S. 425.98 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 410.99 Ebd., S. 252.100 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 72.101 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 1, S. 405.102 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 30.103 Newerkla, Sprachkontakte, S. 447.104 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 69.105 Newerkla, Sprachkontakte, S. 237; Etymologisches Wörterbuch, Bd. 1, S. 335.

Page 16: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

68 Marina Höfinghoff

2. Ukrainisch ← Deutsch ← Quellensprache:

Ukrainisch ← Deutsch ← Lateinсуплент [Supplent, Hilfslehrer]: супплентъ106: Supplent (österr.; veraltet) ← lat. supplens107 кельнер [Kellner]: кельнеромъ108 (Instr. Sg.): nhd. Kellner von lat. cellenārius109

3. Ukrainisch ← Vermittlersprache ← Deutsch ← Quellensprache:

Ukrainisch ← Tschechisch ← Deutsch ← Italienischтарок [Tarock]: тарока110 (Gen. Sg.): čech. taroky, tarok über nhd. Tarock ← it. tarocco111

Ukrainisch ← Polnisch ← Deutsch ← Französischфризура „Frisur“: фризуры112 (Gen. Sg.): pol. fryzura, fryzować aus dt. frisieren ← fr. friser113

4. Ukrainisch ← Vermittlersprache ← Deutsch ← Vermittlersprache← Quellensprache:

Ukrainisch ← Polnisch ← Deutsch ← Italienisch ← Lateinспаржа (спараг) „Spargel“: спараговъ114 (Gen. Pl.): pol. szparag, dt. Spargel ← it. sparagio, mlat. sparagus115

5. 2. Entstehung von Parallelformen

Die Erweiterung des Wortschatzes durch die Übernahme von Fachlexik und deren aktiver Gebrauch in der Presse führten zur Entstehung stilistisch unbegründeter Parallelformen, die von Systemlosigkeit in der phonetischen und grammatischen Gestaltung begleitet war. Dazu kam die Tatsache, dass viele Fremdwörter mit Hilfe des Polnischen aus den westeuropäischen Spra-chen ins Ukrainische in der Westukraine und des Russischen in der Ostukraine

106 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 326.107 Duden. Deutsches Universalwörterbuch, bearbeitet von Günther Drosdowski, Mann-

heim – Wien – Zürich 1989, S. 1501.108 „Zorja Halyc’ka“, 1853, S. 119.109 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 2, S. 422.110 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 69.111 Newerkla, Sprachkontakte, S. 499; Etymologisches Wörterbuch, Bd. 4, S. 524.112 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 288.113 Newerkla, Sprachkontakte, S. 410.114 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 503.115 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 4, S. 365.

Page 17: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

69Der ukrainische Kulturwortschatz und die galizische Presse

übernommen wurden. Dadurch kann die Entstehung einiger Dubletten mit unterschiedlichen Flexionen erklärt werden. Hier einige Beispiele:

архiвiст [Archivar]: архивиста116: pol. archiwista – архiваріус „Archivar“ – архиваръ117: čech. archivář, dt. Archivar, Archiv ← lat. archivus, gr. άρχεῖον118

гімназія [Gymnasium] – ґимназїүмъ119: pol. gimnazjum, dt. Gym-nasium ← lat. gymnasium120

клініка [Klinik] – клиникумъ121: pol. klinika, rus. клиникa, dt. Kli-nik ← fr. clinique, lat. clīnicus122

мiнiстерство [Ministerium] – министерiюмъ123 түрецкôмъ (Instr. Sg.): pol. ministerium, dt. Ministerium ← lat. ministerium музей [Museum] – музеум124: pol. muzeum, čech. museum, dt. Mu seum, fr. musée ← gr. μουσεῖον125

флот [Flotte] – флота126 папская, фльотою127 (Instr. Sg.): rus. флот, pol. flota, dt. Flotte, fr. flotte

5. 3. Differenzierung zwischen der Standardsprache und Dialekten

Die überwiegende Zahl der Publikationen zum Thema deutsche Entleh-nungen im Ukrainischen enthalten keine Informationen über deren stilisti-schen Status. Sogar in den Veröffentlichungen, die sich explizit mit diesem Thema auseinandersetzen, wird nicht deutlich zwischen standardsprachlichen und dialektalen Formen unterschieden.128

Für eine sorgfältige Analyse der dialektalen Verbreitung der Wortschatz-schicht deutscher Herkunft ist es äußert wichtig, die Erkenntnisse von lexi-ko graphischen Werken zu berücksichtigen, die den Wortschatz früherer Sprachepochen zum Gegenstand haben. Hilfreich ist die Konsultation von

116 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 415.117 Ebd., S. 320.118 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 1, S. 90.119 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 86.120 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 1, S. 524.121 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 251.122 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 2, S. 462.123 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 13. Neutra auf -ум wurden nach polnischem Muster nor-

malerweise nicht dekliniert.124 „Zorja Halyc’ka“, 1853, S. 9.125 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 3, S. 531.126 „Zorja Halyc’ka“, 1853, S. 121.127 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 13. In den Fremdwörtern wurde л palatalisiert wiederge-

geben, um die Besonderheiten der originären Aussprache zu beachten.128 Besters-Dilger, Deutsch-galizische lexikalische Sprachbeziehungen, S. 39.

Page 18: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

70 Marina Höfinghoff

Wörterbüchern, die in unterschiedlichen Regionen der Ukraine veröffentlicht wurden: Eugen Żelechowski in Lemberg und Borys Hrinčenko129 in Kyjiv, die einander in gewisser Weise ergänzen: Ein Eintrag im Ersteren zeugt davon, dass das Lexem als kodifikationswürdiger Bestandteil der ruthenischen Spra-che erachtet wurde, das Letztere enthält fallweise territoriale Markierungen, ist in erster Linie an den süd-östlichen Dialekten orientiert; die westukrainische Lexik ist nicht gebührend vertreten.130 Mit den Vermerken „dialektal“, „west-ukra inisch“ sind auch die Einträge im Wörterbuch von Zeno Kuzela und Ja- Kuzela und Ja-Kuzela und Ja- und Ja-Ja-roslav B. Rudnyćkyj und im Wörterbuch der ukrainischen Sprache131 versehen. Nicht nur Zeit und Erscheinungsort beider Nachschlagewerke, sondern auch deren diametral entgegengesetzte ideologische Position sind dafür verantwort-lich, dass in vielen Fällen das standardsprachliche Potenzial derselben Lexeme unterschiedlich eingeschätzt wurde.

Die Bestimmung einer regionalen Verteilung der Entlehnungen stößt unter anderem auf Schwierigkeiten, weil mit älterem, bereits veröffentlichtem Material gearbeitet wird, das über keine diesbezüglichen Informationen ver-fügt. An dieser Stelle ist die akribische Arbeit der Wissenschaftler des Instytut ukrajinoznavstva im. I. Kryp’’jakevyča an der Ukrainischen Nationalen Aka-demie der Wissenschaften in L’viv besonders hervorzuheben, die bereits neun Bände der Reihe „Dialektolohični studiji“ herausgegeben hat. Der letzte Band „Zapozyčennja ta interferencija“ [Entlehnungen und Interferenz]132 enthält zahlreiche Publikationen zum Thema Entlehnungen in unterschiedlichen uk-rainischen Dialekten.

5. 4. Gegenwärtiger Status der deutschen Entlehnungen

Bedenkt man das Alter der untersuchten Entlehnungen, entsteht die be-rechtigte Frage nach der Verwendung von Germanismen im modernen Ukrai-nisch. Auf eine chronologische Einschränkung des Gebrauchs der Entlehnun-gen weisen in den modernen Wörterbüchern Vermerke „veraltet“ oder „selten“ hin. Sehr oft hängt die diaphasische (zeitliche) Markierung der Entlehnungen

129 Борис Грінченко, Словар української мови [Borys Hrinčenko, Wörterbuch der ukra-i ni schen Sprache, weiter als: Hrinčenko, Wörterbuch] (1907 – 1909), Bde. 1 – 4, Київ 1996.

130 Oleksandr Taranenko, Nachwort zum Wörterbuch von Borys Hrinčenko, in: Hrin-čenko, Wörterbuch, hier Bd. 4.

131 Словник української мови, Т. 1 – 11 [Wörterbuch der ukrainischen Sprache, Bdd. 1 – 11], Київ 1970 – 1980.

132 Запозичення та інтерференція. Діалектологічні студії 9 [Entlehnungen und Inter-ferenz. Studien zur Dialektologie 9], Львів 2010

Page 19: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

71Der ukrainische Kulturwortschatz und die galizische Presse

mit der diatopischen (territorialen) zusammen, da die veraltete Lexik nicht auf einmal in der gesamten Sprache verloren geht, sondern oft in den Dialekten oder in der Umgangssprache weiter verwendet wird.

Von Besters-Dilger wurde 2001 im Raum L’viv eine Untersuchung unter Studenten der Universität L’viv durchgeführt, in deren Rahmen den Respon-denten 980 Germanismen, belegt bei Borys Hrinčenko und Zenon Kuzelja und Mykola Čajkovskyj133 und enthalten in den einschlägigen ukrainischen Publikationen, vorgelegt wurden. Im Durchschnitt waren pro Person nur 350 – 400 Vokabeln bekannt134, mindestens von zwei Respondenten wurden ca. 135 Vokabeln aktiv oder passiv erkannt.135 Von diesen 135, typisch auf Ga-lizien beschränkten, heute noch bekannten Germanismen, sind in der von uns untersuchten Zeitung (1853 bis 1856) die folgenden nachweisbar:

вахляровъ (Gen. Pl.), гандлю (Gen. Sg.), гафт, кельнер136, кльо­цы137, кнедляхъ138 (Präp. Pl.), кнейпы139 (Gen. Sg.), куферка (Gen. Sg.), матурѣ (Präp. Sg.), обцасами (Instr. Pl.), поташнымъ (Adjekt. Instr. Sg.), спацеру (Gen. Sg.), тапеты (Gen. Sg.), урлоп, файками140 (Instr. Pl.), флѧшковъ141 (Gen. Pl.), фризуры (Gen. Sg.), фѣру142 (Akk. Sg.), цитриновомъ143 (Adjekt. Präp. Sg.), шафу (Akk. Sg.), швагра144 (Gen. Sg.), шпихлира (Gen. Sg.)

Natalja Xobzej145 und ihre Co-Autorinnen führen im Lexikon der L’viver Stadtmundart des 20. Jh. (über 12.000 Belege) auch zahlreiche Germanismen an. In Bezug auf den Status ihrer aktuellen Verwendung nutzt das Autoren-team folgende altersbezogene Vermerke: jüngere, mittlere, ältere (Generation),

133 Зенон Кузеля / Микола Чайковский, Словарь чужих слів [Zenon Kuzelja / Mykola Čajkovskyj, Fremdwörterbuch], Czernowitz 1910.

134 Besters-Dilger, Deutsch-galizische lexikalische Sprachbeziehungen, S. 33.135 Ebd., S. 34 – 38.136 „Zorja Halyc’ka“, 1853, S. 119.137 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 31.138 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 442.139 Ebd., S. 423.140 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 9.141 Ebd., S. 116.142 Ebd., S. 7.143 „Zorja Halyc’ka“, 1853, S. 249.144 Ebd., S. 162.145 Наталя Хобзей / Ксеня Сімович / Тетяна Ястремська / Ганна Дидик-Меуш: Лекси-

кон львівський: поважно і на жарт [Natalja Xobzej / Ksenja Simovyč / Tetjana Jastrems’ka / Han na Dydyk-Meuš, L’viver Lexikon: Ernsthaft und im Scherz; weiter als: Xobzej, Lexikon], Львів 2009.

Page 20: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

72 Marina Höfinghoff

ohne allerdings weitere konkrete Angaben über die Methodik der Recherche zu machen:

„Упродовж усього двадцятого століття одні слова приходили, інші відходили, зокрема у другій половині зникло багато таких, що були запозиченими з німецької, польської, французької мов, з їдіш тощо. Тому у Лексиконі окреслено, які покоління вжива-ють слово, хоча розуміємо, що цей поділ досить су’бєктивний. Оскількі авторки прагнули показати, що багато їз »традиційних« львівських слів ще звучить у Львові, відлік поколінь почина-ється від молодшего, наприклад, у дужках подано скороченння (м., ср., ст.). Серед залучених лексєм є й такі, що трапляються лише в текстах про исторію міста, та сучасним мішканцям не ві-домі, тому для них подано ремарку іст. (історичне) і не зазначе-но покоління.“146

[Im Laufe des ganzen zwanzigsten Jahrhunderts wurden einige Wörter entlehnt, andere kamen außer Gebrauch; alleine in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts verschwanden viele, die aus dem Deutschen, Polnischen, Französischen, Jiddisch und anderen Sprachen entlehnt waren. Im Lexikon wird daher hervorgehoben, von welchen Generationen das Lexem verwendet wird, wobei ein-geräumt wird, dass diese Einschätzung eine ziemlich subjektive ist. Da die Autorinnen vorhatten zu zeigen, dass viele „traditionel-le“ l’viver Lexeme in L’viv noch zu hören sind, wird im Vermerk zuerst die jüngere Generation erwähnt, in den Klammern stehen Abkürzungen m. = j.(üngere), sr. = m.(ittlere), st. = ä(ltere). Un-ter den entlehnten Lexemen kommen auch solche vor, die nur in Texten über die Stadtgeschichte verwendet wurden und den heutigen Stadteinwohnern unbekannt sind, daher werden sie mit dem Vermerk Hist.(orismus) ohne Generationsangabe versehen.]

Im Lexikon von Xobzej konnten viele Lexeme deutscher Herkunft fest-gestellt werden, die auch in unserem Wortcorpus enthalten sind. Viele davon sind nur der älteren Generation vertraut, manche werden nur in der Umgangs-sprache verwendet. Einige erweiterten ihren Bedeutungsumfang um eine spe-zifische Komponente, während bei den anderen mit der Zeit eine zusätzliche pejorative Bedeutung entstand:

вахляров [Fächer]147: вахляр (dial.) [Fächer]148, вахляр (st.)149

146 Xobzej, Lexikon, S. 39.147 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 394.148 Wörterbuch der ukrainischen Sprache, Bd. 1, S. 298.149 Xobzej, Lexikon, S. 104.

Page 21: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

73Der ukrainische Kulturwortschatz und die galizische Presse

ґандльовои150 [Handels-]: гандель, гендель (abwert.)151, гандель, гендель (st.)152 [Geschäft, Unternehmen], (m, sr., st.) „Scha che-rei“153 зиґарѣ154 [Wanduhr], часоказовъ (зеґарковъ) (Gen. Pl.)155: дзигарi (ver alt.)156, дзиґар (st.)157

карафіолы (Gen. Sg.) [Karfiol]158: каляфіор (dial.)159; каляфіор (sr., st.)160

камізелька [Kamisol]161: камізелька (selt.)162, камізелька (m., sr., st.)163

канапы (Gen. Sg.) [Kanapee]164: канапa (m., sr., st.)165

краватлю (Akk. Sg.) [Krawatte]166: крават, краватка (m., sr., st.)167

люфу (Akk. Sg.) [Laufmündung]168: люфa (selt.)169, люфa (mili-tär., st.)170

моздирѣ (Präp. Sg.) [Mörser ]171: моздiр (st.)172 морелі „Marille“, [Kirsche]173: мореля [Marille], [Kirsche] (st.)174

обсцасами (Instr. Pl.) [Absatz]175: обцас (m., sr., st.)176

150 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 31.151 Новий тлумачний словник української мови, T. 1 – 4 [Neues erklärendes Wörterbuch

der ukrainischen Sprache, Bdd. 1 – 4], Київ 1999, hier Bd. 1, S. 584.152 Xobzej, Lexikon, S. 146.153 Ebd.154 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 104. In Fremdwörtern wurde zur Wiedergabe von g der

Laut ґ verwendet, was der galizischen Schreibtradition entsprach (Georg Ševel’ov, Die ukraini-sche Schriftsprache 1798 – 1965, Wiesbaden 1966, S. 160).

155 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 56.156 Wörterbuch der ukrainischen Sprache, Bd. 2, S. 267.157 Xobzej, Lexikon, S. 189.158 „Zorja Halyc’ka“, 184, S. 468.159 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 2, S. 355.160 Xobzej, Lexikon, S. 268.161 „Zorja Halyc’ka“, 1853, S. 225.162 Wörterbuch der ukrainischen Sprache, Bd. 4, S. 82.163 Xobzej, Lexikon, S. 269.164 „Zorja Halyc’ka“, 1853, S. 154.165 Xobzej, Lexikon, S. 270.166 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 30.167 Xobzej, Lexikon, S. 308.168 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 382.169 Wörterbuch der ukrainischen Sprache, Bd. 4, S. 575.170 Xobzej, Lexikon, S. 339.171 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 488.172 Xobzej, Lexikon, S. 365.173 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 79.174 Xobzej, Lexikon, S. 367.175 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 119.176 Xobzej, Lexikon, S. 398.

Page 22: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

74 Marina Höfinghoff

пантүфли [Pantoffel]177: пантофля (sr., st.)178 поташнымъ [Kaliumkarbonat]179: поташ (kul., sr., st.)180 [Speise-soda]тапеты [Tapeten]181: тапетa (dial.)182; тапетa (sr., st.)183

отпускъ (урлоп) [Urlaub]184: урльоп (sr., st.)185

швабы (тараканы) [Schabe]186: шваби (abwertend) [Deutsche]187, шваби [Deutsche] (umgs., st.)188

шлаф рокъ [Schlafrock]189, нанôчникомъ (шлѧфрокомъ)190 (Instr. Sg.), наноч никъ (Schlafrock)191: шлaфрок (veralt.)192; шлaфрок (sr., st.)193

штудируютъ [studieren]194: штудерувати (st.) [feilschen, etw. durch Schwindel erreichen]195

Von dieser Liste werden laut Xobzej von allen drei Generationen nur folgende Dialektismen verwendet:

гaндель [Handel], камізелька [Kamisol], канапа [Kanapee], кней­пa [Kneipe], краватка [Krawatte], обсцас [Absatz], файка [Pfei-fe], фiрa [Fuhre], цитринa [Zitrone], швагр [Schwager]

Eine Reihe von deutschen Lexemen, die in der Zeitung wiederholt ver- Reihe von deutschen Lexemen, die in der Zeitung wiederholt ver-Reihe von deutschen Lexemen, die in der Zeitung wiederholt ver- von deutschen Lexemen, die in der Zeitung wiederholt ver-von deutschen Lexemen, die in der Zeitung wiederholt ver- deutschen Lexemen, die in der Zeitung wiederholt ver-deutschen Lexemen, die in der Zeitung wiederholt ver- Lexemen, die in der Zeitung wiederholt ver-Lexemen, die in der Zeitung wiederholt ver-, die in der Zeitung wiederholt ver-die in der Zeitung wiederholt ver- in der Zeitung wiederholt ver-in der Zeitung wiederholt ver- der Zeitung wiederholt ver-der Zeitung wiederholt ver- Zeitung wiederholt ver-Zeitung wiederholt ver- wiederholt ver-wiederholt ver- ver-ver-wendet werden, lässt sich in keinen Nachschlagewerken feststellen. Es handelt sich um überwiegend nicht standardsprachliche Elemente und okkasionell verwendete Entlehnungen, die aus den Bereichen Verwaltung, Gerichtswesen, Armee, Währung etc. stammten oder zur Bezeichnung von Realien aus dem Handwerk, der Landwirtschaft und der Gastronomie dienten. Mit der Zeit

177 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 259.178 Xobzej, Lexikon, S. 414.179 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 552.180 Xobzej, Lexikon, S. 462.181 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 500.182 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 5, S. 516.183 Xobzej, Lexikon, S. 556.184 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 459.185 Xobzej, Lexikon, S. 557.186 „Zorja Halyc’ka“, 1853, S. 249.187 Wörterbuch der ukrainischen Sprache, Bd. 11, S. 426.188 Xobzej, Lexikon, S. 624.189 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 363.190 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 5.191 Ebd., S. 44.192 Wörterbuch der ukrainischen Sprache, Bd. 11, S. 488.193 Xobzej, Lexikon, S. 632.194 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 423.195 Xobzej, Lexikon, S. 644.

Page 23: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

75Der ukrainische Kulturwortschatz und die galizische Presse

entfielen diese Begriffe oder wurden durch andere ersetzt. Oft sind es unmittel-bare Entlehnungen aus dem Deutschen ins Ukrainische:

вирфли [Würfel(spiel)]: вирфли196

кукер [Monokel]: кукеръ197

pейзеташa [Reisetasche]: pейзеташою198 (Instr. Sg.)фервальтерiя [Verwaltung]: фервальтерїѣ199 (Gen. Sg.)фіштран [Fischtran]: китового сала (фиштрану)200

шайтлъ [Scheitel]: шайтламъ201 (Dat. Pl.)шпайсцетель [Speisezettel]: шпайсцетель202

oder deutsche Entlehnungen, die ins Ukrainische auf polnischem Umweg gelangt sind:

брандкугля [Geschoß mit einer brennbaren Füllung]: брандкугля-ми203 (Instr. Pl.): pol. brandkugiel, brantkula ← nhd. Brandkugel204

вейнштейн [Weinstein]: вейнштейну205 (Gen. Sg.): pol. wejnsztejn ← nhd. Weinstein206

гриншпан [Grünspan]: гриншпану207 (Gen. Sg.): pol. grynszpan, grunszpan, grunszpon, gryszpan ← mhd. grüenspân208

фришерка [Hochofen]: съ фришерокъ железныхъ209 (Gen. Pl.): pol. fryszerz ← nhd. Frischer [Arbeiter einer Eisenhütte], fry szer-ka [Hochofen]210

штутцер [kurzes Gewehr]: штүтцеры211 (Nom. Pl.): pol. sztucer ← nhd. Stutzen212

196 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 69.197 Ebd., 1856, S. 33.198 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 420.199 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 9.200 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 56.201 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 260.202 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 658.203 Ebd., S. 410.204 Andrzej de Vincenz / Gerd Hentschel, Das Wörterbuch der deutschen Lehnwörter in

der polnischen Schrift- und Standardsprache, Göttingen – Oldenburg. Elektronische Ausgabe, http://diglib.bis.uni-oldenburg.de/bis-verlag/wdlp/46701.html (Zugriff: 15.09.2014).

205 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 536.206 De Vincenz / Hentschel, Wörterbuch.207 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 567.208 De Vincenz / Hentschel, Wörterbuch.209 „Zorja Halyc’ka“, 1857, S. 31.210 De Vincenz / Hentschel, Wörterbuch.211 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 9.212 De Vincenz / Hentschel, Wörterbuch.

Page 24: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

76 Marina Höfinghoff

шубпасом [unter Bewachung]: шүбпасомъ213 (Instr. Sg.): pol. ciupas, szupas ← nhd. Schubpaß214

5. 5. Thematische Einteilung der Entlehnungen

Versucht man deutsche Entlehnungen, die in der Zeitung verwendet wurden, zu systematisieren, wird man diese in terminologische, Fach- und all-gemeinsprachliche Lexik einteilen.

5. 5. 1. Terminologische Lexik

Besonders intensiv sind folgende Terminologiebereiche vertreten:

5. 5. 1. 1. Chemie

купервас [Vitriol]: kопервасу215 (Dat. Sg.): aus pol. koperwas, das auf mhd. kupferwaʒʒer zurückgeht216

луг [Lauge, Base]: лугъ217, щолоха (лугу)218 (Gen. Sg.): über čech. louh, pol. ług aus mhd. louge verwandt mit lat. lavō219 поташ [Kaliumkarbonat]: поташнымъ220: pol. potas, čech. potaš aus dt. Pottasche oder hol. potas221

сeрвасер [Scheidewasser]: cервассеру222 (Gen. Sg.): сeрвасер, pol. serwaser, sedwaser, aus. nhd. Scheidewasser223

5. 5. 1. 2. Mineralogie

бурштин [Bernstein]: бурштину224 (Gen. Sg.): über pol. bur-sztyn225 aus mnd. Bornstēn entlehnt226

213 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 11.214 De Vincenz / Hentschel, Wörterbuch.215 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 71.216 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 3, S. 143.217 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 504.218 Ebd., S. 567.219 Vasmer, Russisches etymologisches Wörterbuch, Bd. 2, S. 527.220 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 552.221 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 3, S. 540.222 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 567.223 Aleksander Brückner, Słownik etymologiczny języka polskiego, Warszawa 1993. Prze-

druk z pierwszego wydania nakładem Krakowskiej Spółki Wydawniczej, Kraków 1927, S. 484.224 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 435.225 Witold Doroszewski, Słownik języka polskiego [Wörterbuch der polnischen Sprache.

Warschau], Bd. 1 – 11, Warszawa 1958 – 1969, hier Bd. 1, S. 738.226 Jaroslav Rudnyc’kyj, An etymological dictionary of the Ukrainian language, Bd. 1 – 2

(A – M), Winnipeg 1962 – 1966, hier Bd. 1, S. 268.

Page 25: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

77Der ukrainische Kulturwortschatz und die galizische Presse

гнейс [Gneis]: гнейсу227 (Gen. Sg.): über pol. gnejs aus nhd. Gneiß entlehnt wurde228

крейда [Kreide]: съ кредою229 (Instr. Sg.). Die Form кредa geht auf das pol. kreda zurück230, das auf dt. Kreide zurückzuführen und lat. Herkunft ist: crēta (tera).

5. 5. 2. Fachlexik

люфта [Rauchabzug]: люфта для приступу воздуха231: dt. Luft (dial.)232, люфт Luftspalt (fach.)233

ланцюг [Kette]: ланцүхъ, ланьцуху234 (Gen. Sg.): über pol. łańcuch aus dt. *lann-zug235, Stromkette (fach.)236

5. 5. 3. Allgemeinsprachliche Lexik

Im Bereich der allgemeinsprachlichen Lexik sind mehrere Bereiche zu erwähnen:

5. 5. 3. 1. Militär

брандкугля [Brandkugel]: Огненными кулями (брандкуглями237): dt. Brandkugelплaц [Platz]: плѧцомъ238 (Instr. Sg.), плѧцкомендантомъ239 (Instr. Sg.) [Platz kom man dant], плѧцмаїор240 [Platzmajor]: mit a aus nhd. Platz, mit я über pol. Plac.241 1. Platz für Militärparade, 2. (dial.) Platz242 ранець [Ranzen]: ранцы243 (Nom. Pl.): pol. raniec, čech. ranéc, aus nhd. Ranzen, Rantz244

227 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 419.228 Rudnyc’kyj, Etymological dictionary, Bd. 1, S. 848.229 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 475.230 Doroszewski, Słownik, Bd. 3, S. 1113.231 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 96.232 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 3, S. 331.233 Wörterbuch der ukrainischen Sprache, Bd. 4, S. 575.234 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 48.235 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 3, S. 192.236 Wörterbuch der ukrainischen Sprache, Bd. 4, S. 446.237 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 410.238 Ebd., S. 397.239 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 398.240 Ebd., S. 398.241 Vasmer, Russisches etymologisches Wörterbuch, Bd. 3, S. 243.242 Wörterbuch der ukrainischen Sprache, Bd. 4, S. 571.243 „Zorja Halyc’ka“, 1853, S. 268.244 Vasmer, Russisches etymologisches Wörterbuch, Bd. 3, S. 442.

Page 26: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

78 Marina Höfinghoff

урльоп [Urlaub]: отпускъ (урлоп)245: pol. urlop, čech. urláp, urlaub ← aus nhd. Urlaub246

флот [Flotte]: флота247 папская, фльотою248: rus. флот, pol. flota ← nhd. Flotte aus fr. flotte249

шліфи [Achselschnur]: шлѣфъ250 енералъскихъ (Gen. Pl.): pol. szlifa ← dt. Schleifeштаб [Stab]: штаба251: pol. sztaba aus nhd. Stab.252 1. Generalstab, 2. führendes Organ253

5. 5. 3. 2. Schule

матурa [Matura]: матурѣ254: pol. matura, dt. Matura ← lat. mātūrus (veraltet)255, (westukr.)256, (Schule, st.)257

суплент [Supplent, Hilfslehrer]: супплентъ258: Supplent (österr.; veraltet) lat. supplens259, wird in Österreich weiterhin im Schul-wesen für das Halten von Vertretungsstunden verwendet, суплєнт (Schule, st.)260

штудерувати „studieren“: штудируютъ261: nhd. studieren262, шту-дерувати [feilschen, etw. durch Schwindel erreichen] (st.)263

5. 5. 3. 3. Finanzen / Handel

вексель [Wechsel]: вексли264, векслы265: über pol. weksel oder rus. вексель ← dt. Wechsel266

245 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 459.246 Newerkla, Sprachkontakte, S. 502.247 „Zorja Halyc’ka“, 1853, S. 121.248 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 13.249 Vasmer, Russisches etymologisches Wörterbuch, Bd. 4, S. 194.250 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 12.251 Ebd., S. 13.252 Brückner, Słownik, S. 555.253 Neues erklärendes Wörterbuch, Bd. 4, S. 899.254 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 33.255 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 3, S. 416.256 Wörterbuch der ukrainischen Sprache, Bd. 4, S. 653.257 Xobzej, Lexikon, S. 353.258 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 326.259 Duden, S. 1501.260 Xobzej, Lexikon, S. 551.261 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 423.262 Vasmer, Russisches etymologisches Wörterbuch, Bd. 4, S. 480.263 Xobzej, Lexikon, S. 664.264 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 252.265 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 72.266 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 1, S. 345.

Page 27: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

79Der ukrainische Kulturwortschatz und die galizische Presse

гендель [Handel]: гандльомъ267 (Instr. Sg.), гандлю268, ґандльо-вои269 (Adjekt. Gen. Sg.) їзбы: pol. handel ← fnhd. handeln270, ган дель, гендель.271 1. Geschäft, Unternehmen (st.) 272, 2. Scha-che rei, (m, sr., st.)273

крейцeр [Kreuzer]: крейцаръ274: mhd. kriuzer275, (westukr.)276

рахунок [Rechnung]: рахунокъ277: pol. rachunek, rachować ← mhd. rechen, rechnen278

шеляг [Schilling]: шеляга279 (Gen. Sg.): pol. szeląg ← mhd. schillinc

5. 5. 3. 4. Obst, Gemüse

амареля [Marille]: амарели280: čech. amarela, dt. Amarelle ← it. amarello281

априкоза „Aprikose“: априкозы282: über pol. aprykoza, čech. apri-ko sa ← dt. Aprikose283

каляфіор [Karfiol]: цвѣтной капусты (карафіолы)284: pol. ka la fior ← it. cavolfiore (dial.)285. Čech. karfiol, pol. karafiol, süddt., öst. Karfiol ← it. cavolfiore286

морели [Marille]: морелі287: über pol. morela oder direkt aus bair.-österr. Marille von it. Amarella.288 1. Aprikosenbaum, 2. Apri-kosen, 3. Kirschensorte289

267 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 673.268 Ebd., S. 275.269 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 31.270 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 1, S. 494.271 Neues erklärendes Wörterbuch, Bd. 1, S. 584.272 Xobzej, Lexikon, S. 146.273 Ebd., S. 146.274 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 37.275 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 3, S. 82.276 Wörterbuch der ukrainischen Sprache, Bd. 6, S. 333.277 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 311.278 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 5, S. 33.279 „Zorja Halyc’ka“, 1853, S. 427.280 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 79.281 Newerkla, Sprachkontakte, S. 410.282 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 407.283 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 1, S. 39.284 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 468.285 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 2, S. 355.286 Newerkla, Sprachkontakte, S. 397.287 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 79.288 Vasmer, Russisches etymologisches Wörterbuch, Bd. 2, S. 655.289 Wörterbuch der ukrainischen Sprache, Bd. 4, S. 802.

Page 28: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

80 Marina Höfinghoff

мандибурка [Kartoffelsorte]: по мандебурцѣ290 (Dat. Sg.): aus pol. mandyburka von dt. Magdeburg291

рабарбар [Rhabarber]: ревеня (рабарбарумъ)292: pol. rabarbar, fnhd. reubarbar ← mlat. Reubarbarum.293 Kuzjelja-Rudnyc’kyj: рабарбар (bot.) (950), (bot., selten)294 спаржа (спараг) [Spargel]: спараговъ (Gen. Pl.)295: pol. szparag, dt. Spargel ← it. sparagio, mlat. sparagus (dial.).296

5. 5. 3. 5. Kleidung

галстук [Krawatte]: галстухъ297, гальстухомъ298: pol. halsztuch ← dt. Halstuch299 гафт „(Gold)Stickerei“: гафт300, гафтоваными301: (Adjekt. Instr. Pl.) pol. haft, haf to wać aus mhd. heften302, (westukr.)303 камізелька [Kamisol]: камизельку304: über dt. Kamisol oder fr. ca-mi sole aus it. camiciola305, (selt.)306

краватля [Krawatte]: краватлю307 (Akk. Sg.): slk. dial. kravatl’a aus bayr. dial. Nebenformen ← fr. cravate308

обцаc [Absatz]: обсцасами309 (Instr. Pl.): čech. obces, pol. obcas aus nhd. Absatz310, обцас, обчас (dial.)311

290 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 47.291 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 3, S. 379.292 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 633.293 Newerkla, Sprachkontakte, S. 311.294 Wörterbuch der ukrainischen Sprache, Bd. 7, S. 425.295 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 503.296 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 5, S. 365.297 „Zorja Halyc’ka“, 1853, S. 268.298 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 226.299 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 1, S. 461.300 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 10.301 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 33.302 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 1, S.  469; Vasmer, Russisches etymologisches Wörter-

buch, Bd. 1, S. 392.303 Neues erklärendes Wörterbuch, Bd. 1, S. 580.304 „Zorja Halyc’ka“, 1853, S. 225.305 Vasmer, Russisches etymologisches Wörterbuch, Bd. 2, S. 174.306 Wörterbuch der ukrainischen Sprache, Bd. 4, S. 82.307 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 10.308 Newerkla, Sprachkontakte, S. 447.309 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 119.310 Brückner, Słownik, S. 369.311 Wörterbuch der ukrainischen Sprache, Bd. 5, S. 602.

Page 29: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

81Der ukrainische Kulturwortschatz und die galizische Presse

шляфрок [Schlafrock]: нанôчникомъ (шлѧфрокомъ)312, наночникъ (Schlafrock)313: pol. szlafrok aus nhd. Schlafrock314, (veralt.)315 пантoфля [Pantoffel]: пантүфли316 (Nom. Pl.): pol. pantofel, dt. Pantoffel ← fr. pantoufle317

фішбін [Fischbein]: фишбиноватыи318 (Adjekt. Nom. Pl.). Čech. fišpan, fišpán, pol. fiszbin ← fnhd. fischbein319

фартушок „Schürze“: фартүшок320: über pol. fartuszek, fartuch aus mhd. vortuch321

5. 5. 3. 6. Haus / Haushalt

циферблат [Zifferblatt]: циферблатѣ322 (Präp. Sg.): dt. Zifferblatt323

дзигарi [Wanduhr]: зиґарѣ324, часоказовъ (зеґарковъ) 325 (Gen. Pl.): pol. dzygar, zegar ← mhd. saigære326, (veralt.)327

вахляр [Fächer]: опахалцовъ (вахляровъ)328: pol. wachlarz ← dt. Fächer329, (dial.)330

шафа [Schrank]: шафу331 (Akk. Sg.), шафка332: über pol. szafa, szaf ka aus dt. Schaff333

312 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 5.313 Ebd., S. 44.314 Vasmer, Russisches etymologisches Wörterbuch, Bd. 4, S. 452.315 Wörterbuch der ukrainischen Sprache, Bd. 11, S. 488.316 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 259.317 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 3, S. 279.318 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 442.319 Newerkla, Sprachkontakte, S. 258.320 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 43.321 Vasmer, Russisches etymologisches Wörterbuch, Bd. 4, S. 186.322 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 33.323 Vasmer, Russisches etymologisches Wörterbuch, Bd. 4, S. 303.324 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 104.325 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 56.326 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 2, S. 59.327 Wörterbuch der ukrainischen Sprache, Bd. 2, S. 267.328 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 394.329 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 1, S. 340.330 Wörterbuch der ukrainischen Sprache, Bd. 1, S. 298.331 „Zorja Halyc’ka“, 1853, S. 240.332 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 152.333 Brückner, Słownik, S. 539.

Page 30: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

82 Marina Höfinghoff

шпихлір [Speicher]: шпихлира334 (Gen. Sg.), спихлеровъ335 (Gen. Pl.), сарая (шпихлера)336 (Gen. Sg.): über pol. špichlerz aus nhd. Speicher337, (dial.)338

фільварок [Gutshof ]“: фольварок339, фольваркôвъ340 (Gen. Pl.): über pol. folwarek, folwark aus mhd. Vorwërc.341 1. land wirt-schaftliches Gut, 2., bis 1939 – polnische Gutswirtschaft, 3. (ver-alt.) Vorwerk, Meierhof 342

моздiр [Mörser]: въ ступцѣ (моздирѣ)343 (Präp. Sg.): čech. moždíŕ, hmoždíŕ, pol. moździerz ← mhd. morsære, morser, mörser344, моз дiр (st.).345

тапетa [Tapeten]: тапеты346 (Nom. Pl.): pol. tapeta, tapety ← dt. Tapete (dial.)347, тапетa (sr., st. ).348

люфта [Rauchabzug]: люфта для приступу воздуха349: dt. Luft (dial.)350, люфт (fach.) Luftspaltлюфа [Laufmündung]: люфу351: pol. lufa aus nhd. Lauf352, (selt.)353

ланцюг „Kette“: ланцүхъ354, ланьцуху355 (Dat. Sg.): über pol. łań cuch aus dt. *lann-zug.356 1. Kette aus Metallringen, 2. (pl.) Fesseln, 3. (übertr.) Fesseln, 4. (übertr.) Reihe von Ereignissen, 5. Reihe von Gegenständen als Einheit, 6. (fach.) Einrichtung, die eine Kette bildet (Stromkette)357

334 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 88.335 „Zorja Halyc’ka“, 1853, S. 33.336 Ebd., S. 399.337 Brückner, Słownik, S. 533.338 Wörterbuch der ukrainischen Sprache, Bd. 11, S. 523.339 „Zorja Halyc’ka“, 1853, S. 135.340 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 31.341 Rosemarie Richhardt, Polnische Lehnwörter im Ukrainischen, Berlin 1957, S. 48.342 Neues erklärendes Wörterbuch, Bd. 4, S. 684.343 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 488.344 Newerkla, Sprachkontakte, S. 197.345 Xobzej, Lexikon, S. 365.346 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 500.347 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 5, S. 516.348 Xobzej, Lexikon, S. 557.349 „Zorja Halyc’ka“, 1856, S. 96.350 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 3, S. 331.351 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 382.352 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 3, S. 331.353 Wörterbuch der ukrainischen Sprache, Bd. 4, S. 575.354 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 7.355 Ebd., S. 48.356 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 3, S. 192.357 Wörterbuch der ukrainischen Sprache, Bd. 4, S. 446.

Page 31: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

83Der ukrainische Kulturwortschatz und die galizische Presse

канапа „Kanapee“: канапы358: pol. kanapa ← fr. canapé359 кахля „Kachel“: кахловая360 (Adjekt. Nom. Sg.): pol. kafla, kahla aus nhd. Kachel von lat. caccalus361

дах „Dach“: дахомъ362 (Instr. Sg.): pol. dach aus mhd. dach363

шваб „Schabe“: (тараканы) швабы364 (Nom. Pl.): aus nhd. Schwab365. 1. „Deutscher“, 2. „Schabe“366, шваби (pl): 1. Bewoh-Bewoh-ner des Schwabenlandes, 2. (abwertend) „Deutsche“367

6. Resümee

Das Beispiel der „Зоря галицька“ demonstriert deutlich, vor welchen Problemen das Ukrainische in Galizien in den 1850er Jahren stand: Fehlende Normierung, Überlastung von lokalen Elementen, überflüssige Entlehnungen sowie dialektale Färbung der grammatischen und phonetischen Gestaltung. Es wäre noch zu früh gewesen, von einem Beitrag der galizischen Presse zur Entwicklung des wissenschaftlichen und publizistischen Stils der ukrainischen Literatursprache zu sprechen. Erst in den 1860er Jahren wird man in Galizien die literarisch ausgebaute, volkssprachlich basierte Varietät, wie sie etwa in den Werken Ševčenkos und in der in Sankt Petersburg herausgegebenen Zeitschrift „Osnova“ zu finden war, adaptieren:

„Die hier geschaffene Literatursprache beruhte vor allem auf süd-östlichen Dialekten, und ruthenische Intellektuelle begannen sie seit den 1860er Jahren unter Angleichung an lokale buchsprach-liche und mündliche Eigenheiten vor allem im Bereich des Lexi-kons zu rezipieren.“368

Der Beitrag der russophilen Presse 1850er Jahre zur Bereicherung des ukrainischen Kulturwortschatzes steht aber außer Frage.

Die russophile Presse orientierte sich hauptsächlich an der buchschriftlichen Tradition, die auf die kirchenslawische zurückgeht, aber auch an den eigenen

358 „Zorja Halyc’ka“, 1855, S. 154.359 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 2, S. 361.360 „Zorja Halyc’ka“, 1854, S. 395.361 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 2, S. 408.362 „Zorja Halyc’ka“, 1853, S. 228.363 Etymologisches Wörterbuch, Bd. 2, S. 15.364 „Zorja Halyc’ka“, 1853, S. 249.365 Vasmer, Russisches etymologisches Wörterbuch, Bd. 4, S. 417.366 Hrinčenko, Wörterbuch, Bd. 4, S. 448.367 Wörterbuch der ukrainischen Sprache, Bd. 11, S. 426.368 Fellerer, Mehrsprachigkeit, S. 257.

Page 32: Sprachliche Wechselbeziehungen in der Habsburgermonarchiehomepage.univie.ac.at/marina.hoefinghoff/Publikationen... · 2015. 9. 15. · „Зоря галицька“ von 1851 bis

84 Marina Höfinghoff

Sprachressourcen. Trotzdem wurden in der Presse zahlreiche Fremdwörter ver-. Trotzdem wurden in der Presse zahlreiche Fremdwörter ver-wendet, nicht selten fanden sie auf diesem Wege ihren Zugang in die ukrai-nische Sprache. Deutsch spielte dabei eine außerordentliche Rolle sowohl als Quelle, als auch als Vermittler zwischen Ukrainisch und anderen Sprachen.

Eine große Anzahl von Lexemen deutscher Herkunft, die Ende des 19. Jahrhunderts in den Wörterbüchern als normativ kodifiziert waren, haben im modernen Ukrainisch einen dialektalen Status, weil sich die Standardspra-che nicht auf Grundlage der südwestlichen Dialekte entwickelte.

Unter den untersuchten deutschen Lehnwörtern sind fachsprachliche Vo-untersuchten deutschen Lehnwörtern sind fachsprachliche Vo-deutschen Lehnwörtern sind fachsprachliche Vo-n Lehnwörtern sind fachsprachliche Vo- Lehnwörtern sind fachsprachliche Vo-achsprachliche Vo-kabeln, zahlreiche Termini und Dialektismen zu finden. Einige Entlehnungen blieben nur kurze Zeit in der Sprache, was durch extralinguistische Faktoren (historische, wirtschaftliche, soziologische etc.) zu erklären ist.

Ihrer Herkunft nach lassen sich deutsche Entlehnungen in der „Зоря га­ га­га-лицька“ in folgende Gruppen einteilen:

1. direkte Entlehnungen aus der deutschen Sprache;2. vermittelte Entlehnungen aus der deutschen Sprache;3. vermittelte Entlehnungen aus westeuropäischen Sprachen sowie aus dem

Lateinischen und Altgriechischen (Deutsch als Vermittlungssprache).

In erster Linie soll die Rolle des Polnischen als Vermittlungssprache be-tont werden. Die ins Ukrainische vermittelte Lexik hat öfters die gleiche oder ähnliche phonetische Form im Polnischen, die auf eine vorhergehende Integ-ration deutscher Entlehnungen und anschließende geringfügige Anpassung an das ukrainische Lautsystem schließen lässt.

Marina Höfinghoff, Dr., Promotion im Jahr 2002 am Institut für Slawistik an der Universität Wien bei Prof. Dr. Juliane Besters-Dilgers und Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Michael Moser mit einer Dissertation zum Thema Deutsche Entleh-nungen im Ukrainischen an der Wende vom 19. zum 20. Jh. – Bestand und Ent-wicklung bis zur Gegenwart, seit 2004 Mitarbeiterin des Sprachenzentrums der Universität Wien, Mitarbeiterin des START-Projekts Tausend Jahre ukrainische Sprachgeschichte in Galizien (2006 – 2012) unter der Projektleitung von Ao. Prof. Dr. Michael Moser, das vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung gefördert wurde. 2014: Lehrbeauftragte des Instituts für Transla-tionswissenschaft der Universität Wien. Forschungsbereiche: Sprachkontakte, Terminologie, Sprachenpolitik.